Plenarprotokoll 17/107 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 107. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2011 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Agrarpolitischer Bericht 2011 der Bundesregierung Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Marlene Mortler (CDU/CSU) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Alexander Süßmair (DIE LINKE) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Dr. Max Lehmer (CDU/CSU) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Dr. Edmund Peter Geisen (FDP) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Heinz Paula (SPD) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Ulrich Kelber (SPD) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 17/5733) Mündliche Frage 1 Caren Marks (SPD) Nichterwerbstätige und teilzeitbeschäftigte Bezieher von Elterngeld Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Caren Marks (SPD) Jörn Wunderlich (DIE LINKE) Mündliche Frage 2 Caren Marks (SPD) Etwaige Ungleichbehandlung von Eltern bei der Anrechnung des Elterngeldes auf Leistungen nach dem SGB II und SGB XII Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Caren Marks (SPD) Mündliche Fragen 3 und 4 Stefan Schwartze (SPD) Gleichbehandlungsgesichtspunkte bei der Anrechnung des Elterngeldes auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch; etwaige Benachteiligung von Kindern bei der Anrechnung des Elterngeldes auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Stefan Schwartze (SPD) Jörn Wunderlich (DIE LINKE) Caren Marks (SPD) Mündliche Frage 5 Petra Crone (SPD) Nichtberücksichtigung nachgezahlter Elterngeldbeträge als Einkommen in der Grundsicherung Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Mündliche Frage 6 Petra Crone (SPD) Widersprüche von Elterngeldbeziehern Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Petra Crone (SPD) Caren Marks (SPD) Mündliche Fragen 7 und 8 Sönke Rix (SPD) Auswirkungen des Elterngeldes auf die Gleichstellung von Frauen und Männern; Vereinbarkeit der Väterpolitik mit dem Finanzierungsvorbehalt beim Elterngeld Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Sönke Rix (SPD) Caren Marks (SPD) Mündliche Frage 9 Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) Aufgabe des Grundansatzes des Elterngeldes als Lohnersatzleistung durch die Anrechnung von Partnereinkommen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Mündliche Frage 10 Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) Schonraum für Familien infolge des Elterngeldes Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) Mündliche Frage 11 Dr. Edgar Franke (SPD) Gestaltung des Sozialausgleichs durch Bundesminister Rösler Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfrage Dr. Edgar Franke (SPD) Mündliche Frage 12 Dr. Edgar Franke (SPD) Bürokratiekosten im Rahmen des Sozialausgleichs Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Mündliche Frage 13 Dr. Karl Lauterbach (SPD) Kosten für die Einführung des Sozialausgleichs Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Mündliche Frage 14 Dr. Karl Lauterbach (SPD) Mögliche Vereinfachung des geplanten Sozialausgleichs Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Mündliche Frage 15 Bärbel Bas (SPD) Umsetzung des Sozialausgleichsverfahrens in der gesetzlichen Krankenversicherung Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfrage Bärbel Bas (SPD) Mündliche Frage 20 Dr. Marlies Volkmer (SPD) Bewertung der Kritik des Nationalen Normenkontrollrats an den Regelungen des Sozialausgleichs Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfrage Dr. Marlies Volkmer (SPD) Mündliche Frage 21 Dr. Marlies Volkmer (SPD) Konsequenzen aus der Kritik des Nationalen Normenkontrollrats an den Regelungen des Sozialausgleichs Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Mündliche Frage 18 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Initiative für eine Unabhängigkeit der WHO; Konsequenzen für die Arbeit im Exekutivrat bzw. bei der anstehenden Weltgesundheitsversammlung Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfragen Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Marlies Volkmer (SPD) Mündliche Frage 19 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Stärkung der Kompetenzen der WHO bei der Untersuchung der Auswirkungen ionisierender Strahlung auf die Gesundheit Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfrage Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Fragen 24 und 25 Hans-Joachim Hacker (SPD) Fragenkatalog zum Erwerb von Funkbetriebszeugnissen Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfrage Hans-Joachim Hacker (SPD) Mündliche Frage 34 Oliver Kaczmarek (SPD) Förderung der deutsch-russischen Diskussionen zum Thema erneuerbare Energien im beginnenden deutsch-russischen Wissenschaftsjahr Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Mündliche Frage 50 Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen der EU-Mitgliedstaaten Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Zusatzfragen Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 51 Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Finanzielle Unterstützung für EU-Staaten mit Außengrenzen und Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Zusatzfragen Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 52 Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einführung eines europäischen Ein- und Ausreisesystems und eines Registrierungsprogramms für reisende Drittstaatsangehörige Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Zusatzfragen Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 62 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Genehmigung für die Lieferung von zwei U-Booten nach Griechenland Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 63 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unternehmerreise des Bundesministers Brüderle nach Algerien zum Thema Sicherheitstechnik Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Nächste Sitzung Berichtigung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 16 Anette Kramme (SPD) Unterschiede bei der Schließung einer IKK, einer BKK, einer Ortskrankenkasse oder einer Ersatzkasse bezüglich der Beendigung oder Weiterführung von Arbeitsverhältnissen Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 3 Mündliche Frage 17 Anette Kramme (SPD) Besondere Bedingungen bei der Schließung einer IKK Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 4 Mündliche Frage 22 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Planungsstand und Finanzierung der Nordverlängerung der Bundesautobahn 14 in Brandenburg Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 5 Mündliche Frage 23 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einbeziehung der von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben oder der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH verwalteten Flächen bei Straßen- und Schienenbauvorhaben des Bundes Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 6 Mündliche Frage 26 Klaus Hagemann (SPD) Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 7 Mündliche Frage 27 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Angemessenheit der nach dem Atomgesetz geltenden Deckungsvorsorge für einen nuklearen Katastrophenfall Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 8 Mündliche Frage 28 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Pläne der EU-Kommission zur Verschärfung der Haftungsregelungen für die Betreiber von Atomkraftwerken Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 9 Mündliche Frage 29 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Veröffentlichung der im Rahmen des Stresstests deutscher Atomkraftwerke entstehenden Unterlagen Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 10 Mündliche Frage 30 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Atomkraftwerke mit außerhalb des Sicherheitsbehälters befindlichen Brennelementelagerbecken; Risikountersuchungen zu diesen Lagerbecken Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 11 Mündliche Frage 31 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beendigung des Atommoratoriums und Weiterbetrieb vorübergehend abgeschalteter Reaktoren nach Auslaufen des Moratoriums Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 12 Mündliche Frage 32 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Im Umfeld des AVR Jülich vorgesehene Flächensperrung zum Schutz vor Strahlung beim Abtransport des Reaktorbehälters Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 13 Mündliche Frage 33 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verbleib von Brennelementekugeln aus dem AVR Jülich Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 14 Mündliche Frage 35 Oliver Kaczmarek (SPD) Stärkere Förderung von Elektroautos Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 15 Mündliche Frage 38 Klaus Hagemann (SPD) Zeitplan für gesetzliche bzw. untergesetzliche Regelungen im Hinblick auf das Auslaufen des Pilotprojektes Wissenschaftsfreiheitsinitiative Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 16 Mündliche Frage 39 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vereinbarkeit der gezielten Tötung Osama Bin Ladens mit dem Völkerrecht sowie Reaktion der Bundeskanzlerin Antwort Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Anlage 17 Mündliche Frage 40 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aussage des Vatikansprechers zum Tod von Osama Bin Laden im Vergleich zur Aussage der Bundeskanzlerin Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 18 Mündliche Frage 41 Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Vereinbarkeit von gezielten Tötungen mit dem Völkerrecht und den Grundsätzen eines Rechtsstaates Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 19 Mündliche Frage 42 Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Kenntnis der Bundesregierung über die ersten 1 000 im Rahmen der Mission EUTM Somalia ausgebildeten und nach Mogadischu verbrachten Soldaten Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 20 Mündliche Frage 43 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Situation im und um das Kloster Kirti in der chinesischen Provinz Sichuan Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 21 Mündliche Fragen 45 und 46 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Strafrechtliche Vorwürfe gegen den derzeitigen stellvertretenden Botschafter Sri Lankas Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 22 Mündliche Frage 47 Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gewährung diplomatischer Immunität für den stellvertretenden Botschafter Sri Lankas trotz seiner Verantwortung für den Feldzug gegen die Liberation Tigers of Tamil Eelam Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 23 Mündliche Frage 48 Andrej Hunko (DIE LINKE) Abkommen mit Mexiko zur Bekämpfung der dortigen Drogenkriminalität unter Beachtung der Menschenrechte Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 24 Mündliche Frage 49 Andrej Hunko (DIE LINKE) Verhinderung etwaiger Manipulationen bei Bundestagswahlen Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 25 Mündliche Frage 53 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ermittlungsverfahren gegen am 1. Mai 2011 in Berlin eingesetzte Polizeibeamte wegen des Verdachts der Körperverletzung und des Einsatzes von Pfefferspray Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 26 Mündliche Fragen 54 und 55 Heike Hänsel (DIE LINKE) Polizeieinsatz am 1. Mai 2011 in Heilbronn Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 27 Mündliche Fragen 56 und 57 Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Haltung der Bundesregierung zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 zur Sicherungsverwahrung Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 28 Mündliche Frage 58 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen und zur Beteiligung des Deutschen Bundestages im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 29 Mündliche Frage 59 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erweiterung der Beteiligungsrechte des Parlaments im Zuge der Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 30 Mündliche Frage 60 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus dem Gutachten des BMU zur Besteuerung von Dienstwagen Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 31 Mündliche Frage 61 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz durch die steuerliche Förderung von Elektroautos Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 32 Mündliche Fragen 64 und 65 Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einrichtung einer Schlichtungsstelle Energie und einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 33 Mündliche Frage 66 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Rechtsverbindliche Verpflichtung der EU-Staaten zu einer Energieeinsparung von 20 Prozent bis 2020 Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 34 Mündliche Frage 67 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Kommunale Kontrolle über ausgeübte Bürgerarbeiten als tatsächlich zusätzliche Tätigkeit; Anzahl der Bürgerarbeiter mit ergänzendem ALG II Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 35 Mündliche Frage 68 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Vorgesehene Einschränkung von Arbeitsmarktinstrumenten im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf zur Leistungssteigerung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 36 Mündliche Fragen 69 und 70 Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Begründung der Zulassungseinschränkung des Pflanzenschutzmittels Afalon mit dem Wirkstoff Linuron; verfügbare alternative Bekämpfungsmittel Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV 107. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2011 Beginn: 13.00 Uhr Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Als Thema der heutigen Kabinettssitzung hat die Bundesregierung mitgeteilt: Agrarpolitischer Bericht 2011 der Bundesregierung. Für den einleitenden fünfminütigen Bericht gebe ich der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner, das Wort. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Ihnen heute vorliegende Agrarpolitische Bericht ist zum ersten Mal für einen Zeitraum von vier Jahren erstellt worden; bis 2007 wurde er jährlich vorgelegt. Er beinhaltet die aktuellen Herausforderungen für den Bereich der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft. Er zeigt die politischen Maßnahmen der Bundesregierung auf und wirft einen Blick auf die Lage der Landwirtschaft in den vergangenen vier Wirtschaftsjahren. Das Leitbild unserer Agrarpolitik ist eine leistungsfähige Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, die nach dem Grundprinzip der Nachhaltigkeit wirtschaftet. Das heißt, Landwirtschaft muss ausreichend Lebensmittel von hoher Qualität und Rohstoffe für die Energiegewinnung und die Industrie liefern. Landbewirtschaftung muss aber auch die Grundlage für Erwerb und Wohlstand der Landwirte selbst sein sowie die Ressourcen schonen. Landwirte müssen eine angemessene soziale Absicherung genießen. Unsere Landnutzung muss Natur und Umwelt auch für nachfolgende Generationen erhalten. Diesem Leitbild folge ich bei den konkreten Ausrichtungen meiner Agrarpolitik, wie Sie im gesamten Agrarbericht nachlesen können. Wir in Deutschland sind bei der Umsetzung der EU-Agrarpolitik weiter als die meisten Mitgliedstaaten; wir sind vorne. Dieser Weg muss in ganz Europa nachvollzogen werden. Marktorientierung ist nicht gefährlich. Im Gegenteil: Die Lage der Landwirtschaft sowie der gesamten deutschen Ernährungswirtschaft offenbart den Erfolgskurs dieser Branche: Die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft ist erfolgreich; das zeigen unter anderem die steigenden Exportzahlen. Wir haben uns im Rahmen der Agrarsozialpolitik in schwierigen Phasen an die Seite unserer Landwirte gestellt. Zum Beispiel haben wir in den letzten vier Jahren speziell für die landwirtschaftliche Unfallversicherung zusätzlich 300 Millionen Euro in die Hand genommen und damit eine wesentliche Unterstützung gewährleistet. Wir richten den Blick natürlich auch auf die Verbraucherinnen und Verbraucher, die wir sehr ernst nehmen. Daher setze ich derzeit einen umfassenden Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Sicherheit bei den Futtermitteln um. Das ist gut für die Verbraucher, aber auch für die Landwirte selbst. Die Landwirtschaft erfüllt heute vielfältige Aufgaben: Sie erzeugt natürlich in erster Linie Nahrungsmittel, leistet aber auch einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung; nicht zuletzt ist sie die Stütze des ländlichen Raumes. Ich komme zum Ausblick; ein paar Punkte zur Lage der Landwirtschaft. Die Land- und Ernährungswirtschaft hatte im Jahr 2009 rund 5 Millionen Beschäftigte. Sie stellt also jeden achten Arbeitsplatz in Deutschland. Die Zahlen sprechen für sich. Die Lage der Landwirtschaft ist inzwischen wieder von steigenden Agrarpreisen gekennzeichnet, allein der Getreidepreis hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Inwieweit sich das nachhaltig auf die Einkommen der Landwirte auswirken wird, lässt sich noch nicht einschätzen; denn wir müssen auch die Kostenseite betrachten. Ich nenne zum Beispiel die Futtermittel. Wir hoffen, dass durch den Aufwärtstrend der Agrarpreise der Einbruch durch die Finanzkrise überwunden ist. Ungeachtet dessen muss man insgesamt darauf verweisen, dass die Direktzahlungen der Europäischen Union im Durchschnitt gut 52 Prozent der Einkommen der Landwirte ausmachen und daher auch in der Ausgestaltung der zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik einen wesentlichen Beitrag für die Stabilisierung des Agrarsektors leisten werden. Der deutsche Agrarexport hat 2010, nach dem Einschnitt durch die Finanzkrise 2009, sein langfristiges Wachstum fortgesetzt. Jeder vierte Euro im Bereich der Ernährungswirtschaft wird mittlerweile auf Auslandsmärkten erzielt. Der vorliegende Agrarbericht greift zahlreiche Handlungsfelder auf. Übergreifende Politiken wie die Energie- und Ressourcenpolitik spielen eine immer größere Rolle, und auch die Landwirtschaft wird bei der Ausgestaltung der Energiepolitik der Zukunft einen nennenswerten Beitrag leisten müssen. Außerdem müssen wir das Problem des Schwundes wertvoller Ackerflächen lösen. Ein Flächenverbrauch von 90 Fußballfeldern pro Tag ist noch deutlich von unserem Ziel von 30 Hektar entfernt. Daher sehe ich auch die Notwendigkeit, dass wir über alle Fragen, die die Landwirtschaft und die politischen Handlungsfelder betreffen, einen offenen Dialog führen. Ich habe einen Prozess zur Erstellung einer Charta für Landwirtschaft und Verbraucher eingeleitet, um die Verbraucher und die Landwirte an einen Tisch zu bringen. Zum Jahresende werde ich die Charta erstellen und die Ziele und Handlungsfelder einer modernen und zukunftsfähigen Agrarpolitik für die landwirtschaftliche Produktion und die gesamte Lebensmittelkette aufzeigen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Ministerin, vielen Dank. - Die erste Frage stellt die Kollegin Happach-Kasan. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht. - Ich möchte Ihnen ausdrücklich zustimmen, dass es gerade die Branche der Landwirtschaft gemeinsam mit der Ernährungswirtschaft besonders gut geschafft hat, aus der Krise von 2009 herauszukommen. Damit haben wir eine Bestätigung für unsere Landwirtschaftspolitik erhalten, die vom unternehmerischen Landwirt, der sich am Markt orientiert, geprägt ist. Ich glaube, dass wir da sehr erfolgreich gewesen sind. Wir sehen auch, dass unsere Landwirte im ländlichen Raum die Möglichkeiten der Diversifizierung ergreifen und sich weitere Einkommensfelder erschließen. Das ist eine positive Entwicklung, die wir gemeinsam weiter begleiten sollten. Oftmals wird die Exportorientierung der Landwirtschaft kritisiert. Aus Ihren Unterlagen geht hervor, dass 80 Prozent der Exporte in unsere Nachbarländer gehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in irgendeiner Weise negativ ist, dass Schleswig-Holstein mit Dänemark handelt oder Baden-Württemberg mit Frankreich. Ich hoffe, Sie stimmen mir zu. Meine Frage ist: Welche Bedeutung hat die Exportstrategie der Bundesregierung für die Zukunft unserer Landwirtschaft? Was bedeutet das für unsere Landwirte in den ländlichen Räumen? Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen Dank, Frau Kollegin Happach-Kasan. - Ich hatte schon gesagt, dass 5 Millionen Beschäftigte im Bereich Ernährungs- und Landwirtschaft tätig sind. Jeder vierte Arbeitsplatz ist exportabhängig, auch abhängig vom Export in unsere europäischen Nachbarländer. Die Zahl zeigt, dass wir sehr gut aufgestellt sind, dass die Ernährungswirtschaft gut aufgestellt ist und dass die Verbraucher in den umliegenden Ländern die Qualität und das Preisniveau sehr schätzen. Deshalb wäre eine Einschränkung des Exports mit dem Verlust von Arbeitsplätzen verbunden. Das wäre die Konsequenz. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Alle begeistert! Alles wunderbar, nicht?) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Nächste ist der Kollege Priesmeier. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Verehrte Frau Ministerin, ich darf mich zunächst einmal herzlich für die zeitnahe Information bedanken, zumal der Agrarbericht als Drucksache bis heute Morgen im Informationsdienst des Deutschen Bundestages nicht zur Verfügung stand. Wir mussten aus der Opposition heraus andere Quellen nutzen. Ich glaube aber, das ist lässlich. Ich frage Sie nach erster Durchsicht des Agrarberichtes insbesondere zu dem Bereich der Flächenkonkurrenz und zur Biomassestrategie, die die Bundesregierung hat. Wir haben verschiedene Ziele vereinbart: erstens unsere Biodiversität zu erhalten, zweitens die Produktion im Hinblick auf die Welternährungssituation zu steigern. Zum Dritten haben wir im Rahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel, den Flächenverbrauch, den Sie eben schon erwähnt haben, drastisch zu senken. Wie sehen Sie die Perspektiven Ihrer eigenen Politik im Hinblick auf die Ziele und im Hinblick auf das Konzept, das zum gegenwärtigen Zeitpunkt zur Biomassenutzung für 2020 und darüber hinaus diskutiert wird? Wie können wir diese Ziele kongruent machen? Das kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkennen. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen Dank, Herr Kollege Priesmeier. - Ich bitte um Nachsicht, dass der Bericht heute früh noch nicht im Internet verfügbar war. Ich glaube aber, es ist normal, dass zunächst das Kabinett beschließt und man den Bericht erst danach dort einstellt. Das ist von der Reihenfolge her nachvollziehbar. Uns war aber daran gelegen, Sie unmittelbar nach dem Kabinett zu informieren. - Das vielleicht noch einmal zur Erklärung. Die Perspektive ist nach wie vor sehr gut. Ich glaube, wir haben die Aufgabe und die Pflicht, einen Beitrag zu leisten, und zwar in beiden Bereichen, nämlich bei der Ernährungssicherung sowie bei den erneuerbaren Energien. Wir werden aber mit Sicherheit weiter über Umstellungen sprechen. Deshalb verhandeln wir zum Beispiel über das Erneuerbare-Energien-Gesetz, wo die Frage der Nutzungskonkurrenzen insbesondere im Biogassektor auf den Prüfstand gestellt wird. In der Kurzfassung würde ich sagen: mehr hin zur Reststoffverwertung, zu dezentraleren Strukturen. Ein Punkt ist zum Beispiel die Frage des Güllebonus, der momentan in viehhaltenden Betrieben durch den einzuhaltenden Mindestgülleanteil von 30 Prozent zu Problemen führt. Ich will die Bedeutung der Biomasse insgesamt für die erneuerbaren Energien noch etwas genauer ausführen: In allen Einsatzbereichen der erneuerbaren Energien, also Wärme, Kraftstoff und Stromerzeugung, kommen ungefähr zwei Drittel der Energie aus der Biomasse. Daran sieht man schon: Wenn wir ein Gesamtkonzept haben, können wir auf diesen Bereich nicht verzichten; wir müssen es nur intelligent und verträglich machen. Dazu brauchen wir natürlich die gute fachliche Praxis bei der Bewirtschaftung der Böden, und dabei - das habe ich ausgeführt - gilt das Prinzip der Nachhaltigkeit. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Mortler, bitte. Marlene Mortler (CDU/CSU): Frau Ministerin, Sie haben erwähnt, dass auf der einen Seite im Bereich der Ernährungswirtschaft inzwischen jeder vierte Euro auf Auslandsmärkten erzielt wird. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Vorwürfe aus bestimmten Richtungen, wir - Deutschland und Europa - würden die Entwicklungsländer mit unseren Agrargütern bzw. Lebensmitteln zuschütten. Sind Sie auch der Meinung, dass das die wirkliche Ursache für die Probleme der Entwicklungsländer ist, in denen immer mehr Menschen an Hunger leiden? Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung in der Zwischenzeit ergriffen, um einen eigenen Beitrag zu leisten? Danke schön. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen Dank, Frau Kollegin Mortler. - Das ist in der Tat eine große Herausforderung. Wir haben erst vor kurzem gehört, dass die Bevölkerung der Welt noch schneller wächst, als wir prognostiziert haben. Insgesamt stellen wir uns auf eine Bevölkerung von 9 Milliarden Menschen im Jahr 2050 ein. Die Bevölkerung wird insbesondere in den Entwicklungsländern stark wachsen. Deshalb ist für uns - auch für die Bundesregierung - eine wesentliche Aufgabe, dieses Problem lösen zu helfen. Ich bin sehr froh, dass ich mit dem Kollegen Entwicklungshilfeminister, dem Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Da haben wir alles gestern Abend richtig gemacht, und jetzt kommen Sie!) - Entschuldigung, was habe ich jetzt falsch gesagt? Dirk Niebel auf alle Fälle; alles richtig -, mit dem geschätzten Kollegen Dirk Niebel, an einem Strang ziehe, was die ländliche Entwicklung in den Entwicklungsländern betrifft. Es ist auch richtig, hier den Schwerpunkt zu setzen, weil der Schlüssel in der Tat in den Ländern vor Ort liegt. Dort muss man die Landwirtschaft verträglich entwickeln. Da gibt es meines Erachtens noch viel zu tun. Das hat generell etwas zu tun mit dem Zugang zum Land, auch mit dem verlässlichen Zugang zum Land. Es muss darum gehen, nicht nur anzubauen, sondern auch zu ernten und das, was geerntet wird, möglichst nicht zu verlieren. Bei 40 Prozent Ernteverlust gibt es noch ein gewaltiges Potenzial zu erschließen. Das Ganze umzusetzen, zum Beispiel im Süd-Süd-Handel, ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir können unter anderem das notwendige Know-how liefern. Ich verweise zum Beispiel auf unser Demonstrationsprojekt, das wir hierzu in Äthiopien durchführen. In diesem Bereich ist noch viel Potenzial vorhanden. Ich glaube wirklich, dass der Schlüssel vor Ort liegt. Deshalb ist es richtig, dass wir in der Entwicklungspolitik umsteuern, hin zu mehr ländlicher Entwicklung. Auch die Entscheidung, auf diesem Gebiet finanzielle Schwerpunkte zu setzen, war hervorragend. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt bitte der Kollege Süßmair. Alexander Süßmair (DIE LINKE): Frau Ministerin Aigner, ich habe eine Frage zur Einkommenssituation der landwirtschaftlichen Betriebe. Die Regierung legt ja immer sehr viel Wert auf die unternehmerisch orientierte Landwirtschaft. Das wird in dem Bericht deutlich. Sie haben gerade auch den Export angesprochen. Anscheinend hat das Ganze aber nicht wirksam dazu beigetragen - das ist die Frage -, die Einkommenssituation zu verbessern. Wenn man sich den Bericht, der sich auf die vergangenen Jahre bezieht, ansieht, stellt man fest, dass das Einkommensniveau im Bereich der Landwirtschaft - ich meine nicht nur die Bäuerinnen und Bauern, sondern auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in landwirtschaftlichen Betrieben angestellt sind - deutlich unter dem Einkommensniveau anderer Gruppen der Gesellschaft liegt. In manchen Berichtsjahren gab es einen Unterschied von bis zu 30 Prozent. In diesem Zusammenhang frage ich auch nach der Einkommenssituation der Rentnerinnen und Rentner, die im Bereich der Landwirtschaft tätig waren. Auf den Bereich der Sozialversicherung wird im Bericht leider nicht ausführlich eingegangen. Dort findet man keine Aussage zur sozialen Lage der Rentnerinnen und Rentner, die aber auch etwas mit den Einkommen zu tun hat. In diesem Zusammenhang würde mich noch etwas interessieren. Wir haben über die Energieerzeugung gesprochen. Ich nenne das Stichwort "Biomasse". Die Einkommen landwirtschaftlicher Betriebe aus Energieerzeugung sind in dem Bericht weitgehend außen vor geblieben. Häufig wird eine Anlage zur Energieerzeugung als eigenständiger Betrieb ausgegliedert, zum Beispiel wenn es sich um eine 500-kW-Anlage handelt. Die Einnahmen tauchen dementsprechend nicht in der Bilanz des landwirtschaftlichen Betriebs auf. Das ist in dem Bericht übrigens auch der Fall. Die Frage ist aber: Welchen Anteil haben die Einnahmen aus Energieerzeugung am Einkommen der Landwirtinnen und Landwirte? Ich finde diesen Punkt sehr wichtig. Schließlich führen wir viele Debatten über die Strategieänderung im Bereich Biomasse, wir haben die Novellierung des EEG auf der Tagesordnung, und Ihr Kollege, Herr Röttgen, (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Dr. Röttgen! So viel Zeit muss sein!) hat ja, wenn ich das richtig verstanden habe, zum Güllebonus und dergleichen gesagt - das ist ein erster Vorschlag -, dass er eine Absenkung der Förderung bei den kleineren Anlagen will. Meine Frage lautet: Was sagen Sie zu der Einkommensentwicklung im Bereich der unternehmerischen Landwirtschaft, und was sagen Sie zur Einkommensentwicklung vor dem Hintergrund der Novellierung des EEG? Der Bericht spiegelt die Lage eigentlich nicht wider. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen Dank, Herr Kollege Süßmair. - Es ist in der Tat so, dass die Einkommen sehr stark schwanken. Sie alle sind auf diesem Fachgebiet schon längere Zeit tätig und wissen, dass wir im Berichtszeitraum eine lange Hochphase hatten, in der die Einkommen teilweise an die Vergleichseinkommen herangekommen sind; der Unterschied betrug nur noch etwa 5 Prozent. Während der Krisenjahre, die wir hinter uns gebracht haben, ist das Niveau aber um bis zu 30 Prozent unter das Niveau in anderen gesellschaftlichen Gruppen abgesackt. Das zeigt, dass die Wirkung der Schwankungen bei den Agrarpreisen auf die Einkommen sehr groß ist. Deshalb habe ich darauf verwiesen, dass die Direktzahlungen von der europäischen Ebene - 52 Prozent Anteil am Einkommen - eine ganz wesentliche stabilisierende Rolle für die Einkommen spielen und damit Planungssicherheit für die Landwirte schaffen. Ich habe explizit darauf hingewiesen, um deutlich zu machen, dass uns das auch bei den zukünftigen Verhandlungen sehr wichtig ist. Zu Ihrer zweiten Frage: Es ist in der Tat so, dass wir bei Haupterwerbsbetrieben keinen Zugriff auf die Daten bezüglich der zusätzlichen Einkommen haben. Das ist letztendlich ein eigenständiger Gewerbebetrieb, egal ob es um Photovoltaik, Biogas oder andere gewerbliche Erzeugnisse geht. Wir müssten uns um diese Daten bemühen und datenschutzrechtliche Fragen klären. Das wäre auch ein zusätzlicher statistischer Aufwand. Wir haben uns auf die Agrarwirtschaft konzentriert, also auf die Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft. Zu Ihrer Frage zu den Renten: Ich will nur allgemein auf die Bedeutung der Sozialpolitik verweisen. Der Haushalt des Bundes im Bereich Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz umfasst ungefähr 5,5 Milliarden Euro. 3,75 Milliarden Euro davon beziehen sich auf den Bereich der Agrarsozialpolitik. Allein schon daran sieht man, welche Bedeutung die agrarsoziale Sicherung neben den Direktzahlungen für die Landwirte hat. Es gibt zwei Leistungsgesetze für die Bereiche der Alterssicherung und der Krankenversicherung. Hinzu kommt die Unfallversicherung, auf die ich verwiesen habe. Diese haben wir in schwierigen Zeiten im Rahmen eines Sonderprogramms zusätzlich mit 300 Millionen Euro bestückt. Ich glaube, das war das Effektivste, was wir im Bereich der Sozialpolitik machen konnten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Dr. Lehmer, bitte. Dr. Max Lehmer (CDU/CSU): Vielen Dank, Frau Ministern, für Ihren Bericht und auch für die Darstellung der positiven Zukunftsperspektive der Landwirtschaft. - Meine Frage: Welche Bedeutung messen Sie der Agrarforschung bei, und wo sehen Sie die wichtigsten Schwerpunkte für die nähere Zukunft? Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen herzlichen Dank, Herr Dr. Lehmer. - Die Agrarforschung spielt in meinem Ressort eine herausragende Rolle. Um das einmal darzustellen: 10 Prozent der Ausgaben meines Ministeriums gehen in die Forschung. Wir haben eine hervorragend aufgestellte Ressortforschung. Vier Institute sind beispielgebend. Ich will hier nur als ein Beispiel das Friedrich-Loeffler-Institut, in dem Tierseuchen erforscht werden, hervorheben. Im letzten Jahr durften wir den Neubau einweihen; wir haben dort 300 Millionen Euro investiert. Das ist auf europäischer Ebene ein Leuchtturm, auf den viele schauen. Deshalb ist die Forschung für uns natürlich unverzichtbar. Durch die Ressortforschung gewinnen wir neue Erkenntnisse und entwickeln neue Technologien, die wir verantwortungsvoll einsetzen, zum Beispiel bei Züchtungen. Das ist also ein ganz wichtiger Punkt, auf den ich sehr viel Wert lege und auf den ich auch stolz bin. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Ostendorff, bitte. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schönen Dank, Frau Ministerin, für den Bericht. - Es fällt uns in unseren Reihen etwas schwer, uns angesichts des Besuchs unseres zukünftigen Landwirtschaftsministers, Ihres Länderkollegen, zu konzentrieren. Aber wir wollen uns jetzt trotzdem dem Bericht zuwenden. - Ja, dieser Bericht lag sehr kurzfristig vor, aber das ist eben so; das gestehen wir zu. Wir als Grüne bitten - das ist eine Anmerkung - um eine Vereinheitlichung der Zahlen zum Klimawandel. Im Bericht steht, dass der Anteil der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft 13 Prozent beträgt; Staatssekretär Bleser hat bisher immer von 7 Prozent gesprochen. Wir wären dafür, dass die Zahlen angeglichen werden und einheitlich von 13 Prozent gesprochen wird. Ich denke, das ist der Stand, den die meisten von uns haben. Agrarkommissar Ciolos hat neue Herausforderungen für die Agrarreform formuliert. Sie, die Bundesregierung und Sie als Ministerin, haben sich der Frage der neuen Herausforderungen bisher sehr zurückhaltend genähert. Im Agrarbericht selbst wird das Thema jetzt sehr offensiv behandelt. Der Duktus ist neu. Welche Politik ergibt sich für Sie daraus, dass Sie die neuen Herausforderungen jetzt als große Aufgabe begreifen? Was werden Sie hier konkret einbringen? Beim Thema Tierschutz, das ja im Agrarbericht eine große Rolle spielt, ergibt sich für uns zwangsläufig eine Frage. Im Agrarbericht ist von einem Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration und von einem Verbot der Käfighaltung die Rede. Wie wollen Sie das mit den Koalitionsfraktionen umsetzen? Im Ausschuss spiegelt sich diese im Bericht dargestellte Auffassung so nicht wider. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen herzlichen Dank, Herr Kollege Ostendorff. - Als Erstes sei mir gestattet, dem Kollegen Bonde ganz herzlich zu gratulieren. Wir kennen uns schon seit vielen Jahren. Ich freue mich natürlich auf die Zusammenarbeit. Ich hoffe, dass die Konzentration dadurch jetzt nicht wesentlich gestört wird. Zweitens möchte ich eine Anmerkung zu den Zahlen bezüglich der Treibhausgasemissionen machen. Das ist eine Frage der Betrachtung. Wenn man die Landwirtschaft an sich betrachtet, dann sind es 7 Prozent. Wenn man alle vor- und nachgelagerten Bereiche dazuzählt, dann sind es 13 Prozent. Es ist immer eine Frage der Betrachtungsweise. Das ist wie beim Straßenverkehr: Wenn Sie nur die Emissionen der Autos betrachten, ist es weniger, als wenn Sie die Produktion der Autos und den Straßenbau einbeziehen. Deshalb gibt es unterschiedliche Zahlen. Das wollte ich zur Erläuterung sagen. Zur Frage der Umweltziele. Ich bin froh, dass Sie die Frage gestellt haben. Das gibt mir die Gelegenheit, noch einmal darzustellen, was wir in Deutschland momentan schon umsetzen. Dabei handelt es sich übrigens auch um Beschlüsse, die noch die Vorgängerregierung gefasst hatte. Sie sind für unsere Landwirte eine große Herausforderung und verlangen ihnen schon jetzt sehr viel ab. Es geht um die Umstellung von einer produktionsbezogenen Förderung, von Direktzahlungen, auf eine reine Flächenprämie, bei der für die Bewirtschaftung der Fläche gezahlt wird. Dies ist eine vollkommene Entkopplung und bedeutet eine Verschiebung innerhalb der Landwirtschaft. Jetzt nehme ich einmal als Beispiel Grünland. In den nächsten drei Jahren werden Grünlandstandorte mit 600 Millionen Euro gefördert. Das ist schon eine große Herausforderung. Ich habe Grünland angesprochen, weil das indirekt ein gewisses Greening ist. Künftig wird Grünland also genauso gefördert wie Ackerbau. Es gibt also eine deutliche Verschiebung. Wir diskutieren im Moment darüber hinaus über die Frage, wie sonstige Umweltstandards eingebaut werden sollen. Für mich stellt sich immer die Frage: Wie kann man etwas, das nicht nur der Landwirtschaft, sondern auch der Umwelt nutzt, effektiv und ohne zu viel Bürokratie erreichen? Das ist die entscheidende Frage. Wir warten auf die Vorschläge der Kommission. Ich bin gespannt. Wir werden sie auch an der Umsetzung, daran, wie bürokratisch es gemacht wird, messen. Aber noch einmal: Wir machen in Deutschland schon jetzt viel mehr, als manche vielleicht registriert haben. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und der Tierschutz?) - Entschuldigung! Bezüglich des Tierschutzes ist es so, dass wir eine Legehennenverordnung auf den Weg gebracht haben, nach der es für bestehende Betriebe einen Bestandsschutz gibt. Zur Frage der Ferkelkastration. Es gibt einen Beschluss auf europäischer Ebene, die sogenannte Brüsseler Erklärung, nach der man 2018 aus der Ferkelkastration aussteigen will. Auch darüber werden wir im Herbst noch zu diskutieren haben. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Dr. Geisen, bitte. Dr. Edmund Peter Geisen (FDP): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Verehrte Frau Ministerin, können Sie kurz darüber berichten, welche Auswirkungen die Einrichtung des Spitzenverbandes bei den landwirtschaftlichen Sozialversicherungen gehabt hat und welche Maßnahmen in Zukunft noch getroffen werden müssen, um ein effizientes, eigenständiges landwirtschaftliches Versicherungssystem zu erhalten? Ich habe noch eine zweite Frage. Wie hat sich eigentlich die von der sozial-liberalen Regierung eingeführte steuerliche Harmonisierung bei Agrardiesel auf die Landwirtschaft ausgewirkt? Ist mit einer Verstetigung dieser Maßnahme zu rechnen? Vielen Dank. (Ulrich Kelber [SPD]: Welche sozial-liberale Regierung meinen Sie denn? Das ist doch schon lange her! - Gegenruf von der FDP: Das ist perspektivisch! - Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Vielleicht sagt ihr es ja!) Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen Dank. - Ich fange mit der letzten Frage an. Momentan sind wir in Bezug auf die Entfristung beim Agrardiesel auf europäischer Ebene bei der Notifizierung. Hinsichtlich der Frage der Verstetigung müssen wir noch abwarten. Wir hängen da auch am Beihilferecht in Europa. Unterm Strich kann man sagen, dass es bei den betroffenen Betrieben einen zusätzlichen Einkommenseffekt gibt. Das ist eindeutig nachzuweisen. Es ist auch keine Frage, dass er je nach Verbrauch unterschiedlich ausfällt. Die erste Frage bezog sich auf die Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es mehrere solcher Träger und einen Dachverband. Die Struktur ist sehr dezentral. Es gibt auch unterschiedliche Beitragssätze. Ziel ist eigentlich gewesen, irgendwann einmal einen einheitlichen Sozialversicherungsträger zu schaffen. Wir sind da im Moment mit dem für diese Maßnahmen federführenden Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gespräch. Das Ganze ist natürlich mit Aufwand verbunden. Wir haben bei den Beratungen über den Haushalt herausverhandeln können, dass wir für die nächsten drei Jahre zusätzlich 150 Millionen Euro bekommen, wenn es einen einheitlichen Sozialversicherungsträger gibt. Wenn es nicht dazu kommt, sind die 150 Millionen Euro sozusagen gesperrt und werden dann wahrscheinlich nicht zur Verfügung stehen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Kollege Paula, bitte. Heinz Paula (SPD): Frau Ministerin, Sie haben darauf hingewiesen, dass das Thema Ferkelkastration im Herbst zu diskutieren sein wird. Ich möchte bei einigen anderen Punkten nachhaken, weil es mir ähnlich wie dem Kollegen Ostendorff geht. Sie nannten zwei Punkte, die von unserer Fraktion eingebracht worden sind. Dabei geht es um die Aufnahme der Haltung von Kaninchen in die Nutztierverordnung. Des Weiteren geht es um Tierschutzkennzeichnung. Sie wissen, dass wir hierzu ebenfalls einen Antrag eingebracht haben. Beide Anträge wurden im vorigen Jahr abgelehnt. Deswegen bin ich sehr dankbar, dass Sie in Ihrem Haus trotz der Ablehnung aus der Regierungskoalition bereits Vorarbeiten getätigt haben. Meine erste Frage lautet: Wie ist der Sachstand dieser Vorarbeiten, und bis wann können wir hier mit konkreten Vorschlägen aus Ihrem Hause rechnen? Zweitens. Sie wissen, dass in Niedersachsen ein umfangreiches Paket im Bereich des Tierschutzes auf den Weg gebracht wurde, welches auch uns wiederum auffordert, zum Beispiel bei der Nutztierhaltungsverordnung - hier bezüglich der Junghennen - entsprechend initiativ zu werden. Wenn Sie uns hierzu konkrete zeitliche Dimensionen und eventuell auch schon den einen oder anderen inhaltlichen Punkt aufzeigen könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen herzlichen Dank. - Ich fange mit dem letzten Punkt an. In Niedersachsen ist der Kollege Lindemann mit vielen Verbänden im Gespräch. Er hat mehrere Punkte aufgegriffen. Einer davon betrifft die Frage der Jungküken. Deshalb sind wir auch mit Niedersachsen im Gespräch. Wir brauchen hierzu eine Lösung, zum Beispiel das Screening schon beim Ei. Es geht aber auch um andere Maßnahmen. Hier befinden wir uns in der Abstimmung und wollen das mit Niedersachsen sozusagen im Gleichklang machen. Deshalb kann ich dazu noch keinen genauen Zeitpunkt nennen. Auf alle Fälle wird es im Herbst eine Novellierung des Tierschutzgesetzes geben. Wir müssen das Tierschutzgesetz verändern, weil wir die europäische Versuchstierrichtlinie umsetzen müssen. Unter anderem wird dann zum Beispiel auch die Frage der Mastkaninchen geregelt werden. Das ist geplant und mit den Koalitionsfraktionen entsprechend abgesprochen worden. Als Nächstes zur Tierschutzkennzeichnung. Um was geht es eigentlich? Mir geht es nicht um eine nationale Kennzeichnung. Das Problem ist - es ist letztendlich auf europäischer Ebene zu lösen -, dass derzeit jeder irgendetwas auf seine Produkte schreibt, aber keiner genau nachvollziehen kann: Bedeutet es wirklich mehr Tierschutz als das, was wir gesetzlich bereits vorgeschrieben haben? Mir geht es um eine Vereinheitlichung, ähnlich wie beim Ökolabel. Auch hier hat anfangs jeder irgendetwas auf seine Produkte geschrieben. Die Verbraucher wussten irgendwann nicht mehr, was sich dahinter verbirgt. Bei der Tierschutzkennzeichnung geht es um eine freiwillige Kennzeichnung, die allerdings ein gewisses Qualitätsniveau haben muss, damit ausgeschlossen werden kann, dass der Verbraucher getäuscht wird und nur mehr zahlen muss, obwohl nichts dahintersteckt. Das ist momentan der Sachstand. Dieses Vorhaben muss auf europäischer Ebene angestoßen werden, sprich: Die Europäische Kommission muss dazu einen Vorschlag vorlegen. Insofern liegt dies vor allem in den Händen der Kommission. Aber von uns ist das Signal gekommen, bitte schnellstmöglich zu handeln. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege Holzenkamp, bitte. Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): Danke, Frau Präsidentin. - Vielen Dank für Ihren Bericht, Frau Ministerin. Ich habe zwei Fragen. Erste Frage. Wie beurteilen Sie die Bedeutung der Landwirtschaft in der Zukunft - damit meine ich die gesamte Agrarwirtschaft -, und ist die Förderung der ländlichen Bereiche in ausreichendem Maße an den Herausforderungen ausgerichtet? Zweite Frage. Die Diskussion über das Thema "Teller und Tank" hat zunehmende Aktualität erfahren, sowohl aufgrund steigender Nahrungsmittelpreise, die wir zur Kenntnis nehmen müssen, und der sehr großen Rohstoffknappheit als auch aufgrund der Weiterentwicklung des Energiekonzeptes, das wir aktuell umsetzen. Welches Potenzial hat Ihrer Meinung nach Biomasse in Deutschland? Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Herzlichen Dank. - Auch in Zukunft wird es wie in der Vergangenheit nicht ohne Landwirtschaft gehen. Dies ist schon allein deshalb der Fall, weil die Produktion von Lebensmitteln die Grundlage des Lebens betrifft; da brauchen wir uns nichts vorzumachen. In Deutschland haben wir ein sehr hohes Niveau erreicht - auch dies muss man immer wieder hervorheben -, das weltweit anerkannt ist. Die Landwirtschaft wird auch in der Zukunft einer der zentralen Wirtschaftszweige in Deutschland sein. Ich finde, ein Wirtschaftsbereich, auf den 6,5 Prozent der Wertschöpfung eines Landes entfallen, ist kein ganz so kleiner Wirtschaftsbereich. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Das wird vielleicht vielfach nicht sofort erkannt; aber auch dies muss man immer wieder betonen. Da jeder achte Arbeitsplatz in Deutschland in diesem Bereich zu finden ist, handelt es sich um einen ganz entscheidenden Wirtschafts- und Arbeitsplatzfaktor, dessen Schwerpunkt in den ländlichen Räumen liegt. Angesichts der demografischen Entwicklung und der Probleme, die es in den ländlichen Räumen gibt, wäre die Lage in vielen Bereichen ohne die Landwirtschaft noch etwas schwieriger, wenn ich das einmal so formulieren darf. Zu Ihrer zweiten Frage, in der es um das Potenzial von Biomasse geht. Ich möchte mich an dieser Stelle auf die Biogasproduktion konzentrieren. Ich habe schon erwähnt: Mir geht es darum, dass wir ein Stück weit in Richtung Reststoffverwertung umsteuern, um mehr Gülle, aber auch Grünschnitt, Kompost und was sonst noch an Reststoffen da ist, zu verwerten. Vor diesem Hintergrund ist die Ausgestaltung der Boni in der Zukunft eine entscheidende Frage. Ich glaube, wir müssen mehr als bisher deutlich machen, warum Biogas eine sehr wichtige Rolle spielt. Gas ist ein speicherfähiges Medium. Man kann es zur Verstromung verwenden und dann den Strom ins Netz einspeisen, wenn Wind und Sonne als Energiequelle nicht vorhanden sind. Mit Biogas kann man andere Energieträger ersetzen, oder man kann es in Spitzenlastzeiten, wenn viel Strom gebraucht wird, zusätzlich nutzen. Man kann es aber auch aufarbeiten, ins Erdgasnetz einspeisen und im Rahmen der Gasversorgung als grundlastfähigen Energieträger verwenden. Für uns ist entscheidend, dass auch die Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Wir wollen mehr Reststoffe als bisher verwerten, und zwar dezentral, damit die Fahrtwege kürzer sind. Ich glaube, dies ist eine große Chance für die ländlichen Räume; denn die Wertschöpfung bleibt in den ländlichen Räumen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege Kelber, bitte. (Dr. Erik Schweickert [FDP]: Oh! Der Kollege Kelber hat eine Frage! - Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ruhig Blut, Herr Kelber!) Ulrich Kelber (SPD): Frau Ministerin, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich finde es ausgesprochen positiv, dass Sie noch am gleichen Tag, an dem sich das Kabinett mit dem Agrarpolitischen Bericht befasst hat, ihn hier vorstellen. Im Fachausschuss werden wir Sie, nachdem wir die Gelegenheit hatten, die 84 Seiten zu lesen, noch löchern. Beim Durchblättern des Exemplars, das der Kollege Priesmeier aufgetrieben hat, haben sich für mich Fragen in Bezug auf den häufig verwendeten Begriff der Nachhaltigkeit ergeben. Es geht dabei um zwei Aspekte. Erstens. Auf Seite 35 gehen Sie darauf ein, dass die Europäische Union den Mitgliedstaaten im Bereich der Grünen Gentechnik in Zukunft mehr Kompetenzen zuweisen will, und schreiben dann, dass Sie das nutzen wollen, indem Sie auf Abstandsregelungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und innerhalb eines bundeseinheitlichen Rahmens setzen. Werden Sie also von dem von Ihnen und Ihrer Fraktion früher angekündigten Anbauverbot auf nationaler oder regionaler Ebene abweichen? Zweitens habe ich eine Frage zum Thema Nachhaltigkeit und Wald. Auf Seite 42 ist von "nachhaltiger Waldbewirtschaftung" die Rede. Sind Sie bereit, diesen Fachbegriff in das Waldgesetz aufzunehmen? Auf Seite 74 schreiben Sie, dass nach den Daten des Jahres 2008 derzeit im deutschen Wald 10 Prozent Holz pro Jahr mehr zuwächst, als geerntet wird. Mehrere Experten gehen davon aus, dass ein solcher Zuwachs im Jahr 2011 wegen der verstärkten Nutzung nicht mehr existiert. Sind Ihnen diese Fakten bekannt? Teilen Sie diese Auffassung? Was können wir tun, wenn sich in den nächsten Jahren das Verhältnis umkehren sollte? Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Zu Ihrer ersten Frage kann ich feststellen: Was die Abstandsregelungen betrifft, setze ich exakt den Koalitionsvertrag um, der auch von meiner Fraktion, der CSU, unterschrieben worden ist und der insofern auch unsere Position widerspiegelt. Das Vorhaben ist derzeit in der Ressortabstimmung. Regelungen werden demnächst vorgelegt. Zu der Frage nach der nachhaltigen Waldbewirtschaftung sei der Hinweis erlaubt, dass der Nachhaltigkeitsbegriff in der Waldwirtschaft geboren wurde. Insofern habe ich kein Problem, ihn in das Waldgesetz mit aufzunehmen. Nachhaltige Waldbewirtschaftung ist eine Selbstverständlichkeit. Dies bedeutet im Grunde genommen, dass man nur so viel Holz einschlagen darf, wie nachwächst oder nachgepflanzt wird. Das ist eine relativ einfache Regelung, um der Nachwelt den Wald zu erhalten. Das, was Sie angesprochen haben, ist mir nicht bekannt. Ich kenne die derzeitigen Zuwachsraten: Der Zuwachs ist um 10 Prozent höher als die Nutzung. Deshalb ist es, glaube ich, richtig, sich für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung einzusetzen. Ich habe darauf hingewiesen, dass der Anteil der Biomasse als Träger erneuerbarer Energien etwa zwei Drittel beträgt. Dazu leistet die Waldwirtschaft einen wesentlichen Beitrag. Mir geht es aber auch um eine verstärkte Kaskadennutzung, das heißt zuerst die stoffliche Verwertung und dann die energetische Verwertung. Ein hervorragendes Beispiel ist der Neubau der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe in Gülzow, den ich gestern anlässlich seiner Einweihung besucht habe. Das Gebäude, das neuen Raum für 30 Mitarbeiter schafft, besteht zu 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen, vom Ziegenfellteppich bis zur Lehmschicht. Das Raumklima ist hervorragend. Ich kann den Kollegen einen Besuch nur ans Herz legen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Morgen bin ich da!) Das ist ein Musterbeispiel dafür, wie man mit nachwachsenden Rohstoffen eine hervorragende Bauqualität erreichen kann. Es sollte also zuerst die stoffliche und dann die energetische Nutzung erfolgen. Dazu brauchen wir eine nachhaltige Waldbewirtschaftung. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Es gibt zwar noch einige Wortmeldungen. Sie können aber nicht mehr berücksichtigt werden, weil wir bedauerlicherweise am Ende der Regierungsbefragung sind. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde - Drucksache 17/5733 - Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Hermann Kues zur Verfügung. Ich rufe Frage 1 der Kollegin Caren Marks auf: Wie viele Personen, die zuvor nicht erwerbstätig gewesen sind, erhalten über zwölf Monate das Mindestelterngeld (bitte um Aufschlüsselung nach Hausfrauen und -männern, Studentinnen und Studenten), und wie viele Personen erhalten Elterngeld neben einer Teilzeitberufstätigkeit (bitte aufschlüsseln für das Jahr 2010 und das erste Quartal 2011)? Herr Staatssekretär, bitte. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: In der Frage wird eine sehr differenzierte Aufschlüsselung nach Hausfrauen, Hausmännern sowie Studentinnen und Studenten erbeten. Dazu liegen uns keine Daten und Informationen vor. Auf eine allgemeine Frage könnten wir ausführlicher antworten. 2010 haben laut Statistik zum Elterngeld - es handelt sich um die gemeldeten beendeten Leistungsbezüge - rund 284 000 Frauen und rund 34 000 Männer das Mindestelterngeld bezogen. Rund 262 000 Frauen und rund 26 000 Männer, die Elterngeld bezogen haben, waren vor der Geburt der Kinder nicht erwerbstätig. Wie gesagt, zu den einzelnen Gruppen, nach denen in Ihrer Frage differenziert wird, liegen uns keine Daten vor. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Marks, Sie haben eine Nachfrage. Bitte schön. Caren Marks (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, vielen Dank für die Antwort. Sie haben eben mitgeteilt, dass es Ihnen nicht möglich ist - weil die Daten nicht vorliegen -, das Ganze, so wie es in meiner Frage formuliert ist, aufzuschlüsseln. Meine Nachfrage lautet: Wird seitens der Bundesregierung beabsichtigt, diese Daten zu erheben - dann könnte ich gegebenenfalls in einigen Wochen eine entsprechende Antwort bekommen -, und wenn nein, warum nicht? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wir haben eine detaillierte Evaluierung beim Elterngeld vorgenommen. Im Jahre 2009 ist die letzte erfolgt. Wir werden natürlich eine weitere Evaluierung vornehmen. Ich glaube, 2011 ist die nächste vorgesehen. Mir ist aber nicht bekannt, ob auch nach dem gefragt wird, was Sie wissen wollen; meines Wissens ist das nicht der Fall. Aber das ist sicherlich bedenkenswert. Dazu wäre eine etwas umfänglichere Expertise notwendig, um dazu eine Aussage treffen zu können. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Marks, haben Sie eine zweite Nachfrage? - Das ist nicht der Fall. Dann hat jetzt Herr Wunderlich das Fragerecht. Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, Sie sagen, dass keine Erkenntnisse vorliegen. Die Antwort auf die Frage von Frau Marks lautet: Elterngeld bekommt jeder, der es beantragt hat. Die entscheidende Frage lautet aber: Was bekommt man tatsächlich ins Portemonnaie? Als wir damals die Bundesregierung danach gefragt haben, lagen keine Erkenntnisse zu Hartz-IV-Beziehern vor. Jetzt frage ich erneut: Haben Sie inzwischen Erkenntnisse darüber, wie viele Hartz-IV-Empfängerinnen und Hartz-IV-Empfänger betroffen sind? Das heißt, ich möchte die Anzahl der betroffenen Hartz-IV-Haushalte sowie die Höhe der Kürzungen wissen. Weiterhin frage ich Sie in diesem Zusammenhang: Liegen der Regierung inzwischen Erkenntnisse über die Rückforderungen der Jobcenter vor, und wie wird mit denjenigen Hartz-IV-Empfängern verfahren, die aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht in der Lage sind, die Gelder zurückzuzahlen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ich kann Ihnen eine globale Zahl nennen - es handelt sich dabei nach wie vor um eine Schätzung, weil uns Detailzahlen auch hierzu nicht vorliegen; die Regelung ist noch relativ neu -: Wir gehen von 100 000 Bedarfsgemeinschaften pro Geburtsjahr aus. Wie viele Personen konkret betroffen sind, wissen wir nicht. Die Haushalte bzw. die Bedarfsgemeinschaften sind sehr unterschiedlich. Außerdem gibt es teilweise noch Nachforderungen bzw. Nachbewilligungen. Ich erinnere Sie nur an die Änderungen, die wir im letzten Jahr bei den Regelungen für das Elterngeld vorgenommen haben. Wir gehen davon aus, dass die Neuregelung bezüglich der Aufhebung der Anrechnungsfreiheit, wenn sie dann voll wirksam wird, mit Minderausgaben in Höhe von 335 Millionen Euro für den Bund verbunden ist. Das ist das, was wir wissen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann sind wir bei Frage 2 der Kollegin Marks: Führt die Anrechnung des Elterngeldes auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und/oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch nicht zu einer Ungleichbehandlung mit denjenigen Gruppen von Elternteilen, die vor der Geburt ebenfalls kein Einkommen erzielt haben, aber das Elterngeld auch nach dem 1. Januar 2011 weiterhin beziehen (wenn nein, bitte detailliert begründen)? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Bereits beim Beschluss hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass die Anrechnung des Elterngeldes auf die Leistungen nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch systemgerecht ist. Danach muss jeder Hilfebedürftige zuerst sein Einkommen einsetzen, um für sich und seine Familie aufzukommen. Wenn er das mit seinem eigenen Einkommen nicht schafft, dann hat er Anspruch auf Hilfe nach SGB II und SGB XII. Das Elterngeld wird - das ist systemgerecht - genauso angerechnet wie andere Leistungen, zum Beispiel Arbeitslosengeld, Unterhaltsleistungen, Unterhaltsvorschussleistungen und Kindergeld. All dies ist zu berücksichtigen. Wir berücksichtigen in diesem Sinne - systemgerecht - auch das Elterngeld, weil davon auszugehen ist, dass der gesamte Familienbedarf - darüber haben unterschiedliche Koalitionen in den letzten Jahren entsprechende Beschlüsse gefasst - durch die Grundsicherungsleistung nach SGB II und SGB XII gedeckt wird. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Marks, eine Nachfrage? - Bitte schön. Caren Marks (SPD): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, dass es üblich sei, dass das Elterngeld angerechnet werde. Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass wir in der Großen Koalition das Elterngeld auf SPD-Initiative hin gemeinsam eingeführt haben. Die SPD hat sich damals gegen die Systematik ausgesprochen, dass das Elterngeld bei ALG-II-Bezieherinnen und -Beziehern angerechnet wird, weil es uns wichtig war, dass es das Elterngeld für alle Familien als Erziehungsleistung gibt, wodurch den Eltern mit kleinen Kindern ein Schonraum für einen Zeitraum von 12 bis 14 Monaten ermöglicht wird. Womit begründen Sie, dass diese Regelung, die wir damals gemeinsam in der Großen Koalition verabschiedet haben, durch die neue Gesetzgebung außer Kraft gesetzt und das Elterngeld jetzt angerechnet wird, was dazu führt, dass Eltern, die Hartz IV bekommen, kein Elterngeld beziehen? Das ist doch die Wahrheit. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Sie selbst haben das Stichwort "Schonraum" genannt. Das heißt, dass man sich für eine gewisse Zeit, 12 bis 14 Monate, voll um das Kind kümmern kann, egal ob Mann oder Frau, Vater oder Mutter. Das ist der Gedanke gewesen. Der Gedanke beim Elterngeld ist, dass es keinen Einbruch beim Einkommen gibt und dass man finanziell abgesichert ist. Es handelt sich in der Regel um junge Familien, die kein besonders hohes Einkommen haben. Auch das wissen wir. Man wollte eine attraktive Regelung schaffen, damit die Familien keine Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Das bezeichnet man als Schonraum. Wenn jemand Unterstützung nach SGB II oder SGB XII bezieht, dann befindet er sich in einer ganz anderen Situation. Er ist leider nicht erwerbstätig. Dafür bekommt er vom Staat, von der Gemeinschaft der Steuerzahler, für eine Übergangszeit Unterhaltsleistungen. Das ist keine Dauerregelung. Sie wissen, dass es bei diesem Personenkreis eine hohe Fluktuation gibt - Gott sei Dank - und dass viele wieder aus dem SGB-II-Bezug ausscheiden. Das ist unser gemeinsames Ziel. Das gilt umso mehr in der jetzigen wirtschaftlichen Situation. Wir haben überlegt, ob es rechtssystematisch richtig ist, jemandem, der eine für Familien ausreichende Ausstattung, wie wir sie gemeinsam definiert haben, erhält, noch zusätzliche Leistungen zu gewähren. Man kann darüber diskutieren, ob dann überhaupt noch ein Anreiz gegeben ist, einen Teil des Einkommens selbst zu erwirtschaften. Wir haben intern mehrfach darüber diskutiert. Wir haben immer die Auffassung vertreten, dass wir alles dafür tun müssen, dass beispielsweise junge Mütter und junge Väter möglichst bald eine Chance bekommen, einen Teil des Lebensunterhalts für sich und das eigene Kind selbst zu erwirtschaften. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine weitere Nachfrage? - Bitte schön, Frau Marks. Caren Marks (SPD): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär, Sie nutzen in Ihren Ausführungen unterschiedliche Argumentationsstränge. Eltern, die vorher berufstätig waren, haben jetzt einen Schonraum von 12 bis 14 Monaten, in dem sie nicht arbeiten, in dem sie durch das Elterngeld finanziell aufgefangen werden und in dem sie Zeit haben, sich um ihre Kinder zu kümmern. Das ist bei ALG-II-Beziehern nicht der Fall, weil sie nicht erwerbstätig sind. Ich finde es richtig, dass die Eltern dem Arbeitsmarkt dann, wenn das Kind 12 oder 14 Monate alt ist, wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Diesen Schonraum wollen wir aber grundsätzlich allen Männern und Frauen zugestehen, auch denen, die sich im ALG-II-Bezug befinden. Wenn man Ihrer Logik folgt, dass das Elterngeld nur für diejenigen bestimmt sei, die vorher erwerbstätig waren und jetzt zu Hause sind, dann hätten Sie die Unterstützung auch für Hausfrauen oder Hausmänner abschaffen müssen. Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Die SPD hat sich dafür eingesetzt, dass sowohl ALG-II-Bezieherinnen und -Bezieher als auch Hausfrauen und Hausmänner sowie Studierende das sogenannte Mindestelterngeld beziehen. In Ihren Ausführungen sehe ich allerdings keine Systematik. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Der Schonraum ist das Hauptargument gewesen. Darauf ist die Systematik insgesamt ausgerichtet. Sie haben recht: Wir haben gesagt, dass es für diejenigen, die nicht erwerbstätig und die zu Hause sind, aber nicht voll im Grundsicherungsleistungsbezug stehen, eine gewisse Anerkennung für die Erziehungsleistung, die sie erbringen, geben soll. Das ist - wenn Sie so wollen - im Gesetzgebungsverfahren ein Kompromiss gewesen. Es musste nach Abschaffung des Erziehungsgeldes ein Anschluss gefunden werden. Diese Abschaffung war für den einen oder anderen gerade im unteren Einkommensbereich natürlich schon ein erheblicher Schritt. Für diese Menschen sollte es einen entsprechenden Anreiz geben, sich um die Kindererziehung zu kümmern. Da ist mit dem Mindestelterngeld ein eigener Akzent gesetzt worden. Dahinter stecken auch unterschiedliche Vorstellungen darüber, worauf man Wert zu legen hat. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir kommen jetzt zur Frage 3 des Kollegen Stefan Schwartze zum gleichen Themenbereich: Ist die Anrechnung des Elterngeldes bei Leistungsbezieherinnen und -beziehern nach dem Sozialgesetzbuch rechtlich unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten geprüft worden, und, wenn ja, welche rechtliche Bewertung liegt dem Ergebnis zugrunde? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ich erlaube mir, die Fragen 3 und 4 zusammen zu beantworten, weil sie in einem Sachzusammenhang stehen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann rufe ich auch noch die Frage 4 des Kollegen Stefan Schwartze auf: Sieht die Bundesregierung in der Anrechnung des Elterngeldes auf Leistungsbezieherinnen und -bezieher nach dem Sozialgesetzbuch eine Benachteiligung von Kindern gegenüber Kindern von ökonomisch abgesicherten Hausfrauen, und, wenn nein, warum nicht? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es ist so, dass die Berücksichtigung des Elterngeldes bei der Ermittlung des Anspruchs auf entsprechende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II oder nach dem Sozialgesetzbuch XII aus den Gründen, die ich eben genannt habe, systemgerecht ist, weil man vom Staat ausreichend versorgt wird. Deshalb wird das Einkommen entsprechend angerechnet. Der Grundgedanke beim SGB II und beim SGB XII ist, dass jeder zunächst sein eigenes Einkommen einsetzen muss, um für sich und seine Familie aufzukommen. Das Elterngeld wird hier - das ist systematisch, was vorher nicht der Fall war - genauso berücksichtigt wie Arbeitslosengeld, Unterhaltsvorschussleistungen und Kindergeld. Der gesamte Familienbedarf wird also durch diese Leistungen abgedeckt. Vielleicht sollte man bei dieser Gelegenheit auch darauf hinweisen, dass durch Beschluss des Bundestages und des Bundesrates bedürftige Familien in großem Umfang von den Mitteln, die jetzt zur Verfügung gestellt worden sind, profitieren werden. Es gibt bei der Umsetzung des Beschlusses Reibungsverluste, die wir alle kennen. Aber es ist ein gewaltiges Paket mit einem Volumen von 1,6 Milliarden Euro, das auf den Weg gebracht wird, um bedürftigen Kindern und Jugendlichen bessere Lebenschancen und Entwicklungschancen zu eröffnen. Damit soll auch ein Beitrag zu mehr Motivation, mehr Bildung und Chancen für die Zukunft geleistet werden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Schwartze, Sie dürfen insgesamt vier Nachfragen stellen. Ihre erste Nachfrage, bitte. Stefan Schwartze (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, es gibt durchaus auch andere rechtliche Bewertungen, was die Anrechnung des Elterngeldes betrifft. Sind Ihnen diese bekannt, und, wenn ja, mit welchen Argumenten geht das Ministerium darüber hinweg? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Das Ministerium geht nicht darüber hinweg. Ich habe ja eben die Argumente genannt. Sie können politisch sehr unterschiedlich - für oder gegen Elterngeld - argumentieren. Sie können auch lange darüber diskutieren, ob es richtig ist, Erwerbseinkommen auszugleichen. Das hat auch etwas mit Lebensformen zu tun. Darüber haben wir damals intensiv diskutiert. Aber es ist seinerzeit die Entscheidung der Großen Koalition gewesen, dass man am Erwerbseinkommen anknüpft und es bei den Ausnahmen in Sachen Mindestelterngeld, die ich eben beschrieben habe, belässt. Rechtlich ist es eigentlich unstrittig, dass man es so machen kann. Man kann zu anderen politischen Einschätzungen kommen. Das ist völlig richtig. Aber ich glaube auch, dass wir sehen müssen: Wir brauchen im Bereich der Familienpolitik Regelungen - das gilt auch für das Elterngeld -, die dazu ermutigen, das Leben mit Kindern tatsächlich zu wagen. Es geht darum, dafür finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen. Es kann nicht darum gehen, ob diese oder jene Leistung gezahlt wird. Die aktuelle Diskussion zeigt im Übrigen auch: Es ist eine Illusion, zu glauben, dass man nur Geld einsetzen muss, um entsprechende Resultate zu erzielen. Das ist schon etwas komplexer. Rechtlich können Sie, glaube ich, kaum begründen, dass die Anrechnung des Elterngeldes rechtswidrig ist. Sie können politisch eine andere Meinung haben, wie sie von der Kollegin vorhin geäußert wurde. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Schwartze, eine weitere Frage? - Keine weitere Frage. Herr Wunderlich, bitte schön. Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Das Bundeserziehungsgeld war eine sozialpolitische Maßnahme, um tatsächlich bei den Eltern, die über wenig finanzielle Mittel verfügen, die entsprechenden zusätzlichen Kosten aufgrund des Aufwandes, den ein Kleinkind nun einmal verursacht, jedenfalls zum Teil auszugleichen. Herr Dr. Kues, Sie haben es gerade angesprochen: Das Bundeserziehungsgeld ist seinerzeit abgeschafft worden. Von dieser sozialpolitischen Komponente hat man sich durch die Einführung des Bundeselterngeldgesetzes verabschiedet. Das fiel auf. Dann wurde dieser Sockelbetrag als sozialpolitische Komponente in das Gesetz eingefügt. Mittlerweile ist er gänzlich gestrichen worden. Wenn Sie Ihr Vorgehen hier schon so begründen, wie sie es tun, dann haben Sie auch den Schneid, zu sagen: Gut, diese Regierung will bedürftigen Familien keine sozialpolitischen Leistungen zukommen lassen; das Bundeserziehungsgeld und sämtliche damit verbundenen sozialpolitischen Tendenzen sind gestrichen worden; wir wollen diese Leistungen denjenigen Familien, die sie eigentlich brauchten, nicht mehr gewähren. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Das ist keine Frage des Schneides, sondern dessen, was richtig und was falsch ist. (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: "Courage" kann man sagen!) Das Bundeserziehungsgeld ist in den 1980er-Jahren eingeführt worden; vorher hat es das nicht gegeben. Es war in erster Linie nicht als Sozialleistung gedacht; dahinter steckte vielmehr der Gedanke - das hat etwas mit dem Familienbild zu tun -, dass diejenigen, die ihre Kinder zu Hause, in der Familie, erziehen - in der Regel sind es die Mütter gewesen -, einen Ausgleich bekommen. (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Aber einkommensabhängig!) Gesprochen wurde damals auch von einem Erziehungsgehalt. Das hatte nichts mit Sozialpolitik zu tun. Ich will noch einmal deutlich sagen: Familienpolitik ist etwas anderes als Sozialpolitik. Familienpolitik heißt, etwas für die Lebens- und Rahmenbedingungen von Familien zu tun. (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Eben! Darauf warten wir jetzt!) Das ist der entscheidende Punkt. Familienpolitik ist keine reine Sozialpolitik. Deswegen kann man die Wertigkeit unseres Vorgehens nicht daran festmachen, wer im Einzelnen wie viel bekommt. Der familienpolitische Ansatz ist, dass derjenige Leistungen erhalten soll, der Kinder erzieht, und nicht derjenige, der keine Kinder erzieht. (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Dann machen Sie auch etwas hier!) Um es noch einmal klar zu sagen: Familienpolitik ist etwas anderes als Sozialpolitik. Diese Unterscheidung ist nicht ganz unwichtig. Trifft man diese Unterscheidung nicht, könnte man nämlich mit dem Hinweis auf Sozialleistungen sagen, wir würden Familienleistungen kürzen. Das Erziehungsgeld wurde über all die Jahre immer mehr zusammengestrichen - auch das muss gesagt werden -, weil man die Bemessungsgrenze immer weiter gesenkt hat. Das ging so weit, dass im Endeffekt sehr häufig nur noch Sozialhilfeempfänger und Bezieher von Einkommen, die geringfügig darüber lagen, einen Anspruch auf Erziehungsgeld hatten. Das ist problematisch gewesen; denn man hat ganz gezielt nur noch in bestimmte Einkommensgruppen investiert. Sozialpolitisch lässt sich das begründen, familienpolitisch meines Erachtens nicht. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Marks, bitte. Caren Marks (SPD): Herr Staatssekretär, Sie sagen: Familienpolitisch können Sie das nicht begründen, nur sozialpolitisch. Das ermuntert mich, nachzufragen. Meines Erachtens kann man Familien- und Sozialpolitik nicht völlig voneinander trennen; vielmehr ist es wie ein Paar Schuhe, also etwas, was zusammengehört. Familienpolitik muss sich darum kümmern - ich bin ganz Ihrer Meinung -, die Lebensbedingungen von Familien, das heißt von Eltern und deren Kindern, in unserem Land zu optimieren, etwa indem für sie gute Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dabei geht es um die Infrastruktur für Familien, beispielsweise um Kinderbetreuungsplätze. Dabei geht es auch um die Zeit, die man für die Familie hat. Unser gemeinsames Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass Eltern Zeit für ihre Kinder haben. Es geht aber auch um die finanzielle Unterstützung von Familien. Ich hoffe, wir sind uns darin einig, dass die Lebenssituation von Familien durchaus unterschiedlich ist, auch in finanzieller Hinsicht, und dass insbesondere die Bekämpfung der Armut in diesem Land zur Familienpolitik gehört. Wir wissen - auch Ihnen ist das durchaus bewusst; eigentlich wollen Sie das gemeinsam mit uns ändern -, dass die Armut von Familien in unserem Land zunimmt. Insofern muss es ein Ziel von Familien- und Sozialpolitik sein, dass sich die Lebenssituation von Familien mit geringem Einkommen verbessert. Sie geben mir sicherlich recht, wenn ich sage, dass die von der Großen Koalition bewusst getroffene Entscheidung, dass Familien mit einem Kind im ersten Lebensjahr auch im ALG-II-Bezug 300 Euro Mindestelterngeld zusätzlich erhalten haben - der Bezug dieses Geldes wurde nicht auf die Höhe weiterer Transferleistungen angerechnet -, dazu geführt hat, dass diese Eltern in der Lage waren, insbesondere solche Anschaffungen zu tätigen, die im ersten Lebensjahr eines Kindes häufig notwendig sind und die die Lebenssituation dieser Kinder verbessern. Ihre Situation ist aber durch das Streichen dieses Geldes mit Sicherheit nicht gleich geblieben, sondern sie hat sich verschlechtert. (Eckhard Pols [CDU/CSU]: Das war keine Frage, Frau Kollegin, sondern ein Monolog!) Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Soll ich das jetzt kommentieren oder darauf antworten? Was wollen Sie fragen? (Michaela Noll [CDU/CSU]: Was ist die Frage?) Caren Marks (SPD): Die Frage war, - Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ob ich Ihnen zustimme? Caren Marks (SPD): - ob Sie mir zustimmen, dass Familien- und Sozialpolitik nicht völlig voneinander zu trennen sind. Zum Schluss habe ich gefragt, ob Sie mit mir darin übereinstimmen, dass die Anrechnung des Elterngeldes auf die ALG-II-Leistungen dazu führt, dass sich die Situation derjenigen Familien verschlechtert, die durch die Neuregelung kein Elterngeld mehr bekommen werden. Das trägt dem von Ihnen formulierten Ansinnen, die Situation von Familien zu verbessern, nicht gerade Rechnung. Das war die Frage. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Im letzten Punkt sind wir uns einig: Wir müssen uns gemeinsam bemühen, dass Familienpolitik langfristig angelegt ist und es Verlässlichkeit gibt, am besten über Jahrzehnte hinweg. Das wäre ein eindeutiges Signal an die jungen Leute. Ich sage aber auch: Die Situation von Familien - das hat auch familienpolitische Bedeutung; es handelt sich nicht nur um Sozialpolitik - hat sich stark verbessert. Das liegt daran, dass wir einen erheblichen Rückgang bei der Arbeitslosigkeit hinbekommen haben. Das war aber nicht die Bundesregierung allein. Auch die Menschen hier im Land haben das geschafft. Dadurch sind viele Familien nicht mehr auf Sozialhilfe- oder ALG-II-Leistungen angewiesen. Das ist eine große sozialpolitische und auch eine erhebliche familienpolitische Leistung. Wenn Sie sich näher mit diesem Thema beschäftigen - das tun Sie ja, Frau Kollegin -, dann wissen Sie auch, dass einem Sozialhilfehilfeempfänger oder einem Empfänger von ALG-II-Leistungen bei der Geburt eines Kindes Einmalleistungen zustehen. Diese Einmalleistungen bekommt aber derjenige, der dem Sozialhilfebezug entwichen ist, weil er es geschafft hat, sich ein Einkommen zu erwirtschaften, nicht. Das Thema muss also auch unter diesem Gesichtspunkt diskutiert werden. Ein Empfänger von Sozialhilfe- oder ALG-II-Leistungen soll umfänglich abgesichert sein; diesen Anspruch haben wir. Die Leistungen, die er bekommt, sind nicht üppig; das ist mir völlig klar. Wir müssen aber auch vergleichen, was derjenige, der das Einkommen für seine Familie mit zwei, drei Kindern auf dem Arbeitsmarkt erwirtschaftet und der keine Sonderleistungen mehr bekommt, zur Verfügung hat und derjenige, der Sozialleistungen bekommt. Im Übrigen haben wir in Bezug auf die 1,6 Milliarden Euro - das wurde auch vom Bundesrat so beschlossen - ganz genau hingeschaut und uns gefragt, an welche Familien wir besonders denken müssen. Bei den Geringverdienern haben wir Familien mit Kindern, deren Eltern Wohngeldempfänger sind - ich nenne sie einmal "Zuschlagskinder" -, als Maßstab genommen. Wir haben gesagt, dass man speziell bei dieser Gruppe ansetzen muss. Insofern stimme ich Ihrer Aussage nicht zu, dass die Situation der Familien schlechter geworden ist. Alle Zahlen belegen etwas anderes. Natürlich können wir dieses Thema immer wieder aufs Neue diskutieren; das ist völlig klar. Dass das Elterngeld nun auf ALG-II-Leistungen angerechnet wird, ist systematisch und erschwert die Bedingungen in keiner Weise. Ich finde, dass wir in den letzten Jahren ein gewaltiges Stück vorangekommen sind. Das wird uns auch von allen internationalen Studien bestätigt. All diejenigen, die schlichte Zusammenhänge zwischen Familienpolitik und irgendwelchen Ergebnissen herstellen, an denen man Familienpolitik nicht messen kann, sind nun vielleicht etwas erstaunt. Sie, Frau Kollegin, tun das natürlich nicht. Denn Sie kennen sich gut aus. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich möchte darauf hinweisen, dass die Möglichkeit von Frage, Gegenfrage und Erklären der Frage hier nicht vorgesehen ist. Wir kommen jetzt zur Frage 5 der Kollegin Crone: Zu welchem Ergebnis - bitte detailliert darlegen - ist die Prüfung der Bundesregierung bezüglich der Nichtberücksichtigung nachgezahlter Elterngeldbeträge wegen des Widerrufs der Verlängerungsoption als Einkommen in der Grundsicherung gelangt (Plenarprotokoll 17/77, Seite 8486 C)? Herr Staatssekretär, bitte. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Noch einmal zum Thema Elterngeld; hier hat es Veränderungen gegeben. Nach der bisherigen Regelung blieb das Elterngeld, das im Rahmen der Verlängerungsoption bezogen wurde, bei der Berechnung von Grundsicherungsleistungen in Höhe von 150 Euro anrechnungsfrei. Dies hat sich nun mit den neuen Regelungen zur Berücksichtigung des Elterngeldes bei Grundsicherungsleistungen geändert. Um sicherzustellen, dass auch Elterngeldbeträge aus Nachzahlungen infolge einer im Jahr 2010 widerrufenen Verlängerungsoption, die erst im Jahr 2011 zufließen, in Höhe von 150 Euro je Lebensmonat anrechnungsfrei bleiben, hat die Bundesregierung geregelt, dass auch 2011 aus einer widerrufenen Verlängerungsoption zufließende Elterngeldbeträge in Höhe von 150 Euro je Lebensmonat anrechnungsfrei bleiben. Voraussetzung dafür ist, dass die Verlängerungsoption noch bis zum 31. Dezember 2010 widerrufen worden ist und die betreffenden Lebensmonate vor dem 1. Januar 2011 begonnen haben. Auf diese Art und Weise ist, glaube ich, ein fairer Weg gefunden worden. Nach meiner Erinnerung habe ich das hier schon einmal vorgetragen. Die betroffenen Berechtigten sind auch über die Möglichkeit des Widerrufs informiert worden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine Nachfrage? - Nein, das ist nicht der Fall. Dann kommen wir direkt zur Frage 6 der Abgeordneten Crone: Wie viele Widersprüche wurden von Elterngeldbezieherinnen und Elterngeldbeziehern, die Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch beziehen, eingereicht, die von der Verlängerungsoption des Elterngeldes auf 24 Monate Gebrauch gemacht haben, und haben alle diese Antragstellerinnen und Antragsteller inzwischen Bescheid erhalten (wenn nein, bitte begründen)? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: In dieser Frage geht es darum, ob uns einzelne Daten vorliegen. Da beim Eltergeld der Vollzug von den Ländern geleistet wird, verfügen wir über keine Daten hinsichtlich der bei den in den Ländern zuständigen Stellen eingereichten Zahl der Widerrufe der Verlängerungsoption. Wir haben auch keine Daten zur Zahl der erteilten Bescheide. Da die Länder sich bei der Information über die Widerrufsmöglichkeit sehr konstruktiv gezeigt haben, gehe ich davon aus, dass das zur Zufriedenheit geregelt worden ist. Wir haben keine Hinweise darauf, dass dies nicht der Fall wäre. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine Nachfrage, Frau Crone. Petra Crone (SPD): Danke schön, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, mich würde noch interessieren, wie hoch die Verwaltungskosten in diesem Fall sind. Sie konnten mir jetzt zwar keine Zahlen nennen. Aber es hat doch sicherlich hohe Verwaltungskosten gegeben. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es hat sicherlich Verwaltungskosten gegeben. Mit jeder gesetzlichen Änderung, durch die sich Verfahren ändern, sind Verwaltungskosten verbunden. Diese Zahlen liegen uns nicht vor. Ich nehme an, dass wir sie auch nicht verfügbar haben. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Marks, bitte. Caren Marks (SPD): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär, Sie haben gerade gesagt, dass die entsprechenden Erkenntnisse in den Ländern vorliegen. Beabsichtigen Sie, die Daten in den jeweiligen Bundesländern zu erheben und uns als Parlament entsprechend zu unterrichten, damit wir wissen, inwieweit die Information gegenüber den Eltern, die ja grundsätzlich diesen Anspruch haben, erfolgreich war, und wir nachvollziehen können, wie viele Eltern davon letztlich wirklich Gebrauch gemacht haben? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wir werden Sie sicherlich informieren können. Sie müssen uns ein wenig Zeit lassen. Wir haben jetzt Mai 2011. Diese Regelung gibt es seit 1. Januar 2011. Die Verlängerung im Einzelfall erfolgt sogar noch gegenwärtig. Es ist sicherlich nachvollziehbar, dass die Länder erst nach Abschluss dieses Verfahrens umfassend informieren können. Ich habe ja gesagt, dass der Beginn der Anrechnungszeit der geförderten Monate theoretisch bis Dezember 2010 hätte erfolgen können. Deswegen wird man wahrscheinlich erst Ende dieses Jahres Näheres dazu sagen können. (Caren Marks [SPD]: Vielen Dank!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann kommen wir jetzt zur Frage 7 des Kollegen Sönke Rix: Trägt das Elterngeld nach Einschätzung der Bundesregierung zu einer besseren Gleichstellung von Frauen und Männern bei, und, wenn ja, müsste es dann nicht gerade auch im Hinblick auf die Partnermonate weiterentwickelt werden? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Herr Kollege, ich würde Ihre beiden Fragen gern zusammen beantworten. Das wäre gut; denn beide Fragen hängen eng miteinander zusammen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann rufe ich auch die Frage 8 des Kollegen Rix auf: Wie lässt sich die Ankündigung der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Kristina Schröder, dass die Väterpolitik zukünftig einen höheren Stellenwert haben soll (Pressemitteilung vom 9. Juli 2010: "Väter in Balance"), mit der Ankündigung, dass eine Weiterentwicklung des Elterngeldes aufgrund des Finanzierungsvorbehalts nicht erfolgen soll, in Einklang bringen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wir sind der festen Überzeugung, dass das Elterngeld Frauen und Männern die Rückkehr in den Beruf erleichtert und dass insofern auch ein Beitrag zur Entwicklung einer familienfreundlichen Arbeits- und Unternehmenskultur geleistet wird. Das nehmen wir sogar gemeinsam wahr, glaube ich. Wir wissen auch, dass die Väterbeteiligung seit Einführung des Elterngeldes und der Partnermonate kontinuierlich gestiegen ist. Nach aktuellen Zahlen für das dritte Quartal 2009 liegt die Väterbeteiligung bei 23,9 Prozent aller abgeschlossenen Elterngeldanträge. Dabei gibt es Unterschiede zwischen den Bundesländern. In Berlin liegt die Väterbeteiligung bei 30,4 Prozent, in Sachsen bei 30,2 Prozent und in Bayern bei ungefähr 30 Prozent. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Väterbeteiligung den Müttern hilft und sie auch die Bindung zwischen Vater und Kind fördert. Einzelne uns vorliegende Expertisen belegen das. Wir sind auch der festen Überzeugung, dass sich dies positiv auf die Unternehmenskultur auswirkt. Sie wissen, dass sich die Bundesministerin Kristina Schröder die Themen Arbeitszeit, Zeitabläufe im Betrieb und familienfreundliche Arbeitszeiten vorgenommen hat. Insofern stehen, um das gleich dazuzusagen, die Partnermonate weiterhin auf der Agenda. Es ist nicht so, wie es gelegentlich in einigen Medien zu lesen war, dass die Pläne hierzu gestrichen werden sollen. Das, was wir uns vorgenommen haben, beabsichtigen wir nach wie vor. Wir müssen es aber in die Haushaltsentwicklungen einbinden. An dieser Stelle gibt es auch einige positive Erkenntnisse. Meines Erachtens wäre es zum jetzigen Zeitpunkt aber völlig falsch, dass für jeden einzelnen Sachbereich daraus schon Konsequenzen gezogen werden. Das ist auch nicht unsere Aufgabe. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Rix, Sie haben eine Nachfrage? - Bitte schön. Sönke Rix (SPD): Vielen Dank. - Ich weiß, dass die Ministerin zumindest in den Medien angekündigt hat, die Regelungen zur Arbeitszeit zu hinterfragen. Noch liegen keine Konzepte vor. Gibt es hierzu vielleicht schon erste Eckpunkte? Weil der Kollege Staatssekretär beide Fragen zusammen beantwortet hat, erlaube ich mir jetzt auch, noch eine zweite Frage zu stellen. Es ist schön, zu hören, dass die Pläne, die es zur Ausweitung der Vätermonate gab, nicht gestrichen wurden. In welcher Form soll denn nun eine Weiterentwicklung stattfinden? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Sie dürfen, soweit ich die Geschäftsordnung kenne, sogar vier Zusatzfragen stellen, also nicht nur eine weitere, wenn die Präsidentin damit einverstanden ist. Wie wir das im Einzelnen weiterentwickeln, kann ich logischerweise jetzt nicht sagen. Ich sage nur ganz klar: Wir haben das Vorhaben nicht gekippt, sondern es zurückstellen müssen. Wir werden weiter darüber reden. Das Anliegen bleibt. Wie man es konkret ausgestaltet, darüber wird man reden müssen. Es wird mit Sicherheit nicht so kommen, wie es die Sozialministerin von, ich glaube, Mecklenburg-Vorpommern vorgeschlagen hat. Das wird nicht der Fall sein; denn das würde vor dem Hintergrund der jetzigen Situation ganz konkret bedeuten - ich habe Ihnen ja gesagt, dass der Anteil der Partnermonate in den günstigsten Fällen bei 30 Prozent und sonst bei 23,9 Prozent liegt -, dass es zu einer drastischen Reduzierung des Elterngeldes für einen ganz bestimmten Personenkreis kommt. Das kann man nicht wollen. Es wird also Veränderungen geben. Wir müssen klug überlegen, wie wir das handhaben, um wirklich einen Fortschritt zu erzielen. Das Ganze steht jedenfalls nach wie vor auf der Agenda. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie noch eine weitere Nachfrage? - Das ist nicht der Fall. Frau Marks, bitte. Caren Marks (SPD): Herr Staatssekretär, Sie haben eben in Aussicht gestellt, dass es zu einer Weiterentwicklung des Elterngeldes in Bezug auf die Partnermonate kommen wird. Es freut uns, wenn dieses Vorhaben nicht komplett auf Eis gelegt wird, sondern durchaus noch im Kopf ist. Wie es dann partnerschaftlich weiterentwickelt wird, darüber werden wir sicherlich sowohl im Ausschuss als auch im Plenum dieses Hohen Hauses noch entsprechend diskutieren. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Darüber können wir partnerschaftlich diskutieren. Caren Marks (SPD): Bezüglich der partnerschaftlichen Weiterentwicklung des Elterngeldes und der Gleichbehandlung beim Elterngeld - das war gerade das Thema meines Kollegen Rix - habe ich noch eine Nachfrage, und zwar, ob Sie es als Vertreter der Bundesregierung unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten für erforderlich halten, dass der doppelte Anspruchsverbrauch bei Inanspruchnahme von Elterngeld und Teilzeit - das heißt, beide Eltern arbeiten Teilzeit und beziehen zeitgleich Elterngeld - abgestellt wird, und, wenn nein, warum nicht. Sie wissen ja, dass es bislang, wenn beide Eltern Teilzeit arbeiten und Elterngeld beziehen, dazu kommt, dass der Elterngeldanspruch für diese Eltern, die wirklich partnerschaftlich leben, bereits nach sieben Monaten aufgebraucht ist. Wir setzen uns dafür ein, dass dieser sogenannte doppelte Anspruchsverbrauch abgeschafft wird und die Eltern, die wirklich partnerschaftlich leben, auch einen Anspruch von 14 Monaten erhalten. Mich würde sehr interessieren, welche Absichten die Bundesregierung hinsichtlich einer solchen Weiterentwicklung hat. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Kollegin, ich kann mir viele Möglichkeiten vorstellen, wie das Elterngeld weiterentwickelt werden kann. Es werden ja alle möglichen Varianten vorgeschlagen; darüber haben wir schon einmal diskutiert. Ich gehe aber davon aus, dass die Partei, der Sie angehören, wenn sie irgendwann und irgendwo wieder Regierungsverantwortung trägt, auch feststellen wird, dass die zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt sind. Wir sollten uns also von dem Gedanken lösen, dass eine Weiterentwicklung ausschließlich mit mehr Geld möglich ist. Wenn wir es hinbekommen, dass in Unternehmen die Einsicht wächst - sie wird angesichts der demografischen Entwicklung und aufgrund vieler weiterer Faktoren wachsen -, dass Männer und Frauen einbezogen werden müssen, dann ist das viel wichtiger. Das hat nichts mit Geld zu tun, sondern das ist eine Frage der Unternehmenskultur und der Mentalität. Wir sollten somit zu gegebener Zeit in Ruhe darüber diskutieren, was wir darüber hinaus strukturell ändern müssen. Wir haben auch zugesagt - das müssen wir sowieso -, dass wir alle familienpolitischen Leistungen immer wieder evaluieren werden und schauen, was wir besser machen können. Ich sage aber ausdrücklich: Es muss auch Verlässlichkeit geben; man darf nicht pausenlos von einer Variante zur anderen springen. Verlässlichkeit ist nämlich für die jungen Leute, die sich für Kinder entscheiden, wichtig. Sie müssen auf die Hilfe vonseiten des Staates setzen können. Ich stelle fest, dass Sie zufrieden sind. (Caren Marks [SPD]: Sie haben viel Zutrauen in die Gestaltung der SPD-Politik! Das freut uns!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir hatten schon geklärt, dass ein Dialog nicht möglich ist. Ich rufe nun die Frage 9 der Kollegin Rupprecht auf: Wie begründet die Bundesregierung die Tatsache, dass sie mit der Anrechnung von Partnereinkommen ab einer bestimmten Höhe des Einkommens den Grundansatz des Elterngeldes als Lohnersatzleistung verlässt, und wie verträgt sich dies mit der Gesetzesbegründung zum Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, dass alle Eltern in den ersten 12 bzw. 14 Lebensmonaten des Kindes einen sogenannten Schonraum ohne große Einkommenseinbußen haben sollen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es ist so, dass ein nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz bestehender Anspruch entfällt, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ein nach § 2 Einkommensteuergesetz zu versteuerndes Einkommen in Höhe von mehr als 250 000 Euro hat bzw. zusammen veranlagte Eltern ein Einkommen in Höhe von mehr als 500 000 Euro haben. In diesen Fällen gehen wir davon aus, dass der Schonraum nach der Geburt auch ohne Elterngeld gewährleistet ist. Das hat nichts damit zu tun, dass das Elterngeld im Prinzip - darüber haben wir in einem anderen Zusammenhang diskutiert - eine finanzielle Leistung ist, die sich am Einkommen orientiert. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Rupprecht, haben Sie eine Nachfrage dazu? Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): Ich möchte sie nach der Beantwortung meiner zweiten Frage stellen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Gut. - Dann rufe ich auch die Frage 10 der Kollegin Rupprecht auf: Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass dieser sogenannte Schonraum gerade auch für junge Familien, die einkommensschwächer sind, sehr viel bedeutender ist als für einkommensstarke Familien (wenn nein, bitte begründen)? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Natürlich ist es so, dass dort, wo ein großes Einkommen vorhanden ist, über viele Dinge nicht gesprochen werden muss und zumindest von der finanziellen Seite her ein Schonraum nicht von so zentraler Bedeutung ist. Einkommensstarke Familien werden es auch ohne finanzielle Nöte schaffen, sich der Betreuung ihrer Kinder zu widmen, wenn sie das wollen. Ich sage aber auch: In den Fällen, in denen - das haben Sie mit Ihrer Frage angesprochen - die sogenannte Reichensteuerregelung greift, ist eine finanzielle Unterstützung der Eltern durch das Elterngeld nicht erforderlich und entfällt daher. Entsprechend haben wir hier argumentiert. Diese Sparmaßnahmen beim Elterngeld haben uns durchaus wehgetan, waren aber notwendig; denn wir mussten unseren Beitrag zu den erforderlichen Einsparungen leisten - ich habe eben schon eine Summe genannt -, was wir auf diese Weise getan haben. Aber damit ist für uns das Thema auch beendet. Wir werden das weiter evaluieren, wie seinerzeit entschieden worden ist. Damit haben wir einen Beitrag geleistet, und das wird reichen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Rupprecht, bitte schön. Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): Herr Staatssekretär, Sie sagten bei der Beantwortung der Frage von Herrn Wunderlich, dass derjenige Elterngeld bekommen soll, der seine Kinder erzieht; die anderen sollen kein Elterngeld bekommen. Da ALG-II-Empfänger und -Empfängerinnen und Sozialhilfeberechtigte kein Elterngeld mehr bekommen, frage ich Sie: Erziehen die ihre Kinder nicht? Das Zweite. Das Verfassungsgericht hat einmal - zwar in einem anderen Zusammenhang, aber es gilt grundsätzlich - festgestellt, dass das Sozialrecht nicht als Strafinstrument dienen soll. Wenn wir nun - so habe ich Ihre Äußerung zumindest verstanden - Menschen, die nicht erwerbstätig sind, sanktionieren wollen, indem wir ihnen kein Elterngeld mehr geben, dann benutzen wir das Sozialrecht als Strafinstrument. Das widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz, nach dem Menschen in gleicher Situation gleich zu behandeln sind und niemand benachteiligt werden darf. Wie begründen Sie also - meiner Ansicht nach ist das verfassungsrechtlich nicht zu begründen, aber das würde ich gerne von Ihnen hören -, dass wir die Leistung gerade bei denen auf das Einkommen anrechnen, die ALG II oder Sozialhilfe empfangen? Warum machen wir da so gravierende Unterschiede? Steckt dahinter die vom Verfassungsgericht nicht erlaubte Strafabsicht? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Kollegin, ich stimme Ihnen zunächst einmal ausdrücklich darin zu, dass das Sozialrecht nicht für Strafaktionen genutzt werden darf. Davon halten ich und auch die Bundesregierung überhaupt nichts. Das ist in der Regel auch nicht zu Ende überlegt. Das Sozialrecht enthält Regelungen für diejenigen, die sich allein nicht helfen können. Das ist der entscheidende Punkt. Es ist, glaube ich, durchaus konsequent, wenn der Staat sagt: Jeder, der sich in einem gewissen Umfang selbst helfen kann und nicht auf die Gemeinschaft angewiesen ist, der soll das, soweit es eben geht, auch tun. Darin liegt die Anrechnung begründet. Sie soll vermeiden, dass jemand, der vom Staat volle Unterstützung bekommt, das Elterngeld zusätzlich bekommt. Das ist für mich auch eine Gerechtigkeitsfrage: Es ist gerecht gegenüber denjenigen, die sich ihr Einkommen mit viel Mühe so eben erwirtschaften und aus dem Bezug von Grundsicherungsleistungen herauskommen, was im unteren Einkommensbereich nicht ganz einfach ist, wenn man zwei oder drei Kinder hat. Das ist die Frage, die Sie auch beantworten müssen: Ist es gerecht? Sie müssen auf dieser Ebene miteinander vergleichen. Ich glaube, dass das Sozialrecht kein Strafrecht sein sollte, aber auch, dass es völlig in Ordnung ist, wenn der Staat die Bedingungen nennt; er kann da sicherlich abwägen. Ich habe eben darauf hingewiesen - Sie haben die Zahlen mit Sicherheit gelegentlich schon gehört -, wozu die ständige Absenkung des Erziehungsgeldes geführt hat: Sie hat dazu geführt, dass das Erziehungsgeld im Wesentlichen denjenigen gezahlt worden ist, die aufgrund eines Sozialhilfeanspruchs das, was sie für ihre Familie brauchten, ohnehin abgegolten bekamen. Das war vom Ansatz her falsch. Dazu habe ich eben gesagt: Familienpolitik ist etwas anderes als Sozialpolitik; sie ist mehr als Sozialpolitik. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Rupprecht, haben Sie eine weitere Frage? Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): Ja. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Bitte. Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): Es ist eine politische Entscheidung, zu sagen, dass Familienpolitik über das Sozialrecht hinausgeht. Dann muss man aber in der Familienpolitik ohne Ansehen des Einkommens handeln: Auch wenn jemand das minimalste Einkommen hat, nämlich die Existenzsicherung durch Grundsicherung, darf man den Wegfall des Elterngeldes nicht in Betracht ziehen, sonst verletzt man den Gleichheitsgrundsatz. Deshalb die Frage: Warum behandeln Sie Eltern, die ein minimales Einkommen aus der Grundsicherung haben - es muss die Existenz sichern -, und Eltern, die ein durch Erwerbsarbeit erwirtschaftetes Einkommen haben, so unterschiedlich? Dahinter steckt doch der Gedanke: Derjenige, der nicht erwerbstätig ist, ist selbst schuld. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Nein. Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): Anders kann ich es nicht werten. Denn beide Kinder, das Kind der Eltern mit einem Einkommen aus Erwerbsarbeit und das Kind der Eltern mit einem Einkommen aus der Grundsicherung, haben das Recht, unter ähnlichen oder gleichen Bedingungen aufzuwachsen. Ich finde, dass da der Gleichheitsgrundsatz verletzt wird. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ich habe eben schon versucht, das zu erläutern. Ich sage ausdrücklich: Wenn jemand in jungen Jahren - mit 18 oder 19 Jahren - ein Kind bekommt, dann hat er in der Regel ein geringes Einkommen. In diesem Fall sagt man: Er soll sich zumindest 12 Monate - zusammen mit dem Partner 14 Monate - um sein Kind kümmern können. Das ist so etwas wie ein Schonraum. Das ist etwas ganz anderes, als wenn der Staat jemandem sagt: Du wirst so versorgt, dass du mit deinem Kind leben kannst. In diesem Fall kann er sich um sein Kind kümmern und muss nicht erwerbstätig sein. Das ist der Punkt. Im Übrigen wissen Sie, dass ich Ihr Engagement schätze. Deswegen sage ich ausdrücklich: Ich glaube, bei einer 18- oder 19-jährigen jungen Frau, die ein Kind bekommt, ist es viel wichtiger, dass wir uns darum kümmern, dass sie ihre Ausbildung abschließen und ihren Lebensunterhalt irgendwann selbst erwirtschaften kann. Da ist es nicht entscheidend, wie viel Geld man draufpackt. Für mich geht es darum, Chancen zu eröffnen; das muss Familienpolitik leisten. Familienpolitik darf sich nicht darauf beschränken, möglichst viel Geld an unterschiedliche Leute auszugeben und darüber unter Gleichheitsgesichtspunkten zu diskutieren. Wenn man darüber unter Gleichheits- und Gerechtigkeitsgesichtspunkten diskutiert, dann muss man denjenigen, der darauf angewiesen ist, alles vom Staat zu bekommen, mit demjenigen vergleichen, der den Lebensunterhalt für seine Familie so eben erwirtschaftet. Das ist Gerechtigkeit. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Hier steht die Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz zur Verfügung. Zunächst rufe ich die Frage 11 des Abgeordneten Edgar Franke auf: Wie steht die Bundesregierung zu den in der Presse geäußerten Befürchtungen von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Krankenkassen, Gesundheitsminister Rösler könne sein Versprechen nicht halten, den Sozialausgleich unbürokratisch zu gestalten? Frau Staatssekretärin. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Dr. Franke, die Bundesregierung kann die angesprochenen Befürchtungen nicht nachvollziehen. Mit dem neuen Verfahren wird ein Sozialausgleich im Bereich der GKV etabliert, der zeitnah, antragslos für die Versicherten und in den weit überwiegenden Fällen automatisch erfolgen wird. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Franke, Sie haben eine Nachfrage? Dr. Edgar Franke (SPD): Ich habe eine Nachfrage, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, bei den Fällen, in denen Arbeitnehmer mehrere Einnahmequellen haben - wenn sie nicht nur Lohn beziehen, sondern auch eine Rente erhalten oder vielleicht Einnahmen aus einer selbstständigen Tätigkeit erzielen; das ist bei 10, 15 oder sogar 20 Prozent der Fall -, sagen alle Experten, dass es äußerst problematisch ist, eine Berechnung im Hinblick auf den Sozialausgleich durchzuführen, vor allem dann, wenn ein Arbeitnehmer mehr Zusatzbeiträge zahlen muss, als sein Einkommen es vorgibt. Das ist dann der Fall, wenn der Zusatzbeitrag mehr als 2 Prozent des Einkommens beträgt. Das ist sehr kompliziert. Es scheint auch erhebliche Kosten zu verursachen, jedenfalls aus unserer Sicht. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege, auch bei denjenigen, die nicht nur eine Einkommensquelle haben, ist das Verfahren einfach und transparent. Bezieht zum Beispiel ein Mitglied Einkünfte aus mehreren beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, so prüft die Krankenkasse die Anspruchsberechtigung auf einen Sozialausgleich und informiert den jeweiligen Träger über das anzuwendende Verfahren zur Beitragsbemessung. Der Sozialausgleich wird dann von dem Träger ausgeführt, bei dem das Mitglied sein Haupteinkommen bezieht. Die weitere beitragsabführende Stelle hat die dortigen beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von 10,2 Prozent des Einkommens zu verbeitragen. Durch dieses Verfahren wird sichergestellt, dass auch bei schwankenden Einkommensquellen der Sozialausgleich in korrekter Höhe gewährt wird. Erlauben Sie mir die Bemerkung, dass die Zahl der Menschen, die von dem Beitragseinzugsverfahren betroffen ist, nicht so hoch ist, wie in der Presse veröffentlicht. Wir gehen von etwa 5 Millionen Mitgliedern aus und schätzen deshalb die Zahl der durchgeführten Verfahren deutlich geringer ein. Zudem führt der Bezug mehrerer beitragspflichtiger Einnahmen in der überwiegenden Anzahl der Fälle nicht zu einem hohen administrativen Aufwand für die Beteiligten, weil es sich häufig um kontinuierliche und relativ konstante zweite Einkommen handelt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Franke, Sie haben eine zweite Nachfrage? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich die Frage 12 des Kollegen Franke auf: Welche Bürokratiekosten für den Sozialausgleich sind der Bundesregierung bekannt, und bei welchen zusätzlichen Verwaltungsaufgaben sind die Kosten derzeit nicht bekannt und warum? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege Franke, den Arbeitgebern entstehen aufgrund der Durchführung des Sozialausgleichs für den Zusatzbeitrag der Versicherten zur gesetzlichen Krankenversicherung und den hieraus resultierenden neuen Meldepflichten gewisse Mehrbelastungen. Das wird von uns nicht bestritten. Die Mehrkosten, die sich aufgrund regelmäßiger Datenmeldungen an die Krankenkassen ergeben, belaufen sich nach den Berechnungen der Bundesregierung auf circa 3 Millionen Euro jährlich. Die einmaligen Umstellungskosten im Rahmen der Softwareanpassung können nicht gesondert beziffert werden. Für die eigentliche Durchführung des Sozialausgleichs seitens der Arbeitgeber werden in den nächsten Jahren aufgrund der Umsetzung des Sozialausgleichs im Rahmen EDV-gestützter Abrechnungen allenfalls geringe Kosten anfallen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie noch eine Nachfrage? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich die Frage 13 des Kollegen Dr. Lauterbach auf: Wie bewertet die Bundesregierung die Befürchtungen von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Krankenkassen, zweistellige Millionenbeträge in ein Verfahren zu investieren, das vielleicht nie gebraucht werde, wie hoch schätzt die Bundesregierung die Kosten für die Einführung dieses Verfahrens, und hält sie diese trotzdem für vertretbar? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege Dr. Lauterbach, die Bundesregierung hält einen Sozialausgleich für die gesetzlich Krankenversicherten, die durch die Zahlung des Zusatzbeitrages überfordert wären, aus Gerechtigkeitsgründen für unverzichtbar. Sie hält deshalb die durch die Einführung des für die Versicherten verlässlichen und grundsätzlich antragslosen Verfahrens entstehenden und nicht näher bezifferbaren Kosten für vertretbar. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Lauterbach? - Sie haben keine Nachfrage. Dann rufe ich die Frage 14 des Kollegen Lauterbach auf: Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung der BDA nach Vereinfachungen an dem als zu bürokratisch kritisierten Sozialausgleich, plant die Bundesregierung, Änderungen an diesem als bürokratisch kritisierten Verfahren des Sozialausgleichs vorzunehmen, und, wenn ja, welche, und in welchem Gesetz sollen diese umgesetzt werden, damit sie noch rechtzeitig vor dem Start des Sozialausgleichs wirksam werden können? Bitte. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege Dr. Lauterbach, für die Bundesregierung ist kein Verfahren erkennbar, dass das Ziel eines GKV-weiten Sozialausgleichs ohne Antragsverfahren für die Versicherten mit geringerem Aufwand erreichen könnte. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine Nachfrage? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich die Frage 15 der Abgeordneten Bas auf: Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Gesundheit, Daniel Bahr, der in einem Interview für die Januarausgabe 2011 des Magazins Lohn + Gehalt ausgeführt hat, dass in den Expertenanhörungen die einfache Umsetzung des Sozialausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung bestätigt worden sei, und wie steht die Bundesregierung zu den Äußerungen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA, die in der Märzausgabe desselben Magazins ausgeführt hat: "Dies ist nicht zutreffend. Sowohl die BDA als auch die Deutsche Rentenversicherung hatten sich sehr kritisch zum vorgesehenen Sozialausgleichsverfahren geäußert"? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Bas, die Bundesregierung sieht sich durch die fortschreitenden Vorarbeiten zur Einführung des Sozialausgleichs durch die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung darin bestätigt, dass die Umsetzung handhabbar ist. Sie sieht keine Alternative, mit geringerem Aufwand das gleiche Ziel zu erreichen, nämlich einen GKV-weiten, für die Versicherten automatisch funktionierenden Sozialausgleich zu schaffen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Eine Nachfrage, Frau Bas? - Bitte schön. Bärbel Bas (SPD): Vielen Dank. - Ihre Antwort überrascht mich etwas. Die Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss, an der ich teilgenommen habe, fand am 25. Oktober 2010 statt. Da haben Organisationen wie Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung, Zentralverband des Deutschen Handwerks und der BDA sehr deutlich mitgeteilt, welcher bürokratische Aufwand und welche Zusatzkosten durch den Sozialausgleich auf uns zukommen. Deshalb frage ich einfach einmal: Ignoriert Staatssekretär Bahr diese Organisationen, oder erkennt er sie als Experten nicht an? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Bas, wir haben im Rahmen der Anhörungen im Vorfeld der Erarbeitung des Gesetzentwurfes sehr ausführlich mit allen Beteiligten gesprochen. Wie ich Ihnen aber gerade mitgeteilt habe und wie das auch der Normenkontrollrat festgestellt hat, ist unter Maßgabe der Erreichung der gleichen Ziele von niemandem ein anderes, unbürokratischeres Verfahren vorgeschlagen worden. Ich will folgenden Bezug herstellen: Stellen Sie sich einmal vor, der Sozialausgleich würde - wie von vielen gefordert - durch die Krankenkassen durchgeführt. Das würde bedeuten, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung für alle Mitglieder ein verwaltungsintensives Antragsverfahren bei den Krankenkassen eingerichtet werden müsste. Die Antragsteller würden zu Bittstellern degradiert. Die Krankenkassen mit einkommensschwachen Mitgliedern würden wieder Wettbewerbsnachteile erleiden. Ein gangbarer Vorschlag zur Einführung eines GKV-weiten Sozialausgleichs liegt von niemandem vor. Deshalb ist es für uns richtig, dass wir diesen Weg weiter gehen. Die beteiligten Verantwortlichen in der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen begleiten diesen Weg sehr konstruktiv. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie noch eine Nachfrage? - Das ist nicht der Fall. Dann würde ich gerne die Fragen 20 und 21 vorziehen, weil die sich auch um diesen Themenbereich drehen. Ich rufe zunächst die Frage 20 der Kollegin Volkmer auf: Wie bewertet die Bundesregierung die anhaltende Kritik an den Regelungen des Sozialausgleichs durch den Nationalen Normenkontrollrat, die sich besonders auf die "erheblichen bürokratischen Belastungen der Arbeitgeber, der Rentenversicherungsträger und der Krankenkassen" beziehen? Frau Staatssekretärin, bitte. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Dr. Volkmer, Ziel des Sozialausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, dass kein Mitglied durch die Zahlung des Zusatzbeitrags überfordert wird. Darüber hinaus soll der Sozialausgleich für das Mitglied automatisch und damit ohne Antrag erfolgen. Diese Ziele werden mit dem vorliegenden Verfahren erreicht. Der Normenkontrollrat hat in seiner Stellungnahme zur Finanzierungsreform deutlich gemacht, dass er kein Verfahren erkennen könne, das das gefasste Ziel, nämlich den GKV-weiten Sozialausgleich ohne Antragsverfahren, mit geringerem Aufwand umsetzen könnte. Eine andere Stellungnahme des Normenkontrollrats liegt hierzu nicht vor. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Eine Nachfrage? - Frau Volkmer, bitte. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Wenn der Normenkontrollrat zu der Auffassung kommt, es gebe beim automatischen Sozialausgleich - der aber notwendig ist bei Erhebung des Zusatzbeitrags - kein unbürokratisches Verfahren, liegt dann nicht der Schluss nahe, auf den Zusatzbeitrag zu verzichten und wieder zu einer anderen, gangbaren Regelung zu kommen? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Dr. Volkmer, diese Alternative scheidet für die Bundesregierung aus, weil wir mit der neuen Finanzierungsform der gesetzlichen Krankenversicherung verschiedene Ziele verfolgen: vor allen Dingen die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Krankenkassen sowie mehr Transparenz - insbesondere für die Versicherten - hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und der Leistungen ihrer Krankenversicherungen und der Krankenversicherungsangebote. Wir wollen dies in einer solidarischen und sozial ausgewogenen Art und Weise durchführen. Ich habe die Ziele, die wir mit dem Gesetz erreichen wollen, bereits mehrfach genannt. Sie sind uns diesen geringfügigen Aufwand wert. Im Übrigen kann ich nur darauf verweisen, dass gerade die etwas mehr belasteten Arbeitgeber durch die Finanzierungsreform perspektivisch auf der anderen Seite eine Entlastung erfahren, sodass sich hier Aufwand und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis befinden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich rufe die Frage 21 der Kollegin Volkmer auf: Wie wird die Kritik des Nationalen Normenkontrollrates durch die Bundesregierung gewürdigt, und mit welchen Maßnahmen reagiert die Bundesregierung auf die Kritik? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Volkmer, der Normenkontrollrat hat in seiner Stellungnahme zur Finanzierungsreform deutlich gemacht, dass er kein Verfahren erkennen könne, das das gefasste Ziel, den GKV-weiten Sozialausgleich ohne Antragsverfahren, mit geringerem Aufwand umsetzen könnte. Das Bundesministerium für Gesundheit hat die Fragen des Normenkontrollrats zum mit dem Sozialausgleich verbundenen Bürokratieaufwand umfassend beantwortet. Die Bundesregierung wird die Umsetzung weiterhin konstruktiv begleiten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie noch eine Nachfrage, Frau Volkmer? - Das ist nicht der Fall. Dann gehe ich jetzt in der Reihenfolge wieder zurück. Die Fragen 16 und 17 der Abgeordneten Kramme werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 18 des Kollegen Uwe Kekeritz auf: Welche über den taz.de-Artikel (www.taz.de/l/zukunft/ umwelt/artikel/1/radioaktive-strahlung-immer-gefaehrlich/) hi-nausgehenden Informationen liegen der Bundesregierung über das am 4. Mai 2011 durchgeführte Gespräch zwischen der Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation, WHO, Dr. Margaret Chan, und der Initiative für eine unabhängige WHO vor, und welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den ihr bekannten Gesprächsinhalten - insbesondere der Revidierung der Todesfallzahlen infolge der Tschernobyl-Katastrophe durch die Generaldirektorin - für ihre Arbeit im Exekutivrat der WHO bzw. bei der anstehenden Weltgesundheitsversammlung? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege Kekeritz, die Bundesregierung hat an dem Gespräch der WHO-Generaldirektorin Dr. Chan mit der Initiative für eine unabhängige WHO am 4. Mai dieses Jahres nicht teilgenommen und verfügt neben der öffentlich zugänglichen Pressemitteilung der WHO zu dem Gespräch über keinerlei weiter gehende Informationen. Die Angaben zur Anzahl der Opfer der Katastrophe von Tschernobyl sind durchaus sehr unterschiedlich. Sie hängen unter anderem davon ab, ob die Liquidatoren, evakuierte Personen, die am meisten betroffenen Länder, Ukraine und Weißrussland, oder die ehemalige Sowjetunion oder Europa betrachtet werden. Viele Angaben beruhen auf Schätzungen, die auf Annahmen und Einschätzungen von Experten und oft nicht belegbaren Daten über verstrahlte Bevölkerungsgruppen beruhen. Aktuelle Zahlen wurden kürzlich vom Wissenschaftlichen Ausschuss der Vereinten Nationen zur Untersuchung der Auswirkungen der atomaren Strahlung, UNSCEAR, United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation, veröffentlicht. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kekeritz, eine Nachfrage? - Bitte schön. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herzlichen Dank. - Auch ich war bei diesem Gespräch nicht dabei, aber ich lese natürlich Zeitung. Ich fand diese Nachricht hochinteressant, zumal ich vorher an die Bundesregierung die Frage gestellt habe, inwieweit sie in dem Vertrag zwischen WHO und IAEO eine Einschränkung der Unabhängigkeit der WHO sieht. Ihre Antwort war etwas verblüffend. Sie sagten: Es ist sichergestellt, dass die WHO nicht eingeschränkt ist. Ich frage mich natürlich schon, wie Sie zu einem solchen Ergebnis kommen. Wenn wir uns die Verträge zwischen IAEO und WHO anschauen, stellen wir fest, dass dort definitiv steht, dass sämtliche Veröffentlichungen der WHO nach Absprache zwischen IAEO und WHO erfolgen sollen. Ich bin zu wenig juristisch bewandert, um den Begriff "sollen" nach internationalem Recht zu interpretieren. Wenn die deutsche Interpretation aber nur halbwegs zulässig ist, dann ist der Begriff "sollen" klar, dann heißt das, es muss eine Absprache zwischen WHO und IAEO stattfinden. Damit ist natürlich die Unabhängigkeit der WHO nicht mehr gegeben. Dass die Unabhängigkeit nicht mehr gegeben ist, hat auch Herr Nakajima - seinerzeit Generalsekretär der WHO - im Jahr 2001 definitiv bestätigt. Zur Tschernobyl-Katastrophe wurden über 700 Studien erstellt. Davon hat die WHO zwölf veröffentlicht. Auf Nachfrage, warum denn nur zwölf veröffentlicht worden sind, hat Herr Nakajima im Jahr 2001 definitiv bestätigt: Das ist auf Druck der IAEO geschehen. Wie kommt die Bundesregierung dazu, zu behaupten, dass die WHO von der IAEO unabhängig ist? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege Kekeritz, zunächst einmal: Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass die Weltgesundheitsorganisation nicht für die Veröffentlichung von Messwerten anderer Organisationen zuständig ist. Was die Zusammenarbeit mit der IAEA betrifft, will ich einfach noch einmal deutlich machen, dass Sie hier immer wieder suggerieren, es seien vertragliche Grundlagen geschaffen worden, die die Unabhängigkeit der Weltgesundheitsorganisation beeinträchtigen. Das ist aber nicht der Fall. Wir haben hier keine vertraglichen Grundlagen, die die Unabhängigkeit beeinträchtigen. Für diese Annahme besteht kein Grund. Die Forderung spielt auf das Abkommen zwischen der WHO und der Internationalen Atomenergie-Organisation vom Mai 1959 an. Bei dem Abkommen zwischen der WHO und der Internationalen Atomenergiebehörde vom Mai 1959 handelt es sich um ein Standardabkommen, wie es zwischen Institutionen der Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen üblich ist. Entsprechend der gängigen Praxis der Institutionen der Vereinten Nationen hat die WHO Verträge mit fast identischem Wortlaut in den Jahren 1958 und 1959 mit verschiedenen anderen internationalen Organisationen geschlossen. Diese Vereinbarungen dienen dem allgemeinen Zweck, die Arbeitsfelder der betroffenen internationalen Organisationen aufeinander abzustimmen. Der Verweis in dieser Vereinbarung vom Mai 1959 auf Art. 1 Abs. 1 der Satzung der WHO verdeutlicht, dass das Abkommen nicht das Ziel hat, die unabhängige, an objektiven Kriterien orientierte Arbeit der WHO zu beeinträchtigen oder auszuschließen. Vielmehr dient die Vereinbarung der Förderung der Zusammenarbeit und der Konsultation zwischen WHO und IAEA. Lassen Sie mich bitte ergänzen, dass die Unabhängigkeit und die Unparteilichkeit der WHO in diesem Zusammenhang nach wie vor gewährleistet sind. Das hat die WHO im Übrigen bereits im Jahr 2001 in einer Stellungnahme umfassend bestätigt. Gegenüber der Bundesregierung hat die WHO die aktuell vorgebrachten Befürchtungen einer Beschränkung ihrer Tätigkeit durch das Abkommen als unbegründet bezeichnet. Deshalb sehen wir die Befürchtungen, die Sie in diesem Kontext haben, nicht. Sie wissen, dass in der nächsten Woche die Weltgesundheitsversammlung stattfindet. Über das Thema wird dort sicherlich diskutiert werden. Wir werden diesen Diskussionsprozess aufmerksam verfolgen. Wenn wir zu der Erkenntnis kommen, dass Handlungsbedarf besteht, dann werden wir hier ausführlich darüber beraten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben noch eine zweite Nachfrage, Herr Kekeritz? - Bitte. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist eine merkwürdige Kombination, die mich etwas durcheinanderbringt. Zum einen sagen Sie, vielleicht werde das nächste Woche in Genf besprochen, zum anderen sagen Sie, es gebe keine Einschränkung der Unabhängigkeit. Ich sehe da einen Widerspruch. Wenn ich jetzt noch einmal auf diesen Dialog der Generaldirektorin Chan mit den Demonstranten, die seit vier Jahren vor der WHO regelmäßig für die Unabhängigkeit der WHO demonstrieren, eingehe und die Aussage von Frau Chan betrachte, dann muss ich feststellen, dass sie ganz klar sagt, dass noch sehr viel getan werden muss, um eine wirkliche Unabhängigkeit zu erreichen. Meine Frage an Sie lautet: Wieso steht im Vertrag, dass die WHO, wenn sie doch unabhängig ist, Veröffentlichungen nur in Absprache mit der IAEO vornehmen kann? Was soll eine solche Absprache erreichen? Gerade in Bezug auf die Veröffentlichungen der WHO zu Tschernobyl und Harrisburg ist das mehr als bedenklich. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege Kekeritz, zunächst einmal zu Ihrer ersten Bemerkung. Wir haben transparente Verfahren und möchten der Diskussion auf der Weltgesundheitsversammlung nicht vorgreifen und die Beiträge der Teilnehmer nicht beeinflussen. Lassen Sie mich zum eigentlichen Inhalt der Frage noch einmal Stellung nehmen. Es ist in internationalen Organisationen relevant, dass es eine Arbeitsteilung gibt und jeder das verlautbart, wofür er federführend zuständig ist. Darüber hinaus gibt es Verträge, die die Zusammenarbeit und damit den Informationsaustausch gewährleisten. In diesem Falle ist das der Vertrag, den ich angesprochen habe. Aus diesem Vertrag lassen sich Ihre Befürchtungen nicht ableiten. Das möchte ich hier noch einmal deutlich zur Kenntnis geben. Wie gesagt: Die Diskussionen, die über die Presseberichterstattung und die uns zugänglichen Informationen stattfinden werden, werden wir mit Aufmerksamkeit verfolgen. Uns liegt ja daran, dass die WHO ihre Unabhängigkeit weiter praktizieren kann. Sollte es aus unserer Sicht strukturelle und substanzielle Belege dafür geben, dass ihre Unabhängigkeit gefährdet ist, dann wäre das für uns ein gravierendes Problem, über das diskutiert werden muss. Solch ein Problem erkennen wir aber derzeit nicht. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege Ott, bitte. Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, ich bin Völkerrechtler und kann Ihnen sagen, dass diese Vereinbarung - ich habe sie mir angeschaut - deutlich macht, dass die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und die Durchführung von Maßnahmen der WHO nur im Einvernehmen mit der Internationalen Atomenergiebehörde möglich sind. Alle sachkundigen Beobachter sagen das. Wie gesagt: Seit vier Jahren sind Demonstranten Tag für Tag vor der Weltgesundheitsorganisation, um darauf aufmerksam zu machen. Das Problem ist jetzt durch eine Anhörung, die wir im Umweltausschuss zum Atomausstieg durchgeführt haben, erneut deutlich geworden. Dort hat die Generalsekretärin der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges das als eines der größten Hemmnisse bei der sachgerechten, sinnvollen Berichterstattung über die Gefahren der Atomenergie dargestellt, das es auf internationaler Ebene gibt. Ich frage Sie - vielleicht lösen Sie sich von Ihrem vorgegebenen Text - noch einmal: Ist es nicht doch denkbar, dass die Bundesregierung das auf der nächsten Weltgesundheitsversammlung tatsächlich zum Thema macht und darauf drängt, diesen Vertrag zu lösen? Das ist ein Knebelvertrag. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege, ich kann mich an der Stelle nur wiederholen. Sie scheinen Erkenntnisse zu haben, die die Bundesregierung nicht hat. Nach den uns vorliegenden Texten handelt es sich um ein Abkommen, das es in dieser Form häufig gibt und das in keiner Weise die Unabhängigkeit einschränkt. Auch sind uns entsprechende Vorschriften nicht ersichtlich, die einen solchen Verdacht bestätigen. Wir haben uns mit der Weltgesundheitsorganisation in Verbindung gesetzt. Uns gegenüber wurde auch von ihr die Unabhängigkeit an dieser Stelle bestätigt. Von daher wäre ich dankbar, wenn Sie uns die entsprechenden Regelungen und vertraglichen Bestandteile sowie Ihre Einschätzung bzw. Interpretation zukommen ließen. Sie lassen hier in Bezug auf die international üblichen Verträge eine deutlich andere Sichtweise erkennen. Aus unserer Sicht besteht die Abhängigkeit nicht; aber wir sind offen und gesprächsbereit und werden auch Ihre Einschätzungen an der Stelle konkret prüfen. (Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden wir tun!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt die Kollegin Volkmer bitte. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben vorhin gesagt, dass es durchaus üblich ist, dass es eine Arbeitsteilung zwischen den internationalen Gremien gibt. Das ist irgendwie auch logisch. Die Internationale Atomenergie-Organisation ist für bestimmte, die Atomenergie betreffende Fragen zuständig. Für Gesundheitsfragen im Zusammenhang mit Atomkraft ist aber doch wohl die WHO zuständig. Von daher erschließt es sich mir nicht, warum es hier Absprachen zwischen der WHO und der Internationalen Atomenergie-Organisation geben muss. Wie beurteilen Sie das denn? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Volkmer, noch einmal: Aus dem Vertrag geht in keiner Weise hervor, dass sich die WHO in irgendwelchen Arbeitsfeldern einer anderen Organisation unterwerfen muss. Das wird ja hier suggeriert und vorgeworfen. Es ist hier aber doch sinnvoll - so, wie man sich auch in der Bundesregierung zwischen den unterschiedlichen Ressorts, wo es ebenfalls unterschiedliche Zuständigkeiten sowie überlappende und Querschnittsaufgaben gibt, abstimmt -, zu koordinieren. Eine Unterwerfung ist hier aber nicht vertraglich vereinbart. Die findet sich aus unserer Sicht in den entsprechenden vertraglichen Grundlagen nicht. Deshalb sind an dieser Stelle die vorgeschriebene Unabhängigkeit und Unparteilichkeit aus unserer Sicht nicht gefährdet. Daher handelt es sich um ganz normale Koordinierungs- und Abstimmungsverfahren, die in internationalen Organisationen üblich sind, aber, wie gesagt, nicht um Unterwerfung. Das heißt natürlich auch, dass die WHO in ihren Einschätzungen frei ist und frei bleibt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann kommen wir jetzt zur Frage 19 des Kollegen Kekeritz: In welcher Form beabsichtigt die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die WHO künftig wieder über eigene Kompetenzen verfügt, die Auswirkungen ionisierender Strahlung auf die menschliche Gesundheit zu untersuchen, vor dem Hintergrund, dass die Generaldirektorin im oben genannten Artikel einräumt, dass die WHO hier über fast keine eigenen Kompetenzen mehr verfügt und sich mithin unhinterfragt auf die ihr zugelieferten Informationen von der Internationalen Atomenergie-Organisation verlassen muss, und wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass die WHO wenigstens die ihr durch die CTBTO (Organisation des Vertrags über ein umfassendes Verbot von Nuklearversuchen) bekannten Messwerte aus Japan auch veröffentlicht und nicht weiter unter Verschluss hält, um so unabhängigen Wissenschaftlern weltweit eine Bewertung zu ermöglichen? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege Kekeritz, auf unmittelbare Nachfrage bestätigte die WHO gegenüber der Bundesregierung, dass sich am Hauptsitz der WHO in Genf zwei Mitarbeiter ausschließlich mit den gesundheitlichen Folgen ionisierender Strahlung auseinandersetzen. Die WHO greift darüber hinaus auf ein weltweites Netzwerk von mehr als 40 Kollaborationszentren zurück, die die WHO bei der wissenschaftlichen Auswertung und Analyse unterstützen. Aus Sicht der Bundesregierung ist die WHO nicht für die Veröffentlichung von Messwerten zuständig, die die Organisation des Vertrages über ein umfassendes Verbot von Nuklearversuchen, CTBTO, erhoben hat. Auf der Internetseite der CTBTO nimmt diese auch selber öffentlich zu den in Japan erhobenen Messdaten Stellung. Die Bundesregierung hat für Deutschland die Ergebnisse der Spurenmessstellen im Internet verfügbar gemacht. Auf der Homepage des Bundesamtes für Strahlenschutz sowie auf der Homepage der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sind sie einzusehen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kekeritz, Sie haben eine Nachfrage? - Bitte schön. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke schön. - Ich habe eine Nachfrage. Sie kennen ja den Hintergrund dieser gesamten Fragestellung. Es geht um Fukushima und um die Messergebnisse, die Tepco, der Betreiber, erstellt und veröffentlicht hat. Sie sind dann auch von der japanischen Regierung veröffentlicht worden und haben sich hinterher als falsch herausgestellt. Wenn die Informationen, die mir vorliegen, korrekt sind, wurden diese Daten auch an die IAEO übermittelt. Die IAEO hat diese Daten ebenfalls bestätigt. Traurigerweise hat auch die WHO diese Daten veröffentlicht. Ich würde sagen: Das ist ein Plagiat; denn die WHO hat den Eindruck erweckt, dass sie diese Daten selbst erhoben hat. Genau das ist aber nicht der Fall. Die WHO ist auf diesem Gebiet nicht entsprechend ausgestattet. Sie verfügt nicht über die notwendigen Messinstrumente, und im Gegensatz zu früher, als es eine eigene Abteilung für Strahlenunfälle gab, sind dort nur noch eine Strahlenbiologin und eine zweite wissenschaftliche Kraft beschäftigt; welche Qualifikation diese Kraft hat, weiß ich nicht. Die WHO ist also überhaupt nicht in der Lage, sich mit diesem Thema zu befassen. Ich glaube, gerade aufgrund des enorm großen Risikopotenzials im Hinblick auf die Gesundheit der Menschen muss die WHO hierfür zuständig sein, niemand sonst. Die IAEO kann es nicht, die Betreiber können es nicht, und die nationalen Regierungen können es auch nicht. Ich denke, die Weltgemeinschaft hat einen Anspruch darauf, richtig informiert zu werden, und sie hat einen Anspruch darauf, dass ihr geeignete Maßnahmen empfohlen werden. Meine Frage an Sie: Werden Sie sich in Genf dafür einsetzen, dass die WHO, wie es früher schon einmal der Fall war, eine eigene Abteilung bekommen wird, die sicherstellen kann, dass die Messergebnisse ehrlich und offen veröffentlicht werden, und dass die WHO wieder in die Lage versetzt wird, vernünftige Maßnahmen zu empfehlen? Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege Kekeritz, wie bereits dargestellt, nutzt die Weltgesundheitsorganisation ein internationales Netzwerk von 40 Kollaborationszentren. Aus unserer Sicht ist dies sehr sinnvoll, da die WHO so über eigene wissenschaftliche Expertise aus den Regionen verfügen kann. Ich habe die zwei Stellen angesprochen. Aus unserer Sicht muss im Nachgang zu Fukushima und als Konsequenz aus Tschernobyl darüber nachgedacht werden, ob lediglich zwei solcher Planstellen bei der WHO in diesem wichtigen Bereich ausreichend sind. Hier teilen wir Ihre Einschätzung. Deutschland hat der Weltgesundheitsorganisation im Übrigen bereits die Entsendung von Experten auf diesem Gebiet für eine bestimmte Zeit angeboten. Zurzeit prüft die WHO, welche Kompetenzen sie genau benötigt; an uns soll und wird es also nicht liegen. Danach werden wir über das weitere Vorgehen entscheiden. Wir teilen Ihre Einschätzung, dass dieses Themas eine große Bedeutung hat, und legen ein Augenmerk darauf, dass die WHO ihre Aufgaben an dieser Stelle sachgerecht erfüllen kann. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Mücke zur Verfügung. Die Fragen 22 und 23 der Kollegin Behm werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 24 des Kollegen Hacker auf: Wie ist der Stand bei der Überarbeitung der Fragenkataloge zur Prüfung zum Erwerb des beschränkt gültigen Funkbetriebszeugnisses, SRC, und des Allgemeinen Funkbetriebszeugnisses, LRC, die sich aus dem Antrag "Attraktivität des Wassertourismus und des Wassersports stärken" (Bundestagsdrucksache 16/5416) ergibt, und für wann ist der Einführungstermin geplant? Bitte schön. Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Diese Frage beantworte ich für die Bundesregierung wie folgt: Die Prüfungsfragenkataloge im Hinblick auf SRC und LRC sind überarbeitet, auf das Multiple-Choice-Verfahren umgestellt und schon im August 2009 im Verkehrsblatt veröffentlicht worden. Der Umfang beider Fragenkataloge ist um jeweils ein Drittel reduziert worden. Gemäß Bekanntmachung im Verkehrsblatt vom Februar 2011 erfolgt die Inkraftsetzung der Fragenkataloge zum 1. Oktober 2011. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Hacker, Sie haben eine Nachfrage. - Bitte schön. Hans-Joachim Hacker (SPD): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär Mücke, was den genannten Antrag aus der letzten Legislaturperiode betrifft, kam es uns insbesondere darauf an, dass die betreffenden Verbände in die Arbeiten zur Novellierung der wasserrechtlichen Regelungen einbezogen werden. Meine Frage: Haben Sie bei der Überarbeitung der Vorschriften bezüglich der Funkzeugnisse auch die betroffenen Wassersportverbände einbezogen und die Hinweise und Anregungen aufgenommen? Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Mit Erlaubnis der Frau Präsidentin würde ich an dieser Stelle gerne die Frage 25 beantworten; denn diese Frage haben Sie eben noch einmal mündlich gestellt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann rufe ich Frage 25 des Abgeordneten Hans-Joachim Hacker auf: In welcher Weise sichert die Bundesregierung bei der Überarbeitung des Fragenkataloges zum Erwerb des UKW-Sprechfunkzeugnisses für den Binnenschifffahrtsfunk, UBI, die Einbeziehung der betroffenen Sportverbände zu, und zu welchem Termin ist die Einführung des neuen Zeugnisses geplant? Herr Staatssekretär, bitte. Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Die Bundesregierung hat wie zuvor schon bei den Fragenkatalogen zu SRC und LRC im Rahmen einer öffentlichen Anhörung am 23. März 2011 im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in Bonn die betroffenen Sportverbände einbezogen. Die Inkraftsetzung des neuen UBI-Fragenkataloges, die im Übrigen kein neues Zeugnis begründet, ist ebenfalls zum 1. Oktober 2011 vorgesehen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie noch weitere Nachfragen? - Das ist nicht der Fall. Dann sind diese Fragen beantwortet. Die Frage 26 des Abgeordneten Klaus Hagemann wird schriftlich beantwortet. Damit ist dieser Geschäftsbereich beendet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Fragen 27 und 28 des Kollegen Hans-Josef Fell, die Fragen 29 und 30 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl, die Frage 31 der Kollegin Bärbel Höhn und die Frage 32 des Kollegen Oliver Krischer werden schriftlich beantwortet. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Frage 33 des Kollegen Oliver Krischer wird ebenfalls schriftlich beantwortet. Wir kommen zu Frage 34 des Kollegen Oliver Kaczmarek: Durch welche Maßnahmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung werden im beginnenden deutsch-russischen Wissenschaftsjahr die deutsch-russischen Diskussionen zum Thema der erneuerbaren Energien explizit gefördert? Zur Beantwortung der Frage steht der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel zur Verfügung. Bitte schön, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Präsidentin! Herr Kollege Kaczmarek, das deutsch-russische Jahr der Bildung, Wissenschaft und Innovation wird am 23. Mai in Moskau durch Bundesforschungsministerin, Frau Professor Annette Schavan, und ihren Ministerkollegen, Professor Fursenko, eröffnet werden. Als Teil der Eröffnungsveranstaltung organisieren das BMBF und das Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Russischen Föderation ein Fachgespräch zum Thema Klimawandel und die Stadt der Zukunft. Ziel ist es, zwischen den deutschen und den russischen Wissenschaftlern die Vision der CO2-neutralen Stadt als eine mögliche Antwort auf den Klimawandel zu diskutieren. In diesem systemischen Ansatz, der die Erzeugung, die Speicherung, den Transport und die Nutzung von Energie im urbanen Raum umfasst und der im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung entwickelt wurde, nehmen erneuerbare Energien eine herausragende Rolle ein. Das deutsch-russische Wissenschaftsjahr, an dem sich erfreulicherweise eine Vielzahl von Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen beteiligen, dient generell der Erweiterung und Vertiefung der Zusammenarbeit mit Russland im Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung. Daraus können sich auch neue Initiativen zu den erneuerbaren Energien ergeben. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine Nachfrage, Herr Kaczmarek? - Das ist nicht der Fall. Die Frage 35 des Kollegen Kaczmarek wird später im Themenbereich Wirtschaft und Technologie behandelt. Die Fragen 36 und 37 wurden vom Kollegen Rossmann gestellt, der nicht im Saal ist. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die Frage 38 des Kollegen Klaus Hagemann wird schriftlich beantwortet. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes. Die Frage 39 des Kollegen Hans-Christian Ströbele wird schriftlich beantwortet. Jetzt kommen wir zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Die Frage 40 des Kollegen Volker Beck, die Fragen 41 und 42 der Kollegin Sevim Daðdelen und die Frage 43 des Kollegen Volker Beck werden schriftlich beantwortet. Der Kollege Wieland, der die Frage 44 gestellt hat, ist nicht anwesend. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die Fragen 45 und 46 des Kollegen Dr. Rolf Mützenich werden schriftlich beantwortet. Die Frage 47 wurde von der Kollegin Kerstin Müller gestellt, die ebenfalls nicht im Saal ist. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die Frage 48 wurde vom Kollegen Andrej Hunko gestellt, der ebenfalls nicht anwesend ist. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Auch die Frage 49 wurde vom Kollegen Andrej Hunko gestellt, der nicht anwesend ist. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Ich bin sehr froh, dass wir als Fragesteller zu diesem Geschäftsbereich Josef Winkler in unseren Reihen begrüßen dürfen. Dann rufe ich die Frage 50 des Kollegen Josef Philip Winkler auf: Wie steht die Bundesregierung zu den Vorschlägen einiger EU-Mitgliedstaaten, in bestimmten Situationen die Kontrollen an den Binnengrenzen einseitig oder bilateral wieder einzuführen, und inwieweit hält die Bundesregierung diese Vorschläge mit dem Grundwert der europäischen Freizügigkeit für vereinbar? Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder zur Verfügung. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ich beantworte die Frage wie folgt: Die Bundesregierung hat ebenso wie auch andere EU-Mitgliedstaaten ein großes Interesse an der Stärkung des Schengener Rechtsrahmens. Die Europäische Kommission hat dies in der Mitteilung zur Migration vom 4. Mai 2011 aufgegriffen. Den Überlegungen zur Reform des Schengen-Systems sieht die Bundesregierung mit Interesse entgegen. Die EU-Kommission erwägt eine stärkere Einbindung der Agentur für den Außengrenzschutz, Frontex, im Rahmen der Schengen-Evaluierung sowie ein Verfahren, das es der EU ermöglicht, Fälle zu regeln, in denen ein Mitgliedstaat seiner Verpflichtung, seinen Abschnitt der EU-Außengrenzen zu kontrollieren, nicht nachkommt, oder eine Lösung zu finden, wenn ein bestimmter Grenzabschnitt aufgrund externer Vorfälle unerwartet unter Druck gerät. Dies wird von der Bundesregierung grundsätzlich befürwortet. Allerdings sind die Freizügigkeit und das Reisen ohne Grenzkontrollen im Schengen-Raum eine der großen Errungenschaften und für die Bürger von großer Bedeutung. Dies gilt es zu wahren. Bei der Diskussion über Maßnahmen innerhalb des Schengen-Raums muss dies berücksichtigt werden. Ferner sollen die Verantwortung und die originäre Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für den Schutz der EU-Außengrenzen sowie die Durchführung des nationalen Grenzmanagements unberührt bleiben. Die Vorschläge werden im Einzelnen gründlich zu prüfen sein. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Kollege Winkler, bitte schön, eine Nachfrage. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, in welchem Zusammenhang hat denn die Bundespolizei Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze vorgenommen, bei denen dann insgesamt 36 tunesische Flüchtlinge registriert wurden? Ich beziehe mich auf eine Pressemitteilung des Innenministeriums vom 4. Mai. 19 der 36 tunesischen Flüchtlinge wurde die Einreise nach Deutschland gestattet, weil sie die Voraussetzungen erfüllt hatten und unter anderem ausreichende finanzielle Mittel nachgewiesen hatten. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Wir lassen im grenznahen Bereich lageangepasst Kontrollen durchführen. Das sind aber keine Kontrollen direkt an der Grenze. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Kann ich also davon ausgehen, dass für die Bundesregierung angesichts der Zahl von 36 tunesischen Flüchtlingen kein Fall einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit nach dem Schengener Grenzkodex vorgelegen hat? Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Wenn eine schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit vorliegt, dann dürfen gemäß Art. 23 des Grenzkodexes Grenzkontrollen wieder eingeführt werden. Aber auch wenn keine konkrete schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung vorliegt, ist es selbstverständlich auch außerhalb des Rechtsrahmens des Art. 23 möglich, lageangepasst Personen zu kontrollieren. Wenn jemand nicht die notwendigen Mittel hat, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, dann ist es möglich, denjenigen in sein Herkunftsland zurückzuweisen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Wir kommen zu Frage 51 des Abgeordneten Josef Philip Winkler: In welcher Weise wird die Bundesregierung beim kommenden Sondertreffen am 12. Mai 2011 der EU-Justiz- und -Innenminister die Bereitschaft Deutschlands signalisieren, weitere finanzielle Unterstützung für die am stärksten betroffenen EU-Staaten an den Außengrenzen zu leisten und in Anwendung der EU-Richtlinie zum vorübergehenden Schutz Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen zusagen? Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ich beantworte die Frage wie folgt: Deutschland hat sich in Vorbereitung des JI-Rats am 11. und 12. April bereit erklärt, 100 Flüchtlinge aus Malta zu übernehmen. Auch andere EU-Mitgliedstaaten haben seitdem Zusagen für die Übernahme von Flüchtlingen aus Malta gemacht. Die EU-Kommission führt in ihrer Mitteilung zur Migration vom 4. Mai 2011 aus, dass die Mitgliedstaaten, die von Flüchtlings- und Migrantenströmen am stärksten betroffen sind, rund 25 Millionen Euro aus dem Außengrenzfonds und aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds erhalten haben. Erkenntnisse dazu, in welchem Umfang die südeuropäischen Mitgliedstaaten finanzielle Unterstützung aus Gemeinschaftsmitteln erhalten, liegen nicht vor. Die Unterstützung für den Schutz der Außengrenze in der Region für die am stärksten betroffenen EU-Staaten erfolgt außerdem nicht nur unmittelbar durch finanzielle Mittel aus dem Außengrenzfonds, sondern auch durch Frontex-Einsätze und die damit verbundene personelle und materielle Beteiligung der EU-Mitgliedstaaten. Um diese Einsätze mit Blick auf die aktuelle Lage auch zukünftig gewährleisten zu können, wird geprüft, inwieweit das Budget der Agentur insgesamt aufgestockt werden müsste. Bei der zurückliegenden Ratstagung bestand bei der Mehrheit der Mitgliedstaaten mit der EU-Kommission Einigkeit darüber, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der Richtlinie zum vorübergehenden Schutz in Massenfluchtsituationen nicht vorliegen. Aus Sicht der Bundesregierung liegen die Voraussetzungen auch gegenwärtig nicht vor. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine Nachfrage, Herr Kollege Winkler. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, es gibt den dringenden Appell des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, auch außerhalb der EU-Richtlinie zum vorübergehenden Schutz zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen. Andere EU-Mitgliedstaaten wie Portugal und Schweden haben bereits angekündigt, dass sie dem Appell folgen wollen. Wie bewertet die Bundesregierung das? Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Deutschland wird seiner humanitären Verantwortung in besonderer Weise gerecht. Das sieht man allein an der Zahl der Asylbewerber. Im letzten Jahr betrug sie über 40 000. Damit hat Deutschland in Europa nach Frankreich die meisten Asylbewerber aufgenommen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die zweite Nachfrage, bitte. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war zwar eine interessante Antwort, aber keine auf die Frage, die ich gestellt habe. Nichtsdestoweniger stelle ich jetzt eine andere Frage: Wie bewerten Sie, Herr Staatssekretär, die Bereitschaft des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, im Alleingang 100 Flüchtlinge aus Malta aufzunehmen? Werden Sie sich auf der nächsten Innenministerkonferenz dafür einsetzen, dass auch andere diesem Beispiel folgen, und wird die Bundesregierung dies unterstützen? Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Die Initiative, der besonderen Situation Maltas gerecht zu werden, ist von der Bundesregierung ausgegangen. Wir sind dankbar, dass die einzelnen Länder dieser Initiative gefolgt sind. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Danke schön, Herr Winkler. Ich rufe die Frage 52 des Abgeordneten Wolfgang Wieland auf: Wie bewertet die Bundesregierung insbesondere unter dem Aspekt des Datenschutzes die Pläne der Europäischen Kommission zur Einführung eines europäischen Ein- und Ausreisesystems und eines Registrierungsprogramms für reisende Drittstaatsangehörige? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ich beantworte die Frage wie folgt: Die Bundesregierung wird einen Rechtsetzungsvorschlag zu dem Vorhaben, das als solches grundsätzlich unterstützt wird, unter dem Aspekt des Datenschutzes umfassend prüfen, sobald dieser Vorschlag von der Europäischen Kommission vorgelegt wird. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine Nachfrage, bitte. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, habe ich richtig verstanden, dass ein Speicherungssystem für sämtliche Einreisen in die Europäische Union und Ausreisen aus der Europäischen Union geschaffen werden soll? Wir haben schon jetzt nur im Schengen-Raum jährlich 650 Millionen Ein- und Ausreisen. Das heißt, es würden ohne Zweifel Milliarden von Daten zentral gespeichert werden. Halten Sie das in irgendeiner Weise für verhältnismäßig? Halten Sie vor allen Dingen die Vorstellung für verhältnismäßig, dass diese Daten auch noch durchforstet werden und beispielsweise nachgesehen wird, ob jemand die Dauer seiner Aufenthaltszeit, die im Visum angegeben ist, überschreitet? Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Wir halten es für notwendig, zu wissen, wer die Regeln verletzt und sich länger als erlaubt in der Union aufhält. Momentan haben wir die Situation, dass wir nicht wissen, wer sich illegal innerhalb der Europäischen Union aufhält. Dazu soll dieses neue Instrument dienen. Das ist meines Wissens schon unter Rot-Grün von dem damaligen Innenminister Schily gefordert worden. Von daher bewegen wir uns in der Kontinuität einer vorherigen Bundesregierung. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine zweite Nachfrage? - Bitte. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, hätten Sie die Güte, zuzugestehen, dass nicht alles, was der Kollege Schily in die Welt hinausposaunt hat, Grundlage der Regierungspolitik von Rot-Grün war und nur ein Bruchteil davon - ich nenne das Stichwort "Auffanglager in Nordafrika" - realisiert worden ist? Geben Sie zu, dass selbst Otto Schily bei der Vorstellung, Milliarden von Ein- und Ausreisedaten im Zeitalter des Massentourismus zu sammeln und mit diesen Daten eine Art Big Brother zu veranstalten - wer hält sich wie lange wo auf? -, erblasst wäre? Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ich bin bisher davon ausgegangen, dass die rot-grüne Koalition ihre Bundesregierung entsprechend kontrolliert hat und diese im Einklang mit ihr gehandelt hat. Wir sehen natürlich datenschutzrechtliche Risiken; die müssen wir am Ende abwägen. Das habe ich ja in meiner Antwort geschildert. Man muss sich aber auch den Mehrwert eines solchen Systems genau überlegen und dann eine Abwägung vornehmen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Danke schön. - Die Frage 53 des Kollegen Hans-Christian Ströbele und die Fragen 54 und 55 der Kollegin Heike Hänsel sollen schriftlich beantwortet werden. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Die Fragen 56 und 57 des Kollegen Jerzy Montag werden schriftlich beantwortet. Somit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Die Fragen 58 und 59 des Kollegen Manuel Sarrazin sowie die Fragen 60 und 61 der Kollegin Lisa Paus werden schriftlich beantwortet. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Peter Hintze zur Verfügung. Die Frage 35 des Kollegen Oliver Kaczmarek wird schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 62 der Kollegin Katja Keul auf: Wann hat die Bundesregierung die Genehmigung für die Lieferung von zwei U-Booten der Klasse 214 nach den Richtlinien des Kriegswaffenkontrollgesetzes an Griechenland erteilt, und wann wurde diese Genehmigung beantragt (bitte genaues Datum angeben)? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Präsident! Liebe Kollegin! Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat am 25. Januar 2011, ausgehend vom Antrag vom 22. Juli 2008, eine Genehmigung nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen erteilt, zwei Unterseeboote der Klasse 214 in Form von Materialpaketen aus Deutschland nach Griechenland auszuführen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Nachfrage? - Frau Keul, bitte. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Meine Frage lautet jetzt: Warum wurde noch im Januar 2011 die Ausfuhr von Rüstungsgütern im Wert von Millionen Euro aus Deutschland nach Griechenland genehmigt, obwohl wir im März 2010 ein riesiges Paket verabschiedet hatten, um den Griechen zur Seite zu springen, deren Staatshaushalt bekanntermaßen desolat ist; schließlich sieht der EU-Waffenkodex vor, dass bei Auslieferung von Rüstungsgütern auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Empfängerlandes zu achten ist? Wie ist das miteinander vereinbar? Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Ich denke, es ist gut vereinbar, Frau Kollegin. Sie haben ja nach den entsprechenden Daten gefragt. Der Antrag ist vom 22. Juli 2008. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, aber er ist ja nun im Januar 2011 genehmigt worden. Das war zu einem Zeitpunkt, an dem klar war, dass sich die Griechen diese U-Boote nicht leisten können. Das hätte doch wohl zum Zeitpunkt der Genehmigung berücksichtigt werden müssen. Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Zum einen mache ich mir Ihre Einschätzung nicht zu eigen, dass sie nicht in der Lage sind, das zu bezahlen. Aber das kann man vielleicht mal dahingestellt sein lassen. Wie Sie aus Ihrer eigenen sachkundigen Beschäftigung mit dem Thema wissen, gibt es zwei unterschiedliche Genehmigungsverfahren: die Herstellungsgenehmigung und die Ausfuhrgenehmigung. Die Herstellungsgenehmigung ist ja viel früher erteilt worden, die entsprechenden Materialpakete sind hergestellt worden, und die Ausfuhrgenehmigung setzt die Endverbleibserklärung der griechischen Regierung voraus; diese ist spät eingereicht worden. Nachdem die Endverbleibserklärung herausgegeben worden war, hatten sowohl die griechische Regierung als auch die deutsche Lieferfirma den rechtlichen Anspruch auf die Ausfuhrgenehmigung, da zuvor die Herstellungsgenehmigung erteilt worden war. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Weitere Nachfrage, Frau Keul? - Nein. Bitte schön, Zusatzfrage. Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär Hintze, Deutschland ist ja in den letzten Jahren zu einem der größten Waffenexporteure in der Welt aufgestiegen - ich glaube, drittgrößter Exporteur insgesamt -, und einer der besten Kunden Deutschlands war in den letzten Jahren Griechenland. Nun wissen wir alle, wohin das Geld gegangen ist und wohin das Geld geht, das wir da jetzt noch hinterherwerfen müssen. Meine Frage an die Bundesregierung: Sind Sie ins Nachdenken gekommen, was die eigenen Rüstungsexportkriterien betrifft? Können Sie sich vorstellen, dass die Finanzlage eines Staates bzw. erkennbare Außenhandelsbilanzschwierigkeiten von Staaten in Zukunft auch eine Rolle spielen werden bei der Entscheidung, ob Rüstungsgüterexporte genehmigt werden oder nicht? Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Ich beantworte beide Fragen mit Nein, weil ich die darin enthaltenen Unterstellungen durch diesen Sachverhalt nicht gedeckt sehe. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Winkler. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär, bewertet es die Bundesregierung als dem Ideal der schwäbischen Hausfrau entsprechend, ein Land, das in wirtschaftlicher Not ist, mit etlichen Milliarden Euro finanziell zu unterstützen, sich aber zeitgleich darauf einzulassen, dass dieses Land unnötige Ausgaben, zum Beispiel für U-Boote und Ähnliches, tätigt, in der Kenntnis, dass dieses Land - Griechenland - sowieso einen viel zu hohen Rüstungshaushalt hat? (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bekommen wir die denn wenigstens zurück, wenn sie nicht bezahlt werden?) Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Kollege, die Höflichkeit und unser freundschaftliches Verhältnis verbieten mir, darauf jetzt im Einzelnen einzugehen. Ich möchte die Sachverhalte getrennt betrachten. Erstens. Die Situation des griechischen Staates hat - anders als in Ihren Ausführungen dargelegt - nicht dazu geführt, dass wir Milliarden Euro an Unterstützungsleistungen gezahlt haben; es ist kein einziger Cent geflossen. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch nicht! - Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Risiko besteht!) - Trotzdem muss ich das klar sagen. Sie sagen: Ihr gebt dahin Milliarden Euro. In Wahrheit ist kein einziger Cent geflossen. Ihre Darstellung war, liebevoll gesprochen, nicht ganz korrekt. Zweitens. Leidtragende der von Ihnen hier vorgeschlagenen Maßnahme wären deutsche Unternehmen und deutsche Arbeitnehmer. Man kann Ihre Forderung nach einem Stopp der Lieferung für politisch richtig oder falsch halten. Jedenfalls vermag ich keinen Zusammenhang zwischen den Maßnahmen zur Stabilisierung des Euro und der Einhaltung der Liefertreue zu sehen. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht ist Griechenland ja auch deswegen pleite, weil es sinnlose Rüstungsgüter gekauft hat!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Es wäre schön, wenn sich die Schulden Griechenlands auf die Kosten für den Kauf zweier U-Boote begrenzen ließen. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie auch wieder recht, Herr Präsident! Aber wenigstens einen Eigentumsvorbehalt hätte man vereinbaren können!) Wir kommen zur Frage 63 der Kollegin Keul: Welches politische Zeichen plant die Bundesregierung mit der Unternehmerreise zum Thema Sicherheitstechnik des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie, Rainer Brüderle, vom 15. bis 18. Mai 2011 nach Algerien zu setzen, wo die algerische Regierung im Februar 2011 ihre Sicherheit vor allem durch Demonstranten gefährdet sah, die nach dem Vorbild von Tunesien und Ägypten mehr politische Freiheiten forderten, und wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass bei erfolgreichen Vertragsabschlüssen die von deutschen Unternehmen gelieferte Sicherheitstechnik nicht zur internen Repression durch die algerische Regierung oder andere staatliche Stellen missbraucht wird? Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Präsident, nach meiner Zählung habe ich eben die Frage 63 beantwortet. Jetzt müssten wir zur Frage 64 kommen, weil der Aufruf der Frage 35 verschoben wurde. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Nein, es bleibt bei der Reihenfolge der Fragen; so steht es jedenfalls ausgedruckt. Es geht jedenfalls um die Unternehmerreise des Bundesministers Brüderle zum Thema Sicherheitstechnik nach Algerien. Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Erstens. Es war nie eine Unternehmensreise des Ministers Brüderle geplant; ich habe ebenfalls die entsprechenden Zeitungsartikel gelesen. Geplant war, dass ein Beamter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie an einer Unternehmensreise teilnimmt. Zweitens. Die ursprünglich vom 15. bis 18. Mai 2011 vorgesehene Unternehmensreise ist abgesagt worden. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Frau Keul, eine Nachfrage, bitte. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine Frage ist: Warum ist diese Reise abgesagt worden? Ist beabsichtigt, sie zu einem anderen Zeitpunkt durchzuführen? Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Geplant war eine Reise in Kooperation mit dem Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Ob sie zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt wird, kann ich heute nicht sagen. Abgesagt wurde sie wegen des gesamtpolitischen Kontextes. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine weitere Nachfrage. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich frage mich an dieser Stelle: welcher politische Kontext? Der innenpolitische Kontext der FDP oder der Kontext Algerien? Die eigentliche Frage, die sich mir aufdrängt, ist, wie die Bundesregierung verhindern will, dass hochtechnologisierte Sicherheitsgüter, die durch deutsche Unternehmen nach Algerien exportiert werden sollen, zum Einsatz kommen, um die Demonstrationen dort zu unterdrücken und um gegen das eigene Volk zu kämpfen. Hat die Bundesregierung diesbezüglich Bedenken? Wenn ja, wie will die Bundesregierung einen solchen Einsatz dieser Güter verhindern? Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Diese Frage beantworte ich Ihnen gerne, Frau Kollegin. Für Vertragsabschlüsse, die von deutschen Unternehmen gelieferte Sicherheitstechnik beinhalten, gelten folgende Regeln: Soweit es sich bei der Sicherheitstechnik um Rüstungsgüter im Sinne der Ausfuhrliste "Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung" handelt, finden die deutschen exportkontrollrechtlichen Vorschriften sowie die politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahr 2000 und der Gemeinsame Standpunkt 2008/944/GSAP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und von Militärgütern Anwendung. In den politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahr 2000 ist bestimmt, dass Genehmigungen für Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern grundsätzlich nicht erteilt werden, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass diese zur internen Repression - diese Frage haben Sie aufgeworfen - oder zur sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzung missbraucht werden. Bei der Entscheidung über die Erteilung von Genehmigungen für die Ausfuhr von derartigen Dual-use-Gütern wird entsprechend verfahren. Die Bundesregierung prüft die aktuellen Entwicklungen in Algerien auch im Hinblick auf diese Grundsätze sehr genau und wird sie sorgfältig beachten. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die Fragen 64 und 65 der Kollegin Ingrid Nestle und die Frage 66 der Kollegin Bärbel Höhn sollen schriftlich beantwortet werden. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Die Fragen 67 und 68 der Kollegin Sabine Zimmermann werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Das Gleiche gilt für die Fragen 69 und 70 der Kollegin Dr. Kirsten Tackmann zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 12. Mai 2011, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 15.20 Uhr) Berichtigung 106. Sitzung, Seite 12212 (C), vierter Absatz, der vierte Satz ist wie folgt zu lesen: "Dann müssen wir einen Schritt weitergehen und sagen: Wir brauchen auch auf administrativer Ebene, vielleicht ein Ministerium, eine Stelle, bei der das alles gebündelt wird." Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Daðdelen, Sevim DIE LINKE 11.05.2011 Dr. Danckert, Peter SPD 11.05.2011 Friedhoff, Paul K. FDP 11.05.2011 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 11.05.2011 Hardt, Jürgen CDU/CSU 11.05.2011 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.05.2011 Dr. Höll, Barbara DIE LINKE 11.05.2011 Korte, Jan DIE LINKE 11.05.2011 Leutert, Michael DIE LINKE 11.05.2011 Ludwig, Daniela CDU/CSU 11.05.2011 Dr. Luther, Michael CDU/CSU 11.05.2011 Pau, Petra DIE LINKE 11.05.2011 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 11.05.2011 Schlecht, Michael DIE LINKE 11.05.2011 Schnurr, Christoph FDP 11.05.2011 Strothmann, Lena CDU/CSU 11.05.2011 Vogler, Kathrin DIE LINKE 11.05.2011 Werner, Katrin DIE LINKE 11.05.2011 Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 11.05.2011 Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Annette Widmann-Mauz auf die Frage der Abgeordneten Anette Kramme (SPD) (Drucksache 17/5733, Frage 16): Worin besteht nach Auffassung der Bundesregierung der Unterschied bei der Schließung einer Innungskrankenkasse, IKK, einer Betriebskrankenkasse, BKK, einer Ortskrankenkasse oder einer Ersatzkasse bezüglich der Beendigung oder Weiterführung von Arbeitsverhältnissen für unterschiedliche Mitarbeitergruppen, zum Beispiel sogenannte Dienstordnungsangestellte, kündbare und nichtkündbare Mitarbeiter, und werden nach § 164 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, SGB V, tatsächlich die herkömmlichen Regelungen der Beendigung von Arbeitsverhältnissen außer Kraft gesetzt, wie von der Vizepräsidentin des Bundesversicherungsamtes Sylvia Bohlen-Schöning in Die Krankenversicherung Nr. 03.11, Seite 85 ff. dargelegt? Den Beschäftigten einer Orts- oder Innungskrankenkasse ist im Fall der Schließung bei einem Landesverband oder einer anderen Krankenkasse der gleichen Kassenart eine Stelle anzubieten, die ihnen unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und bisherigen Dienststellung zuzumuten ist. Bei Betriebskrankenkassen und Ersatzkassen gilt Gleiches für unkündbare Beschäftigte, das heißt für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis nicht durch ordentliche Kündigung beendet werden kann. Jede verpflichtete Krankenkasse hat entsprechend ihrem Anteil an der Zahl der Versicherten entsprechende Anstellungen anzubieten. Dienstordnungsmäßige Angestellte in beamtenähnlichen Beschäftigungsverhältnissen, sogenannte DO-Angestellte, sind verpflichtet, eine angebotene Stelle anzutreten, wenn die Stellung nicht in auffälligem Missverhältnis zu den Fähigkeiten der Angestellten steht, wobei geringere Besoldungs- oder Versorgungsansprüche auszugleichen sind. Gesetzlich ist bestimmt, dass die Vertragsverhältnisse der oben genannten Beschäftigten, die nicht wie beschrieben untergebracht werden, mit dem Tag der Schließung enden. Das gilt auch dann, wenn keine oder keine zumutbaren Stellen angeboten oder nicht angetreten wurden, wobei fehlende Stellenangebote und dadurch bedingte Beschäftigungslücken Schadenersatzansprüche der Betroffenen auslösen können. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis nach den allgemeinen arbeits- und tarifrechtlichen Bestimmungen zu einem früheren Zeitpunkt zu kündigen. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Annette Widmann-Mauz auf die Frage der Abgeordneten Anette Kramme (SPD) (Drucksache 17/5733, Frage 17): Warum muss gemäß § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V bei einer IKK-Schließung jedem Mitarbeiter ein Angebot gemacht werden, bei einer BKK- oder Ersatzkassenschließung jedoch nicht, obwohl es eine Gleichstellung im Insolvenzfall gibt, und möchte die Bundesregierung diese Unterscheidung künftig beibehalten? Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung, GKV-OrgWG, am 1. Januar 2009 bestanden keine gesetzlichen Schutzbestimmungen für die Beschäftigten von Betriebskrankenkassen und Ersatzkassen, deren Arbeitsplatz durch Schließung ihrer Krankenkasse weggefallen war. Der Gesetzgeber hat in diesem Gesetz die bei Schließung einer Orts- oder Innungskrankenkasse geltenden Regelungen nicht in vollem Umfang auf die Betriebskrankenkassen und die Ersatzkassen zu übertragen, sondern entsprechende Regelungen nur für die Beschäftigten vorgesehen, deren Arbeitsverhältnis nicht durch ordentliche Kündigung beendet werden kann. Dies war das Ergebnis einer Abwägung zwischen den Interessen der Betroffenen an einer Weiterbeschäftigung einerseits und dem Interesse der verbleibenden Krankenkassen der betroffenen Kassenart andererseits, durch die wirtschaftlichen Belastungen einer umfassenden Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nicht überfordert zu werden. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Jan Mü cke auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 22): Welchen Stand haben die Planungen zur Nordverlängerung der BAB 14 in Brandenburg erreicht, und wie gestaltet sich die Finanzierung? Für alle drei Streckenabschnitte der A 14, Magdeburg-Wittenberge-Schwerin, A 14-Nordverlängerung, in Brandenburg, - Landesgrenze Sachsen-Anhalt/Brandenburg-Anschlussstelle Wittenberge, mit der Elbebrücke (VKE 3.2b), - Anschlussstelle Wittenberge-Anschlussstelle Karstadt (VKE 4) und - Anschlussstelle Karstadt-Landesgrenze Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern (VKE 5) hat die Auftragsverwaltung Brandenburg die Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Baurecht ist noch nicht absehbar. Das aktuelle Bau- und Finanzierungskonzept für die A 14, Magdeburg-Wittenberge-Schwerin sieht neben Bundesmitteln, von denen die beteiligten Länder auch Sondermittel erhalten, zusätzlich den Einsatz von Fördermitteln der EU für das Projekt vor. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Jan Mü cke auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 23): Inwieweit werden bei Straßen- und Schienenbauvorhaben des Bundes die in den jeweiligen Regionen liegenden, von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben oder der BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH verwalteten Flächen aktiv für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bzw. für den zur Realisierung der Projekte notwendigen Flächentausch mit einbezogen? Bei Straßenbauvorhaben des Bundes führen die Länder gemäß Art. 90 Abs. 2 Grundgesetz in eigener Verantwortung und Zuständigkeit den erforderlichen Flächenerwerb durch (Auftragsverwaltung). Deren Straßenbauverwaltungen entscheiden auch über die Heranziehung von Flächen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, BImA, und der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH, BWG. Die BImA hat gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BImAG den gesetzlichen Auftrag, den Grundstücks- und Raumbedarf für Bundeszwecke zu decken. Hierzu zählt auch die Bereitstellung von Liegenschaften, die für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Rahmen des Bundesfernstraßenbaus benötigt werden. Die für den Straßenbau unmittelbar oder als Tauschland benötigten Flächen der BImA werden entgeltlich, zum Verkehrswert, bereitgestellt, bei Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen geschieht dies im Rahmen eines Nutzungsvertrages; hier bleibt die BImA Eigentümerin der Grundstücksflächen. Flächen der BWG werden im Rahmen von Planfeststellungsverfahren bei derartigen Vorhaben ebenfalls für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen herangezogen und zum Verkehrswert an den Straßenbaulastträger veräußert. Tauschflächen stellt die BWG jedenfalls dann zur Verfügung, wenn Unternehmen einen gesetzlichen Anspruch auf Ersatzland nach § 100 Abs. 1 Baugesetzbuch haben. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Jan Mü cke auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/5733, Frage 26): Welche Konsequenzen ergeben sich im Einzelnen aus der im 2. Bericht des BMVBS zur Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung - Ausschussdrucksache 17(8)2983 - angekündigten Zusammenfassung des Außenbezirkes Worms mit dessen Außenstelle Oppenheim, die beide bereits von einem gemeinsamen Dienststellenleiter geführt werden - etwa im Hinblick auf die Zahl der Dienstposten an den Standorten, die Qualifikationsanforderungen an die Dienstposten, die Fortführung der beiden Standorte, die Vorhaltung der drei Arbeitsboote sowie des Baggerschiffes, den Zeitraum der Umsetzung der Reform -, und inwieweit ist im Zuge der Reform eine Neubewertung der Dienstposten wie zum Beispiel eine Höherstufung aufgrund von Mehrarbeit vorgesehen? Die Außenbezirke Worms und Oppenheim des Wasser- und Schifffahrtsamtes Mannheim wurden im Jahr 2009 intern zusammengeführt. Der Außenbezirk Oppenheim wurde in diesem Zusammenhang zur Außenstelle Oppenheim umbenannt und vom Außenbezirk Worms mitverwaltet. Welche Auswirkungen die Zusammenlegung von Organisationseinheiten auf die verschiedenen Bereiche - Dienstposten, Standort, Fahrzeuge etc. - unter Berücksichtigung der neuen Netzstruktur haben wird, muss durch die Untersuchung der Aufgabenerledigung und einer darauf aufbauenden neuen Personalbedarfsermittlung festgestellt werden. Konkrete Aussagen können hierzu derzeit noch nicht getroffen werden. Anlage 7 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/5733, Frage 27): Hält die Bundesregierung die nach dem Atomgesetz geltende Deckungsvorsorge für einen nuklearen Katastrophenfall auch nach den Erfahrungen von Fukushima für ausreichend, die darauf hinweisen, dass die Schäden sowohl die vorliegende Deckungsvorsorge als auch die ökonomische Tragfähigkeit eines Betreibers eines Atomkraftwerkes deutlich überschreiten können, und falls nein, in welcher Höhe hält die Bundesregierung eine Deckungsvorsorge für erforderlich, um sicherzustellen, dass ein anspruchsvoller Opferschutz im Falle eines nuklearen Katastrophenfalls in Deutschland gewährleistet ist, ohne dass der Staat selbst mit eigenen Mitteln oder in Form einer Verstaatlichung des Betreibers einspringen muss, damit dieses Ziel erreicht wird? Das deutsche Atomrecht beinhaltet das europaweit anspruchsvollste Haftungsregime, unter anderem mit den Elementen: Unbegrenzte Haftung des Betreibers, Haftung ohne Verschulden (Gefährdungshaftung), Kanalisierung der Haftung auf den Betreiber und europaweit höchste Deckungssumme. Damit besteht in Deutschland ein anspruchsvoller Opferschutz. Anlage 8 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 28): Was konkret versteht die Bundesregierung unter einem "anspruchsvollen Opferschutz" - siehe Antwort der Bundesregierung vom 4. Mai 2011 auf meine schriftliche Frage mit der Arbeitsnummer 4/348 vom 28. April 2011 - im Zusammenhang mit den Folgen eines nuklearen Katastrophenfalls, und sind der Bundesregierung Pläne der EU-Kommission infolge der Ereignisse in Fukushima bekannt, die Haftungsregelungen für die Betreiber von Atomkraftwerken EU-weit zu verschärfen? Aus Sicht der Bundesregierung besteht ein anspruchsvoller Opferschutz aus einer Regelung, die nach Möglichkeit unter anderem die Elemente: Unbegrenzte Haftung des Betreibers, Haftung ohne Verschulden (Gefährdungshaftung), Kanalisierung der Haftung auf den Betreiber und möglichst hohe Mindestdeckungssumme berücksichtigt. Für eine Berücksichtigung dieser Elemente setzt sich die Bundesregierung in ständiger Staatspraxis auch auf internationaler Ebene ein. Soweit die Europäische Kommission planen sollte, eigene Regelungsvorschläge zur Atomhaftung zu erarbeiten, wird die Bundesregierung sich auch in diesem Zusammenhang insbesondere für die Berücksichtigung der oben genannten Elemente einsetzen. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 29): Welche im Zuge des aktuellen sogenannten Stresstests der deutschen Atomkraftwerke entstehenden Unterlagen außer dem für Mitte Juni 2011 avisierten Abschlussbericht der Reaktor-Sicherheitskommission, RSK, sollen veröffentlicht werden - insbesondere sind damit die Betreiberantworten auf den Fragenkatalog der Prüfteams unter der Federführung der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, GRS, die Abschlussberichte dieser Prüfteams und Informationen/Stellungnahmen der Landesatomaufsichtsbehörden in jeweils eigenständiger Form, also nicht nur etwaigen Kurzauszügen im RSK-Bericht, gemeint -, wird der Abschlussbericht der RSK nicht nur zur Anlagenrobustheit und Risikoeinstufung, sondern auch zur gegebenenfalls notwendigen Neudefinition/Verschärfung der Auslegungsanforderungen Stellung nehmen, und falls nein, bitte um Erläuterung, bis wann dies geschehen soll? Es ist vorgesehen, dass der Bericht der Reaktor-Sicherheitskommission, RSK, veröffentlicht wird. Dies entspricht der langjährigen Praxis, dass die Beratungsunterlagen und die Protokolle der RSK-Beratungen nicht veröffentlicht werden, um eine unbefangene Beratung in der RSK zu ermöglichen. Die RSK überprüft gemäß Anforderungskatalog vom 30. März 2011, inwieweit die übergeordneten Schutzziele "Kontrolle der Reaktivität", "Kühlung der Brennelemente" - sowohl im Reaktordruckbehälter als auch im Brennelementlagerbecken - und "Begrenzung der Freisetzung radioaktiver Stoffe" bei über die bisher angesetzten Auslegungsanforderungen hinausgehenden Einwirkungen in deutschen Anlagen eingehalten werden. Ein vorläufiges Ergebnis dieser Überprüfung wird bis zum 15. Mai vorgelegt. Soweit sich bei dieser Überprüfung belastbare Erkenntnisse ergeben, die es erfordern, Auslegungsanforderungen zu verändern, wird die RSK entsprechende Empfehlungen im Zwischenbericht formulieren. Anlage 10 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 30): Kann die Bundesregierung bestätigen, dass in insgesamt sechs der 17 deutschen Atomkraftwerke - nämlich den Siedewasserreaktoren - die Brennelementelagerbecken außerhalb des Sicherheitsbehälters liegen, und welche diese sechs Siedewasserreaktoren betreffenden Untersuchungen zum Risiko des Versagens der Brennelementekühlung im Lagerbecken bei einem entsprechend ungünstigen Flugzeugabsturz existieren seitens der Bundesregierung und nach Kenntnis der Bundesregierung seitens der Landesaufsichtsbehörden - bitte um Angabe des Datums und wesentlichen Ergebnisses? Bei allen deutschen Siedewasserreaktoren liegt das Brennelementelagerbecken außerhalb des Sicherheitsbehälters. Für alle sechs deutschen Siedewasserreaktoren liegen Berichte zu Untersuchungen bezüglich des Schutzes des Brennelementelagerbeckens bei Flugzeugabsturz vor, diese sind jedoch als Verschlusssache eingestuft. Anlage 11 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 31): Wann endet das von der Bundesregierung verhängte Atommoratorium genau, und können die im Zuge des Moratoriums vorübergehend abgeschalteten Reaktoren von den Betreibern nach Auslaufen des Moratoriums ohne weiteres wieder hochgefahren werden, oder bedarf es dazu einer Antragstellung bzw. Genehmigung? Die zuständigen Aufsichtsbehörden haben angeordnet, den Leistungsbetrieb der betroffenen Kernkraftwerke für drei Monate ab Zugang des Bescheides einzustellen. Einer behördlichen Zustimmung zum Wiederanfahren bedarf es, soweit dies in den jeweiligen Genehmigungen nach entsprechenden Stillständen vorgesehen ist. Anlage 12 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/5733, Frage 32): Welche Flächen müssen nach Erkenntnissen der Bundesregierung angesichts der Aussage der Strahlenschutzkommission auf Seite 19 ihrer Stellungnahme zum Rückbau des AVR Jülich vom Dezember 2008 - unter anderem: "Nach den gegenwärtig vorliegenden Berechnungen zur maximalen Strahlenexposition durch Direktstrahlung im Bereich des Außenzaunes nord- und südöstlich des AVR ist der Beitrag der Direktstrahlung zur gesamten Strahlenexposition so hoch, dass der Grenzwert für die effektive Dosis nach § 46 StrlSchV (vergleiche Abschnitt 5.3.4) fast ausgeschöpft ist" - auf dem Gelände und in der Umgebung des Geländes des Forschungszentrums Jülich - zum Beispiel angrenzende Waldgebiete, Ortschaft Daubenrath - während der in Kürze anstehenden Phase des Heraushebens und des Transports des Reaktorbehälters des AVR Jülich zum Schutz vor Strahlung gesperrt und evakuiert werden, oder durch welche anderen Maßnahmen soll der Schutz der Bevölkerung und der Mitarbeiter des Forschungszentrums vor einer zu hohen Strahlenexposition gewährleistet werden? Zuständig für den Vollzug des Atom- und Strahlenschutzrechtes sind in der Regel die Landesbehörden. Für den vollständigen Abbau des AVR Jülich wurde eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 des Atomgesetzes am 31. März 2009 vom Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen erteilt. Die Aufsicht über diejenigen Tätigkeiten, die im Rahmen der Genehmigung gestattet sind, obliegt ebenfalls den Landesbehörden. Die zuständigen obersten Landesbehörden, das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen und das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen wurden um Auskunft gebeten, welche Maßnahmen im Einzelnen getroffen wurden bzw. getroffen werden sollen. Das Land Nordrhein-Westfalen teilt dazu Folgendes mit: "Die im Rahmen des Genehmigungsverfahren durchgeführten Berechnungen zur maximalen Strahlenexposition durch Direktstrahlung im Bereich des Außenzaunes nord- und südöstlich des AVR-Geländes zeigten, dass der Beitrag der Direktstrahlung zur gesamten Strahlenexposition den Grenzwert für die effektive Dosis nach § 46 Strahlenschutzverordnung [Anm. d. BMU: 1 Millisievert im Kalenderjahr] fast ausschöpft. Die damals zugrunde gelegten Annahmen waren jedoch sehr konservativ. Die Ergebnisse der Berechnungen zur Strahlenexposition standen einer Genehmigung aber nicht im Wege, wie nachfolgend dargelegt wird. Im Genehmigungsbescheid 7/16 AVR ,Genehmigung für den vollständigen Abbau des AVR-Versuchskernkraftwerkes gemäß § 7 Abs. 3 Atomgesetz' vom 31. März 2009 wurde festgelegt, dass auf Basis der tatsächlichen Dosisleistungen an der Reaktorbehälteroberfläche die dargelegte Strahlenexposition im atomrechtlichen Aufsichtsverfahren neu zu berechnen und zu prüfen ist (siehe hierzu Auflage A 31 im Genehmigungsbescheid). Gegenüber den früheren Berechnungen im Genehmigungsverfahren ist von einem deutlich niedrigeren Beitrag der Direktstrahlung auszugehen. Insbesondere ist es durch die Befüllung des Reaktorbehälters mit Porenleichtbeton, die Anfang November 2008 erfolgte, und durch die Demontage stark kontaminierter oder aktivierter Anlagenteile zu einer deutlichen Reduktion der Dosisleistung am Reaktorbehälter gekommen. Die höchste Dosisleistung geht vom sogenannten Reaktorbehälterdom aus, der erst seit kurzem nach Demontagen in diesem Bereich zugänglich ist. Die Messungen und Auswertungen am Reaktorbehälterdom sind noch nicht abgeschlossen. Unterlagen hierüber werden im Rahmen der Begleitenden Kontrolle der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde vorgelegt. Auf Grundlage der bereits vorliegenden radiologischen Messwerte, die deutlich niedriger als die bei der Prüfung im Genehmigungsverfahren zugrunde gelegten Werte sind, sowie auf Grundlage der noch vorzunehmenden Messungen werden im Rahmen des atomrechtlichen Aufsichtsverfahrens (insbesondere Auflagenerfüllung A 31) soweit erforderlich auch detaillierte Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und der Mitarbeiter des Forschungszentrums Jülich festgelegt. Neben der Einhaltung des Grenzwertes für die effektive Dosis gemäß § 46 Strahlenschutzverordnung (1 Millisievert [Anm. d. BMU: im Kalenderjahr]) ist auch die Möglichkeit der Minimierung der Strahlenexposition erneut zu betrachten. Die Notwendigkeit von Evakuierungen zum Schutz der Bevölkerung und der Mitarbeiter durch Strahlung während des Reaktorbehältertransportes ergibt sich aus den Prüfungen im Genehmigungsverfahren unter Berücksichtigung der im Genehmigungsbescheid getroffenen Festlegungen nicht. In diesem Jahr ist mit dem Transport des Reaktorbehälters nicht zu rechnen." Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 33): Wieso hat die Bundesregierung meine schriftlichen Fragen 172 und 173 auf Bundestagsdrucksache 17/5016 zum Verbleib von Brennelementekugeln aus dem AVR Jülich unzutreffend und unvollständig beantwortet und dabei einen Verbleib von Brennelementekugeln in der Asse ausdrücklich nicht ausgeschlossen, obwohl spätestens am 10. März 2011 angeblich die Fakten hierzu zwischen der Bundesregierung, der Landesregierung Nordrhein-Westfalen und dem Forschungszentrum Jülich abgestimmt worden sind, mithin der Bundesregierung am 7. März 2011 - Datum der Beantwortung der oben genannten schriftlichen Fragen - als 90-prozentige Mehrheitsgesellschafterin des Forschungszentrums Jülich dies bekannt gewesen sein müsste? Auf Ihre Fragen zum Verbleib von Brennelementen aus dem AVR Jülich hat die Bundesregierung bereits mehrfach geantwortet, vergleiche Bundestagsdrucksache 17/5016 sowie dringliche Frage 1 und Frage 42 zu den Bundestagsdrucksachen 17/5321, 17/5356. Diese Ausführungen sind zutreffend. Im Übrigen weist die Bundesregierung darauf hin, dass Fragen zu den konkreten Brennstoffmengen aufsichtsrechtlicher Natur sind. Für deren Beantwortung ist das NRW-Wirtschaftsministerium zuständig. Die Frage 173 aus der Bundestagsdrucksache 17/5016 - betreffend der von Ihnen angesprochenen Entsorgung von Fässern in die Asse - wurde zutreffend beantwortet. Aufgrund der von Ihnen gestellten Frage hatte die Bundesregierung keine Veranlassung, nicht Nachgefragtes ausdrücklich auszuschließen. Das BfS hat mit Pressemitteilung vom 4. April 2011 bestätigt, dass keine Brennelemente aus dem Leistungsbetrieb des AVR in der Asse eingelagert sind. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Oliver Kaczmarek (SPD) (Drucksache 17/5733, Frage 35): Welche inhaltliche Schwerpunktsetzung ist für die laut Presseberichten (zum Beispiel AFP-Meldung ",Bild': Bundesregierung will Elektro-Autos massiv fördern" vom 5. Mai 2011) geplante stärkere Förderung von Elektroautos durch die Bundesregierung vorgesehen, und wie sollen die zusätzlich angekündigten 500 Millionen Euro Forschungsmittel gegenfinanziert werden? Der zweite Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität wird der Bundesregierung am 16. Mai 2011 übergeben. Als Antwort hierauf arbeitet die Bundesregierung an einem Regierungsprogramm Elektromobilität, welches sich noch in interner Abstimmung befindet und am 18. Mai 2011 vom Bundeskabinett beschlossen und danach veröffentlicht werden soll. In den Haushaltsansätzen der für Elektromobilität zuständigen Bundesressorts, BMWi, BMVBS, BMBF, BMU, sind für die Jahre 2011 bis 2013 schon jetzt in Summe circa 600 Millionen Euro für Forschung und Entwicklung der Elektromobilität vorgesehen. Ob und inwieweit eine Aufstockung dieser Fördersumme durch die Bundesregierung beschlossen werden wird, ist zurzeit noch nicht endgültig entschieden. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/5733, Frage 38): Wie sieht der weitere Zeitplan der Bundesregierung, was gesetzliche bzw. untergesetzliche Regelungen anbelangt, im Hinblick auf das Auslaufen des Pilotprojektes Wissenschaftsfreiheitsinitiative zum 31. Dezember 2011 und die Prüfaufträge im Bericht zu den Erfahrungen und Wirkungsweisen der Maßnahmen zur Wissenschaftsfreiheitsinitiative - Ausschussdrucksache 17(8)2990 - unter anderem zu Globalhaushalten, verbesserten Unternehmensbeteiligungen und Ausgründungen, außertariflichen Vergütungselementen und Tarifhoheit für die Forschungsorganisationen, die bereits im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP enthalten sind, aus, und wann sollen die in der Ausschussdrucksache 17(8)2990 enthalten "Forschungsbilanzen" - unter Angabe der bislang dazu vereinbarten Parameter - wirksam bzw. erstmals veröffentlicht werden? Nach Maßgabe des Beschlusses des Haushaltsausschusses, HHA, vom 20. November 2008 - Ausschussdrucksache 16(8)5670 - wurde dem HHA der Bericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu den Erfahrungen und Wirkungsweisen der Maßnahmen zur Wissenschaftsfreiheitsinitiative, Ausschussdrucksache 17(8)2990, vorgelegt. Nach Befassung des HHA wird die Bundesregierung zeitnah die in dem Bericht angeführten Prüfungen abschließen und nachfolgend über die konkrete Weiterentwicklung der Wissenschaftsfreiheitsinitiative im Hinblick auf notwendige gesetzliche bzw. untergesetzliche Regelungen entscheiden. Die Entwicklung der Forschungsbilanzen ist bereits in der Berichterstattung zum Pakt für Forschung und Innovation angelegt und unterliegt einem permanenten Prozess. Hierzu wurde im Rahmen des Pakt-Berichts 2010 ein weiterer wichtiger Beitrag unter anderem durch die Aufnahme von Indikatoren zur Flexibilisierung der Rahmenbedingungen der Wissenschaftseinrichtungen sowie durch die Aufnahme bibliometrischer Ergebnisse geleistet. Neben einer kompakten Darstellung der Leistung der Einrichtungen anhand eines ausgewogenen Mix aus qualitativen und quantitativen Indikatoren werden damit in dem Bericht auch die mit der Wissenschaftsfreiheitsinitiative erreichten Flexibilisierungen beschrieben. In die qualitative Analyse werden auch künftig weiterhin Kennzahlen bezüglich geeigneter Parameter mit einbezogen. Anlage 16 Antwort des Staatsministers Eckart von Klaeden auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/5733, Frage 39): Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Bundeskanzlerin - "Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, Bin Laden zu töten" -, nachdem gerade aufgrund der Erklärung des Weißen Hauses vom 3. Mai 2011, der Getötete sei unbewaffnet gewesen, immer wahrscheinlicher wird, dass Ziel der Operation "Geronimo" in der pakistanischen Stadt Abbottabad nicht die Festnahme Osama Bin Ladens, sondern dessen Tötung außerhalb eines Kriegsgebietes sowie außerhalb eines bewaffneten Konflikts war, die einer völkerrechtswidrigen sowie damit extralegalen Hinrichtung gleichkäme, und wie rechtfertigt die Bundesregierung diese Aussage der Bundeskanzlerin angesichts dessen, dass nach dem Grundgesetz nicht nur die Würde jedes Menschen unantastbar sowie von aller staatlicher Gewalt zu achten ist, sondern auch die Todesstrafe ausdrücklich abgeschafft ist und eine solche gezielte Tötung mit dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte nicht zu vereinbaren ist? Die Frage löst den genannten Satz aus dem Zusammenhang. Er ist Teil der Antwort auf eine presseseitige Frage am Ende der Erklärung der Bundeskanzlerin und lautete im Gesamtwortlaut wie folgt: "Ich bin heute erst einmal hier, um zu sagen: Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, bin Laden zu töten. Ich glaube, dass es vor allen Dingen für die Menschen in Amerika, aber auch für uns in Deutschland eine Nachricht ist, dass einer der Köpfe des internationalen Terrorismus, der so vielen Menschen schon das Leben gekostet hat, gefasst bzw. getötet wurde und damit auch nicht mehr weiter tätig sein kann. Das ist das, was jetzt für mich zählt. Deshalb habe ich meinen Respekt für dieses Gelingen auch dem amerikanischen Präsidenten mitgeteilt, und das war mir auch ein Bedürfnis." Daraus wird sichtbar, dass der zitierte Satz nicht isoliert, sondern nur im Gesamtzusammenhang der im Rahmen der Erklärung der Frau Bundeskanzlerin getroffenen Äußerungen beurteilt werden kann. So hatte es die Bundeskanzlerin bereits zu Beginn ihrer Erklärung als gute Nachricht bezeichnet, "dass dieser Kopf des Terrors keine weiteren Anschläge mehr in Auftrag geben kann". Auch mit der zitierten Antwort hat sie ihre Erleichterung über eben diesen Umstand zum Ausdruck gebracht. Dass genau dieser Gedanke der Erleichterung das zentrale Element der Erklärung war, hat die Bundeskanzlerin abschließend auch noch einmal hervorgehoben: "Das ist das, was jetzt für mich zählt". Die Bundesregierung sieht daher keinen Widerspruch zum Grundgesetz oder zum Völkerrecht. Anlage 17 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 40): Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des Vatikansprechers Federico Lombardi, dass der Tod eines Menschen für Christen niemals ein Grund zur Freude sei - was auch für Osama Bin Laden gelte - im Vergleich zur Aussage der Bundeskanzlerin, sie freue sich darüber, dass es gelungen sei, Osama Bin Laden zu töten, vergleiche Mitschrift der Pressekonferenz der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zur Tötung von Osama Bin Laden vom Montag dem 2. Mai 2011 - abrufbar unter www.bundesregierung.de/ Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2011/05/2011-05-02- merkel-osama-bin-laden.html, und welche Konsequenzen zieht sie daraus für die künftige Bewertung von Tötungen durch staatliche Organe der Bundesrepublik Deutschland bzw. ihrer Verbündeten? Die Bundesregierung bewertet Auslegungen der christlichen Lehre durch den Sprecher des Vatikans nicht. Die Äußerungen der Bundeskanzlerin wurden bereits in der vergangenen Woche durch den Sprecher der Bundesregierung ausführlich erläutert. Auch künftige Ereignisse können jeweils nur individuell bewertet werden. Anlage 18 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Daðdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/5733, Frage 41): Inwieweit ist die Aussage der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel "Ich freue mich, dass es gelungen ist, Bin Laden zu töten" Auffassung der gesamten Bundesregierung, und inwieweit vertritt die Bundesregierung die Ansicht, dass gezielte Tötungen - extralegale Hinrichtungen - durch das Völkerrecht und die Grundsätze eines Rechtsstaates gedeckt sind, sodass für die Bundesregierung damit gezielte Tötungen ein legitimes Mittel der Politik darstellen? Die Äußerungen der Bundeskanzlerin wurden bereits in der vergangenen Woche durch den Sprecher der Bundesregierung ausführlich erläutert. Der zitierte Satz kann nicht isoliert, sondern nur im Gesamtzusammenhang der im Rahmen der Erklärung der Frau Bundeskanzlerin getroffenen Äußerungen beurteilt werden. So hat es die Bundeskanzlerin bereits zu Beginn ihrer Erklärung als gute Nachricht bezeichnet, "dass dieser Kopf des Terrors keine weiteren Anschläge mehr in Auftrag geben kann". Auch mit der zitierten Antwort hat sie ihre Erleichterung über diesen Umstand zum Ausdruck gebracht. Dass genau dieser Gedanke der Erleichterung das zentrale Element der Erklärung war, hat die Bundeskanzlerin abschließend auch noch einmal hervorgehoben: "Das ist das, was jetzt für mich zählt." Was die rechtliche Bewertung anbelangt, ist dafür eine genaue Kenntnis der Tatsachen erforderlich. Derzeit ist der Sachverhalt im Einzelnen noch nicht geklärt, sodass eine juristische Beurteilung nicht möglich ist. Anlage 19 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Daðdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/5733, Frage 42): Was ist der Bundesregierung bekannt über die ersten 1 000 Soldaten, die im Rahmen der Mission EUTM Somalia in Bihanga ausgebildet und anschließend nach Mogadischu verbracht wurden - insbesondere Standort, Kommandounterstellung, Gefechtsbeteiligung und Verluste bzw. Desertionen? Die Soldaten des ersten Ausbildungsdurchgangs wurden, wie bereits mehrfach in Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Fragen ausgeführt, in Mogadischu im bis dahin von AMISOM-Soldaten genutzten Camp "Al Jazeera" untergebracht. Sie führen dort aktuell eine erweiterte Einsatzausbildung durch. Diese wird von AMISOM und den USA gestaltet und soll im Sommer 2011 abgeschlossen sein. Im Lager werden die durch die EU-Trainingsmission Somalia ausgebildeten Soldaten von Stabsoffizieren der Armee der Föderalen Übergangsregierung, TFG, geführt. Eine Beteiligung an Gefechten hat nicht stattgefunden. Nach der erweiterten Einsatzausbildung sollen die somalischen Soldaten zunächst gemeinsam mit den ugandischen und burundischen AMISOM-Kontingenten in Mogadischu eingesetzt werden, während der Aufbau der TFG-Kommandostrukturen voranschreitet. Am 2. Mai 2011 waren nach Aussagen vor Ort vom ersten Durchgang über 90 Prozent der Soldaten des ersten Ausbildungsjahrganges im Lager "Al Jazeera" präsent. Das ist eine für somalische Verhältnisse sehr geringe Fehlquote von knapp 10 Prozent. Grundsätzlich gilt für alle Maßnahmen mit Somalia-Bezug: Überhöhte Erwartungen sind fehl am Platze. Angesichts der überaus schwierigen und unvorhersehbaren Lage in Somalia wird es auch zu Rückschlägen kommen. Das kann angesichts der Not der Menschen vor Ort und dem Risiko, das Somalia für die Stabilität der Region und darüber hinaus darstellt, aber kein Grund sein, die Bemühungen einzustellen. Die Folgen eines Nicht-Handelns wären gravierender. Anlage 20 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 43): Wie bewertet die Bundesregierung die Situation im und um das Kloster Kirti in der chinesischen Provinz Sichuan, das sich seit Mitte März 2011 massiven Repressionen seitens der chinesischen Behörden ausgesetzt sieht, und wie reagierte sie diesbezüglich gegenüber der Regierung der Volksrepublik China? Nach der Selbstverbrennung eines Mönches im tibetischen Kloster Kirti in einer autonomen tibetischen Region in Sichuan kam es nach Angaben exiltibetischer Organisationen zu Auseinandersetzungen zwischen chinesischen Sicherheitskräften und Tibetern. Unabhängige bestätigte Informationen zu den Umständen und Hintergründen liegen der Bundesregierung bislang nicht vor. Dennoch hat die Bundesregierung sowohl gegenüber der Chinesischen Botschaft in Berlin als auch gegenüber den zuständigen Behörden der Provinz Sichuan ihre Sorge über diese Situation geäußert und sich für Deeskalation und Transparenz eingesetzt. Die Bundesregierung hat in Abstimmung mit anderen EU-Staaten die Initiative für eine entsprechende EU-Reaktion ergriffen. Anlage 21 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/5733, Fragen 45 und 46): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu den gegen den derzeitigen stellvertretenden Botschafter Sri Lankas erhobenen Vorwürfen, und welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus diesen Erkenntnissen zu ziehen? Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zu ergreifen, um in der Zukunft zu verhindern, dass mit strafrechtlichen Vorwürfen belastete Personen als Diplomaten in Deutschland akkreditiert werden? Zu Frage 45: Die Bundesregierung hat die Vorwürfe gegen einen an der sri-lankischen Botschaft in Berlin tätigen Diplomaten unter Einbeziehung der Deutschen Botschaft in Colombo und anderer Stellen der Bundesregierung eingehend geprüft. Auf Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden belastbaren Informationen lassen sich die gegen den Diplomaten erhobenen Vorwürfe nicht erhärten. Zu Frage 46: Zunächst geht die Bundesregierung grundsätzlich davon aus, dass es im Sinne des Art. 10 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, WÜD, der Verantwortung des Entsendestaates obliegt, keine Diplomaten zu entsenden, die strafrechtlich vorbelastet sind. Darüber hinaus hat sie im Rahmen des Zulassungsverfahrens - speziell im Zusammenhang mit der Beantragung des für die Einreise erforderlichen diplomatischen Visums - Mechanismen zur Personenüberprüfung eingerichtet. Das vor Einreise eingeleitete Prüfverfahren soll sicherstellen, dass strafrechtliche Vorbelastungen der zu entsendenden Diplomaten ausgeschlossen werden. In politisch sensiblen Fällen berichten zudem die deutschen Auslandsvertretungen an das Auswärtige Amt, das zusätzliche gezielte Überprüfungen einleitet. Anlage 22 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln) (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 47): Was sind die Gründe dafür, dass die Bundesregierung die Akkreditierung des stellvertretenden Botschafters von Sri Lanka, Generalmajor Jagath Dias, angenommen hat und ihm diplomatische Immunität gewährt, obwohl dieser nach Recherchen des ARD-Magazins Fakt vom 2. Mai 2011 als einer der Hauptverantwortlichen für den blutigen Feldzug gegen die Liberation Tigers of Tamil Eelam, LTTE, im Frühjahr 2009 gilt, und was gedenkt die Bundesregierung jetzt zu unternehmen, damit der Fall strafrechtlich untersucht werden kann? Die Bundesregierung hat die Vorwürfe gegen einen an der sri-lankischen Botschaft in Berlin tätigen Diplomaten unter Einbeziehung der Deutschen Botschaft in Colombo und anderer Stellen der Bundesregierung eingehend geprüft. Auf Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden belastbaren Informationen lassen sich die gegen den Diplomaten erhobenen Vorwürfe nicht bestätigen. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, die Frage der mangelnden Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen durch die sri-lankische Regierung gemeinsam mit den EU-Partnern auf der Tagesordnung des VN-Menschenrechtsrates zu halten. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/5733, Frage 48): Welchen Inhalt soll das vom Bundespräsidenten Christian Wulff bei seinem Staatsbesuch in Mexiko erwähnte Abkommen haben, welches nach Aussage des Bundespräsidenten "bald" unterzeichnet werde und dazu dienen soll, Mexiko "im Kampf gegen die ausufernde Drogenkriminalität" zu unterstützen (Handelsblatt vom 3. Mai 2011), und wie beabsichtigt die Bundesregierung, sich in einem solchen Abkommen für die Wahrung der Menschenrechte einzusetzen, vor dem Hintergrund, dass es insbesondere im Zuge des 2006 begonnenen sogenannten Kriegs gegen die Drogen in Mexiko auch durch staatliche Sicherheitskräfte von Polizei und Militär zu massiven Menschenrechtsverletzungen gekommen ist und auch Waffenlieferungen deutscher Unternehmen in die betroffenen Krisenregionen gelangt sind? Ziel des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich ist die Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung, Verhütung und Aufklärung schwerer Straftaten der Organisierten Kriminalität, insbesondere der Rauschgift- und Schleuserkriminalität, des Menschenhandels sowie des Terrorismus. Dies betrifft im Wesentlichen Bestimmungen über: - den Austausch von: - Informationen über Straftäter, Hinterleute, Täterverbindungen, Strukturen von Tätergruppen, Tatzeiten, Tatorte, verletzte Strafnormen, getroffene Maßnahmen; - gebräuchliche Formen der grenzüberschreitenden Kriminalität, besondere Formen der Straftatbegehung, kriminalistisch-kriminologische Forschungsergebnisse; - operative Zusammenarbeit durch aufeinander abgestimmte polizeiliche Maßnahmen, nach Maßgabe des polizeifachlichen Bedarfs und vorhandener Kapazitäten gegebenenfalls mithilfe personeller/materieller Unterstützung; - Entsendung und Austausch von Fachleuten zur gegenseitigen Information über Techniken und Methoden der Kriminalitätsbekämpfung nach Maßgabe polizeifachlicher Notwendigkeit und vorhandener Kapazitäten. Der Abkommensentwurf stellt wiederholt klar, dass sich die Zusammenarbeit nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts richtet. Damit wird Menschenrechtsverletzungen als Folge der Zusammenarbeit vorgebeugt. Achtung und Ausbau der Menschenrechte, MR, sind für die Bundesregierung ein zentrales Anliegen. Wir teilen dieses Werteverständnis mit Mexiko und arbeiten in internationalen Gremien wie dem VN-Menschenrechtsrat bei der Fortentwicklung des MR-Schutzes vertrauensvoll zusammen. Auf politischer Ebene gibt es sowohl im bilateralen Verhältnis als auch durch den EU-MR-Dialog einen regelmäßigen Austausch zu MR-Fragen mit Mexiko, in dem regelmäßig auch kritische Punkte wie der Vorwurf von MR-Verletzungen durch die Sicherheitskräfte im Kampf gegen die organisierte Kriminalität, die Defizite im Justizsystem oder der teilweise unzureichende Schutz von Menschenrechtsverteidigern offen angesprochen werden. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/5733, Frage 49): Wie beurteilt die Bundesregierung die im Artikel von Christian Breunig und Achim Goerres - www.achimgoerres. de/work/Breunig_Goerres_Benford_Bundestag_elections.pdf - als gesichert anzunehmenden Manipulationen bei Bundestagswahlen, und welche Maßnahmen wie beispielsweise stichprobenartige Kontrollen der Arbeit der Wahlhelferinnen und Wahlhelfer oder wissenschaftliche Studien zu Wahlhelferinnen und Wahlhelfern gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um solche etwaigen Manipulationen aufzuarbeiten und zukünftig zu verhindern? Die von der mündlichen Frage in Bezug genommene Untersuchung zu Wahlergebnissen vergangener Bundestagswahlen fußt auf der Anwendung des sogenannten Benford'schen Gesetzes. Dieses Gesetz ist lediglich ein empirisch gesichertes, aber kein stochastisch belegbares Gesetz. Abweichungen in der sogenannten Benford'schen Verteilung können daher allenfalls spekulative Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten liefern; die fehlerhafte Ermittlung von Wahlergebnissen vergangener Bundestagswahlen wird damit aber nicht belegt, geschweige denn eine vorsätzliche Herbeiführung falscher Wahlergebnisse in manipulativer Absicht bewiesen. Anhaltspunkte für bewusst herbeigeführte Unregelmäßigkeiten bei der Ergebnisfeststellung von Bundestagswahlen haben weder der Bundesregierung noch dem Bundeswahlleiter jemals vorgelegen. Mit der in Deutschland von Verfassung wegen gewährleisteten öffentlichen Durchführung parlamentarischer Wahlen, durch die sich jedermann von der Ordnungsmäßigkeit des gesamten Wahlvorgangs überzeugen kann, und mit der dezentralen, vor Ort durch circa 90 000 Wahlvorstände mit mindestens fünf bis zu neun Mitgliedern durchgeführten Ergebnisfeststellung sind aus Sicht der Bundesregierung Bundestagswahlen gegen Wahlfälschungen und Manipulationen gesichert und freie Wahlen garantiert. Das hat erst jüngst die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, die mit einer Kommission die Durchführung der Bundestagswahl 2009 beobachtet hat, in ihrem Abschlussbericht vom 14. Dezember 2009 bestätigt. In dem Abschlussbericht, der "Deutschlands solide Erfahrung mit der Durchführung demokratischer Wahlen" hervorhebt, heißt es unter anderem: "Die Wahlen vollzogen sich in einem offenen, pluralistischen und wettbewerbsorientierten Prozess, basierend auf der Achtung der Grundfreiheiten, (...) der Effizienz und Professionalität der Wahlorgane (sic!) und einem hohen Maß an öffentlichem Vertrauen in die allgemeine Integrität des Wahlprozesses (sic!)." Der Bericht hebt weiter hervor: "Die Wahlbehörden mit ihrer vierstufigen Struktur haben ihre Aufgaben unparteiisch und transparent ausgeführt. Sie haben dafür gesorgt, dass der Prozess effizient und im Einklang mit der Gesetzgebung ablief (sic!)." Die Bildung der Wahlvorstände, denen die Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlbezirk obliegt, ist nach dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen Bundeswahlgesetz Aufgabe der Länder und Gemeindebehörden. Die Bundesregierung hat keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass Länder und Gemeindebehörden nach sorgfältiger Auswahl gewissenhaft handelnde und sich ihrer Verantwortung bewusste Bürgerinnen und Bürger zu Mitgliedern der Wahlvorstände berufen. Darüber hinaus prüfen die Kreiswahlleiter die Wahlniederschriften der Wahlvorstände auf Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit; bestehen Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit des Wahlgeschäfts, klären sie die Kreiswahlleiter so weit wie möglich auf, vergleiche § 76 Abs. 1 der Bundeswahlordnung, BWO. Angesichts dessen sind die Kreiswahlausschüsse auch berechtigt, Feststellungen von Wahlvorständen zu berichtigen, vergleiche § 76 Abs. 2 Satz 2 BWO. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 53): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte, insbesondere gegen Beamte der Bundespolizei, die am 1. Mai 2011 in Berlin zur Unterstützung von Beamten der Länderpolizei eingesetzt waren, wegen Verdachts der Körperverletzung mittels Faustschlägen und des Einsatzes von Pfefferspray gegen in Zivil eingesetzte Polizisten, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus hinsichtlich dieses Einsatzes, bei dem circa 200 Personen teils erhebliche Verletzungen mittels Pfefferspray erlitten haben, unter Berücksichtigung der Aussage des Berliner Polizeipräsidenten, wenn Pfefferspray eingesetzt worden sei, dann nur dort, wo es Angriffe auf Polizeibeamte gegeben habe, und für zukünftige Einsätze von Pfefferspray, um Verletzungen zu verhindern? Ich möchte eins voranstellen: Den eingesetzten Polizeibeamten anlässlich der Einsätze um den 1. Mai gebührt für ihre geleistete Arbeit mein großer Dank. Durch deren hohe Einsatzbereitschaft konnte die Einsatzlage am vergangenen 1.-Mai-Wochenende erfolgreich bewältigt werden. Der Sachverhalt ist der Bundesregierung bekannt. Nach Kenntnis der Bundesregierung ist die zuständige Fachdienststelle des Landeskriminalamtes Berlin mit den Ermittlungen beauftragt, die zunächst abgewartet werden müssen. Auskunft hierzu kann alleine die zuständige Staatsanwaltschaft geben. Der Bundesregierung liegen bislang keine Erkenntnisse über eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte der Bundespolizei vor, die anlässlich des Unterstützungseinsatzes am vergangenen 1. Mai für das Land Berlin eingesetzt waren. Polizeibeamte der Bundespolizei werden für den verantwortungsvollen Umgang mit Reizstoffsprühgeräten mit der praktischen Handhabung, den Sicherheitsbestimmungen, der Wirkungsweise und den Reaktionen Betroffener, in der Ausbildung und regelmäßigem Training, vertraut gemacht. Beim Einsatz von Reizstoffsprühgeräten sind die gesetzlichen Bestimmungen und die Handhabungshinweise einzuhalten. Zu den polizeilichen Einsatzmaßnahmen rund um den 1. Mai im Zuständigkeitsbereich und in der Verantwortung des Landes Berlin kann die Bundesregierung keine Bewertung bzw. Schlussfolgerung abgeben. Diese obliegen alleine den dort zuständigen Stellen. Äußerungen des Berliner Polizeipräsidenten zum Polizeieinsatz am 1. Mai in Berlin werde ich deshalb auch nicht weiter kommentieren. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Fragen der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache 17/5733, Fragen 54 und 55): Wie bewertet die Bundesregierung den Polizeieinsatz am 1. Mai 2011 in Heilbronn, bei dem unter Beteiligung der Bundespolizei Hunderte Menschen, die an einer genehmigten Demonstration teilnehmen wollten, willkürlich am Bahnhof eingekesselt und bis zu zehn Stunden lang festgehalten wurden? Wird die Bundesregierung den Einsatz der Bundespolizei am 1. Mai 2011 in Heilbronn genauer untersuchen, nachdem viel Kritik an der stundenlangen Einkesselung friedlicher Demonstranten laut geworden ist, wobei vielen Demonstranten in diesem Zeitraum kein Zugang zu Toiletten, geschweige denn eine Versorgung mit Wasser ermöglicht wurde? Zu Frage 54: Aus Sicht der Bundesregierung stellen sich die Vorkommnisse am 1. Mai 2011 am Hauptbahnhof Heilbronn wie folgt dar: Am 1. Mai 2011 fand in Heilbronn (BW) ein Aufzug der NPD unter dem Motto "Fremdarbeiterinvasion stoppen" statt. Darüber hinaus waren durch den Deutschen Gewerkschaftsbund und aus dem linken Spektrum Demonstrationen in Heilbronn angemeldet. Die Stadt Heilbronn hatte ein Versammlungs- und Betretungsverbot für den Hauptbahnhof Heilbronn und den Vorplatz des Hauptbahnhofes erlassen. Die Anreise zu den Demonstrationen erfolgte auch mit Zügen der Deutschen Bahn AG. Die Bundespolizei hat die anreisenden Demonstrationsteilnehmer aus dem rechten und linken Spektrum im Hauptbahnhof Heilbronn getrennt und aus dem Bahnhof in den Zuständigkeitsbereich der Landespolizei Baden- Württemberg begleitet. Ziel war es, ein Zusammentreffen im Hauptbahnhof zu vermeiden. Zum Schutz unbeteiligter Reisender und der Bahnanlagen erfolgten darüber hinaus durch die Bundespolizei Absperrmaßnahmen am und im Hauptbahnhof Heilbronn. Ein Betreten des Bahnhofs zur Abreise per Bahn und zum Toilettenbesuch war jedoch weiterhin möglich. Einschränkungen ergaben sich im Einzelfall aufgrund der konkreten Einsatzsituation und der Kapazität der Toilettenanlage. Nach derzeitigem Kenntnisstand verlief der Polizeieinsatz im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei insgesamt friedlich. Die Bundespolizei war an dem in der Frage beschriebenen Sachverhalt nicht beteiligt. Die Verantwortung für den Polizeieinsatz im Stadtgebiet Heilbronn lag bei der Polizei des Landes Baden-Württemberg. Insofern obliegen Aussagen hierzu den dort zuständigen Behörden. Zu Frage 55: Die Bundespolizei bereitet alle Einsätze grundsätzlich nach. An dem in der Fragestellung geschilderten Sachverhalt war die Bundespolizei nicht beteiligt. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Max Stadler auf die Fragen des Abgeordneten Jerzy Montag (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Fragen 56 und 57): Wie reagiert die Bundesregierung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011, durch das keine sechs Monate nach der Reform durch die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP sämtliche Regelungen der Sicherungsverwahrung im Strafgesetzbuch für verfassungswidrig erklärt wurden? Wie ist in diesem Zusammenhang die Äußerung der Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, zu verstehen, wonach die "grundlegende Weichenstellung" der Reform von den Karlsruher Richtern "nicht infrage gestellt" worden sei und die das Urteil offenbar sogar als eine teilweise Bestätigung der Regierungspolitik sieht (vergleiche ddp-Meldung vom 4. Mai 2011, 13.09 Uhr)? Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelungen zur Sicherungsverwahrung im Wesentlichen für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, da es durch ihren Vollzug das sogenannte Abstandsgebot verletzt sieht, also die Pflicht, den Vollzug der Sicherungsverwahrung klar vom Vollzug der Strafhaft zu unterscheiden. In seiner Entscheidung aus dem Jahr 2004 (Urteil vom 5. Februar 2004, 2 BvR 2029/01, Leitsatz 2 d und Rn. 125 am Ende) hatte es das Bundesverfassungsgericht noch für ausreichend gehalten, dass die Landesjustizverwaltungen hierfür die Möglichkeiten einer Besserstellung im Vollzug der Sicherungsverwahrung soweit ausschöpfen, wie sich dies mit den Belangen der Justizvollzugsanstalten verträgt. Die Regelung des Vollzugs obliegt dem Landesgesetzgeber, zumal die Länder seit 2006 auch die Gesetzgebungskompetenz für den Straf- und Maßregelvollzug besitzen. Daran orientierte sich die zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene Neuordnung der Sicherungsverwahrung. Sie entsprach damit auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die primär die Länder zur Wahrung des Abstandsgebots verpflichtet sah. Jetzt mahnt das Gericht Änderungen nicht nur der Vollzugspraxis, sondern auch der normativen Vorgaben an. Grund dafür sind die Wertungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in ihrer Auslegung durch die aktuellen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die das Gericht bei seiner Verfassungsauslegung maßgeblich berücksichtigt. Mit seiner Entscheidung vom 4. Mai 2011 hat das Gericht die Grenzlinien zwischen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes und der der Länder bei der Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung erstmals näher definiert. Es nimmt jetzt auch den Bundesgesetzgeber - gemeinsam mit den Landesgesetzgebern - in die Pflicht, ein freiheitsorientiertes und therapiegerichtetes Gesamtkonzept der Sicherungsverwahrung zu entwickeln und normativ festzuschreiben. Dabei sieht es den Bundesgesetzgeber darauf beschränkt, die wesentlichen Leitlinien vorzugeben. In wesentlichen Weichenstellungen der Neuordnung der Sicherungsverwahrung sieht sich die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, schon deshalb bestätigt, weil der vom Bundesverfassungsgericht betonte Gedanke des Vertrauensschutzes und das Ultima-Ratio-Prinzip gegenüber der bis dahin geltenden Rechtslage deutlich gestärkt wurden. So hat die Reform die nachträgliche Sicherungsverwahrung im allgemeinen Strafrecht nach § 66 b Abs. 1 und 2 des Strafgesetzbuches, die erst im Jahr 2004 von der seinerzeitigen Regierungskoalition eingeführt worden war, für die Zukunft - Tatbegehung nach dem 31. Dezember 2010 - wieder abgeschafft und den Anwendungsbereich der primären Sicherungsverwahrung wesentlich enger gefasst. Die Bundesregierung wird jetzt das Urteil eingehend prüfen und ihre Schlussfolgerungen zügig mit den ebenfalls unmittelbar und in erheblichem Umfang betroffenen Ländern erörtern. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 58): Wann wird die Bundesregierung ihren Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen und zur Beteiligung des Deutschen Bundestages im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus vorlegen, und wie wird sie sich hinsichtlich der Parlamentsbeteiligung bei der Übernahme von Gewährleistungen im Fall einer konkreten Finanzhilfe positionieren? Voraussichtlich wird sich das Kabinett nach der Sommerpause mit dem Gesetzespaket befassen, das zusammen mit den Ratifizierungsgesetzen zur Änderung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und zum ESM-Vertrag sowie der Änderung des StabMechG zur Ertüchtigung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität die Schaffung einer haushaltsrechtlichen Grundlage nach Art. 115 GG für die Beteiligung am Europäischen Stabilisierungsmechanismus umfasst. Der ESM-Vertrag soll bis Ende Juni ausgearbeitet werden; die Ausgestaltung der Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages muss im Rahmen der anschließenden innerstaatlichen Gesetzgebung zum ESM-Vertrag festgelegt werden. Hierbei wird das Haushaltsrecht des Bundestages in vollem Umfang beachtet. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/5733, Frage 59): Wie positioniert sich die Bundesregierung gegenüber dem Vorschlag, im Zuge der Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus, StabMechG, in Bezug auf die Höhe der zu übernehmenden Gewährleistungen in der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, EFSF, auch die Beteiligungsrechte des Parlaments zu erweitern? Ein solcher Vorschlag ist der Bundesregierung nicht bekannt. Im Übrigen sieht das Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus, StabMechG, vor, dass sich die Bundesregierung vor Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen der EFSF bemüht, Einvernehmen mit dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages herzustellen. Diese Regelung hat sich bewährt. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 60): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Auftrag gegebenem Gutachten zur Besteuerung von Dienstwagen? Das Ergebnis der Studie des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts der Universität Köln, FiFo, liegt dem Bundesministerium der Finanzen, BMF, vor. Das BMF war bei der Vergabe und Betreuung dieser Studie nicht beteiligt. Die Auswertung der Studie durch das auftraggebende Ressort Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, bleibt abzuwarten. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 61): Durch welche konkrete Ausgestaltung der Absenkung der Besteuerung der privaten Nutzung eines betrieblichen Elektrokraftfahrzeugs durch einen Arbeitnehmer will die Bundesregierung eine Vergleichbarkeit von Elektroautos mit herkömmlichen Fahrzeugen herstellen, sodass die Anschaffung eines Elektroautos nicht weniger attraktiv ist als die eines herkömmlichen Fahrzeugs, und inwieweit sieht die Bundesregierung in der Entlastung der Versteuerung des geldwerten Vorteils von Elektroautos einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Verhältnis zu anderen schadstoffarmen, insbesondere CO2-reduzierten Fahrzeugtechnologien, die nicht in gleicher Weise steuerlich gefördert werden? Die Bundesregierung prüft derzeit im Rahmen des Programms zur Elektromobilität diverse Vorschläge; dazu zählen auch Regelungen im Bereich der Dienstwagenbesteuerung. Das Ergebnis dieser Prüfung bleibt abzuwarten. Im Rahmen der Prüfung der Vorschläge zur Förderung der Elektromobilität wird die Bundesregierung auch auf die Stimmigkeit, Folgerichtigkeit und verfassungsgemäße Ausgestaltung zu beschließender Fördermaßnahmen im Hinblick auf andere schadstoffarme Fahrzeugtechnologien achten. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Peter Hintze auf die Fragen der Abgeordneten Ingrid Nestle (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Fragen 64 und 65): Bis wann will die Bundesregierung die Einrichtung der Schlichtungsstelle Energie gemäß den Vorgaben des sogenannten dritten Binnenmarktpakets Energie abschließen? Bis wann will die Bundesregierung die Einrichtung der Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas abschließen? Zu Frage 64: Mit dem Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes sollen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle geschaffen werden. Der Gesetzentwurf soll dem Bundeskabinett am 6. Juni 2011 zugeleitet werden. Parallel zum Gesetzgebungsverfahren erarbeiten Verbraucherverbände und Verbände der Energiewirtschaft derzeit die Satzung sowie die Verfahrensordnung. Diese würden die Grundlage für die Tätigkeitsaufnahme der in Vereinsform geplanten Schlichtungsstelle bilden und Gegenstand der Anerkennung durch das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesverbraucherministerium sein. Sollte die Anerkennung nicht zeitnah möglich sein, sieht der Gesetzentwurf die Möglichkeit der Übertragung dieser Aufgabe an eine Bundesoberbehörde vor. Zu Frage 65: Die Bundesregierung beabsichtigt, die Einrichtung der Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas möglichst bis Ende 2011 abzuschließen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Peter Hintze auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/5733, Frage 66): Unterstützt die Bundesregierung das Vorhaben des EU-Energiekommissars Günther Oettinger, die Mitgliedstaaten rechtsverbindlich zu einer Energieeinsparung von 20 Prozent bis 2020 zu verpflichten (vergleiche FAZ vom 6. Mai 2011: "Rückschlag für Oettingers Energiesparpläne")? Die Mitgliedstaaten haben 2007 beschlossen, die Energieeffizienz in der EU bis 2020 in Richtung auf 20 Prozent zu verbessern und haben dieses indikative Ziel beim Europäischen Rat am 4. Februar 2011 nochmals bekräftigt. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE ) (Drucksache 17/5733, Frage 67): Gibt es in den Kommunen in irgendeiner Art Kontrollen, mit denen vor Ort überprüft wird, dass die im Einzelnen ausgeübten Bürgerarbeiten tatsächlich zusätzliche Tätigkeiten sind, also nicht als reguläre Arbeitstätigkeiten wahrgenommen werden, und liegen der Bundesregierung Daten vor, wie viele der Bürgerarbeiter zusätzlich zu ihrem Verdienst Arbeitslosengeld II beziehen müssen - bitte absolute und relative Zahlen sowie die Höhe der Leistungen je Betroffenem und insgesamt nennen? Das Bundesverwaltungsamt als Bewilligungsbehörde für die Förderung von Bürgerarbeitsplätzen führt vor Ort Stichproben bzw. anlassbezogene Prüfungen durch. Gegenstand dieser Vor-Ort-Prüfungen ist insbesondere auch die Einhaltung der Stellenbeschreibung. Der Bundesregierung liegen keine Daten darüber vor, wie viele der Teilnehmer, die auf einen Bürgerarbeitsplatz vermittelt wurden, aufstockende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE ) (Drucksache 17/5733, Frage 68): Welche Arbeitsmarktinstrumente, die Lohnkostenzuschüsse bzw. eine finanzielle Förderung des Arbeitgebers durch Eingliederungszuschüsse vorsehen, sind nach geltender Rechtslage an die Mindestbedingung der Zahlung eines tariflichen Arbeitsentgelts oder ersatzweise eines für vergleichbare Tätigkeiten ortsüblichen Arbeitsentgelts geknüpft, und bei welchen Instrumenten soll dies nach dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Leistungssteigerung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente nicht mehr der Fall sein? Alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit Arbeitsmarktinstrumenten nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II und SGB III - durch Lohnkosten- bzw. Eingliederungszuschüsse an den Arbeitgeber gefördert werden, unterliegen als reguläre Beschäftigungsverhältnisse den einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen. Für die im SGB III geregelten Eingliederungszuschüsse ist dies in § 220 SGB III ausdrücklich geregelt. Für den Beschäftigungszuschuss nach § 16 e SGB II ist ausdrücklich gesetzlich geregelt, dass der Zuschuss an den Arbeitgeber an die Zahlung eines tariflichen oder, wenn eine tarifliche Regelung keine Anwendung findet, eines ortüblichen Arbeitsentgeltes geknüpft ist. Im Bundesprogramm Kommunal-Kombi ergibt sich aus den Förderrichtlinien, dass das zu zahlende Entgelt den tariflichen Bestimmungen entsprechen muss oder - wenn eine tarifliche Regelung nicht besteht - das ortsübliche Entgelt zu zahlen ist. Für die als Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante - § 16 d Satz 1 SGB II -, als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen - §§ 260 ff. SGB III - oder als Bürgerarbeit geförderten Arbeitsverhältnisse sind die einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung anwendbar. Es handelt sich um reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse - ohne Pflicht zur Arbeitslosenversicherung -, für die wie bei ungeförderter Beschäftigung das Tarifrecht gilt. Entgegen der Fragestellung liegt kein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vor, der diesbezügliche Änderungen enthält. Die Ressortabstimmung zum Referentenentwurf des BMAS, auf den sich die Fragestellung offenbar bezieht, läuft noch. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Gerd Mü ller auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/5733, Fragen 69 und 70): Wie begründet die Bundesregierung die Zulassungseinschränkung des Pflanzenschutzmittels Afalon mit dem Wirkstoff Linuron für bestimmte Kulturen im Jahr 2011 angesichts dessen Zulassung in 25 EU-Mitgliedstaaten und der breiteren Zulassung im Jahr 2010, und wie viel Hektar Anbaufläche im Garten- und Gemüsebau sind davon nach Information der Bundesregierung betroffen? Welche verfügbaren alternativen Bekämpfungsmittel empfiehlt die Bundesregierung den von der Zulassungseinschränkung für Afalon betroffenen Betrieben, und welche wirtschaftlichen Auswirkungen hätte ihre Anwendung? Zu Frage 69: Die Zulassungs-/Genehmigungssituation für das Herbizid Afalon 450 SC mit dem Wirkstoff Linuron stellt sich wie folgt dar: Der Antrag für die Zulassung des Pflanzenschutzmittels Afalon 450 SC nach § 15 Pflanzenschutzgesetz, PflSchG, war 2005 beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, BVL, gestellt worden. Die Zulassung konnte bisher nicht erteilt werden, da die Prüfung der zum Antrag vorliegenden Untersuchungsergebnisse ergeben hat, dass die Zulassungsvoraussetzungen im Hinblick auf den Naturhaushalt weiterhin für alle beantragten Anwendungen nicht erfüllt sind. Es lassen sich auch keine Anwendungsbestimmungen und Auflagen gemäß § 15 Abs. 2 und 4 des Pflanzenschutzgesetzes mit einem Mindestmaß an Praktikabilität und Kontrollierbarkeit, das heißt vom Anwender durchgängig einhaltbar und von den zuständigen Behörden kontrollierbar, festsetzen, die zu einer Herstellung dieser Voraussetzungen führen würden. Seit 2003 wurden jährlich Anträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG für die Erteilung einer Genehmigung Inverkehrbringen und die Anwendung des nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittels bei Gefahr im Verzuge gestellt. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens wurden diese Anträge vor dem Hintergrund der ungünstigen Auswirkungen auf den Naturhaushalt weitgehend abgelehnt. Im Rahmen der nachfolgenden Widerspruchsverfahren sind dann einige wirklich unverzichtbare Anwendungen genehmigt worden. Angesichts neuer, in diesem Jahr bekannt gewordener Erkenntnisse zu endokrinen Wirkungen - das Hormonsystem schädigend - des Wirkstoffs Linuron werden jedoch auch selektive Genehmigungen als kritisch angesehen. Eine erneute Abschätzung des Risikos einerseits und des Nutzens andererseits durch das BVL als Zulassungsbehörde hat es nur noch ermöglicht, eine Genehmigung nach § 11 für Feldsalat und Schnittpetersilie zu erteilen. Wie groß letztendlich die von der Anwendung des Pflanzenschutzmittels Afalon 450 SC betroffene Fläche im Garten- und Gemüsebau ist, lässt sich derzeit nicht abschätzen, da das Herbizid nicht überall und flächendeckend angewandt wird. Die vom BVL erteilte Genehmigung ermöglicht eine Anwendung in einem Umfang von 2 700 Hektar. Die reinen Anbauflächen der Kulturen, für die Genehmigungen zur Anwendung des nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittels Afalon erteilt wurden, stellen sich wie folgt dar: Kultur Fläche in ha 2010 2011 Blattpetersilie 1200 1200 Buschbohne 3800 Dill 200 Feldsalat 2360 2360 Möhre 10400 Pastinak 30 Porree 2300 Sellerie (Knollensellerie, Stangen-/Staudensellerie) 1470 250 Stangenbohne 150 Wurzelpetersilie 130 Zu Frage 70: Grundsätzlich ist es möglich, die Unkrautbekämpfung in beschränktem Umfang auch mechanisch durchzuführen. Dies führt aber in der Regel zu einem stark erhöhten Arbeitsaufwand und ist nicht vergleichbar effektiv. Das Ernteprodukt - zum Beispiel der Feldsalat - muss in jedem Fall unkrautfrei sein, auch bei maschineller Beerntung. Für die Kulturen Dill (200 Hektar), Pastinake (30 Hektar) und Wurzelpetersilie (10 Hektar) ist die Zulassungs-/Genehmigungssituation zwar nicht vollständig zufriedenstellend, in diesen Kulturen kann aber das Pflanzenschutzmittel Bandur mit dem Wirkstoff Aclonifen angewendet werden. Es hat jedoch nur eine Teilwirkung gegenüber Kreuzkraut und Franzosenkraut. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind nicht abzuschätzen. Der Unkrautbesatz hängt vom Standort - einschließlich Vorfrucht, Bodenverhältnisse und Bodenbearbeitung - und vom Wetter ab. Natürlich haben auch die zu erwartenden Erlöse einen erheblichen Einfluss auf die Frage der Wirtschaftlichkeit, zum Beispiel auch der mechanischen Unkrautbekämpfung. Die Qualitätsanforderungen des Lebensmittelhandels sind für die Produzenten auf jeden Fall bindend. 12248 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 107. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2011 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 107. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2011 12249 Deutscher Bundestag - 15. Wahlperiode - 38. Sitzung - 4. April 2003 4 12290 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 107. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2011 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 107. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2011 12289