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Abgeordnete der Opposition werfen der Bundesregierung Versagen in der Innenpolitik vor. Vertreter der schwarz-gelben Koalition verteidigten dagegen am Dienstag, 20. November 2012, in der Bundestagsdebatte über den Haushalt 2013 des Bundesinnenministeriums (17/10200, 17/10202) die Politik von Ressortchef Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU). Auch der Minister selbst wies die Oppositionskritik zurück. Zugleich lobte er seinen Etat für 2013 als einen "Haushalt, der Sparsamkeit, Effizienz und Zukunftsorientierung an die Spitze stellt". Nach der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses (17/10806, 17/10823, 17/10824) soll Friedrichs Etat im kommenden Jahr ein Ausgabenvolumen von gut 5,85 Milliarden Euro aufweisen und damit rund 5,7 Millionen Euro mehr als im Regierungsentwurf vorsehen. Im Vergleich zum Haushalt für das laufende Jahr wächst der Innenetat damit um 360,23 Millionen Euro.
Mehr als die Hälfte des Innenetats 2013 ist laut Beschlussempfehlung mit 3,1 Milliarden Euro für Personalausgaben vorgesehen. Auf sächliche Verwaltungsausgaben entfallen demnach 1,13 Milliarden Euro. Die Ausgaben für Investitionen sollen 2013 bei 548,42 Millionen Euro liegen; Zuweisungen und Zuschüsse sollen 1,19 Milliarden Euro ausmachen.
Friedrich mahnte, angesichts "islamistischer Terrorgefahr" sowie "rechts- und linksextremistischer Gewaltgefahr" die Abwehrkräfte des Staates gegen "kriminelle Angriffe" zu stärken.
Dazu müsse man die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden verbessern. Auch müsse man moderne Informations- und Kommunikationstechnologie einsetzen, um die Behörden "abwehrfähig zu machen gegenüber den Kriminellen und Angreifern auf allen Seiten".
Deshalb habe man im vergangenen Jahr die Antiterrorgesetze verlängert und das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus auf die Beine gestellt. Dieses sei jetzt in ein Gemeinsames Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums (GETZ) erweitert worden, "das alle Phänomenbereiche einschließt".
Ferner habe man eine Rechtsextremismusdatei auf den Weg gebracht, die den Sicherheitsbehörden einen bundesweiten Überblick über Gewalttäter im rechtsextremistischen Bereich ermöglicht. Dies sei "die richtige Antwort auf die NSU-Mordserie".
Nachdrücklich verteidigte der Minister zugleich seine Position im Zusammenhang mit gestiegenen Asylbewerberzahlen von Flüchtlingen aus Mazedonien und Serbien. Kein Land in der Welt sei "in vergleichbarer Weise großzügig" wie Deutschland bei der Aufnahme von Menschen, die verfolgt werden und "Schutz und Hilfe brauchen". Man könne sie aber nur dann aufnehmen, wenn die entsprechenden Kapazitäten in Deutschland nicht "überlaufen von denen, die nie einen Anspruch haben und nie einen erhalten werden, hier im Land zu bleiben".
Er wisse, dass es auch Menschen in Serbien und Mazedonien schlecht gehe, doch stelle die EU "Millionen und Abermillionen zur Verfügung, um den Menschen zu helfen". Er erwarte von den Regierungen in Mazedonien und Serbien, "dass sie den Menschen auch diese Hilfe zukommen lässt".
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Hartmann, warnte demgegenüber, wer in Zeiten, in denen man die NSU-Mordserie aufarbeite, "eine ,Das-Boot-ist-voll-Politik‘-Rhetorik" an den Tag lege, bekämpfe "einerseits Rechts und fördert anderswo die Stammtische, die genau jene Parolen pflegen". Dies sei nicht in Ordnung, fügte Hartmann hinzu.
Er warf zugleich dem Minister vor, sich seit seinem Amtsantritt "um einen Kompass" zu bemühen, ihn aber nicht zu finden. Die Innenpolitik in Deutschland "ist bei Ihnen in keinen guten Händen", betonte der SPD-Parlamentarier. Dabei habe sich die SPD nicht verweigert, als es um die Einrichtung des Abwehrzentrums gegen Rechts und der Verbunddatei gegangen sei. Außer diesen beiden Punkten und der Wiedererrichtung einer "Abteilung Bekämpfung Rechtsextremismus" im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sei indes "nichts geschehen". So hätte Friedrich nach dem Bekanntwerden der NSU-Mordserie einen Erlass herausgeben müsse, dass im BfV kein Blatt Papier zu diesem Komplex mehr weggeworfen werden dürfe.
Mit Blick auf das GETZ sagte Hartmann, jeder "Extremismusansatz" brauche eine "eigene Bekämpfungsstrategie und keine überbordenden Zentren, die einfach so ohne Beteiligung der Länder eingerichtet werden". Auch dürfe man nicht bei der Behördenorganisation stehen bleiben, wenn es um die Aufarbeitung der NSU-Mordserie gehe. Man müsse die Haltung in den Sicherheitsbehörden verändern. Hierzu vermisse er ein klares Wort des Ministers.
Für Die Linke hielt ihr Abgeordneter Steffen Bockhahn dem Minister "Aktionismus" vor. Friedrich schaffe Kompetenzzentren und Gemeinsame Abwehrzentren und verknüpfe "das eine mit dem anderen, ohne zu gucken, ob es sinnvoll ist oder nicht". Auch würden viele Stellen in vermeintlichen Sicherheitsbereichen geschaffen, doch lasse man die notwendige "Präsenz in der Fläche komplett ausfallen". So habe das Bundeskriminalamt in den vergangenen zehn Jahren im Rahmen der Terrorismusbekämpfung und der Stärkung der inneren Sicherheit 166 Millionen Euro zusätzlich sowie 732 zusätzliche Stellen erhalten, während in anderen Bereichen Personal stetig habe abgebaut werden müssen.
Dabei habe man schon viel über die "Defizite bei der Bundespolizei in der Fläche" gesprochen. Wenn die Koalition die Sicherheitsbehörden "in ihrer täglichen Aufgabe stärken" wolle, solle sie dafür sorgen, "dass Polizei sichtbar ist". Bockhahn warf zugleich der Koalition einen "Wahn zur Online-Überwachung" und "zur Bespitzelung der Bevölkerung" vor, die "jedes Maß verloren" habe, und plädierte für eine Abschaffung des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
Der Grünen-Parlamentarier Memet Kilic kritisierte den Umgang von Sicherheitsbehörden mit vorhandenen Akten über Rechtsextremisten. Friedrich habe "seinen Laden nicht mehr unter Kontrolle". "Wo Sie hingucken, gibt es Pleiten, Pannen und Pech und auch selbstherrliche Geheimdienste – das ist Ihre innenpolitische Bilanz", fügte Kilic an die Adresse der Koalition hinzu.
Seine Fraktionskollegin Katja Dörner nannte es "absolut unwürdig", dass Friedrich einen Tag nach der Eröffnung des Mahnmals für die unter den Nationalsozialisten ermordeten Sinti und Roma den Flüchtlingen aus Serbien und Asylmissbrauch vorgeworfen habe. Dabei handele es sich um Menschen, die in ihren Herkunftsländern "von Verfolgung und von Rassismus bedroht" seien und bei denen es sich mehrheitlich um Sinti und Roma handele.
Dörner verwies zugleich darauf, dass vor dem Brandenburger Tor in Berlin Flüchtlinge mit einem Hungerstreik "auf ihre perspektivlose Lebenssituation" aufmerksam machen wollten. Sie halte "den Protest gegen die aktuellen Asylregelungen völlig für berechtigt", fügte Dörner hinzu und forderte eine Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und der sogenannte Residenzpflicht für Asylbewerber.
Unionsfraktionsvize Dr. Günter Krings hielt dem entgegen, dass die Flüchtlinge aus Mazedonien und Serbien "Armutsflüchtlinge" seien. Dies müsse man von Asylberechtigten trennen, was Friedrich auch mache. Krings hob zugleich hervor, dass etwa vier Milliarden Euro für die Sicherheitsbehörden ausgegeben würden, um die Menschen im Lande vor Gefahren zu schützen. So enthalte der Bundeshaushalt insgesamt etwa 25 Millionen Euro mehr Geld zur Stärkung des Kampfes gegen den Rechtsextremismus.
Der CDU-Parlamentarier begrüßte zugleich die Einrichtung des GETZ. Wenn es beim Rechtsextremismus richtig sei, besser zusammenzuarbeiten, gebe es "kein sachliches Argument, warum das beim Linksextremismus oder beim Ausländerextremismus dann schädlich sein soll". Er habe kein Verständnis für die sechs Bundesländer, die sich "dieser effektiven Zusammenarbeit verweigern".
Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz sagte mit Blick auf die Pannen und Fehlgriffe bei den Ermittlungen zu der NSU-Mordserie, die Sicherheitsbehörden hätten nicht gut zusammengearbeitet. Es habe in Ländern wie im Bund "Behördenegoismen" gegeben. Notwendig sei eine Reform der Sicherheitsarchitektur, die "den Föderalismus nicht aufgibt, sondern die Zusammenarbeit verbessert". Die Reform müsse "Behördenkompetenzen klar abgrenzbar" machen und die "Verwischung von Zuständigkeiten" beenden.
Auch brauche man eine Reform, die das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten achtet, "aber zugleich dort, wo es schon nach geltendem Recht geboten wäre, Ermittlungen abzugeben, dies auch tut und Kooperation statt Egoismus einfordert". Es sei aber nicht der richtige Weg, "ein neues Zentrum auf den Weg zu bringen", ohne "vorher mit den Ländern, ohne vorher mit dem Bundestag gesprochen zu haben". Piltz begrüßte zugleich, dass die Bundespolizei mehr Mittel erhalte und auch die Bundeszentrale für politische Bildung mehr Geld für die Bekämpfung des Extremismus bekomme.
Der Bundestag lehnte Änderungsanträge der SPD (17/11519, 17/11520, 17/11521, 17/11522), der Linksfraktion (17/11505) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/11518) ab. Die SPD hatte mehr Mittel für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, für Integrationskurse, für die Förderung der Integration von Zuwanderern und für die Bundeszentrale für politische Bildung gefordert.
Die Linke und die Grünen wollten mehr Geld für Integrationkurse, Migrationsberatung und die Förderung der Integration von Zuwanderern durchsetzen. (sto/20.11.2012)