Plenarprotokoll 17/101 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 101. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 6. April 2011 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Berufsbildungsbericht 2011; sonstige Fragen Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Willi Brase (SPD) Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Heiner Kamp (FDP) Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Agnes Alpers (DIE LINKE) Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Swen Schulz (Spandau) (SPD) Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Uwe Schummer (CDU/CSU) Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Oliver Kaczmarek (SPD) Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Michael Kretschmer (CDU/CSU) Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Inge Höger (DIE LINKE) Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksachen 17/5321, 17/5356) Dringliche Frage 1 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Lagerung von Brennelementekugeln aus dem AVR Jülich Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Mündliche Frage 42 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anzahl der eingesetzten Brennelementekugeln im AVR Jülich sowie heutige Lagerung Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Zusatzfragen Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Michael Kretschmer (CDU/CSU) Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dringliche Fragen 2 und 3 Dorothee Menzner (DIE LINKE) Lückenlose Darstellung des Verbleibs von radioaktivem Inventar anhand der der Bundesregierung vorliegenden Inventarlisten; Dokumentation des Verbleibs von radioaktivem Inventar aus dem Forschungsreaktor Jülich Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Zusatzfragen Dorothee Menzner (DIE LINKE) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) Dringliche Frage 4 Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Zustimmung der Bundesregierung zu EUFOR Libya; etwaige Entsendung von Bundeswehreinheiten Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) Inge Höger (DIE LINKE) Mündliche Frage 1 Caren Marks (SPD) Erreichbarkeit des Einsparvolumens bei der Begrenzung des Elterngeldes nach Einkommenshöhe Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Caren Marks (SPD) Mündliche Frage 2 Caren Marks (SPD) Erhöhung des Anteils männlicher Personen in der Familienpflege Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Caren Marks (SPD) Mündliche Frage 7 Sönke Rix (SPD) Bundesprogramme "Vielfalt tut gut. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie" und "kompetent. für Demokratie - Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus" Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Sönke Rix (SPD) Mündliche Fragen 8 und 9 Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) Förderrichtlinien des Bundesprogramms "Toleranz fördern - Kompetenz stärken"; Vorgaben im Bundesprogramm "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" für Landeskoordinierungsstellen mit Blick auf Verpflichtungen für Zuwendungsempfänger Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) Mündliche Frage 10 Petra Crone (SPD) Ausschluss einer Benachteiligung finanzschwacher Kommunen bei der neuen Finanzierungsregelung für Mehrgenerationenhäuser Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Petra Crone (SPD) Mündliche Frage 11 Petra Crone (SPD) Ergebnisse der Bund-Länder-Kommission zur Erarbeitung der Pflegeausbildungsreform Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Zusatzfragen Petra Crone (SPD) Mündliche Fragen 14 und 15 Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Forderungen nach einer Erhöhung des Beitragssatzes zur sozialen Pflegeversicherung; Umsetzung von Leistungsverbesserungen in der Pflegeversicherung Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Zusatzfragen Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 16 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaige Ergänzung der umlagefinanzierten Pflegeversicherung durch eine Kapitaldeckung Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Zusatzfragen Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 17 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Forderungen nach paritätischer Erhöhung des lohnbezogenen Beitrags in der Pflegeversicherung Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Zusatzfrage Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 18 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Diskussionen zur Finanzierungsreform der sozialen Pflegeversicherung Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Zusatzfragen Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 19 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Reformierung des Leistungsspektrums der Pflegeversicherung Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Zusatzfragen Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sönke Rix (SPD) Caren Marks (SPD) Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Fragen 26 und 27 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vergabe eines Auftrags zur Protokollierung einer Verkehrsausschusssitzung Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 30 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einigung der Fluglärmkommission zu den Flugrouten für den Flughafen Berlin Brandenburg International Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 37 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Berücksichtigung von Terrorgefahren beim geplanten europäischen Stresstest für Atomkraftwerke Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) Mündliche Frage 52 Heike Hänsel (DIE LINKE) Verschlechterung der Lage in Côte d'Ivoire infolge der gegen Laurent Gbagbo verhängten Sanktionen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Heike Hänsel (DIE LINKE) Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) Mündliche Frage 75 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Finanzielle Auswirkungen der Ausweitung des Anwendungsbereichs der körperschaftlichen Organschaft gemäß BMF-Schreiben vom 28. März 2011 Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Zusatzfragen Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD: Gründe des Bundeswirtschaftsministers gegen ein Verbot von Klonfleisch Ulrich Kelber (SPD) Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) Karin Binder (DIE LINKE) Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Alois Gerig (CDU/CSU) Kerstin Tack (SPD) Hans-Michael Goldmann (FDP) Elvira Drobinski-Weiß (SPD) Franz Obermeier (CDU/CSU) Doris Barnett (SPD) Dieter Stier (CDU/CSU) Nächste Sitzung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 3 Aydan Özoðuz (SPD) Verbot von Geldspielautomaten in Gaststätten, Einkaufszentren und Tankstellen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 3 Mündliche Frage 4 Aydan Özoðuz (SPD) Verbesserung der Förderung benachteiligter Jugendlicher im Rahmen der Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 4 Mündliche Frage 5 Dagmar Ziegler (SPD) Auswirkungen der laufenden Evaluation auf den Kinder- und Jugendplan und den Einzelplan 17 ab 2012 Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 5 Mündliche Frage 6 Dagmar Ziegler (SPD) Konzipierung einer eigenständigen Jugendpolitik Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 6 Mündliche Frage 12 Hilde Mattheis (SPD) Notwendigkeit der Novellierung des Psychotherapeutengesetzes Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Anlage 7 Mündliche Frage 13 Hilde Mattheis (SPD) Anpassung der Zugangsvoraussetzungen zur Psychotherapeutenausbildung an die Studienabschlüsse Bachelor und Master Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Anlage 8 Mündliche Frage 20 Uwe Beckmeyer (SPD) Ergebnisse des internen Berichts des BMVBS zum aktuellen Zustand der Bundesfernstraßen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 9 Mündliche Frage 21 Michael Groß (SPD) Verwendung der bei einem Stopp des Gesamtpakets Stuttgart 21 frei werdenden finanziellen Mittel Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 10 Mündliche Frage 22 Martin Burkert (SPD) Novellierung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 11 Mündliche Frage 23 Martin Burkert (SPD) Bedeutung des Recast des Ersten Eisenbahnpaketes bei der Novellierung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 12 Mündliche Frage 24 Gustav Herzog (SPD) Einführung eines lärmabhängigen Trassenpreissystems zum Fahrplanwechsel 2011/2012 durch die Deutsche Bahn AG Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 13 Mündliche Frage 25 Gustav Herzog (SPD) Vergabe von Nassbaggerarbeiten an Privatunternehmen durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 14 Mündliche Frage 29 Alexander Süßmair (DIE LINKE) Verstöße gegen das Bundeskleingartengesetz durch die Nutzung von Kleingärten als Tafelgärten Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 15 Mündliche Frage 35 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sachverständige für die Durchführung der als "Stresstest" bezeichneten Prüfung der deutschen Atomkraftwerke Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 16 Mündliche Frage 36 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anforderungskatalog für die Sicherheitsüberprüfung der Kernkraftwerke Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 17 Mündliche Frage 38 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Klage der RWE AG gegen die angeordnete vorübergehende Stilllegung des Kernkraftwerks Biblis A Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 18 Mündliche Frage 39 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kosten der Sicherheitsüberprüfung der Kernkraftwerke im Rahmen des Moratoriums Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 19 Mündliche Frage 40 Klaus Hagemann (SPD) Sicherheit des Zwischenlagers Nord Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 20 Mündliche Frage 43 Klaus Hagemann (SPD) Gesamtkosten für das geplante "Haus der Zukunft" Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 21 Mündliche Frage 44 Heike Hänsel (DIE LINKE) Mittel aus dem Bundeshaushalt für das Regionalprogramm Politischer Dialog Westafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung und vergleichbare Programme anderer Stiftungen Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 22 Mündliche Frage 45 Alexander Ulrich (DIE LINKE) Inhalte und finanzielle Unterstützung der Regionalprogrammgruppe Politischer Dialog der Konrad-Adenauer-Stiftung Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 23 Mündliche Frage 46 Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) Aufwendungen für Stiftungen im Einzelplan 04 im Geschäftsbereich des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Antwort Bernd Neumann, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin Anlage 24 Mündliche Frage 47 Alexander Ulrich (DIE LINKE) Am Politischen Dialog Westafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung im September 2009 beteiligte Verteidigungspolitiker aus afrikanischen Staaten Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 25 Mündliche Fragen 49 und 50 Niema Movassat (DIE LINKE) Humanitäre Lage in Abidjan und Bewertung des Vorschlags der Konrad-Adenauer-Stiftung zur Bewältigung der Krise in der Elfenbeinküste Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 26 Mündliche Frage 51 Andrej Hunko (DIE LINKE) Aufhebung der gegen Mitglieder der Militärjunta in Guinea verhängten EU-Sanktionen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 27 Mündliche Fragen 53 und 54 Katrin Werner (DIE LINKE) Rolle des Netzwerks westafrikanischer Offiziere bei den vergangenen Bürgerkriegen in der Region und französische Militärhilfe für die Elfenbeinküste Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 28 Mündliche Fragen 55 und 56 Erika Steinbach (CDU/CSU) Gewalt in Kuba durch sogenannte Rollkommandos der dortigen Regierung Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 29 Mündliche Frage 57 Ute Kumpf (SPD) Höhe der Aufwendungen für Stiftungen im Einzelplan 05 im Bereich auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 30 Mündliche Frage 58 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einfrieren der Bankkonten nordafrikanischer Staatschefs Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 31 Mündliche Frage 59 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Reintegrationsprogramm von Talibankämpfern in Afghanistan Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 32 Mündliche Frage 60 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Neufassung der FRONTEX-Verordnung Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 33 Mündliche Frage 61 Andrej Hunko (DIE LINKE) Verstöße der US-Behörden gegen das SWIFT-Abkommen und Gewährleistung parlamentarischer Kontrollrechte Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 34 Mündliche Frage 62 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verstöße gegen Bestimmungen des SWIFT-Abkommens und Konsequenzen Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 35 Mündliche Fragen 65 und 66 Christel Humme (SPD) Vertretung von Frauen in den Entscheidungsgremien zur Vergabe von Stiftungsmitteln und Evaluierung der Ergebnisse der Förderung im Hinblick auf eine geschlechtergerechte Teilhabe von Frauen und Männern Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 36 Mündliche Fragen 68 und 69 Ulla Burchardt (SPD) Bundesmittel für Stiftungen in den Haushaltsjahren 2008 bis 2010 Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 37 Mündliche Fragen 70 und 71 René Röspel (SPD) Bundesmittel für Stiftungen im Haushaltsjahr 2011 Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 38 Mündliche Fragen 72 und 73 Hans-Joachim Hacker (SPD) Reduzierte Umsatzsteuer für die Fahrgastschifffahrt; Gespräche mit den europäischen Nachbarländern zur Harmonisierung der Besteuerung der Fahrgastschifffahrt Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 39 Mündliche Frage 76 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Veröffentlichung eines BMF-Schreibens zur sogenannten 0,03-Prozent-Regelung Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 40 Mündliche Frage 77 Ute Kumpf (SPD) Höhe der Aufwendungen für Stiftungen im Einzelplan 09 im Bereich der Kreativwirtschaft Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 41 Mündliche Fragen 78 und 79 Garrelt Duin (SPD) Umsetzung des KfW-Sonderprogramms zur Absicherung der Finanzierung von Windparkprojekten Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 42 Mündliche Fragen 80 und 81 Sebastian Edathy (SPD) Äußerungen von Bundesminister Rainer Brüderle beim BDI zum Moratorium der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 43 Mündliche Frage 82 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unabhängige Studien zu kostendeckenden Stillegungs- und Entsorgungsrückstellungen für Atomanlagen; Überprüfung ausreichender Rückstellungen bei den Betreibern Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 44 Mündliche Fragen 83 und 84 Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Rolle der Deutschen Bundesbank bei der Abwicklung von Ölgeschäften zwischen Iran und Indien; Ausschluss einer Mittelverwendung für das iranische Atomprogramm Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 45 Mündliche Frage 85 Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Rechtsgrundlage für die Zahlung von EU-Mitteln an das Land Brandenburg zur Erprobung der CCS-Technologie Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 46 Mündliche Frage 86 Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einrichtung eines Beauftragten für kleine und mittlere Unternehmen Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 47 Mündliche Frage 87 Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Festhalten an der Vorrangprüfung bei der Zuwanderung ausländischer Fachkräfte Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 48 Mündliche Frage 88 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Veranstaltungen anlässlich der Herstellung der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 49 Mündliche Fragen 89 und 90 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Informationskampagnen zur Herstellung der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Staatsangehörigen der Beitrittsstaaten Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 50 Mündliche Frage 91 Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Politische Bedeutung der vollen Herstellung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Staatsangehörigen der Beitrittsstaaten Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 51 Mündliche Frage 92 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung zur Akzeptanz der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Staatsangehörigen der Beitrittsstaaten Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 52 Mündliche Frage 93 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Berücksichtigung der Aufgaben zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bei der Aufstellung der Eckwerte für den Bundeshaushalt 2012 Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 53 Mündliche Frage 94 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Gründe und Konsequenzen der nicht fristgerechten Vorlage des Staatenberichts über die Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 54 Mündliche Fragen 95 und 96 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Folgen der geplanten Streichung des halben Mehrwertsteuerpunktes für die Arbeitslosenversicherung und Entwicklung der Finanzlage der Bundesagentur für Arbeit bis 2014 Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 55 Mündliche Fragen 97 und 98 Klaus Barthel (SPD) Deutsche Haltung zur Heraufsetzung der EU-Grenzwerte für die Strahlenbelastung japanischer Fleisch- und Fischimporte Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 56 Mündliche Frage 99 Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Scheitern der Novelle der Novel-Food-Verordnung Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 57 Mündliche Frage 100 Alexander Süßmair (DIE LINKE) Kritik am BMELV-Entwurf einer Verordnung über die Zulassung von Kontrollstellen nach dem Ökolandbaugesetz Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 58 Mündliche Frage 101 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kriterien für eine rechtsverbindliche Definition des Begriffs "nachhaltige Landwirtschaft" Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 59 Mündliche Fragen 102 und 103 Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Lockerung des Verbots von Nachtsichtgeräten nach § 19 Bundesjagdgesetz; Reduzierung der hohen Wilddichte Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 60 Mündliche Frage 104 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Genehmigung zum Export ausgemusterter U-Boote der Bundeswehr nach Thailand Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 61 Mündliche Frage 105 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Einsatz der Bundeswehr im Mittelmeer nach dem Abzug aus der Operation Active Endeavour Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 62 Mündliche Fragen 106 und 107 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beteiligung der Bundeswehrschiffe "Datteln" und "Lübeck" an der NATO-Operation Active Endeavour Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 63 Mündliche Frage 108 Inge Höger (DIE LINKE) Gewährleistung der Nichtbeteiligung deutscher Luftwaffenoffiziere des NATO-Hauptquartiers im türkischen Izmir an den Arbeitsabläufen im Rahmen der NATO-Operation Unified Protector Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 64 Mündliche Frage 109 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einwände von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan gegen Partnering-Einsätze Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 65 Mündliche Frage 110 Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Zusammenarbeit von Bundeswehr und deutschen Stiftungen zur Schaffung von Netzwerken bzw. Kontakten mit und unter hochrangigen westafrikanischen Militärs Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg 101. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 6. April 2011 Beginn: 13.00 Uhr Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Berufsbildungsbericht 2011. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Helge Braun. - Herr Braun, Sie haben das Wort, bitte schön. Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Kabinett hat heute den Berufsbildungsbericht 2011 beraten. Danach hat sich die Ausbildungslage in Deutschland deutlich verbessert. Die Zahl der angebotenen Ausbildungsstellen beträgt 579 000. Sie hat sich gegenüber der Prognose, die von 563 000 Ausbildungsstellen ausgegangen ist, um rund 16 000 erhöht. Am Ende des Zeitraums waren mehr unbesetzte Ausbildungsplätze vorhanden als unversorgte Bewerber. Der demografische Wandel trägt hierzu einiges bei. Die Zahl der Schulabgänger in Ostdeutschland ist um 13,5 Prozent gesunken. Die Angebots-Nachfrage-Relation, die im Jahr 2004 noch bei 90 Prozent lag, liegt im Jahr 2009/2010 bei 99,9 Prozent. Das heißt, dass die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze leicht unter der der unversorgten Bewerber liegt. Die Zahl der sogenannten Altbewerber - das sind diejenigen, die sich auch in den Vorjahren beworben haben - ist ebenfalls stark gesunken. Im Jahr 2008 haben 262 000 Altbewerber einen Ausbildungsplatz angestrebt. Derzeit sind es 184 745. Das entspricht einem Minus von rund 30 Prozent. Auch im Übergangssystem befinden sich weniger Ausbildungssuchende und sozusagen auf eine Ausbildung Wartende, als das früher der Fall war. In den letzten fünf Jahren ist diese Quote um 22,5 Prozent zurückgegangen. Im letzten Jahr hat sich die Zahl derjenigen, die sich im Übergangssystem befinden, um 24 000 verringert. Das entspricht einem Anteil von 7 Prozent. Laut Prognose des Berufsbildungsberichts können wir - das wird auch von der Halbjahresbilanz der Bundesagentur für Arbeit bestätigt - davon ausgehen, dass im Jahr 2011 die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze weiter steigt, möglicherweise - das zeigt die Halbjahresbilanz der BA - um 48 000; das wäre ein Plus von 14 Prozent. Aufgrund der zunehmenden wirtschaftlichen Dynamik, verbunden mit dem demografischen Wandel, verzeichnen wir insgesamt also eine Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt. In einigen regionalen Bereichen werden wir in Zukunft sogar über einen Mangel an Auszubildenden sprechen können. Andererseits gibt es sicherlich auch einige Regionen in Deutschland, in denen es hinsichtlich des Angebots an Ausbildungsstellen nach wie vor Engpässe gibt. Betrachtet man die Situation in Deutschland insgesamt, ist aber festzustellen, dass die Bilanz ausgeglichen ist. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zu den Fragen. Zunächst fragt der Kollege Brase. Willi Brase (SPD): Herr Präsident! Herr Staatssekretär, es ist sicherlich richtig, dass die Ausbildungsstellensituation regional unterschiedlich bewertet werden muss. Trotzdem möchte ich einmal nachfragen, wie Sie angesichts von 300 000 Jugendlichen im Übergangsbereich zu dieser positiven Betrachtung kommen. Muss man bei all diesen Jugendlichen von einer geringen Ausbildungsreife ausgehen? Gibt es nicht auch Bereiche, in denen genügend gut ausgebildete Jugendliche zur Verfügung stehen, die aber aufgrund der Marktbenachteiligung keinen Ausbildungsplatz erhalten? Es gibt nach wie vor - das haben Sie kürzlich in einer Antwort auf eine Anfrage der SPD-Fraktion zur Kenntnis gegeben - fast 1,5 Millionen junge Leute zwischen 20 und 29 Jahren, die keinen Berufsabschluss haben. Angesichts dieser Zahl glaube ich, dass erhöhte Anstrengungen und größere Aktivitäten notwendig sind, sowohl im Hinblick auf die demografische Entwicklung als auch im Hinblick auf den Fachkräftebedarf. Meine Frage ist: Was will die Bundesregierung tun? Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Sehr geehrter Herr Kollege Brase, ich bedanke mich für diese Frage. Die Daten aus dem Berufsbildungsbericht zeigen eine in der Summe positive Entwicklung. Nichtsdestotrotz gibt es noch Menschen im Übergangssystem. Es gibt noch Altbewerber. Es gibt auch immer noch das Problem nicht ausreichender Ausbildungsreife am Ende einer Schullaufbahn. Das sind drei Probleme, die die Bundesregierung mit ihren Maßnahmen bekämpft. Als eine dieser Maßnahmen haben wir im letzten Jahr die sogenannten Bildungsketten gestartet. Im Rahmen dieser Bildungsketten wollen wir uns darum kümmern, dass diejenigen Jugendlichen, die in der Gefahr sind, am Ende ihrer Schullaufbahn nicht ausbildungsreif zu sein, frühzeitig an die Berufswelt herangeführt werden. Die Maßnahme beginnt in der siebten Klasse mit einer Potenzialanalyse, in der die jeweiligen Stärken und Schwächen der Schüler untersucht werden. In der achten Klasse geht es mit einem allgemeinen Berufsorientierungsprogramm weiter, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über die BA angeboten wird. Im Rahmen dieses Programms können sich junge Menschen unterschiedliche Berufe in außerbetrieblichen Bildungsstätten ansehen und diese ausprobieren. Dies kann dann in Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit münden, zum Beispiel in Form der vertieften Berufsvorbereitung. Dort haben die Jugendlichen die Möglichkeit, sich die Betriebe vor Ort anzusehen. Die genannten Maßnahmen sind in dieser Konzentration im letzten Jahr gestartet worden. Wir erhoffen uns dadurch für die Zukunft, dass der Übergang von der Schule in den Beruf, insbesondere bei den Jugendlichen, die Schwierigkeiten mit der Ausbildungsreife haben, noch besser gelingt als in der Vergangenheit. In Bezug auf das Übergangssystem gibt es noch weitere Maßnahmen. In Meseberg ist vom Kabinett eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden. In dieser Arbeitsgruppe arbeiten das Wirtschaftsministerium, das Arbeitsministerium, das Familienministerium und das Bildungsministerium gemeinsam an einem lückenlosen Angebot des Bundes im gesamten Bereich des Übergangssystems, indem die Bildungsketten - das sagt der Name schon - ineinander verzahnt werden. All den Problemgruppen, die Sie angesprochen haben, können dann noch mehr Angebote gemacht werden als in der Vergangenheit. Das Ziel, Deutschland zur Bildungsrepublik zu entwickeln, haben wir dabei fest im Blick. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank. - Ich gebe die Namen derjenigen, die Fragen stellen wollen und die ich auf meiner Liste aufgenommen habe, bekannt: Frau Dr. Hein, Herr Kamp, Dr. Feist, Herr Rossmann, Frau Alpers, Frau Hinz, Swen Schulz, Herr Schummer, Herr Kaczmarek und Herr Kretschmer. Frau Dr. Hein. Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär, die positiven Zahlen, die Sie genannt haben, stehen in einem gewissen Widerspruch zu dem, was ich in meinem Bundesland erlebe - zumindest was die Ausbildungschancen für Schülerinnen und Schüler mit Hauptschulabschluss und die Altbewerberinnen und Altbewerber betrifft. Sie haben auf die demografische Rendite hingewiesen. Diese ist vor allem für den Osten des Landes von Bedeutung. Dort ist tatsächlich eine Entlastung entstanden. Ich frage mich allerdings, wieso es trotz dieser Entlastung nicht möglich ist, den Berg von Altbewerberinnen und Altbewerbern endlich abzubauen und ihnen eine entsprechende Ausbildung zu ermöglichen. Sie haben auch auf die Ausbildungsfähigkeit verwiesen. In vielen Diskussionen und Artikeln zur Berufsausbildung wird immer wieder gesagt, dass die Ausbildungsfähigkeit fehle. Ist denn in dem Berufsbildungsbericht der Versuch unternommen worden, zu erklären, was Ausbildungsfähigkeit überhaupt heißt? Woran misst man das? Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Sehr geehrte Frau Hein, ich glaube nicht, dass man davon sprechen kann, dass sich bei den Altbewerberinnen und Altbewerber nichts getan hat. Ich habe gerade darauf hingewiesen, dass in diesem Bereich die Zahl dramatisch gesunken ist, und zwar im Zeitraum von 2008 bis jetzt um 30 Prozent. Sie nennen das demografische Rendite; aber von dieser Entwicklung profitieren die Altbewerber sehr. An der hohen Zahl der noch offenen Ausbildungsstellen zeigt sich klar, dass das Problem nicht darin besteht, dass es für die Gruppe der Altbewerberinnen und Altbewerber ebenso wie für diejenigen, die unversorgt bleiben, keine Angebote gibt, sondern eher darin, dass es offenkundig an Ausbildungsreife oder Mobilität mangelt. Diese Probleme müssen wir beseitigen. Dabei helfen eine höhere Qualifikation der Auszubildenden sowie eine entsprechende Förderung ihrer Mobilität. Diese Ansätze stehen aus meiner Sicht im Mittelpunkt. Dass sich da nichts tue, kann ich wirklich nicht bestätigen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank. Herr Kollege Kamp. Heiner Kamp (FDP): Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, für mich gibt Ihr Bericht Anlass zur Hoffnung. Das sage ich ganz klar, wenngleich Sie - neben den Handlungsfeldern, die Sie bereits angegangen sind - verschiedene Handlungsfelder dargestellt haben, die es noch zu bearbeiten gilt. Ein Handlungsfeld ist mit Sicherheit die Ausbildungsbeteiligung von jungen Menschen mit Migrationshintergrund. Wie beurteilt die Bundesregierung deren Ausbildungsbeteiligung? Und wie tragen Sie als Bundesregierung dafür Sorge, dass die duale Ausbildung im zunehmenden Wettbewerb mit den Hochschulen um gute Nachwuchskräfte weiterhin ein attraktiver Bildungsweg bleibt? Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Lieber Herr Kamp, das Thema Migration und Ausbildung ist in der Tat eines, bei dem es noch große Herausforderungen gibt, wie die Zahlen des Berichts veranschaulichen: 13,8 Prozent der hier lebenden Migranten haben keinen Schulabschluss. Im Verhältnis zu den 5,8 Prozent bei den Deutschen ohne Schulabschluss ist die Zahl damit fast doppelt so hoch. Das zieht Konsequenzen in der Ausbildung nach sich. Während die Ausbildungsquote bei den deutschen Jugendlichen bei 64,3 Prozent liegt, beträgt die Ausbildungsquote bei Migranten nur 31,4 Prozent. Das heißt, hier ist noch eine Menge von Aufgaben zu bewältigen. Im Nationalen Ausbildungspakt haben wir mit den Beteiligten der Wirtschaft und den Sozialpartnern festgelegt, dass wir genau diese Zielgruppe, nämlich Altbewerber und Benachteiligte, mit Blick auf die Ausbildung besonders berücksichtigen wollen. Das schließt an das an, was ich gerade zu Frau Hein gesagt habe. Es geht im Nationalen Ausbildungspakt nicht einfach nur darum, die Wirtschaft zu bitten, mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen; vielmehr soll sich die Wirtschaft stärker als bisher bereit erklären, auch die Jugendlichen, deren Ausbildungsreife nicht perfekt ist, in die Betriebe zu integrieren. Darüber hinaus ist eine weitere Aufgabe zu nennen. Wir sehen, dass insbesondere in Unternehmen, deren Unternehmensführer nicht deutscher Herkunft sind - in vielen anderen Ländern gibt es kein duales Ausbildungssystem wie bei uns -, die Quote der angebotenen Ausbildungsplätze viel geringer ist. Deshalb verfolgen wir mit unserem Jobstarter/KAUSA-Programm zwei Punkte: Zum einen sollen Berufseinstiegsbegleiter speziell Migranten helfen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Zum anderen kümmern wir uns - das ist, wie ich finde, ein sehr intelligentes Instrument - darum, dass Firmen, die von Migranten geleitet werden, ihre Ausbildungsquote gegenüber früher erhöhen. Das halte ich für sehr wichtig. Wir müssen das Übel an der Wurzel packen. Das heißt, wir müssen unbedingt erreichen, dass die Zahl der Migranten, die keinen Schulabschluss als Voraussetzung für ihre Ausbildungsreife haben, deutlich reduziert wird. Das vorhin von mir erwähnte Instrument der Bildungsketten kommt, glaube ich, insbesondere dieser Gruppe zugute. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank. - Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Feist. Dr. Thomas Feist (CDU/CSU): Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, ich möchte an das, was mein Vorredner gefragt hat, anschließen. Es gibt eine sehr erfreuliche Entwicklung der Zahlen der Bewerber und der Studienplätze; bis vor kurzem hat wohl noch niemand geglaubt, dass es einmal diese erstaunlichen Zahlen geben wird. (Zuruf der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) - Frau Hinz, wenn auch Sie etwas fragen möchten, dann melden Sie sich doch einfach. (Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein parlamentarischer Zwischenruf! Das ist erlaubt!) - Gesundheit. - Ich wollte angesichts der Tatsache, dass der Wettbewerb um die immer weniger werdenden Schulabgänger ja nun noch härter wird, fragen: Wie will die Bundesregierung erreichen, dass gute Leute einen Ausbildungsberuf ergreifen? Denken Sie, dass eine Imagekampagne wie "Das Handwerk. Die Wirtschaftsmacht. Von nebenan", die das deutsche Handwerk gestartet hat, ein geeignetes Instrument ist, um junge Menschen an einer Ausbildung zu interessieren und sie darauf vorzubereiten? Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ja, in der Tat. 46 Prozent des letzten Jahrgangs - Herr Kamp hat das schon angesprochen; ich hatte vergessen, das zu erwähnen - haben ein Studium aufgenommen. Das ist - auch absolut - die höchste Zahl an Studienanfängern, die es je gab. Noch nie haben so viele Menschen in Deutschland ein Studium begonnen. Deshalb ist klar, dass weniger Menschen mit Hochschulreife auf dem Ausbildungsmarkt zur Verfügung stehen. Wir gehen davon aus, dass sich das in den nächsten ein bis zwei Jahren durch die doppelten Abiturjahrgänge - jetzt drängen zwei Jahrgänge auf den Ausbildungs- und Studienmarkt - und durch die Aussetzung der Wehrpflicht ein wenig nivelliert. Derzeit haben ungefähr 17 Prozent derer, die eine Ausbildung machen, die Hochschulreife. Ich glaube, dass es in Zukunft gelingen wird, insbesondere diejenigen Ausbildungsstellen, die ein besonders hohes Anspruchsniveau haben und heute unbesetzt bleiben, zu besetzen. Wir gehen davon aus, dass es am Ausbildungsmarkt durch die doppelten Abiturjahrgänge und die Aussetzung der Wehrpflicht keine Engpässe geben wird. Vielmehr wird es uns sogar besser gelingen, die hochspezialisierten Ausbildungsberufe mit Bewerbern zu versorgen. Nichtsdestotrotz wird der Wettbewerb um die Höherqualifizierten in der Zeit, in der diese beiden Effekte nicht mehr wirken, ein relevantes Thema sein. Deshalb wird im Juli dieses Jahres, wenn die nächste Sitzung zum Ausbildungspakt stattfindet, eine entsprechende Kampagne begonnen werden, um deutlich zu machen, dass es in Deutschland viele tolle Ausbildungsberufe gibt, die teilweise in anderen Ländern sogar als akademisches Studium angeboten werden. Wir müssen das mit Maßnahmen der Aufstiegsmöglichkeiten flankieren. Es muss klar sein, dass demjenigen, der sich zunächst für eine Lehre entscheidet, der akademische Weg nicht für alle Zeiten verschlossen ist. Derjenige, der sich zunächst für den Weg einer Lehre entscheidet, soll, gerade als Hochqualifizierter, attraktive Angebote vorfinden und auch im weiteren Leben Aufstiegsmöglichkeiten haben. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank. - Das Fragerecht geht jetzt an den Kollegen Rossmann. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Herr Staatssekretär, manche der Probleme, die Sie aufwerfen, sind ja regierungsunabhängig und haben auch schon früher die Jugend- und Bildungspolitik beschäftigt. Sie haben den Rückgang der sogenannten Altbewerber angesprochen und bemerkenswerte Prozentzahlen genannt. Dies wirft eine Frage auf: Was sind die konkreten berufsbildungspolitischen Maßnahmen jenseits der demografischen Entwicklung, die seitens der Regierung und seitens der Wirtschaftspartner ergriffen worden sind? Wenn diese Maßnahmen so erfolgreich waren, sollten sie jetzt noch deutlich verstärkt werden, damit in Zukunft nicht noch 180 000 junge Menschen länger als ein Jahr auf eine Ausbildungsgelegenheit, eine vollwertige Ausbildungsstelle warten müssen. Können Sie aus der Analyse heraus sagen, dass Sie diese besonders effektiven Maßnahmen auch in Zukunft weiter ausbauen wollen? Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: In diesem Übergangssystem gibt es eine Reihe von Maßnahmen. Neben den Altbewerbern geht es übrigens auch um viele andere Gruppen, zum Teil um Personen, die eine Ausbildung abgeschlossen haben, aber nicht den Weg in die Berufstätigkeit finden. Hier setzen die Arbeitsmarktprogramme der Bundesregierung an. Wir versuchen, diesen Menschen durch Nachqualifizierungsmaßnahmen in unterschiedlichster Weise Hilfestellungen zu geben. Wichtig ist, dass wir auch nach erfolgreicher Vermittlung in eine Ausbildung das Konzept der sogenannten Senior Experts verfolgen. Dabei handelt es sich um Ehrenamtliche, die Menschen mit besonderen Problemen zum Beispiel bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz unterstützen, wobei jeweils ein Ehrenamtlicher für einen Jugendlichen zuständig ist. Wenn im Rahmen einer Ausbildung Probleme auftauchen und möglicherweise ein Ausbildungsabbruch droht, kann die Unterstützung in der Form fortgesetzt werden, dass sich der Ehrenamtliche dafür einsetzt, dass die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen werden kann. Ich denke, unser Instrumentenkasten im Bereich der Arbeitsmarktförderung ist an dieser Stelle außerordentlich groß. Dies wird auch in Zukunft der Fall sein. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank. - Die nächste Frage hat die Kollegin Alpers. Agnes Alpers (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, ich freue mich sehr, dass wir heute über den Berufsbildungsbericht sprechen. Mich hat allerdings verwundert, dass Sie die Befragung der Bundesregierung zu diesem Thema so schnell angesetzt haben; denn der Berufsbildungsbericht liegt uns noch gar nicht zur Einsicht vor. Da schon Stellungnahmen vonseiten der Arbeitgeber, des BIBB und des DGB vorliegen, bitte ich Sie, dafür zu sorgen, dass auch uns der Berufsbildungsbericht bald zukommt. Nun zu meiner Frage. Sie sagen sehr häufig, dass es schon heute viele Bereiche gibt, in denen die Zahl der Ausbildungsplätze größer ist als die Zahl der Jugendlichen, die dafür infrage kommt, dass also teilweise sogar ein Überangebot an Ausbildungsplätzen besteht. Sie weisen außerdem darauf hin, dass die Gründe dafür, dass diese Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können, darin liegen, dass nicht die notwendige Ausbildungsfähigkeit vorhanden ist oder die erforderlichen schulischen Qualifikationen nicht ausreichend sind. So lauten Ihre Begründungen. Wenn wir uns einen großen Ausbildungsbereich wie das Hotel- und Gaststättengewerbe ansehen, dann stellen wir fest, dass Ausbildungsplätze in diesem Bereich nicht aufgrund der von Ihnen genannten Gründe nicht besetzt werden. Die Gründe sind vielmehr die schlechte Vergütung, die nicht ausreichende Qualität - Frau von Obernitz vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag hat dies schon gerügt - und die sehr geringen Übernahmequoten. Im Hotel- und Gaststättenbereich zum Beispiel werden nach Arbeitgeberangaben nur 14 Prozent der Auszubildenden übernommen, und ein Koch verdient nach dem Ende seiner Ausbildung zwischen 780 und 840 Euro netto. Im BIBB-Expertenmonitor ist hervorgehoben worden, dass die Ursachen nicht in der Leistungsfähigkeit der Auszubildenden, sondern in hohen Abbruchquoten, schlechter Qualität und schlechten Perspektiven liegen. Vor diesem Hintergrund lautet meine Frage an Sie, Herr Braun: Wie steht die Bundesregierung zu den Ausbildungsbereichen, in denen Ausbildungsplätze häufig nicht besetzt werden? Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Liebe Frau Kollegin Alpers, zum Ersten. Das Kabinett hat den Berufsbildungsbericht 2011 heute Morgen beschlossen. Nun wird er dem Bundestag förmlich zugeleitet. Dies entspricht dem normalen Verfahren. Deshalb habe ich Ihnen die wesentlichen Ergebnisse des Berichts zu Beginn der heutigen Befragung der Bundesregierung, wie es üblich ist, kurz vorgestellt. Zum Zweiten. Natürlich verbietet sich im Hinblick auf die Frage: "Warum gelingt es bei einer so hohen Zahl offener Ausbildungsstellen nicht, jedem unversorgten Bewerber einen Ausbildungsplatz zukommen zu lassen?" jede monokausale Erklärung. Die erste mögliche Erklärung ist, dass ein Missverhältnis zwischen den hohen Ansprüchen in den Ausbildungsberufen auf der einen Seite und der Qualifikation der Bewerber auf der anderen Seite besteht. Die zweite mögliche Erklärung ist die mangelnde Attraktivität der Ausbildungsberufe; darauf haben Sie hingewiesen. Es gibt aber noch eine dritte mögliche Erklärung - ich habe sie eingangs erwähnt -: Es gibt sehr große regionale Unterschiede. Deshalb ist es primär Aufgabe der Wirtschaft, dort, wo sie Bedarf an Arbeitskräften hat, attraktive Ausbildungs- und Beschäftigungsbedingungen zu schaffen. Es ist die Aufgabe der Politik, die Mobilität der Menschen zu fördern und ihre Ausbildungsreife zu verbessern, um auf diesem Wege möglichst auch die beiden anderen genannten Probleme zu lösen. Ich denke, dann ist in den kommenden Jahren ein weiterer Abbau der Probleme im Bereich des Übergangssystems und hinsichtlich der Altbewerber möglich. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank. - Die nächste Frage hat die Kollegin Hinz. Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, ich möchte an die Frage des Kollegen Rossmann und Ihre Antwort anschließen, die mich etwas verblüfft hat. Sie haben gesagt, der arbeitsmarktpolitische Instrumentenkasten der Bundesregierung bleibe so breit. Seit kurzem wissen wir aber, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales den Instrumentenkasten verändern und zum Beispiel ein wesentliches Element in der jetzigen Form abschaffen will, nämlich die Einstiegsqualifizierung, die vor allen Dingen von der Koalition und der Bundesregierung immer ganz besonders gelobt worden ist. Wir haben auch gehört, das sei mit den Paktpartnern überhaupt noch nicht abgesprochen; das heißt, die Betriebe, die ebenfalls damit zufrieden waren, wissen noch gar nichts davon. Deswegen stellen sich mir schon die Fragen: Sprechen die Regierungsmitglieder miteinander? Haben Sie eine Strategie dafür, wie man den Übergang von der Schule zur Ausbildung tatsächlich gut gestalten kann? Warum sagen Sie, der Instrumentenkasten bleibe, obwohl wir schwarz auf weiß haben, dass etliche Abstriche geplant sind? Wie passt das zusammen, und wo ist hier eigentlich Ihre Konzeption? Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Liebe Frau Kollegin Hinz, in der Vergangenheit gab es gerade von denjenigen, die versucht haben, jungen Menschen entsprechende Unterstützungsmaßnahmen zuteilwerden zu lassen, viele Beschwerden, dass das Sammelsurium an Maßnahmen im Übergangssystem so groß ist, dass es schwer überschaubar ist. Deshalb hat das Kabinett beschlossen, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, an der das Wirtschaftsministerium, das Arbeitsministerium, das Familienministerium und das Bildungsministerium beteiligt sind. In dieser Arbeitsgruppe, die noch zu keinem Ergebnis gekommen ist, sondern ein Ergebnis im Sommer dieses Jahres vorlegen wird, versuchen wir, die Maßnahmen im Übergangssystem möglichst so zu straffen, dass sie verzahnt ineinandergreifen, damit sie handhabbar und für die Menschen plausibel sind. Zur Analyse gehört aber auch, anzuerkennen, dass der kritisierte breitgefächerte Instrumentenkasten im Kern nicht deshalb existiert, weil etwa die Bundesregierung so breit, so differenziert und so undurchschaubar aufgestellt wäre, sondern deshalb, weil wir es hier mit einem relativ großen und breiten Engagement auch der Länder und zum Teil der Kommunen sowie privater Initiativen zu tun haben. Dieses private Engagement will und wird, denke ich, niemand beschneiden wollen. Hinsichtlich der Neustrukturierung im Übergangssystem des Bundes muss ich Sie also auf das Ergebnis der Arbeitsgruppe vertrösten, das Mitte des Sommers vorliegen wird. (Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Arbeitsministerium hat doch schon vorgelegt!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die nächste Frage stellt der Kollege Swen Schulz. Swen Schulz (Spandau) (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, hieran will und muss ich doch noch einmal anschließen, weil wir natürlich eine ganze Menge darüber hören - auch aus Regierungskreisen und durch öffentliche Verlautbarungen -, welche großartigen Veränderungen des Instrumentenkastens, wie Sie das genannt haben, im Bereich der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen man durchführen werde. Jetzt sagen Sie: Das alles ist noch nicht so weit; man wird erst einmal sehen müssen, zu welchen Ergebnissen die Arbeitsgruppe im Sommer kommt. Auch in der Beantwortung der Frage von Herrn Rossmann haben Sie gesagt, dass der Instrumentenkasten erhalten bleibt. Das haben Sie auf Nachfrage von Frau Hinz relativiert. Entnehme ich dem richtigerweise, dass sich das Ministerium für Bildung und Forschung in dieser Arbeitsgruppe und in der Bundesregierung dafür einsetzen wird, dass es keine Einschnitte bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, keine Abschaffung des Rechts auf das Nachholen eines Schulabschlusses und keine Einschnitte im Bereich der Berufseinstiegsbegleitung geben wird? Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Lieber Herr Kollege, Sie können von mir nicht erwarten, dass ich hier vonseiten der Regierung irgendwelche Vermutungen anstellen werde; vielmehr sollten wir das Verfahren einhalten. Zu den Fragen in Bezug auf das Übergangssystem gibt es eine Arbeitsgruppe. Daneben gilt das Prinzip der Ressortabstimmung. Ergebnisse gibt es noch keine, und deshalb kann ich sie Ihnen hier auch nicht irgendwie vorab oder in Form von Vermutungen oder Ähnlichem kundtun. Die Bundesregierung spricht auch an dieser Stelle mit einer Stimme. Zu den in der Ressortabstimmung befindlichen Einzelmeinungen von Ministerien werde ich mich hier nicht äußern. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die nächste Frage stellt der Kollege Schummer. Uwe Schummer (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, das Ziel einer frühzeitigen Berufsorientierung beim Übergang von der Schule in den Beruf liegt auch darin, die Motivation für den Schulabschluss zu erhöhen. Dann weiß ein Jugendlicher, dass er eine Perspektive hat: Er wird einen guten Beruf finden, statt Hartz-IV-Empfänger zu werden. Das heißt, es geht darum, die Abbrecherquote bei der Schulausbildung zu reduzieren. Das zweite Ziel besteht darin, die Suche nach einem geeigneten Ausbildungsberuf so zu verbessern, dass auch die Abbrecherquote bei der Berufsausbildung reduziert wird. Wie werden sich Ihrer Ansicht nach in den nächsten drei bis vier Jahren die Abbrecherquoten innerhalb der Schule und in der Berufsausbildung weiter reduzieren lassen? Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Was die Schule angeht, hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, die Zahl der Schulabbrecher zu halbieren. Da sind wir auf einem guten Weg. Allerdings ist sehr stark nach Bundesländern zu differenzieren. In einigen Bundesländern ist es in den letzten Jahren gelungen, die Zahl der Schulabbrecher sehr deutlich zu reduzieren. In anderen Bundesländern ist sie in den letzten Jahren sogar teilweise gestiegen. (Willi Brase [SPD]: 4 Prozent bis 2015!) Insofern besteht die Aufgabe fort. Die Bundesregierung ist bereits mit der KMK über dieses Thema im Gespräch. Unser Ziel bleibt die Halbierung der Schulabbrecherzahl. Die Europäische Union strebt an, dieses Ziel in die Europa-2020-Strategie zu übernehmen. Das heißt, dieses zentrale Bildungsziel wird in Zukunft auch auf europäischer Ebene verfolgt. Die Berechnungsweise der Europäischen Union unterscheidet sich ein bisschen von unserer, aber wir sind auf einem guten Weg. Wenn das Ziel in den nächsten Jahren auf europäischer Ebene festgelegt wird, wollen wir auch das erreichen. Was die Abbrecherzahl bei der Berufsausbildung angeht, wollen wir insbesondere mit dem Instrument der schon genannten Senior Experts arbeiten, indem wir in den jeweiligen Berufen erfahrene Personen einsetzen, wenn im Lehrbetrieb die Zeit nicht ausreicht, um sich um individuelle Probleme des Auszubildenden zu kümmern, und es um Vermittlung und Motivation geht. Auf diese Weise sollen einzelne von einem Ausbildungsabbruch bedrohte Jugendliche unterstützt werden, damit es möglichst nicht zu diesem Schritt kommt. Wir haben dazu keine konkreten Ziele formuliert, aber ich denke, die Zahl der Abbrecher wird auch in den nächsten Jahren rückläufig sein. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Wir kommen zur nächsten Frage des Kollegen Kaczmarek. Oliver Kaczmarek (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, ich möchte noch einmal auf das Problem der regionalen Ungleichgewichte und die Frage der Ausbildungsreife zu sprechen kommen. In meinem Wahlkreis im östlichen Ruhrgebiet und auch anderorts sind wir mit der Situation konfrontiert, dass statistisch gesehen bis zu zwei Bewerber auf einen Ausbildungsplatz kommen. Das führt zu Verdrängungseffekten, die nicht nur Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss betreffen, sondern auch diejenigen mit einem qualifizierten Schulabschluss. Wie sieht die Bundesregierung ihre Zuständigkeit bei der Beseitigung der regionalen Ungleichgewichte? Sieht sie überhaupt eine Zuständigkeit, oder habe ich die Antwort auf die Frage der Kollegin Alpers richtig verstanden, dass sie sich auf Ratschläge an die Länder beschränken will, die regionale Mobilität zu fördern? Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Letzteres haben Sie falsch verstanden; denn wir sehen selbstverständlich diese Aufgabe. Mehrere unserer Initiativen wie das Programm "Perspektive Berufsabschluss" oder das Jobstarter-Programm können auch zielgerichtet von Regionen in Anspruch genommen werden, die verschärfte Problemlagen haben. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die letzte Frage stellt der Kollege Kretschmer. Michael Kretschmer (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, Sie haben die erfreulichen Zahlen genannt, was die Ausbildungsplätze und die Tatsache angeht, dass nicht mehr so viele junge Leute ohne Ausbildungsstelle dastehen. Das ist überall spürbar, auch bei uns in den neuen Bundesländern. Darüber freuen wir uns sehr. Meine Frage ist, welche Entwicklung die Bundesregierung in Gesamtdeutschland in den nächsten Jahren prognostiziert. Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Vielen Dank. - Der vorliegende Berufsbildungsbericht 2011 geht davon aus - die statistischen Zahlen sind bekannt -, dass die Zahl der Schulabgänger in den nächsten Jahren weiter zurückgeht. In Ostdeutschland ist sie schon auf einem relativen Tiefststand. In Westdeutschland wird in wenigen Jahren noch einmal ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen sein. Des Weiteren sehen wir, dass die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung momentan deutlich steigt. Wir gehen daher davon aus, dass in den kommenden Jahren die Lücke zwischen unversorgten Bewerbern und denjenigen, die Ausbildungsplätze anbieten, verringert werden kann, dass ein numerisches Überangebot an Ausbildungsplätzen wahrscheinlich ist. Angesichts der Zahlen der Bundesagentur für Arbeit im letzten Halbjahresbericht - ich hatte sie bereits genannt - kann davon ausgegangen werden, dass im Vergleich zu 2010/2011 48 000 zusätzliche Ausbildungsplätze angeboten werden - das wäre ein Plus von 14 Prozent -, bei einer leicht geringeren Bewerberzahl in diesem Jahr. Es handelt sich also um einen sehr stark nachfrageorientierten Markt, was ganz im Sinne der Auszubildenden ist. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Gibt es Fragen zu anderen Themen der heutigen Kabinettssitzung? - Das ist nicht der Fall. Gibt es darüber hinausgehende Fragen? - Die Kollegin Inge Höger hat eine Frage angemeldet. - Bitte. Inge Höger (DIE LINKE): Vielen Dank. - Ich habe eine Frage an die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Absturz eines US-Kampfflugzeuges in der Eifel. Am 1. April ist ein Kampfflugzeug vom Typ A-10 in der Eifel bei Laufeld abgestürzt. Uns wurde heute im Verteidigungsausschuss gesagt, dass das Verteidigungsministerium nicht zuständig ist und dazu nichts sagen kann. Deshalb lautet meine Frage - an wen auch immer in der Bundesregierung -: Ich möchte gerne wissen, welche Maßnahmen die Bundesregierung in Absprache mit dem US-Militär unternommen hat, um die Bevölkerung und die Umwelt vor Gefahren zu schützen, die durch den Einsatz von uranhaltiger Munition und des Treibstoffes JP - das ist ein Spezialtreibstoff, der die Umwelt verschmutzen kann - entstehen können. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Zur Beantwortung erhält Herr Staatsminister von Klaeden das Wort. - Bitte schön. Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Frau Kollegin, zunächst darf ich darauf hinweisen, dass es sich hier um eine dringliche Frage handelt, die vom Präsidium nicht zur Beantwortung zugelassen worden ist. Es ist eigentlich nicht meine Aufgabe, über die Einhaltung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zu wachen. Ich finde aber, dass es sich um eine Umgehung der Regelungen der Geschäftsordnung handelt, wenn Sie jetzt eine dringliche Frage, die nicht zugelassen worden ist, stellen. Gleichwohl will ich Ihnen kurz vortragen, was dazu vorbereitet worden ist. Das am 1. April 2011 gegen 15.50 Uhr in der Nähe des rheinland-pfälzischen Ortes Laufeld abgestürzte Flugzeug der US Air Force vom Typ Thunderbolt II hatte nach Auskunft der US Air Force ausschließlich Übungsmunition ohne abgereichertes Uran - Depleted Uranium - an Bord. Eine Kontamination der Absturzstelle durch sehr schwach radioaktives DU kann daher ausgeschlossen werden. Die Bergung und Sicherung der Übungsmunition erfolgte durch ein Team des Kampfmittelräumdienstes der Air Base Spangdahlem. - Ich glaube, das beantwortet auch Ihre Fragen im Hinblick auf die Gefahrenabwehr. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Danke schön. - Damit beende ich die Regierungsbefragung. Wir kommen dann zum Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde - Drucksachen 17/5321, 17/5356 - Wir beginnen mit den dringlichen Fragen. Es handelt sich zunächst um den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel zur Verfügung. Ich rufe die dringliche Frage 1 des Kollegen Oliver Krischer auf: Wie begründet die Bundesregierung ihre unzureichende Antwort auf meine schriftliche Frage 172 auf Bundestagsdrucksache 17/5016, wonach Brennelementekugeln aus dem AVR Jülich nur in den 152 Castoren im Forschungszentrum lagern, vor dem Hintergrund der aktuellen Aussagen der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen in der Antwort auf die Kleine Anfrage (Landtagsdrucksache 15/1646), wonach über den Verbleib von 2 285 Brennelementekugeln Unklarheit herrscht, über die seit dem Wochenende diverse Medien (unter anderem Der Spiegel) berichteten, und kann sie es ausschließen, dass die laut der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen fehlenden Brennelementekugeln illegal in der Asse eingelagert waren? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Präsident! Die Antwort auf die Frage des Abgeordneten Krischer lautet wie folgt: Die in der Antwort angegebene Zahl von 288 161 Brennelementen, welche in den 152 Castoren im AVR-Behälterlager des Forschungszentrums Jülich lagern, ist korrekt. Bezüglich der in der dringlichen Frage angesprochenen Gesamtzahl verweise ich auf meine Antwort auf die Frage 42, die ich gleich geben werde. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat am 4. April dieses Jahres mitgeteilt - ich zitiere -: Die von der nordrhein-westfälischen Landesregierung als vermisst gemeldeten 2 285 Brennelemen-tekugeln aus dem früheren Forschungsreaktor in Jülich befinden sich nicht in der Asse. Weiterhin teilt das BfS, das Bundesamt für Strahlenschutz, mit - Zitat -: Zwar sind 1976 in der Schachtanlage zwei Fässer mit Brennelementekugeln aus dem Forschungszentrum Jülich eingelagert worden, dabei handelt es sich jedoch um mittelradioaktive Abfälle und nicht um hochradioaktive Abfälle. Diese Fässer liegen in der 511 Meter tiefen sogenannten MAW-Kammer. Diese Lieferungen sind der Atomaufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt und auf der Homepage des Bundesamtes für Strahlenschutz veröffentlicht. Mit Erlaubnis des Präsidenten möchte ich gleich die thematisch dazugehörende Frage 42 beantworten. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Ich rufe die Frage 42 des Abgeordneten Oliver Krischer auf: Wie viele radioaktive Brennelementekugeln wurden insgesamt in der Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor Jülich während seiner gesamten Betriebszeit über die 288 161 Kugeln plus 124 Absorberkugeln, die derzeit in den 152 Castorbehältern in Jülich lagern (Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Frage 172 auf Bundestagsdrucksache 17/5016), hinaus noch eingesetzt, und wo lagern diese Kugeln heute - bitte exakte Zahlenangaben inklusive Kugelbruch? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Insgesamt wurden im Betrieb der AVR 290 705 Brenn-elementekugeln eingesetzt. Davon befinden sich 288 161 Brennelemente verpackt in 152 Castorbehältern im AVR-Behälterlager des Forschungszentrums Jülich, 62 Brennelemente in den Heißen Zellen des Forschungszentrums Jülich. 197 Brennelemente befinden sich im Reaktorbehälter. Diese sind größtenteils zerbrochen und nicht mehr entnehmbar. Darüber hinaus gab es laut Aussage der AVR GmbH und des Forschungszentrums Jülich 2 285 Brennelemente. Davon wurden die Bestandteile von 359 Kugeln als Kugelbruch aus dem AVR-Reaktor entfernt und in Fässer einzementiert. Die restlichen 1 926 Brennelemente wurden für Forschungszwecke genutzt und dabei größtenteils beschädigt oder zerstört. Daher wird nicht die Anzahl von Kugeln, sondern werden die vorhandenen Kernbrennstoffmengen bilanziert. Die bei diesen Versuchen genutzten Brennelemente bzw. der entstandene Kugelbruch wurden ebenfalls in Fässer einzementiert. Alle diese Fässer befinden sich - im Gegensatz zu der Annahme in der Frage des Fragestel-lers - im Zwischenlager des Forschungszentrums Jülich. Das Bundesministerium für Umwelt hat gestern nach einem aufsichtsrechtlichen Gespräch mit der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen, dem Wirtschaftsministerium von Nordrhein-Westfalen, Folgendes amtlich festgestellt - Zitat -: Nach Darstellung der Landesatomaufsicht lagern diese 2 285 beim Betrieb oder bei nachfolgenden Versuchen zerbrochenen Kugeln einzementiert im Zwischenlager des Forschungszentrums Jülich. Und weiter - Zitat -: Die Darstellung der nordrhein-westfälischen Atomaufsicht zum Verbleib der Brennelementekugeln wird durch die Prüfungen von Euratom, der Europäischen Atomgemeinschaft, belegt. Demnach weist die Bilanzierung des Kernmaterials keine Lücken auf. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank. - Haben Sie Nachfragen? - Bitte schön, Herr Krischer. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke für die Ausführungen, Herr Kollege Rachel. - Es ist schön, zu hören, dass Sie nunmehr eine Bilanz über den Verbleib der Kugeln vorlegen können. Sie haben aber leider meine Frage nicht beantwortet, nämlich warum Sie im Namen der Bundesregierung auf meine Frage 2/411, in der ich genau nach dieser Bilanz gefragt habe, nicht geantwortet haben. Sie haben mir lediglich mitgeteilt, welche Kugeln in den Castoren liegen. Das war vor etwa drei Wochen. Ich habe in der Vergangenheit schon mehrfach nach dieser Thematik gefragt und habe darum gebeten, dass eine Bilanz bezüglich dieser Kugeln gezogen wird, um endgültig zu klären, was in der Asse gelandet ist und was nicht. Diese Frage ist von Ihnen nie beantwortet worden. Deshalb meine Nachfrage: Warum haben Sie darauf bisher keine Antwort gegeben? Schließlich ist Ihr Ministerium in dieser Angelegenheit zuständig. Der Bund ist Mehrheitsgesellschafter des Forschungszentrums Jülich mit 90 Prozent und sollte daher über dezidierte Informationen verfügen. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Die in Ihre Frage eingebaute Unterstellung weise ich zurück, Herr Kollege Krischer. Selbstverständlich hat die Bundesregierung Ihre Frage korrekt beantwortet: 288 161 Brennelementekugeln sind im Forschungszentrum Jülich gelagert, und zwar in den entsprechenden Castoren. Ich glaube, dass jeder, der in den letzten Tagen mit Spekulationen, dass über 2 000 Brennelementekugeln verloren gegangen seien, für Unruhe in der Bevölkerung gesorgt hat, Anlass hat, darüber nachzudenken, ob dies die richtige Art und Weise ist, mit einem so ernsten Thema umzugehen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Zweite Nachfrage, Herr Kollege Krischer. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich möchte feststellen, dass Sie meine Frage wieder nicht beantwortet haben. Sie haben lediglich gesagt, wie viele Kugeln in den Castorbehältern sind. Sie haben aber die Öffentlichkeit und den Bundestag, das Parlament, über Monate hinweg im Unklaren darüber gelassen, wo sich die weiteren Kugeln befinden. Das ist uns jetzt erläutert worden. Ich muss leider feststellen: Sie sind offensichtlich nicht bereit, diesen Punkt nach Ihrer vorherigen Verunklarung - ich möchte so weit gehen, hier von Vertuschung zu sprechen - (Widerspruch bei der CDU/CSU) zu nennen. Ich möchte eine weitere Frage stellen. Sie haben gesagt: 197 Kugeln befinden sich im Reaktorbehälter. Nach meinen Informationen ist der Reaktorbehälter einbetoniert. Er ist derart stark verstrahlt, dass man ihn nicht auseinanderbauen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand in ihn gekrochen ist, um diese Kugeln zu zählen. Ich möchte Sie um Auskunft darüber bitten, wie die Anzahl der Kugeln im Reaktorbehälter - 197 - ermittelt worden ist. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ich stelle als Erstes fest, dass ich Ihnen gerade präzise gesagt habe, dass insgesamt 290 705 Brennelementekugeln in der AVR Jülich in der Vergangenheit eingesetzt worden sind. Ich wiederhole: 288 161 Kugeln liegen in 152 Castorbehältern, 62 in Heißen Zellen, 197 in Reaktorbehältern, und die anderen werden für Forschungsversuche verwandt und sind per Kugelbruch zerkleinert worden. Sie liegen einzementiert in Fässern des Forschungszentrums Jülich. Diese Information ist ausreichend und im Übrigen präzise. Sie und auch die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen haben in den letzten Tagen den Eindruck erweckt, dass mehrere Tausend Brennelementekugeln fehlen. Ich möchte Sie daher damit konfrontieren, dass das Bundesamt für Strahlenschutz am 3. April dieses Jahres Folgendes festgestellt hat - Zitat -: Statt über den möglichen Verbleib der Brennelementekugeln in der Asse öffentlich zu spekulieren, hätte der Weg einer Klärung zusammen mit dem BfS jederzeit offengestanden. Ich glaube, das sollte in Ihren Ohren und auch in denen der Landesregierung klingen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Im Übrigen verwundert es mich sehr, wie Sie vorgehen. Ich kann nur feststellen, dass das Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen dem Bundesumweltminister über die vorhandenen und die zerbrochenen Kugeln und ihre Lagerung im Forschungszentrum Jülich sehr korrekt und präzise Auskunft gegeben hat. Deswegen möchte ich Sie fragen, wie Sie in Ihrer Pressemitteilung vom 2. April zu der Aussage kommen - Zitat Oliver Krischer -: Möglicherweise sind sie illegal und falsch deklariert in der Asse entsorgt worden und sind nun ein wesentliches, milliardenschweres Problem dort. Ich weise ausdrücklich zurück, wie hier dem Forschungszentrum und seinen über 4 000 Mitarbeitern Illegalität unterstellt wird. (Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: So macht man Politik! Ungeheuerlich!) Darüber hinaus schreiben Sie in Ihrer Pressemitteilung - Zitat Oliver Krischer -: Ganz zu schweigen davon, wenn die Kugeln in die Hände von Terroristen oder anderen gelangt sind. (Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Abstoßend ist das!) Ich finde es unerhört, wie hier über den Zugang von Terroristen zu Kernbrennstoffen spekuliert und schwadroniert wird. Ich würde mir wünschen, dass Sie mit diesen Themen ernsthaft umgehen, so wie sich das gehört. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Krischer, Sie können keine Nachfrage mehr stellen. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich kann noch zwei Fragen stellen!) - Sie haben schon zwei Nachfragen gestellt. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wurden zwei schriftliche Fragen beantwortet!) - Ach so, verstehe. - Bitte schön, dann haben Sie das Wort zu einer weiteren Nachfrage. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege Rachel, zunächst einmal muss ich auch hierzu wieder feststellen, dass ich danach gefragt habe, wie Sie die Zahl der Kugeln im Reaktor, der mit Beton ausgeschäumt wurde, ermittelt haben. Auch diese Frage haben Sie jetzt nicht beantwortet. Sie beantworten hier gar keine Fragen, sondern stellen Behauptungen auf, die absolut nicht der Wahrheit entsprechen. (Widerspruch bei der CDU/CSU) Deshalb möchte ich Sie noch einmal fragen. Ich habe mehrfach - über Monate hinweg - das Bundesamt für Strahlenschutz angeschrieben und um Auskunft bzw. um eine Bilanz der Kugeln gebeten. Das alles ist dokumentierbar. Warum haben weder das Bundesamt für Strahlenschutz noch Sie klare Zahlen geliefert? Selbst auf eine schriftliche Anfrage hier im Parlament - das liegt alles vor - haben Sie eine nicht zutreffende, im günstigsten Falle unvollständige Antwort geliefert. Warum haben Sie nicht für Aufklärung in dieser Frage gesorgt, und warum unterstellen Sie anderen, dass sie Verunsicherung betreiben, (Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Genau das haben Sie ja getan!) wenn diese Nachfragen stellen und darüber nachdenken, wo die Kugeln geblieben sein könnten? Ich erbitte von Ihnen eine klare Auskunft, warum Sie meine Fragen in der Vergangenheit nicht beantwortet haben. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Staatssekretär, bitte. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Präsident, Herr Abgeordneter Krischer, die Fragen sind genau beantwortet worden. Es ist genau das beantwortet worden, wonach gefragt wurde. Im Übrigen weise ich darauf hin: Zuständige Aufsichtsbehörde ist nicht das Bundesministerium für Bildung und Forschung, sondern das in der Verantwortung der rot-grünen Landesregierung liegende Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie eigentlich eine amtierende Wissenschaftsministerin dazu kommen kann, die auch von Ihnen hier aufgeworfene Frage in den Raum zu stellen, wenn sie gleichzeitig am Kabinettstisch in der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit hätte, den Wirtschaftsminister des Landes Nordrhein-Westfalen um Auskunft zu bitten, der ganz offensichtlich in der Lage ist, Auskunft zu geben. Abschließend weise ich darauf hin, dass das Wirtschaftsministerium eine genaue Inventarliste vorliegen hat und diese auch entsprechend überprüft. Sie fragten nach der technischen Betrachtung bzw. danach, wie viele Kugeln sich noch im Reaktor befinden. Dies ist mithilfe einer Videoinspektion im Behälter erfolgt. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Sie haben noch eine Nachfrage, bitte. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da Sie jetzt plötzlich die Zahlen sehr genau kennen - das hatten Sie mir vorher trotz klarer und eindeutiger Nachfragen nicht beantwortet -, (Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das ist keine Art und Weise, die dem Hause angemessen ist!) möchte ich Sie fragen, wie viele Kugeln beim Betrieb des Reaktors zu Bruch gegangen sind, das heißt, wie viele Kugeln beim Betrieb des Reaktors zerstört worden sind und wie viele aktiv zerstört worden sind, um daran Forschung zu betreiben. Weiterhin möchte ich fragen, wo diese Daten dokumentiert sind und wo sie gegebenenfalls im Forschungszentrum einsehbar sind. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das waren mindestens drei bis vier Fragen!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ich freue mich, dass Sie weitere drei bis vier Fragen gestellt haben. (Iris Gleicke [SPD]: Das bestimmen wir im Parlament und nicht die Regierung!) Für die Auskunft ist das entsprechende Aufsichtsgremium, das Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen, zuständig. Ich darf wiederholen - daraus können Sie ersehen, welche Kugeln vorhanden sind und welche sich mittlerweile in einem anderen Zustand befinden -: Es handelt sich um insgesamt 290 705 Brennelemente-kugeln. Davon befinden sich 288 161 in 152 Castoren. Darüber hinaus gibt es 62 Brennelementekugeln in den Heißen Zellen des Forschungszentrums Jülich. 197 Brenn-elementekugeln befinden sich im Reaktorbehälter. Im Rahmen des Kugelbruchs sind 359 Kugeln aus dem AVR-Reaktor entfernt und in Fässern zementiert worden. Weiterhin gibt es 1 926 Kugeln, die für die Forschung benutzt worden sind. Davon sind 197 kaputt. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die nächste Frage stellt der Kollege Dr. Ott. Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich bin schon erstaunt darüber, mit welcher Unverfrorenheit hier behauptet wird, dass unser Kollege selber Behauptungen aufstellt. (Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Pressemitteilungen!) Ich finde, Sie sollten sich etwas zurückhalten, gerade angesichts der doch etwas dubiosen Verflechtungen, die da zum Teil existieren. Meine Frage ist: Kann die Bundesregierung ausschließen, dass neben den 86 Fässern mit bestrahlten AVR-Absorberelementekugeln und den 8 Fässern mit im Forschungsreaktor testweise bestrahlten AVR-Brennelementekugeln, die zwischen 1974 und 1978 in der Asse eingelagert wurden, weitere radioaktive Abfälle in diesem Zwischenlager oder in anderen Zwischenlagern eingelagert wurden? Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Staatssekretär, bitte. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Kollege, ich weise darauf hin, dass das zuständige Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen gegenüber dem Bundesumweltministerium eindeutig belegt und erläutert hat, dass 2 285 beim Betrieb oder bei nachfolgenden Versuchen zerbrochene Kugeln einzementiert im Zwischenlager des Forschungszentrums liegen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine weitere Frage, und zwar des Kollegen Kretschmer. Michael Kretschmer (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, ich möchte erst einmal zur Kenntnis geben, dass Sie unserer Meinung nach die Fragen, die hier gestellt worden sind, ausführlich und zutreffend beantwortet haben (Iris Gleicke [SPD]: Das sehen wir anders! - Sönke Rix [SPD]: Ausführlich? Mit diesen Sätzen?) und dass man sich auch in einer Fragestunde nicht in dieser Weise beschimpfen lassen muss. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich habe eine Frage. Es gibt diejenigen, die eigentlich dafür verantwortlich sind und die im Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen sitzen, und diejenigen, die diese Diskussion losgetreten haben und über Tage in der deutschen Öffentlichkeit Angst und Besorgnis ausgelöst haben, was aber ganz offensichtlich unbegründet ist. Ist der Grund dafür Unkenntnis und Unfähigkeit, die Dinge im eigenen Hause aufzuklären, oder ist der Grund vielleicht der, dass viel Bösartigkeit und Propaganda im Spiel sind? Was halten Sie für wahrscheinlicher? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ich glaube, die Zuschauer können sich ihr eigenes Urteil an dieser Stelle bilden. Ich will nur ergänzen, dass sich seit Jahren, seit zwei Jahrzehnten an dem Verbleib der Kugeln und der bei Kugelbruch zerbrochenen Kugeln in der Gesamtzahl, die ich vorhin genannt habe, im Forschungszentrum Jülich nichts verändert hat; (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie dann meine Fragen nicht beantwortet?) nicht vor einer Woche, nicht vor einem Monat, nicht vor einem Jahr, nicht vor mehreren Jahren hat sich da etwas verändert. Insofern ist es schon sehr auffällig, dass plötzlich eine Debatte über eine Frage angestoßen wird, die durch eine einfache Rückfrage (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe gefragt!) des Landeswissenschaftsministeriums beim zuständigen Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen oder beim Bundesamt für Strahlenschutz zu klären gewesen wäre. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine weitere Frage, und zwar der Kollegin Undine Kurth. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, völlig unabhängig von der Zuordnung von Eigenschaften zu unseren Fragen müssen Sie verstehen - ich glaube, das können alle verstehen -, dass ein hohes Interesse an der Belastbarkeit der Informationen (Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Ein hohes Interesse an Spekulation!) und auch an der Beantwortung der Frage besteht: Wohin sind die Kugeln denn nun wirklich gekommen? Da es eine Pressemitteilung des Forschungszentrums Jülich gibt, nach der bis auf Milligramm genau zu dokumentieren ist und auch dokumentiert werden könne, wo die Kugeln verblieben sind, frage ich hier: Sind diese Dokumente einsehbar? Sind sie öffentlich zugänglich? Können wir sie einsehen und, wenn ja, wo? Das frage ich vor dem Hintergrund, dass auch Ruß und Staub entstanden sind. Wenn es um Milligramm geht, müssen wir wissen, wo was geblieben ist. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ich habe großes Verständnis für das Informationsbedürfnis - ich teile das im Übrigen -, aber es sollte um das Informationsbedürfnis gehen; (Iris Gleicke [SPD]: Keine Unterstellungen!) in diesem Falle werden wir gern behilflich sein. Die zuständige Behörde, an die Sie Ihre diesbezügliche Anfrage richten können, ist das zuständige Landeswirtschaftsministerium in Düsseldorf. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Da haben die keine guten Connections!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Es gibt zwei weitere dringliche Fragen, und zwar der Kollegin Dorothee Menzner, die im gleichen Sachzusammenhang stehen. Herr Staatssekretär, wollen Sie die zusammen beantworten? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Wenn das der Fragestellerin recht ist, würde ich sie zusammen beantworten. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Dann rufe ich die dringlichen Fragen 2 und 3 auf: Lässt sich anhand der der Bundesregierung vorliegenden Inventarlisten der Verbleib von Brennelementen und hochradioaktiven Abfällen aus Forschungsreaktoren generell lückenlos darstellen, und welche Informationen hat sie diesbezüglich über den Verbleib des radioaktiven Inventars des Forschungsreaktors Jülich? Welche Unternehmen bzw. Behörden sind nach Auffassung der Bundesregierung zuständig für die lückenlose Dokumentation des Verbleibs von radioaktivem Inventar aus dem Forschungsreaktor Jülich? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Meine Antwort auf die erste Frage der Kollegin Menzner lautet: Der Bestand an Kernbrennstoffen und hochradioaktiven Abfällen unterliegt strengen Dokumentationspflichten. Die rechtliche Grundlage für die Dokumentation und Meldung radioaktiver Abfälle stellt § 70 Strahlenschutzverordnung dar. Zudem wird der Bestand an Kernbrennstoffen unabhängig von Euratom und der Internationalen Atomenergie-Behörde IAEO überwacht. Nach § 24 Atomgesetz üben die Länder über Anlagen oder den Umgang mit Kernbrennstoffen die atomrechtliche Aufsicht aus und sind damit auch für die Überwachung der Dokumentations- und Meldepflicht zuständig. Das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Strahlenschutz führen die Aufsicht über die Länder. Nach Angaben des Forschungszentrums Jülich, in dessen Zwischenlager die Brennelemente bzw. deren Kernbrennstoffe aus dem Betrieb des AVR lagern, ist der Gesamtbestand an spaltbarem Material lückenlos dokumentiert. Dieser Bestand wird regelmäßig dem Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf sowie der Euratom, Ersterer als atomrechtlicher Aufsichtsbehörde, gemeldet. Das Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen hat inzwischen gegenüber der Bundesregierung bestätigt, dass die vom FZJ gegenüber Euratom erklärte Kernbrennstoffbilanzierung keine Lücken aufweist. Meine Antwort auf die zweite Frage, die Kollegin Menzner gestellt hat, lautet: Die in den AVR-Brennelementekugeln enthaltenen und im Zwischenlager des FZJ lagernden Kernbrennstoffe bedürfen zur Aufbewahrung einer Genehmigung nach § 6 Atomgesetz. Für die Erteilung einer solchen Genehmigung ist nach § 23 Atomgesetz das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig. Vollzug und Überwachung der Genehmigung obliegen nach § 24 Atomgesetz den Landesbehörden, also in Nordrhein-Westfalen dem bereits genannten Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr. Dies schließt auch die Pflicht zur Dokumentation mit ein; das war ja der Kern Ihrer Frage. Die während des Betriebs des AVR sowie bei Nachuntersuchungen zerstörten Kugeln lagern zementiert im Zwischenlager des FZJ, das nach § 3 Strahlenschutzverordnung (alte Fassung) durch die Landesbehörden in Nordrhein-Westfalen genehmigt ist und auch beaufsichtigt wird. Auch hier ist die Pflicht zur Dokumentation eingeschlossen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Nachfragen? Dorothee Menzner (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, Sie haben die letzten Tage klären können, wo diese Kugeln abgeblieben sind. Am Wochenende war die Unruhe nicht unerheblich und, so sage ich einmal, deswegen nicht ganz so schnell zu beheben, (Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Ungeheuerlichkeiten!) weil nicht nachweisbar war, dass sie nicht in der Asse lagern. Es war ja der Verdacht aufgetaucht, dass sie ähnlich wie die Moderatorkugeln in der Asse abgeblieben sein könnten. (Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Reine Spekulationen, mit denen man Politik macht!) Man konnte das auch dort anhand der Inventarlisten nicht im Umkehrschluss ausschließen. Wie bewerten Sie das? Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Bitte, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Danke schön, Herr Präsident. - Die am Wochenende geäußerten spekulativen Bemerkungen haben tatsächlich - das ist auch sehr zu bedauern - zu einer Verunsicherung in der Bevölkerung geführt. Das ist auch der Grund gewesen, warum der Bundesumweltminister sofort am Montag veranlasst hat, dass das zuständige Wirtschaftsministerium als Aufsichtsbehörde klarstellt - das ist ja dann am Dienstag geschehen -, ob es, und in dem Fall, dass es Kenntnis über den genauen Zustand bzw. den genauen Aufenthalt sämtlicher Kernbrennstoffe und Brennelemente in Kugelform und anderer Form in Jülich hat. Im Übrigen hat das Bundesamt für Strahlenschutz - das zu der These, die in Ihrer Frage enthalten ist - noch einmal ausdrücklich klargestellt - ich zitiere -: Die von der nordrhein-westfälischen Landesregierung als vermisst gemeldeten 2 285 Brennelementekugeln aus dem früheren Forschungsreaktor in Jülich befinden sich nicht in der Asse. Ich will es noch einmal betonen: "nicht in der Asse". Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Weitere Nachfrage, bitte. Dorothee Menzner (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, geben Sie mir recht, wenn ich als Niedersächsin nach den Vorkommnissen im Umfeld der Asse, die wir dort erleben müssen, und auch nach den Dingen, die in den letzten Jahren ans Tageslicht gekommen sind, anmerke, dass die Inventarlisten in der Vergangenheit offensichtlich nicht immer in einer Weise geführt wurden, die dem Sachverhalt angemessen ist? So ist nach meinem Kenntnisstand der Verbleib der Moderatorkugeln aus Jülich in der Asse erst durch die Arbeit des Untersuchungsausschusses des Niedersächsischen Landtages bekannt geworden. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ihre persönliche und gefühlsmäßige Wahrnehmung, die Sie beschrieben haben, ist so, wie sie ist. Sie verstehen sicherlich, dass ich sie nicht kommentieren möchte. Generell will ich sagen: Heute legen wir in diesem Bereich richtigerweise sehr viel strengere Maßstäbe an die Dokumentation an, als dies in früheren Jahren - in diesem Fall geht es um Vorgänge, die vor 40 Jahren stattgefunden haben - der Fall gewesen ist. Ich finde es richtig, dass unsere heutigen Ansprüche höher sind. Für die Menschen, aber auch für die Abgeordneten, die aus dieser niedersächsischen Region kommen, ist die Stellungnahme des Bundesamtes für Strahlenschutz sicherlich hilfreich, dass sich keine der 2 285 Brennelementekugeln aus dem früheren Forschungsreaktor in Jülich in der Asse befindet. Ich freue mich, wenn Sie zur Klarstellung dieses Sachverhaltes beitragen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Weitere Nachfrage, bitte. Dorothee Menzner (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, es ist durchaus richtig, dass diese Sachverhalte einige Jahre zurückliegen. Stimmen Sie mir aber zu, dass sowohl die Landesregierung als auch die Bundesregierung gefordert sind, diese Versäumnisse der Vergangenheit schnellstmöglich und mit größtmöglicher Transparenz aufzuarbeiten? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Das Bemühen, hier für Transparenz und für ein geordnetes Verfahren zu sorgen, ist bei allen Beteiligten auf lokaler, regionaler sowie auf Landes- und Bundesebene inklusive des Bundesumweltministers erkennbar. Die Probleme müssen selbstverständlich gelöst werden. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Danke schön. - Jetzt eine Zusatzfrage des Kollegen Krischer. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich will jetzt nicht darauf eingehen, dass meine Fragen, die genau diesen Sachverhalt betreffen, über Monate nicht beantwortet wurden, jetzt aber ohne Weiteres beantwortet werden können. Ich habe den Zahlen, die Sie genannt haben, entnommen, dass es einen Kugelbruch bei 395 Brennelementekugeln gibt. Hinzu kommt eine relevante Anzahl von Kugeln - nämlich 197 -, die sich nach wie vor im Reaktor befinden. Ich komme also insgesamt auf knapp 600 Kugeln. Bisher wurde im Zusammenhang mit dem Kugelbruch immer von 200 Brennelementekugeln gesprochen. Es handelt sich jetzt um eine deutlich höhere Zahl. Wenn ich mir vor Augen führe, dass das Problem beim Betrieb sowohl des THTR in Hamm-Uentrop als auch des Versuchsreaktors in Jülich der Kugelbruch war und dieses Problem im Fall von Hamm-Uentrop letztendlich zur Stilllegung führte, dann muss ich schon die Frage an Sie stellen: Sollte möglicherweise nicht bekannt werden, dass das Ausmaß des Kugelbruchs in der Vergangenheit wesentlich höher war? Die ehemalige Wirtschaftsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, Frau Thoben von der CDU, hat nämlich im Jahr 2006 sehr deutlich eine Wiederbelebung der Kugelhaufentechnik gefordert: Wir haben uns, nach meiner Überzeugung in einer Kurzschlussreaktion, aus der THTR-Technik verabschiedet. Dieser Ausstieg war ein Fehler! Deshalb meine Frage an Sie: Sollte die Zahl der Kugelbruchfälle möglicherweise deshalb kleingerechnet werden, damit dieses Problem, woran die damalige Technik gescheitert ist, zukünftigen Projekten der mittlerweile abgewählten CDU/FDP-Landesregierung nicht im Wege stand? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Ich glaube, spätestens jetzt hat jeder erkennen können, was der Hintergrund Ihrer Fragestellung und Ihrer Angriffe ist. (Beifall bei der CDU/CSU) Ich kann die von Ihnen vorgetragenen Zahlen eindeutig nicht bestätigen. Ich verweise vielmehr auf die im Protokoll festgehaltenen Zahlen, die ich nicht ein drittes Mal anführen möchte. Diese Zahlen unterscheiden sich deutlich von den von Ihnen genannten Zahlen. Das sind die amtlich festgestellten Zahlen, wie sie auch vom Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen der übrigens von Ihnen mitgetragenen rot-grünen Landesregierung ausdrücklich bestätigt werden. Sie fragen nach der Technologie. Ich weise darauf hin, dass diese Reaktorlinie mit der Schließung des THTR vonseiten der Bundesregierung nicht weiter verfolgt worden ist. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Es gibt eine weitere Frage des Kollegen Dr. Ott. Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär, angesichts dieser doch sehr absurden Geschichte von Tausenden von kleinen Kügelchen, die irgendwo in irgendwelchen Ritzen stecken oder zu Staub zermahlen sind, frage ich: Ist die Bundesregierung nicht der Ansicht, dass es im Nachhinein eine richtige Entscheidung war, nicht nur diese Atomtechnologie nicht weiter zu verfolgen, die noch gefährlicher ist als alles andere, was wir in diesem Land sowieso schon am Netz haben? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Präsident, zur Frage der Technologie habe ich gerade alles gesagt. Sie sprechen von Staub in Ritzen usw. Ich will darauf hinweisen: Wir haben es hier mit Brennelementekugeln zu tun. Ein Teil dieser Brennelementekugeln ist im Betrieb zerstört worden. Ein Teil ist somit zerkleinert worden, um es einmal bildlich zu sagen. Ein Teil der Brennelementekugeln ist seit den 60er-Jahren im Rahmen der Forschungsversuche bewertet worden und anschließend vonseiten der Wissenschaftler zerkleinert und zerstört worden, um diese nicht mehr in andere Hände kommen zu lassen. Sie sind anschließend einzementiert worden. Jeder kann sich vor Augen führen, wie lange dies her ist. Sowohl die Kugeln an sich als auch die zerkleinerten Kugeln sind also in einer Art und Weise behandelt worden, die dem Material angemessen ist. Die Einlagerung in ein deutsches Zwischenlager mit den höchsten Sicherheitsstandards, die wir haben, stellt sicher, dass damit ordnungsgemäß umgegangen wird. (Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wie bewerten Sie die Technologie? Das haben Sie nicht beantwortet!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Sie hatten eine Frage. Jetzt hat der Kollege Fischer das Fragerecht. Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Herr Staatssekretär! Haben Sie gerade vor dem Hintergrund der jetzt gestellten Frage zum Verschwinden von Staub und Ähnlichem in Ritzen mit mir den Eindruck, dass man alle diese Fragen der eigenen Regierung und den eigenen Verantwortlichen im Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen hätte stellen können und dass man sie ohne das Stellen einer Dreiecksfrage hätte klar beantwortet bekommen können? - Hätte man damit nicht die Chance gehabt, eine ehrliche Diskussion zu führen und nicht nur eine Verängstigung der Bevölkerung herbeizuführen? (Beifall bei der CDU/CSU - Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind gestellt worden!) Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Meine Antwort lautet: Ja. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht Frau Staatsministerin Cornelia Pieper zur Verfügung. Es handelt sich um die dringliche Frage 4 der Kollegin Sevim Daðdelen: Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung am 1. April 2011 im Rat der Europäischen Union einer Militäroperation der Europäischen Union, EUFOR Libya, im schriftlichen Verfahren zugestimmt, und beabsichtigt die Bundesregierung die Entsendung von Bundeswehreinheiten im Rahmen dieser Militäroperation? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr verehrte Frau Abgeordnete Daðdelen, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Nach dem Beschluss des Rates vom 21. März 2011 und der Annahme des Krisenmanagementkonzepts war ein weiterer Ratsbeschluss erforderlich, um Planungen der Europäischen Union weiterführen zu können. Dieser Ratsbeschluss bedeutet allerdings nicht, dass es automatisch zu einer Operation kommt. Der Beginn einer Operation setzt nämlich die Vorlage und Billigung eines Operationsplanes durch den Rat voraus sowie eine separate Entscheidung des Rates, die Operation auch tatsächlich zu beginnen. Dies kann im konkreten Fall einer militärischen Operation zur Unterstützung von humanitärer Hilfe erst dann finalisiert und beschlossen werden, wenn eine Anfrage des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten - in Kurzform OCHA - vorliegt. Die geplante Operation EUFOR Libya soll, wenn OCHA darum ersuchen sollte, die Mandate der Resolutionen 1970 und 1973 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen untermauern, indem sie erstens einen Beitrag zum sicheren Transport und zur Evakuierung von Staatsangehörigen dritter Staaten leistet und zweitens die humanitären Hilfsorganisationen bei ihrer Arbeit durch die Bereitstellung von spezifischen militärischen Fähigkeiten unterstützt. Im Laufe der Eventualfallplanung wird das mit den operativen Planungen beauftragte Hauptquartier in Rom bei den EU-Mitgliedstaaten abfragen, ob und gegebenenfalls welche Kräfte sie zur Verfügung stellen würden. Für eine Antwort würde den Mitgliedstaaten natürlich eine gewisse Zeitspanne gegeben werden. Eine offizielle Anfrage nach Kräften würde voraussichtlich erst nach Annahme eines Operationskonzepts durch den Rat im Rahmen der Streitkräftegenerierungskonferenz stattfinden. Die Bundesregierung würde sich einer Anfrage von OCHA zur Absicherung und Unterstützung von humanitären VN-Hilfsleistungen durch die EU nicht verschließen. Auch die Nutzung der in Bereitschaft stehenden Verbände zur schnellen Krisenreaktion, der sogenannten EU-Battle-Groups, oder von Teilfähigkeiten ist möglich. Mit der Frage eines deutschen Beitrags wird sich die Bundesregierung im Lichte der zum Zeitpunkt einer eventuellen OCHA-Anfrage durch die EU anzustellenden Risiko- und Bedrohungsanalyse befassen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist daher noch nicht klar, ob es sich dabei gegebenenfalls um einen mandatierungspflichtigen Einsatz handelt. Sollte dies der Fall sein, wird die Bundesregierung den Deutschen Bundestag zeitgerecht um Erteilung eines Mandates ersuchen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Gibt es Nachfragen, Frau Daðdelen? - Bitte schön. Sevim Daðdelen (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Kollegin Pieper, wir haben heute im Auswärtigen Ausschuss ganz kurz über Libyen gesprochen. Staatssekretär Born ist in diesem Zusammenhang auch kurz auf die EU-Battle-Groups eingegangen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer möchte ich darauf hinweisen, dass Battle Group wörtlich übersetzt Schlachtgruppe heißt. Das ist ein Kampfverbund, also eine militärische Einheit. In meiner dringlichen Frage habe ich vor allen Dingen gefragt, aus welchen Gründen die Bundesregierung dem Vorratsbeschluss, der besagt - das haben Sie richtig dargestellt -, dass erst einmal eine Anfrage vorliegen muss, im schriftlichen Verfahren, was sehr ungewöhnlich ist, zugestimmt hat. Sie haben noch nicht erklärt, warum man das gemacht hat. Ich möchte die Gelegenheit aber auch nutzen, um folgende Nachfrage zu stellen: Gibt es konkretere Planungen bezüglich des Einsatzes einer EU-Battle-Group? Bisher wurden sie ja noch nie eingesetzt, sondern sie waren immer nur im Stand-by-Modus. Wenn überhaupt, welche Battle Group soll dann zum Einsatz kommen? Laut Vorratsbeschluss kann es mit Zustimmung der Bundesregierung auch zu Einsätzen in Grenzregionen - Ägypten oder Tunesien - kommen. Ist aber auch ein militärischer Einsatz in Libyen in Erwägung gezogen worden, und wie steht die Bundesregierung zu dieser Frage? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Frau Abgeordnete, zu den Gründen will ich noch einmal ganz klar sagen: Wir wollen nicht, dass es zu einer humanitären Katastrophe in Libyen kommt. Ich glaube, dass Sie das auch nicht wollen. Es geht hier nicht um die Zustimmung zu einer militärischen Aktion, die Sie hinterfragen. Wir wollen die Durchführung einer humanitären Aktion ermöglichen. Der Weg bis dahin ist aber noch weit. Ich habe Ihnen das Verfahren gerade vorgestellt. Ich könnte das jetzt auch noch einmal vorlesen. Ich will an dieser Stelle aber daran erinnern, dass sich die UN eindeutige Richtlinien gegeben haben, die Sie kennen: die Osloer Richtlinie und die Richtlinie für "Military and Civil Defence Assets". Darin heißt es, dass der Einsatz militärischer Mittel "the last resort" ist. Es ist also das letzte Mittel, um humanitäre Katastrophen zu verhindern. Das will ich noch einmal eindeutig herausstellen. Zu Ihrer Bemerkung, "Battle Group" einfach wörtlich zu übersetzen, möchte ich Folgendes sagen: Eine Battle Group besteht aus insgesamt 2 000 Personen. Deutschland stellt für eine der beiden derzeit aktiven Battle Groups umfangreiche Komponenten zur Verfügung, insgesamt 990 Soldaten, darunter für den humanitären Einsatz besonders geeignete Kräfte wie Sanitäter und Pioniere. Ich möchte noch einmal ausdrücklich sagen: Die OCHA hält eine Anfrage nach militärischer Unterstützung für humanitäre Aktionen für derzeit nicht erforderlich, da eine ausreichende Bewegungsfreiheit der Helfer gegeben ist. Dennoch kann es eine solche Anfrage geben. Daher befasst man sich nun vorsorglich mit diesen Planungen. Das bedeutet nicht, dass diese dann auch umgesetzt werden. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Es bedarf eines Operationskonzeptes und vieles andere mehr; aber das wissen Sie auch, Frau Abgeordnete. Deswegen stellen sich diese Fragen aktuell nicht. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Frau Kollegin Daðdelen, eine zweite Nachfrage. Bitte schön. Sevim Daðdelen (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Staatsministerin, wir als Fraktion legen selber fest, ob eine Frage sinnvoll ist oder nicht. Sie sagen, die OCHA hält einen militärischen Einsatz mit Blick auf die humanitäre Situation im Moment für nicht notwendig. Da fragt man sich schon, warum ein Ministerrat, bevor er überhaupt zusammenkommen kann, im schriftlichen Verfahren einen solchen Vorratsbeschluss für einen Militäreinsatz fasst. Diese Frage ist durchaus legitim. Sie meinten, der Grund dafür wäre, dass man eine humanitäre Katastrophe verhindern wolle; das ist auch in unserem Sinne; da haben Sie recht. Es ist in unser aller Interesse, eine humanitäre Katastrophe abzuwenden. Ich möchte dennoch gern wissen, inwiefern für die Bundesregierung dieser Vorratsbeschluss und ein eventueller militärischer Einsatz zur Unterstützung der Umsetzung humanitärer Hilfe vereinbar ist mit der alltäglichen Zurückweisung von Flüchtlingen an der Seegrenze durch die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX - sofern sie nicht völlig seeuntüchtige Boote verwenden - und mit der Tatsache, dass mehrere EU-Mitgliedstaaten zeitgleich Luftangriffe auf Libyen durchführen, bei denen Menschen getötet werden, dabei die Lebensgrundlagen dieser Menschen zerstören, zu einer Eskalation und Verlängerung des Bürgerkrieges beitragen, was wiederum mehr Flüchtlinge und Hilfsbedürftige erzeugt. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Frau Abgeordnete, Sie wissen, dass sich die Bundesregierung, was die Flugverbotszone anbelangt, im UN-Sicherheitsrat bewusst der Stimme enthalten hat. Trotzdem sage ich Ihnen eindeutig: Wir werden nicht wegschauen, wenn es zu einer humanitären Katastrophe kommt. Die Lage der Flüchtlinge macht uns sehr betroffen. Wir haben das im Auge. Und weil wir das im Auge haben, hat der Außenministerrat vom 21. März 2011 Planungen für eine gemeinsame Unterstützung von humanitären Hilfsmaßnahmen der Vereinten Nationen und der OCHA aufgenommen; auch die Hohe Vertreterin Ashton wurde ersucht, Schlussfolgerungen zu ziehen. Das steht im Vordergrund unserer Bemühungen. Ich bitte Sie, nicht immer wieder zu unterstellen, dass die Bundesregierung dort militärische Aktionen beabsichtigt. Das ist nicht unser Ziel. Das haben wir bereits mehrmals deutlich gemacht. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Jetzt gibt es eine Frage der Kollegin Kolbe. Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. - Die Nachfrage, die sich mir aufdrängt, betrifft die Strategie der Bundesregierung im Fall von Libyen. Die Bundesregierung hat sich im UN-Sicherheitsrat enthalten, und zwar mit der Begründung, dass man sich nicht in diesen Konflikt einmischen möchte und auch nicht mit Truppen dort eingreifen will. Ich habe es so verstanden, dass es bei dem Beschluss zur Flugverbotszone und dem dort erteilten Mandat darum geht, humanitäre Katastrophen und Massaker des Diktators Gaddafi am eigenen Volke zu verhindern. Die Bundesregierung hat sich enthalten. Jetzt aber gibt es einen Vorratsbeschluss. Ich habe Sie so verstanden, dass eine militärische Beteiligung, also eine Beteiligung von deutschen Soldaten in Libyen, nun doch denkbar ist. Kann ich daran erkennen, dass sich die Bundesregierung in ihrer Strategie zum Thema Libyen korrigiert? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Nein. Wir haben deutlich gemacht - und das sage ich jetzt noch einmal -, dass wir nicht wollen, dass es dort zu einer humanitären Katastrophe kommt. Wir werden uns aber nicht an der internationalen Flugverbotszone beteiligen. Das zum einen. Zum anderen ist es auch wichtig, dass die Bundesregierung den Bündnispartnern zeigt, dass wir entsprechend unseren Möglichkeiten alles tun werden, um humanitäre Hilfe zu leisten. Wir haben die notwendigen Mittel dafür aufgestockt; das wissen Sie, Frau Abgeordnete. Sie wissen auch, dass die Bundesregierung sehr deutlich gemacht hat, dass Gaddafi weg muss, dass wir mit Sanktionen, die wir von Anfang an eingefordert haben, Druck auf Gaddafi und sein Regime ausgeübt haben. Die Bundesregierung hatte in Europa hier eine Vorreiterrolle eingenommen. Ich glaube, das ist der beste Weg, um Gaddafi zum Rücktritt zu zwingen. Sie können sicher sein, dass wir das auch weiter im Auge behalten werden. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine Frage der Kollegin Inge Höger. Inge Höger (DIE LINKE): Frau Pieper, meines Erachtens haben Sie die Frage meiner Kollegin Daðdelen immer noch nicht beantwortet. Im UN-Sicherheitsrat hat sich die Bundesregierung enthalten und bewusst gesagt, sie wolle nicht militärisch in den Konflikt in Libyen eingreifen, sondern sehe, ganz im Gegenteil, andere außenpolitische Maßnahmen als sehr viel wichtiger und erfolgversprechender an. Jetzt stimmen Sie einem EU-Einsatz zu. Das erschließt sich mir nicht. Für mich ist das ein Widerspruch. Ist das ein Strategiewechsel, oder gibt es eine konkrete Anforderung vonseiten der UN, dass sich nicht nur die NATO, sondern jetzt auch die EU militärisch an diesem Projekt beteiligen soll? Will sich die Bundesregierung an einer Militäroperation beteiligen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Nein, es gibt keine konkreten Anforderungen. Die Bundesregierung wird sich auch nach diesem Vorratsbeschluss nicht zwangsläufig an militärischen Aktionen beteiligen. Hier geht es nicht um einen Automatismus. Ich will Ihnen noch einmal ganz klar sagen, was die VN-Leitlinien vorsehen: Diese fordern unter anderem, dass alle zivilen Möglichkeiten ausgeschöpft sein müssen, bevor überhaupt militärische Unterstützung für humanitäre Aktionen gewährleistet wird; das habe ich bereits gesagt. Militärische Unterstützung ist erst als letztes Mittel anzuwenden. Dafür - das habe ich auch schon gesagt - gibt es derzeit keine Anfragen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Wir kommen jetzt zu den übrigen Fragen auf Drucksache 17/5321 in der üblichen Reihenfolge. Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zur Beantwortung steht zur Verfügung der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Hermann Kues. Zunächst rufe ich die Frage 1 der Kollegin Caren Marks auf: Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, und wenn ja, welche, ob das im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, BEEG, angegebene Einsparvolumen von 10 Millionen Euro für die Begrenzung des Elterngeldes nach Einkommenshöhe erreicht werden kann, insbesondere vor dem Hintergrund der Stellungnahme des Bundesrechnungshofes an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages vom 16. Februar 2011 zum BEEG, wonach die Festlegung der neuen oberen Einkommensgrenzen zu einem "nicht unerheblichen, nur schwer bezifferbaren Verwaltungsaufwand führen" werde? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Kollegin Marks, unser Ausgangspunkt war, dass sich bei Wirksamkeit der Regelung Minderausgaben in Höhe von maximal 10 Millionen Euro pro Jahr ergeben würden. Wir haben keinerlei Erkenntnisse, dass dieses Einsparvolumen seit Inkrafttreten dieser Regelung, die ja erst seit dem 1. Januar dieses Jahres gilt, nicht erreicht wird. Wenn man bereits jetzt im April konkrete Erkenntnisse haben wollte, müsste man von den Ländern entsprechende Daten erheben lassen. Das wäre bei den Ländern mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden, der unseres Erachtens nicht tragbar ist, weil wir keinen Anhaltspunkt dafür haben, dass dieses Einsparvolumen nicht erreicht wird. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Nachfrage, Frau Marks? Caren Marks (SPD): Die Antwort stellt mich keineswegs zufrieden. Für mich ist es unbefriedigend, etwas in Aussicht zu stellen, aber die Überprüfung der Maßnahme nicht einzuleiten. Meine erste Nachfrage bezieht sich darauf, ob eine Überprüfung der Kürzung des Elterngeldes bei den Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfängern - eigentlich müsste man von einer kompletten Streichung reden - tatsächlich vorgesehen ist. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Die Frage habe ich nicht verstanden. Caren Marks (SPD): Ich frage Sie, ob eine Evaluation bezüglich der Auswirkungen der kompletten Streichung des Elterngeldes bei den ALG-II- und den Hartz-IV-Familien vorgesehen ist. Welche Auswirkungen hat diese Streichung in diesen Familien? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Sie wissen ja, dass das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger nicht gestrichen worden ist, (Caren Marks [SPD]: Das ist süffisant!) sondern dass das Elterngeld bei der Berechnung des Hartz-IV-Satzes mit berücksichtigt wird. (Iris Gleicke [SPD]: Das ist dann aber faktisch so!) Es geht dabei um die Frage, welches Einkommen bei der Festlegung des Hartz-IV-Satzes berücksichtigt wird. Darüber liegen uns keine Erkenntnisse vor. Das müsste, wenn überhaupt, das Sozialministerium wissen. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Kollege Fuchtel ist ja da!) Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass man auch dort noch keine Erkenntnisse dazu hat; es ist ja erst April. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Weitere Nachfrage? Bitte. Caren Marks (SPD): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär, da das Ministerium ja eigentlich die Interessen von Kindern und Familien vertreten sollte - (Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär: Und ja auch tut!) - ich habe die Formulierung "sollte" bewusst gewählt -, wäre es, denke ich, auch im Interesse des Ministeriums, sich mit dem BMAS kurzzuschließen und diese Auswirkung zu prüfen. Ihre Anmerkung, dass es angerechnet wird und keine Streichung erfolgt, halte ich für süffisant und gegenüber den betroffenen Familien - in deren Lebenswirklichkeit ist es definitiv eine komplette Streichung - für nicht angemessen. Im Zusammenhang mit den Veränderungen des Elterngeldes, die Sie vorgenommen haben, hatte die Bundesregierung, hatte Ihr Ministerium in Aussicht gestellt, das Elterngeld positiv und partnerschaftlich weiterzuentwickeln; dies wurde im letzten Jahr auf Eis gelegt. Haben Sie angesichts der Einsparmaßnahmen, die Sie hier nicht in Abrede gestellt haben - Sie sagen, dass Sie von solchen ausgehen -, zumindest vor, das Elterngeld partnerschaftlich weiterzuentwickeln? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es gibt eine Koalitionsvereinbarung, in der klar festgelegt ist, wie mit dem Elterngeld umgegangen werden soll. Aber auch Sie wissen, dass es eine dramatische Entwicklung auf den Finanzmärkten gab, was erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte hatte. Es wäre völlig unverantwortlich, wenn die Bundesregierung das nicht in irgendeiner Form berücksichtigt hätte. Sie wird zu gegebener Zeit über die Haushaltssituation und das weitere Verfahren zu befinden haben. Dann wird man sich alle Projekte ansehen, die jetzt unter einem Finanzierungsvorbehalt stehen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Wir kommen zur Frage 2 der Kollegin Marks: Wie begründet es die Bundesregierung, dass der ursprünglich von ihr angekündigte Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit nicht in ihren Referentenentwurf aufgenommen wurde, und welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um den Anteil der pflegenden männlichen Personen in der Familienpflege zu erhöhen, in Anbetracht der Tatsache, dass in der aktuellen "COMPASS-Befragung" ("Befragung zur Pflegezeit nach Pflegezeitgesetz und zur geplanten Familienpflegezeit" vom 21. März 2011) nur 11 Prozent der männlich befragten Personen angaben, von der neuen Regelung Gebrauch machen zu wollen - bitte einzeln darstellen und begründen? Herr Kollege Kues. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Dazu kann ich gern etwas sagen. Aus unseren Untersuchungen geht hervor, dass über 80 Prozent der Unternehmen die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf als wichtig ansehen und der Auffassung sind, dass diese zu erleichtern ist und dass durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit die Möglichkeit besteht, einen substanziellen Beitrag dazu zu leisten. Wir wissen außerdem, dass die Bereitschaft und das Interesse bei der Bevölkerung, bei Frauen und bei Männern, vorhanden sind. Deswegen glauben wir, dass die Familienpflegezeit - ähnlich wie die Altersteilzeit - ein Erfolgsmodell wird; denn die Familienpflegezeit ist nach einem ähnlichen Muster organisiert. Die gesetzlichen Regelungen, die jetzt getroffen worden sind, sollen einen unterstützenden Rahmen bieten, den Arbeitgeber und Beschäftigte auf vertraglicher Grundlage ausfüllen können. Das ist im Grunde genommen eine Anregung für die Tarifpolitik, Fantasie zugunsten derjenigen, die pflegen wollen, und derjenigen, die pflegebedürftig sind, walten zu lassen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer schließen eine Vereinbarung, und auf dieser Grundlage kann man dann den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten und der Arbeitgeber Rechnung tragen. Die Erfahrung mit der Altersteilzeit zeigt, dass derartige Fördermodelle sowohl bei Beschäftigten als auch bei Arbeitgebern auf hohe Akzeptanz stoßen. Deswegen sind wir bezüglich der Familienpflegezeit optimistisch. Es wird auch nach einer verstärkten Beteiligung der Männer gefragt. Ich glaube, es geht generell darum - auch dazu soll die Familienpflegezeit dienen -, überholte Rollenmuster abzubauen. Die Pflege ist kein Frauen-thema, sondern die Pflege hat die gesamte Bevölkerung, die Männer also in gleicher Weise, zu interessieren. Wir wissen aus Untersuchungen, dass sich jede zweite berufstätige Frau vorstellen kann, in einer konkreten Situation Familienpflegezeit zu nehmen und sich der Pflege zu widmen. Bei den Männern sind es weniger, ungefähr ein Drittel, die sich dies vorstellen können. Ich glaube, dass wir darauf hinarbeiten müssen - das Konzept der Familienpflegezeit setzt ja auf Beibehaltung der Beschäftigung, auf Kontinuität der Erwerbsbiogra-fie -, dass sie die größte Wirkung bei Vollzeitbeschäftigten erzielt, die ihre Arbeitszeit vorübergehend reduzieren wollen. Deswegen glauben wir, dass gerade Männer in die Familienpflegezeit mit einbezogen werden müssen. Wie sie sich exakt entwickelt, müssen wir abwarten. Wir sind aber zuversichtlich, dass sie eine ähnliche Wirkung wie die Altersteilzeit entfalten wird. Hier hat es geklappt, weil die Betriebe ein Interesse daran hatten, weil aber auch die Beschäftigten ein Interesse daran hatten. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine Nachfrage, Frau Marks? Caren Marks (SPD): Ja. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Bitte. Caren Marks (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, ich möchte richtigstellen, dass sich nach einer aktuellen Befragung, der COMPASS-Befragung, nur 11 Prozent der befragten männlichen Personen annähernd vorstellen können, von der neuen Regelung Gebrauch zu machen. Insofern liegen mir scheinbar andere Ergebnisse und Studien zu diesem Thema vor als Ihnen; Sie beziehen sich offensichtlich auf andere Studien. Ich denke, es wäre wichtig, dass das Ministerium auch diese Analysen mit einbezieht. Sie sollten, was die Gleichstellungsperspektive betrifft, nicht nur zuversichtlich sein, sondern Sie haben hier auch noch Hausaufgaben zu machen. Bevor ich in meine erste Nachfrage einsteige, möchte ich Sie bitten, auch auf den anderen Bereich meiner schriftlich eingereichten mündlichen Frage einzugehen. Auf den angekündigten Rechtsanspruch, der ursprünglich vorgesehen war, im Referentenentwurf aber nicht mehr enthalten ist, sind Sie bei der Beantwortung meiner schriftlich eingereichten mündlichen Frage nämlich noch nicht eingegangen. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es gibt einen solchen Anspruch, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte im Hinblick auf die Familienpflegezeit Vereinbarungen getroffen haben. Das ist eine bestimmte Art von Rechtsanspruch. Er gilt dann, wenn es eine Einigung zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten gibt. Darauf haben wir uns verständigt. Ich habe gesagt: Dieses Konzept haben wir analog zu dem der Altersteilzeit gestaltet. Man könnte diesen Bereich natürlich auch anders regeln. Wir haben allerdings ein Konzept gewählt, das vorsieht, dass in Betrieben geworben wird. Aufgrund der Ergebnisse der uns vorliegenden Untersuchungen wissen wir, dass die Betriebe selbst daran interessiert sind. Natürlich werden nicht alle Unternehmen diese Regelungen in gleicher Weise in Anspruch nehmen. Aber ich denke, dies kann ein Stück moderne Sozialpolitik sein. Es wird nämlich nicht von vornherein gefragt: "Was muss der Staat dem Einzelnen vorgeben?", sondern der Staat sagt: Wir setzen einen Rahmen und geben den Bürgern - in diesem Fall den Arbeitgebern und Arbeitnehmern - die Chance, diesen Rahmen konstruktiv auszufüllen. Caren Marks (SPD): Jetzt, Herr Präsident, würde ich gerne zu meiner ersten Nachfrage kommen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Bitte. Caren Marks (SPD): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Ich bin über Ihre Auffassung von einem Rechtsanspruch sehr erstaunt. Erlauben Sie mir bitte die Bemerkung: Es handelt sich bei den im Kabinettsentwurf vorgesehenen Regelungen noch nicht einmal um einen ableitbaren Anspruch, geschweige denn um einen tatsächlich verankerten Rechtsanspruch. Kann es sein, dass das Ministerium eher die Interessen der Arbeitgeber als die Interessen der pflegenden Angehörigen vertritt und dies in einem krassen Widerspruch zu den bisherigen Ankündigungen des Ministeriums steht? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Kollegin, ich glaube, im Jahre 2011 sollten wir langsam, aber sicher überholte Gegensätze, von denen wir uns eine Antwort auf die Fragen, die uns beschäftigen, erhoffen, überwinden. Ich denke, es gibt Interessen, die sowohl von der Arbeitgeberseite als auch von der Arbeitnehmerseite nachvollzogen werden. Darum geht es beim Thema Pflege. Hier geht es auf der einen Seite um die Interessen der Betriebe und der Arbeitgeber, auch öffentlicher Betriebe, und auf der anderen Seite um die Interessen der Arbeitnehmer. Es gibt einen individuellen Rechtsanspruch. Wenn es eine betriebliche Vereinbarung gibt, haben Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, einen entsprechenden Antrag zu stellen und ihn bewilligt zu bekommen. Insofern können Sie den Begriff "Rechtsanspruch" definieren, wie Sie wollen. (Caren Marks [SPD]: Eigentlich nicht!) Im Übrigen sage ich Ihnen - es wird bestimmt noch verschiedene Expertisen von Ihrer Seite geben -: Ich glaube, dass sich die Familienpflegezeit durchsetzt. Es wird allerdings eine Zeit lang dauern, bis sie sich im Bewusstsein der Menschen festsetzt. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank. Caren Marks (SPD): Darf ich meine zweite Nachfrage stellen? Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Sie hatten zwei Nachfragen. Caren Marks (SPD): Das war die erste. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Nein, das war die zweite. Ich führe eine Strichliste. Caren Marks (SPD): Nein. Die erste Frage musste ich stellen, weil die schriftlich eingereichte Frage im Hinblick auf den Rechtsanspruch nicht beantwortet wurde. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Frau Kollegin, Sie hatten zwei Fragen und vier Nachfragen. Sie sind alle gestellt. Caren Marks (SPD): Gut. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Nun kommen wir zu den nächsten Fragen. Die Fragen 3 und 4 der Kollegin Aydan Özoðuz und die Fragen 5 und 6 der Kollegin Dagmar Ziegler werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Sönke Rix auf: Hält die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Kabinettsbeschlusses zu den Eckwerten des Regierungsentwurfs des Bundeshaushalts 2012 und zum Finanzplan bis 2015 an der auf der Homepage des Bundesprogramms "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" getroffenen Aussage fest, dass für die beiden bisherigen Bundesprogramme "Vielfalt tut gut. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie" und "kompetent. für Demokratie - Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus" bis 2013 jährlich 24 Millionen Euro an Bundesmitteln zur Verfügung stehen? Herr Staatssekretär, bitte. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Die auf der Website "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" getroffene Aussage, dass für die Umsetzung dieses Bundesprogramms bis 2013 jährlich 24 Millionen Euro an Bundesmitteln zur Verfügung stehen werden, entspricht der mittelfristigen Finanzplanung des Bundesministeriums. Die Präventionsprogramme für Demokratie und Toleranz haben weiterhin einen sehr hohen Stellenwert. Daran werden wir uns mit allen weiteren Maßnahmen orientieren. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Ihre Nachfragen, bitte. Sönke Rix (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, halten Sie die Bekämpfung von Extremismus und die Förderung von Demokratie und Toleranz für eine dauerhafte Aufgabe? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ich gehe davon aus, dass das eine dauerhafte Aufgabe ist. Sie wird zumindest so lange bestehen, wie sie durch die mittelfristige Finanzplanung abgedeckt ist. Wir haben uns ja verschiedentlich darüber unterhalten. Es gibt keinen Anlass, anzunehmen, dass das von irgendeiner politischen Gruppierung des Deutschen Bundestages anders gesehen wird. Sönke Rix (SPD): Würden Sie mir dann zustimmen, dass es sinnvoll wäre, von der Projektfinanzierung und Projektarbeit zu einer strukturellen Finanzierung der Bekämpfung von Extremismus überzugehen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Dem kann ich so nicht zustimmen, weil die Akzente immer unterschiedlich gesetzt werden. Sie wissen ja, dass in dieser Legislaturperiode ausdrücklich gesagt worden ist: Wir wollen Rechtsextremismus und Antisemitismus bekämpfen. - Aufgrund der uns vorliegenden Fakten halten wir es aber auch für nötig, etwas gegen Linksextremismus und gegen Islamismus zu tun. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Wir kommen zur Frage 8 der Kollegin Daniela Kolbe: In welcher Art hat die Bundesregierung ihre Förderrichtlinien im Bundesprogramm "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" hinsichtlich der Anforderungen an die Zuwendungsempfänger, die Abstimmung ihrer Öffentlichkeitsarbeit mit den Landeskoordinierungsstellen betreffend, im Vergleich zu den Vorgängerprogrammen verändert? Herr Staatssekretär, es steht Ihnen frei, die Fragen 8 und 9 zusammen zu beantworten. - Wir kommen damit gleichzeitig zu Frage 9 der Kollegin Daniela Kolbe: Gibt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Bundesprogramm "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" den jeweiligen Landeskoordinierungsstellen vor, dass diese die Zuwendungsempfänger im Zuwendungsbescheid dazu verpflichten, ihre Pressemitteilungen den jeweiligen Landeskoordinierungsstellen zur Abstimmung vorzulegen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Kollegin Kolbe, die Landeskoordinierungsstellen - so steht es auch in der Förderrichtlinie - müssen die Öffentlichkeitsarbeit über das landesweite Beratungsnetzwerk und die mobilen Beratungsteams in Zusammenarbeit mit der Regiestelle sicherstellen. Es gehört auch zu den Aufgaben der Landeskoordinierungsstellen, dies entsprechend zu begleiten. Hier sind keine Änderungen vorgenommen worden. Mit Bezug auf Frage 9 darf ich gleichzeitig etwas zur Genehmigung von Pressemitteilungen bzw. zur Verpflichtung, Pressemitteilungen abzustimmen, sagen. Auch hier gibt es keine Veränderung. Es ist in der Tat so, dass die Aufforderung besteht, aktive Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und die Wirksamkeit des Programms zu erhöhen. Was das heißt, ist im Einzelnen festgelegt: von der Internetpräsenz bis hin zu werblichen Maßnahmen. Auch hier haben die Landeskoordinierungsstellen eine koordinierende Funktion - wie in den vergangenen Jahren im Übrigen auch. Sie sollen die Projektträger beraten usw. Dazu gibt es einen Leitfaden für Öffentlichkeitsarbeit, der sich nicht geändert hat. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Sie haben jetzt insgesamt vier Nachfragen, die Sie aber nicht alle stellen müssen. Bitte schön, Frau Kollegin. Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD): Vielen Dank für den Hinweis. - Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Verstehe ich Sie richtig, dass vonseiten Ihres Ministeriums - gerade auch durch die Förderrichtlinie - nicht vorgeschrieben wird, dass Pressemitteilungen von geförderten Initiativen vor der Veröffentlichung den Landeskoordinierungsstellen zur Verfügung gestellt und von diesen abgesegnet werden müssen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es gibt keine Hinweise, wie die Regelungen im Einzelnen auszusehen haben. Es gibt aber den Hinweis, dass die Landeskoordinierungsstellen die Öffentlichkeitsarbeit zu koordinieren haben. Das heißt nicht unbedingt, dass jede einzelne Pressemitteilung vorgelegt wird. Hier gibt es aber einen großen Ermessensspielraum in der jeweiligen Landeskoordinierungsstelle. Bislang ist das kein Problem gewesen. Ich sage aber ausdrücklich dazu: Die Geldmittel, die vom Bund eingesetzt werden, sind dafür vorgesehen, für diese Programme zu werben. Falls Ihre Frage in diese Richtung gehen sollte: Sie sind nicht für einen allgemeinen politischen Aktionismus vorgesehen. Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD): Nein, meine Frage geht in folgende ganz konkrete Richtung: In Sachsen - deswegen dürfte Sie das auch interessieren - besteht die konkrete Forderung gegenüber Initiativen, Pressemitteilungen, die sich auf die Programme und Projekte, die gefördert werden, beziehen, vor der Veröffentlichung vorzulegen. Dabei wird darauf verwiesen, es sei eine Forderung seitens des Bundesministeriums, so zu verfahren; es gebe also eine Richtlinie bzw. Anweisung, so zu verfahren. Sie sagen, dass das sozusagen ein Missverständnis ist, oder wie würden Sie das bewerten? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wenn das so gesagt worden ist, dann würde ich es als Missverständnis bezeichnen; denn die Förderrichtlinie ist nicht geändert worden. Hier hat sich keine neue Situation ergeben. Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD): Dann lautet meine dritte Frage: Gibt es seitens des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend neben den Förderbescheiden noch andere Schriftstücke, die sich auf diesen Umstand beziehen könnten, etwa Anweisungen oder Anleitungen für die Öffentlichkeitsarbeit oder dergleichen mehr in Richtung der Landeskoordinierungsstellen, bei denen es um Pressemitteilungen und Pressearbeit gehen könnte, und wenn ja, wie wären diese rechtlich zu bewerten? Wären sie rechtlich bindend? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es gibt eine Leitlinie zur Förderung von Beratungsnetzwerken, die auch etwas über die Öffentlichkeitsarbeit in der Weise enthält, wie ich es eben beschrieben habe. Das ist aber bislang immer im Einvernehmen geregelt worden. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Keine Nachfrage. Dann kommen wir zur Frage 10 der Kollegin Petra Crone: Inwiefern und durch welche besonderen Maßnahmen plant die Bundesregierung, auch nach den neuen Regelungen der Mitfinanzierung von 10 000 Euro pro Jahr durch die Kommunen die Mehrgenerationenhäuser insbesondere in finanzschwachen Kommunen nicht zu benachteiligen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr. Hermann Kues (CDU/CSU): Ich will die Frage gerne beantworten. Wir sind uns darüber im Klaren, dass es finanzschwache Kommunen gibt, die sich schwertun, und dass gerade in strukturschwachen Regionen der Bedarf an Mehrgenerationenhäusern häufig sehr hoch ist. Wir legen im Hinblick auf das neue Aktionsprogramm Wert darauf, dass es einen kommunalen Eigenanteil gibt. Denn wir wissen, dass für das Gelingen und Funktionieren von Mehrgenerationenhäusern ein kommunaler Eigenanteil wichtig ist. Aber wir gehen davon aus, dass die Kommunen ihren Eigenanteil auch dadurch erbringen können, dass sie etwa die Räumlichkeiten unentgeltlich zur Verfügung stellen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wir halten daran fest, dass die 10 000 Euro, um die es geht, auf irgendeine Weise zu erbringen sind. Wir sind aber auch bereit, im Einzelnen mitzuhelfen und mit zu überlegen, welche Möglichkeiten es gibt, wenn es daran scheitern würde. Die Einzelheiten werden derzeit erarbeitet. Wenn das Programm läuft, wird es einen Förderleitfaden geben, bei dem auch auf die finanzschwachen Kommunen Rücksicht genommen wird. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Ihre Nachfrage, bitte. Petra Crone (SPD): Danke, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, muss bei dem neuen Modellprojekt von den einzelnen Häusern in ihrer Bewerbung nachgewiesen werden, dass sich die Kommunen beteiligen, und werden sie, falls sie das nicht nachweisen können, nicht in das Programm aufgenommen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wir haben eindeutig gesagt, und das haben auch unsere Untersuchungen ergeben, die Ihnen bekannt sind, dass dort, wo sich die Kommunen beteiligen und ein Eigeninteresse haben, die Mehrgenerationenhäuser besser funktionieren. Insofern muss das klar artikuliert werden. Wie im Einzelnen verfahren wird, wird sich zeigen. Das Programm wird ausgeschrieben. Dann besteht die Möglichkeit, sich zu bewerben. Wenn es noch Unklarheiten gibt, wird sich das im Einzelnen abstimmen lassen. Letztlich wird man dann, wenn ein Haus aufgenommen wird, einen Weg finden müssen, die Kommune angemessen zu beteiligen. Das halte ich für richtig und notwendig. Denn was über die Mehrgenerationenhäuser geleistet wird, ist in nicht unerheblichem Maße eine kommunale Aufgabe. Wie Sie wissen, sind durch die Beschlüsse des Bundestages und des Bundesrates auch erhebliche finanzielle Mittel an die Länder bzw. Kommunen geflossen, um bestimmte Aufgaben besser bewältigen zu können. Ein Teil der Aufgaben, die mit den Mehrgenerationenhäusern angegangen werden sollen, sind Bestandteil des Paketbeschlusses von Bundesrat und Bundestag. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Sie haben eine zweite Nachfrage. Petra Crone (SPD): Herr Staatssekretär, Sie wissen genauso gut wie ich, dass es sich dabei um freiwillige Leistungen der Kommunen handelt, die von sehr finanzschwachen Kommunen nicht geleistet werden dürfen. Daher sind auch die Länder gefragt. In Bayern zum Beispiel hat der Sozialausschuss entschieden, die Kommunen nicht zu unterstützen, was die Mehrgenerationenhäuser angeht. Welche Überlegungen gibt es bei Ihnen, wie Sie nicht nur auf Bayern, sondern auf die Länder insgesamt einwirken können, sich zu beteiligen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wir sind mit den Bundesländern im Gespräch. Was das Programm angeht, werden die Häuser immer in Abstimmung mit allen Bundesländern ausgesucht. Anders ist das gar nicht praktikabel. Dabei sind wir auch mit Bayern im Gespräch. Das wird dann im konkreten Fall entschieden werden. Ich bin nicht pessimistisch, dass wir das hinbekommen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Daniel Bahr zur Verfügung. Wir kommen zur Frage 11 der Kollegin Crone: Zu welchen Ergebnissen kommt die Bund-Länder-Kommission zur Erarbeitung der Pflegeausbildungsreform, und wann werden diese veröffentlicht? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich beantworte im Namen der Bundesregierung die Frage wie folgt: Die Bund-Länder-Kommission zur Weiterentwicklung der Pflegeberufe hat den Auftrag, Eckpunkte zur Vorbereitung eines neuen Berufsgesetzes zu entwickeln. Die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Vorrangiges Anliegen der Bundesregierung ist es, dass in der Kommission eine möglichst weitreichende Verständigung über die wesentlichen Aspekte einer Zusammenführung der Pflegeausbildung erfolgt. Ich kann derzeit noch nicht mitteilen, wann Ergebnisse vorgelegt werden können. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine Nachfrage, Frau Kollegin Crone. Petra Crone (SPD): Danke schön. - Bundesministerin Schröder hat gemeinsam mit dem Präsidenten des Deutschen Pflegerates im Januar 2011 eine gemeinsame Erklärung abgegeben, dass sich die Bundesregierung auf eine Generalisierung der Pflegeausbildung festlegt. Auf welche Erkenntnisse und Annahmen stützt sie sich dabei, wenn die Erkenntnisse der Bund-Länder-Kommission noch nicht vorliegen? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin, wir warten zunächst einmal die Beratungen in der Kommission ab. Diese brauchen Zeit, weil das Ergebnis gut sein muss. Trotz vieler Gemeinsamkeiten bei den Ausbildungen zu Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern, Kinderkrankenpflegerinnen und Kinderkrankenpflegern sowie Altenpflegerinnen und Altenpflegern gibt es beachtliche Unterschiede in der theoretischen und praktischen Ausbildung sowie den organisatorischen Strukturen und der Finanzierung. Wir wollen ergebnisoffen beraten und zu einem guten Ergebnis kommen. Ich kann aber das Ergebnis nicht vorwegnehmen, weil die Beratungen noch nicht abgeschlossen sind. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine weitere Nachfrage. Petra Crone (SPD): Wie gesagt, die Familienministerin hat sich schon auf eine generalisierte Pflegeausbildung festgelegt. Daher frage ich noch einmal nach: Auf welche Erkenntnisse stützt sie sich dabei? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Die Bundesregierung befindet sich in Beratungen mit den Ländern. Das Ergebnis ist noch nicht absehbar. (Petra Crone [SPD]: Warum hat sie sich dann festgelegt?) Wir arbeiten an einer Verbesserung der Ausbildungen der verschiedenen Pflegeberufe. Wir wollen zu einer Ausbildungsstruktur kommen, die die theoretischen und praktischen Gemeinsamkeiten besser berücksichtigt. Ich kann aber das Ergebnis - ich betone das noch einmal - nicht vorwegnehmen, weil wir mit den Ländern noch intensiv beraten. Das Ergebnis ist abzuwarten und erst, wenn es vorliegt, politisch zu beurteilen. (Petra Crone [SPD]: Dann weiß die Familienministerin mehr! Danke schön!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank. - Die Fragen 12 und 13 der Kollegin Mattheis werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zu den Fragen 14 und 15 der Kollegin Elisabeth Scharfenberg: Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus jüngst öffentlich geäußerten Forderungen nach einer Erhöhung des Beitragssatzes zur sozialen Pflegeversicherung um bis zu 0,5 Prozentpunkte, mit der unter anderem Leistungsverbesserungen, eine bessere Entlohnung von Pflegekräften und der Aufbau eines kollektiven Kapitalstocks refinanziert werden sollen (vergleiche Die Welt vom 30. März 2011, "Pflegeversicherung wird deutlich teurer")? Ist vor diesem Hintergrund die Aussage seitens der Bundesregierung, dass die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung nicht zur Diskussion stehe und man lediglich über den Leistungsumfang spreche (vergleiche FAZ vom 31. März 2011, "Neuer Streit um Pflegefinanzen"; den Tagesspiegel vom 31. März 2011, "Unionspolitiker: Pflege wird teurer"), so zu verstehen, dass Leistungsverbesserungen nur dann umgesetzt werden, sofern dafür keine zusätzlichen Finanzmittel in der sozialen Pflegeversicherung bereitzustellen wären? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Scharfenberg, Sie beziehen sich in Ihren Fragen unter anderem auf einen Artikel der Tageszeitung Die Welt vom 30. März 2011 mit dem Titel "Pflegeversicherung wird deutlich teurer". Dazu möchte ich Folgendes betonen: Zur Frage der genauen Ausgestaltung der künftigen Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung gibt es noch keine Festlegung. Bei der Erarbeitung der Eckpunkte für die Reform wird sowohl über die künftige Ausgestaltung der Leistung als auch über den sich daraus ergebenden Finanzierungsbedarf entschieden werden. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine Nachfrage. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Wie ich höre, diskutiert die Bundesregierung über Leistungsausweitungen. Wenn über Leistungsausweitungen diskutiert wird, dann kommt man nicht daran vorbei, zusätzliche Finanzmittel zu realisieren, es sei denn, Leistungen werden an anderer Stelle gekürzt. Ich frage Sie: Wenn man zusätzliche Finanzmittel braucht, wie soll man sie generieren, wenn nicht über eine Erhöhung des Beitragssatzes? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Scharfenberg, ich habe eben betont, dass wir zuerst darüber diskutieren, welche Leistungen und Strukturen verbessert werden sollen. Erst danach werden wir über die Finanzierung entscheiden. Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP sieht eine ergänzende Kapitaldeckung vor, die vor allem Vorsorge für kommende Leistungssteigerungen aufgrund der demografischen Entwicklung darstellen soll. Ob und wie die Schaffung einer solchen zusätzlichen Säule mit Verbesserungen der Leistungen verbunden wird, ist noch nicht entschieden, weil über die Finanzierungsfragen erst entschieden wird, nachdem die Sondierungen über die Struktur und Verbesserung der Leistungen im Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung stattgefunden haben. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Zweite Nachfrage. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben eben die kapitalgedeckte Säule angesprochen. Da möchte ich nachhaken. Sie haben erwähnt, dass diese im Koalitionsvertrag verankert ist. Dennoch: Auch wenn Sie bekräftigen, dass über die Finanzierung nicht gesprochen wird, so dringt doch viel von der Finanzierungsdiskussion nach außen. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Es wird über Finanzierung gesprochen. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Union macht klar, dass sie diese kapitalgedeckte Säule nicht haben will, sondern für einen kollektiven Kapitalstock ist. Wie wird dies diskutiert, und womit können wir rechnen? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Scharfenberg, Sie behaupteten gerade, dass über Finanzierung nicht gesprochen und entschieden würde. Das stimmt nicht. Ich habe nur den Prozess dargestellt. Erst unterhalten wir uns über die Leistungen und Strukturen, anschließend über die Finanzierung. Die Maßgabe für die Bundesregierung ist der Koalitionsvertrag, den CDU, CSU und FDP gemeinsam beschlossen haben. Er ist Grundlage und Vorgabe zugleich für alle Beratungen über die Verbesserungen im Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung. Natürlich sind wir in intensiven Gesprächen mit Betroffenen, mit Verbänden und auch innerhalb der Koalition über die Frage, wie wir nach der Einigung über Strukturen und Leistungen diese finanzieren. Dies geschieht vor dem Hintergrund steigender Kosten durch eine alternde Bevölkerung. Über die konkrete Ausgestaltung ist aber noch nicht entschieden. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Staatssekretär, haben Sie damit die Frage 15 mitbeantwortet, oder wollen Sie dazu noch etwas anmerken? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Die Frage ist mitbeantwortet. Über die Fragen des Leistungsspektrums und der langfristigen Finanzierung ist noch nicht entschieden. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Dann haben Sie noch zwei Nachfragen. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auch wenn immer wieder beteuert wird, dass noch nicht entschieden ist, so dringen doch Informationen über kontroverse Diskussionen nach außen. Ich würde gerne wissen, welche Haltung die Bundesregierung zu den Forderungen aus den Reihen der Regierungsparteien, die öffentlich erhoben werden, einnimmt, nämlich dass es nicht zu Beitragserhöhungen kommen dürfe und man Leistungsausweitungen gegebenenfalls durch Einsparungen an anderer Stelle gegenfinanzieren müsse. Welche Einsparungen könnten denn damit gemeint sein? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Es bewegt sich im Rahmen des üblichen Diskussionsprozesses, dass es, wenn wir ein Gesetzgebungsverfahren auf den Weg bringen, auch innerhalb der Koalition unterschiedliche Meinungen gibt. Für die Bundesregierung ist das Maßgabe, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist und was wir in der Koalition als Verfahren vereinbart haben. Wir verschaffen uns zunächst in Dialogforen mit Betroffenen, mit Verbänden und Experten ein Bild darüber, was verbessert werden muss, und unterhalten uns danach darüber, wie das Ganze finanziert wird. Ich kommentiere nicht Einzelstimmen aus der Koalition, die sich möglicherweise nicht auf der Grundlage des Koalitionsvertrages und des vereinbarten Verfahrens befinden. Für uns ist die Maßgabe der Koalitionsvertrag und das vereinbarte Verfahren. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine weitere Nachfrage? Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, danke. - Laut Presseberichten wollte sich gestern Abend der Koalitionsausschuss auf einen Fahrplan für die Pflegereform verständigen. Dazu möchte ich nachfragen, wie dieser Zeitplan aussehen wird. Wann wird es nach den Eckpunkten einen Gesetzentwurf geben, wann ist mit den parlamentarischen Beratungen und der Pflegereform zu rechnen? Welche Aspekte werden dabei eine Rolle spielen? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Wir sind noch mitten in den Beratungen mit Wissenschaftlern, Experten und Betroffenen in den Dialogforen, die eine breite Resonanz in der Öffentlichkeit gefunden haben. Diese Beratungen sind noch nicht abgeschlossen. Wir werden in den nächsten Wochen weitere solcher Dialogforen haben. Wir rechnen damit, dass wir innerhalb der Koalition in den nächsten Monaten Eckpunkte für eine Reform vorlegen, sodass wir nach unserer jetzigen Zeitplanung zu Beginn des Sommers einen konkreten Gesetzestext formulieren können. In der zweiten Jahreshälfte können wir dann intensiv hier im Parlament über einen Gesetzentwurf für eine Weiterentwicklung der sozialen Pflegeversicherung beraten. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Wir kommen zur Frage 16 des Abg. Markus Kurth: Gedenkt die Bundesregierung, den Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung zu erhöhen, wie jüngst öffentlich gefordert (vergleiche Die Welt vom 30. März 2011, "Pflegeversicherung wird deutlich teurer"), oder wird die Bundesregierung vielmehr der Forderung folgen, die umlagefinanzierte Pflegeversicherung sei durch eine Kapitaldeckung zu ergänzen, wie es in der Koalition zwischen CDU, CSU und FDP vereinbart sei, um eine Erhöhung des lohnbezogenen Beitrags zu vermeiden (vergleiche Handelsblatt vom 31. März 2011, "Spekulationen über eine Erhöhung des Pflegebeitrags")? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Ich beantworte die Frage des Kollegen Kurth wie folgt: Die Bundesregierung wird dafür sorgen, dass die Pflegebedürftigen auch zukünftig angemessene Pflegeleistungen zu bezahlbaren Preisen erhalten. Weitere Festlegungen werden im Rahmen eines Eckpunktepapiers erfolgen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Bitte schön, Nachfrage. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir überein, dass aufgrund einer die Pflegeversicherung ergänzenden Kapitaldeckung sich frühestens in einigen Jahren Ausschüttungen ergeben? Wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung in der Zwischenzeit, bis es zu einer solchen Ausschüttung kommen kann, zu tun, um etwa die steigenden Kosten für Leistungsausweitungen oder Personal zu begleichen? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Nein, Herr Kollege Kurth, ich stimme Ihnen nicht zu. Wir haben Erfahrungen beim Aufbau einer Kapitaldeckung in der Pflegeversicherung, nämlich in der privaten Pflegeversicherung. Die private Pflegeversicherung, die 1994 als kapitalgedeckte Pflegeversicherung aufgebaut wurde, war innerhalb kürzester Zeit in der Lage, Leistungen zu finanzieren. Das zeigt: Auch bei einer kapitalgedeckten Pflegeversicherung ist es möglich, dass Leistungen unmittelbar und nicht erst in einigen Jahrzehnten finanziert werden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine weitere Nachfrage? - Bitte schön, Herr Kurth. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Inwiefern ist es aus Ihrer Sicht mit Ihrem Ziel "Mehr Netto vom Brutto" vereinbar, wenn von den Versicherten ein zusätzlicher Beitrag erhoben wird? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege Kurth, ich schätze Ihre Taktik der Fragestellung: Sie wollen erneut herausfinden, ob es schon eine Einigung über eine konkrete Ausgestaltung einer solchen Kapitaldeckung im Bereich der Pflegeversicherung gibt. Ich betone noch einmal: Es gibt noch keine Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung. Das Ziel "Mehr Netto vom Brutto", das sich diese Koalition gesetzt hat, bezieht sich auf die Kombination aus Steuerzahlungen und Sozialabgaben. Die Sozialabgaben als Abzüge direkt vom Lohn, als Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil, in Kombination mit Steuerzahlungen sind dafür entscheidend, ob man mehr Netto vom Brutto hat. Dabei kann man auch noch eine zusätzliche Vorsorge in den Blick nehmen. Ich erinnere daran, dass wir auch in einem anderen Bereich Erfahrungen haben - ich bitte fairerweise darum, das nicht in Bezug zur konkreten Ausgestaltung der Pflegeversicherung zu setzen -: Die damalige rot-grüne Koalition hat bei der Riester-Rente einen Kapitalstock auf freiwilliger Basis aufgebaut. Das war nötig. Um eine Botschaft kommen wir nicht herum - das haben auch die Grünen immer vertreten -: Gerade auf dem Gebiet der Pflege kommen durch eine alternde Bevölkerung steigende Kosten auf uns zu. Deswegen streiten wir hier im Parlament um die konkrete Ausgestaltung. Es geht darum, wie wir diese steigenden Kosten fair und generationengerecht in der Gesellschaft verteilen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir kommen zur Frage 17 des Abgeordneten Kurth: Gedenkt die Bundesregierung, die von der Koalition vereinbarte Kapitaldeckung allein über zusätzliche Beiträge der Versicherten zu finanzieren, oder wird die Bundesregierung öffentlich geäußerten Forderungen folgen, eine paritätische Erhöhung des lohnbezogenen Beitrags anzustreben (vergleiche Die Welt vom 30. März 2011, "Pflegeversicherung wird deutlich teurer"; Berliner Zeitung vom 31. März 2011, "Pflegebeitrag steigt kräftig an")? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Meine Antwort ist, wie Herr Kurth es wahrscheinlich erahnt, recht kurz: Die Einzelheiten der vereinbarten Kapitaldeckung werden im Rahmen der anstehenden Reform der Pflegeversicherung zu klären sein. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kurth, Sie haben womöglich eine Nachfrage. - Bitte schön. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich möchte versuchen, herauszufinden, ob die Koalition wenigstens in einem Punkt eine politische Einigung herbeigeführt hat. Würde ein Zusatzbeitrag paritätisch erhoben, oder wäre er allein von den Arbeitnehmern, von den Versicherten, zu tragen? Denkbar ist ja, einen kollektiven Kapitalstock über eine paritätische Beitragssatzerhöhung aufzubauen. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege Kurth, Sie fragen erneut geschickt, um herauszufinden, ob es eine Einigung gibt. Da es noch keine Einigung gibt, kann ich Ihnen eine solche Einigung nicht präsentieren, egal wie geschickt Sie fragen. Es gibt keine Festlegung auf eine konkrete Ausgestaltung der Finanzierungsmodalitäten. Wir sind noch in den Beratungen. Sie werden noch einige Zeit dauern. Sobald diese Beratungen abgeschlossen sind, werden wir die Ergebnisse dieser Beratungen dem Parlament vorlegen, und wir werden im üblichen parlamentarischen Verfahren darüber diskutieren können. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie noch eine weitere geschickte Zusatzfrage? Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich fühle mich zwar geschmeichelt, aber angesichts der Situation verzichte ich auf eine weitere Zusatzfrage. Danke. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann kommen wir zur Frage 18 der Kollegin Britta Haßelmann: Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung angesichts der derzeitigen Diskussionen zur Finanzierungsreform der sozialen Pflegeversicherung aus der öffentlich geäußerten Kritik, die Regierungskoalition habe bei ihrem Antreten mehr Netto vom Brutto zugesagt und dürfe keine gegenteiligen Beschlüsse fassen (vergleiche Berliner Zeitung vom 31. März 2011), vor dem Hintergrund von öffentlich geäußerten Forderungen, eine Erhöhung des Beitragssatzes zur sozialen Pflegeversicherung sei unter anderem deswegen notwendig, um Leistungsverbesserungen zu finanzieren (vergleiche Die Welt vom 30. März 2011, "Pflegeversicherung wird deutlich teurer")? Herr Staatssekretär, bitte. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Ich beantworte die Frage wie folgt: Über die genaue Ausgestaltung der künftigen Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung gibt es noch keine Festlegungen. Deshalb kann in diesem Zusammenhang auch über mögliche Auswirkungen auf die Beitragsbelastung der Versicherten keine Aussage gemacht werden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Haßelmann, Sie haben eine Nachfrage. Bitte schön. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, Ähnliches klang gerade schon in den Antworten auf die Fragen meiner Kollegin Scharfenberg und meines Kollegen Kurth an. Sie haben in Beantwortung der Frage meines Kollegen Kurth das Thema "steigende Kosten" sowie die faire und gerechte Verteilung der zusätzlichen Kosten selbst angesprochen. Deshalb meine Frage: Schließen Sie aus, dass es bei der Neukonzeption der sozialen Pflegeversicherung zu einer Beitragserhöhung kommt? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Da wir noch nicht über die Leistungen diskutiert und entschieden haben, haben wir folglich auch noch nicht über die Finanzierung entschieden. Deswegen kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt weder das eine noch das andere konkret darlegen. Ich kann Ihnen weder darlegen, ob und in welchem Umfang es zu Leistungsausweitungen, noch, ob und in welchem Umfang es zur Erhöhung der Beitragssätze für die Versicherten kommt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Haßelmann, haben Sie eine zweite Nachfrage? - Bitte schön, dann haben Sie das Wort dafür. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank für die Beantwortung der Frage, mit der Sie deutlich gemacht haben, dass Sie eine Beitragserhöhung zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen können. Meine zweite Frage lautet: Schließen Sie bei der Neukonzeption der sozialen Pflegeversicherung eine Einschränkung des Leistungskatalogs aus? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Haßelmann, jetzt haben Sie mir etwas in den Mund gelegt. Dem muss ich erst einmal widersprechen. Ich habe in meiner Antwort klargestellt, dass weder über die Leistungen noch über die Finanzierung entschieden worden ist - weder in die eine noch in die andere Richtung. Das heißt, ich kann hier heute überhaupt keine Festlegungen - weder in Bezug auf die Fragen der Ausweitung und der Struktur der Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung noch hinsichtlich der Frage notwendiger Veränderungen bei der Finanzierung - treffen, weil sie in der Koalition noch nicht getroffen worden sind. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Bitte schön, Frau Scharfenberg, zu einer weiteren Nachfrage. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass die Aussagen, die Sie dazu treffen, und die Antworten, die Sie uns heute geben, im April dieses Jahres, das vom Gesundheitsminister als Jahr der Pflege ausgerufen worden ist, doch relativ dürftig sind? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Scharfenberg, 2011 ist das Jahr der Pflege. Das bedeutet aber nicht, dass es nur im Jahr 2011 um Fragen der Pflegeversicherung geht. Vielmehr soll das in diesem Jahr der Schwerpunkt der Arbeit des Gesundheitsministeriums sein. Ein Viertel des Jahres ist um, sodass noch drei Viertel des Jahres vor uns liegen und wir deshalb noch ausreichend Zeit haben, die Fragen zu beantworten und zu entscheiden. Das bedarf natürlich auch im Jahr der Pflege einer gründlichen Vorbereitung. Ich habe die bisherigen Dialogveranstaltungen mit den Wissenschaftlern, Experten, Betroffenen und Verbänden als sehr informativ, gewinnbringend und erkenntniserweiternd empfunden. Übrigens gehen in diese Richtung auch die Rückmeldungen, die wir von den Verbänden bzw. Teilnehmern erhalten haben. Insofern ist es ein kluger Prozess, sich zunächst zu verständigen und sich ein Bild zu verschaffen und danach die nötigen politischen Entscheidungen zu treffen. Wir haben in diesem Jahr keine Hektik, stehen unter keinem Zeitdruck und müssen keine übereilten Entscheidungen treffen. Vielmehr sollten wir uns in der politischen Debatte die nötige Zeit nehmen, damit wir danach kluge Entscheidungen treffen können. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt kommen wir zur Frage 19 der Kollegin Haßelmann: Wie gedenkt die Bundesregierung, das Leistungsspektrum der sozialen Pflegeversicherung zu reformieren, sofern nach öffentlichen Forderungen eine Reform so auszugestalten sei, dass es nicht zu Beitragserhöhungen komme und Leistungserhöhungen durch Einsparungen an anderer Stelle gegenfinanziert werden müssten (vergleiche Schweriner Volkszeitung vom 31. März 2011, "Verwirrspiel um Pflegeversicherung"), und welche Einsparungen könnten dies sein? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Die Frage beantworte ich wie folgt: Derzeit wird im Rahmen einer Reihe von Dialogveranstaltungen des Bundesgesundheitsministers mit Wissenschaftlern, Betroffenen und Beteiligten diskutiert, wie eventuelle Veränderungen im Rahmen der Pflegeversicherung ausgestaltet sein müssten. Festlegungen hierzu gibt es bislang nicht. Sie werden in den nächsten Monaten erfolgen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine Nachfrage? - Bitte schön. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich möchte Sie gerne noch einmal fragen: Schließen Sie aus, dass es beim Aufbau des Kapitalstocks zu einer einseitigen Belastung der Arbeitnehmerseite kommt? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Haßelmann, auch wenn Sie weiter versuchen, geschickt zu fragen: Ich gebe noch einmal die Antwort: Es ist über die Frage der Finanzierung nicht entschieden worden, erst recht nicht über die konkrete Ausgestaltung der Finanzierung. Deswegen kann ich weder das eine noch das andere ausschließen und bitte Sie, eine solche Antwort jetzt nicht wieder umzudeuten, so wie Sie es mit der Frage vielleicht gern implizieren möchten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Noch eine weitere Frage? Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja. - Herr Staatssekretär, Sie sind ja der Fachmann in diesem Bereich. Wenn wir über die soziale Pflegeversicherung sprechen, wissen wir, dass wir angesichts des demografischen Wandels und der Generationenverteilung sicherlich nicht zu einer Entlastung in der Pflegeversicherung kommen. Oder möchten Sie es mit Ihrer Antwort anders intendieren? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Ausgehend von den heutigen Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung ist selbstverständlich nicht damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahrzehnten der Beitragssatz sinken kann. Die demografische Entwicklung führt dazu, dass wir mehr Pflegebedürftige und gleichzeitig weniger junge Beitragszahler als heute haben werden. Das ist das demografische Problem, das wir in der Renten-, in der Pflege- und auch in der Krankenversicherung haben. Deswegen diskutieren wir in der Koalition über Reformen. Solche Reformen sind in den letzten Jahren teilweise nicht angegangen worden, weshalb wir die Zeit in dieser Legislaturperiode nutzen müssen, zu Entscheidungen darüber zu kommen, wie wir die Lasten einer alternden Bevölkerung bei einer nachhaltigen und sozial gerechten Finanzierung der Pflege fair auf die Generationen verteilen. In diesen Beratungen sind wir gerade. Wir als Bundesregierung sind optimistisch, Ihnen, dem Parlament, in diesem Jahr ein gutes Ergebnis vorlegen zu können. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Kollege Rix mit einer Nachfrage. Sönke Rix (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, Sie haben bei der Beantwortung der Frage 18 und gerade wieder von den Dialogforen sowie davon gesprochen, dass es dort zu guten und zahlreichen Erkenntnissen gekommen ist. Auch wenn Sie noch keine Festlegung getroffen haben, frage ich Sie: Welches waren denn die wichtigsten Erkenntnisse dort? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Wir haben uns in den bisherigen Dialogveranstaltungen - das ist noch nicht abgeschlossen - mit der Unterstützung der Angehörigen in der Pflege beschäftigt. Die Angehörigen haben uns klar zurückgemeldet, dass ihre Arbeit bisher zu wenig wahrgenommen wurde. Dazu haben wir nach ersten Diskussionen noch keine Entscheidung getroffen, aber doch festgestellt, dass wir mehr werden tun müssen, um die Angehörigen von Pflegebedürftigen besser zu unterstützen, zu begleiten, zu informieren und auch zu entlasten. Über die konkrete Ausgestaltung, also darüber, wie das funktioniert, ist in der Koalition noch nicht entschieden worden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kollegin Marks, Sie haben eine Nachfrage. Caren Marks (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, mich als Seniorenpolitikerin hat sehr betroffen gemacht, dass Sie auf eine sehr deutliche Art und Weise und sehr einseitig von den Problemen und - so wörtlich - Lasten einer alternden Bevölkerung gesprochen haben. Ganz egal, ob es um das Ressort Gesundheit oder das Ressort BMFSFJ geht: Ich finde, unsere politische Aufgabe und Verantwortung ist es - ich will Sie fragen, ob Sie das nicht ebenfalls so einschätzen -, auch von den Potenzialen, von den Vorteilen einer älter werdenden und dabei insgesamt gesünder bleibenden Bevölkerung zu sprechen und dieses Land darauf auszurichten, Generationensolidarität zu leben. Auch wenn es vielleicht nicht so gemeint war - Vokabular ist sehr verräterisch und kommt in der Gesellschaft entsprechend an. Ich möchte Sie sehr bitten, solches Vokabular zu vermeiden, weil es ein falsches Bild von älteren Menschen in der Gesellschaft zeichnet. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Marks, die Unterstellung und die Zuspitzung in der Frage weise ich zurück; das entspricht auch nicht dem, was ich eben geantwortet habe. Die Frage war, ob es zu Beitragsbelastungen für die Versicherten oder zu Leistungskürzungen kommt. Ich habe dann im Zusammenhang mit der Finanzierungsdiskussion lediglich darauf hingewiesen, dass eine alternde Bevölkerung logischerweise zusätzliche Pflegebedürftige und Leistungsempfänger mit sich bringt. Damit haben wir zu rechnen; das wissen Sie als Seniorenpolitikerin. Gleichzeitig wissen wir - wir kennen den Altersaufbau der Gesellschaft -, dass immer weniger junge Beitragszahler nachkommen. Das bedeutet natürlich, dass, ausgehend von dem heutigen Leistungsniveau der sozialen Pflegeversicherung, die Ausgaben steigen. Deswegen habe ich in diesem Zusammenhang - das war die Ausgangsfrage - von einer finanziellen Last für die Beitragszahler gesprochen. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, wo notwendige Entscheidungen aufgeschoben wurden, arbeiten wir daran, die Lasten fair, gerecht und solidarisch auf die Generationen zu verteilen. Wir wollen eben nicht, dass eine Generation zulasten anderer Generationen lebt. Uns geht es darum, die Kosten der Pflege und der Teilhabe in der Gesellschaft fair auf die Generationen zu verteilen und damit insgesamt zur Solidarität der Generationen untereinander beizutragen. Das ist das Ziel dieser Koalition. Ich bitte Sie deshalb, nicht mit solchen Unterstellungen in der Debatte zu arbeiten, und zwar insbesondere mit Blick auf diejenigen, die über ein zukunftsfähiges Pflegewesen in Deutschland debattieren und das Problem so lösen wollen, dass die Pflege auch zukünftig finanzierbar, solidarisch und gerecht dargestellt werden kann. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Scharfenberg. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Ich habe auch noch eine Nachfrage zu diesen Dialogveranstaltungen. Sie haben eben davon gesprochen, dass Sie im Dialog mit den pflegenden Angehörigen Erkenntnisse gewonnen haben und Ihnen dabei klar geworden ist, dass pflegende Angehörige stärkere Unterstützung brauchen und von unserer Seite mehr Augenmerk auf sie gerichtet werden muss. Ich frage Sie jetzt: Wussten wir das nicht vorher? Darüber wird doch seit mehreren Jahren diskutiert. Das ist doch keine neue Erkenntnis. Wenn ich diese Dialogveranstaltungen in diesem Licht betrachte, stellt sich für mich die Frage: Sind das nicht eher Show-Veranstaltungen, die das Ministerium ins rechte Licht rücken sollen, ein Ministerium, das dabei nur Dinge erkennt, die eigentlich alle schon lange wussten? Muss man letztendlich nicht anders an die Sache herangehen? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Scharfenberg, es ist völlig korrekt, dass wir schon seit Jahren wissen, dass Angehörige im Bereich der Pflege eine bessere Unterstützung brauchen. Ich will nur daran erinnern, dass diese Legislatur gerade anderthalb Jahre dauert und vorher andere Verantwortung für das Gesundheitsressort getragen haben. In vergangenen Legislaturperioden, in denen beispielsweise Ihre Fraktion hier Regierungsverantwortung getragen hat, sind solche Entscheidungen aufgeschoben worden. Wir gehen sie jetzt an. Ich würde vorschlagen, erst dann zu beurteilen, ob etwas für die Angehörigen erreicht worden ist oder nicht, wenn der Gesetzentwurf vorliegt oder, besser noch, wenn das Gesetz beschlossen worden ist. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir im Zuge des anstehenden Gesetzgebungsvorhabens Verbesserungen für pflegende Angehörige erreichen können. Zu einem guten Gesetz haben dann auch die Dialogveranstaltungen einen wertvollen Beitrag geleistet. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer bereit. Die Frage 20 des Kollegen Beckmeyer, die Frage 21 des Kollegen Groß, die Fragen 22 und 23 des Kollegen Burkert und die Fragen 24 und 25 des Kollegen Herzog werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 26 des Kollegen Dr. Anton Hofreiter: Welches Ressort hat welche Beratungsfirma für 17 200 Euro beauftragt, eine Sitzung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bundestages zu protokollieren (vergleiche Artikel "Rechnungshof moniert Vergabepraxis der Bundesministerien" in der Financial Times Deutschland vom 31. März 2011, der sich auf einen Bericht des Bundesrechnungshofes bezieht)? Bitte schön, Herr Scheuer. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mich wirklich gefreut, die Frage 25 des Kollegen Herzog zu beantworten. Da geht es nämlich um die Nassbaggerei. Ich komme aber jetzt zu den Fragen 26 und 27 des Kollegen Hofreiter, die ich, wenn Sie erlauben, im Sachzusammenhang beantworten möchte. Es geht hier um die Protokollierungskosten einer Sitzung. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann rufe ich auch die Frage 27 des Kollegen Hofreiter auf: In welcher Verkehrsausschusssitzung wurde zu welchem Thema im Auftrag der Bundesregierung protokolliert? Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Meine Antwort auf beide Fragen lautet wie folgt: Der Bericht des Bundesrechnungshofs an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags nach § 88 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung vom 23. März 2011 zum Einsatz externer Berater bei Normsetzungsverfahren wird derzeit noch in Zusammenarbeit mit dem BMF geprüft. Diese Prüfung konnte noch nicht abgeschlossen werden, da die Prüfungsfeststellung des Bundesrechnungshofs auf einer anonymisierten Querschnittsprüfung mehrerer Ressorts beruht, sodass Details insbesondere beim BMF erst aufwendig ermittelt werden müssen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Eine Nachfrage, Herr Hofreiter? - Bitte sehr. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das heißt, Sie wissen in der Bundesregierung schlichtweg nicht, welche Aufträge Sie vergeben haben, und können nicht beantworten, ob Sie tatsächlich 17 000 Euro für die Protokollierung einer Sitzung ausgegeben haben, wie der Bundesrechnungshof vermutet, oder nicht. Ihre Aussage, das sei vom Zeitpunkt des Einreichens der Frage bis jetzt nicht recherchierbar, kann ich nicht ohne Weiteres nachvollziehen. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich kann Ihnen nur sagen, was ich in der Antwort schon gesagt habe: dass intensiv geprüft wird. Das BMVBS hat einen Auftrag für solche Arbeiten nicht erteilt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine weitere Nachfrage. Bitte sehr. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das heißt, der Auftrag kommt nicht aus dem Bundesverkehrsministerium? Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: So habe ich das gerade gesagt, Herr Kollege Hofreiter. (Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Recht vielen Dank!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir kommen zur Frage 28. - Die Kollegin Lühmann ist allerdings nicht anwesend. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die Frage 29 des Kollegen Süßmair wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 30 der Kollegin Behm: Wie bewertet die Bundesregierung die Einigung der Fluglärmkommission zu den Flugrouten für den Airport Berlin Brandenburg International, BBI, und inwieweit ist diese Einigung relevant für die endgültige Festlegung der Flugrouten? Bitte schön. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Kollegin Behm, die gesetzliche Rolle der Fluglärmkommission liegt nach § 32 b des Luftverkehrsgesetzes in der Beratung unter anderem des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung und der Flugsicherungsorganisation. Beratungsergebnisse der Kommission haben daher empfehlenden Charakter. Die besondere Bedeutung von Ausschussempfehlungen hat der Gesetzgeber unter anderem dadurch deutlich gemacht, dass die Beratenen der Kommission bei etwaigen Abweichungen die Gründe mitteilen müssen, warum die vorgeschlagenen Maßnahmen für nicht geeignet oder für nicht durchführbar gehalten werden. Die Einigung der Fluglärmkommission auf Maßnahmen, die fachlich umsetzbar sind, ist daher zu begrüßen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Behm, Sie haben eine Nachfrage. Bitte sehr. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank für die Beantwortung dieser Frage. - Es freut mich, dass die Nichtbeachtung der Empfehlungen begründet werden muss. Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Empfehlungen. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung - man könnte auch sagen: Empfehlung - der Bürgerinitiative "Fluglärmfreie Havelseen" nach einem sogenannten Mandatory-Fly-Over-Wegpunkt südwestlich des Autobahndreiecks Werder über dünn besiedeltem Gebiet? Mit diesem Punkt, der für die Einfädelung und für freie Anflüge von Bedeutung ist, soll die Verlärmung dieses hinsichtlich Lärm sehr sensiblen Gebietes südwestlich von Berlin - die Bürgerinitiative ist da sehr aktiv - verhindert werden. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Die Ergebnisse werden - wir haben uns schon in einer der letzten Fragestunden damit beschäftigt - von der Genehmigungsbehörde genau angesehen. Eine Nichtbeachtung muss, wie gesagt, begründet werden. Ich gehe davon aus, dass die gegebenen Hinweise - deswegen gibt es ja die Fluglärmkommission - entsprechend berücksichtigt werden. Für die Genehmigung sind aber die Behörden in Berlin und Brandenburg zuständig. Wir werden die Ergebnisse der Fluglärmkommission auswerten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Behm, Sie haben eine zweite Nachfrage. Bitte schön. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bedauerlicherweise ist es so - daran wird sich bei diesem Flughafen wahrscheinlich nichts mehr ändern -, dass die Bundesbehörden, also das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung und auch das Umweltbundesamt, die im Benehmen miteinander die Flugrouten im Rahmen einer Rechtsverordnung festlegen, erst sehr spät, nämlich im Grunde genommen dann, wenn die Planung abgeschlossen ist, einbezogen werden. Am 28. Februar ist in Kleinmachnow ein Gutachten vorgestellt worden, in dem davon ausgegangen wird, dass nicht, wie bisher angenommen, ungefähr 60 000 Bürger vom Fluglärm betroffen sein werden, sondern weitaus mehr Berliner und Brandenburger. Statt der knapp 60 000 Menschen, die die Flughafenplaner im künftigen 55-dB(A)-Schutzgebiet verortet haben, sind nach diesem Gutachten 102 550 Menschen betroffen. Diese Zahl kann noch auf 620 000 Bürgerinnen und Bürger steigen. Angesichts der Tatsache, dass sich Bundesbehörden so spät an diesem Verfahren beteiligen, frage ich Sie: Kennen Sie das Gutachten, und wie bewerten Sie es? Halten Sie es nicht für erforderlich, dass man in den Planungen einen Schritt zurückgeht, um die Betroffenheiten entsprechend zu würdigen? Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Kollegin Behm, ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube, wenn ich sage: Wir bauen zwar den Flughafen BBI, aber wir können ihn nicht anfliegen. Das ist schon bemerkenswert. Wir begleiten diesen Dialogprozess als Bund schon sehr lange. Ihren Worten entnehme ich: Alle Vorschläge, die gemacht wurden, werden entweder mit neuen Versuchen verzögert, oder es werden Ablenkungsmanöver von verschiedenen Ebenen auf den Bund gestartet und vieles mehr. Fakt ist - das habe ich in einer der letzten Fragestunden ja schon beantwortet -, dass die Genehmigungsbehörden in Berlin und in Brandenburg sitzen. Unsere Behörden sind zwar in den Sachverhalt eingebunden, aber die genauen Abläufe beim BBI liegen in den Händen der Genehmigungsbehörden. Ich denke, dass die Fluglärmkommission sehr engagiert auf Gutachten eingeht und auf Bürgerinitiativen zugeht. Der eine oder andere mag dies anders sehen, aber ich bewerte das so. Wir müssen versuchen, eine Lösung zu finden. Das Motto "Einen Schritt vor, aber drei zurück" bringt uns nicht weiter. Wir wollen diesen Flughafen ja irgendwann einmal in Betrieb nehmen. Dafür ist es notwendig, dass wir den Flughafen auch anfliegen können. Alle Bürgerinitiativen und alle Bürger sind eingeladen, sich an diesem Prozess zu beteiligen. Aber noch einmal: Die für die Genehmigung zuständige Ebene ist nicht der Bund. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Vielen Dank. Nun sind wir beim Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Frau Heinen-Esser zur Verfügung. Die Kolleginnen Wagner und Lühmann, die die Fragen 31 und 32 gestellt haben, sind nicht anwesend; es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die Fragen 33 und 34 der Kollegin Menzner wurden zurückgezogen. Die Fragen 35 und 36 der Kollegin Kotting-Uhl werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 37 des Kollegen Hans-Josef Fell: Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass bei dem geplanten europäischen Stresstest auch Kriterien für die Untersuchung von Terrorszenarien wie dem gezielten Absturz von großen Passagierflugzeugen festgelegt werden? Bitte schön. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Präsidentin! Herr Kollege Fell! Die Durchführung von Stresstests für Kernkraftwerke in der Europäischen Union ist das Ergebnis des Europäischen Rates vom 24. und 25. März 2011. Das Vorgehen ist in den Schlussfolgerungen zu Japan festgehalten. Ein koordinierter Rahmen für diese Stresstests soll von der europäischen Hochrangigen Gruppe für nukleare Sicherheit und Abfallentsorgung festgelegt werden. Umfang der Tests und Durchführungsmodalitäten sollen dort festgelegt werden. Auf das Fachwissen der Europäischen Regulatorenvereinigung soll zurückgegriffen werden. Die Bundesregierung wird in beide Gremien alle Szenarien einbringen, die bei den Stresstests berücksichtigt werden sollen. Hierzu gehören auch absichtliche oder zufällige Flugzeugabstürze. In den Schlussfolgerungen zum Rat finden Sie unter Punkt 31 sehr ausführlich dargestellt, um welche Maßnahmen es sich handeln soll. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Fell, Sie haben eine Nachfrage. Bitte schön. Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Frau Staatssekretärin, Sie sagen, man könne alles nachlesen. Vielleicht können Sie mir auch sagen, ob es bereits gelungen ist, den Einfluss der Bundesregierung geltend zu machen, sodass bei diesen Stresstests tatsächlich auch die unterschiedlichen Szenarien in Bezug auf terroristische Angriffe untersucht werden? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Sie wissen wahrscheinlich, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter wie Sabotage- oder Terrorszenarien eine rein nationale Angelegenheit ist und nicht Bestandteil des Euratom-Vertrags. Daher sind diese Szenarien auch nicht Bestandteil der Stresstests, aber - das habe ich vorhin schon gesagt - der zufällige und der absichtliche Flugzeugabsturz gehören zu den Szenarien zur Anlagensicherheit und werden daher auch von den Stresstests abgedeckt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Fell, Sie haben eine weitere Nachfrage. Bitte schön. Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. - Es ist schon beruhigend, wenn bei diesem Stresstest Flugzeugabstürze untersucht werden. Wir wissen aber, dass es weitere terroristische Attacken geben kann, die hochgefährlich für die Sicherheit von Atomreaktoren sind. Wenn Sie nun sagen, die Untersuchung dieser Frage sei ausschließlich eine nationale Angelegenheit, frage ich: Welche Aktivitäten unternimmt die Bundesregierung, um Szenarien mit solchen Attacken zu untersuchen und die betreffenden Atomreaktoren einem solchen Stresstest zu unterziehen? Es würde nichts nützen, wenn wir nur die deutschen Atomkraftwerke untersuchen würden. Sie wissen, dass beispielsweise das Kernkraftwerk in Fessenheim und auch das Kernkraftwerk in Tschechien ganz nah an der deutschen Grenze liegen. Wir müssen im Interesse der deutschen Bevölkerung sicher sein, dass auch diese Kernkraftwerke bezüglich möglicher Attacken einem Stresstest unterzogen werden. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um dies sicherzustellen? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir werden uns in beiden Gruppen, die sich auf europäischer Ebene mit dem Stresstest befassen - ich habe sie vorhin genannt -, einbringen und Schadensszenarien aufzeigen. Wir werden auch die Anforderungen einbringen, die die Reaktor-Sicherheitskommission für Stresstests der deutschen Kernkraftwerke erarbeitet. Sie können davon ausgehen, dass wir wirklich mit aller Kraft daran arbeiten, all das genau untersuchen zu lassen. Ich möchte hier aber auch noch einmal auf die geltenden Regelungen in Europa hinweisen. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit den Stresstests ein weites Feld abdecken können. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Behm. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich möchte nachfragen, ob neben den Kernkraftwerken, die der Stromversorgung dienen - über diese reden wir im Allgemeinen -, auch der Versuchsreaktor in Berlin-Wannsee einem Stresstest unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen von versehentlich oder aus terroristischen Gründen erfolgenden Flugzeugabstürzen unterzogen wird. Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir haben entschieden, dass zunächst einmal unsere Kernkraftwerke einem Stresstest unterzogen werden. Darüber hinaus werden wir auch Forschungsreaktoren, Zwischenlager etc. in die Untersuchung einbeziehen. Im ersten Schritt geht es aber um die Kernkraftwerke. Alles Weitere wird ebenfalls berücksichtigt werden. Ob diese Untersuchung im Laufe des dreimonatigen Moratoriums erfolgen kann, kann ich nicht sagen; aber sie wird auf jeden Fall durchgeführt werden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege Fischer, bitte. Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Frau Staatssekretärin, bin ich richtig informiert, dass es im Rahmen des Atomkonsenses von Rot-Grün, also zu der Zeit, als Herr Trittin Umweltminister war, eine Vereinbarung über die Begrenzung von Laufzeiten gegeben hat, in der man am Parlament vorbei beschlossen hat, dass keine neuen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden? Ist es richtig, dass Stresstests und Flugzeugabstürze bei der Frage der Sicherheit keinerlei Rolle gespielt haben? Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ja, Herr Kollege Fischer, das ist richtig. (Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister: Sie sind gut informiert, Herr Kollege!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Fragen 38 und 39 der Kollegin Bärbel Höhn und die Frage 40 des Kollegen Klaus Hagemann sind zur schriftlichen Beantwortung vorgesehen. Die Frage 41 des Kollegen Oliver Krischer wurde zurückgezogen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf. Die Frage 42 des Kollegen Oliver Krischer wurde vorgezogen. Die Frage 43 des Kollegen Klaus Hagemann wird schriftlich beantwortet. Damit rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf. Die Frage 44 der Kollegin Heike Hänsel und die Frage 45 des Kollegen Alexander Ulrich werden schriftlich beantwortet. Ich rufe den Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes auf. Die Frage 46 der Kollegin Marlene Rupprecht (Tuchenbach) wird schriftlich beantwortet. Damit rufe ich den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf. Zur Beantwortung steht Frau Staatsministerin Cornelia Pieper bereit. Schriftlich beantwortet werden die Frage 47 des Kollegen Alexander Ulrich, die Frage 48 der Kollegin Sevim Daðdelen, die Fragen 49 und 50 des Kollegen Niema Movassat sowie die Frage 51 des Kollegen Andrej Hunko. Ich rufe die Frage 52 der Abgeordneten Heike Hänsel auf: Welche Ziele verfolgen nach Auffassung der Bundesregierung die gegen Laurent Gbagbo und zahlreiche seiner mutmaßlichen Unterstützer verhängten Sanktionen, und wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzungen humanitärer Organisationen wie von Ärzte ohne Grenzen, dass diese Sanktionen das Wirtschaftsleben und das Gesundheitssystem in Côte d'Ivoire zum Zusammenbruch gebracht und damit die humanitäre Lage drastisch verschlechtert hätten? Bitte schön. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Frau Abgeordnete, mit den gegen Laurent Gbagbo und seine Unterstützer verhängten Sanktionen wird das Ziel verfolgt, politischen und wirtschaftlichen Druck auszuüben, um auf diese Weise gewaltsame Auseinandersetzungen zu verhindern bzw. rascher zu beenden und weiteres Leid von der Zivilbevölkerung abzuwenden. Die Sanktionen haben nicht zur aktuellen Eskalation des Konflikts beigetragen, sondern haben nach Auffassung der Bundesregierung den Ausbruch gewaltsamer Auseinandersetzungen zunächst abgewendet, da Staatspräsident Ouattara deren Wirksamkeit abgewartet hat. In der Abwägung hat aus meiner Sicht eine rasche Beendigung der gewaltsamen Auseinandersetzung Priorität, um eine Rückkehr zur Normalität zu ermöglichen. Die Bundesregierung setzt sich gemeinsam mit den europäischen Partnern dafür ein, dass die Lieferung humanitärer Hilfsgüter nicht durch die Sanktionen behindert wird. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine Nachfrage, Frau Hänsel? Heike Hänsel (DIE LINKE): Ja. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Bitte schön. Heike Hänsel (DIE LINKE): Danke schön, Frau Präsidentin. - Sie haben gesagt, dass die Sanktionen auch dem Schutz der Bevölkerung dienen sollen. Ich möchte aus einem Bericht der Humanitarian Country Teams der Vereinten Nationen zitieren. Dort heißt es: Aufgrund der Entscheidung der EU, das Anlaufen von Schiffen zu unterbinden, wurden medizinische Güter und notwendige Medikamente für Kinder, Mütter und Aids-Kranke sowie Impfstoffe knapp. Insgesamt wird beklagt, dass die Lebensmittelpreise durch die Sanktionen seit Dezember 2010 massiv angestiegen sind. Die Ärzte ohne Grenzen sprechen von einer humanitären Katastrophe. Deswegen meine Frage: Wie kommen Sie zu der Einschätzung, durch diese Sanktionen werde die Zivilbevölkerung geschützt? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Frau Abgeordnete, wir müssen davon ausgehen, dass ein Andauern des Konflikts nach den Wahlen zu einem Bürgerkrieg führen würde und damit zu sehr hohen Opferzahlen in der Bevölkerung. Das wollen wir natürlich nicht. Die massive Hasspropaganda des früheren Präsidenten Gbagbo und seines Lagers hat die Verbitterung in der Bevölkerung und die Gewaltbereitschaft multipliziert. Das belegen die zahlreichen Übergriffe. Wir haben ein sehr großes Interesse daran, dass die humanitären Aktionen ohne Behinderungen durchgeführt werden können. Wir sehen anhand der Berichte, dass sich die humanitäre Lage, wie Sie es beschrieben haben, dramatisch verschlechtert hat. Es gibt bis zu 1 Million Vertriebene im Land. Es gibt über 100 000 Flüchtlinge, unter anderem in Liberia. Zum Glück wurde die humanitäre Hilfe durch die Bundesregierung aufgestockt. Natürlich sehen wir die vorhandenen Schwierigkeiten. Ich sage deshalb noch einmal: Vorrang hat für uns, dass es zu einem Ende des Konflikts kommt und es keinen Bürgerkrieg gibt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Zunächst Frau Daðdelen, dann wieder Frau Hänsel. Bitte schön. Sevim Daðdelen (DIE LINKE): Frau Staatsministerin Pieper, Sie haben gesagt: bevor es zu einem Bürgerkrieg kommt. Nun ist die Situation aber so, dass es in der Elfenbeinküste - das war heute auch Thema im Auswärtigen Ausschuss - bereits einen Bürgerkrieg gibt, und zwar seit der umstrittenen Wahl Ende letzten Jahres, seitdem zwei Präsidentenanwärter für sich beanspruchen, der gewählte Präsident zu sein. Seit Tagen gibt es Gefechte und auch Bombenangriffe seitens der UN und der französischen Truppen auf den Präsidentenpalast. In diesem Zusammenhang würde ich gerne wissen: Hat die Bundesregierung überhaupt Kenntnis von dem momentanen Aufenthaltsort von Gbagbo? Wie schätzen Sie seine Chancen, das Land überhaupt noch lebend zu verlassen, ein? Stand oder steht die Bundesregierung eigentlich hinsichtlich des Konfliktes in Côte d'Ivoire in Kontakt mit der Konrad-Adenauer-Stiftung? (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist doch eine ganz andere Frage! Das wurde gar nicht gefragt! Das ist die Frage 53! Das ist ein anderer Komplex!) Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass die Konrad-Adenauer-Stiftung ihre durch das Regionalprogramm Politischer Dialog Westafrika gewonnenen Kontakte genutzt hat, die Möglichkeiten eines Putsches in Côte d'Ivoire gegen Gbagbo, der sich als Präsident versteht, in ihrem Länderbericht zu erörtern? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Das sind mehrere Fragen auf einmal, deren Beantwortung sicher nicht in einer Minute zu erledigen ist. Vielleicht darf ich vorwegnehmen, dass heute nicht nur im Auswärtigen Ausschuss über dieses Thema gesprochen wurde. Der Bundesaußenminister hat natürlich auch über die Lage an Côte d'Ivoire informiert. In den letzten Tagen ist es zu einer beschleunigten Entwicklung gekommen. Die Truppen des gewählten und international anerkannten Präsidenten Ouattara sind überraschend schnell aus dem Norden vorgedrungen und sind seit dem 31. März 2011 in Abidjan. Man kann sagen, dass die bewaffneten Kräfte des abgewählten Präsidenten Gbagbo weitgehend kollabiert sind. Sie leisten aber zurzeit noch an wenigen Örtlichkeiten in Abidjan fanatischen Widerstand. Gbagbo hält sich nach unserer Auffassung in Abidjan auf. Er selbst ist nicht kompromiss- oder verhandlungsbereit. Wie Sie wissen, wurde vonseiten der internationalen Gemeinschaft, insbesondere von der Europäischen Union und der Afrikanischen Union, in den letzten vier Monaten seit der Wahl alles getan, um diesen Konflikt friedlich zu lösen. Das gesamte Instrumentarium des Krisenkonfliktmanagements ist eingesetzt worden, um hier zu vermitteln. Das hat alles nichts geholfen. Selbst das Vermittlungspanel von fünf afrikanischen Staatschefs hat nichts gebracht. Das Regime Gbagbo hat sich den Initiativen entzogen. Die Regierung von Ouattara sah keine Alternative zu einem Angriff. Sogar die Afrikanische Union hielt hier eine politische Lösung nicht mehr für möglich. Deswegen ist die Lage - das sehen auch wir so - ziemlich prekär und zugespitzt. Ich sage aber noch einmal: Es sollte jetzt alles darangesetzt werden, dass es zu keiner Ausbreitung des Bürgerkrieges, sondern sehr schnell zu einer Beendigung des Konfliktes kommt. Da ist sich die internationale Gemeinschaft einig; davon können Sie ausgehen. Sie hatten noch eine Nachfrage zur Konrad-Adenauer-Stiftung, die bereits einer Ihrer Kollegen gestellt hat; ich weiß nicht mehr, wer es war. Der Konrad-Adenauer-Stiftung wurde vorgeworfen, dass sie die militärische Intervention vorgeschlagen hat, die aber nicht notwendigerweise fremde Soldaten auf ivorischem Territorium bedeuten müsste. Ich will festhalten: Nach unseren Informationen hat die Konrad-Adenauer-Stiftung keinen derartigen Vorschlag unterbreitet oder gefördert. Nach Angaben der Stiftung wurden lediglich theoretisch mögliche Vorteile erörtert, zum Beispiel ein Übereinkommen führender Militärs über eine gemeinsame Position im Hinblick auf eine friedliche Konfliktbeilegung, die sich aus der Tatsache, dass sich Generalstabsoffiziere aus den Projektländern auf einer Stiftungsveranstaltung persönlich kennengelernt haben, ergeben könnte. Nach Angaben der Stiftung hat zu keinem Zeitpunkt ein Mitarbeiter des Politischen Dialogs Westafrika Gespräche oder Telefonate im Sinne der Frage geführt oder anderweitig eine aktive Kontaktaufnahme außerhalb der jährlichen Veranstaltung gefördert oder begünstigt. Die Bundesregierung selbst hat von Beginn des Konfliktes an die Vermittlungsbemühungen von der Afrikanischen Union und ECOWAS für eine friedliche Konfliktbeilegung unterstützt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Hänsel, Sie haben nach wie vor eine Nach-frage? - Es hätte ja sein können, dass sich das erledigt hat. Bitte schön. Heike Hänsel (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, ich möchte noch einmal festhalten, dass wir bereits viele Tote zu beklagen haben. Hier war die UNO überhaupt nicht präsent. Es sollen bis zu 1 000 Ouattara-Anhänger niedergemetzelt worden sein. Insofern kann man nicht von einem effektiven Schutz sprechen. Es entsteht vielmehr der Eindruck, als werde nur eine Seite geschützt. Ich denke, die UNO muss neutral sein und in diesem Konflikt vermitteln. Sie soll zu einem Ende der Gewalt beitragen und darf nicht Teil dieses Krieges sein. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal zur Konrad-Adenauer-Stiftung nachfragen. Sie schreibt in ihrem Länderbericht, dass eine militärische Intervention nicht notwendigerweise von fremden Soldaten auf dem ivorischen Territorium durchgeführt werden müsste, sondern dass auch eine Beeinflussung der bereits vorhandenen Militärs der Elfenbeinküste durch Militärkameraden der benachbarten Länder denkbar sei. Das hört sich meines Erachtens nach einer militärischen Strategie an, wie man diesen Konflikt in der Elfenbeinküste schüren kann. Insofern würde ich gern die Position der Bundesregierung zu dieser Einschätzung der Konrad-Adenauer-Stiftung in ihrem Länderbericht 2010 hören. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Frau Abgeordnete, ich hatte schon zitiert, was der Konrad-Adenauer-Stiftung vorgeworfen worden ist. Ich sage noch einmal ausdrücklich, dass die Bundesregierung durch das Auswärtige Amt mit der Konrad-Adenauer-Stiftung Kontakt aufgenommen hat und dass diese die ihr gemachten Vorwürfe nicht bestätigt hat. Wir können insofern davon ausgehen, dass das, was Sie jetzt beschrieben haben, nicht beabsichtigt war. Ich will aber meine Antwort von vorhin nicht wiederholen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Fischer. Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Frau Staatsministerin, in Anbetracht der Aussagen von Frau Hänsel frage ich Sie: Wenn ich richtig informiert bin, umfasst die Fläche von Côte d'Ivoire etwa 322 000 Quadratkilometer; die Fläche der Bundesrepublik Deutschland beträgt etwa 357 000 Quadratkilometer. 7 000 UN-Soldaten sind in der Elfenbeinküste im Einsatz. Können Sie mir erklären, wie an jedem Ort dieses Landes, dessen Fläche etwa der der Bundesrepublik entspricht, die verschiedenen ethnischen Konflikte verhindert werden sollen? Die zweite Frage bezieht sich auf die Sanktionen. Ist Ihnen bekannt, dass die Häfen in den letzten Wochen weitestgehend unter der Kontrolle von Gbagbo gestanden haben? Wenn die Häfen weiterhin angelaufen worden wären, hätte dies zu einer Stabilisierung der Regierung, die nicht mehr im Amt ist, geführt, und dadurch hätte sich der Bürgerkrieg deutlich verschärft. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, auf Ihre erste Frage kann ich nur mit Nein antworten. Ich nehme an, dass dies eher eine rhetorische Frage war. Wir sehen die Entwicklung in Côte d'Ivoire mit großer Sorge. Das, was Sie zuletzt nannten, beobachtet natürlich auch die Bundesregierung sehr intensiv. Genau deswegen muss alles darangesetzt werden, dass wir die humanitären Maßnahmen und insbesondere die UNOCI unterstützen; darauf wird auch in Punkt 6 der Resolution 1975 der Vereinten Nationen vom 30. März 2011 hingewiesen. Der Bürgerkrieg muss schnell eingedämmt werden. Ihr Beispiel zeigt, dass wir hier handeln müssen und nicht einfach nur zusehen dürfen. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Vielen Dank!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Fragen 53 und 54 der Kollegin Katrin Werner, die Fragen 55 und 56 der Kollegin Erika Steinbach, die Frage 57 der Kollegin Ute Kumpf, die Frage 58 des Kollegen Hans-Christian Ströbele und die Frage 59 des Kollegen Tom Koenigs werden schriftlich beantwortet. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern auf. Die Frage 60 des Kollegen Tom Koenigs, die Frage 61 des Kollegen Andrej Hunko und die Frage 62 des Kollegen Konstantin von Notz werden schriftlich beantwortet. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen auf. Die Fragen 63 und 64 des Kollegen Willi Brase werden entsprechend der Geschäftsordnung behandelt. Die Fragen 65 und 66 der Kollegin Christel Humme werden schriftlich beantwortet. Die Frage 67 der Kollegin Marlene Rupprecht wird entsprechend der Geschäftsordnung behandelt. Schriftlich beantwortet werden die Fragen 68 und 69 der Kollegin Ulla Burchardt, die Fragen 70 und 71 des Kollegen René Röspel sowie die Fragen 72 und 73 des Kollegen Hans-Joachim Hacker. Die Frage 74 des Kollegen Sönke Rix wird entsprechend der Geschäftsordnung behandelt. Weil wir uns über die Ankunft des Parlamentarischen Staatssekretärs freuen, wollen wir die Frage 75 der Kollegin Höll trotz der überschrittenen Zeit der Fragestunde noch behandeln: Welche finanziellen Auswirkungen ergeben sich nach Schätzungen der Bundesregierung infolge der Ausweitung des Anwendungsbereichs der körperschaftsteuerlichen Organschaft gemäß Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen, BMF, vom 28. März 2011, und wird die Ausweitung des Anwendungsbereichs auch gesetzlich geregelt werden? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Charmante Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Höll, ich darf Ihnen darauf wie folgt antworten: Finanzielle Auswirkungen aufgrund der Ausweitung des Anwendungsbereichs gemäß dem in der Frage genannten BMF-Schreiben sind nicht zu erwarten, da aufgrund der weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung einer steuerlichen Organschaft, insbesondere des Vorliegens eines Gewinnabführungsvertrages, derzeit keine Fälle vorliegen dürften, die ohne zusätzliche Anpassung eine steuerliche Organschaft bilden könnten. Eine isolierte gesetzliche Anpassung der von der Europäischen Kommission beanstandeten Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes und des § 17 des Körperschaftsteuergesetzes ist nicht geplant. Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien ist die Prüfung der Einführung eines Gruppenbesteuerungssystems anstelle der bisherigen Organschaft vorgesehen. In diesem Zusammenhang wird auch die angesprochene Problematik aufgegriffen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Höll, eine Nachfrage? - Bitte sehr. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Danke, Frau Präsidentin. - Danke, Herr Staatssekretär. Ich habe zwei Nachfragen. Welche weiteren Vertragsverletzungsverfahren bzw. anhängigen Verfahren beim EuGH zur körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft existieren derzeit, und gilt das, was in diesem BMF-Schreiben steht, analog auch für gewerbesteuerliche Organschaften? Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Bitte schön, Herr Staatssekretär. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Frau Kollegin Höll, diese Fragen haben mit Ihrer Ursprungsfrage eigentlich nichts zu tun. Ich bin aber gerne bereit, auf die Suche zu gehen und Ihnen diesen Sachverhalt schriftlich zu beantworten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ihre zweite Nachfrage. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Sehr gern, Herr Staatssekretär. Zu meiner zweiten Nachfrage. Die Frage der Ausweitung bzw. Begrenzung der Möglichkeiten zur grenzüberschreitenden Verlustverrechnung würde sich durch eine EU-weite Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage erledigen; dann wäre dies in allen Ländern gleich. Die Europäische Kommission hat hierzu im März dieses Jahres einen Richtlinienvorschlag vorgelegt. Mich interessiert: Welche Haltung hat die Bundesregierung zu diesem Vorschlag, und welche finanziellen Auswirkungen für Deutschland impliziert der Vorschlag, der von der EU-Kommission vorgelegt wurde? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Wir befinden uns derzeit noch in der Phase der Prüfung des Richtlinienvorschlages. Von daher kann ich Ihnen weder über das Ergebnis einer noch nicht abgeschlossenen Prüfung berichten noch die finanziellen Auswirkungen beschreiben, Frau Kollegin Höll. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt sind wir am Ende der Fragestunde angekommen. Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD Gründe des Bundeswirtschaftsministers gegen ein Verbot von Klonfleisch Ich rufe als ersten Redner den Kollegen Ulrich Kelber für die SPD-Fraktion auf. (Beifall bei der SPD) Ulrich Kelber (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher werden es auch in Zukunft nicht genau wissen: Sie werden nicht wissen, ob die Milch, die sie trinken, oder das Fleisch, das sie essen, von geklonten Tieren stammt oder nicht. Die Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP hat mit ihrer Stimmabgabe in der Europäischen Union dafür gesorgt, dass Fleisch, Milch und andere Produkte von geklonten Tieren oder deren Nachkommen nicht gekennzeichnet werden müssen. Man kann mit anderen Worten sagen: Die schwarz-gelbe Bundesregierung ist der Meinung, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht wissen dürfen, was auf ihrem Teller liegt, damit sie sich nicht gegen bestimmte Produkte entscheiden können. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind der Überzeugung, dass Verbraucherinnen und Verbraucher das Recht haben, zu wissen, woher Lebensmittel stammen, wie sie produziert wurden, welche Techniken dabei zum Einsatz kommen und welche Folgen sie haben. Es gibt eine Reihe von Gründen, das Klonen von Tieren zur Produktion von Lebensmitteln abzulehnen. Erstens. Es ist und bleibt Tierquälerei, weil bei den geklonten Tieren eine Reihe von Defekten entsteht. Über die Hälfte stirbt frühzeitig oder hat vermehrt Krankheiten. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN) Zweitens. Die genetische Vielfalt der Herden wird reduziert, verbunden mit den entsprechenden Problemen im Hinblick auf Krankheiten und Seuchen. Drittens. Es ist keineswegs geklärt, ob Gendefekte, die aus dem Klonverfahren resultieren, den Tieren oder den Konsumenten dauerhaft Schaden zufügen können, übrigens auch Defekte, die mit herkömmlichen Methoden nicht zu entdecken sind. Viertens - nicht am unwichtigsten -: Es ist ein weiterer Beitrag zur Industrialisierung der Landwirtschaft und zur Abkehr von den Produktionsstrukturen, die wir im Deutschen Bundestag bereits debattiert haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Es war Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, der mit seiner Stimmabgabe das Vermittlungsverfahren zwischen dem Europäischen Parlament und der EU-Kommission hat platzen lassen. Das EU-Parlament war mit breiter Mehrheit für eine Kennzeichnung. Aber Herr Brüderle hat den Interessen amerikanischer Lebensmittelkonzerne Vorrang vor den Wünschen der deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher gegeben. Am Ende war seine Stimmabgabe bzw. die von ihm angewiesene Stimmabgabe, Herr Staatssekretär, wegen des besonders großen Stimmanteils Deutschlands in der Europäischen Union die ausschlaggebende. Es sind nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher, die dies kritisieren. Ich darf den Vorsitzenden der zuständigen DGB-Gewerkschaft, den NGG-Vorsitzenden Franz-Josef Möllenberg, zitieren: Dass Wirtschaftsminister Brüderle bei den jüngsten Verhandlungen mit dem EU-Parlament ein Verbot und eine Kennzeichnung von Klontierprodukten blockiert hat, grenzt an vorsätzlichen Verbraucherbetrug. Herrn Brüderle ist noch nicht aufgegangen, dass die Verbraucher weder Klonfleisch noch einen Minister wollen, der sich dafür hergibt, die Menschen mit nicht gekennzeichneten Produkten ... über den Tisch zu ziehen. Das lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Alexander Süßmair [DIE LINKE]) Die deutschen Lebensmittelkonzerne und die deutschen Bauern haben deutlich gemacht: Sie wollen keine Klonprodukte. Ich bin froh, dass zahlreiche Kolleginnen und Kollegen auch aus CDU/CSU und FDP im Europäischen Parlament und im Deutschen Bundestag deutlich gemacht haben, dass sie die Stimmabgabe von Rainer Brüderle ablehnen. Vielleicht braucht die Bundesregierung auch hier eine Ethikkommission, die sie auf den Stand der Diskussion im Rest der Gesellschaft bringt. Herr Otto, das wäre doch eine Idee: Schalten Sie die Kameras an, und richten Sie eine Ethikkommission zum Klonen von Tieren ein. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Alexander Süßmair [DIE LINKE] - Parl. Staatssekretär Hans-Joachim Otto: Davon haben wir doch schon genug!) Ich glaube, das Thema muss wieder auf den Tisch. Das Platzen-Lassen durch Rainer Brüderle darf nicht das Ende dieser Debatte sein. Wer wie die schwarz-gelbe Bundesregierung immer gerne von den mündigen Verbraucherinnen und Verbrauchern spricht, der darf diesen Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht die Informationen vorenthalten, durch die diese eine mündige Entscheidung treffen können. Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben einen Anspruch darauf, zu wissen, ob das Fleisch, die Milch und die anderen Produkte von geklonten Tieren stammen. Die Bundesregierung darf ihnen nicht die Entscheidung verweigern, ob sie sie haben wollen oder nicht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Alexander Süßmair [DIE LINKE] - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Und dann bist du für das Klonen? Wenn das gekennzeichnet ist, bist du dafür?) Letzter Punkt. Der Wirtschaftsminister - ich betone es: der Wirtschaftsminister - hat nicht nur gegen Verbraucherschutzinteressen verstoßen, sondern auch die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands massiv geschädigt. Wir, die wir im Landwirtschaftsbereich politisch tätig sind, wissen: Jeder Vertrauensverlust in die Qualität deutscher Lebensmittel hat automatisch einen Verlust an Arbeitsplätzen zur Folge. Dieser Minister hat versagt. Es wird Zeit, dass ihm jemand nachhaltig erklärt, dass er vorrangig die Interessen der Menschen in Deutschland und nicht die von amerikanischen Lebensmittelkonzernen zu vertreten hat. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Franz-Josef Holzenkamp hat das Wort für die CDU/ CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kelber, in einigen Passagen war Ihre Rede gar nicht so schlecht. Zum Schluss gab es dann aber eben doch wieder Klamauk. Zum inhaltlichen Teil. Ich spreche für mich persönlich, und, denke ich, auch für meine Fraktion, wenn ich sage: Wir wollen keine künstliche Reproduktion und damit kein Klonen von Tieren. Wir lehnen das aus ethischen Gründen - sie sind schon ausgeführt worden - und auch aus Gründen des Tierschutzes ab. Wir kennen die Folgen: frühe Sterblichkeit, Missbildungen auch bei den Organen und eine zunehmende Krankheitsanfälligkeit. Wir wollen das nicht; ich würde solche Produkte auch nicht essen. Wir müssen uns das nicht antun. Trotzdem gibt es in der Politik eine Selbstverständlichkeit, die ich in Erinnerung rufen möchte, nämlich Kompromisse. (Kerstin Tack [SPD]: Was soll uns das sagen?) Ein Kompromiss bedeutet, dass man versucht, miteinander zu Ergebnissen zu kommen. (Kerstin Tack [SPD]: Es hätte doch einen Kompromiss gegeben!) Leider konnten sich das EU-Parlament und der Ministerrat nicht einigen. Ich persönlich bedauere das sehr. (Ulrich Kelber [SPD]: Wenn Deutschland anders abgestimmt hätte, hätte es eine Einigung gegeben!) Welches Angebot lag denn nach drei Jahren Verhandlung auf dem Tisch? Auf dem Tisch lag folgendes Angebot: erstens ein EU-weites Verbot des Klonens, (Kerstin Tack [SPD]: Ja!) zweitens ein Vermarktungsverbot von Nahrungsmitteln aus Klonfleisch, (Kerstin Tack [SPD]: Richtig so!) drittens Rückverfolgbarkeitssysteme für Sperma und Embryos von geklonten Tieren, (Kerstin Tack [SPD]: Richtig so!) viertens Kennzeichnungspflicht für Klonfleisch - es geht um frisches Fleisch - der ersten Generation (Kerstin Tack [SPD]: Auch richtig!) und fünftens eine Machbarkeitsstudie zur Kennzeichnungspflicht von geklonten Tieren. - Die Forderung des EU-Parlaments war eine Kennzeichnungspflicht sämtlicher tierischer Erzeugnisse, die aus geklonten Tieren und deren Nachkommen hergestellt worden sind. (Ulrich Kelber [SPD]: Was ist denn daran falsch?) Damit hat das EU-Parlament gesagt: Die Vorschläge des Europäischen Rates gehen uns nicht weit genug. (Kerstin Tack [SPD]: Das ist doch kein Argument!) Jetzt stellt sich die Frage: Ist das umsetzbar, ist das praktizierbar? Hier gehen die Meinungen auseinander. Deshalb hat man eine Machbarkeitsstudie in Aussicht gestellt. Letztendlich gibt es auch eine ganze Menge Leute, die sagen: Es ist sehr schwierig, insbesondere die Kennzeichnung von Produkten aus der Nachkommenschaft zu kontrollieren. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: So ist es! - Ulrich Kelber [SPD]: Was wollen Sie denn?) - Schön, dass Sie fragen, was ich möchte. Ich persönlich hätte mir eine Umsetzung der Vorstellungen des EU-Parlaments gewünscht. (Ulrich Kelber [SPD]: Herzlich willkommen! - Kerstin Tack [SPD]: Aha!) Ich muss aber auch feststellen, dass wir nicht alleine auf der Welt sind. (Ulrich Kelber [SPD]: Aber es war die deutsche Stimme, die das verhindert hat! Jetzt sagen Sie die Unwahrheit!) Die entscheidende Frage ist: Was haben wir jetzt? Wir haben jetzt eine Situation, die schlechter ist als vorher. Das bedauere ich in besonderem Maße. Ich habe vorhin alle fünf Vorschläge genannt, die vorgelegen haben und die wir bis heute hätten umsetzen können. Leider ist das nicht gelungen. Ich bin froh, dass die Einführung von Erzeugnissen aus geklontem Fleisch in Europa einer Zulassung bedarf, dass keine Zulassung vorliegt und wir somit in Deutschland und Europa nicht Gefahr laufen, dass Lebensmittel von geklonten Tieren in den Märkten liegen. Letztendlich ist es aber ungenügend, finde ich, dass man sich zumindest für den Übergang nicht auf diesen Kompromiss hat einigen können. Ich finde, der Kompromiss wäre besser gewesen als der jetzige Zustand. Deshalb hoffe ich, dass die Kommission schnellstmöglich einen neuen Vorschlag erarbeitet, und fordere sie dazu auf. Es sollte nicht auf Dauer in der Novel-Food-Verordnung geregelt werden; hierbei soll es sich lediglich um eine Übergangslösung handeln. Wir wollen eine gesonderte Rechtsvorschrift, in der wir das Klonen regeln. (Ulrich Kelber [SPD]: Das beschließen wir gemeinsam in der nächsten Sitzungswoche als Auftrag an die Regierung!) Um das abschließend noch einmal klar zu sagen: Ich bin gegen Klonen. Ich will keine Nahrungsmittel von geklonten Tieren essen. Ich bin aus ethischen Gründen und aus tierschutzrechtlichen Gründen davon überzeugt, dass wir uns das in unserer Gesellschaft nicht antun müssen, und dazu stehen wir. (Kerstin Tack [SPD]: Aber es muss doch beschämen, was in Brüssel passiert!) Aber der vorgeschlagene Kompromiss hätte uns weiter gebracht als der Zustand, in dem wir uns im Moment befinden. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Ulrich Kelber [SPD]: Das testen wir nächste Sitzungswoche mit Abstimmung, wo Sie stehen!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Karin Binder hat das Wort für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Karin Binder (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Drei von vier Bürgerinnen und Bürgern in der EU lehnen Fleisch oder Milch von geklonten Tieren ab. Sie halten das Kopieren von Lebewesen aus ethischen Gründen für nicht vertretbar. Deshalb sagen wir, die Linke: Verbraucherinnen und Verbraucher haben den Anspruch, zu erfahren, was auf ihren Teller kommt. (Beifall bei der LINKEN) Klonfleisch muss gekennzeichnet sein, (Ernst Burgbacher [FDP]: Und dann?) damit jeder und jede selbstbestimmt entscheiden kann, ob er oder sie das kaufen möchte. Aber die Bundesregierung interessiert das nicht wirklich. Man muss es sich vor Augen halten: Vertreten durch unseren Wirtschaftsminister, Herrn Brüderle von der FDP (Ernst Burgbacher [FDP]: Das stimmt ja nicht, Frau Binder! - Ulrich Kelber [SPD]: Es ist nicht unser Wirtschaftsminister! Es ist der der Bundesregierung! Noch!) - das ist richtig: durch den Wirtschaftsminister -, hat die Regierung dafür gesorgt, dass Klonfleisch auch weiterhin unkontrolliert und ohne Kennzeichnung auf den Markt und in die Verkaufsregale kommen darf. Deutschland hätte sich mit seinem Stimmengewicht für die Belange der Bürgerinnen und Bürger einsetzen können. (Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Müssen!) Aber das Gegenteil wurde getan. Das ist Verbrauchertäuschung XXL. (Beifall bei der LINKEN - Ulrich Kelber [SPD]: Mit der deutschen Stimme wäre der EU-Vorschlag durchgekommen! Den hat Herr Otto verhindert!) Für einen glaubwürdigen Verbraucherschutz ist eine Klonkennzeichnung unerlässlich. Mit dem Kopieren haben schon frühere Regierungsmitglieder ihre eigenen Erfahrungen gemacht. (Heiterkeit bei der LINKEN und der SPD) Aber hier geht es nicht um die Erhaltung eines einzelnen Regierungsmitglieds. Im Fall von Wirtschaftsminister Brüderle hat sich gezeigt, dass zwischen den Regierungsmitgliedern offensichtlich keinerlei Abstimmung stattgefunden hat und Schwarz-Gelb offensichtlich kein Interesse am Verbraucherschutz hat und sich auch weiterhin lieber als Steigbügelhalter der Agrarindustrie betätigt, frei nach dem Motto "Wessen Klonfleisch ich ess, dessen Lied ich sing". Tatsache ist: Um den weltweiten Absatz deutscher Schweinehälften und deutscher Milch zu sichern, ist die Bundesregierung einmal mehr vor den USA eingeknickt. Die Vereinigten Staaten bringen Klonfleisch unkontrolliert und ohne Kennzeichnung auf den internationalen Markt. Eine Kennzeichnungspflicht in Europa käme also einem Importstopp für US-amerikanische Steaks gleich. Die USA drohen im Gegenzug mit einem Handelsstreit. Damit gerät die unsinnige Exportstrategie der deutschen Regierung, deutsche Schweinehälften über die ganze Welt zu verbreiten, in Gefahr. Diese Haltung ist nach meiner Auffassung ethisch ebenso unvertretbar wie das Klonen von Lebewesen. Die Verbraucherorganisation Foodwatch bringt es auf den Punkt: "Sichere Exportmärkte für europäische Agrarüberschüsse sind offenbar wichtiger als Transparenz für den Verbraucher." In der Folge wird nun der europäische Markt mit geklontem Tiermaterial überschwemmt. Der vielfach kopierte Zuchterfolg, made in USA, kommt in Form von Bullenspermien und tiefgefrorenen Embryonen ungekennzeichnet auch nach Deutschland. Die Nachkommen der geklonten Tiere landen auf unseren Tellern. Mahlzeit, Herr Brüderle! Nicht einmal wenn wir Biofleisch kaufen, können wir sicher sein, dass es sich nicht um Nachwuchs von geklonten Tieren handelt. Aber warum ist das alles so schlimm, meine Damen und Herren? Weil es die genetische Vielfalt und damit langfristig auch die Artenvielfalt gefährdet. Wie der informierte Verbraucher und die informierte Verbraucherin wissen, ist die Vielfalt ein wichtiger Aspekt zur Erhaltung jeder Art. Sie ist auch ein wichtiger Bestandteil des gesamten Systems, wenn es darum geht, sich vor Krankheiten zu schützen oder vor anderen Unbillen, die die Erhaltung der Art gefährden könnten, weil mit dem Klonen auch negative genetische Merkmale transportiert und vielfach verbreitet werden. Es geht darum, die genetische Vielfalt zu erhalten, aber das wird gefährdet durch das Klonen von Tieren. Deshalb sagen viele Menschen: Mit uns nicht. Es gibt in Europa keine Notwendigkeit, Lebensmittel durch das Kopieren von Lebewesen zu erzeugen. Einzig und allein für die Agrarkonzerne ist das von Interesse, weil es Profit bringt. Das kann für mich nicht der Grund für eine solche Form der Erzeugung von Lebensmitteln sein. Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht darauf, zu erfahren, was auf ihren Teller kommt. Sie müssen auch die Möglichkeit haben, ihr Essen nach ökologischen, sozialen und ethischen Grundsätzen auszuwählen. Deshalb sage ich: Machen Sie endlich Schluss mit der Klientelpolitik, und machen Sie Verbraucherschutz! Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Kollegin Dr. Christel Happach-Kasan hat das Wort für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kelber hat im ersten Satz seiner Rede bereits deutlich gemacht, worum es in dieser Debatte geht. Es geht darum, die unternehmerische Landwirtschaft in Deutschland zu diskreditieren, um nichts anderes, und es geht ebenfalls darum, einen erfolgreichen Wirtschaftsminister zu diskreditieren. Das allein ist Ziel des Antrages der SPD-Fraktion. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Widerspruch bei der SPD - Zuruf von der SPD: 3,8!) Im Übrigen darf ich einmal darauf hinweisen: Jeder Wirtschaftsminister der SPD hätte genauso gehandelt, wie diese Bundesregierung gehandelt hat. (Ulrich Kelber [SPD]: Das ist Verleumdung vom Rednerpult aus! Unglaublich!) - Machen Sie eine Zwischenfrage, wenn Sie etwas fragen wollen! (Ulrich Kelber [SPD]: In der Aktuellen Stunde ist das nicht erlaubt, Frau Kollegin!) - Danke. - Mit der Formulierung Ihres Antrages haben Sie sehr deutlich gemacht, dass es Ihnen nicht um eine Debatte über das Klonen geht, sondern dass es Ihnen darum geht, ein Mitglied der Bundesregierung zu diskreditieren; denn natürlich hat die Bundesregierung in Brüssel mit abgestimmter Position verhandelt. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Es ist leider nicht gelungen - Kollege Holzenkamp hat es gesagt -, den erarbeiteten Kompromissvorschlag tatsächlich durchzusetzen, weil das Europäische Parlament es verhindert hat. (Kerstin Tack [SPD]: Das ist schlicht und ergreifend falsch, was Sie sagen!) Wir als FDP wollen einen eigenen Rechtsakt für das Klonen. Wir wollen Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher. (Beifall bei der FDP) Wir waren dafür, den Tatbestand des Klonens vorübergehend in die Novel-Food-Verordnung aufzunehmen. Leider hat das Europäische Parlament das verhindert, und ich bedauere außerordentlich, dass ein Abgeordneter, der dazu beigetragen hat, dass es verhindert wurde, sich anschließend am Bundeswirtschaftsminister schadlos hält. Das ist enttäuschend - das will ich ganz deutlich sagen -, und es ist menschlich absolut nicht in Ordnung. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Ulrich Kelber [SPD]: Damit meinen Sie nicht mich, sondern den Abgeordneten Liese!) Wir sollten beim Klonen zur Sachlichkeit zurückkehren. In Deutschland gibt es seit etwa 50 Jahren eine wissenschaftliche Tierzucht. Die entsprechenden Methoden sind inzwischen anerkannt. Dazu gehört beispielsweise die künstliche Besamung. 90 Prozent der Rinder werden künstlich besamt. Die hierfür notwendigen Verfahren sind wichtig für den Arbeitsschutz und die Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in der Landwirtschaft arbeiten. Der Embryonentransfer ist ebenfalls wichtig. Die Züchterverbände haben sich entsprechend geäußert. Die Medizin und die Züchterverbände setzen darauf, dass die Technologie des Klonens weiterentwickelt wird. Wir alle sind uns einig, dass dieses Verfahren aus Tierschutzgründen noch nicht anwendungsreif ist. Aber jeder, der davon redet, dass irgendwo auf der Welt auch nur ein Gramm Fleisch von geklonten Tieren auf dem Teller landet, der glaubt auch an den Weihnachtsmann oder den Osterhasen; denn das ist viel zu teuer. Das passiert nicht; da können wir sicher sein. Wir als FDP wollen eine zukunftsorientierte, moderne Landwirtschaft, die den Landwirten sowie den Verbraucherinnen und Verbrauchern zugutekommt. Wir wollen, dass Technologien in Deutschland möglich sind und gefördert werden; denn wir sind der Meinung, dass wir uns nicht vom wissenschaftlichen Fortschritt abkoppeln dürfen. Herr Kelber, ich darf Ihnen deutlich sagen: Die SPD entfernt sich von ihrem Markenkern. (Ulrich Kelber [SPD]: Vielen Dank für den Tipp von der FDP zum Markenkern!) Denn ursprünglich war auch die SPD eine Partei, die darauf gesetzt hat, dass wir nur mit wissenschaftlichem Fortschritt die Arbeitsplätze hier bei uns in Deutschland halten können, die notwendig sind, damit die Menschen in Wohlstand leben können. (Ulrich Kelber [SPD]: Das erzählen Sie mir als Informatiker, was technischer Fortschritt ist!) - Es tut mir schrecklich leid, dass ich Ihnen als Informatiker tatsächlich solches Basiswissen vermitteln muss. (Ulrich Kelber [SPD]: Ich habe auch noch Humangenetik studiert, im Gegensatz zu Ihnen, Frau Kollegin!) Das Klonen ermöglicht gerade im Bereich der Medizin großen Fortschritt. Ich erinnere nur an die Produktion von pharmazeutischen Eiweißstoffen. Es ermöglicht außerdem den Erhalt genetischer Vielfalt, beispielsweise des Mufflonwilds. Wir sollten uns auf keinen Fall wissenschaftlich isolieren. Vielmehr müssen wir daran mitwirken, dass die Menschen in Deutschland die modernen landwirtschaftlichen Methoden begreifen. Wir müssen sie dafür öffnen. Dazu gehört auch, ihnen die Tierzucht begreiflich zu machen und sie auf dem Weg mitzunehmen. Dies kommt den landwirtschaftlichen Betrieben genauso zugute wie den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Das ist Ziel der FDP-Politik. Danke schön für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Friedrich Ostendorff hat das Wort für Bündnis 90/Die Grünen. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Deutschland gibt es einen ethischen Grundkonsens, ein gemeinsames Wertefundament, das unsere Gesellschaft auszeichnet und auf das wir stolz sind. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dieser ethische Grundkonsens spiegelt sich zum Beispiel im Umgang mit dem Mitgeschöpf Tier wider. Der Schutz der Tiere steht genau deshalb in unserem Grundgesetz. Ich glaube, unsere Gesellschaft hat ein sehr genaues Empfinden dafür, was man mit einem Tier tun darf und was man nicht tun darf. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Das Klonen von Tieren widerspricht - das ist spätestens seit dem Klonschaf Dolly klar - den Werten unserer Gesellschaft. Im Kern geht es immer um die eine Frage: Dürfen wir das Tier zur Minimierung der Produktionskosten willkürlich der billigsten, arbeitsparendsten Haltungsform anpassen, oder haben wir auch noch einen ethischen Anspruch an unseren Umgang mit den Tieren? Klonen bedeutet das tausendfache Kopieren zum Beispiel ein und derselben Hochleistungskuh. Zahllose Tiere werden mit schweren Missbildungen geboren, erleiden Schmerzen und sterben frühzeitig, ehe ein einziger Klonversuch gelingt, der nur ein Ziel hat: die Industrialisierung der Tierhaltung voranzutreiben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer will denn das? Bäuerinnen und Bauern ebenso wenig wie Verbraucherinnen und Verbraucher, die Produkte von geklonten Tieren und deren Nachfahren ablehnen, weil wir sie nicht brauchen, weil die gesundheitlichen Folgen bis heute völlig unklar sind und weil es ethisch schlicht nicht zu vertreten ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Alexander Süßmair [DIE LINKE]) Die Anti-Klonfleisch-Koalition ist breit und reicht vom Deutschen Bauernverband über die Umweltverbände und die Kirchen bis hin zu Foodwatch. Der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, Herr Abraham, erklärte: "Wir lassen uns dieses Thema nicht von EU-Bürokraten und Tierzüchtern aufzwingen." (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!) Aufgezwungen hat es uns am Ende vor allem Noch-FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt nicht!) Es ist beschämend, dass ausgerechnet die deutsche Bundesregierung ein Verbot von Produkten geklonter Tiere und deren Nachkommen und selbst eine Kennzeichnung von Klonfleisch in der EU zu Fall gebracht hat. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN - Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Stimmt nicht!) Noch-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle oder seine Abgesandten haben in Brüssel verhindert, dass der Kompromissvorschlag seiner Kabinettskollegin Ilse Aigner angenommen wurde, der wenigstens für eine Kennzeichnung gesorgt hätte. Brüderle hat auch dafür gesorgt, dass Lebensmittel, die mittels Nanotechnologie produziert werden, weiterhin ungekennzeichnet auf den Markt kommen. Wieder einmal war es Herr Brüderle, der die Interessen von Europas Verbraucherinnen und Verbrauchern den wirtschaftlichen Interessen Amerikas und anderer untergeordnet hat. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa und Deutschland werden künftig Klonfleisch und Klonmilch auf dem Tisch haben, ohne es zu wissen, weil Herr Brüderle nicht will, dass sie es wissen, schlimmer noch, weil auch die Bundeskanzlerin nicht will, dass wir es wissen; denn Herr Brüderle handelte offenbar mit voller Rückdeckung des Kanzleramtes. "Klarheit und Wahrheit" lautet die selbstgerechte Überschrift schwarz-gelber Verbraucherpolitik. Die Bild-Zeitung nennt es "Verbraucher-Verarsche". Das ist Wahrheit und Klarheit Ihrer Politik, meine Damen und Herren. Die Demontage der eigenen Verbraucherschutzministerin nimmt die Bundeskanzlerin dabei billigend in Kauf, so wie sie auch tatenlos zusieht, wie die eigenen Leute jeden richtigen Vorstoß von Ilse Aigner beim Tierschutz und Verbraucherschutz hinterrücks sabotieren, anstatt der eigenen Ministerin den Rücken zu stärken. Wir erlebten heute morgen im Ausschuss dafür ein Beispiel. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Alexander Süßmair [DIE LINKE]) Das Klonfleischergebnis ist ein weiteres Desaster für den Tierschutz, ein weiteres Desaster für den Verbraucherschutz in Europa. Herr Brüderle trägt dafür die Verantwortung. EU-Gesundheitspolitiker Peter Liese von der CDU kommentierte das wie folgt, liebe Christel Happach-Kasan: Das Verhalten von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle in der Klonfleischfrage ist neben seiner unglücklichen Rolle in der Energiepolitik ein weiterer Grund für einen Rücktritt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Peter Liese hat recht, und das wissen Sie genau. Wir fordern daher die Bundeskanzlerin auf: Entlassen Sie Herrn Brüderle, informieren Sie das Parlament darüber, welche Rolle das Kanzleramt bei diesem schmutzigen Klonfleischdeal gespielt hat und was Deutschland für diesen Verrat an den Verbraucherinnen und Verbrauchern geboten wurde! Sorgen Sie dafür, dass in Brüssel neu verhandelt wird, um endlich ein Verbot für Produkte von geklonten Tieren und deren Nachfahren in der EU durchzusetzen! Schönen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Alois Gerig hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Alois Gerig (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich meine wichtigste Botschaft zu dieser Aktuellen Stunde gleich an den Anfang meiner Rede setzen. Die heutige Debatte zum Klonfleisch ist nach meiner Meinung zum jetzigen Zeitpunkt so unnötig - das sage ich sehr bewusst in Richtung der Antragsteller - wie das Klonfleisch selber, zumal wir beim Ziel alle einer Meinung sind. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Ulrich Kelber [SPD]: Das ist doch peinlich, das Abstimmungsverhalten der Regierung, dass die Regierung nicht redet! Otto drückt sich!) - Herr Kelber, ich habe nicht feststellen können, dass jemand bei Ihrer Rede sich ähnlich rüde verhalten hätte. Vielleicht sollten wir eine Debatte über Anstandsregeln führen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Ulrich Kelber [SPD]: Können wir in der Ethikkommission machen!) Diese Debatte kann wieder einmal nur dazu dienen, dass die Verbraucher verunsichert werden. Deshalb kurz zur Klarstellung: Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass durch den Verzehr von Lebensmitteln aus geklonten Tieren keine gesundheitlichen Risiken entstehen können. Außerdem ist die Herstellung von Klonfleisch, wie wir bereits gehört haben, aufwendig und teuer, sodass eine Massenproduktion glücklicherweise nicht zu erwarten ist. Aber jetzt der Reihe nach. In der vergangenen Woche erreichte uns ohne Frage eine schlechte Nachricht aus Brüssel: Rat, Kommission und Europäisches Parlament konnten sich nicht auf eine Novellierung der Novel-Food-Verordnung einigen, obwohl ein Erfolg in greifbarer Nähe war. Was dieses Scheitern bedeutet, haben wir ja gehört. Aus Sicht der CDU/CSU ist das Scheitern der Verhandlungen - hören Sie bitte genau hin! - sehr bedauerlich. Das Klonen von Tieren ist ein höchst bedenklicher Eingriff in die Schöpfung, den viele Bürger als eine Vorstufe zum Klonen von Menschen ansehen. Gegen das Klonen von Tieren spricht neben diesen ethischen Bedenken der Tierschutz: Viele geklonte Embryonen werden gar nicht erst geboren, und viele geklonte Tiere sterben kurz nach der Geburt, mitunter qualvoll. Deshalb ist nach unserer Überzeugung ein umfassendes Klonverbot notwendig. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) - Danke. Neben dem Klonverbot muss geregelt werden, wie wir in der EU mit den Erzeugnissen von Nachkommen geklonter Tiere umgehen. Wir können leider nicht verhindern, dass außerhalb der EU Tiere geklont werden und Erzeugnisse aus geklonten Tieren auf den europäischen Markt gelangen. Die Forderung des Europäischen Parlaments nach einer umfassenden Pflicht zur Kennzeichnung von Erzeugnissen von Nachkommen geklonter Tiere ist aus meiner Sicht nachvollziehbar. Der europäische Verbraucher steht dem Klonfleisch zu Recht sehr kritisch gegenüber, und deshalb ist eine weitgehende Transparenz für uns alle unbedingt erstrebenswert. Die Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und dem Europäischen Parlament haben uns klar gezeigt, dass die Forderung nach einer umfassenden Kennzeichnungspflicht schnell an ihre Grenzen stößt. Sie ist deshalb nicht praktikabel, weil nicht bei allen tierischen Erzeugnissen eine lückenlose Rückverfolgbarkeit - darum geht es - möglich ist. (Ulrich Kelber [SPD]: Ach nein? Natürlich ist die möglich!) Zudem ist zu befürchten, dass eine umfassende Kennzeichnungspflicht zu einem faktischen Verbot der Einfuhr von Erzeugnissen aus Drittstaaten führt und dadurch Grundsätze der WTO verletzt werden. (Ulrich Kelber [SPD]: Das ist eine Ausrede!) Dies ist doch der Knackpunkt des Ganzen. Das Europäische Parlament muss einsehen, dass es sich nicht über eine bestehende Handelsvereinbarung hinwegsetzen kann. Aus den genannten Gründen war es richtig, dass sich die Bundesregierung in Brüssel für eine WTO-konforme Lösung eingesetzt hat. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Hervorzuheben ist, dass sich neben Deutschland andere Mitgliedstaaten und die EU-Kommission für die Einhaltung internationaler Handelsverpflichtungen eingesetzt haben. Deshalb ist es völlig falsch, das Scheitern der Novel-Food-Verordnung Herrn Bundesminister Rainer Brüderle in die Schuhe zu schieben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Ulrich Kelber [SPD]: War die deutsche Stimme ausschlaggebend oder nicht, Herr Kollege?) Die Ansetzung der heutigen Aktuellen Stunde und bestimmte Beiträge offenbaren, dass die Opposition eine Kampagne gegen die Person des Wirtschaftsministers führen möchte. Dies führt aber ins Leere. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Kampagne, das brauchen wir ja nicht! Es reicht, dass die Zeitungen jeden Tag über ihn berichten! - Ulrich Kelber [SPD]: Kampagne, das haben Sie bei Guttenberg auch behauptet!) Die Bundesregierung hat bei den Verhandlungen über die Novel-Food-Verordnung konstruktiv an Lösungen gearbeitet. Frau Bundesministerin Ilse Aigner hat sich dafür eingesetzt, dass zumindest die Kennzeichnung von Lebensmitteln aus der ersten Generation von Nachkommen geklonter Tiere Pflicht wird. Es ist sehr bedauerlich, dass sich im Rat zu wenige Mitgliedstaaten fanden, die diesen Weg mitgehen wollten. Statt ungerechtfertigte Kampagnen gegen die Mitglieder der Bundesregierung zu führen, sollten wir gemeinsam die Frage in den Mittelpunkt stellen, wie wir das Klonverbot und eine vernünftige Kennzeichnungsregelung zustande bringen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege, kommen Sie zum Ende, bitte. Alois Gerig (CDU/CSU): Jawohl. Ich bin gleich am Ende. - Kommission, Rat und das Europäische Parlament fordern wir auf, umgehend weiter an einer verbraucherfreundlichen, tierschutzgerechten und WTO-konformen Lösung zu arbeiten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege! Alois Gerig (CDU/CSU): Auch beim Thema Klonfleisch will die CDU Klarheit und Wahrheit. Nur durch mehr Transparenz wird es gelingen, das Vertrauen der Verbraucher zu erhalten und die Wahlfreiheit zu garantieren. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Kerstin Tack hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Kerstin Tack (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon interessant, was wir hier heute erleben. Man könnte meinen, dass das in der letzten Woche in Europa erzielte Ergebnis über uns gekommen ist, ohne dass wir an irgendeiner Stelle die Möglichkeit gehabt hätten, es zu beeinflussen. Der Kollege Holzenkamp stellt sich hier hin und sagt: Wir erwarten von der EU, dass sie jetzt etwas Neues vorlegt. Die hatte ja vorgelegt, Herr Kollege Holzenkamp, und es hat einen Kompromissvorschlag gegeben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Ich habe mich dafür ausgesprochen! Sie haben nicht richtig zugehört!) Dass wir jetzt Fleisch von geklonten Tieren ohne Kennzeichnung in den Supermärkten zulassen, hat etwas mit dem Verhalten der deutschen Bundesregierung zu tun. Das müssen wir doch viel stärker in den Mittelpunkt stellen. Sich hier hinzustellen und zu sagen: "Das hat Europa mal eben so beschlossen, nun finden wir das ganz schlimm", ist, finde ich, geheuchelt, um das auch einmal deutlich zu sagen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Machen Sie weiter mit dem Klamauk!) Der 29. März ist für die Verbraucherinnen und Verbraucher ein schwarzer Tag gewesen. Wir sehen, dass es eine Abstimmung mit einer Regierung gab, die dieses Thema so wenig ernst nimmt, dass sie hier heute noch nicht einmal Stellung zu ihrem Verhalten nimmt. Sie ist noch nicht einmal in allen Teilen anwesend. Von daher sehen wir, wie ernst die Regierung diesen Teil nimmt. Wir wissen auch, dass es innerhalb der Koalition mal wieder eine Situation gibt, die dazu führt, dass die einen bedauern, dass wir diese Lösung haben, während die anderen sagen: Wir können gar nicht schnell genug noch weiter in die Klondebatte kommen. - Ich empfehle Ihnen: Machen Sie an dieser Stelle auch hier einmal ein Moratorium, gehen Sie miteinander ins Gericht und klären Sie, wie denn eigentlich Ihre Position zum Thema Klonfleisch ist! Die Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten jedenfalls mehr Antworten als das, was wir hier heute gehört haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Um einmal etwas anderes zu machen, als Herrn Brüderle hier vorzuführen, will ich Ihnen sagen: Wir haben das Pech, dass wir eine Verbraucherministerin haben, die ein so schwaches Glied dieses Kabinetts ist, dass ihr Vermittlungsvorschlag, nämlich eine Kennzeichnung vorzunehmen, dort keine Mehrheit gefunden hat. Auch das ist ein Skandal. Wir haben eine Verbraucherministerin, die derart schwach ist, dass sie hilflos zusehen muss, wie ihr Kollege innerhalb dieser Debatte einen Scherbenhaufen an Verbraucherrechten hinterlässt. Wir müssen deutlich sagen: Eine solche Ministerin, die die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht in der Art und Weise schützen kann, wie es erforderlich ist, darf diesem Kabinett eigentlich auch nicht mehr angehören. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Kommen Sie zur Sache!) Egal was Frau Aigner anfasst: Wenn sie nicht allein zuständig ist, kriegt sie in diesem Kabinett nichts durch. Ob es mit dem Finanzminister um den Anlegerschutz geht, mit dem Umweltminister um die Waldstrategie, mit dem Innenminister um den Datenschutz und mit der Kanzlerin um Google, (Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Reden Sie einmal über Inhalte und nicht über Leute!) diese Verbraucherministerin ist nicht in der Lage, die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Art zu schützen, dass sie als Marktteilnehmer ernst genommen werden und mit ihrem Kaufverhalten dazu beitragen können, wie die Angebotsseite im Supermarkt aufgestellt ist. Dazu brauchen sie aber eine Information und eine Kennzeichnung, die sie in die Lage versetzt, diese Entscheidung abzuwägen und nach bestem Wissen und Wollen auch treffen zu können. In Bezug auf Ihre Kampagne "Klarheit und Wahrheit" will ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Oppositionsfraktionen die Einzigen sind, welche die Frau Ministerin bei der Internetplattform "Klarheit und Wahrheit" überhaupt unterstützt haben. Denn Sie als Regierungskoalition sind diejenigen, die ihre eigene Ministerin vorgeführt haben und das von ihr Vorgeschlagene um Gottes willen mit allen Mitteln verhindern wollten. Auf der einen Seite macht die Ministerin die Kampagne "Klarheit und Wahrheit" bei den Lebensmitteln, aber in der eigenen Politik sorgt sie für Intransparenz und Irreführung. Auch das ist Teil einer Verbraucherpolitik, wie sie Deutschland, im Moment vertreten durch die Bundesregierung und deren Mitglied Frau Ministerin Aigner, hier vorführt. Es ist so, dass Verbraucherinnen und Verbraucher jetzt zu hilflosen Teilnehmern des Marktes erklärt werden. Durch das Verhalten der Bundesregierung kommt es nicht zu einer Kennzeichnung, die die Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzt, im Supermarkt und an der Ladentheke gemäß ihren eigenen Wertvorstellungen in der Frage "Welches Fleisch will ich mir denn auf den Teller legen?" zu handeln und eine Entscheidung zu treffen. Aufgrund vernünftiger Kennzeichnungsregelungen könnten sie eine solche Entscheidung aber legitimerweise treffen. Dass das nun nicht so ist, dafür ist diese Bundesregierung verantwortlich. Dass die Verantwortung nicht übernommen wird, sondern gesagt wird: "Das schieben wir mal eben nach Europa; die sollen neu verhandeln", und dass die Bundesregierung hier nicht selber Stellung nimmt, zeigt, finde ich, dass die Bundesregierung die Verbraucherpolitik wenig ernst nimmt. Daher muss man sagen: Verbraucherinnen und Verbraucher, es tut uns leid, dass man in diesem Land Verbraucherrechte deutlich hinter die wirtschaftlichen Interessen gestellt hat. Schade für dieses Land! Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Hans-Michael Goldmann hat das Wort für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Hans-Michael Goldmann (FDP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde einfach einmal empfehlen, zu lesen. Wenn man das tut, dann sieht man: Die Aktuelle Stunde hat das Thema "Gründe des Bundeswirtschaftsministers gegen ein Verbot von Klonfleisch". (Ulrich Kelber [SPD]: Darüber haben alle SPD-Redner geredet! - Gegenruf des Abg. Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Echt? Das überrascht mich! Das ist ganz neu! Das haben wir nicht mitgekriegt!) - Herr Kelber, Sie sind vielleicht dieser Meinung. - Ich finde es schade, dass man eine so wichtige Diskussion über ein Thema, das die Menschen bewegt, im Grunde genommen auf eine Person reduziert und die grundsätzliche Frage "Wie gehen wir mit dem Klonen um?" dabei in eine Ecke schiebt, die die Sache wirklich nicht verdient hat. Die Ausrichtung auf den Bundeswirtschaftsminister in dieser Frage ist im Grunde genommen auch Ausdruck von politischer Unwissenheit. Sie sollten wissen, dass in Europa nicht die Position des Bundeswirtschaftsministers, sondern die Position der Bundesregierung zum Tragen kommt. Deswegen will ich Ihnen einmal sagen, was die Bundesregierung erklärt hätte, wenn wir heute im Ausschuss zügiger gearbeitet hätten: Die Bundesregierung bedauert das Scheitern des Vermittlungsverfahrens. (Abg. Ulrich Kelber [SPD] ist im Gespräch mit der Abg. Kerstin Tack [SPD]) - Herr Kelber, sind Sie wenigstens so nett und hören zu, oder wollen Sie nur dazwischenbrüllen? (Ulrich Kelber [SPD]: Vermittlungsverfahren! Herr Goldmann, ich muss Sie nicht angucken, um Ihnen zuzuhören! So schön sind Sie auch nicht!) - Danke. Herr Kelber, Sie sind immer so angenehm. - Berichte in den Medien, so sagt die Bundesregierung, die Verhandlungen seien an Deutschland gescheitert, sind falsch. - Herr Kelber, das wissen Sie auch. - Bei den Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und der Kommission - Frau Tack, man sollte wissen, dass die Dinge nicht nach Europa geschoben werden, sondern dass sie auf europäischer Ebene verankert sind; Sie wissen auch, dass das Europäische Parlament neue Mitspracherechte hat und dass es im Moment eine ungarische Präsidentschaft gibt - hat die ungarische Präsidentschaft die vorher mit allen Mitgliedstaaten abgestimmte Position des Rates vertreten. Die Bundesregierung hat die Position des Rates nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern unterstützt und war bereit, eine darüber hinausgehende Kennzeichnung von Lebensmitteln der ersten Nachkommensgeneration geklonter Tiere mitzutragen - jetzt kommt es! -, wenn die Europäische Kommission dies ebenfalls als WTO-konform mitgetragen hätte. (Ulrich Kelber [SPD]: Herr Goldmann!) Da die Europäische Kommission das nicht als WTO-konform mitgetragen hat, sind dort die Gespräche gescheitert. Das bedauert die Bundesregierung. Wir werden versuchen, das Scheitern zu korrigieren. (Kerstin Tack [SPD]: Das glauben die auch tatsächlich!) Ich glaube, dass Sie, Frau Tack, und andere einfach einmal überlegen sollten - ich will jetzt nicht klugscheißerisch sein -, was Sie eigentlich wollen. Wollen Sie die Kennzeichnung von geklontem Fleisch, oder wollen Sie überhaupt kein Klonen? (Kerstin Tack [SPD]: Ich will das Verbot!) - Moment! Langsam! Sie haben eben davon geredet, es sei ganz schlimm, dass dieses geklonte Fleisch auf dem Markt nicht gekennzeichnet sei. (Beifall bei der FDP - Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Genau! - Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch der Kompromiss!) Sie müssen sich schon entscheiden: Sind Sie ganz generell gegen jede Form des Klonens, oder wollen Sie nur die Ergebnisse des Klonens dem Verbraucher kenntlich machen, sodass er sich entscheiden kann? (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Entlarvt! Vollkommen entlarvt! - Ulrich Kelber [SPD]: Die Rede halten Sie nach der Rede von Frau Happach-Kasan?) - Herr Kelber, langsam! Ich höre Sie auch, wenn Sie nicht so brüllen. (Kerstin Tack [SPD]: Sie haben nicht zugehört! Das finde ich gemein!) Da gibt es, finde ich, einen Sprung. Sie sagen, dass Sie einen Ethikrat wollen. In Ordnung! Ich bin dabei! (Ulrich Kelber [SPD]: Das habe ich Ihnen vorgeschlagen!) Vor kurzem hat der Ethikrat die Position zur Präimplantationsdiagnostik im Deutschen Bundestag vorgestellt. Wo waren Sie, als wir über dessen Haltung zur Präimplantationsdiagnostik diskutiert haben? Wo waren Sie da? Ich bin sehr gerne bereit, mit Ihnen eine intensive Diskussion über das Klonen zu führen, aber, Herr Kelber, dann mit ein bisschen mehr Fachlichkeit. Manchmal ist es nicht verkehrt, auf die zu hören, die sich bei ihrem Tiermedizinstudium auch mit Genetik beschäftigt haben. Wissen Sie überhaupt, worüber wir reden? (Ulrich Kelber [SPD]: Ich habe Biologie und Genetik studiert, Herr Goldmann!) Herr Kelber, wissen Sie überhaupt, dass sehr viele Menschen froh darüber sind, dass es therapeutisches Klonen gibt? (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wissen Sie, dass Klone natürlich vorkommen? Menschen zum Beispiel, die eine Zwillingsgeburt haben, haben Klone. (Widerspruch bei Abgeordneten der SPD) Wissen Sie, dass Klone nicht automatisch immer etwas Schlechtes sind? Wissen Sie, dass sich Pflanzen zum Beispiel im Grunde genommen im Klonverfahren vermehren, dass man das also nicht einfach so diskreditieren darf? - Nein, Sie wissen es nicht. (Ulrich Kelber [SPD]: Ich habe Genetik auch nur als Zweitstudienfach studiert!) Nein, Herr Kelber, Sie sprechen davon, dass Klonen etwas mit Gendefekten zu tun hat. Genau daran wird Ihre Absicht deutlich: Sie wollen Klonen in den Bereich der Gentechnik schieben und damit deutlich machen, dass es sich dabei um eine Form von Genmanipulation handelt. Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Im deutschen Markt gibt es keinen geklonten schwarzbunten Bullen. Im deutschen Markt gibt es keinen geklonten Fleckviehbullen. Im deutschen Markt gibt es aber möglicherweise geklontes Fleisch, weil es Sperma von Bullen aus amerikanischer Züchtung gibt, die im Grunde genommen geklont sind. Wir müssen uns nun darum kümmern, dass gekennzeichnet wird, wenn solches Fleisch verbreitet wird. Deswegen bin ich dafür, dass wir einen erneuten Anlauf unternehmen, dieses Problem vom Tisch zu bekommen, und dafür sorgen, dass der Verbraucher noch besser darüber informiert wird. Hören Sie aber damit auf, zu erklären, dass geklontes Fleisch von minderer Qualität ist! Das Problem - das hat Herr Ostendorff völlig richtig beschrieben - entsteht im Grunde genommen in der Klonphase. Hier sind erhebliche Mängel beim Tierschutz vorhanden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege! Hans-Michael Goldmann (FDP): Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, dass zum Beispiel die Effizienzrate bei Rindern - das wissen Sie, Herr Kelber, ja auch - bis zu 87 Prozent beträgt. Etwas mehr Fachlichkeit bei diesem Thema würde uns also helfen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das war sehr informativ!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es immer wieder schön, wenn Herr Goldmann uns hier in einer Art VHS-Kurs noch einmal informiert, was das alles bedeutet. Vielen Dank, Herr Kollege Goldmann! (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Schade, dass wir früher nicht dazu gekommen sind und aneinander vorbeigeredet haben!) Gerne hätte ich den Herrn Staatssekretär Bleser als Vertreter der Ministerin, die ja heute wie auch der Herr Brüderle leider fehlt, gefragt, ob ihm heute Morgen sein Glas Milch geschmeckt hat oder das Stück Fleisch, das er heute Mittag gegessen hat. Hier wird ja vielfach nach dem Motto verfahren: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Denn - Sie, sehr verehrte Damen und Herren oben auf den Rängen, haben es ja schon vielfach gehört -: Es gibt kein Verbot von Fleischprodukten oder anderen Nahrungsmitteln, die aus Klontieren bzw. deren Nachkommen gewonnen werden. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was habt ihr denn zu euren Regierungszeiten dagegen unternommen?) Es gibt nicht einmal eine Kennzeichnungspflicht. Diese hat jetzt ja sogar Frau Aigner gefordert. In diesem Fall ist sie tatsächlich einmal ihrem Titel als Verbraucherschutzministerin gerecht geworden. Wie wir alle wissen - Frau Kollegin Tack hat es ja auch ausgeführt -, konnte sie sich aber gegen ihren Ministerkollegen Brüderle, der ja jetzt auch von der FDP-Seite als Vielgescholtener bedauert wird, nicht durchsetzen. (Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Kommen Sie mal zur Sache!) Herr Brüderle hatte sich ja, wie wir alle wissen, quergestellt und dafür gesorgt, dass eine verbraucherfreundliche Regelung nicht zustande kam. (Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Ich höre kein Argument!) Diesem Minister sind nämlich die Verbraucherinnen und Verbraucher völlig egal; auch das ist hier schon mehrfach angesprochen worden. Ihn interessieren letztendlich doch nur die Interessen der Wirtschaft. Bedauerlicherweise stellt er sich hier im Parlament nicht der Diskussion, was ich außerordentlich schade finde. Ansonsten könnte er doch hier bestätigen, dass es ihm nur um die Durchsetzung der Interessen der Industrie geht, die Verbraucherinnen und Verbraucher ihm dagegen egal sind. Möglicherweise fürchtet er allerdings die Stenografen, die protokollieren, was er wieder einmal nicht gesagt hat. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Auch aus Sicht der Fleischproduzenten muss doch klar sein, dass die Haltung der Bundesregierung sehr kurzsichtig ist. (Dieter Stier [CDU/CSU]: Das ist ja peinlich!) Denn der Vertrauensverlust bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Sachen Fleisch bedeutet auch ein ökonomisches Risiko, wenn damit eine Verhaltensänderung einhergeht. Das ist der Fall, wenn der Verbraucher nicht weiß, ob das Fleisch an der Fleischtheke von Nachkommen geklonter Tiere stammt. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist doch nichts Schlechtes!) Das Ganze hat aber noch eine viel grundlegendere Ebene. Es stellt sich nämlich die Frage: Ist Ihre Politik mit Ihren ethischen Maßstäben vereinbar? Die Ethikberatergruppe der EU sagt, es gebe keine überzeugenden Argumente, um die Produktion von Nahrung aus Klontieren und ihren Nachkommen zu rechtfertigen. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Also seid ihr gegen das Klonen?) Was macht eine christlich-liberale Bundesregierung im Kern noch aus, wenn es ein ethisches Fundament offensichtlich nicht mehr gibt? Was die Menschen betrifft, gibt es dieses Fundament nicht. Es ist aber auch nicht vorhanden, wenn es um den Tierschutz geht. Auch das ist hier schon mehrfach ausgeführt worden. Denn ein nennenswerter Anteil der Klontiere ist gesundheitlich beeinträchtigt. Die Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes hat gefragt, ob es jetzt freie Fahrt für Tierquälerei gebe. Wir dürfen nicht einfach darüber hinwegsehen, dass Tiere großem Leiden ausgesetzt sind. Bemerkenswert ist auch, dass nicht nur das Europäische Parlament - es hat Gott sei Dank mehr Rechte bekommen -, sondern auch meine Kolleginnen und Kollegen von der konservativen Seite dieses Hauses das Ergebnis bedauern. Ich finde es aber schade, dass Sie, Herr Kollege Holzenkamp, der Sie das, was beschlossen worden ist, total ablehnen, nicht auf Ihren Koalitionspartner in Person des Wirtschaftsministers Brüderle einwirken konnten. An dieser Stelle hätten Sie zu einem echten Verbraucherschutz beitragen können. Selbst der Kollege Goldmann, der Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist, hat bedauert, dass es "im Interesse von Wahrheit und Klarheit im Markt" keine Kennzeichnung gibt. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja!) Geholfen hat es allerdings nichts; denn selbst der vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Kompromiss, Fleisch und andere Produkte von Nachkommen geklonter Tiere zwar zuzulassen, aber entsprechend zu kennzeichnen, (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aha!) wurde von deutscher Seite im Rat einfach abgebügelt. Auch das muss gesagt werden. (Beifall bei der SPD - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Also dann wärt ihr zufrieden, wenn es gekennzeichnet ist? Klonen darf man, aber man muss kennzeichnen!) Nicht nur beim Klonfleisch lässt die Bundesregierung die Verbraucherinnen und Verbraucher im Regen stehen. Zum Beispiel ist auch eine Einigung über eine Kennzeichnungs- und Zulassungspflicht für Nanomaterialien in Lebensmitteln hinten heruntergefallen. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Jetzt sind wir schon bei den Nanopartikeln!) Ich erwähne in diesem Zusammenhang nur die Novel-Food-Verordnung, die ebenfalls hinten heruntergefallen ist. Über die Grüne Gentechnik könnten wir auch noch diskutieren. Ihr Motto lautet: Was interessieren mich die Menschen, was interessieren mich die Verbraucherinnen und Verbraucher? Gar nichts. Und da wundern wir uns über Politikverdrossenheit. Wir brauchen diese Technologie nicht; denn sie dient nicht dem Kampf gegen den Hunger in der Welt, sondern sie wird lediglich dazu genutzt, besonders viel Geld zu verdienen. Wir wollen wissen, was wir essen. An die Adresse von Herrn Brüderle - auch wenn er jetzt nicht anwesend ist - sage ich: Sie haben eine entsprechende Regelung verhindert. Ich kann die Forderung des konservativen Kollegen aus dem Europäischen Parlament sehr gut verstehen. Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Kollege Obermeier spricht für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Franz Obermeier (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Debatte verfolgt, (Dr. Edmund Peter Geisen [FDP]: Dann könnte man verrückt werden!) dann verzweifelt man über die Art und Weise, wie die Opposition mit einem so wichtigen, für die Schöpfung existenziellen Thema umgeht. (Ulrich Kelber [SPD]: Nachdem Sie es erst verbockt haben! - Gegenruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ihr habt niemals etwas unternommen!) Ich nehme den Kollegen Ostendorff aus, der in seiner Rede der Sache gerecht wurde. Aber was beispielsweise die Frau Tack und andere Kolleginnen und Kollegen vorgetragen haben, dient meines Erachtens nur der Diskreditierung der Mitglieder der Bundesregierung und der Mitglieder der sie tragenden Fraktionen dieses Hauses. Sie sagen nichts aus zur Sache und zur Problematik, die uns bei der Thematik beschäftigen sollten. Es gibt nur persönliche Anwürfe, Beschimpfungen und Ähnliches und nichts zur Problemstellung, vor der die Bundesregierung stand, als es um die Frage ging: Wie positionieren wir uns zu der europäischen Verordnung? Kolleginnen und Kollegen, die Haltung der Bundesregierung wird im Kabinett festgelegt. Dort haben sich die Kabinettsmitglieder, Frau Aigner und Herr Brüderle, zu Wort gemeldet und auf die unterschiedlichen Formen und Interessen hingewiesen. Die Frau Verbraucherschutzministerin hat sehr wohl auf die ethischen Dinge und auf die Tierschutzfragen hingewiesen. Dem Herrn Bundeswirtschaftsminister muss man zugestehen, dass er auf rechtliche Belange hinweist, die für meine Begriffe nicht vernachlässigt werden dürfen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) So gelten für lebende Tiere, für tierische Erzeugnisse wie Samen und Embryonen, aber auch Wolle und Leder sowie für Lebensmittel multilaterale Übereinkommen der Welthandelsorganisation, der WTO. Diese sind zu beachten. Ich habe es genau verfolgt: Von Ihnen aus der Opposition wurde auf diese Belange der WTO mit keinem Wort hingewiesen. Das ist der schlagende Beweis dafür, dass es Ihnen eigentlich nicht um die grundlegenden Themen der Schöpfungsbewahrung geht, sondern dass es Ihnen nur um die Diskreditierung der Mitglieder der Bundesregierung geht (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Zuruf von der CDU/CSU: Genau, das ist die Wahrheit! - Ulrich Kelber [SPD]: Sie kennen die Zehn Gebote, Herr Obermeier? Du sollst nicht lügen!) und dass es Ihnen darum geht, die Verbraucher mit Worten wie beispielsweise der Aussage zu verunsichern, dass wir geklontes Fleisch auf unseren Tellern nicht mehr ausschließen können. (Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Können Sie doch auch nicht ausschließen!) Kolleginnen und Kollegen, es geht um die Fragen: Wie beachten wir das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen, GATT? Was ist mit dem Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen und dem Übereinkommen der technischen Handelshemmnisse? Was sagen Sie dazu? Nichts. Mit keinem Wort erwähnen Sie diese Problematik, vor der wir stehen. Sie machen nur persönliche Anwürfe. Kolleginnen und Kollegen, ein mehrheitsfähiger Vorschlag des Rates war es, schrittweise vorzugehen. Zunächst sollte das Fleisch von geklonten Tieren und auch das von den Nachkommen geklonter Tiere gekennzeichnet werden. Über weitere Kennzeichnungen von Lebensmittelprodukten von Nachfahren geklonter Tiere, zum Beispiel von Milch, und über alle noch offenen Fragen der Kennzeichnung, der Erfassung etc. sollte erst binnen zwei Jahren ein Bericht verfasst werden. Auf dieser Basis sollte die Kommission sodann Regeln vorschlagen. Im Gegensatz dazu wollte das Europäische Parlament eine sofortige Kennzeichnung von der ersten Generation an. (Ulrich Kelber [SPD]: Was haben Sie denn dagegen?) Deutschland hat im Rat die durchsetzbaren Positionen sorgfältig "abgetastet" und alles versucht, um dem gefundenen Kompromissvorschlag zum Durchbruch zu verhelfen. (Ulrich Kelber [SPD]: Das hat Ihnen das Ministerium aufgeschrieben, so wie sich das anhört!) Das ist leider an der Mehrheit des Europäischen Parlaments gescheitert. Die Folge ist nun, dass die alte Regelung fortbesteht, wonach die Nachkommen geklonter Tiere nicht erfasst werden. (Ulrich Kelber [SPD]: Das sehen Ihre Kollegen im Europäischen Parlament aber ganz anders!) Kolleginnen und Kollegen, wir haben einen Konsens dahin gehend, dass wir geklonte Tiere nicht wollen. Wir haben einen Konsens, dass wir dies auch aus ethischen Gründen verhindern wollen. (Ulrich Kelber [SPD]: Die CDU-Abgeordneten haben die Bundesregierung kritisiert!) Wir wollen verhindern, dass sich das Klonen weiter verbreitet und dass wir am Ende doch Interessen nachgeben müssen, die wir nicht verantworten können. Auf dieser Basis schlage ich vor, dass wir auf europäischer Ebene die Diskussion fortsetzen, um zu besseren Regelungen zu kommen als denen, die wir jetzt haben. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Kollegin Doris Barnett hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Doris Barnett (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit 2008 gibt es Klonfleisch. Damals hat die FDA in den USA den Verkauf von Produkten von geklonten Rindern und Schweinen erlaubt, ohne Kennzeichnungspflicht. Die EU musste darauf reagieren. Sie hat sich überlegt, wie sie im Rahmen ihrer Handelsbeziehungen mit der Kennzeichnungspflicht umgeht. Nebenbei bemerkt: Das Europäische Parlament hat darauf sofort reagiert. Es hat eine wissenschaftliche Forschung und vor allem die Kontrolle und Kennzeichnung verlangt. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Jawohl!) Zugegeben, man kann Minister Brüderle nicht die alleinige Schuld geben. Das wäre unfair. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie haben doch das Thema aufgesetzt!) - Passen Sie auf. - Schon im Juni 2009 hat nämlich die Bundesregierung - soviel ich weiß, war damals ein Herr von und zu Guttenberg Wirtschaftsminister; die Verbraucherministerin hieß schon damals Aigner - den Widerstand gegen den Verkauf von Fleisch, das von Nachkommen von Klontieren stammt, in der EU aufgegeben. So viel zur Richtigstellung. Vor ungefähr neun Tagen - das wurde schon gesagt - wurde der deutsche Widerstand in Brüssel endgültig aufgegeben. Man hat das alles durchgehen lassen. Das Europäische Parlament wollte ein komplettes Klonverbot. Der Ministerrat hingegen wollte weder ein Verbot noch eine Kennzeichnung. Für Europa gibt es daher keine Regelung in Sachen Klonfleisch. Das ist das Schlimmste, was dem Verbraucher passieren konnte. (Beifall bei der SPD) Dass selbst der Europa-Abgeordnete der CDU das kritisiert, darauf wurde schon hingewiesen. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Es gibt manchmal auch SPD-Leute, die euch kritisieren!) Aber es hilft nichts, der Dissens bleibt, und somit bleibt alles beim Alten. Der EU-Kommissar John Dalli beschwichtigt. Wissenschaftliche Untersuchungen hätten ergeben, dass Produkte der Nachfahren völlig ungefährlich seien. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Damit hat er recht, absolut recht!) Er hat bestätigt, dass es in Europa keine Kontrollen hinsichtlich der Klontechniken und der Klone in Europa geben wird. Die Kommission argumentiert damit, dass Kontrollen und Kennzeichnungen zur Ermittlung der Herkunft geklonter Tiere und deren Nachfahren sehr aufwendig seien. Damit bestätigt die Kommission die deutschen Bedenken, dass EU-Klonfleischregeln gegen WTO-Regeln verstoßen könnten, und niemand will einen Handelskrieg mit den USA, weil das auch Auswirkungen auf Exporte europäischer Agrarüberschüsse hätte. Man muss immer fragen: Wem nützt was? (Beifall der Abg. Kerstin Tack [SPD]) Also haben unsere deutschen Minister Aigner und Brüderle eine abgestimmte, hinweisende Position: In Deutschland ist man für ein Klonverbot, aber wegen des zu beachtenden multilateralen Handelssystems der WTO kann man nicht einmal für eine Kennzeichnung und ein System der Rückverfolgung in Europa sein. Ich frage Sie: Seit wann sind denn WTO-Regeln in Stein gemeißeltes Naturrecht? Immerhin haben wir es beim Hormonfleisch 25 Jahre lang geschafft, die Barriere hochzuhalten. In Deutschland oder Europa werden keine geklonten Tiere bzw. deren Produkte verkauft - das wissen wir, das wäre auch viel zu teuer -, also streitet man sich wegen der Produkte aus dem Fleisch von Klonnachkommen. Aber, liebe Landsleute, beruhigt euch. Man sagt uns, dass der Verzehr des Fleisches der Nachkommen unbedenklich ist. Es geht aber auch um den Tierschutz und die Ethik; denn Klone haben - darauf wurde hingewiesen - bestimmte Auffälligkeiten. Diese findet man bei deren Nachfahren aber angeblich nicht mehr. Deshalb ist es auch wesentlich einfacher, über diese zu reden. Man kann sagen: Alles nicht schlimm. Ihr könnt das essen, es passiert nichts. Ärgerlich ist Folgendes: Der Aufwand, den man betreiben muss, um die Herkunft der Nachfahren von Klontieren nachzuvollziehen, ist angeblich zu groß. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist gar nicht möglich!) Natürlich gibt es in den USA kein System zur Erfassung. Wenn die EU diesbezüglich etwas einführen wollte, würde dies wiederum gegen die WTO-Regeln verstoßen. Liebe Leute, seltsam ist, dass diese ganzen Bedenken wegen der WTO-Regeln bei dem BSE- und dem Dioxin-Skandal gar keine Rolle spielten. Da konnte man alles zurückverfolgen, und jeder konnte die Information verlangen. (Beifall bei der SPD - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die sind aus Amerika gekommen? BSE ist aus England gekommen! Ich glaube, das ist Europa!) Für mich ist folgende Feststellung wichtig: Wir verfügen über die Methoden. Wir haben die entsprechenden Datenbanken. Die Transparenz muss also nur gewollt sein. Jetzt ist das Ganze aber auf Eis gelegt worden. In zwei Jahren will der Ministerrat die Frage erneut prüfen. Toll! Wir werden sehen, ob dieses Vorhaben nicht doch auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Für Fragen der Energiesicherung bemühen wir eine neu eingerichtete Ethikgruppe. Der Ethikrat, den wir seit ein paar Jahren haben, könnte sich mit diesen Fragen ja einmal befassen. Wenn er das nicht tut, bedeutet das für mich: Wir haben keine Kennzeichnung in Deutschland. Wir haben keinen Verbraucherschutz. Wir haben keinen Tierschutz. Wir haben keine ethische Prüfung. Wie weit soll denn die Marktmacht der interessierten Dritten reichen? (Beifall bei der SPD) Gibt es - vielleicht vonseiten der WTO - eine Pflicht, Produkte zu kaufen, ohne zu wissen, woher sie kommen und wie sie gemacht wurden? Wo endet die Transparenz? Was darf ich als Verbraucher noch wissen? Die EU-Ethikgruppe stellte bereits 2009 fest: Für die Nahrungsmittelerzeugung mithilfe geklonter Tiere gibt es keine überzeugenden Argumente. Dem ist nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der SPD - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Warum wird es dann gemacht?) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dieter Stier hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Dieter Stier (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Klonen kann sich lohnen. Erst kommt die Kuh dran, dann, mein Schatz, bist du dran. (Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP) Mit diesem von mir - ich gebe das zu - frei interpretierten Zitat begrüßt der Sänger Max Raabe in einem seiner Lieder unzählige Zuschauer, von denen nicht ein Einziger geklont ist. Aber Spaß beiseite: Wie emotional über das Thema Klonfleisch und über seine Kennzeichnung derzeit diskutiert wird, konnten wir in den letzten Tagen der Tagespresse entnehmen. Nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat über die strittige Frage der Kennzeichnung von frischem Fleisch der Nachkommen geklonter Rinder der ersten Generation kann die Neufassung der Novel-Food-Verordnung leider nicht verabschiedet werden. Dies ist außerordentlich bedauerlich; das haben einige Vorredner bereits deutlich gemacht. Denn damit sind auch die in dieser Verordnung vorgesehenen Übergangsregelungen vom Tisch. Diese Regelungen hätten ein temporäres Verbot des Klonens zu Lebensmittelzwecken für zunächst fünf Jahre bedeutet. Nach diesen fünf Jahren hätte eine erneute Evaluierung angestanden. Die geplante Entwicklung nationaler und internationaler Rückverfolgungsmechanismen im Hinblick auf Importe von Samen und Embryonen ist damit erst einmal ausgebremst. Ausgebremst sind mit dem Nichterlass der Novel-Food-Verordnung auch die wichtigen Regelungen im Zusammenhang mit der Nanotechnologie. Meine Damen und Herren, aus diesen Gründen hätte ich mir vonseiten des EU-Parlaments ein engagierteres und vor allem kompromissbereiteres Vorgehen gewünscht. Aber wir müssen auch erkennen, wie schwierig es ist, den Königsweg zu finden, wenn man dem Klonen erst einmal die Tore geöffnet hat. Wir brauchen eine eindeutige Rechtslage, bevor wir dem Einsatz von Klonverfahren bei der Lebensmittelproduktion sowie der Kennzeichnung von geklonten Lebensmittelprodukten grünes Licht geben. (Ulrich Kelber [SPD]: Wir schicken Ihnen mal die Protokolle der Reden Ihrer Kollegen!) Einen Schwerpunkt im Zusammenhang mit dem Klonen möchte ich auf das Wohlergehen der Tiere legen. Der zu beobachtende hohe Anteil der Sterberate von geklonten Tieren - das wurde heute schon gesagt - entspricht bei weitem nicht unserem Maßstab von Tierschutz und Tiergesundheit. Die Mehrheit der Klone kann sich gar nicht erst bis zur Geburt entwickeln. Die Sterberate ist signifikant höher als bei normal reproduzierten Tieren. Ein japanisches Forschungsprojekt, das zwischen Juli 1998 und September 2009 durchgeführt wurde, zeigte: Von 575 geklonten Rindern starben 55 Prozent kurz nach der Geburt. Eine hohe Quote von Fehlbildungen bei Klonen ist aus unserer Sicht mit den ethischen Zielen des Tierschutzes und der Tiergesundheit nicht vereinbar. Eine Fehlbildung, die bei Rindern häufig auftritt, ist das Large-Offspring-Syndrom, bei dem nicht nur der Klon, sondern auch das Trägertier in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Bei diesem Syndrom sind geklonte Kälber und Schafe bei der Geburt außerordentlich groß, sodass eine unnatürliche, künstliche Geburtsmaßnahme, zum Beispiel ein Kaiserschnitt, vorgenommen werden muss. Weitere Beeinträchtigungen können erst dann zutage treten, wenn die Tiere unter Leistung belastet werden. Meine Damen und Herren, das Klonen zu Lebensmittelzwecken sollte unter der Prämisse der Tiergesundheit und des umfassenden Tierschutzes nicht ernsthaft angestrebt werden. Meiner Meinung nach sollte das Klonen zu Forschungs- und Erhaltungszwecken in den nächsten Jahren teilweise weiterhin zugelassen bleiben. Ein Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, der EFSA, aus dem Jahre 2009 kommt zu dem Ergebnis, dass durch eine verbesserte Technik des Klonens die Anzahl von Krankheits- und Todesfällen verringert werden kann. Forschungen in dieser Richtung sollten also weiterhin erlaubt bleiben. Sie versuchen, dem deutschen Bürger weiszumachen, dass in Deutschland fast alle Menschen von Klonfleisch ernährt werden. Dem ist nicht so. Ein verschwindend geringer Bruchteil gelangt auf die Ladentheke. Persönlich bin ich davon überzeugt, dass in der Zukunft das Klonen in der Lebensmittelproduktion keine so ausgeprägte Rolle spielen wird, wie das hier zum Teil dargestellt wird; denn es ist nicht wirtschaftlich, es mangelt an Rentabilität, und das Verfahren ist sehr teuer. Die negativen Begleitumstände des Klonens stellen zudem im Hinblick auf den Tierschutz nicht nur eine Nebenwirkung dar, sondern sie stehen auch außerhalb jeder ethischen und moralischen Rechtfertigung. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, mir erschließt sich allerdings nicht, warum das Thema "Klonen" am heutigen Tag in einer Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag politisch derart hoch aufgehängt wird. (Ulrich Kelber [SPD]: Weil es in der letzten Woche die Stimmabgabe im Europaparlament gab!) - Lieber Herr Kelber, in meiner Kinderstube habe ich gelernt, mein Gegenüber ausreden zu lassen. Von Ihnen habe ich lernen dürfen, dass Sie das überhaupt nicht können. Das darf ich Ihnen jetzt einmal sagen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Ulrich Kelber [SPD]: Ach, Herr Stier! Sie haben was gefragt, und ich habe Ihnen eine Antwort gegeben!) Ich denke vielmehr, dass die heutige Veranstaltung ein Nebenkriegsschauplatz ist. Sie erwecken den Anschein, die gesamte deutsche Bevölkerung würde von Klonfleisch ernährt. Sie treiben Mitglieder der Bundesregierung durchs Haus und benutzen dieses wichtige Thema lediglich als Vorwand, (Kerstin Tack [SPD]: Nein, das ist Ihre Unsicherheit bei dem Thema!) um Wirtschaftsminister Brüderle hier im Plenum vor den Augen der gesamten deutschen Öffentlichkeit vorzuführen und zu diskreditieren. (Widerspruch bei der SPD und der LINKEN - Kerstin Tack [SPD]: Das ist Ihnen peinlich! Weil Sie sich so schämen!) Wir haben diese Absicht durchschaut. (Ulrich Kelber [SPD]: Sie sind ja ein Cleverle, wenn Sie das durchschaut haben!) Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Damit ist die Aktuelle Stunde beendet. Wir sind am Schluss der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 7. April, 9 Uhr, ein. Genießen Sie den Abend und die gewonnenen Einsichten. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 17.02 Uhr) Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bonde, Alexander BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.04.2011 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 06.04.2011 Dr. Danckert, Peter SPD 06.04.2011 Ernst, Klaus DIE LINKE 06.04.2011 Friedhoff, Paul K. FDP 06.04.2011 Fritz, Erich G. CDU/CSU 06.04.2011* Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.04.2011 Kotting-Uhl, Sylvia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.04.2011 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl CDU/CSU 06.04.2011 Ludwig, Daniela CDU/CSU 06.04.2011 Petermann, Jens DIE LINKE 06.04.2011 Scheel, Christine BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.04.2011 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.04.2011 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 06.04.2011 Wieland, Wolfgang BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.04.2011 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 06.04.2011 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Aydan Özoðuz (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 3): Unterstützt die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Kristina Schröder, die Forderung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, vom 9. Februar 2011, Geldspielautomaten in Gaststätten, Einkaufszentren und Tankstellen zu verbieten, vor dem Hintergrund, dass diese für Kinder und Jugendliche leicht zugänglich sind und die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen oftmals nicht ausreichend kontrolliert werden? Nach geltendem Recht dürfen in Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben und Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher höchstens drei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden. Sofern die genannten Betriebe vorwiegend von Kindern und Jugendlichen besucht werden (zum Beispiel Gaststätten auf Sportplätzen) dürfen keine Geldspielgeräte aufgestellt werden. Verantwortliche dieser Betriebe haben bei bis zu zwei aufgestellten Geräten durch eine ständige Aufsicht, bei drei aufgestellten Geräten durch zusätzliche technische Sicherungsmaßnahmen zu gewährleisten, dass keine Kinder und Jugendliche das Gerät bespielen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Spielverordnung). Mehr als drei Geräte dürfen nicht aufgestellt werden. Nach einer im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie durchgeführten Untersuchung, IFT-Studie, gibt es Hinweise auf Verstöße gegen das Spielverbot für Jugendliche in Gaststätten. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie schlägt in seinem jüngst veröffentlichten Evaluationsbericht zur Novelle der Spielverordnung, der dem Bundestag vorliegt, eine Ausweitung der technischen Sicherungsmaßnahmen an den Spielgeräten vor, um die Einhaltung des Jugendschutzes zu gewährleisten. Die Bundesregierung stimmt daher der Drogenbeauftragten zu, dass der Jugendschutz beim Automatenspiel in Gaststätten verstärkt werden muss. Als mittelfristige Maßnahme wird ergänzend die Entwicklung einer sogenannten Spielerkarte, die nur gesetzlich Befugten, mithin volljährigen Personen ausgestellt würde, als Mittel unter anderem zur Verbesserung des Jugendschutzes genannt. Darüber hinaus wird im Bericht vorgeschlagen, Sachkundeanforderungen zur Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis zur Aufstellung von Geldspielgeräten nach § 33c Abs. 1 GewO zu machen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Aydan Özoðuz (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 4): Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung bei der Konzipierung einer eigenständigen Jugendpolitik im Hinblick auf benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene, und welche Maßnahmen schlägt sie in diesem Zusammenhang vor, um benachteiligte Jugendliche besser zu fördern? Es ist unser jugendpolitisches Ziel, alle Jugendlichen bestmöglich zu fördern. Eine eigenständige Jugendpolitik soll gewährleisten, dass das Engagement aller Akteure, die Jugendliche unterstützen und fördern, optimale Ergebnisse für junge Menschen in Deutschland erzielt. Damit sollen alle Jugendlichen die weitgehend gleichen Chancen auf Teilhabe und Entwicklung ihrer Potenziale haben, unabhängig davon, wie die Bedingungen dafür im Einzelnen ausgestaltet sind. Angesichts der für die Jugendpolitik verfassungsrechtlich vorgegebenen differenzierten Zuständigkeitsstruktur zwischen Bund, Ländern und Kommunen und der unterschiedlichen Ressortzuständigkeiten auf den jeweiligen Ebenen ist zunächst ein breiter Konsens über die Notwendigkeit und Zielsetzung einer eigenständigen Jugendpolitik herzustellen. Anschließend können in einem Gesamtkonzept konkrete Umsetzungsmaßnahmen beschlossen werden. Deshalb startet das BMFSFJ in dieser Legislaturperiode einen breit angelegten Konsultationsprozess mit allen relevanten staatlichen Verantwortlichen, den Ländern und Kommunen, allen Trägern und Verbänden der Jugendhilfe. Die sich in eine spätere "Eigenständige Jugendpolitik" einpassenden einzelnen Programme und Maßnahmen des BMFSFJ werden weiterhin uneingeschränkt umgesetzt. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Dagmar Ziegler (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 5): Inwieweit soll die laufende Evaluation des Kinder- und Jugendplans Auswirkungen auf den Einzelplan 17 ab 2012 haben, und welche Veränderungen sind im Kinder- und Jugendplan ab 2012 geplant? Die Evaluation des Kinder- und Jugendplans, KJP, steht im Kontext einer kontinuierlichen Fortentwicklung dieses zentralen Förderinstrumentes des Bundes. Die Förderung aus dem KJP soll nach den Kriterien der Wirksamkeit, der Effizienz, der Zielgenauigkeit und der Nachhaltigkeit einer Prüfung und Bewertung unterzogen werden. Im Rahmen der Fortentwicklung des KJP sollen die Finanzierungsinstrumente qualifiziert und die Programmstruktur auf ihre Zukunftsfähigkeit geprüft werden. Eine Reform der Förderrichtlinien zum KJP ist ebenfalls beabsichtigt. Belastbare Ergebnisse der KJP-Evaluation für weitere konkrete Planungen und Steuerungsprozesse werden Ende 2012 vorliegen. Diese sollen dann in enger partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den entsprechenden Beteiligten, den Trägern und Verbänden der Kinder- und Jugendhilfe auf Bundesebene, beraten werden. Zur Weiterentwicklung des KJP wird das BMFSFJ durch eine programmübergreifende Arbeitsgruppe aus allen Förderbereichen des KJP unterstützt und begleitet. Welche Auswirkungen und Veränderungen sich ab 2013 hieraus ergeben, ist derzeit noch nicht absehbar. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Dagmar Ziegler (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 6): Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung bei der Konzipierung einer eigenständigen Jugendpolitik, und welche Maßnahmen schlägt sie vor, um eine eigenständige Jugendpolitik auf Bundesebene ressortübergreifend zu stärken? Es ist unser jugendpolitisches Ziel, alle Jugendliche bestmöglich zu fördern. Eine eigenständige Jugendpolitik soll gewährleisten, dass das Engagement aller Akteure, die Jugendliche unterstützen und fordern, optimale Ergebnisse für junge Menschen in Deutschland erzielt. Damit sollen alle Jugendlichen die weitgehend gleichen Chancen auf Teilhabe und Entwicklung ihrer Potenziale haben, unabhängig davon, wie die Bedingungen dafür im Einzelnen ausgestaltet sind. Angesichts der für die Jugendpolitik verfassungsrechtlich vorgegebenen differenzierten Zuständigkeitsstruktur zwischen Bund, Ländern und Kommunen und der unterschiedlichen Ressortzuständigkeiten auf den jeweiligen Ebenen ist zunächst ein breiter Konsens über die Notwendigkeit und Zielsetzung einer eigenständigen Jugendpolitik herzustellen. Anschließend können in einem Gesamtkonzept konkrete Umsetzungsmaßnahmen beschlossen werden. Deshalb startet das BMFSFJ in dieser Legislaturperiode einen breit angelegten Konsultationsprozess mit allen relevanten staatlichen Verantwortlichen, den Ländern und Kommunen, allen Trägern und Verbänden der Jugendhilfe. Die sich in eine spätere "Eigenständige Jugendpolitik" einpassenden einzelnen Programme und Maßnahmen des BMFSFJ werden weiterhin uneingeschränkt umgesetzt. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Daniel Bahr auf die Frage der Abgeordneten Hilde Mattheis (SPD) (Drucksache 17/ 5321, Frage 12): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine grundlegende Novellierung des Psychotherapeutengesetzes, PsychThG, nach der Verabschiedung des Gesetzes im Jahr 1999 notwendig ist? Ja. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Daniel Bahr auf die Frage der Abgeordneten Hilde Mattheis (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 13): Plant die Bundesregierung eine Überarbeitung des PsychThG, um die dort geregelten Zugangsvoraussetzungen zur Psychotherapeutenausbildung den neuen Studienabschlüssen Bachelor und Master anzupassen? Die Bundesregierung wird bei einer Überarbeitung des PsychThG auch die Frage der Zugangsvoraussetzungen überprüfen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Uwe Beckmeyer (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 20): Hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung einen internen Bericht zum aktuellen Zustand der Bundesfernstraßen als Vorlage für den Bundesminister erarbeitet, und wenn ja, was sind die zentralen Ergebnisse der Vorlage hinsichtlich des anhaltenden Substanzverlustes und des ansteigenden Finanzbedarfs für den Erhalt der Bundesfernstraßen? Informationen darüber, ob und welche internen Berichte im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erarbeitet werden, können nicht erteilt werden. In der Sache gebe ich Ihnen aber gerne Auskunft: Der Zustand der Bundesfernstraßen wird kontinuierlich, systematisch und umfassend geprüft. Dem Deutschen Bundestag wird über den Zustand der Bundesfernstraßen regelmäßig im Straßenbaubericht beziehungsweise seit dem Berichtsjahr 2007 im Verkehrsinvestitionsbericht berichtet. Diese Berichtsteile weisen im Wesentlichen die Zustandsnoten der Fahrbahnoberflächen der Bundesautobahnen und der Bundesstraßen sowie die Zustandsnoten der Brücken aus. Der Verkehrsinvestitionsbericht 2011 ist gerade in Vorbereitung und der für 2010 gerade veröffentlich worden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Michael Groß (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 21): Wird der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, sicherstellen, dass die finanziellen Mittel, die bei einem Stopp des Gesamtpaketes S 21 - beispielsweise für die Strecke Wendlingen-Ulm - frei werden, gezielt für andere erforderliche und erwünschte Großvorhaben an verkehrsrelevanten Knotenpunkten und Magistralen in dicht besiedelten Regionen wie den Rhein-Ruhr-Express oder die Betuwe-Linie eingesetzt werden? Die Realisierung der Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs erfolgt entsprechend der jährlich zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Projekte können dann realisiert werden, wenn das Baurecht erlangt und die Finanzierung in einer Finanzierungsvereinbarung gesichert wurde. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Martin Burkert (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 22): Welche Bereiche werden bei der Novellierung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes betroffen sein, und welche Ziele verfolgt die Bundesregierung, gerade unter dem Aspekt der Liberalisierung des Eisenbahnmarktes, mit der Novellierung? Die Novellierung wird zurzeit im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vorbereitet. Danach sind insbesondere die Bereiche Regulierung - Zugang und Entgelte - und Stärkung der Bundesnetzagentur - Zuweisung neuer Aufgaben und Einführung von Beschlusskammern - betroffen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Martin Burkert (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 23): Welche Rolle wird der Recast des Ersten Eisenbahnpaketes bei der Novellierung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes spielen? Bei der Erstellung des Gesetzentwurfs müssen insbesondere auch die von der Kommission vorgelegten und zurzeit diskutierten erweiterten Regelungen zur Entgeltregulierung beachtet werden. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 24): Kann die Bundesregierung definitiv bestätigen, dass die Deutsche Bahn AG zum Fahrplanwechsel 2011/2012 ein lärmabhängiges Trassenpreissystem einführt, und welche rechtlichen Schritte sind dafür notwendig? Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hatte die DB Netz AG mit Schreiben vom 16. Dezember 2010 aufgefordert, Trassenpreise mit einer lärmabhängigen Komponente vorzusehen. Nach Informationen der DB Netz AG plant diese die Einführung einer lärmabhängigen Komponente bei den Trassenpreisen zum Fahrplanwechsel 2012. Dies muss der Bundesnetzagentur zur Genehmigung vorgelegt werden. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 25): Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes an Privatunternehmen vergebenen Nassbaggerarbeiten deutlich günstiger sind als die in Eigenarbeit geleisteten Nassbaggerarbeiten, und ist die Bundesregierung der Ansicht, dass sich durch die Vergabe an Private in diesem Arbeitssegment ein Markt mit verschiedenen, konkurrierenden Anbietern etabliert hat? Eine solche pauschale Aussage kann nicht bestätigt werden. Der Haushaltsausschuss hatte am 24. Oktober 1984 beschlossen, dass die Begrenzung des Regieanteils in der Nassbaggerei auf 25 Prozent zurückgeht. Im Küstenbereich werden seit den 80er-Jahren rund 80 Prozent der jährlichen Baggerleistungen von privaten Unternehmen im Auftrag der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, WSV, erbracht. Im Hinblick auf die in den letzten Jahrzehnten eingetretene, immer stärkere Konzentration des Wettbewerbs auf wenige, weltweit tätige niederländische und belgische Baggerkonzerne und den damit einhergegangenen Preisanstieg für Unterhaltungsbaggerungen im Küstenbereich lässt sich erwarten, dass durch eine Ausweitung des Regiebetriebs sogar im Gegenteil Kostenreduzierungen zu erzielen wären. Im Binnenbereich wurden seit der Entscheidung aus den 80er-Jahren, planbare Baggerungen im Wettbewerb an Unternehmer zu vergeben, die verwaltungseigenen Baggerkapazitäten weitgehend abgebaut. Baggerungen in Eigenregie werden nur noch in geringem Umfang, vornehmlich im Rahmen von Sofortmaßnahmen, ausgeführt. Die in der WSV noch vorhandenen Schwimmgreifer und Löffelbagger sind aufgrund ihrer Leistungsdaten nicht auf größere Baggermengen ausgelegt. Ein Vergleich der Kosten für die vergebenen Baggerleistungen mit den Kosten eines fiktiven Regiebetriebs ist vor diesem Hintergrund im Binnenbereich nicht möglich. In der Nassbaggerei im Binnenbereich hat sich ein kleiner Markt konkurrierender Anbieter etabliert. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Alexander Süßmair (DIE LINKE ) (Drucksache 17/5321, Frage 29): Welche Verstöße gegen das Bundeskleingartengesetz im Rahmen der Nutzung von Kleingärten als sogenannte Tafelgärten sind der Bundesregierung bekannt, und wie positioniert sich die Bundesregierung dazu? Der Bundesregierung sind keine Verstöße gegen das Bundeskleingartengesetz im Rahmen der Nutzung von Kleingärten als sogenannten "Tafelgärten" bekannt. Die Bundesregierung begrüßt das Vorgehen einzelner Kleingartenvereine, leer stehende Gärten als "Tafelgärten" zu nutzen. Anlage 15 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 35): Welche Sachverständigen werden in den nächsten Wochen unter Federführung der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbH die als "Stresstest" bezeichnete Prüfung der deutschen Atomkraftwerke durchführen - falls aus Datenschutzgründen nicht anders möglich, bitte zumindest die jeweilige Personenanzahl pro Sachverständigenorganisation angeben mit möglichst feiner Differenzierung letzterer - beispielsweise TÜV Nord, TÜV Süd, TÜV Rheinland usw. inklusive GRS -, und welche Aspekte bzw. Teile dieser Prüfung sollen nicht nur unterlagenbasiert, sondern durch tatsächliche Prüfarbeiten vor Ort in den Anlagen durchgeführt werden? Informationen zu dem unter Federführung der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, GRS, geführten Verfahren zur Prüfung der deutschen Kernkraftwerke finden Sie auf deren Homepage unter: http:// www.grs.de/content/informationen-zum-"stresstest"-der-deutschen-kkw Jedes der acht von der GRS vorgesehenen Teams besteht demnach aus 9 bis 13 Teammitgliedern. Die Teammitglieder rekrutieren sich aus den beteiligten Gutachterorganisationen: GRS, TÜV Nord En, TÜV Nord Sys, TÜV Süd IS, TÜV Süd ET, EnergieSystemeNord GmbH, EVN, Öko-Institut Darmstadt und Physiker Büro Bremen. Prüfarbeiten vor Ort in den Anlagen sind nur für den Fall vorgesehen, dass keine belastbaren Unterlagen durch den Betreiber vorgelegt werden. Anlage 16 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 36): In welchem Verfahren - insbesondere durch wen und bis wann - soll aus der Liste von Überprüfungsthemen der Reaktor-Sicherheitskommission, RSK, die der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Dr. Norbert Röttgen, am 31. März 2011 veröffentlicht hat, ein konkreter Anforderungskatalog im eigentlichen Wortsinn (also ein Katalog tatsächlicher, konkreter Anforderungen/Maßstäbe, anhand dessen beim sogenannten Stresstest der Atomkraftwerke überprüft werden kann, ob Anlage x Kriterium y erfüllt oder nicht) gemacht werden, und stimmt die Bundesregierung zu, dass es sich bei der Liste der RSK mit Stand 30. März 2011 noch nicht um einen Anforderungskatalog im eigentlichen Sinn handelt, sondern lediglich um eine stichpunktartige Auflistung von Themenbereichen, denen sich beim Stresstest gewidmet werden soll? Die Reaktor-Sicherheitskommission, RSK, hat in ihrer 434. Sitzung am 30. März 2011 einen Anforderungskatalog für anlagenbezogene Überprüfungen deutscher Kernkraftwerke unter Berücksichtigung der Ereignisse in Fukushima-I, Japan, beschlossen. Hinsichtlich der darin enthaltenen Auflistung von Überprüfungsthemen erfolgt die Prüfung in folgender Hinsicht: - Überprüfung, inwieweit die übergeordneten Schutzziele Kontrolle der Reaktivität und Kühlung der Brennelemente sowohl im Reaktordruckbehälter als auch im Brennelementlagerbecken und Begrenzung der Freisetzung radioaktiver Stoffe - Erhalt der Barrieren - bei über die bisher angesetzten Auslegungsanforderungen hinausgehenden Einwirkungen eingehalten werden. Hierzu sind die Robustheit - vorhandene Auslegungsreserven, Diversität, Redundanz, baulicher Schutz, räumliche Trennung - der sicherheitsrelevanten Einrichtungen, Komponenten, Gebäude und die Wirksamkeit des gestaffelten Sicherheitskonzepts zu beurteilen. - Überprüfung, inwieweit die Funktionen zur Einhaltung der Schutzziele bei über die bisherigen postulierten Szenarien hinausgehenden Annahmen erhalten bleiben. Dabei sind Postulate hinsichtlich der Nichtverfügbarkeit von Sicherheits- und Notstandssystemen, wie zum Beispiel längerfristiger Ausfall der Stromversorgung inklusive Notstromversorgung oder Nichtverfügbarkeit der Nebenkühlwasserversorgung, zu berücksichtigen. - Überprüfung des erforderlichen Umfanges von anlageninternen Notfallmaßnahmen und deren Wirksamkeit. Dabei sind Umfang und Qualität der Vorplanung für unterstellte Ereignisfolgen wie Unverfügbarkeit der Kühlkette für die Kühlung der Brennelemente sowohl im Reaktordruckbehälter als auch im Brennelementlagerbecken, Unverfügbarkeit der Stromversorgung, eingetretene massive Brennelementschäden bis hin zur Kernschmelze, zu beurteilen. Die RSK hat in der oben genannten Sitzung beschlossen, dass sie die Ergebnisse der Gutachter auf Basis von ihr festzulegender Maßstäbe im Einzelnen bewerten, den Sicherheitsstatus der Anlagen auch unter den erweiterten Anforderungen ausweisen sowie gegebenenfalls Maßnahmen empfehlen wird. Die RSK wird eine erste Stellungnahme bis zum 15. Mai abgeben. Eine generische Überprüfung von Auslegungsanforderungen ist nach Beschluss der RSK in einer späteren Phase zu erledigen. Anlage 17 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 38): Wie bewertet die Bundesregierung die Erfolgsaussichten der Klage der RWE AG gegen die im Rahmen des Atommoratoriums angeordnete vorübergehende Stilllegung des Atomkraftwerks Biblis A, und welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um ein das Moratorium verletzendes Wiederanfahren von Biblis A in dem Zeitraum zu verhindern, in dem die Klage aufschiebende Wirkung entfaltet? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Anordnung der einstweiligen Betriebseinstellung des Kernkraftwerkes Biblis A durch die Hessische Aufsichtsbehörde rechtmäßig ist. Wie jedem anderen Bürger oder Unternehmen, das von einem belastenden Verwaltungsakt betroffen ist, steht RWE jedoch, unabhängig von den Erfolgsaussichten der jeweiligen Klage, der Rechtsweg zum zuständigen Hessischen Verwaltungsgerichtshof offen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat den Atomaufsichtsbehörden der Länder empfohlen, bei den vom Moratorium betroffenen Kernkraftwerken erforderlichenfalls die sofortige Vollziehung der Betriebseinstellungen im öffentlichen Interesse anzuordnen. Gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung entfällt bei einer solchen behördlichen Anordnung des Sofortvollzugs die aufschiebende Wirkung der Klage. Anlage 18 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 39): Wie hoch werden voraussichtlich die Kosten für die Sicherheitsüberprüfungen der deutschen Atomkraftwerke während des Moratoriums sein, und wer trägt diese? Der Bundesregierung liegen keine Kostenschätzungen für die aktuelle Sicherheitsüberprüfung der deutschen Kernkraftwerke vor. Die Kosten der Beratungen der Reaktor-Sicherheitskommission werden aus dem Etat des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit getragen. Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit sowie weitere Sachverständige werden von den zuständigen Aufsichtsbehörden nach § 20 des Atomgesetzes, AtG, herangezogen. Unter den Voraussetzungen des § 21 AtG können Kosten erhoben werden. Anlage 19 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 40): Wie beurteilt die Bundesregierung die Sicherheit des Zwischenlagers Nord, ZLN, der bundeseigenen Energiewerke Nord, EWN, GmbH, das laut einem vom Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten nicht ausreichend geschützt ist, "Parteien laufen Sturm gegen Lubmin-Pläne", NDR 1 Radio MV, 30. März 2011, und welche sicherheitstechnischen Nachrüstungen sind für das ZLN gegebenenfalls beschlossen bzw. in Planung? Das Zwischenlager Nord, ZLN, besitzt alle erforderlichen atomrechtlichen Genehmigungen, die für die Hallen 1 bis 7 durch das Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern und für die Halle 8 nach § 6 Atomgesetz, AtG, durch das Bundesamt für Strahlenschutz erteilt wurden. Die seit dem 11. September 2001 in Deutschland verstärkt durchgeführten Untersuchungen und Analysen zum Ereignis Absturz eines großen vollgetankten Verkehrsflugzeuges auf Transport- und Lagerbehälter für Brennelemente und verglaste hochradioaktive Abfälle haben ergeben, dass weder die direkten mechanischen Einwirkungen durch Flugzeugteile noch die eventuellen unfallbedingten thermischen Belastungen selbst bei extremen und für das Szenario praktisch auszuschließenden Branddauern zu radiologisch nennenswerten Aktivitätsfreisetzungen aus den Behältern führen. Die bei diesem extremen Ereignis selbst unter konservativen Randbedingungen ermittelten radiologischen Auswirkungen würden bei Zwischenlagern einschneidende Maßnahmen des Notfallschutzes nicht erforderlich machen. Dies gilt auch für die nach § 7 Strahlenschutzverordnung, StrlSchV, vom Land genehmigten Zwischenlager, Halle 1 bis 7 im ZLN. Zusätzliche sicherheitstechnische Nachrüstungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung zurzeit weder beschlossen noch konkret geplant. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 43): Auf welche Größenordnung beziffert die Bundesregierung bei dem geplanten "Haus der Zukunft" anlässlich der Kostenschätzungen von 11 Millionen bis 13 Millionen Euro pro Jahr die Gesamtkosten dieses Vorhabens auf die Vertragslänge bzw. über den gesamten Lebenszyklus, die erwartete, jährliche Besucherzahl im Hinblick auf die bislang in einer ersten Machbarkeitsstudie prognostizierte Zahl von 180 000 bis 200 000 Besuchern, die sich daraus ergebenden Kapital- und Betriebskosten pro Besucher, und wo gibt es in den Bundesländern oder innerhalb der Europäischen Union in Sachen Wissenschaftskommunikation bereits - wie jetzt von der Bundesregierung am Berliner Kapelle-Ufer vorgesehen - ein laut "Bericht über den Planungsstand" "zentrales und dauerhaftes Schaufenster" der "Präsentation" und der "Außendarstellung" unmittelbar neben dem Bundesministeriumssitz? Auf der Basis einer Machbarkeitsstudie und nach Unterrichtung der Bundesregierung werden derzeit im Rahmen eines Erkundungsverfahrens, mit dem das Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, BImA, beauftragt hat, die Infrastrukturkosten überprüft und einer vorläufigen Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen. Zugleich wird ein Geschäftsplan, "Business Case", für die zu gründende Trägergesellschaft, in der neben dem Bund die Wissenschaft, die Wirtschaft und Stiftungen mitwirken sollen, erarbeitet. Danach werden detaillierte Angaben zu den Kosten bei Lebenszyklusbetrachtung möglich sein. Das "Haus der Zukunft" wird ein Ort der Präsentation und des Dialogs über Wissenschaft, Forschung und Entwicklung. Mit diesem Ansatz wird das "Haus der Zukunft" - so das Ergebnis der Machbarkeitsstudie - unter den bekannten Einrichtungen alleingestellt sein. Das HdZ wird einerseits Besucherinnen und Besuchern dienen, die sich im Ausstellungsbereich über zukunftsorientierte Wissenschaft und Innovation informieren wollen. Zum anderen wird es - vor allem mit seinem Veranstaltungsbereich - eine lebendige Plattform des Dialogs zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Staat sowie Bürgerinnen und Bürgern bieten. In Anbetracht dieser Zielsetzungen hat eine Umlage der gesamten, noch nicht er-mittelten Lebenszykluskosten auf die Zahl der Ausstellungsbesucher wenig Aussagekraft. Anlage 21 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Gudrun Kopp auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Frage 44): Welche finanziellen Mittel aus dem Bundeshaushalt erhalten das Regionalprogramm Politischer Dialog Westafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. und vergleichbare Programme anderer deutscher Stiftungen, die auf eine Vernetzung und den Dialog unter hochrangigen Militärs in Drittstaaten abzielen, und welche westafrikanischen Militärs sind nach Kenntnis der Bundesregierung an diesen Dialogprogrammen beteiligt? Die Konrad-Adenauer-Stiftung erhält aus dem EPL 23 Mittel für das Regionalprogramm Politischer Dialog Westafrika. Das Regionalprogramm zielt auf einen losen Austausch der regionalen Erfahrungen mit der Einbindung und Verankerung von Sicherheitskräften, Armee und Polizei, in den demokratischen Rechtsstaat ab. Der Schwerpunkt liegt auf der Interaktion und der Vertrauensbildung zwischen Politikern und Militärs. Seit der Initiierung der Reihe im Jahr 2005 haben fünf Kolloquien stattgefunden: 2005 in Cotonou/Benin, 2006 in Ouagadougou/Burkina Faso, 2007 in Bamako/Mali, 2008 in Niamey/Niger und 2009 in Lomé/Togo. Die Gesamtkosten für eine Veranstaltung belaufen sich jeweils auf rund 30 000 Euro. Darin sind Anreise, Unterbringung und Verpflegung, Konferenzräumlichkeiten sowie Honorare für Referenten enthalten Die Kolloquien werden aufgrund der Bedeutung von dem jeweiligen Verteidigungsminister eröffnet. Von den gastgebenden Ländern nimmt jeweils der Generalstabschef teil, ebenso zwei Offiziere im Range zwischen Oberstleutnant und Oberst aller Projektländer des PDWA. Es handelt sich um einen Dialog zwischen zivilen und militärischen Vertretern, nicht nur zwischen militärischen Vertretern. Die übrigen Politischen Stiftungen, Hanns-Seidel-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Heinrich-Böll-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung, führen keine entsprechenden Programme durch. Anlage 22 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Gudrun Kopp auf die Frage des Abgeordneten Alexander Ulrich (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Frage 45): Was ist der Bundesregierung über die Inhalte des Regionalprogramms Politischer Dialog Südkaukasus, des Regionalprogramms Golf-Staaten, des Regionalprogramms Politischer Dialog Maghreb und des Regionalprogramms Politikdialog Asien der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. bekannt, und welche Unterstützung erhalten diese Programme durch die Bundesregierung? Die Förderung entwicklungswichtiger Vorhaben der politischen Stiftungen erfolgt über Kapitel 2302 Titel 687 04. Die Zuwendungen werden als nicht rückzahlbare Zuschüsse und in der Regel als Vollfinanzierung zur Projektförderung gewährt. Die Vorhaben (Projekte/Programme) werden von den Stiftungen einzeln beantragt. Dabei werden unter anderem die Oberziele, Projektziele, Standorte und Zielgruppen der geplanten Maßnahmen für den jeweiligen Förderzeitraum benannt. Über den Verlauf der Vorhaben wird das BMZ im Rahmen der regelmäßigen Berichterstattung informiert. Die Dialogprogramme der Konrad-Adenauer-Stiftungen bewegen sich in den Schwerpunktbereichen der Zusammenarbeit des BMZ mit den politischen Stiftungen und befassen sich insbesondere mit folgenden Themen: Inhalte/Ziele Mittel 2010 Regionalprogramm Politischer Dialog Südkaukasus Förderung der politischen Zusammenarbeit mit Parteien der Mitte in Georgien, Armenien und Aserbaidschan Medienarbeit soziale und ökologische Marktwirtschaft Friedensförderung regionaler Dialog 450 000 Euro Regionalprogramm Golf-Staaten demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien Zivilgesellschaft (Medien, NRO's) intra- und interreligiöser Austausch Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft sicherheitspolitischer Dialog Zusammenarbeit mit EU und Deutschland 82 000 Euro Regionalprogramm politischer Dialog Maghreb demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien Zivilgesellschaft (Medien, NRO's) intra- und interreligiöser Austausch Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft sicherheitspolitischer Dialog Zusammenarbeit mit EU und Deutschland 343 000 Euro Regionalprogramm Politikdialog Asien Förderung von Demokratie und Menschenrechten Förderung der regionalen Kooperation insbesondere in Südost- und Ostasien (ASEAN + 3) Förderung des Dialogs und Erfahrungsaustausch zwischen Asien und Deutschland bzw. der EU Förderung der Diskussion und Abstimmung über Fragen globaler Ordnungspolitik 675 000 Euro Anlage 23 Antwort des Staatsministers Bernd Neumann auf die Frage der Abgeordneten Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 46): In welcher Höhe betreffen die Aufwendungen für Stiftungen im Einzelplan 04 den Geschäftsbereich des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien? Der Bundeshaushalt 2011 sieht im Einzelplan 04 für den Geschäftsbereich des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Sollansätze für Ausgaben an Stiftungen in Höhe von 385 136 000 Euro vor. Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien bewilligt im Rahmen der Ermächtigungen im Bundeshaushalt weitere Fördermittel an Stiftungen. Die hierüber im Rahmen des Haushaltsvollzugs zu treffenden Förderentscheidungen orientieren sich an haushaltsrechtlichen, fachlichen und kulturpolitischen Kriterien, nicht aber an der Rechtsform des Zuwendungsempfängers und werden daher nicht gesondert erfasst. Anlage 24 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Alexander Ulrich (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Frage 47): Welche "Verteidigungspolitiker aus Mali, Burkina Faso, Togo, Benin und der Elfenbeinküste" waren an der Delegationsreise im Rahmen des Politischen Dialogs Westafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. im September 2009 beteiligt, bei der auch die Führungsakademie der Bundeswehr besucht wurde, und welche vergleichbaren Veranstaltungen im Rahmen des Politischen Dialogs Westafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. fanden bislang in Deutschland statt? Die Programmarbeit der politischen Stiftungen erfolgt unabhängig von inhaltlichen Vorgaben der Bundesregierungen. Die Bundesregierung wird im Rahmen der Antragsbewilligung über die Ziele und Leitlinien sowie Formate der politischen Stiftungsarbeit in Kenntnis gesetzt und kann bei Vorliegen außenpolitischer Bedenken diese entsprechend kommentieren. Für den Bereich des politischen Dialogs Westafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung wurden der Bundesregierung die folgenden fünf Oberziele vorgelegt: 1. Politischen Pluralismus und demokratischen Rechtsstaat konsolidieren 2. Demokratische und rechtsstaatliche Institutionen auf Grundlage des Subsidiaritätsprinzips stärken 3. Stärkung zivilgesellschaftlicher Organisationen in ihrer Rolle als gesellschaftliche Wächter-, Mediations- und Gestaltungskräfte 4. Stärkung von Institutionen und Akteure mit ordnungspolitischer Leitfunktion für die Soziale Marktwirtschaft 5. Stärkung von Politik und Gesellschaft in Afrika für nachhaltige Stabilität und Entwicklung in der Region Hinsichtlich dieser Oberziele waren keine außenpolitischen Bedenken gegeben. Nach Angaben der Konrad-Adenauer-Stiftung haben an dem Besucherprogramm 2009 die Präsidenten der Verteidigungsausschüsse der Parlamente der Projektländer Mali, Côte d'Ivoire, Togo, Burkina Faso und Benin teilgenommen. Niger war nicht vertreten, da zu dem Zeitpunkt aufgrund des Militärputsches das Parlament aufgelöst war. Der Ausschusspräsident aus Côte d'Ivoire gehörte der Regierungspartei Gbagbos, der Front Populaire Ivoirien, FPI, an. Im Einzelnen haben teilgenommen: Herr Venance Lubin Gnigla, Bénin, Präsident des parlamentarischen Verteidigungs- und Sicherheitsausschusses, Frau Larba Cécile Naba Ouoba, Burkina Faso, Vorsitzende der Kommission, Präsidentin des parlamentarischen Ausschusses für Außenbeziehungen, Verteidigung und Sicherheit, Herr Laurent Akoun, Côte d'Ivoire, Präsident der parlamentarischen Kommission für Verteidigung und Sicherheit, Herr Abdou Abdoulaye Sidibe, Mali, Präsident des parlamentarischen Verteidigungs- und Sicherheitsausschusses, Herr Singo Ayitou, Togo, Präsident des parlamentarischen Verteidigungs- und Sicherheitsausschusses, Herr Mathias Gbetoho, Bénin, Koordinator für Fortbildungsmaßnahmen der Mitglieder der parlamentarischen Verteidigungs- und Sicherheitsausschüsse und der Armee. Anlage 25 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Fragen 49 und 50): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die humanitäre Lage in Abidjan, und welche Gründe sind ihr dafür bekannt, dass nach Medienberichten in den vergangenen Tagen bis zu eine Million Menschen aus Abidjan geflohen sein sollen? Wie versteht die Bundesregierung den Vorschlag der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. einer "militärischen Intervention", die "aber nicht notwendigerweise fremde Soldaten auf ivorischem Territorium bedeuten müsste" in Form der "Beeinflussung" ivorischer Militärs "durch Militärkameraden der benachbarten Länder", wofür "das von PDWA [Politischer Dialog Westafrika] der KAS, Konrad-Adenauer-Stiftung e. V., geschaffene Netzwerk der Generalstabsoffiziere westafrikanischer frankofoner Staaten eine gute Grundlage" böte, und welche Position hat sie bzw. nimmt sie hierzu ein? Zu Frage 49: Die humanitäre Lage in Côte d'Ivoire ist vor dem Hintergrund anhaltender Kämpfe prekär. Angesichts der volatilen Lageentwicklung gibt es keine abschließend verifzierten Zahlen zu Betroffenen. Nach Berichten der Vereinten Nationen und von Hilfsorganisationen sind aufgrund der gewaltsamen Auseinandersetzungen bis zu eine Million Menschen in Côte d'Ivoire auf der Flucht; in und aus Abidjan soll es zwischen 500 000 und 700 000 Vertriebene geben. In das Nachbarland Liberia sind bereits mehr als 100 000 Personen geflohen, auch die anderen Nachbarländer sind in zunehmendem Maße von Flüchtlingsströmen betroffen. Zu Frage 50: Die Konrad-Adenauer-Stiftung, KAS, hat nach eigenen Angaben keinen derartigen Vorschlag unterbreitet oder gefördert. Nach Angaben der Stiftung wurden lediglich mögliche - theoretische - Vorteile erörtert, zum Beispiel ein Übereinkommen führender Militärs über eine gemeinsame Position im Hinblick auf eine friedliche Konfliktbeilegung, die sich aus der Tatsache, dass sich Generalstabsoffiziere aus den Projektländern auf einer KAS-Veranstaltung persönlich kennengelernt haben, ergeben könnten. Nach Angaben der KAS hat zu keinem Zeitpunkt ein Mitarbeiter des Politischen Dialogs Westafrika Gespräche oder Telefonate im Sinne der Frage geführt oder anderweitig eine aktive Kontaktaufnahme außerhalb der jährlichen Veranstaltungen gefördert oder begünstigt. Die Bundesregierung hat von Beginn des Konfliktes an die Vermittlungsbemühungen von Afrikanischer Union und ECOWAS für eine friedliche Konfliktbeilegung unterstützt. Anlage 26 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Frage 51): Welche Gründe sprachen nach Einschätzung der Bundesregierung dafür, die mit der Gemeinsamen Aktion des Rates 2009/788/GASP verhängten Sanktionen gegen Mamadouba (alias Mamadou) Toto Camara, Sékouba Konaté, Kelitigui Faro und Kabinet Komara aufzuheben, obwohl diese weiterhin der Militärjunta unter Hauptmann Moussa Dadis Camara in Guinea, der an mehreren Bundeswehreinrichtungen ausgebildet wurde, bevor er den Putsch in Guinea anführte, angehörten und hat die Bundesregierung in dieser Frage Kontakte mit dem Regionalprogramm Politischer Dialog Westafrika oder vergleichbaren Programmen deutscher Stiftungen aufgenommen? Folgende Gründe sprachen für die Aufhebung der Sanktionen gegen Mamadouba unter anderem (Gemeinsame Aktion des Rates 2009/788/GASP): Die EU verhängte nach dem Massaker ein Waffenembargo und Reisesanktionen gegen zunächst 42, Ende Dezember 2009 gegen 71 Regimeverantwortliche. Im März 2010 wurden die Reisesanktionen gegen vier Mitglieder der Junta wieder aufgehoben, die nicht zu den Hauptverantwortlichen für das Massaker gehören und konstruktiv an der Veränderung des Regimes mitgewirkt hatten, darunter Interimspräsident Sékouba Konaté. Die Projektländer des Regionalprogramms Politischer Dialog Westafrika, PDWA, umfassen sechs Länder: Mali, Côte d'Ivoire, Togo, Burkina Faso, Niger und Benin. Zu Militärs in Guinea haben seitens des Regionalprogramms PDWA zu keinem Zeitpunkt Kontakte bestanden. Anlage 27 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen der Abgeordneten Katrin Werner (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Fragen 53 und 54): Welche Rolle hatten nach Kenntnis der Bundesregierung grenzüberschreitende Bekanntschaften und Netzwerke zwischen den Offizieren westafrikanischer Staaten bei den Bürgerkriegen, die in den vergangenen 20 Jahren in der Region stattfanden und häufig grenzüberschreitenden Charakter hatten, und wie bewertet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die Schaffung eines Netzwerks der Generalstabsoffiziere westafrikanischer frankofoner Staaten durch die Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.? Welche Informationen hat die Bundesregierung über die in ivorischen Medien verbreiteten Meldungen, wonach die französischen Soldaten der Operation Licorne für die Ouattara nahestehenden Kräfte der FRCI (Forces républicaines de Côte d'Ivoire) militärische Hilfe in Form von Waffen und logistischer Unterstützung leisten, und hält sie dieses Verhalten der französischen Regierung durch die UN-Resolution 1975 gedeckt? Zu Frage 53: Nach eigenen Angaben der Konrad-Adenauer-Stiftung zielt das Regionalprogramm Politischer Dialog Westafrika, PDWA, auf einen losen Austausch bezüglich regionaler Erfahrungen mit der Einbindung und Verankerung von Sicherheitskräften, Armee und Polizei, in einen demokratischen Rechtsstaat. Der Schwerpunkt liegt auf der Interaktion und Vertrauensbildung zwischen Politikern und Militärs. Ziel ist nicht die Schaffung eines grenzüberschreitenden Netzwerks westafrikanischer Militärs, sondern die Heranführung von Führungsverantwortlichen aus der Region an die Prinzipien des demokratischen Rechtsstaates. Zu Frage 54: In Nacht vom 4. auf den 5. April 2011 gab es einen Angriff auf Widerstandspunkte von Gbagbo-Kräften durch Kräfte der VN-Mission UNOCI, unterstützt durch französisches Militär vor Ort, mit dem Ziel, schwere Waffen auszuschalten, da diese Opfer in der Zivilbevölkerung anrichten. Dieser Angriff erfolgte konform mit dem UNOCI-Mandat, unter anderem Art. 6 VN-Sicherheitsratsreso-lution 1975 vom 30. März 2011: [Dort heißt es] Anwendung aller notwendigen Mittel um die Bevölkerung vor unmittelbarer Gewalt zu schützen, einschließlich Ausschaltung schwerer Waffen. Das Mandat sieht auch die Unterstützung durch französisches Militär für UNOCI bei Bedarf vor. Der VN-Generalsekretär hat betont, dass hierdurch keine Parteinahme erfolge. Die am 30. März 2011 einstimmig abgestimmte Sicherheitsratsresolution 1975 enthält außerdem Sanktionen gegen fünf Personen, unter anderem Gbagbo, und verweist auf eine mögliche Zuständigkeit der Internationalen Strafgerichtshofs, IStGH. Darüber hinaus soll die Operation LICORNE französische Staatsangehörige sowie Bürger anderer EU-Staaten in Côte d'Ivoire schützen. Anlage 28 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen der Abgeordneten Erika Steinbach (CDU/CSU) (Drucksache 17/5321, Fragen 55 und 56): Welche Kenntnis hat die Bundesregierung zu den sogenannten Rollkommandos der kubanischen Regierung, die für Straßenterror, Überfälle in den Wohnungen ihrer Opfer bis hin zu Entführungen verantwortlich sein sollen? Welche Kenntnis hat die Bundesregierung zu den Opfern dieser "Rollkommandos"? In Kuba gibt es keine sogenannten Rollkommandos. Was es in Kuba gibt, sind sogenannte Actos de Repudio. Diese bestehen aus staatlich organisierten Gegendemonstrationen zur Störung oder Verhinderung von Kundgebungen kubanischer Dissidenten, wobei oft eine Überzahl von Gegendemonstranten auch unter Einsatz von Körperkontakt, vereinzelten Schlägen und einschüchternden und beleidigenden Äußerungen gegen die Dissidenten vorgehen. In Einzelfällen ist es dabei auch noch in jüngster Zeit zu ernsthaften Verletzungen, Blutergüsse als Folge von Schlägen, gekommen. Diese Form der Demonstrationsunterbindung wurde letztmals am 18. und 19. März 2011 angewandt, als sich die Menschenrechtsorganisation "Damen in Weiß" und ihre Anhänger zum 8. Jahrestag des "Schwarzen Frühlings" versammeln wollten. Die kubanische Regierung hatte circa 200 überwiegend junge Menschen, Studenten der Universität von Havanna, zum Wohnhaus der Führerin der "Damen in Weiß", Frau Laura Pollan, beordert, um deren Kundgebung zu verhindern. Durch diesen "Acto de Repudio" gelang es der kubanischen Regierung, die Anhänger der "Damen in Weiß" am Verlassen des Hauses zu hindern. Zusätzlich wurde um das Wohnhaus herum ein Straßenfest mit Musik aus Großlautsprechern inszeniert. Anlage 29 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Ute Kumpf (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 57): In welcher Höhe betreffen die Aufwendungen für Stiftungen im Einzelplan 05 die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik? Der Haushalt des Auswärtigen Amts sieht im Kapi-tel 0504 für insgesamt acht Stiftungen Mittel in Höhe von 43,877 Millionen Euro vor. Anlage 30 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 58): Warum hat die Bundesregierung trotz der evidenten Eilbedürftigkeit nicht zügiger national sowie in der EU veranlasst, dass - wie etwa die Schweiz binnen Stunden - Vermögen nordafrikanischer Potentaten schneller eingefroren wurden als real geschehen - beginnend erst über zwei Wochen nach Aufstandsbeginn gegen Muammar al-Gaddafi in Libyen; mehr als drei Wochen nach Rücktritt des marokkanischen Ex-Präsidenten Ben Ali; fünf Wochen nach Rücktritt des ägyptischen Ex-Präsidenten Husni Mubarak; vergleiche ARD-Report Mainz, 31. März 2011 -, und wie viel des ursprünglich vorhandenen Vermögens konnten die genannten Despoten bzw. deren Helfer in Europa in der Zwischenzeit noch zum eigenen Nutzen dem Einfrieren entziehen? Die Bundesregierung hat sich als erster Mitgliedstaat in der EU mit großer Beharrlichkeit und sehr frühzeitig für Finanzsanktionen gegen alle genannten Personen eingesetzt und konkrete Vorschläge für Reisesperren und Vermögenseinfrierungen unterbreitet. Ich verhehle nicht, dass sich auch die Bundesregierung rascheres und noch schärferes Handeln durch die EU gewünscht hätte. Sanktionen der EU erfordern jedoch Beschlüsse des Rates, die einstimmig getroffen werden müssen. Das bremst die Möglichkeiten sehr schnellen Handelns, wie es die Schweiz löblicherweise demonstriert hat. Im Bereich von Wirtschafts- und Finanzsanktionen setzt das Europarecht nationalen Maßnahmen enge Grenzen. Nationale Sanktionsmaßnahmen sind aus Sicht der Bundesregierung nur im Vorgriff auf beabsichtigte Maßnahmen der EU zulässig. Die Bundesregierung hat in dem Augenblick, in denen sich ein Konsens in der EU abzeichnete und Gefahr im Verzug war, solche Vorgriffsmaßnahmen erlassen. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob und gegebenenfalls wie viel Vermögen in der Zwischenzeit transferiert wurde. In Fällen, in denen sich Verdachtsmomente in dieser Hinsicht in Deutschland zeigten, hat sie solche Transfers unterbunden. Anlage 31 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN Drucksache 17/5321, Frage 59): Wie viele der 50 Millionen Euro, die Deutschland für den Reintegrationsprozess von Talibankämpfern in Afghanistan, Afghan Peace and Reintegration Plan, 2010 versprochen hatte, wurden ausgezahlt - bitte aufgeschlüsselt nach Empfänger, Projekt und Maßnahme -, und in welcher Form überprüft die Bundesregierung ihren Beitrag zu diesem Reintegrationsprogramm? Bislang hat Deutschland das Friedens- und Reintegrationsprogramm - Afghan Peace and Reintegration Programme, APRP - der afghanischen Regierung mit einem Beitrag von 10 Millionen Euro unterstützt. Der Beitrag von insgesamt 50 Millionen Euro ist auf fünf Jahre angelegt. Der deutsche Beitrag geht nicht an die afghanische Regierung direkt, sondern wird über das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, UNDP, umgesetzt. UNDP ist verpflichtet, die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel in ihren jährlichen Berichten nachzuweisen, Audits zu unternehmen sowie Berichte über die finanzierten Aktivitäten zu liefern. Zudem wird die internationale Gemeinschaft in Kabul vom Leiter des APRP, Minister Stanekzai, regelmäßig über die Fortschritte bei der Umsetzung des Programms informiert. Der Unterrichtung der Geber und der Abstimmung der strategischen Prioritäten dient auch ein regelmäßig tagendes "Special Peace and Reintegration Sub-Committee" des Gemeinsamen Koordinierungs- und Überwachungsgremiums - Joint Coordination and Monitoring Board, JCMB. Entscheidungen über die Vergabe von Mitteln im APRP bedürfen zudem der Zustimmung des "Financial Oversight Committe", FOC, dem auf Rotationsbasis auch zwei Geber angehören, derzeit Großbritannien und Japan. Da verschiedene Geber in das UNDP-Programm einbezahlen, ist eine direkte Zuordnung der deutschen Mittel zu den einzelnen Projektaktivitäten, die von UNDP innerhalb des afghanischen Friedens- und Reintegrationsprogramms umgesetzt werden, nicht immer möglich. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 60): Welche Position vertritt die Bundesregierung im Europäischen Rat bezüglich der für Juni 2011 angestrebten Neufassung der FRONTEX-Verordnung, Ratsdok. 6898/10, und in welcher Form wird der Deutsche Bundestag in die Aushandlung dieser Neufassung einbezogen? Die Bundesregierung unterstützt die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, die einen umfassenden Ansatz zu allen Migrationsthemen im Hinblick auf Nordafrika verfolgen. In diesem Zusammenhang unterstützt die Bundesregierung auch das Ziel, eine rasche Einigung über die Neufassung der FRONTEX-Verordnung zu erzielen. Dabei gilt es, die originäre Verantwortlichkeit der Mitgliedstaaten für den Schutz der Außengrenzen nicht infrage zu stellen. Die Einbeziehung des Bundestages erfolgt in dem dafür vorgesehenen und üblichen Verfahren. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Frage 61): Wie bewertet die Bundesregierung den Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel vom 31. März 2011, wonach laut einem EU-Kommissionspapier US-Behörden Daten europäischer Banken - SWIFT bzw. TFTP - ohne Anlass und auf Vorrat speichern, was unter anderem gegen Art. 4 des SWIFT-Abkommens verstößt und laut Spiegel auch von der EU-Kommission beanstandet wird, und wie kommt die Bundesregierung zu ihrer in der Antwort auf die Kleine Anfrage 17/5133 vorgetragenen Haltung, parlamentarische Kontrollrechte bezüglich des TFTP-Abkommens seien nicht eingeschränkt, obschon Fragen von Datenschutzbeauftragten immer noch nicht von der Bundesregierung beantwortet wurden sowie die Bundesregierung diese selbst zur Beantwortung an die EU-Kommission weiterleiten musste und ein monatelanger Selbstversuch des Europaabgeordneten Alexander Alvaro zeigte, dass deutsche Behörden nicht in der Lage sind, Auskunft zu geben, ob und welche Daten verarbeitet werden und ein TFTP-Datentausch zwischen US-Behörden und EUROPOL häufig auf "mündlichen Informationen" beruht, über die also keine Vermerke angelegt werden und die dementsprechend nicht abfragbar sind? Die Bundesregierung unterstützt die von der Europäischen Kommission in ihrem am 17. März 2011 veröffentlichten Evaluierungsbericht über die Umsetzung des Trivial File Transfer Protocol-Abkommens, TFTP, gemachten Verbesserungsvorschläge und regt deren zügige Umsetzung an. Dies gilt insbesondere für die Empfehlungen, künftig alle die US-Ersuchen begründenden Informationen in Papierform einzureichen und die Auskünfte zu den Datenschutzmöglichkeiten für EU-Bürger in den USA auf der US-Treasury-Homepage zu verbessern. Die Bundesregierung ist überdies der Ansicht, dass es Aufgabe der Kommission ist, in Zusammenarbeit mit den USA Lösungen für mögliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Abkommens zu finden. Vertragspartei des Abkommens ist die EU, Deutschland ist nicht unmittelbare Vertragspartei. Die Bundesregierung hat die Fragen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationssicherheit an die Europäische Kommission weitergeleitet. Die Europäische Kommission hat der Bundesregierung mitgeteilt, dass sie die Fragen schriftlich beantworten wird. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 62): Gibt es für die Bundesregierung angesichts ihres verfassungsrechtlichen Schutzauftrages für die Grundrechte der Bundesbürger sowie angesichts der zahlreichen erheblichen, nunmehr offiziell belegten, kumulativ vorliegenden Verstöße gegen Bestimmungen des SWIFT-Abkommens - Spiegel Online vom 31. März 2011 - wie zum Beispiel die mangelnde inhaltliche Eingrenzung der Anfragen seitens der USA, die mangelnde Schriftlichkeit der Anfragen, die fehlende Dokumentation der Zugriffe durch die USA, die fehlende Möglichkeit der Prüfung des Nutzens der Datenübermittlungen, die anhaltende, zumindest teilweise Erstreckung auch auf innereuropäische Finanztransaktionsdaten, aber auch das Leerlaufen des Auskunftsanspruches - Spiegel Online vom 16. März 2011 - eine Grenze der Zulässigkeit des weiteren Festhaltens am SWIFT-Abkommen, und nach welchen Kriterien bemisst sich aus Sicht der Bundesregierung diese Grenze? Die Bundesregierung unterstützt die von der Europäischen Kommission in ihrem am 17. März 2011 veröffentlichten Evaluierungsbericht über die Umsetzung des Trivial File Transfer Protocol-Abkommens, TFTP, gemachten Verbesserungsvorschläge und regt deren zügige Umsetzung an. Dies gilt insbesondere für die Empfehlungen, künftig alle die US-Ersuchen begründenden Informationen in Papierform einzureichen und die Auskünfte zu den Datenschutzmöglichkeiten für EU-Bürger in den USA auf der US-Treasury-Homepage zu verbessern. Die Bundesregierung ist überdies der Ansicht, dass es Aufgabe der Kommission ist, in Zusammenarbeit mit den USA Lösungen für mögliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Abkommens zu finden. Vertragspartei des Abkommens ist die EU, Deutschland ist nicht unmittelbare Vertragspartei. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Fragen der Abgeordneten Christel Humme (SPD) (Drucksache 17/5321, Fragen 65 und 66): Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hinsichtlich einer angemessenen Vertretung von Frauen in Entscheidungsgremien von Stiftungen, in denen über die Vergabe von Stiftungsmitteln entschieden wird? Inwiefern werden die Ergebnisse der Förderung von Stiftungen im Hinblick auf eine geschlechtergerechte Teilhabe von Frauen und Männern evaluiert - bitte mit Begründung? Zu Frage 65: Nach Angaben des Bundesverbandes Deutsche Stiftungen existierten zum 31. Dezember 2010 allein 18 162 Stiftungen des bürgerlichen Rechts. Daneben besteht eine große Anzahl von Stiftungen öffentlichen Rechts. Die Bundesregierung verfügt über keine statistischen Erkenntnisse über die Besetzung von Entscheidungsgremien dieser Stiftungen. Im Einflussbereich des Bundes sind bei der Besetzung von Gremien die Vorschriften des Gesetzes über die Berufung und Entsendung von Frauen und Männern in Gremien im Einflussbereich des Bundes, Bundesgremienbesetzungsgesetz - BGremBG - zu beachten. Über die Anwendung dieses Gesetzes legt die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag in jeder Legislaturperiode einen Bericht über die Anwendung dieses Gesetzes vor - zuletzt Fünfter Gremienbericht der Bundesregierung zum Bundesgremienbesetzungsgesetz vom 16. Dezember 2010, Bundestagsdrucksache 17/4308 (neu). Zu Frage 66: Die Verwendung der Stiftungsmittel muss sich nach dem jeweiligen Stiftungszweck richten. Über die satzungsgemäße Verwendung der Mittel haben die entsprechenden Stiftungsgremien zu befinden. Generelle Erkenntnisse darüber, inwiefern Evaluation im Hinblick auf eine geschlechtergerechte Teilhabe von Frauen und Männern dabei eine Rolle spielt, liegen der Bundesregierung nicht vor. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Fragen der Abgeordneten Ulla Burchardt (SPD) (Drucksache 17/5321, Fragen 68 und 69): Wie hoch ist die Summe der Gelder, die der Bund in den Haushaltsjahren 2008, 2009 und 2010 privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Stiftungen zukommen ließ (bitte Aufgliederung nach Ressorts und Stiftungsrechtsform)? Für welche konkreten Zwecke und Aufgaben wurden in den Haushaltsjahren 2008, 2009 und 2010 finanzielle Mittel für Stiftungen zur Verfügung gestellt (bitte Auflistung entsprechend den einzelnen Ressorts)? Zu Frage 68: Da eine Beantwortung der Frage über eine Datenbankauswertung mangels abgrenzbarer Auswertungskriterien nicht möglich war, mussten die erbetenen Informationen im Wege einer umfassenden Ressortabfrage ermittelt werden. Die Fragestellung bezieht sich auf drei Haushaltsjahre, alle Bundesministerien und die in den Einzelplänen jeweils einschlägigen Ausgabeermächtigungen. Eine mündliche Wiedergabe dieser - wegen der Anzahl der Daten nur in einer Tabelle übersichtlich darstellbaren - Auswertung erscheint unter Informationsgesichtspunkten nicht zweckmäßig; daher beschränke ich mich in meiner Antwort auf eine aggregierte Darstellung und verweise im Einzelnen auf eine schriftliche Übersicht, die ich Ihnen nach der Fragestunde zuleiten werde. Aufgrund der Enge des für diese Arbeiten und Auswertungen zur Verfügung stehenden Zeitfensters konnten im Übrigen nicht von allen Bundesressorts belastbare Daten geliefert werden, sodass die ermittelten Daten unter diesem ausdrücklichen Vorbehalt mitgeteilt werden müssen. Im Haushaltsjahr 2008 hat die Bundesregierung danach für privatrechtlich organisierte Stiftungen rund 638 Millionen Euro, für öffentlich-rechtlich organisierte rund 812 Millionen Euro, im Jahr 2009 jeweils 715 Mil-lionen Euro bzw. 862 Millionen Euro sowie im Jahr 2010 767 Millionen Euro bzw. 930 Millionen Euro verausgabt. Zu Frage 69: Die vom Haushaltsgesetzgeber damit verfolgten Zwecke und Aufgaben ergeben sich aus der bei Frage 68 angekündigten Übersicht und den dort zu entnehmenden Zweckbestimmungen der Ausgabeermächtigungen der Haushaltspläne. So weit mehrere Stiftungen aus einer Haushaltsstelle finanziert werden, werden diese in der Regel in den entsprechenden Erläuterungen des Haushaltsplans aufgeführt. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Fragen des Abgeordneten Rene Röspel (SPD) (Drucksache 17/5321, Fragen 70 und 71): Welche finanziellen Aufwendungen für Stiftungen sind für das laufende Haushaltsjahr 2011 vorgesehen (bitte Auflistung nach Einzelplänen)? Für welche konkreten Vorhaben sind Aufwendungen für Stiftungen für das laufende Haushaltsjahr 2011 eingestellt (bitte Auflistung nach Einzelplänen)? Zu Frage 70: Für das Haushaltsjahr 2011 sieht der Bundeshaushalt im Soll folgende finanziellen Aufwendungen für Stiftungen vor: Einzelplan Aufwendungen für Stiftun gen 2011 in 1000 Euro 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt 396148 05 Auswärtiges Amt 65856 06 BM des Innern 128308 07 BM der Justiz 10060 09 BM für Wirtschaft und Technologie 16286 10 BM für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 27205 12 BM für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2750 14 BM der Verteidigung 75 15 BM für Gesundheit 48076 17 BM für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 127342 23 BM für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 32714 30 BM für Bildung und Forschung 861509 60 Allgemeine Finanzverwaltung 7500 Gesamthaushalt 1723829 Zu Frage 71: Die Fragestellung bezieht sich auf sämtliche Bundesministerien und die in den Einzelplänen jeweils einschlägigen Ausgabeermächtigungen. Eine mündliche Wiedergabe dieser - wegen der Anzahl der Daten nur in einer Tabelle übersichtlich darstellbaren - Auswertung erscheint unter Informationsgesichtspunkten nicht zweckmäßig; daher verweise ich im Einzelnen auf die bereits in meiner Antwort zu mündlicher Frage der Abgeordneten Burchardt Nummer 68 angesprochene schriftliche Übersicht, die die entsprechenden Informationen beinhaltet. Die schriftliche Übersicht leite ich Ihnen auch gerne zu. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Fragen des Abgeordneten Hans-Joachim Hacker (SPD) (Drucksache 17/5321, Fragen 72 und 73): Wie positioniert sich die Bundesregierung zu einer Verlängerung der bis 31. Dezember 2011 befristeten Reduzierung der Umsatzsteuer für die Fahrgastschifffahrt? Welche Steuersätze bringen die europäischen Nachbarländer für die Fahrgastschifffahrt in Ansatz, und welche Gespräche führte die Bundesregierung mit dem Ziel einer Harmonisierung der Besteuerung der Fahrgastschifffahrt in Europa? Zu Frage 72: Die Bundesregierung hat sich in dieser Frage noch nicht positioniert. Zu Frage 73: Nach den der Bundesregierung vorliegenden, auf einer Unterlage der Europäischen Kommission beruhenden Informationen wenden die europäischen Nachbarländer folgende Umsatzsteuersätze für die Personenbeförderung mit Schiffen an: Land Steuersatz Belgien 6 Prozent Tschechien 10 Prozent (für regulären Transport) 20 Prozent Dänemark Steuerbefreiung Frankreich 5,5 Prozent Luxemburg 3 Prozent Niederlande 6 Prozent Österreich 10 Prozent Polen 8 Prozent Die Bundesregierung führte keine Gespräche mit dem Ziel der weiteren Harmonisierung dieser Steuersätze. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Frage 76): Stimmt die Mitteilung des Bundes der Steuerzahler, wonach in Kürze mit der Veröffentlichung eines Verwaltungsschreibens zur sogenannten 0,03-Prozent-Regelung durch das BMF zu rechnen sei, und wird das BMF in diesem die bereits mehrfach bestätigte Rechtsprechung - vergleiche zum Beispiel Bundesfinanzhof, Urteile vom 22. September 2010, VI R 54/09, VI R 55/09 und VI R 57/09 - für allgemeingültig erklären, wonach der geldwerte Vorteil für die Nutzung eines Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte einen Korrekturposten zum Werbungskostenabzug darstellt und daher nur insoweit zur Anwendung kommen kann, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen auch tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt hat, sodass die Schreiben vom 23. Oktober 2008, BStBl I Seite 961, und vom 12. März 2009, BStBl I Seite 500, nicht mehr anzuwenden sind? Der BFH hat in den Urteilen vom 22. September 2010 entschieden, dass die Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für die Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nur zur Anwendung kommt, soweit der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für diese Fahrten benutzt. Diese BFH-Urteile werden in Kürze im Bundessteuerblatt Teil II mit begleitendem BMF-Schreiben vom 1. April 2011 zu deren Anwendung veröffentlicht. Die Nichtanwendungsschreiben vom 23. Oktober 2008, BStBl I Seite 961, und vom 12. März 2009, BStBl I Seite 500, werden aufgehoben. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Ute Kumpf (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 77): In welcher Höhe betreffen die Aufwendungen für Stiftungen im Einzelplan 09 den Bereich der Kreativwirtschaft? Die Aufwendungen der Bundesregierung für Stiftungen im Epl 09 - zum Beispiel auf dem Wege der institutionellen Förderung - betreffen nicht die Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft. Allerdings war die Stiftung Preußischer Kulturbesitz einer der Zuwendungsempfänger der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft, und zwar für das Projekt "Development Unit Marketing, Fundraising". Hauptbestandteil des Projektes war die Entwicklung eines Corporate Design - Markenentwicklung, internationale Markenrecherche und Markenanmeldung - und der Aufbau eines strategischen Fundraising für die Stiftung. Der Bewilligungszeitraum ging vom 9. Juli 2009 bis zum 28. Februar 2011. Die Zuwendungssumme belief sich auf insgesamt 591 000 Euro. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Fragen des Abgeordneten Garrelt Duin (SPD) (Drucksache 17/5321, Fragen 78 und 79): Wann wird die Bundesregierung - wie in ihrem Energiekonzept beschlossen - ein KfW-Sonderprogramm zur Absicherung der Finanzierung von Windparkprojekten, -schiffen und -infrastrukturen umsetzen, und welche Fördermöglichkeiten und -konditionen wird es geben? Hat die Bundesregierung Hinweise darauf, dass die Stellung von Anträgen auf Bürgschaften für geplante Windparkprojekte erfolgen wird bzw. erfolgt ist, geplant ist oder vorbereitet wird, und wenn ja, welche Entscheidungen der Bundesregierung sind getroffen bzw. in Aussicht gestellt? Zu Frage 78: Trotz garantierter EEG-Einspeisevergütung ist es für bauwillige Projektgesellschaften kaum möglich, die Finanzierung von Offshore-Windparks mit einem Finanzierungsvolumen von 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro pro Windpark am Kapitalmarkt darzustellen. Auch gemischte Bundes- und Landesbürgschaften haben sich als kaum realisierbares Instrument erwiesen. Deshalb sieht das Energiekonzept der Bundesregierung ein KfW-Sonderprogramm "Offshore-Windenergie" mit einem Kreditvolumen von insgesamt 5 Milliarden Euro für die ersten zehn Projekte vor. Eine Förderung für den Bau von Spezialschiffen oder von Infrastruktur ist mit dem Sonderprogramm nicht vorgesehen. Allerdings sind vom durch diverse Maßnahmen geförderten Ausbau der Offshore-Windenergie auch Impulse für den Spezialschiffbau sowie den notwendigen Infrastrukturausbau zu erwarten. Die KfW hat einen Programmentwurf vorgelegt, der die inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Eckpunkte der Projektfinanzierung darlegt. Die Eckpunkte sind weitgehend mit den beteiligten Ressorts, BMWi, BMU, BMF, abgestimmt. Mit einem baldigen Programmstart ist zu rechnen. Zu Frage 79: Der Bundesregierung ist bekannt, dass innerhalb der Branche über Bürgschaften für Offshore-Windparks diskutiert wird. Bisher wurden aber keine entsprechenden Anträge gestellt. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass dies erfolgen wird. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Fragen des Abgeordneten Sebastian Edathy (SPD) (Drucksache 17/5321, Fragen 80 und 81): Hat sich der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Rainer Brüderle, am 24. März 2011 im Deutschen Bundestag wahrheitsgemäß geäußert, als er ausführte, es seien in einem Gesprächsprotokoll über eine Zusammenkunft mit Vertretern des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e. V. "meine Ausführungen falsch wiedergegeben worden"? Was an dem folgenden Protokollauszug des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e. V., Quelle: Süddeutsche Zeitung, ist unrichtig - bzw. wie hat sich der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie stattdessen in der Zusammenkunft geäußert -: "Herr Dr. Keitel machte darauf aufmerksam, dass derzeit eine Meldung über die Ticker laufe, wonach die Bundesregierung am Nachmittag ein Moratorium der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke bekannt geben wolle. Der Minister bestätigte dies und wies erläuternd darauf hin, dass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher nicht immer rational seien"? Zu Frage 80: In der Frage wird die Einlassung von Bundesminister Brüderle am 24. März 2011 im Deutschen Bundestag nicht korrekt wiedergegeben. An die Adresse der Opposition gerichtet erklärte Bundesminister Brüderle am 24. März 2011 im Deutschen Bundestag: "Sie haben aus einem Protokoll zitiert, zu dem der BDI inzwischen erklärt hat, dass meine Ausführungen falsch wiedergegeben worden sind." Zu Frage 81: Nach dem Reaktorunfall in Fukushima ist eine neue Situation eingetreten. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung ein Moratorium der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke beschlossen. Bundesminister Brüderle hat von Anfang an um Verständnis für diese Politik geworben. So hat Bundesminister Brüderle bereits am Vormittag des 14. März 2011 gegenüber Pressevertretern darauf hingewiesen, dass "sich eine neue Lage ergeben" habe. Am frühen Nachmittag desselben Tages warb er auch vor Vertretern des Bundesverbandes der deutschen Industrie für diese Energiepolitik der Bundesregierung. Er verwies dabei gleichzeitig auf die Aspekte Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Energie. Bundesminister Brüderle hat diese Haltung der Bundesregierung auch in der Folge konsequent weiter vertreten, so zum Beispiel auf der Sitzung der Bundeskanzlerin, des Bundeswirtschafts- und des Bundesumweltministers mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer, in denen sich Kernkraftwerke befinden, am 15. März 2011, auf dem Treffen auf Einladung der Bundeskanzlerin am 22. März 2011, auf dem die Einsetzung einer Ethikkommission beschlossen wurde, oder im Deutschen Bundestag am 24. März 2011. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Hans-Joachim Fell (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 82): Welche unabhängigen Schätzungen - Studien und Vergleichbares - liegen der Bundesregierung vor, die Auskunft darüber geben, wie hoch die Stilllegungs- und Entsorgungsrückstellungen für Atomanlagen sein müssten, um die zu erwartenden Kosten abdecken zu können, und für den Fall, dass der Bundesregierung keine solchen unabhängigen Schätzungen vorliegen, wie will die Bundesregierung prüfen, ob die Betreiber von Atomanlagen ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommen, ausreichend Rückstellungen vorzuhalten? Die Bildung von Rückstellungen für die aus der Stilllegung von Kernkraftwerken und der Pflicht zur Entsorgung radioaktiver Abfälle resultierenden Verpflichtungen setzt zunächst eine Schätzung der Kosten für die Stilllegung und die verschiedenen Entsorgungsschritte voraus. Diese Kostenschätzung erfolgt durch die Betreiber der Kernkraftwerke, die diese Kosten tragen müssen. Auf der Grundlage der Kostenschätzung müssen die Betreiber der Anlagen dann Rückstellungen für ihre in der Zukunft zu erfüllenden finanziellen Verpflichtungen bilden. Die korrekte Bildung von Rückstellungen wird regelmäßig von unabhängigen Wirtschaftsprüfern geprüft und testiert. Dass die Betreiber ihrer gesetzlichen Pflicht zur Bildung ausreichender Rückstellungen nachkommen, ist durch die Vorschriften des Handelsrechts sichergestellt. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/5321, Fra-gen 83 und 84): Sind Medienberichte zutreffend - vergleiche Süddeutsche Zeitung, "Umstrittener Deal"; Financial Times Deutschland, "Deutschland hilft Indien bei Iran-Deals", jeweils vom 29. März 2011 -, nach denen Ölgeschäfte zwischen Iran und Indien über die Deutsche Bundesbank erst nach Prüfung, Billigung und Entscheidung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und Auswärtigen Amt zustande gekommen sind und die Deutsche Bundesbank somit als "ausführendes Organ" dieser Entscheidung betrachtet werden kann, und, wenn ja, wie verträgt sich dies mit einer Aussage des Auswärtigen Amts, dass die Deutsche Bundesbank letztendlich die Genehmigungsbehörde sei? Mit welchen konkreten Maßnahmen und Prüfungen hat die Bundesregierung sichergestellt, dass Mittel, die dem Iran aus Ölgeschäften mit Indien zufließen und die über die Deutsche Bundesbank abgewickelt werden, nicht für das umstrittene iranische Atomprogramm genutzt werden (vergleiche Die Welt, "Deutschland hilft Indien bei Iran-Geschäften", 29. März 2011)? Zu Frage 83: Die Verordnung (EU) Nr. 961/2010 sieht eine Genehmigungspflicht für Geldtransfers von und an iranische Personen, Organisationen und Einrichtungen ab einem Betrag von 40 000 Euro vor. Zuständige Behörde für die Erteilung einer Genehmigung ist die Deutsche Bundesbank. Die Deutsche Bundesbank steht bei ihren Entscheidungen im Kontakt mit der Bundesregierung. Zu Frage 84: Über die Deutsche Bundesbank werden keine Ölgeschäfte abgewickelt. Vielmehr ist die Deutsche Bundesbank zuständige Behörde für die Erteilung von Genehmigungen für Zahlungen von und an iranische Personen, Organisationen und Einrichtungen ab einem Betrag von 40 000 Euro, siehe oben. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn einer Zahlung verbotene, insbesondere proliferationsrelevante Geschäfte zugrunde liegen. Dies ist bei der Bezahlung von Öllieferungen nicht der Fall. Die Weiterverfügung von Geldern von und an iranische Personen, Organisationen und Einrichtungen unterliegt ab einem Betrag von 40 000 Euro ebenfalls einer Genehmigungspflicht. Verfügungen der EIHB an Dritte ab 40 000 Euro sind daher ebenfalls genehmigungspflichtig. Auch in diesem Fall können keine Zahlungen für proliferationsrelevante oder sonstige durch die EU-Sanktionen gegen Iran verbotene Geschäfte genehmigt werden. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE ) (Drucksache 17/5321, Frage 85): Auf welcher Grundlage sind seitens der EU - laut den Angaben des EU-Energiekommissars Günther Oettinger - bereits Finanzmittel in dreistelliger Millionenhöhe an das Land Brandenburg zur Erprobung der Carbon-Capture-and-Storage-Technologie geflossen, und in welchem Umfang sind diese Mittel an Unternehmen oder andere Aufgabenträger weitergereicht worden, vergleiche unter anderem Vorabmeldung der Märkischen Oderzeitung vom 28. März 2011? Auf Grundlage des Europäischen Energieprogramms zur Konjunkturbelebung, EERP - European Energy Recovery Programme, wird das CCS-Demonstrationsprojekt von Vattenfall in Jänschwalde/Brandenburg mit 180 Millionen Euro gefördert. Die Bundesregierung hat keine Kenntnis darüber, in welchem Umfang Vattenfall die EU-Fördermittel für Verträge mit weiteren Unternehmen verwendet hat. Das Land Brandenburg erhält keine Fördermittel zur Erprobung der CCS-Technologie aus dem Konjunkturprogramm der EU. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Christine Scheel (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/5321, Frage 86): Zu welchem Zeitpunkt beabsichtigt die Bundesregierung die Einrichtung eines Beauftragten für kleine und mittlere Unternehmen, und welche Funktionen soll der oder die Beauftragte übernehmen, vergleiche Drahtbericht BRUEEU 1182: 3074 vom WBF-Rat am 10. März 2011? Die Bundesregierung hat bereits einen Beauftragten für Mittelstand und Tourismus. Wen sie gegenüber der KOM als KMU-Beauftragten benennt und welche Aufgaben diese Person wahrnehmen wird, wird sie entscheiden, wenn ihr eine konkrete Anfrage vorgelegt wird. Generell können die Mitgliedstaaten wählen, ob ein Politiker, ein hoher Beamter oder ein Unternehmer die Funktion wahrnehmen soll. Gemäß der KOM-Mitteilung zur Überprüfung des Small Business Act für Europa vom 23. Februar 2011 und den Ausführungen der KOM in der Ratsarbeitsgruppe zum WBF-Rat am 21. März 2011 sollen KMU-Beauftragte in den Mitgliedstaaten KMU-Angelegen-heiten zwischen Behörden koordinieren und KMU-Interessen verteidigen. Sie sollen sich auch regelmäßig untereinander, mit der KOM und mit Interessenvertretern über beste Praktiken und organisatorische Verbesserungen in den Mitgliedstaaten austauschen. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage der Abgeordneten Christine Scheel (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 87): Ist die Bundesregierung davon überzeugt, dass es erforderlich ist, an der Vorrangprüfung bei der Zuwanderung ausländischer Fachkräfte festzuhalten, und auf welchen Daten beruht diese Einschätzung vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage "Praxis der qualifizierten Zuwanderung in die deutsche Wirtschaft" - Bundestagsdrucksache 17/4444 - zugeben musste, dass sie über keinerlei statistische Daten zur Vorrangprüfung verfügt? Es ist nicht zutreffend, dass bei der Zulassung ausländischer Fachkräfte generell eine Vorrangprüfung durchgeführt wird. Wie bereits in der Antwort zu Frage 8 der genannten Anfrage ausgeführt, wird bei der Zulassung ausländischer Hochqualifizierter, bei ausländischen Absolventen deutscher Hochschulen und bei Akademikern aus den neuen EU-Mitgliedstaaten sowie den Ehepartnern dieser Fachkräfte keine Vorrangprüfung durchgeführt. Neben der Qualifikation ist die Vorrangprüfung ein weiteres Element für die Steuerung der Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmer. Ziel der Vorrangprüfung ist es, freie Arbeitsplätze mit geeigneten inländischen Arbeitsuchenden zu besetzen, ihnen damit Beschäftigungsperspektiven zu eröffnen und sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/5321, Frage 88): Wird die Bundesregierung - etwa gemeinsam mit den Vertretungen der EU-Beitrittsstaaten - Fest- oder Feierstunden zur Herstellung der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit ab 1. Mai 2011 veranstalten? Am 1. Mai 2011 enden in Deutschland die Übergangsbestimmungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit für die im Jahr 2004 der Europäischen Union beigetretenen Mitgliedstaaten Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland und Litauen. Die schrittweise Öffnung des deutschen Arbeitsmarkts in der Übergangszeit findet für diese Staaten mit der Herstellung der vollständigen Freizügigkeit ihren bestimmungsgemäßen Abschluss. Hierbei handelt es sich um das begrüßenswerte Eintreten von europäischer Normalität. Besondere Festveranstaltungen sind seitens der Bundesregierung derzeit nicht geplant. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Fragen der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Fragen 89 und 90): Plant die Bundesregierung, die volle Herstellung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Staatsangehörigen der Beitrittsstaaten, EU-8-Staatsangehörige, mit einer Informationskampagne zu begleiten? Welche Umsetzungsmaßnahmen hat die Bundesregierung zur Herstellung der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Staatsangehörigen der Beitrittsstaaten, EU-8-Staatsangehörige, ergriffen? Zu Frage 89: Mit dem Ende der Übergangsregelungen zum 1. Mai 2011 tritt europäische Normalität ein, das heißt die uneingeschränkte Freizügigkeit für Arbeitnehmer, wie sie bereits für die 15 "alten" Mitgliedstaaten gilt. Um möglichen Unsicherheiten zu begegnen und um Fragen zu beantworten, die bei Betroffenen, zum Beispiel Arbeitnehmern in den acht zum 1. Mai 2004 beigetretenen Mitgliedstaaten und Arbeitgebern in Deutschland, auftreten können, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Informationsbroschüre "Beschäftigung und Entsendung von Unionsbürgerinnen und -bürgern; 50 Fragen und Antworten zum 1. Mai 2011" veröffentlicht. Diese Broschüre ist auch auf der Internetseite des BMAS verfügbar und wird in Kürze in englischer und polnischer Sprache vorliegen. Daneben richtet BMAS für die Botschaftsvertreter der betroffenen EU-Staaten eine Informationsveranstaltung aus. Zu Frage 90: Die Vorschriften im Sozialgesetzbuch Drittes Buch und im Freizügigkeitsgesetz/EU, die den Zugang von Staatsangehörigen der acht Staaten zum deutschen Arbeitsmarkt beschränken, sind aufzuheben. Weitere Umsetzungsmaßnahmen sind nicht erforderlich. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Memet Kilic (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 91): Welche politische Bedeutung misst die Bundesregierung der vollen Herstellung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Staatsangehörigen der Beitrittsstaaten, EU-8-Staatsangehörige, bei? Mit dem Ende der Übergangsregelungen zum 1. Mai 2011 tritt europäische Normalität ein, das heißt die uneingeschränkte Freizügigkeit für Arbeitnehmer, wie sie bereits für die 15 "alten" Mitgliedstaaten gilt. Dies ist begrüßenswert. Zudem wurde der deutsche Arbeitsmarkt in der siebenjährigen Übergangszeit durch schrittweise Öffnungen an die volle Freizügigkeit herangeführt. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 92): Welche Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit hat die Bundesregierung ergriffen, um die Akzeptanz der Herstellung der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Staatsangehörigen der Beitrittsstaaten, EU-8-Staatsangehörige, zu stärken? Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat eine Informationsbroschüre "Beschäftigung und Entsendung von Unionsbürgerinnen und -bürgern; 50 Fragen und Antworten zum 1. Mai 2011" erstellt. Diese Broschüre ist auf der Internetseite des BMAS eingestellt und wird in Kürze auch in englischer und polnischer Sprache vorliegen. Daneben richtet das BMAS für die Botschaftsvertreter der betroffenen EU-Staaten eine Informationsveranstaltung aus. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Frage 93): Inwieweit wurden die UN-Behindertenrechtskonvention und die durch den Bund anstehenden Aufgaben zu deren Umsetzung bei der Aufstellung der Eckwerte für den Bundeshaushalt 2012 berücksichtigt? Im Koalitionsvertrag für die 17. Legislaturperiode haben die Regierungsparteien vereinbart, zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention einen Nationalen Aktionsplan zu entwickeln, mit dem eine langfristige Gesamtstrategie zur Umsetzung der Konvention erstellt wird. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales steuert den Entwicklungs- und Umsetzungsprozess, in den alle Ressorts eingebunden sind, und fördert die beim Deutschen Institut für Menschenrechte eingerichtete unabhängige Stelle nach Art. 33 Abs. 2 der Konvention. Hierfür sind im Eckwert für den Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2012 bei Kapitel 1102 Titel 684 68 Mittel berücksichtigt. Die Bundesregierung verfolgt grundsätzlich eine Politik, die die Belange behinderter Menschen in allen Politikfeldern berücksichtigt, um die Gleichstellung auf allen gesellschaftlichen Ebenen durchzusetzen. Daher sind in vielen Haushaltstiteln des Bundes die Belange behinderter Menschen und damit die Vorgaben der Behindertenrechtskonvention berücksichtigt. Des Weiteren können Festlegungen über den Einsatz von Haushaltsmitteln zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention erst nach der Konkretisierung von behindertenpolitischen Maßnahmen und den konkreten Inhalten und Projekten des Nationalen Aktionsplans getroffen werden. Der Aktionsplan soll dem Bundeskabinett im Juni 2011 zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Frage 94): Welche Gründe gibt es für die nicht fristgerechte (Termin war der 26. März 2011) Vorlage des Staatenberichtes über die Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention und die dabei erzielten Fortschritte beim Generalsekretär der Vereinten Nationen - siehe Art. 35 "Berichte der Vertragsstaaten" der UN-Behindertenrechtskonvention -, und welche Konsequenzen können sich daraus ergeben? Der erste Staatenbericht zur UN-Behindertenrechtskonvention soll dem Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einen Überblick über die Maßnahmen geben, die Deutschland zur Umsetzung der Konvention getroffen hat. Ganz wichtig ist hierbei, dass auch die Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans in den Staatenbericht einfließen. Die Bundesregierung hat bei der Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ganz bewusst auf einen breiten Beteiligungsprozess gesetzt. Menschen mit Behinderungen, ihre Verbände sowie viele Fachleute aus der Zivilgesellschaft und Wissenschaft haben das Angebot angenommen und in den vergangenen Monaten eine Vielzahl guter Ideen und Anregungen eingebracht. Selbstverständlich werden die Vorschläge zur Umsetzung der Konvention auf ihre Machbarkeit hin geprüft. Dies nimmt nach der großen Resonanz mehr Zeit in Anspruch als ursprünglich veranschlagt. Aus Sicht der Bundesregierung ist es zudem sachgerecht, in den Staatenbericht die Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans einfließen zu lassen. Deshalb wird die Bundesregierung diesen Bericht einige Wochen später als in der UN-Behindertenrechtskonvention vorgesehen beschließen und dem Deutschen Bundestag zur Kenntnis geben. Konsequenzen wegen der späteren Vorlage des Berichts ergeben sich nicht. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Fragen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE ) (Drucksache 17/5321, Fragen 95 und 96): Wie stellt sich die Bundesregierung zu dem Vorwurf der Bundesagentur für Arbeit, mit der geplanten Streichung des halben Mehrwertsteuerpunktes würde die Arbeitslosenversicherung in ein massives Dauerdefizit getrieben, und wie viel mehr Geld hätte der Bundesagentur für Arbeit bzw. der Arbeitslosenversicherung in den letzten drei Jahren zur Verfügung gestanden, hätte der Bund auf den sogenannten Eingliederungsbeitrag verzichtet? Wie wird sich nach derzeitigen Schätzungen die Finanzlage bzw. das Defizit der Bundesagentur für Arbeit in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014 entwickeln, legt man die derzeitige Finanzierungssituation inklusive der geplanten Streichung des halben Mehrwertsteuerpunktes zugrunde, und wie würde sich die Finanzsituation entwickeln, würde der volle Mehrwertsteuerpunkt beibehalten und zugleich auf den Eingliederungsbeitrag verzichtet? Zu Frage 95: Es trifft nicht zu, dass die Bundesagentur für Arbeit in ein massives Dauerdefizit getrieben wird. Vielmehr geht die Bundesregierung davon aus, dass die BA bereits im Jahr 2012 mit der Rückzahlung des ihr in diesem Jahr zu zahlenden Bundesdarlehens beginnen kann. Der Eingliederungsbeitrag, den die Bundesagentur für Arbeit in den letzten drei Jahren an den Bund gezahlt hat, betrug gerundet für 2008: 5,000 Milliarden Euro für 2009: 4,866 Milliarden Euro für 2010: 5,256 Milliarden Euro Zu Frage 96: Nach den derzeitigen Schätzungen, die dem Beschluss der Bundesregierung vom 16. März 2011 zu den Eckwerten für den Bundeshaushalt 2012 und zum Finanzplan bis 2015 zugrunde lagen und die die schrittweise Reduktion der Beteiligung des Bundes an den Kosten der Arbeitsförderung ab 2012 bereits berücksichtigen, wird sich die Finanzlage der Bundesagentur für Arbeit wie folgt entwickeln: Im Jahr 2011 sieht der Bundeshaushalt noch ein überjähriges Darlehen des Bundes in Höhe von 5,4 Milliarden Euro vor. Es ist davon auszugehen, dass wegen der günstigen Entwicklung des Arbeitsmarktes der tatsächliche Darlehensbedarf voraussichtlich geringer ausfallen wird. Für die Jahre 2012 bis 2014 rechnet die Bundesregierung nicht mit einem Defizit der Bundesagentur für Arbeit. Der oben genannte Kabinettsbeschluss sieht vielmehr vor, dass die Bundesagentur für Arbeit bereits ab dem Jahr 2012 mit der Rückzahlung des ihr im Jahr 2011 zu zahlenden Bundesdarlehens beginnt. Es sind folgende Rückzahlungsbeträge der Bundesagentur für Arbeit an den Bundeshaushalt vorgesehen: 2012: 500 Millionen Euro 2013: 2,0 Milliarden Euro 2014: 2,2 Milliarden Euro Durch die schrittweise Reduktion der Beteiligung des Bundes an den Kosten der Arbeitsförderung verringert sich diese Bundesbeteiligung im Jahr 2012 um 1,216 Milliarden Euro, im Jahr 2013 um 2,674 Milliarden Euro und im Jahr 2014 um 4,075 Milliarden Euro. Ohne diese schrittweise Reduktion hätte sich die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Arbeitsförderung - auf Basis der dem oben genannten Kabinettsbeschluss zugrunde liegenden Schätzungen - wie folgt entwickelt: 2011: 8,046 Milliarden Euro 2012: 8,331 Milliarden Euro 2013: 8.538 Milliarden Euro 2014: 8,757 Milliarden Euro Ein Verzicht auf den Eingliederungsbeitrag der Bundesagentur für Arbeit würde dieser rechnerisch Ausgaben in folgender Höhe ersparen: 2011: 4,600 Milliarden Euro 2012: 4,227 Milliarden Euro 2013 und 2014: jeweils 3,977 Milliarden Euro Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Gerd Mü ller auf die Fragen des Abgeordneten Klaus Barthel (SPD) (Drucksache 17/5321, Fragen 97 und 98): Treffen Medienberichte zu, wonach die EU-Grenzwerte für Fleisch- und Fischimporte aus Japan hinsichtlich des Anteils radioaktiver Substanzen durch die kurzfristige Veränderung der Verordnung (EU) Nr. 297/2011 vom 25. März 2011 mehr als verdoppelt wurden, und welche Begründungen sieht die Bundesregierung hierfür? Wie beurteilt die Bundesregierung diesen Vorgang, und unterstützt sie die Heraufsetzung dieser Grenzwerte für die radioaktive Belastung von Lebensmitteln aus Japan? Zu Frage 97: Derartige Medienberichte sind nicht zutreffend. Bisher gab es keine Grenzwerte in der EU für Fleisch, Fisch oder andere Lebensmittel aus Japan hinsichtlich des Anteils radioaktiver Substanzen. Die in den Medien zitierte EU-Verordnung 733/2008, auch Tschernobyl-Verordnung genannt, gilt nur für Importe aus Drittstaaten, die von dem Tschernobyl-Unglück betroffen waren. Japan gehört nicht dazu. Daher wurden von der Europäischen Kommission mit der EU-Verordnung 297/2011, der sogenannten Japan-Verordnung, zeitnah nach dem Unfall im Atomkraftwerk Fukushima spezielle Vorschriften für die Einfuhr von Lebensmitteln aus Japan erlassen. Danach werden alle Lieferungen aus Japan an den Außengrenzen der EU angehalten und überprüft. Waren aus den betroffenen Regionen dürfen nur eingeführt werden, wenn ein Zertifikat aus dem Herkunftsland Japan bescheinigt, dass keine erhöhte radioaktive Belastung vorliegt. Zusätzlich wird ein Teil dieser Sendungen von den Überwachungsbehörden in der EU einer weiteren analytischen Kontrolle unterzogen. Um lückenlose Kontrollen zu gewährleisten, müssen sämtliche Lieferungen aus Japan mindestens zwei Tage vor ihrer Ankunft an festgelegten EU-Außenkontrollstellen angemeldet werden. Als Grundlage für die Kontrollmaßnahmen wurden von der Kommission in der Japan-Verordnung die Grenzwerte für radioaktives Cäsium und Jod der EU-Verordnung 3954/1987, auch EU-Notfallverordnung genannt, zugrunde gelegt. Diese Grenzwerte sind international wie national anerkannt und stellen den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher in unmittelbarer Reaktion auf ein krisenhaftes Ereignis wie die Katastrophe in Japan sicher. Zu Frage 98: Vor Verabschiedung der Japan-Verordnung 297/2011 gab es keine Grenzwerte für die radioaktive Belastung von Lebensmitteln aus Japan. Ohne Grenzwerte wäre ein europäisch einheitliches Vorgehen bei der Erhebung von Messwerten und eventuellen Zurückweisung von Produkten, die von dem radiologischen Unfall in Fukushima betroffen sind, nicht möglich gewesen. Deutschland hat die EU-Kommission daher unterstützt und der Verordnung zugestimmt. Eine solch kurzfristige Reaktion auf ein krisenhaftes Ereignis ist nur möglich, wenn - wie hier - auf vorab vereinbarte Rahmenkriterien zurückgegriffen wird. Diese stehen bereits seit 1987 als Konsequenz aus der Tschernobyl-Katastrophe für künftige Fälle einer akuten radiologischen Notstandssituation mit der sogenannten EU-Notfallverordnung 3954/1987 zur Verfügung. Gleichwohl sind die Grenzwerte der Japan-Verordnung 297/2011 für Cäsium vor dem Hintergrund der niedrigeren Grenzwerte für Cäsium nach der sogenannten Tschernobyl-Verordnung 733/2008 zu hinterfragen. Auch wenn nach übereinstimmender Einschätzung der deutschen Fachbehörden die Menschen in Deutschland und Europa mit den aktuell geltenden Werten umfassend vor gesundheitlichen Risiken geschützt werden, sind unterschiedliche EU-Grenzwerte in unterschiedlichen EU-Verordnungen für die Verbraucher in Europa weder nachvollziehbar noch vermittelbar. Zudem erscheint es auch aus Gründen der Transparenz, der Praktikabilität und des behördlichen Vollzugs sinnvoll, sich auf ein einheitliches Niveau der Grenzwerte zu verständigen. Daher setzt sich das Bundesverbraucherministerium gemeinsam mit dem für die Festsetzung von Strahlengrenzwerten zuständigen Bundesumweltministerium derzeit bei der EU-Kommission für die Harmonisierung der EU-Grenzwerte für Radioaktivität ein. Es sollten Grenzwerte zur Anwendung kommen, die dem Grundprinzip des Strahlenschutzes, eine radioaktive Belastung des Menschen möglichst weitgehend zu minimieren, Rechnung tragen. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Gerd Mü ller auf die Frage des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/5321, Frage 99): Wie erklärt die Bundesregierung das unterschiedliche Agieren des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, BMELV, und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie bei den Verhandlungen um eine Regelung zum Klonfleisch auf EU-Ebene, das laut Berichterstattung maßgeblich zum Scheitern der Novelle der Novel-Food-Verordnung beigetragen hat? Bei den Verhandlungen im Vermittlungsverfahren zur Neufassung der Novel-Food-Verordnung gab es kein "unterschiedliches Agieren des Landwirtschaftministeriums und des Wirtschaftsministeriums". Bei diesen Verhandlungen hat der Vertreter der Bundesregierung die zuvor festgelegte und vom federführenden BMELV mit den beteiligten Ressorts abgestimmte Position der Bundesregierung vertreten. Im Übrigen haben nicht die einzelnen Mitgliedstaaten mit dem Europäischen Parlament verhandelt. Die auf der Ebene der Ständigen Vertreter abgestimmte einheitliche Position des Rates wurde von der ungarischen Ratspräsidentschaft bei den Beratungen mit dem EP vertreten. Die vielfach auch in den Medien aufgestellte Behauptung, Deutschland habe maßgeblich zum Scheitern der Novel-Food-Novelle beigetragen, entbehrt jeder Grundlage. Die Bundesregierung hat sich vielmehr konstruktiv für tragfähige Kompromisslösungen eingesetzt, die dem Verbraucherschutz, dem Tierschutz und der Tiergesundheit Rechnung tragen und die internationalen Verpflichtungen der EU berücksichtigen. Die Bundesregierung hat die Position des Rates zur Kennzeichnung unterstützt und wäre sogar bereit gewesen, eine darüber hinausgehende Kennzeichnung von Lebensmitteln der ersten Nachkommengeneration geklonter Tiere mitzutragen, wenn die Europäische Kommission dies ebenfalls als WTO-konform mitgetragen hätte. Andere Mitgliedstaaten konnten aus verschiedenen Gründen jedoch nicht über den letzten, von der Ratspräsidentschaft vorgelegten Vorschlag hinausgehen. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Gerd Mü ller auf die Frage des Abgeordneten Alexander Süßmair (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Frage 100): Wie positioniert sich das BMELV zur vor allem aus der Wissenschaft vorgebrachten Kritik am BMELV-Entwurf einer Verordnung über die Zulassung von Kontrollstellen nach dem Ökolandbaugesetz? Der Bundesregierung ist bisher lediglich ein gemeinsamer Aufsatz eines Leiters einer der von dem Vorhaben betroffenen Kontrollstellen und eines Wissenschaftlers in einer landwirtschaftlichen Fachzeitschrift bekannt geworden. Es kann insoweit nicht von einer ausgewogenen, auf einer breiten Meinung gestützten Stellungnahme ausgegangen werden. Die Einwendungen in der Sache werden im Rahmen des Abstimmungsverfahrens zum Verordnungsentwurf durch die Bundesregierung geprüft. Das Rechtsetzungsvorhaben zu der angesprochenen Verordnung über die Zulassung von Kontrollstellen nach dem Ökolandbaugesetz befindet sich gegenwärtig im Stadium der Anhörung der Länder und Wirtschaftskreise. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Gerd Mü ller auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5321, Frage 101): Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung nach Erweiterung des Bundesprogrammes Ökologischer Landbau zu einem Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft, BÖLN, eine rechtsverbindliche Definition des Begriffs Nachhaltige Landwirtschaft, und welche Kriterien wird sie dafür heranziehen? Im Rahmen des erweiterten Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft, BÖLN, wird das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, BMELV, keine eigene Definition des Begriffs der Nachhaltigkeit vornehmen. In verschiedenen Gesprächsrunden des BMELV mit Vertretern betroffener Verbände wurde mit allen Beteiligten Konsens erzielt, dass kein neuer Nachhaltigkeitsstandard entwickelt werden muss. Es können vorhandene Standards und Kriterien genutzt werden, die bereits von unabhängigen Stellen überprüft werden. Zum einen wären das das schon eingeführte DLG-Zertifizierungssystem für nachhaltige Landwirtschaft sowie das von der Thüringischen Landesanstalt für Landwirtschaft entwickelte Kriteriensystem nachhaltige Landwirtschaft, KSNL. Mit diesen Systemen werden landwirtschaftliche Betriebe anhand ökologischer, ökonomischer und sozialer Indikatoren zertifiziert. Die Indikatoren bewerten die Wirkungen der Landwirtschaft auf die Umwelt und machen Aussagen zur Wirtschaftlichkeit und zu sozialen Aspekten. Zum anderen sollen auch Betriebe zugelassen werden, die das sehr umfangreiche Eco-Management and Audit Scheme, EMAS, das Gemeinschaftssystem der Europäischen Union für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung, durchlaufen haben. Hier wird zwar nur ein Teilaspekt der Nachhaltigkeit zertifiziert, im Vergleich zu Qualitätsprogrammen oder anderen Systemen zu Teilaspekten der Nachhaltigkeit werden hier jedoch sehr hohe Standards gesetzt und ein ausgeprägtes Engagement der Teilnehmer verlangt. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Gerd Mü ller auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Fragen 102 und 103): Wie bewertet die Bundesregierung die unter Jägerinnen und Jägern diskutierte Forderung in § 19 des Bundesjagdgesetzes, das Verbot von Nachtsichtgeräten dahin gehend zu lockern, dass diese in Gebieten mit nachweisbar hohen Wildschäden temporär eingesetzt werden könnten? Welche Maßnahmen, zum Beispiel im Jagd- oder Naturschutzrecht bzw. in der Agrarförderung, will die Bundesregierung ergreifen, um die weiterhin bestehenden hohen Wilddichten zu reduzieren? Zu Frage 102: Die Bundesregierung hält eine Lockerung des Verbots von Nachtzielgeräten für Schusswaffen, § 19 Abs. 1 Nr. 5 a Bundesjagdgesetz, nicht für geboten. Durch den Einsatz entsprechend ausgerüsteter Schusswaffen wird die Jagdzeit in die Nacht ausgedehnt und es kommt zu zusätzlichen, unerwünschten Störungen des Wildes in der Dunkelheit, und zwar auch derjenigen Wildarten, die nicht Ziel der konkreten Jagdausübung im Einzelfall sind. Es ist grundsätzlich verboten, Schalenwild, ausgenommen Schwarzwild, sowie Federwild zur Nachtzeit zu erlegen, § 19 Abs. 1 Nr. 4 Bundesjagdgesetz. Zu Frage 103: Der Bundesregierung ist bekannt, dass die Wilddichten regional sehr unterschiedlich und bei einigen Wildarten teilweise auch erhöht sind. Das Bundesjagdgesetz, BJagdG, verpflichtet bereits heute schon zur Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie zur Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen, § 1 Abs. 2 BJagdG. Die Belange der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von Wildschäden, sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind dabei zu berücksichtigen. Hierzu bietet das Bundesjagdgesetz alle erforderlichen Möglichkeiten. Daher sieht die Bundesregierung keine Veranlassung zu einer Änderung des Jagdrechts auf Bundesebene. Darüber hinaus ist die Bundesregierung im ständigen Dialog mit den Ländern, damit die Wildbestände den regionalen Gegebenheiten entsprechen. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 104): Treffen Berichte zu, wonach Thailand von der Bundeswehr ausgemusterte U-Boote der Klasse 206 importieren will, und, wenn ja, hat die Bundesregierung hierzu die Genehmigung in die durch Krisen gekennzeichnete Region erteilt? Das Bundesministerium der Verteidigung steht in Gesprächen unter anderem mit der thailändischen Marine über die entgeltliche Abgabe von außer Dienst gestellten U-Booten der Klasse 206A. Die Bundesregierung hat dem Export von bis zu sechs gebrauchten U-Booten der Klasse 206A nach Thailand im Jahr 2010 zugestimmt. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/5321, Frage 105): In welchem Teil des Mittelmeeres wird sich die Bundeswehr nach dem überstürzten Abzug von deutschen maritimen Kräften aus der Operation Active Endeavour, OAE, wieder beteiligen, und wie will die Bundesregierung ausschließen, dass sich deutsche Kräfte weder direkt noch indirekt an den seeseitigen Maßnahmen zur Durchsetzung der UN-Resolutionen 1970 und 1973 beteiligen? Nach Vorliegen der NATO Execution Directive für das Waffenembargo zu Libyen wurden die deutschen Kräfte im zentralen Mittelmeerraum am 22. März 2011 aus der NATO-Unterstellung herausgelöst, da zunächst keine klare räumliche Trennung zu den Operationen zur Durchsetzung der VN-Sicherheitsratsresolution 1973 (2011) möglich war. Das maritime Hauptquartier der NATO in Neapel hat am 24. März 2011 für die Anti-Terrorismus-Operation ACTIVE ENDEavOUR eine klare räumliche Trennung von den Operationen zur Durchsetzung der VNSRR 1973 (2011) vor Libyen angewiesen. Davon unbenommen umfasst das mandatierte Einsatzgebiet Operation ACTIVE Endevour unverändert das gesamte Mittelmeer. Vor diesem Hintergrund konnten zwei deutsche Einheiten, die Fregatte "LÜBECK" und das Minenjagdboot "Datteln", am 28. März 2011 der NATO für die Operation ACTIVE Endeavour unterstellt werden. Dabei werden die Fregatte "Lübeck" im östlichen Mittelmeer und das Minenjadgboot "Datteln" im westlichen Mittelmeer eingesetzt. Damit ist eine klare räumliche Trennung zu den im zentralen Mittelmeer stattfindenden NATO-Operationen zur Durchsetzung der VN-Sicherheitsratsresolution 1973, 2011, erfolgt. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Christian Schmidt auf die Fragen des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/5321, Fragen 106 und 107): Wie erklärt die Bundesregierung die Unterstellung der beiden Bundeswehrschiffe "Datteln" und "Lübeck" unter das Kommando der NATO-OAE vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Bundesregierung die Schiffe "Berlin", "Rheinland-Pfalz" und "Brandenburg" am 23. März 2011 aus OAE herauslöste und unter nationales Kommando stellte, mit dem Verweis, dass durch den Beschluss eines Operationsplans der NATO zur Durchsetzung des Waffenembargos exekutive Maßnahmen mit Zwangscharakter griffen, ab dieser Sekunde für diese Schiffe also eine Mandatspflicht bestehe, und wann legt die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag folglich ein Mandat für die Beteiligung der Schiffe "Datteln" und "Lübeck" an OAE vor? Welchen Auftrag haben die Schiffe "Datteln" und "Lübeck" unter OAE, und wie unterscheidet sich der Auftrag von dem der deutschen Schiffe, die bis vor kurzem unter OAE-Kommando standen - "Berlin", "Rheinland-Pfalz" und "Brandenburg"? Zu Frage 106: Nach Vorliegen der NATO Execution Directive für das Durchsetzen des Waffenembargos gegen Libyen am 22. März 2011 wurde die Unterstellung der Fregatte "Hamburg", des Flottendienstbootes "Oker" und der deutschen Beteiligung an den AWACS-Flügen im Mittelmeerraum unter die Operation Active Endeavour, OAE, sowie die Unterstellungen der Fregatte "Lübeck" in der Standing NATO Maritime Group 1 und des Minenjagdbootes "Datteln" in der Standing NATO Mine Countermeasure Group 1 beendet, da zunächst keine klare räumliche Trennung zwischen OAE und den Operationen zur Durchsetzung der VN-Sicherheitsratsresolution 1973 (2011) möglich war. Das maritime Hauptquartier in Neapel hat am 24. März 2011 für die Anti-Terrorismus-Operation Active Endeavour eine deutliche räumliche Trennung von den Operationen zur Durchsetzung der VN-Sicherheitsratsresolution 1973 (2011) vor Libyen angewiesen. Vor diesem Hintergrund konnten zwei deutsche Einheiten, die Fregatte "Lübeck" und das Minenjagdboot "Datteln", am 28. März 2011 der NATO für die Operation Active Endeavour unterstellt werden. Dabei werden die Fregatte "Lübeck" im Östlichen Mittelmeer und das Minenjadgboot "Datteln" im westlichen Mittelmeer eingesetzt. Damit ist eine klare räumliche Trennung zu den im zentralen Mittelmeer stattfindenden NATO-Operationen zur Durchsetzung der VN-Sicherheitsratsresolution 1973 (2011) erfolgt. Der Einsatz- und Ausbildungsverband der Deutschen Marine, bestehend aus den Fregatten "Rheinland-Pfalz" und "Brandenburg" sowie dem Einsatzgruppenversorger "Berlin", war zu keinem Zeitpunkt der Operation Active Endeavour unterstellt, sondern stand durchgängig unter nationaler Führung. Für die innerhalb der Operation Active Endeavour auszuführenden Aufgaben im Rahmen der Terrorismusbekämpfung besteht ein Mandat des Deutschen Bundestages, das bis zum 31. Dezember 2011 Gültigkeit besitzt. Zu Frage 107: Der Auftrag der Fregatte "Lübeck" und des Minenjagdbootes "Datteln" orientiert sich am Auftrag der Operation Active Endeavour, und damit an den im derzeit gültigen Bundestagsmandat dargestellten Aufgaben. Dieses sind: - militärische Präsenz auf See, - Aufklärung, Überwachung und Lagebilderstellung auf und über See, - Austausch und Abgleich gewonnener Lagebildinformationen mit weiteren Akteuren im Rahmen des Auftrages, - Kontrolle des Seeverkehrs, - Eigensicherung und Nothilfe. Eine Unterscheidung zum Auftrag der zuvor der Operation Active Endeavour unterstellten deutschen Marinekräfte besteht insofern nicht. Der in Ihrer Frage angesprochene Einsatz- und Ausbildungsverband der Deutschen Marine, bestehend aus den Fregatten "Rheinland-Pfalz" und "Brandenburg" sowie dem Einsatzgruppenversorger "Berlin", war zu keinem Zeitpunkt der Operation Active Endeavour unterstellt, sondern stand durchgängig unter nationaler Führung. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Frage 108): Wie kann die Bundesregierung sicherstellen, dass deutsche Luftwaffenoffiziere, die im NATO-Hauptquartier im türkischen Izmir tätig sind, nur mit Routineaufgaben befasst sind und sie dabei nicht in Arbeitsabläufe im Rahmen der NATO-Operation Unified Protector involviert sind? Die Bundeswehr beteiligt sich gemäß Entscheidung der Bundesregierung nicht an exekutiven Maßnahmen zur Umsetzung der VNSRR 1973 (2011). Deutschland steht aber zu seiner politischen Verantwortung als Mitglied des Bündnisses. Dies umfasst auch die Dienstleistung deutscher Soldatinnen und Soldaten in den ständigen integrierten sowie multinational besetzten Stäben und Hauptquartieren der NATO. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/5321, Frage 109): In wie vielen Fällen weigerten sich Soldaten der Bundeswehr in den jeweiligen Monaten seit Februar 2010, in Afghanistan im Rahmen des Partnering mit afghanischen Soldaten in Einsätze zu ziehen, oder erhoben Einwände gegen Partnering-Einsätze, und wie bewertet die Bundesregierung Zweifel an Sinn, Durchführbarkeit sowie Erfolgschancen des Partnering unter Berücksichtigung von Vorgängen, bei denen afghanische Soldaten ihre Waffen gegen NATO-Soldaten wie zuletzt gegen Soldaten der Bundeswehr richteten oder sich als unzuverlässig zeigten, indem sie gar nicht zu vereinbarten Einsätzen erschienen oder gar desertierten? Es liegen insbesondere für den angefragten Zeitraum seit Februar 2010 keine Erkenntnisse vor, wonach Soldatinnen oder Soldaten der Bundeswehr sich weigerten, in den jeweiligen Monaten in Afghanistan im Rahmen des sogenannten Partnering mit afghanischen Soldaten Einsätze durchzuführen oder Einwände gegen Partnering-Einsätze erhoben. Die Bundesregierung hält in Abstimmung mit den internationalen Partnern bei ISAF weiter an der Umsetzung der Neuausrichtung des Afghanistan-Engagements fest. Dazu gehört, den Schwerpunkt des militärischen Engagements auf den Schutz der afghanischen Bevölkerung sowie auf die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte zu legen, um diese schnellstmöglich zu befähigen, für die Sicherheit im Lande selber zu sorgen. Der Kritik an diesem Partnering-Konzept im Sinne der Fragestellung stellt sich die Bundesregierung selbstverständlich. Erfolge und Herausforderungen des Konzepts werden auf operativer und strategischer Ebene ständig und einsatzbegleitend analysiert. Partnering bleibt nach Ansicht der Bundesregierung, der anderen Truppensteller sowie der afghanischen Regierung jedoch der einzige Erfolg versprechende Ansatz auf dem Weg zu afghanischer Eigenverantwortung, die bis Ende 2014 realisiert werden soll. Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Sevim Daðdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/5321, Frage 110): Welche Formen der Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr - insbesondere der Führungsakademie der Bundeswehr - und deutschen Stiftungen haben stattgefunden, die auf die Schaffung von Netzwerken bzw. Kontakten mit und unter hochrangigen westafrikanischen Militärs abzielten, und bei welchen Gelegenheiten hat die Bundesregierung bislang auf diese Netzwerke bzw. Kontakte zurückgegriffen? Eine institutionalisierte Zusammenarbeit der Bundeswehr mit deutschen Stiftungen mit dem Ziel der Bildung oder des Aufbaus von Netzwerken bzw. Kontakten mit und unter hochrangigen westafrikanischen Militärs war und ist nicht vorgesehen. Kontakte und gegenseitige Einladungen der Bundeswehr und der Stiftungen erfolgen dezentral und können grundsätzlich nicht nachvollzogen werden. II Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 101. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 6. April 2011 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 101. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 6. April 2011 III Deutscher Bundestag - 15. Wahlperiode - 38. Sitzung - 4. April 2003 4 11608 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 101. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 6. April 2011 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 101. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 6. April 2011 11607