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Zwischenbericht der Projektgruppe 3
(Wachstum, Ressourcenverbrauch und technischer Fortschritt - Möglichkeiten und Grenzen der Entkopplung)
Bezüglich der Rohstoffe muss man zwischen zwei Arten von Rohstoffen unterscheiden: Energierohstoffe und nicht-energetische Rohstoffe wie z.B. Erze. Aus der Thermodynamik sind zwei Hauptsätze bekannt, nach denen 1. die Summe aller Energien in einem abgeschlossenen System konstant sind, und 2. die Entropie als "Maß für Unordnung" zunimmt. Energie"verbrauch" gibt es streng genommen nicht, Energie wird von einer Form in eine andere Form gewandelt. Ein kompakter Kohlehaufen (hohe Ordnung) wird durch ein Kraftwerk in elektrische Energie, Abwärme und fein in der Atmosphäre verteiltes CO2 (hohe Unordnung) gewandelt. Umgekehrt kann unter Einsatz von Nutzenergie aus einem unsortierten Abfallhaufen (hohe Unordnung), wieder sortenreine Rohstoffe (hohe Ordnungsgrad) per Recycling gewonnen werden. Lokal wird dadurch die Entropie verringert. Der begrenzenden Ressourcentyp ist also nicht die materielle Ressource, sondern die zur verfügungstehende Energie. Materielle Resourcen können als Umlaufvermögen, ähnlich dem Geldkreislauf aufgefasst werden, der von einer "Energiepumpe" angetrieben werden. (Hall et al. 2001) The need to reintegrate the natural sciences with economics. BioScience 51:663–673.
Die statistische Reichweite von Ressourcen ist ein ganz und gar ungeeignetes Maß, um Knappheitssignale zu liefern. Es kommt bekanntermaßen nicht darauf an, wieviel noch im Boden vorhanden ist, sondern mit welcher Förderrate sie der globalen Ökonomie verfügbar gemacht werden können. Hier ist auch das Streben des Menschen zu berücksichtigen, sich das Leben einfach zu machen: es werden immer zuerst die niedrig hängenden Früchte gepflückt. Übersetzt in Energieressourcen heisst das, es werden zuerst jene Quelle erschlossen, die einen hohen Erntefaktor haben (= energetischer Ertrag / energetischer Aufwand) bzw. bei mineralischen Rohstoffen, die mit einer hohen Konzentration, was dann auch den (Energie)aufwand der Förderung, Extraktion und Verarbeitung gering hält. Wichtig ist neben der statistischen Reichweite vor allem die dynamische Entwicklung für den Blick auf die kommenden Jahre. Es gibt einen Zeitverzug zwischen dem Anstoßen eines Investitionsprojekts bis zur Erreichung des geplanten Outputlevels. Gerade bei Infrastrukturvorhaben im Bereich der Energie werden Dekaden für einen Systemumbau benötigt, weil die Ersatzinvestitionen bestehender Anlagen erst dann fällig werden, wenn die Altanlage an der technisch-betriebswirtschaftlichen Nutzungsdauer angekommen ist und man erst dann einen Technologiewechsel friktionsarm schaffen kann.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich verfolge die Verhandlungen der Enquete regelmäßig und fand einen Beitrag in der Sitzung vom 7.5. sehr beeindruckend. Einer der Diskutanten bemerkte angesichts der Tatsache, dass der Ressourcenverbrauch in Deutschland und anderen Industrieländern nach wie vor bei weitem zu hoch ist, eigentlich stände hierzulande (und in anderen Industrieländern) eine Art Trauerprozess angesichts der Unmöglichkeit an, den bisherigen, materiell exzessiven Lebenswandel weiter fortzuführen. Hier sagt endlich einmal jemand die Wahrheit. Allerdings ist es so, dass dieser Trauerprozess in weiten Kreisen der Bevölkerung bereits lange angefangen hat: Bei weniger gut situierten Rentnern, alleinstehenden Müttern, Langzeitarbeitslosen, Mindestlohnempfängern, bei allen Menschen, die sich mit horrenden Mietsteigerungen ohne entsprechende Einkommenssteigerungen herumschlagen müssen, bei Jugendlichen ohne Perspektive etc. Vor allem die Eliten sitzen nach wie vor in ihrem Wolkenkuckucksheim und wollen größtenteils nicht wahrhaben, dass, so lange wir nur eine Erde haben, es hier hinsichtlich des Lebensstandards wohl etwas runtergehen muss (und zwar gerade bei denen, die noch reichlich haben), damit andere etwas mehr oder überhaupt noch was haben können. Kein Wunder, sie sind ja die, die was zu verlieren haben. Genau das macht Politik ja heute so unglaubwürdig und treibt immer mehr Menschen in die Graswurzel-Opposition.
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