Fraktionen betonen die Bedeutung des Ehrenamts

Christian von Stetten (CDU/CSU)

Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages haben die Bedeutung der ehrenamtlichen Tätigkeit in Vereinen hervorgehoben und den 23 Millionen Ehrenamtlichen die Unterstützung der Politik zugesichert. In der Kernzeitdebatte des Bundestages erklärte Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU) am Donnerstag, 8. November 2012, man wolle den Bürgern zeigen, "dass wir es mit der Förderung des Ehrenamtes gemeinsam ernst nehmen und nicht nur in Sonntagsreden darüber sprechen".

CDU/CSU: Investition in unsere Gesellschaft

Von Stetten erklärte, die Koalition wolle den Ehrenamtlichen und den Vereinen ihre wichtige Arbeit "durch eine Entbürokratisierung, Konkretisierung und Flexibilisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen erleichtern". Deshalb wolle die Koalition den Freibetrag für Übungsleiter um 15 Prozent und den Ehrenamtsfreibetrag für Vorstandsmitglieder, Schiedsrichter, Platzwarte und besonders engagierte Helfer im Verein um 44 Prozent erhöhen. Das sei ein "deutlicher Schritt" und eine "wichtige Investition in unsere Gesellschaft".

Die kulturelle und soziale Bedeutung der Vereine sei gestiegen: "Wer sich in funktionierenden Vereinen aufhält, der spürt eine Art Wärme, ja fast schon familiäre Atmosphäre." Von Stetten hob auch die Bedeutung der Vereinsarbeit für die Integration ausländischer Jugendlicher hervor. Da die Koalition jetzt auch die Haftungsregelungen an andere Rechtsbereiche angleichen wolle, werde engagierten Bürgern der Schritt zu ehrenamtlichen Tätigkeiten leichter fallen.

SPD: Kein Reparaturbetrieb für versäumte Politik

Petra Hinz (SPD) nahm das Angebot der Koalition zur Zusammenarbeit gerne an. Zugleich machte sie deutlich, Ehrenamtliche wollten keine Entgeltumwandlung oder Entlohnung, "sondern sie wollen eine Würdigung, sie möchten, dass ihr Aufwand entlohnt wird". Daher müsse darauf geachtet werden, dass das Ehrenamt ein Ehrenamt bleibe und nicht noch etwas anderes hinein interpretiert werde.

Angesichts von Haushaltskürzungen und schlechteren finanziellen Bedingungen für die Kommunen dürfe das Ehrenamt nicht zur Kompensation für falsche Prioritätensetzung und verfehlte Politik werden, warnte Hinz: "Bürgerschaftliches Engagement ist kein Reparaturbetrieb für versäumte Politik, sondern ganz im Gegenteil eine zusätzliche Komponente."

FDP: Richtig gutes Maßnahmenpaket

"Wir haben ein richtig gutes Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht", freute sich Dr. Birgit Reinemund (FDP) über die geplanten deutlichen Verbesserungen im steuerlichen und zivilrechtlichen Bereich. Nur der furchtbare Name "Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz" gefalle ihr nicht, sagte die Vorsitzende des Finanzausschusses. "Denn das ist ein Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes und so sollte es auch genannt werden. Wie viel ärmer wäre unser Land ohne Ehrenamt?"

Viele Bereiche des öffentlichen und sozialen Lebens wären ohne Ehrenamtliche nicht machbar. Daher sei es auch richtig, den Ehrenamtlichen die Angst zu nehmen, plötzlich mit Haftungsansprüchen konfrontiert zu werden, wo sie ursprünglich nur Gutes tun wollten, sagte Reinemund. 

Linke spricht von einem "Skandal"

Dr. Barbara Höll (Die Linke) verwies darauf, dass sich viele Bürger ehrenamtlich engagierten und nannte ein Beispiel: In ihrer Heimatstadt Leipzig gebe es 208 Kleingartenvereine mit über 32.500 Parzellen sowie viele weitere Vereine. "Es wird unendlich viel gemacht – freiwillig und unentgeltlich." Eine Vergütung gebe es nur für die wenigsten ehrenamtlich Tätigen. Die Verbesserung betreffe gerade zehn Prozent der freiwillig Engagierten: "Und das ist einfach zu wenig, um zu sagen, jetzt haben wir richtig was geschafft."

So erhalte ein Fußballtrainer in Leipzig-Nordost im Kinder- und Jugendbereich 1,50 Euro pro Stunde und könne damit nie den Freibetrag ausschöpfen. Viele dieser Ehrenamtlichen seien früher hauptberuflich tätig gewesen und hätten ihre Stellen verloren. Ehrenamtliche sollten einspringen, wo sich die öffentliche Hand zurückziehe. Das sei ein Skandal, sagte Höll.

Grüne: Kein großer Wurf

Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) lehnte es ab, von einem großen Wurf zu sprechen. Die Übungsleiterpauschale werde zwar erhöht, aber die Frage, ob es sinnvoller sei, den Kreis der Berechtigten zu erhöhen, sei bis heute unbeantwortet. Paus nannte ein Beispiel für die ihrer Absicht nach absurde Situation: Beim Behindertentransport könne der Fahrer eines Fahrzeugs den Freibetrag nicht in Anspruch nehmen, der Betreuer der behinderten Person jedoch wohl.

Es könne auch nicht angehen, dass ein Vater, der Kinder im Fußball trainiere, 2.400 Euro geltend machen könne, während die Mutter, die die Trikots wasche und andere Tätigkeiten ausübe, nur 720 Euro absetzen könne. "Das finden wir falsch", kritisierte Paus, die sich "weniger Amtsschimmel und mehr Praxistauglichkeit" wünschte. Besser als eine Erhöhung der Pauschale sei die Öffnung des Katalogs der Tätigkeiten. Die Stärkung des Engagements sei aber "unersetzlich".

Höhere Übungsleiterpauschale

Der Bundestag überwies den von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP eingebrachten Gesetzentwurf zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts (17/11316) an die zuständigen Ausschüsse. Kernpunkt ist die Anhebung der Übungsleiterpauschale von 2.100 auf 2.400 Euro jährlich. Auch die Ehrenamtspauschale soll von 500 auf 720 Euro (60 Euro monatlich) angehoben werden. Diese Einnahmen unterliegen weder der Steuer- noch der Sozialversicherungspflicht.

Der Gesetzentwurf sieht weitere Verbesserungen vor. So sollen die Gewinne aus sportlichen Veranstaltungen steuerfrei bleiben, solange die Einnahmen einschließlich der Umsatzsteuer die Grenze von 45.000 Euro nicht überschreiten. Diese Grenze beträgt bisher 35.000 Euro. Geändert werden ebenfalls die Haftungsregeln für Ehrenamtliche. Wer für einen Verein oder eine Stiftung ehrenamtlich tätig ist, soll in Zukunft bei einer zweckwidrigen Verwendung von Spendengeldern nur noch bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haften. Bisher setzte die Haftung bereits bei leichten Nachlässigkeiten ein.

Vereine sollen leichter Geld sparen können

Außerdem sollen Vereine in Zukunft leichter Geld ansparen können. Bisher müssen von einem Verein eingeworbene Gelder bis zum Ende des nächsten Jahres verwendet werden. Diese gesetzliche Frist zur Mittelverwendung wird um ein Jahr verlängert.

Ebenfalls an die Ausschüsse überwiesen wurde ein Gesetzentwurf des Bundesrates zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit im Verein (17/5713). Damit sollen ehrenamtlich tätige Vereinsmitglieder besser gegen ungerechtfertigte Haftungsrisiken abgesichert werden. (hle(08.11.2012)