Evaluation zum Doping-Bekämpfungsgesetz umstritten

Sportausschuss - 28.11.2012

Berlin: (hib/HAU) Fünf Jahre nach seiner Inkraftsetzung ist das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport unter Sportpolitikern ebenso umstritten wie unter Juristen. Das wurde während der Sitzung des Sportausschusses am Mittwochnachmittag deutlich. Kritik gab es von Viola von Cramon (Bündnis 90/Die Grünen), die von einem „Etikettenschwindel“ sprach. Die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) forderte, ein Dopingstrafrecht zu schaffen, „das den Namen auch verdient“. Der von Professor Matthias Jahn von der Universität Erlangen-Nürnberg vorgelegte Evaluationsbericht kommt zu einem anderen Schluss. Nach Jahns Auffassungen haben sich die Regelungen bewährt, auch wenn in einigen Bereichen Novellierungsbedarf besteht. „Die Strafverfolgung hat sich drastisch verbessert“, sagte der Sportrechtler.

Seiner Einschätzung schlossen sich sowohl der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Christoph Bergner (CDU), als auch die Vertreter der Koalitionsfraktionen an. Die Gesamtzahl der Verfahren habe sich mehr als verfünffacht, sagte Bergner. Der Bericht zeige, „dass wir noch nicht am Ziel, aber auf dem richtigen Weg sind“, befand Lutz Knopek (FDP). „Die getroffenen Maßnahmen haben gewirkt“, urteilte Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Zwar gebe es Aufgaben, die nachzuarbeiten seien, doch könne dies auch mit der jetzigen Gesetzeslage erfolgen, sagte Vesper in Richtung der bayerischen Justizministerin Merk, die auch vor dem Sportausschuss für den in ihrem Hause entwickelten Gesetzentwurf warb, durch den auch dopende Sportler strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden sollen. Merk kritisierte, dass in dem derzeitigen Gesetz zwar eine Besitzstrafbarkeit enthalten sei, diese aber nur bei „nicht erheblichen Mengen“ gelte.

Auch der Rechtswissenschaftler Professor Dieter Rößner von der Universität Marburg räumte ein, dass es eine „Gerechtigkeitslücke“ geben könnte, wenn zwar das Umfeld eines Sportlers wegen des Handels mit Dopingmitteln strafrechtlich verfolgt werden könnte, der dopende Sportler jedoch nicht. „Bedenken“ habe er jedoch auch, wenn grundsätzlich der Besitz verfolgt würde, da dabei zu viele Bagatellen erfasst werden können.

Er sei froh über die Evaluierung, weil dadurch gezeigt worden sei, dass die gefundene Formulierung der „nicht erheblichen Mengen“ funktioniert habe, sagte Klaus Riegert (CDU/CSU). Das sei ein Kompromiss in der Großen Koalition gewesen, erinnerte Martin Gerster (SPD). Seine Fraktion habe damals schon für eine grundsätzliche Besitzstrafbarkeit plädiert. Aus Sicht des DOSB ist das jedoch nicht nötig. Schon jetzt könne bei einem positiven Dopingbefund ermittelt werden, sagte Generaldirektor Vesper. Ein Problem sei, dass die Staatsanwaltschaften das Gesetz unterschiedlich anwenden würden. Lösen könne man dies, in dem die Staatsanwaltschaften fortgebildet würden und mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften eingerichtet werden, sagte er. Schon geringe Mengen unter Strafe zu stellen ist aus seiner Sicht „kein Gewinn“ für den Anti-Doping-Kampf. Ein Nebeneinander der Sanktionssysteme von Sportgerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaft nannte Vesper „lebensfremd“. Der Sport könne keine Sperren mehr verhängen, wenn damit gerechnet werden müsste, dass in dem ungleich längeren strafrechtlichen Verfahren ein Freispruch erfolge und Schadensersatzansprüche möglich seien.

Ein „Mehr an Strafrecht“ führe nicht automatisch zu einer Verbesserung der Situation gab auch Jens Petermann (Die Linke) zu bedenken. Eine Dopingbekämpfung „allein mit dem Strafrecht“ sei zum Scheitern verurteilt, betonte Lutz Knopek. Beate Merk plädierte dennoch für eine neues Gesetz. Schulungen der Staatsanwaltschaften helfen ihrer Ansicht nach nicht weiter. „Dopende Sportler müssen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden“, forderte die Justizministerin aus Bayern.

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