Plenarprotokoll 17/138 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 138. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. November 2011 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2011 Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Roland Claus (DIE LINKE) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Iris Gleicke (SPD) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Manfred Grund (CDU/CSU) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Iris Gleicke (SPD) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Wolfgang Tiefensee (SPD) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Iris Gleicke (SPD) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Tankred Schipanski (CDU/CSU) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Frank Tempel (DIE LINKE) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Maria Michalk (CDU/CSU) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Iris Gleicke (SPD) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Manfred Grund (CDU/CSU) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksachen 17/7583, 17/7613) Dringliche Frage 1 Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Kosten für das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Roland Claus (DIE LINKE) Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Michael Schlecht (DIE LINKE) Mündliche Frage 1 Rainer Arnold (SPD) Militärischer Beitrag der Bundeswehr im Rahmen der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach Umsetzung der Bundeswehrreform Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Rainer Arnold (SPD) Inge Höger (DIE LINKE) Dr. Rolf Mützenich (SPD) Mündliche Frage 2 Rainer Arnold (SPD) Auswirkungen der Neuausrichtung der Bundeswehr auf Auftrag und Aufgaben der Reservisten Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Rainer Arnold (SPD) Inge Höger (DIE LINKE) Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU) Mündliche Frage 3 Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Etwaige Kabinettsentscheidung über die endgültige Verteilung der Arbeitsplätze des BMVg in Bonn und Berlin Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Ulrich Kelber (SPD) Mündliche Frage 4 Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Einhaltung des Berlin/Bonn-Gesetzes auch nach Verlagerung des größten Teils der Arbeitsplätze des BMVg nach Berlin Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Ulrich Kelber (SPD) Dr. Rolf Mützenich (SPD) Mündliche Frage 5 Ulrich Kelber (SPD) Zeitpunkt der Entscheidung des BMVg über die Verteilung der Arbeitsplätze in Bonn und Berlin Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfrage Ulrich Kelber (SPD) Mündliche Frage 6 Ulrich Kelber (SPD) Kriterien für den Umzug von Abteilungen und Referaten des BMVg nach Berlin Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Ulrich Kelber (SPD) Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Mündliche Frage 9 Sebastian Edathy (SPD) Dienstpostenveränderungen für den niedersächsischen Standort Diepholz Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Sebastian Edathy (SPD) Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 10 Sebastian Edathy (SPD) Entscheidungen über die weitere Nutzung des Standortes Diepholz Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Sebastian Edathy (SPD) Mündliche Frage 13 Karin Evers-Meyer (SPD) Entwicklung der Dienstpostenanzahl des Jagdgeschwaders Wittmund bis 2020 Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfrage Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Mündliche Frage 14 Karin Evers-Meyer (SPD) Vereinbarkeit der geplanten Absenkung der Zahl der Eurofighter mit der Einplanung Wittmunds als vollwertiges viertes Eurofighter-Geschwader Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfrage Karin Evers-Meyer (SPD) Mündliche Frage 15 Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Fortführung der Aufgaben der Marineoperationszentrale in Glücksburg nach deren Auflösung Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Mündliche Frage 16 Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Erforderliche Infrastrukturmaßnahmen im Marinearsenalbetrieb Wilhelmshaven für eine Betreuung der in der Ostsee stationierten Marineeinheiten wie am Standort Kiel Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Mündliche Frage 18 Sönke Rix (SPD) Informationsstand der Ämter und anderer öffentlicher Stellen über Teilnehmern des Bundesfreiwilligendienstes zustehende Leistungen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Sönke Rix (SPD) Mündliche Frage 19 Sönke Rix (SPD) Ausgestaltung des Seminarangebots für Bundesfreiwilligendienstleistende im Alter von über 27 Jahren Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfrage Sönke Rix (SPD) Mündliche Frage 22 Stefan Schwartze (SPD) Pressemitteilung zur Übergabe des Achten Familienberichts am 28. Oktober 2011 Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfrage Stefan Schwartze (SPD) Mündliche Frage 23 Stefan Schwartze (SPD) Vorschläge der Bundesregierung für familienunterstützende Dienstleistungen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Stefan Schwartze (SPD) Mündliche Fragen 24 und 25 Bärbel Bas (SPD) Regionale Entwicklung der Morbiditätsstruktur der Versicherten als Maßstab der Weiterentwicklung der ambulanten Gesamtvergütung; alternative qualitätsgesicherte Instrumente Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfragen Bärbel Bas (SPD) Mündliche Frage 28 Gustav Herzog (SPD) Wegen gerichtlicher Klärung zwischen Hafenbetreibern und der Wasser- und Schifffahrtsdirektion streitbefangene Mittel aus der Förderung des Kombinierten Verkehrs Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Gustav Herzog (SPD) Mündliche Frage 29 Gustav Herzog (SPD) Einführung eines Gebührensystems für die Schifffahrt im Rahmen der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Gustav Herzog (SPD) Mündliche Frage 31 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verfall der Preise für CO2-Zertifikate; mittelfristige Steuermindereinnahmen bei einem niedrigen Preisniveau Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 32 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vereinbarkeit des Beschlusses zum beschleunigten Atomausstieg mit Art. 10 des Vertrages über die Energiecharta vom 17. Dezember 1994 Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfrage Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 48 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Genehmigung der Lieferung von 72 Kampfjets an Saudi-Arabien Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 49 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Höhe der Ablehnungsquote von Rüstungsexportanträgen durch den Bundessicherheitsrat Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD: Nein zum Betreuungsgeld - Familien- und Bildungspolitik zukunftsfähig gestalten Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) Dorothee Bär (CDU/CSU) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Miriam Gruß (FDP) Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ Dagmar Ziegler (SPD) Sibylle Laurischk (FDP) Caren Marks (SPD) Alexander Dobrindt (CDU/CSU) Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) Daniela Ludwig (CDU/CSU) Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Technisch bedingter Neuabdruck der Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Fragen des Abgeordneten Ulrich Kelber (SPD) (135. Sitzung, Drucksache 17/7411, Fragen 35 und 36): Entwicklung der Beschäftigten beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit an den Standorten Bonn und Berlin seit 2008 Anlage 3 Mündliche Frage 7 Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zeitliche Planung für die Verlagerung der Arbeitsplätze des BMVg Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 4 Mündliche Frage 8 Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verlagerung von Wehrverwaltungsstellen nach Bonn Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 5 Mündliche Frage 11 Heinz Paula (SPD) Sicherung wohnortnaher Arbeitsplätze für Beschäftigte der Bundeswehr in strukturschwachen Gebieten; Unterstützung der von Standortschließungen der Bundeswehr betroffenen Kommunen Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 6 Mündliche Frage 12 Heinz Paula (SPD) Förderung der zivil-militärischen Zusammenarbeit am Fliegerhorst Kaufbeuren sowie Sicherung der dortigen Arbeitsplätze Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 7 Mündliche Frage 17 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausgestaltung des "aktiven Monitorings" von durch ISAF-Soldaten und afghanischen Sicherheitskräften in Gewahrsam genommenen Personen Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 8 Mündliche Frage 20 Caren Marks (SPD) Maßnahmen zur Umsetzung des interfraktionellen Beschlusses "Opfern von Unrecht und Misshandlungen in der Heimerziehung wirksam helfen" Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 9 Mündliche Frage 21 Caren Marks (SPD) Aussage der Bundesregierung in der Pressemitteilung zur Übergabe des Achten Familienberichts bezüglich Mitverantwortlichkeit älterer Menschen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 10 Mündliche Fragen 26 und 27 Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verhandlungen zur Fortführung der Kompensationsleistungen nach dem Entflechtungsgesetz Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 11 Mündliche Frage 30 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Absenkung des Luftraums C über Berlin im Rahmen der Luftraumplanung Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 12 Mündliche Frage 33 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vergabeverfahren der Vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 13 Mündliche Frage 34 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vom BMU erteilte Aufträge an die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit und die Entsorgungskommission für die Erarbeitung eines Endlagersuchgesetzes; Beteiligung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe an der Endlagersuche Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 14 Mündliche Frage 35 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Voraussetzungen für eine EEG-Umlagebefreiung Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 15 Mündliche Fragen 36 und 37 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unter die Neuregelung der Besonderen Ausgleichsregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ab 2013 fallende zusätzliche Strommenge; Zusatzkosten für nichtprivilegierte Verbraucher Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 16 Mündliche Frage 38 Klaus Hagemann (SPD) Begünstigung von Forschungsorganisationen über die Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 17 Mündliche Frage 39 Klaus Hagemann (SPD) Festlegung bzw. Aufhebung der Höchstförderquote für Studierende sowie im Haushaltsentwurf 2012 für Stipendien veranschlagte Haushaltsmittel Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 18 Mündliche Fragen 40 und 41 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einrichtung von Kooperationsprojekten zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, insbesondere zwischen der Berliner Charité und dem Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 19 Mündliche Frage 42 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaige Beschäftigung des ehemaligen SS-Hauptsturmführers Alois Brunner beim Bundesnachrichtendienst Antwort Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin Anlage 20 Mündliche Fragen 43 und 44 Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) Entwurf der Bundesländer für einen neuen Glücksspielvertrag; begleitende Suchtpräventionsmaßnahmen des Bundes Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 21 Mündliche Frage 45 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einbringung eines Gesetzentwurfs zum Lastmanagement Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 22 Mündliche Fragen 46 und 47 Inge Höger (DIE LINKE) Rüstungsgeschäfte mit Griechenland; staatliche Exportkreditgarantien Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 23 Mündliche Fragen 50 und 51 Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorschläge der Verlegerverbände zur Änderung der Pressefusionskontrolle und Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 24 Mündliche Frage 52 Michael Gerdes (SPD) Vorschläge zur Nutzung des Erdgasnetzes als Energiespeicher und Förderung diesbezüglicher Forschungsprojekte Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 25 Mündliche Frage 53 Andrej Hunko (DIE LINKE) Goldabbau in den rumänischen Westkarpaten durch die Rosia Montana Gold Corporation Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 26 Mündliche Frage 54 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterstützung der Untersuchung der Europäischen Kommission zur Pressefreiheit in Europa durch die Bundesregierung Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt Anlage 27 Mündliche Frage 55 Andrej Hunko (DIE LINKE) Einrichtung der informellen "Remote Forensic Software User Group" Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 28 Mündliche Frage 56 Andrej Hunko (DIE LINKE) Teilnahme von Europol und Eurojust an bi- oder multilateralen Konferenzen oder Arbeitsgruppen zum Einsatz staatlicher Schadsoftware zur Onlinedurchsuchung oder Quellen-Telekommunikationsüberwachung; Inhalte dieser Treffen Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 29 Mündliche Frage 57 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorlage des überarbeiteten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 30 Mündliche Frage 58 Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Fehlender Austausch mit Dänemark und den Niederlanden über das assoziationsrechtliche Verschlechterungsverbot, insbesondere zur Regelung der Sprachanforderungen bei Ehegattennachzug Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 31 Mündliche Frage 59 Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Einführung von Volksabstimmungen zu grundlegenden Entscheidungen zur Zukunft Europas Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 32 Mündliche Frage 60 Michael Gerdes (SPD) Auswirkungen der Urteile der Finanzgerichte München und Hamburg zur Brennelementesteuer für die Finanzierung des Energie- und Klimafonds Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 33 Mündliche Frage 61 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Position der Bundesregierung und Entscheidungen des Ecofin-Rats zur Energiesteuerrichtlinie auf der Sitzung am 8. November 2011 Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 34 Mündliche Frage 62 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Drohende Verluste für deutsche staatliche und EU-Stellen durch ausgereichte Garantien oder Kredite für Griechenland bei einer staatlichen Insolvenz Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 35 Mündliche Fragen 63 und 64 Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Buchungsfehler bei der FMS-Wertmanagement Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 36 Mündliche Frage 65 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ursachen und Verantwortlichkeiten für die Buchungsfehler bei der FMS-Wertmanagement Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 37 Mündliche Frage 66 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Schwierigkeiten bei der Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 38 Mündliche Frage 67 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Geplante Entlastung unterer und mittlerer Einkommen sowie Vereinbarkeit mit einem zukünftig ausgeglichenen Haushalt Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 39 Mündliche Frage 68 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Schlussfolgerungen aus dem Gespräch von Bundesministerin von der Leyen mit den Schwerbehindertenvertretungen der DAX-30-Unternehmen am 4. Oktober 2011 Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 40 Mündliche Frage 69 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen unter 50 Prozent sowie für Schwerbehinderte 2011; erwartete Änderungen durch die "Initiative Inklusion" Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 41 Mündliche Frage 70 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aufhebung der Arbeitsmarktbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien und soziale Lage der in Deutschland arbeitenden Rumänen und Bulgaren Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 42 Mündliche Frage 71 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Branchen und Beschäftigte mit Tariflöhnen unterhalb der niedrigsten Tariflöhne für die Zeitarbeit Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 43 Mündliche Frage 72 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ergebnisse der Sitzung des Runden Tisches vom November 2011 zum Stand der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 44 Mündliche Frage 73 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ziel und Umsetzung des Konzepts einer "KinderBildungsStiftung" Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 45 Mündliche Frage 74 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Umsetzungsstand des Beschlusses der Unabhängigen Föderalismuskommission vom Mai 1992 zur Verlagerung von rund 120 Planstellen des Julius-Kühn-Instituts von Berlin nach Kleinmachnow Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Inhaltsverzeichnis 138. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. November 2011 Beginn: 13.00 Uhr Vizepräsidentin Petra Pau: Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettsitzung mitgeteilt: Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2011. Das Wort für den fünfminütigen Bericht hat der Bundesminister des Inneren, Herr Dr. Hans-Peter Friedrich. - Bitte, Herr Minister. Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn gute Nachrichten zu verbreiten sind, kommen offensichtlich nur wenige Kollegen ins Plenum. Heute ist ein solcher Tag. Ich kann Ihnen mitteilen: Der Aufbau Ost ist auf einem guten Weg. Heute, am 22. Jahrestag des Mauerfalls, kann ich Ihnen einen Bericht vorlegen, der zeigt, dass die neuen Länder trotz der konjunkturellen und ökonomischen Dellen aus der Krise gut und gestärkt herausgekommen sind. Alle Indikatoren verzeichnen positive Entwicklungen. Die Arbeitslosenzahlen gehen zurück, die Beschäftigtenzahlen steigen, die Produktion nimmt ebenso zu wie das Bruttoinlandsprodukt. Ich denke, das sind gute Nachrichten. In den neuen Ländern liegt die Arbeitslosenzahl deutlich unter 1 Million, nämlich bei 860 500. Das ist ein Grund zur Freude. Jedoch ist die Arbeitslosenquote - und das trübt die Freude - immer noch fast doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern. Das bedeutet, dass wir nicht nachlassen dürfen und nicht nachlassen werden, den Aufbau Ost so lange voranzutreiben, bis das Ziel - die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse - in allen Teilen unseres Landes erreicht ist. Zur Infrastruktur. Die Verkehrsprojekte "Deutsche Einheit" sind weitgehend abgeschlossen. Wir werden weiterhin verstärkt die Wirtschaft fördern. Hier spielt insbesondere die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" eine große Rolle. Mit Freude können wir darauf verweisen, dass sich in den neuen Ländern eine Wissenschafts- und Hochschulstruktur entwickelt hat, die Studenten aus aller Welt anlockt. In diesem Zusammenhang stellen wir fest, dass sehr viele Studenten aus den alten Ländern ebenfalls die Attraktivität der Hochschulen in den neuen Ländern entdeckt haben. In Sachsen kommen 29 Prozent der Studenten aus den alten Bundesländern, in Mecklenburg-Vorpommern sind es sogar weit über 40 Prozent. Wir wollen in den neuen Ländern eine "Innovationsregion Ostdeutschland" schaffen. Ich glaube, dabei sind wir auf einem guten Weg. Während die Industrie bei den Forschungs- und Entwicklungsausgaben zuerst etwas zögerlich war, stellen wir nun fest, dass immer mehr Unternehmen in Forschung und Entwicklung investieren. Bei den forschenden ostdeutschen Unternehmen ist ein Anstieg von 3 271 Unternehmen im Jahr 2000 auf 4 719 im Jahr 2010 zu verzeichnen. Das zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind. Ab dem Jahr 2013 kann es zu Problemen bei der Förderung aus den europäischen Strukturfonds kommen, weil die neuen Länder dann möglicherweise aus der Höchstförderung ausscheiden. Für diesen Fall setzen wir alles daran, Übergangsregelungen für die neuen Länder zu schaffen. Die große Herausforderung ist jedoch die demografische Entwicklung, die sich zuerst in den neuen Ländern, dann aber auch in den alten Ländern bemerkbar machen wird. Wir stehen in den neuen Ländern, natürlich regional unterschiedlich - wie es auch in den alten Ländern der Fall ist -, vor großen Herausforderungen, die schon mit sehr viel Innovationskraft, Ideen und Kreativität der Bürgermeister und der Behörden vor Ort angegangen werden, unterstützt durch viele Programme vonseiten des Bundes. Ich denke, dass die neuen Länder hier ein Vorbild, eine Blaupause, bei der Bewältigung der demografischen Herausforderungen sein können, vor denen wir in den nächsten Jahren im ganzen Land stehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Vielen Dank, Herr Minister Dr. Friedrich. - Bevor wir mit der Befragung beginnen, erinnere ich an die Ein-Minuten-Regelung. Ich bitte Sie, sich bei Ihren Fragen und Antworten auf jeweils 1 Minute zu beschränken. Nach Ablauf einer Minute wird ein Signal daran erinnern, zum Schluss zu kommen. Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. - Das Wort zur ersten Frage hat der Kollege Roland Claus. Roland Claus (DIE LINKE): Herr Bundesminister, welches war der Grund dafür, warum Sie diesen Bericht mit mehrwöchiger Verspätung vorgelegt haben und nicht, wie alljährlich üblich, vor dem 3. Oktober? Meine zweite Frage lautet: Welche Aussagen trifft die Bundesregierung zur Angleichung der Renten in Ostdeutschland an die in Westdeutschland, die Sie immerhin in der Koalitionsvereinbarung versprochen haben? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Zunächst einmal kann ich Ihnen sagen: Ich weiß, dass es üblich war, diesen Bericht bereits in der Zeit um den 3. Oktober vorzulegen. Wir wollten dieses Mal auch aktuelle Entscheidungen, etwa zu den TEN-Projekten und zu der Frage, wie es mit den Standorten der Bundeswehr weitergeht, aufnehmen und haben jetzt, pünktlich zum 22. Jahrestag des Mauerfalls, den Bericht vorgelegt. Zum Thema Rentenangleichung. Wir sind, was die Rentenwerte angeht, auf einem guten Weg, und zwar auch deswegen, weil die Löhne in den neuen Ländern weiter ansteigen und die Lücke zwischen alten und neuen Ländern kleiner wird. Aber Sie haben recht: Grundsätzlich bleibt die Frage, ob wir Veränderungen am Rentenwert und am Hochwertungsfaktor vornehmen müssen. Hier ist Frau von der Leyen als Sozialministerin in einem Dialog mit den Ländern; wir brauchen die Ministerpräsidenten der Länder für eine Entscheidung. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Iris Gleicke. Iris Gleicke (SPD): Schönen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, lassen Sie mich eingangs sagen: Ein dürftigerer Bericht ist mir in den Jahren zuvor noch nie untergekommen. Sie treffen darin gar keine Aussage zu den deutlichen Unterschieden bei den Einkommen zwischen Ost- und Westdeutschland; je nach Branche gibt es Lohnunterschiede von 15 bis 30 Prozent. Stattdessen verbreiten Sie zum Schluss Ihres Berichtes - da geht es um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse -: Gleichwertigkeit bedeutet aber gerade nicht Gleichheit: Trotz weit fortgeschrittener Einheit werden und dürfen regionale Unterschiede in Gesellschaft und Wirtschaft bestehen bleiben. Ich möchte Sie fragen: In welchem Maße dürfen nach Ihrer Meinung solche Unterschiede bestehen bleiben? Ist das nicht der Abschied vom Aufbau Ost und damit von der Angleichung der Lebensverhältnisse, wie sie im Grundgesetz und übrigens auch im Einigungsvertrag verbrieft ist? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Minister. Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Frau Kollegin, im letzten Jahr, im 20. Jubiläumsjahr der deutschen Einheit, haben wir einen sehr umfangreichen Bericht über die Entwicklung in den letzten 20 Jahren vorgelegt, der über 200 Seiten umfasst, sodass wir uns jetzt auf Basis dieses umfangreichen Berichtes auf aktuelle Veränderungen konzentrieren konnten; das haben wir getan. Sie haben recht: Es gibt Lohnunterschiede, im Übrigen nicht nur zwischen den alten und den neuen Bundesländern, sondern auch in den verschiedenen Regionen innerhalb der alten Bundesländer und innerhalb der neuen Bundesländer. Hier geht es um ein wichtiges Thema, das uns natürlich auch im Zusammenhang mit der Zukunft des ländlichen Raumes beschäftigen wird. Die entscheidende Frage lautet: Was bedeutet Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse? Es bedeutet nicht Gleichheit und auch nicht Gleichartigkeit, sondern gleicher Wert der Lebensverhältnisse, bei aller Unterschiedlichkeit, die bestehen kann. Der ländliche Raum und die strukturschwächeren Gebiete werden auf der einen Seite gefördert. Auf der anderen Seite haben sie einen eigenen Lebenswert, eine eigene lebenswerte Umgebung, die so manche Alternative zu den Metropolen bieten kann. Weiterhin wollen wir natürlich - das steht fest - eine Aufwertung der Löhne in den neuen Ländern erreichen. Das bleibt das Ziel. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Daniela Kolbe. Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, ich muss ehrlich zugeben: Mich hat der Bericht zum Stand der Deutschen Einheit peinlich berührt. Ich habe ihn gelesen und lebe in den neuen Bundesländern. Ich habe den Eindruck, dass Sie ein rosarotes Lagebild malen; alles ist gut. Wo es noch nicht ganz so gut ist, kann der Westen von den neuen Ländern lernen. Nach meiner Ansicht verabschiedet sich die Bundesregierung ganz eindeutig vom Auftrag des Aufbaus Ost. Das wird für mich zum Beispiel bei einem Punkt deutlich, zu dem ich gern ein paar Ausführungen von Ihnen hätte. In diesem Bericht gefällt mir Seite 25 am besten. Dort werden auf einem Drittel der Seite, auf ganzen neun Zeilen, Aussagen zum Arbeitsmarkt getroffen, nach denen er sich positiv entwickele. Im ganzen Bericht lässt sich nicht ein einziges Mal das Wort Langzeitarbeitslosigkeit finden. Von Ihnen als verantwortlichem Minister interessiert mich zu hören: Haben Sie den Eindruck, dass Langzeitarbeitslosigkeit kein Problem für die neuen Länder darstellt, und, wenn doch, warum wird es dann nicht erwähnt? Was haben Sie vor, gegen Langzeitarbeitslosigkeit zu tun? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte. Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Dieser Bericht, Frau Kollegin, soll nicht alle Probleme, die es in Deutschland gibt, aufarbeiten, sondern spezifische Probleme der neuen Länder. Ich glaube, Langzeitarbeitslosigkeit stellt ein Problem dar, egal ob es sich um Langzeitarbeitslose in den neuen oder in den alten Bundesländern handelt. In diesem Bericht wird aber sehr deutlich, dass wir in den neuen Ländern immer noch eine fast doppelt so hohe Arbeitslosigkeit wie in den alten Ländern haben. Deswegen werden wir mit aller Kraft weiterhin die Förderung der neuen Länder mit Blick auf den Wirtschafts- und Hochschulaufbau sowie auf die Forschungslandschaft betreiben. Auf diese Art und Weise werden wir dafür sorgen, dass die Arbeitslosigkeit dort genauso wie in den alten Bundesländern gesenkt wird. Ich kann darauf verweisen, dass es Anfang der 90er-Jahre etwa 6,5 Millionen Arbeitsplätze in den neuen Ländern gab. Zwischendurch ist dieser Wert auf 4,5 Millionen gesunken. Heute beträgt er 5,4 Millionen. Ich glaube, das kann sich sehen lassen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Stephan Kühn. Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister, Sie haben die Herausforderung des demografischen Wandels gerade für strukturschwache ländliche Regionen angesprochen. Mich interessiert - dazu habe ich im Bericht leider nichts gelesen -, welche konkreten Maßnahmen Sie zum Erhalt und zum Umbau der sozialen und technischen Infrastruktur gerade in Regionen, die vom demografischen Wandel betroffen sind, jenseits von - das sage ich bewusst - nett gemeinten Modellprojekten planen. Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Ich erinnere an meinen Bericht, in dem ich vor vier Wochen auf das Handlungskonzept der neuen Länder zum demografischen Wandel hingewiesen habe. Darin habe ich aufgezeigt, welche Initiativen es bereits seit vielen Jahren vor Ort gibt. Diese Initiativen konzentrieren sich insbesondere auf die Mobilität, die Vernetzung und die ebenenübergreifende Zusammenarbeit. Ich halte all diese Punkte für wichtig. Sie werden Eingang in die bis zum Frühjahr nächsten Jahres zu erarbeitende umfangreiche Strategie des Bundes zum demografischen Wandel finden, die darüber Auskunft gibt, welche langfristigen strategischen Entscheidungen - es geht nicht um kurzfristige Modellmaßnahmen - wir für notwendig und richtig halten, um den Herausforderungen des demografischen Wandels zu begegnen. Dieser Wandel betrifft aus meiner Sicht West und Ost, die alten und die neuen Länder, gleichermaßen. Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Manfred Grund stellt die nächste Frage. Manfred Grund (CDU/CSU): Vielen Dank, Herr Minister, für die Vorlage des Jahresberichts zum Stand der Deutschen Einheit. Er ist nicht auf rosarotem Papier gedruckt. Aber er beschreibt eine gute Entwicklung, deren positive Ergebnisse überall in den neuen Bundesländern quasi mit Händen zu greifen sind. Das alles ist Ausdruck beispielhafter nationaler Solidarität, die weltweit einzigartig ist. Jedoch gibt es strukturelle Unterschiede, die allein durch staatliches Handeln schwierig zu beseitigen sind. In den neuen Bundesländern ist, bedingt durch Teilung und Vertreibung, nicht ein Hauptsitz eines deutschen Großunternehmens angesiedelt. Damit fehlen in den neuen Bundesländern bei den Unternehmen Forschungs- und Innovationskapazitäten. Diese müssen zum Beispiel durch die Fraunhofer-Gesellschaft sowie staatliches Engagement vorgehalten werden. Sehen Sie die Notwendigkeit, nach Beendigung des Solidarpaktes im Jahr 2019 gerade in den Bereichen Forschung und Technologie staatlicherseits stärker Einfluss zu nehmen, um einen Teil der strukturell bedingten Nachteile weiterhin auszugleichen? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Es ist richtig, dass sich die sehr kleinteilige Struktur der Industrie- und Wirtschaftslandschaft in den neuen Ländern insbesondere im Forschungsbereich negativ auswirkt. Mittelständische Unternehmen sind nicht per se weniger leistungsfähig als Großkonzerne, im Gegenteil: Sie sind sogar leistungsfähiger. Allerdings muss man feststellen, dass Großkonzerne bei Forschung und Entwicklung besser aufgestellt sind als kleine und mittelständische Unternehmen. Deswegen ist es uns ein großes Anliegen, im Mittelstand Forschungsverbünde zu fördern. Das ist in hohem Maße erreicht worden und hat dazu geführt, dass sich die Forschungslandschaft im ostdeutschen Unternehmensbereich wesentlich verbessert hat. Ich darf aber auch darauf verweisen, dass die Hochschulen - sowohl die Fachhochschulen als auch die Universitäten - in den neuen Ländern als Partner für die Wirtschaft begehrt sind und dass es sehr viele Unternehmen in den alten Bundesländern gibt, die sehr eng mit den Hochschulen in Ostdeutschland zusammenarbeiten. Ich denke, das ist ein sehr gutes Zeichen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt die Kollegin Iris Gleicke. Iris Gleicke (SPD): Herr Minister, ich möchte mit meiner Frage an die von Herrn Claus anschließen. Sie schreiben im Bericht: Die Vereinheitlichung der Rentenberechnung in Ost und West ist eine komplexe Aufgabe. ... Ein konsensfähiger Vorschlag ... muss die unterschiedlichen Interessenlagen aller Beteiligten ... berücksichtigen. Es ist bekannt, dass das eine schwierige und komplexe Aufgabe ist; das ist gar keine Frage. Gleichwohl möchte ich von Ihnen wissen: Welche unterschiedlichen Interessen müssen hierbei Berücksichtigung finden? Da Sie auf den von Frau von der Leyen initiierten Rentendialog, der sich hauptsächlich mit dem Thema Altersarmut beschäftigt, verwiesen haben, möchte ich Sie fragen: Gibt es einen Fahrplan? Wann ist damit zu rechnen, dass uns die Bundesregierung einen konkreten Vorschlag zur Angleichung der Renten in Ostdeutschland an die in Westdeutschland vorlegt? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Es ist natürlich wichtig, zu bedenken, dass es sehr unterschiedliche, heterogene Rentenbiografien gibt. Mit den beiden Komponenten - Rentenwert auf der einen Seite und Hochwertungsfaktor auf der anderen Seite - haben wir zwei Stellschrauben. Die Annahme, dass eine generelle Angleichung der Rentensysteme - es geht um eine Systemangleichung - automatisch zu höheren Renten in den neuen Ländern führen wird, ist ein Trugschluss. Vielmehr müssen wir - und zwar zusammen mit den Ministerpräsidenten in den neuen Ländern - angesichts der Unterschiedlichkeit der Wirkungsweise dieser beiden Komponenten sehr genau abwägen, welche möglichen Auswirkungen eine Änderung haben wird. Der Rentenwert Ost liegt bei 89 Prozent der Alterseinkommen in Westdeutschland; hier sind wir auf einem guten Weg. Aber das größere Problem stellen die lückenhaften Arbeitsbiografien der Menschen dar, die in den 90er-Jahren nach der Wiedervereinigung arbeitslos geworden sind. Denen muss unser Augenmerk in besonderer Weise gelten. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort für die nächste Frage hat der Kollege Stephan Kühn. Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister, der Nachholbedarf der KMU gerade in den Bereichen Forschung und Entwicklung wurde bereits angesprochen. Sie haben eine Evaluierung der bisherigen Förderprogramme vorgenommen. Mich interessiert: Nachholbedarf wurde gerade mit Blick auf die Vernetzung mit den Hochschulen und die Stärkung der Forschungs- und Investitionskraft der KMU erkannt. Wie wollen Sie künftig die Programmstruktur entsprechend anpassen? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Ich glaube, dass wir mit dem Vernetzen der kleineren Unternehmen in struktureller Hinsicht auf dem richtigen Weg sind. Dieser Weg muss fortgesetzt werden. Ich denke, dass man darüber nachdenken muss, wie man im Rahmen der Forschungsförderung - ich meine nicht nur die Forschungsförderung Ost, sondern die Forschungsförderung in ganz Deutschland - noch stärker als bisher auf die mittelständischen Unternehmen eingehen kann, wie die mittelständische Struktur noch stärker berücksichtigt werden kann. Das wird ein wichtiger Punkt sein. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Daniela Kolbe. Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD): Herr Minister, eine Bemerkung zum Thema Langzeitarbeitslosigkeit. Sie haben gesagt, sie sei in den alten wie in den neuen Bundesländern gleichermaßen ein Problem. Ich lade Sie herzlich ein, mit den Betroffenen und den Kommunen in den neuen Ländern Gespräche über die massiven Auswirkungen der Langzeitarbeitslosigkeit auf den sozialen Zusammenhalt in den neuen Ländern zu führen. Als zuständiger Minister sollten Sie dieses Gespräch suchen. Ich habe eine Nachfrage zum Fachkräftemangel, den Sie in Ihrem Bericht zu Recht ansprechen, wenn auch nur kurz. Tatsächlich wird das ein Problem werden. Sie wollen intelligente Programme entwickeln, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Einen Aspekt greifen Sie in Ihrem Bericht aber gar nicht auf: die Lohnunterschiede. In den neuen Ländern werden deutlich niedrigere Löhne gezahlt, was zu Abwanderungen führt. Ich hätte gerne Ihre Einschätzung dazu gehört. Könnte der Lohnunterschied zwischen Ost und West etwas mit dem Fachkräftemangel in den neuen Ländern zu tun haben? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Natürlich wird der Fachkräftemangel in ganz Deutschland - ich muss es wieder sagen: in ganz Deutschland - zu einem Problem und möglicherweise auch zu einem begrenzenden Faktor; das ist überhaupt keine Frage. Deswegen müssen wir darüber nachdenken, wie wir die Potenziale in unserem Land besser nutzen können. Wir haben uns mit dem Thema sehr intensiv befasst und verschiedene Entwicklungspfade eingeschlagen. Zum einen wollen wir die Schulabbrecherquote deutlich reduzieren. Am liebsten wäre es uns, wenn wir sie kurzfristig halbieren könnten. Wir wollen zum anderen die Erwerbstätigenquote erhöhen, indem wir noch mehr für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf tun, und zwar im weitesten Sinn. Ich glaube, das ist wichtig. Ich denke, erst danach sollte man über Zuwanderung aus dem Ausland nachdenken. Zuerst müssen wir das Potenzial in unserem Land ausschöpfen. Das ist das Entscheidende. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Einkommensunterschiede!) Was die Langzeitarbeitslosigkeit angeht, haben Sie mich, glaube ich, falsch verstanden. Ich habe gesagt: Für jeden, egal wo er wohnt, ist Langzeitarbeitslosigkeit ein Problem; das ist so. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Wolfgang Tiefensee. Wolfgang Tiefensee (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, mein erster Themenkomplex ist die Langzeitarbeitslosigkeit. Ich teile Ihre Meinung nicht, dass ein Problem, das in Ost und West gleichermaßen vorhanden ist, in dem Bericht nicht auftauchen muss. Es muss insbesondere dann auftauchen, wenn es signifikant für den Osten ist. Meine Fragen lauten: Wie schätzen Sie das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit im Osten ein? Welche speziellen Instrumente werden Sie im Osten einsetzen? Könnten die Instrumente, mit denen Sie die Langzeitarbeitslosigkeit und ihre schlimmen Folgen beseitigen wollen, dem Programm "Kommunal-Kombi" entsprechen? Zweiter Themenkomplex, die Angleichung der Rentensysteme. Sowohl im Koalitionsvertrag als auch bei den Wahlversprechen der Frau Bundeskanzlerin spielte die Angleichung der Rentensysteme bis 2013 - zumindest wurde ein Vorschlag, der in diese Richtung zielt, unterbreitet - eine große Rolle. Ich gehe davon aus, dass das Wahlergebnis im Osten nicht zuletzt durch dieses Versprechen determiniert ist. Meine präzisen Fragen: Wird die Frau Bundeskanzlerin und ihr Minister dieses Wahlversprechen einlösen und einen Vorschlag zur Angleichung der Rentensysteme bis zum Jahre 2013 vorlegen? Wann wird der Vorschlag unterbreitet? Welches ist der Grundpfad der Lösung, die Sie vorschlagen? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Ich will es noch einmal sagen: Wir führen einen sehr intensiven Dialog über das Thema Rente, auch mit den Ministerpräsidenten in den neuen Ländern. Sie wissen, dass dieses Thema sehr komplex und sehr schwierig ist. Das Problem ist so schwierig, dass nicht einmal die Regierung, der Sie angehört haben, es lösen konnte. Wir werden alles daransetzen, vernünftige Lösungen möglichst zeitnah auf den Weg zu bringen. Ob das schon im nächsten Jahr gelingen wird, kann ich nicht beurteilen. Ich werde mit der Kollegin von der Leyen eng zusammenarbeiten, weil das ein sehr wichtiges Thema für die neuen Länder ist. Thema Langzeitarbeitslosigkeit. Ja, natürlich werden spezielle Förderprogramme, die sich auf die Lösung des Problems Langzeitarbeitslosigkeit konzentrieren, notwendig sein. Aber auch das, glaube ich, fällt unter das Motto "Fordern und Fördern". Wir müssen über die Bundesagentur Förderprogramme auf den Weg bringen, durch die das Potenzial bei den Langzeitarbeitslosen gehoben wird und die Qualifizierungs- und Arbeitskräftelücken, die der demografische Wandel reißt, geschlossen werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Iris Gleicke. Iris Gleicke (SPD): Herr Minister, Sie haben gerade gesagt, man müsse mit Förderprogrammen der Bundesagentur für Arbeit gegen die sich verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit anfördern. Aber Sie haben - das ist nun einmal die Wahrheit - in den letzten zwei Jahren beim Eingliederungstitel ganz massiv gekürzt. Das bedeutet allein in diesem Jahr für Ostdeutschland 600 Millionen Euro weniger. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Höhe der Rente und den Einkommen bzw. den gebrochenen Erwerbsbiografien gibt. Deshalb möchte ich noch einmal nachfragen: Welchen Beitrag glaubt die Bundesregierung leisten zu können, um die Einkommensunterschiede - sie manifestieren sich bei 15 bis 30 Prozent - auszugleichen und somit Fortschritte im Hinblick auf die Renten und die zu erwartenden Alterseinkommen zu erzielen? Ich möchte von Ihnen wissen: Wie wollen Sie angesichts der Kürzung der Mittel gegen die sich verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit anfördern, damit die gebrochenen Erwerbsbiografien geschlossen werden können? Bitte stellen Sie Ihre Pläne in diesem Zusammenhang dar. Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Ich möchte darauf hinweisen, dass wir Arbeitsplätze insbesondere dadurch schaffen, dass wir die Unternehmen, die vor Ort erfolgreich sind, noch wettbewerbsfähiger und noch internationaler machen. Diese Ansatzpunkte wählt die Bundesregierung. Wir betreiben Wirtschaftsförderung auf breitester Front. Dazu gehört die schon angesprochene Forschungsförderung, die den Unternehmen Spielräume gibt und deren Wettbewerbsfähigkeit verbessert. Dies hat Erfolg. Die zunehmende Zahl der Beschäftigten in den neuen Ländern bedeutet natürlich im Umkehrschluss, dass mehr Menschen aus der Arbeitslosigkeit in Beschäftigung kommen. Ich denke, das ist ein gutes Zeichen. Diese breite Wirtschaftsförderung, durch die wir Arbeitsplätze in den neuen Ländern schaffen, ist der richtige Weg, auf dem wir weitergehen müssen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Tankred Schipanski. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Herr Minister, Sie haben die Verbundforschung in den neuen Ländern, die Vernetzung von Wirtschaft und Hochschulen, angesprochen. Das BMBF hat Sonderforschungsprogramme zur Innovationsfähigkeit in den neuen Ländern aufgelegt, zum Beispiel das ZIM. Vor kurzem hat das Wintersemester begonnen. In den neuen Ländern steigt die Zahl der Studienanfänger. Viele aus den westdeutschen Ländern studieren ganz bewusst in den neuen Bundesländern. Wie können Sie sich das erklären? Welche Ursachen hat das? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Ich habe schon darauf hingewiesen, dass die Zahlen beeindruckend sind. In Mecklenburg-Vorpommern kommen weit über 40 Prozent, in Sachsen fast 30 Prozent der Studierenden aus den alten Bundesländern. Das beweist, dass die Hochschulen in den neuen Ländern nicht nur durch ihr Studienangebot, sondern auch durch ihre Ausstattung - das wird von vielen Studenten immer wieder betont - für alle Studierenden sehr attraktiv sind. Ich denke, es sollte uns mit Freude erfüllen, dass wir auf diese Art und Weise einen Beleg dafür bekommen, wie angesehen die Hochschullandschaft in den neuen Ländern ist. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Frank Tempel. Frank Tempel (DIE LINKE): Herr Minister, Kollegin Kolbe hatte Ihnen vorhin die sehr klar formulierte Frage gestellt, inwieweit Sie einen Zusammenhang zwischen dem Fachkräftemangel und dem demografischen Wandel, insbesondere durch die Abwanderung junger Menschen aus den neuen Bundesländern, sowie der ungleichen Bezahlung sehen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die von der Bundeskanzlerin vorgeschlagenen Mindestlohnmodelle - diese werden zwar nicht so genannt, sollen aber eine ähnliche Wirkung wie ein Mindestlohn entfalten -, die ebenfalls Einkommensunterschiede zwischen Ost und West vorsehen. Wie ist ein solches Herangehen mit den im Bericht dargestellten Phänomenen zu vereinbaren? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Ich muss noch einmal darauf hinweisen, dass der Fachkräftemangel ein allgemeines demografisches Problem ist. Er wird überall ein Problem sein. Das ist nicht nur eine Frage der Bezahlung. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aber eben auch! - Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Das ist im Osten ein großes Problem!) Vielmehr hat dies damit zu tun, dass weniger junge Leute da sind und dass die Menschen, die da sind, immer älter werden. Das ist ein Faktum, das man nicht wegdiskutieren kann. Das wird in ganz Deutschland in der Zukunft ein begrenzender Faktor sein, ist aber, wie gesagt, nicht nur eine Frage der Bezahlung. Im Übrigen kann man an den steigenden Beschäftigungszahlen in den neuen Ländern sehen, dass dies, jedenfalls bisher, offensichtlich kein generelles Problem ist; allerdings kann es sich natürlich zu einem solchen auswachsen. Dass es Lohnunterschiede gibt, ist überhaupt keine Frage. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass es auch zwischen Ostfriesland und dem Rhein-Main-Gebiet Lohnunterschiede gibt und man nicht sagen kann: Deswegen sind jetzt alle Ostfriesen im Rhein-Main-Gebiet. - Lohnunterschiede wird es immer geben, übrigens auch unterschiedliche Kostenstrukturen. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aber nicht für die gleiche Arbeit! Es gibt doch Ost- und Westtarife! Das müssen Sie doch mitbekommen haben!) Entscheidend ist, dass wir eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse erreichen. Das ist nach wie vor unser Ziel. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Maria Michalk. Maria Michalk (CDU/CSU): Herr Minister, auch ich bedanke mich für den Bericht. Ich möchte auf den Arbeitsmarkt zurückkommen. Ich glaube, wir müssen noch einmal ganz konkret feststellen, dass die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, auch in den neuen Bundesländern, in den zurückliegenden Jahren noch nie einen solch großen Erfolg dargestellt hat. In meinem Wahlkreis gab es über Jahre hinweg eine Arbeitslosenquote von über 20 Prozent; jetzt liegt sie bei 9,8 Prozent. Das zeigt, dass die Bundesregierung die richtigen Maßnahmen ergriffen hat. Gleichwohl: Auf der einen Seite haben wir eine verstetigte Langzeitarbeitslosigkeit. Auf der anderen Seite hat es, auch wenn das Gesamtvolumen des Eingliederungstitels - daraus werden die Eingliederungsleistungen erbracht - aufgrund niedrigerer Arbeitslosenzahlen zurückgegangen ist, auf den einzelnen Langzeitarbeitslosen bezogen noch nie einen so hohen Zuschuss der Bundesagentur für Arbeit gegeben. Sind nicht auch Sie der Meinung, dass man jetzt nicht wieder ganz neue Sonderprogramme stricken sollte, sondern dass es jetzt darauf ankommt, die Verantwortlichkeit den Herrschaften vor Ort zu geben, damit sie den Fachkräftebedarf mit dem vorhandenen Personenkreis decken? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Ich glaube, dies ist ein wichtiger Hinweis. Das ist ein Grundprinzip, nach dem die Bundesagentur für Arbeit verfährt: mehr Flexibilität zu schaffen und mehr Möglichkeiten zu geben, damit vor Ort auf die spezifische Situation reagiert werden kann. Der Hinweis ist natürlich völlig richtig: Man darf nicht nur auf die allgemeinen Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit schauen, sondern man muss auch berücksichtigen, dass wir heute sehr viel weniger Arbeitslose haben als gegen Ende der Regierungszeit von Rot-Grün im Jahre 2005. Deswegen sind natürlich geringere Ausgaben notwendig. Gleichwohl bekommt der einzelne Betroffene heute mehr. Das ist eine gute Entwicklung. Regional ist die Entwicklung in Deutschland, wie gesagt, sehr unterschiedlich ausgeprägt. In Thüringen beispielsweise beträgt die Arbeitslosenquote derzeit 7,8 Prozent. Dort hat man in etwa das Niveau von Nordrhein-Westfalen erreicht, wo die Arbeitslosenquote bei 7,7 Prozent liegt. Das zeigt: Die Entwicklung ist regional unterschiedlich. In einigen Gebieten war die Arbeitsmarktpolitik allerdings außerordentlich erfolgreich. Vizepräsidentin Petra Pau: Für eine weitere Nachfrage hat der Kollege Stephan Kühn das Wort. Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister, jeder Minister, der für die neuen Länder zuständig ist, muss sich mit dem Thema "Altschulden ostdeutscher Wohnungsunternehmen" beschäftigen. Die derzeitige Regelung läuft 2013 aus. Wohnungsunternehmen, die die Altschuldenhilfe nach dem bisherigen Prinzip nicht in Anspruch nehmen können, haben, was ihre Investitionskraft angeht, große Probleme. Mit Blick auf die energetische Sanierung, die wir an verschiedenen Gebäuden noch vornehmen müssen, brauchen wir ihre Investitionskraft allerdings. Daher die Frage: Wird die Bundesregierung eine Anschlussregelung zur derzeitigen Altschuldenhilfe vorlegen? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Die Altschulden sind schon immer ein Problem gewesen, dem sich in der Vergangenheit viele Förderprogramme gewidmet haben. Im Rahmen des Aufbaus Ost haben wir in einigen Ländern einen Großteil der bereitgestellten Mittel insbesondere dafür verwendet, die Altschuldenproblematik in den Griff zu bekommen. Dies wird auch in Zukunft auf jeden Fall eine der großen Herausforderungen sein. Aber ich darf Sie darauf hinweisen, dass gerade der Gebäudebestand in den neuen Ländern energetisch besonders hochwertig saniert ist, was nicht zuletzt daran liegt, dass wir dort in der Vergangenheit besonders viele Sanierungen durchgeführt haben. Insofern kann ich Sie beruhigen: In den neuen Ländern haben wir schon einen sehr, sehr hohen energetischen Standard erreicht. Das sollte uns alle eigentlich froh und glücklich machen. Vizepräsidentin Petra Pau: Für eine weitere Nachfrage hat die Kollegin Iris Gleicke das Wort. Iris Gleicke (SPD): Lieber Herr Minister, auch wenn wir die Erfolge durchaus anerkennen und uns darüber freuen, möchte ich noch einmal auf etwas hinweisen - der Kollege Tempel und die Kollegin Kolbe haben schon danach gefragt -: Wir wissen aus verschiedensten Studien in den letzten Jahren, dass die Einkommensunterschiede, von denen auch ich vorhin geredet habe, Ursache für Abwanderung sind und deshalb den Fachkräftemangel in Ostdeutschland besonders deutlich zutage treten lassen. Da sich die Bundesregierung jetzt als so lernfähig erweist, der jahrelangen Forderung eines Mindestlohnes insofern nachkommen zu wollen, dass man eine Lohnuntergrenze einführen will, möchte ich Sie gerne etwas dazu fragen. Diese Lohnuntergrenze soll sich nach Ihrer eigenen Lesart am Mindestlohn von 7,01 Euro im Osten und 7,89 Euro im Westen orientieren. Das ist eine Festschreibung des Lohnunterschiedes bei einer Lohnuntergrenze. Halten Sie das für gerechtfertigt, oder ist das nicht die Verschärfung des Problems und damit eben doch der Ausstieg aus der Zielsetzung "Angleichung der Lebensverhältnisse"? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Liebe Frau Gleicke, anders als in kommunistischen und sozialistischen Systemen werden Löhne in Deutschland nicht durch ein Gesetz vorgegeben, (Iris Gleicke [SPD]: Lohnuntergrenze!) sondern es gibt sogenannte Tarifpartner, nämlich die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Mindestlöhne in England! Sozialistisches Land?) Beide verhandeln über Tarifverträge - übrigens sehr erfolgreich seit vielen Jahrzehnten -, nach denen die Bezahlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgt. Diese Tarifverträge sind auch danach ausgerichtet, dass die Zukunftsfähigkeit der Arbeitsplätze vor Ort und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der jeweiligen Branche sichergestellt werden können. Wir haben nicht vor, an dieser erfolgreichen Art, Löhne und Tarife zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland auszuhandeln, etwas zu ändern. (Beifall des Abg. Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP] - Ulrich Kelber [SPD]: Wer ist denn "wir"? Die Bundesregierung? - Wolfgang Tiefensee [SPD]: Wer ist "wir"? - Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Die Bundesregierung hat keine Ahnung!) - "Wir" ist die Bundesregierung. Vizepräsidentin Petra Pau: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind zurzeit in der Fragestunde und nicht im Dialog. Gestatten Sie mir einen kurzen geschäftsleitenden Hinweis: Mir sind noch drei Wortmeldungen zum Thema der heutigen Kabinettssitzung signalisiert worden; weitere Wortmeldungen zur Regierungsbefragung liegen nicht vor. Wir verlängern die Befragung der Bundesregierung um die dafür benötigte Zeit und kürzen die folgende Fragestunde. - Das Wort hat die Kollegin Daniela Kolbe. Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: An mich, Frau Kollegin? Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD): An Sie, Herr Minister. Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Sehr schön, da freue ich mich. Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD): Wir versuchen es weiter. - Das mit den Mindestlöhnen oder wie auch immer Sie das nennen, müssen Sie natürlich bei sich klären. (Christian Ahrendt [FDP]: Fragen!) Bitte nehmen Sie aber zur Kenntnis, dass Mindestarbeitsbedingungen durchaus nicht nur zwischen den Tarifpartnern ausgehandelt werden, sondern sehr oft auch in Gesetzen festgeschrieben sind. Das ist also kein sehr gutes Argument. Ich möchte noch einmal auf die Lohnunterschiede und den Fachkräftemangel zurückkommen. Sie haben hier immer sehr ausweichend geantwortet und so getan, als sei das ein Grund unter vielen. Ich rate Ihnen, sich zum Beispiel einmal im Erzgebirge umzuschauen, wo schon jetzt über einen massiven Fachkräftemangel geklagt wird. Die dortigen Unternehmer hatten sich erhofft, dass von der Arbeitnehmerfreizügigkeit ein Impuls ausgeht und Zuwanderung stattfindet. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Regionen mit niedrigen Löhnen überhaupt keine Wirkung entfaltet hat, dass es dort auf diesem Wege keine Zuwanderung gegeben hat, weil die Personen direkt in andere Regionen wandern, und dass der Fachkräftemangel durchaus etwas mit Löhnen zu tun hat? Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Frau Kollegin, ich weiß jetzt nicht, aus welcher Region Sie kommen. Aber wenn Sie nicht direkt aus dem Erzgebirge kommen, dann vermute ich, dass ich mich dort schon öfter umgeschaut habe als Sie. (Lachen bei der SPD - Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Das glaube ich nicht!) Ich kann Ihnen sagen: Es ist natürlich ein großes Problem, das sich in vielen Bereichen ein Fachkräftemangel abzeichnet, insbesondere im Bereich des Handwerks, dass viele Unternehmen und Betriebe nach Lehrlingen suchen. Laut der Statistik, die in dieser Woche veröffentlicht wurde, können viele offene Lehrstellen nicht besetzt werden. Das ist ein generelles Problem; das ist überhaupt keine Frage. Deswegen müssen wir alles tun, um unsere jungen Leute optimal zu qualifizieren, die Schulabbrecherquote zu reduzieren, soweit das geht, und die Potenziale zu nutzen. Wir müssen uns allerdings auch mit der Tatsache abfinden, dass der demografische Wandel eben so ist, wie er ist, dass in 50 Jahren insgesamt 17 Millionen Menschen weniger in Deutschland leben werden und dass von den dann 65 Millionen Menschen im Schnitt viele erheblich älter als heute sein werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Manfred Grund. Manfred Grund (CDU/CSU): Herr Minister, ich möchte der guten Ordnung halber darauf hinweisen, dass es entgegen der hier verbreiteten Meinung in Deutschland in zehn Tarifbranchen Mindestlöhne gibt, die durch die Regierung für allgemeinverbindlich erklärt wurden. Diese Mindestlöhne gelten bindend für 4,5 Millionen Arbeitnehmer in Gesamtdeutschland. Wir wären alle viel weiter, wenn in den sieben Jahren rot-grüner Regierung auch nur ein Mindestlohn für allgemeinverbindlich erklärt worden wäre. Da haben Sie ein riesiges Manko. (Iris Gleicke [SPD]: Das ist nicht Ihr Ernst!) Ich möchte gerne auf etwas hinweisen. Herr Minister, Sie sprachen von einer Arbeitslosenquote von 7,8 Prozent in Thüringen, die damit genau so niedrig wie in Nordrhein-Westfalen ist. Es gibt in Ihrem Bericht durchaus ein Manko: Bei einer Arbeitslosenquote von 7,8 Prozent in Thüringen sind dort bezogen auf 100 Beschäftigungsfähige wesentlich mehr Menschen in Beschäftigung als in Nordrhein-Westfalen und auch als in Süddeutschland. Das hat etwas mit der Arbeitsplatzdichte in den neuen Ländern, besonders in Thüringen und Sachsen, zu tun. (Iris Gleicke [SPD]: Was ist mit den Pendlern?) Vielleicht könnte das beim nächsten Jahresbericht etwas stärker herausgearbeitet werden, damit diese freudige Nachricht nicht nur bei der Opposition, sondern auch im Lande verbreitet wird. (Zustimmung bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Herr Grund, ich teile Ihre Beurteilung des kläglichen Ergebnisses der rot-grünen Regierung in Bezug auf Mindestlöhne. (Sönke Rix [SPD]: Unglaublich! - Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Unglaublich!) Ich gebe zu, dass wir die Dichte der Beschäftigung, also die Erwerbsquote vor Ort, gesondert auswerfen könnten, weil das natürlich ein Hinweis darauf ist, dass wir das Potenzial dort offenkundig noch besser als in anderen Bereichen nutzen. Es muss gemeinsam unser Ziel sein, das Potenzial in Deutschland zu nutzen, bevor wir nach Potenzial von außen rufen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Frage stellt der Kollege Volkmar Vogel. Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU): Herr Minister, Sie haben gesagt: Die Entwicklung der Infrastruktur im Allgemeinen und die Verkehrsprojekte "Deutsche Einheit" im Besonderen sind eine Erfolgsgeschichte für unser Land und insbesondere ein Segen für diejenigen, die in den ostdeutschen Bundesländern leben. Wir haben einen enormen Erfahrungsschatz gesammelt, insbesondere wenn es um die beschleunigten Verfahren geht, wenn es darum geht, etwas schnell umzusetzen. Die DEGES GmbH hat sich dafür über die Jahre bewährt. Sie haben das immer positiv begleitet. Wie sehen Sie die Chancen und Möglichkeiten, jetzt diesen enormen Erfahrungsschatz vor allen Dingen in den westdeutschen Bundesländern einzusetzen, wo es einen enormen Nachholbedarf gibt? Gerade vor dem Hintergrund, dass Planungsverfahren da über einen unendlich langen Zeitraum gelaufen sind, können die Erfahrungen, die wir über die letzten 20 Jahre gesammelt haben, eingesetzt werden. Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Das ist absolut richtig. Vor allem die 17 Verkehrsprojekte "Deutsche Einheit" haben einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau in den neuen Ländern und zu dieser wirklich hervorragenden, auch ökonomischen Entwicklung geleistet, die wir jetzt sehen. Die Erfahrungen, die man gemacht hat - das war von Anfang an anders konzipiert als das, was wir in den alten Bundesländern an Verwaltungsstrukturen kannten -, sind natürlich ein wichtiger Schatz. Ich denke, dass das Vorbild für manche Landesregierung sein wird, die entscheiden muss, wie sie künftig ihre Strukturen organisieren will. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Herr Minister. Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des Innern: Frau Präsidentin, es war mir eine Freude. Vizepräsidentin Petra Pau: Weitere Fragen oder sonstige Fragen an die Bundesregierung wurden mir nicht signalisiert. Ich beende die Befragung. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksachen 17/7583, 17/7613 - Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in der Fragestunde gilt die Ein-Minuten-Regel für Fragen und Antworten. Bei der ersten Antwort werden wir das Signal jedoch jeweils nicht auslösen. Dennoch bitte ich, auch bei der ersten Antwort die Minute möglichst nicht zu überziehen. Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nr. 10 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde die dringliche Frage auf Drucksache 17/7613 der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auf: Seit wann sind der Bundesregierung die Berechnungen der Landesregierung Baden-Württemberg bekannt, die offenbar bereits im Jahr 2009 von deutlich höheren Kosten für das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 ausging (vergleiche den Spiegel, Ausgabe 45/2011 vom 7. November 2011), und hat die Bundesregierung diese Angaben überprüft bzw. beabsichtigt sie, diese bis zum Volksbegehren am 27. November 2011 zu überprüfen? Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer zur Verfügung. Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Präsidentin! Hochgeschätzte Frau Kollegin Enkelmann, der Bundesregierung liegen keine internen Berechnungen des Landes Baden-Württemberg zu Stuttgart 21 vor. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Ihnen liegen also keine internen Berechnungen vor. Dennoch gibt es eine ganze Reihe von Pressemeldungen, die darauf aufmerksam machen - und im Übrigen von der baden-württembergischen Regierung bisher nicht dementiert worden sind -, dass es nahezu eine Verdoppelung der Kosten geben wird. Die Frage ist: Wer trägt diese Mehrkosten, die entstehen? Es geht immerhin um die Volksabstimmung am 27. November, und ich finde, die Bürgerinnen und Bürger sollten schon vor dieser Volksabstimmung wissen, was tatsächlich auf sie zukommt. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Kollegin Enkelmann, ich will hervorheben, dass sich die Bundesregierung nicht in die organisatorischen Fragen und die Neuorganisation einer Landesregierung einmischt. Somit kann ich auch Ihre Bemerkung nicht kommentieren. Ich möchte auch noch einmal hervorheben, dass Stuttgart 21 ein Projekt der Stadt Stuttgart, des Landes Baden-Württemberg und der DB AG ist, nicht des Bundes. Wir haben die Verpflichtung, wichtige Infrastrukturprojekte in Baden-Württemberg, beispielsweise bei der Zulieferstrecke Wendlingen-Ulm, zu machen, aber bei dem Bahnhof selber haben wir an der Stelle keine vertragliche Verpflichtung. Von daher kann ich diese interne Berechnung aus dem Land Baden-Württemberg nicht kommentieren. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Frage, bitte. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, es gibt eine Finanzierungsvereinbarung zwischen der Bahn und dem Land. Der Bund ist nach wie vor 100-prozentiger Eigentümer der Bahn. Insofern gibt es natürlich eine Verantwortung des Bundes. So weit werden Sie mir sicher zustimmen. Bei einer Überprüfung des Kostenrahmens, wenn der Kostenrahmen der Finanzierungsvereinbarung überschritten wird, wäre es zum Beispiel noch 2009 möglich gewesen, das Projekt insgesamt zu stoppen. Wie hat der Bund seine Verantwortung in dieser Frage wahrgenommen? Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Kollegin Enkelmann, Sie haben den breiten Dialogprozess gerade bei der Schlichtung zu Stuttgart 21 verfolgt, bei der sich die Diskussion immer wieder um die Zahlen gedreht hat. An den Diskussionen um die Kosten war der Bund nicht beteiligt. Deswegen verweise ich noch einmal darauf, dass die Verantwortlichen der DB AG die Kostenstruktur für Stuttgart 21 mit den Vertragspartnern Stadt Stuttgart und Land Baden-Württemberg immer gemeinsam berechnet haben, vor allem auch vor der letzten Landtagswahl. Ich verweise darauf, diese Stellen zu fragen und nicht in dieser Fragestunde den Bund zu fragen, der außerhalb dieses Vertragsverhältnisses ist. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Der Eigentümer der Bahn ist!) Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Roland Claus. Roland Claus (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, soeben hat das Bundesfinanzministerium dem Haushaltsausschuss mitgeteilt, dass sich die Baukostenzuschüsse für den Bund für die Bahnstrecke Wendlingen-Ulm mehr als verdoppeln und fast 1 Milliarde Euro mehr betragen. Wie lässt sich so etwas erklären? Hat die Bundesregierung hier mitgetrickst, oder war sie so ahnungslos? Beides würde nicht sehr für sie sprechen. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herr Kollege Claus, mit Empörung weise ich den Begriff "tricksen" zurück. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wie nennt man das anders?) Die Bundesregierung trickst nie und wird sich vor allem die Kostenstruktur für die Strecken ganz genau anschauen. Es gab dazu mehrere Berichte, auch unter der Leitung des Vorgängers im Hause. Bundesminister a. D. Tiefensee war vorhin bei der Regierungsbefragung anwesend. Wir haben immer transparent und offen mit dem zuständigen Fachausschuss, dem Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, agiert. Das war in rot-grüner Zeit so, das ist jetzt unter der christlich-liberalen Regierung so. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: 1 Milliarde mehr!) Dazu haben wir mehrfach Berichte abgegeben. (Roland Claus [DIE LINKE]: Ein Tag vor der Bereinigungssitzung! Das ist doch nicht transparent!) Von daher ist es völlig klar, dass die Kosten für den Bau der Strecke, wozu der Bund verpflichtet ist, auch transparent sind. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Volker Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, ich begrüße es, dass Sie für die Bundesregierung in Anspruch nehmen, nicht zu tricksen. Deshalb hoffe ich auch, dass Sie die Frage offen beantworten und nicht mit einem Trick versuchen, auszuweichen. Die Kollegin Enkelmann hat in ihrer Frage einen Artikel des Spiegel zitiert, in dem davon die Rede ist, dass bereits im Jahr 2009 Erkenntnisse vorlagen, dass sich die Kosten erheblich erhöhen. 2009 ist eine Weile her. Deshalb könnte es sein, dass die Bundesregierung dem inzwischen nachgegangen ist. Können Sie die Angaben des Spiegel dementieren, dass es seit 2009 eine solche Erkenntnis gibt, nämlich dass diese Erhöhung der Kosten bevorsteht? Oder können Sie den Bericht bestätigen? Eines von beiden sollten Sie jetzt tun, wenn Sie nicht tricksen. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herr Kollege Beck, diese Frage könnten Sie beispielsweise dem baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann - in Klammern: Grüne - stellen. Noch hat die Bundesregierung keine Kenntnis über die Archive in einem Landesministerium, weil an diesem Bauprojekt der Bund an der Stelle als Vertragspartner nicht beteiligt ist. Deswegen noch einmal: Dies ist ein Thema, das in Baden-Württemberg geklärt wird. Dort liegen die Akten. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Es geht auch um den Anteil des Bundes! 1 Milliarde mehr!) Wir haben den Prozess stets begleitet, weil wir von dem Bauprojekt, was die Strecken angeht, abhängig sind. Zu den internen Berechnungen haben wir aber keine Angaben, und wir wissen nicht, ob es die gibt oder ob die Meldung des Spiegel korrekt ist. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Sie haben das jetzt in den Haushalt eingebracht!) Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Hofreiter. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei dem Projekt handelt es sich unzweifelhaft um ein Projekt der DB AG. Die DB AG befindet sich im 100-prozentigen Eigentum des Bundes. Wenn man sich Verfassungsgerichtsurteile aus Bayern und NRW anschaut und wenn man die aktuelle Literatur betrachtet, dann stellt man fest, dass Unternehmen, die sich zu 100 Prozent in öffentlicher Hand befinden, wie Behörden zu behandeln sind. Das heißt, das Fragerecht, das wir hier haben, bezieht sich auch auf die DB AG. Deshalb meine Frage: Liegen der Bundesregierung - sie ist im Aufsichtsrat auf Arbeitgeberseite vertreten - oder auch nur dem Aufsichtsrat Kenntnisse vor, dass es zu entsprechenden Kostensteigerungen kommt? Ja oder nein? Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herr Kollege Hofreiter, der Bundesregierung liegen interne Berechnungen des Landes Baden-Württemberg definitiv nicht vor. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das war jetzt nicht die Frage!) Das habe ich bei der Antwort auf die Ausgangsfrage von Frau Enkelmann schon erwähnt. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie die Frage beantworten?) Vielleicht hat die Nervosität, die durch die Meldungen in den Medien ausgelöst wurde, auch damit zu tun, dass am 27. November ein Bürgerentscheid in Baden-Württemberg stattfindet. So werte ich auch die Fragen bei dieser dringlichen Frage in dieser Fragestunde. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Die Bürger wollen wissen, was auf sie zukommt! Berechtigt! - Dr. Anton Hofreiter [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe nicht nach dem Spiegel-Artikel gefragt! Ich habe nach Kostensteigerungen gefragt!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Schlecht. Michael Schlecht (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, am 30. Juni dieses Jahres ist im Deutschen Bundestag ein Antrag von uns mit den Stimmen der Regierungskoalition und in Tateinheit mit der SPD abgelehnt worden. Dieser Antrag zielte darauf ab, dass die Bundesregierung bzw. die Bahn dazu verpflichtet werden sollte, eine Überschreitung eines Kostenrahmens von 4,5 Milliarden Euro nicht zu tragen. Das heißt im Klartext: Mit dem Beschluss vom 30. Juni sagt die Regierungskoalition mit der SPD hier im Hause, man solle bereit sein, über 4,5 Milliarden Euro hinauszugehen. Diese Entscheidung vom 30. Juni löst natürlich eine gewisse Irritation und Nervosität aus. Man fragt sich, wie sich die Kosten am Ende entwickeln sollen, wenn hier im Hohen Hause eine derartige Bereitschaft besteht, unkonditioniert Kostenüberschreitungen, über diese 4,5 Milliarden Euro hinaus, hinzunehmen. Insofern meine Frage: Müssten Sie sich denn nicht intensiver um diese Kostenberechnung kümmern und versuchen, sie nachzuvollziehen? Denn Sie stehen hier in der Verantwortung für die DB AG und würden nach diesem Petitum vom 30. Juni die Last haben, auch über 4,5 Milliarden Euro zu bezahlen. Sie können diese Kosten doch nicht in unverantwortlicher Weise sozusagen einfach ins Uferlose laufen lassen. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herr Kollege, es ist mir neu, dass ich jetzt Sprecher der DB AG bin. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Mitglied der Bundesregierung!) Ich sitze auch nicht in deren Aufsichtsrat; vielmehr sitzt die Bundesregierung dort, Vertreter mehrerer Häuser - klar. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie antworten für die Bundesregierung!) Wie unterschiedlich allein die Meinungen in der Landesregierung Baden-Württemberg sind, sieht man zum einen an der Haltung des Partners Grüne und zum anderen an der Haltung des Partners SPD. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wir reden über den Bund hier, über die Bundesregierung!) Noch einmal die klare Aussage: Uns liegen keine internen Berechnungen vor. Es ist nichts anderes gemeldet. Die Kosten sind beim Schlichtungsverfahren transparent besprochen worden. Da hat jeder Bürger die Möglichkeit gehabt, sich noch einmal ein genaues Bild zu machen. Daher geht die Bundesregierung davon aus, dass die Berechnungen korrekt sind, die dem Verkehrsausschuss vormals immer wieder vorgestellt wurden. Somit gehen wir in den weiteren Dialog um die Strecken, die um den Bahnhof ertüchtigt oder ausgebaut werden müssen. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Herr Staatssekretär. Erstens. Ich erlaube mir noch einmal, auf die Ein-Minuten-Regelung hinzuweisen. Zweitens. Ich habe sehr wohl gesehen, dass es weiteren Informations- und Fragebedarf gab. Aber es ist so, dass jeder Kollege, der nicht selbst Fragesteller war, nur eine Nachfragemöglichkeit hat. - Damit ist die dringliche Frage beantwortet. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Nein, beantwortet ist sie nicht!) - Das liegt jetzt in Ihrer Beurteilung. Ein solches Urteil steht mir hier nicht zu, Kollegin Enkelmann. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Okay, Frau Präsidentin!) Wir kommen jetzt zu den mündlichen Fragen auf Drucksache 17/7583 in der üblichen Reihenfolge. Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Christian Schmidt zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Rainer Arnold aus der SPD-Fraktion auf: Welchen militärischen Beitrag leistet die Bundeswehr nach Umsetzung der Bundeswehrreform im Rahmen der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zusätzlich zu der Beteiligung an den EU-Battle-Groups? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Kollege Arnold, Ihre Frage enthält zwei Elemente, die ich bei der Beantwortung in den Mittelpunkt stellen möchte. Erstens: Welchen militärischen Beitrag leistet die Bundeswehr nach der Umsetzung der Bundeswehrreform? Ich gehe davon aus, dass Sie durch Ihre Frage erfahren möchten, ob sich durch die Bundesreform etwas verändert. Antwort: Nein. Zweitens: Welche Beiträge leisten wir zusätzlich zu der Beteiligung an den EU-Battle-Groups? Dies führt jenseits der nationalen Initiativen und Beiträge zur Frage der weiteren Entwicklung der Battle Groups auf europäischer Ebene. Sie wissen, dass wir 2010 die Headline Goals in einer Bewertung angepasst haben. Hier sind wir grundsätzlich bereit, über die Battle Groups hinaus mit bis zu 10 000 Soldaten - im Rahmen der Bundeswehrreform - Beiträge zu leisten, also den Verpflichtungen darüber hinaus gerecht zu werden. Es gibt noch einen weiteren Punkt unter mehreren, den wir sehr intensiv im Auge behalten: Das ist die Frage der Fähigkeit der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Initiativen militärischer Art selbstständig zu führen. Eine Initiative des Weimarer Dreiecks, bestehend aus Frankreich, Polen und der Bundesrepublik Deutschland, zielt deswegen darauf, auch die Führungsfähigkeit im Sinne von Hauptquartiersstrukturen auf europäischer Ebene zu verbessern. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Ihre erste Nachfrage. Rainer Arnold (SPD): Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Staatssekretär, führt die jetzige Reform der Bundeswehr also nicht zu einer Stärkung der Fähigkeiten, die Deutschland auf europäischer Ebene einbringen kann. Führt sie zu einer Schwächung der Fähigkeiten gerade in den Bereichen, in denen in Europa sowieso Mangel besteht, zum Beispiel im Bereich der Hubschrauber, zum Beispiel im Bereich der Aufklärung? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Sie wissen, dass wir für den Aufgabenbereich der internationalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung nun den Richtwert von 10 000 Soldatinnen und Soldaten festgelegt haben; das wird auch in den Verteidigungspolitischen Richtlinien vom 18. Mai dieses Jahres genannt. Diese sind nicht exklusiv für europäische Krisenreaktionen, aber auch für diese vorgesehen. Deswegen muss ich sagen: Durch die Reform an sich verändert sich insofern nichts, weil sich diese Grundlage bereits in den Verteidigungspolitischen Richtlinien wiederfindet. Eine Schwächung kann ich ausschließen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die zweite Nachfrage, bitte. Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekretär, der Richtwert von 10 000 Soldatinnen und Soldaten ist natürlich geringer als bisher. Wir hatten sogar schon 11 000 in der internationalen Krisenbewältigung eingesetzt. Daran angeschlossen, dass wir feststellen, dass die Fähigkeiten zumindest nicht gestärkt, sondern, wie wir fürchten, eher geschwächt werden: Gibt es Bemühungen und das Engagement der Bundesregierung, die politischen Prozesse in Europa, die aus unserer Sicht den militärischen Fähigkeiten sogar nachhängen, stärker in Gang zu bringen? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ja. - Zunächst zu den Unterschiedlichkeiten zwischen den 18 000 Soldatinnen und Soldaten, die die Battle-Group-Grundlage im Rahmen der Headline Goals - auf Deutsch: Überschriftziele - bilden, und den 10 000 Soldatinnen und Soldaten, die wir für Krisenreaktionen zur Verfügung stellen. Das ist kein Widerspruch in sich. Denn die 18 000 Soldatinnen und Soldaten werden sich nicht nur auf das, was in früheren Planungen als Krisenreaktions- und Eingreifkräfte bezeichnet worden ist, beschränken, sondern sich auf das gesamte Spektrum des Personals beziehen. Ich teile den Hinweis in Ihrer Frage, dass eine politische Grundlegung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik prioritär ist und dass hieran gearbeitet werden muss. Das hat sich in den letzten Jahren insbesondere unter den schwedischen und spanischen EU-Präsidentschaften hin zu den Dokumenten entwickelt, die wir Ende des Jahres 2010 als Grundlage für die weitere politische Entwicklung verabschiedet haben. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Kollegin Inge Höger hat eine weitere Frage. Inge Höger (DIE LINKE): Herr Staatssekretär Schmidt, ich habe eine Frage: Plant die Bundesregierung, in Zukunft das Prozedere für die Mandatierung von EU-Battle Groups zu verändern, um eine schnellere Einsatzmöglichkeit zu gewährleisten? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: An eine Veränderung auf europäischer Ebene wird bisher nicht gedacht; aber es ist in der Tat richtig, dass wir uns bemühen, im Rahmen der Strukturen Verlässlichkeit bei der Aufstellung von Battle Groups, die im Halbjahresturnus wechseln, zu gewährleisten. Für die nächsten Jahre zeichnet sich hier eine recht gute Beteiligung einzelner Mitgliedstaaten der EU ab. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Rolf Mützenich. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer Antwort darauf hingewiesen, dass die Bundeswehrreform ein sehr umfänglicher Prozess ist, der unterschiedliche Gedanken, aber auch unterschiedliche Akteure beinhaltet. Deswegen haben Sie mich zu dieser Frage sozusagen hingeführt. Mich würden in diesem Zusammenhang Berichte darüber interessieren, dass Sie und offensichtlich auch der Bundesverteidigungsminister mit der Rüstungsindustrie darüber gesprochen haben, dass die Fragen, die die Bundeswehrreform hier in Deutschland betreffen, möglicherweise entsprechende Auswirkungen im europäischen, aber auch im außereuropäischen Raum haben. Nun ist es in der Tat so, dass der Bundesverteidigungsminister der Rüstungsindustrie zugesichert hat, mit diesen Maßnahmen in Zukunft flexibler umzugehen, was Rüstungsexporte betrifft. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Präsidentin, ich werde mir sehr große Mühe geben, die Bezüglichkeit dieser Zusatzfrage zu dem vom Kollegen Arnold angesprochenen Themenkomplex irgendwo zu erahnen oder zu erfühlen, obwohl mir das sehr schwer fällt. (Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Vielleicht können Sie trotzdem antworten!) Es kam im Hinblick auf die Feststellung, dass wir uns europaweit bezüglich der Fähigkeiten, der sogenannten Assets, in eine gewisse Übereinstimmung bringen müssen, in der Tat zur Gent-Initiative, zum sogenannten Pooling and Sharing - Frau Präsidentin, ich bitte zu entschuldigen, dass ich die englische Begrifflichkeit verwende; sie hat sich leider eingebürgert -, also zum Teilen und gemeinsamen Nutzen. Dies findet unsere Unterstützung auch dadurch, dass wir seitens der Bundeswehr bereit sind, unsere Fähigkeiten - das bezieht sich auch auf überschüssiges Material - in eine europäische Struktur einzubringen. Alle anderen Fragen sind, wie ich glaube, hier nicht betroffen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 2 auf, ebenfalls vom Kollegen Rainer Arnold gestellt: Welche Auswirkungen hat die Neuausrichtung der Bundeswehr auf Auftrag und Aufgaben der Reservisten, und wie wirkt sich dies auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Reservisten aus? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Frage nach den Auswirkungen der Neuausrichtung auf das Reservistenkonzept ist sehr berechtigt. Wir sind gerade in den abschließenden Beratungen und Bewertungen über die endgültige Fassung der neuen Konzeption. Diese wurde dem Lenkungsausschuss schon vorgelegt. Wir werden sie in Kürze dann auch präsentieren und wollen sie auch diskutieren. Der Reservistenverband hält in dieser Woche seine Bundesdelegiertenversammlung ab. Da wird es sicherlich Gelegenheit geben, sich über diese Frage auszutauschen. Es ist zum einen klar, dass das Reservistenkonzept nicht unberührt bleiben kann, weil wir aufgrund des Wegfalls der Wehrpflicht flexible und attraktive Angebote für Reservisten schaffen müssen. Zum Zweiten soll allen interessierten und geeigneten Reservistinnen und Reservisten in größerem und verbindlicherem Maße als bisher die Chance gegeben werden, sich in den neu aufzustellenden regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräften - so lautet der Arbeitstitel - zu engagieren. Wir werden deswegen den Auftrag des Heimatschutzes an sehr prominenter Stelle verankern. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte. Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekretär, Sie selbst haben davon gesprochen, dass der Reservistenverband Ende der Woche seine Tagung abhält. Diese findet ja nur alle vier Jahre statt. Meinen Sie nicht, es wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, wenn der Minister sein Konzept in diesem großen Plenum, das ja nur alle vier Jahre zusammenkommt, erläutern und die Tradition seiner Vorgänger, bei dieser Tagung selbst präsent zu sein, fortführen würde? Oder können Sie erklären, warum der Minister die Möglichkeit zur Diskussion auf dieser Tagung nicht wahrnimmt? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Es handelt sich um gute Gründe. Es liegt allerdings nicht daran, dass die Bedeutung und Wichtigkeit des Reservistenverbandes nicht gewürdigt werden. Bescheiden darf ich sagen: Ich werde mit meinem kleinen Beitrag, nämlich einer Rede am Freitagnachmittag, als der gemeinsam mit dem militärisch Zuständigen, Generalleutnant Weiler, im Hause Verantwortliche versuchen, das eine oder andere durchaus Substanzielle zu dieser Frage beizutragen. Ich hoffe jedenfalls, dass das vom Reservistenverband auch so gesehen wird und es zu einer weiteren Zusammenarbeit kommt. Es wird bei weiteren Gelegenheiten - im Vorlauf war das ja auch schon der Fall - die Möglichkeit bestehen, sowohl im Parlament als auch mit den beteiligten Verbänden, insbesondere dem Reservistenverband, dieses Konzept zu diskutieren. Wir werden dann in der Tat sehr zügig zu einer endgültigen Entscheidung kommen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekretär, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Aufgaben der Reservisten verändern werden und zumindest in Teilbereichen die Bedeutung, die ihnen zukommt, eher zunimmt. Wie können Sie sich angesichts dessen erklären, dass in der aktuellen Reservistenarbeit viele Aufgaben, die die Reservisten haben, und viele kleine Übungen letztlich nicht wahrgenommen oder abgehalten werden können, weil dort mal 100 und da mal 500 Euro für die entsprechenden Vorhaben nicht zur Verfügung stehen? Was haben Sie im laufenden Haushaltsjahr getan, um diesen gravierenden Missstand abzustellen? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Das sind Fragestellungen, die im Einzelnen zu betrachten und zu verfolgen sind. Manchmal stellt sich heraus, dass mit gutem Willen Dinge zu korrigieren sind. Manchmal stellt sich heraus, dass der entsprechende Haushaltsrahmen dieses nicht hergibt. Wir haben darauf geachtet, dass die Reservistenarbeit zukünftig eher gestärkt wird. Wie sich das haushalterisch im Einzelnen niederschlagen wird, wird zu sehen sein. Ich hoffe und bin mir sicher, dass ich auch die Unterstützung des Parlaments in dieser Frage habe. Wir müssen natürlich über die nächsten Jahre hinaus betrachten, wie die Umsetzung des Konzepts, das Gegenstand dieser Frage ist, finanziell, personell und übrigens auch strukturell untermauert werden kann. Im Zusammenhang mit den geplanten regionalen Unterstützungsgruppen müssen wir mehr als bisher gemeinsam mit der Truppe dislozieren. Vizepräsidentin Petra Pau: Die erste Nachfrage stellt die Kollegin Inge Höger. Inge Höger (DIE LINKE): Herr Staatssekretär Schmidt, heißt das Letztgenannte, dass im Zuge der Bundeswehrreform Reservisten in Zukunft verstärkt im Ausland eingesetzt werden sollen? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Das gibt mir Gelegenheit, Frau Kollegin, den vielen Reservisten zu danken, (Christoph Schnurr [FDP]: Richtig!) die sich bisher in der Tat in sehr großem Ausmaß an Auslandseinsätzen der Bundeswehr beteiligen. Wir wollen dies natürlich auch zukünftig. Die Verwendung orientiert sich an den spezifischen Fähigkeiten des Einzelnen. Aber die Beteiligung von Reservisten an Auslandseinsätzen ist in diesem Zusammenhang keiner veränderten Betrachtung zu unterziehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Beck. Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, die Frage der Kollegin Höger und Ihre Antwort geben mir Gelegenheit, auf den wichtigen Beitrag hinzuweisen, den Reservisten im Augenblick auch für unsere Soldaten im Einsatz leisten. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wir sind jetzt aber in der Fragestunde!) Wir hatten schon Zeiten, in denen 15 Prozent der im Einsatz befindlichen Soldaten Reservisten waren; im Augenblick ist die Zahl wesentlich niedriger. Ich hoffe, dass der Auslandseinsatz für qualifizierte Reservisten auch in Zukunft eine wichtige Aufgabe sein wird. Meine Fragen beziehen sich auf zwei Bereiche. Herr Staatssekretär, können Sie mir erstens bestätigen, dass die haushalterischen Zuweisungen an den Reservistenverband über Jahre hinweg gleichgeblieben sind und jetzt sogar eine geringe Steigerung erfahren, und können Sie mir zweitens bestätigen, dass in der neuen Struktur, die sich im Augenblick in der Feinausplanung befindet, neue Aufgaben für die Reservisten in einem erheblichen Umfang im Bereich des Katastrophenschutzes und des Heimatschutzes vorgesehen sind? - Vielen Dank. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, dies kann ich bestätigen. Relativ gesehen wird sich dadurch ein noch stärkerer Aufwuchs ergeben. Vizepräsidentin Petra Pau: Die folgenden Fragen befassen sich mit der Entscheidung bezüglich der Verteilung der Arbeitsplätze im Bundesministerium der Verteidigung in Bonn und Berlin. Ich rufe die Frage 3 des Kollegen Paul Schäfer, Fraktion Die Linke, auf: Wird es über die endgültige Verteilung der Arbeitsplätze im Bundesministerium der Verteidigung, BMVg, in Bonn und Berlin eine Kabinettsentscheidung geben, und, wenn ja, wann sollen diese Pläne im Kabinett beraten werden? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, es wird keine Kabinettsentscheidung geben. Eine Kabinettsbefassung ist für solche organisatorischen Maßnahmen nicht vorgesehen. Die Verteilung der Dienstposten auf die Dienstorte Bonn und Berlin wird unter Zugrundelegung der entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen durch das Bundesministerium der Verteidigung getroffen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Lieber Herr Staatssekretär, ich habe mit meiner Frage in der Tat darauf abgehoben, welche Bedeutung Sie der Verlagerung von Dienstposten eines Schlüsselministeriums in diesem Umfang zumessen. Offensichtlich ist die Entscheidung, den ersten Dienstsitz in Bonn zu belassen, keine Ressortentscheidung gewesen. Vielmehr gab es dazu eine enge Rückkopplung mit der Kanzlerin, wie man hört. Das eine ist die Symbolentscheidung: die Entscheidung, dass Bonn erster Dienstsitz bleibt. Aber jetzt geht es um das Eingemachte. Da sagen Sie, wenn ich Sie richtig verstanden habe, das sei eine Entscheidung des Ressortministers. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: In der Tat, Herr Kollege Schäfer: Das ist eine Entscheidung des Ressortministers. Ich glaube nicht, dass wir der Öffentlichkeit vermitteln könnten, dass Standortentscheidungen, die zum Teil sehr schwierig sind, im Rahmen eines Ressortkonzepts getroffen werden und dann das Bundesministerium, dem ich selbst angehöre, eine Sonderstellung erhalten sollte. Die Möglichkeiten ergeben sich aus den besonderen gesetzlichen Rahmenbedingungen, die es für die beiden Standorte Berlin und Bonn gibt. Diese müssen weiterhin beachtet werden. Allerdings erwächst daraus noch nicht die Notwendigkeit einer Befassung durch das Kabinett. Vizepräsidentin Petra Pau: Die zweite Nachfrage. Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, ich bin Ihnen dankbar für den Hinweis auf die gesetzlichen Grundlagen. Offensichtlich kann man nicht alles über einen Leisten schlagen: Die Verlagerung von Dienstposten - fast das komplette Ministerium ist davon betroffen - ist beispielsweise nicht mit Dienstpostenverlagerungen innerhalb der Region zu vergleichen. Es gibt nämlich das Berlin/Bonn-Gesetz. Meine Frage lautet daher: Stimmen Sie mir zu, dass diese gesetzliche Grundlage zu beachten ist und dass man diesen Fall deshalb gesondert behandeln muss? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Bundesregierung beachtet immer alle gesetzlichen Grundlagen. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer Nachfrage hat der Kollege Kelber das Wort. Ulrich Kelber (SPD): Herr Staatssekretär, das Berlin/Bonn-Gesetz enthält explizit die Vorgabe, dass die Mehrzahl der ministeriellen Arbeitsplätze der Bundesregierung in Bonn verbleiben soll. Sieht die Bundesregierung diese Vorgabe als rechtsverbindlich an, was die Handlungen von Einzelressorts betrifft? Werden Handlungen, die diese Vorgabe verdrehen würden, unterlassen? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, die Bundesregierung wird sich, wie ich schon gesagt habe, an die vom Deutschen Bundestag als Gesetzgeber festgelegten Bedingungen und Vorgaben natürlich halten. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen damit zur Frage 4 des Kollegen Paul Schäfer für die Fraktion Die Linke: Ist im Bundeskabinett bereits über die Rechtsauffassung des Bundesverteidigungsministeriums, dass auch nach einer Verlagerung des größten Teils der Arbeitsplätze des BMVg nach Berlin das Berlin/Bonn-Gesetz eingehalten wird, diskutiert worden, und, wenn ja, zu welcher Auffassung ist das Bundeskabinett gekommen? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Antwort zu dieser Frage ergibt sich aus meiner Antwort zu Ihrer Frage 3, Herr Kollege Schäfer. Es gibt keine entsprechende Auffassung des Kabinetts. Wir werden bei der Entscheidung über die Verteilung der Dienstposten natürlich das Berlin/Bonn-Gesetz beachten. Das Interesse des Kollegen Kelber an dieser Frage ist nachvollziehbar. Allerdings ist es so, dass wir eine effiziente und funktionsfähige Vertretung mit Blick auf die Beziehungen zum Parlament und auch zur Bundesregierung in der Bundeshauptstadt Berlin brauchen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte. Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, man kann über das Berlin/Bonn-Gesetz verschiedener Meinung sein, da gibt es unterschiedliche Auffassungen; aber es gilt nun einmal. Es gibt die Sollvorschrift, dass die Mehrzahl der Arbeitsplätze in Bonn bleiben muss. Jetzt stellt sich für mich die Frage: Wie weit wollen Sie, obwohl die Mehrzahl der Dienstposten schon heute in Berlin ist, diese Sollbestimmung dehnen und strapazieren? Durch eine weitere Verlagerung ergeben sich folgende konkrete Zahlen: Das Verhältnis würde sich von 8 : 9 auf 7 : 10 verringern. Ist das mit dieser Sollvorschrift noch in Einklang zu bringen? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich denke, dass wir, wie es bei vielen Gesetzen der Fall ist, auch bei diesem Gesetz unterschiedlicher Auffassung über die Auslegung sein können. Der Kerngehalt des Gesetzes ist aber, dass Bonn einen erheblichen Anteil an administrativer und Regierungstätigkeit behalten soll. Ich meine, dass die Bundesregierung wie auch die vorherigen Bundesregierungen dieser Anforderung sehr verantwortungsvoll nachgekommen sind. Es ist zu prüfen, inwieweit es eine Veränderung des Status quo, was die schiere Zahl der Personen angeht, gegeben hat. 1991 gab es diese Grundsatzentscheidung zu Berlin/Bonn. - Herr Kollege Kelber, der Vollständigkeit halber sage ich: In diesem Entscheidungsprozess hatte ich für Bonn gestimmt; (Ulrich Kelber [SPD]: Bleiben Sie bei der guten Erkenntnis!) nur um historisch korrekt zu sein. - Das heißt, dass wir angesichts des Rückgangs der Zahl der Beschäftigten im Bundesministerium der Verteidigung von circa 3 500 auf geschätzte 2 000 eine neue Bewertung durchführen müssen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Um es noch einmal zu sagen, Herr Staatssekretär: Zu dem Berlin/Bonn-Gesetz kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Meine Fraktion hat ja dazu eine bestimmte. Aber es geht hier auch um Vertrauensschutz für die Bürgerinnen und Bürger in der Region Bonn. Da ist meine Frage, ob Sie meinen, es sei in Ordnung, dass man das sozusagen schleichend aushöhlt und sukzessive die Mehrzahl der Arbeitsplätze verlagert, ohne dass man eine klare politische Entscheidung trifft. Meine Frage an dieser Stelle ist also: Wie halten Sie es mit dem Vertrauensschutz für die Bonnerinnen und Bonner? (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Die armen Bonner!) Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Er hat einen sehr hohen Stellenwert. (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: In dieser strukturschwachen Gegend! Die armen Bonner!) Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Kelber. Ulrich Kelber (SPD): Herr Staatssekretär, Sie haben eine Nachfrage herausgefordert, indem Sie zum einen gesagt haben, die Bundesregierung halte sich selbstverständlich an rechtliche Vorgaben, als Zweites gesagt haben, man müsse das alles im Rahmen einer Funktionalität sehen, und als Drittes gesagt haben, Gesetze könne man unterschiedlich auslegen. Wenn das Gesetz, über das wir gerade sprechen, das Berlin/Bonn-Gesetz, explizit sagt, dass die Mehrzahl der Arbeitsplätze am Standort Bonn verbleiben soll, und eine Verlagerungsentscheidung - nicht eine Verkleinerungsentscheidung, sondern eine Verlagerungsentscheidung - genau diese Vorgabe verletzt, ist das dann für Sie noch interpretierbar, oder wollen Sie als Bundesregierung diese Maßnahme dann unterlassen? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, ich denke, dass wir diese Frage in der konkreten Planung, in der wir uns gegenwärtig befinden, als Maßstab und Ausrichtungspunkt betrachten müssen. Es wird sich dabei zeigen, wie die gesetzliche Vorgabe auf das herunterzubrechen ist, was sich dann als wichtig erweist. Gestatten Sie, dass ich noch auf eines hinweise: Alle Bundesregierungen und alle Mitglieder dieses Hauses - ob sie aus Bonn, Berlin oder sonst woher kommen - haben die gemeinsame Aufgabe, den Aspekt der regionalen Verteilung, aber auch den der Funktionsfähigkeit und Funktionserhaltung der Bundesregierung und der Gremien zu betrachten. Ich nehme auch zur Kenntnis, dass der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages die Bundesregierung in gewissen Fragen rügt. Ich bekenne mich zum Berlin/Bonn-Gesetz. (Ulrich Kelber [SPD]: Ich habe nicht Sie persönlich gefragt, sondern die Bundesregierung!) - Die Bundesregierung bekennt sich auch dazu. Ich als Teil der Bundesregierung bekenne mich dazu. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Mützenich. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Lieber Herr Staatssekretär, weil Sie jetzt Ihre Sympathie für das Rheinland kundgetan haben, was ich von Geburt her nicht kritisieren darf und kann, würde ich Sie gerne Folgendes fragen: Sie haben ja in der Antwort auf eine Frage des Kollege Schäfer darauf hingewiesen, dass es keine Kabinettsbefassung geben muss, aber dass es letztlich einer besonderen Auslegung des Berlin/Bonn-Gesetzes bedarf. Ich gehe davon aus, dass das auch innerhalb der Bundesregierung so gesehen wird. Bedeutet Ihre Antwort, dass allein das Bundesverteidigungsministerium eine Auslegung des Berlin/Bonn-Gesetzes vorgenommen hat, oder waren auch andere Ressorts daran beteiligt? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Bundesregierung stellt sicher, dass die Auslegung des Gesetzes mit Buchstabe und Geist des Gesetzes in Einklang steht. Im Übrigen - wenn Sie mir diese Anmerkung noch gestatten -: Die Liebe zum Rheinland erwächst auch für einen Bayern schon daraus, dass, wie wir wissen, Clemens August ein Wittelsbacher war und diese Region - mit Ausnahme einer kleinen Erstürmung der Godesburg - (Ulrich Kelber [SPD]: Erstürmung! Die ist zerstört worden! Wir warten auf die Reparationszahlungen!) immer in guter Harmonie mit bayerischen Vertretern gelebt hat. Vizepräsidentin Petra Pau: Da sich die nächsten Fragen mit ebendiesem Gegenstand beschäftigen, werden wir sicherlich noch zu weiteren neuen gemeinsamen Erkenntnissen kommen. Ich rufe die Frage 5 des Kollegen Kelber aus der SPD-Fraktion auf: Wann will das BMVg endgültig über die Verteilung der Arbeitsplätze des BMVg in Bonn und Berlin entscheiden, und welche Arbeitsschritte sind bis dahin geplant? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Umsetzungsplanung für die Einnahme der Zielstruktur des BMVg ist derzeit in Erarbeitung, Herr Kollege. Bevor eine abschließende Entscheidung hierzu gefällt werden kann, werden die Personalvertretungen im dafür vorgesehenen rechtlichen Rahmen beteiligt. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte. Ulrich Kelber (SPD): Ist meine Information zutreffend, dass Staatssekretär Beemelmans in ministeriumsinternen Besprechungen der letzten Woche eine Entscheidung des Ministers für diese Woche angekündigt hat und für die Folgewoche eine wie auch immer geartete Kommunikation der Entscheidung? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Gestatten Sie mir den Hinweis, dass ich über ministeriumsinterne Gespräche grundsätzlich keine Auskünfte erteile. Vizepräsidentin Petra Pau: Zweite Nachfrage? - Sie verzichten. Dann rufe ich die Frage 6 auf, ebenfalls gestellt vom Kollegen Kelber: Nach welchen Kriterien will das BMVg entscheiden, welche Abteilungen und Referate des Hauses nach Berlin umziehen sollen, und in welcher Form werden dabei die sozialen Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigt? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Der Bundesminister der Verteidigung wird über die Aufteilung der Dienstposten auf die beiden Dienstsitze so entscheiden, dass die Funktionsfähigkeit des Ministeriums bestmöglich gewährleistet wird. Dies ist der Maßstab, an dem sich alle organisatorischen Maßnahmen ausrichten. Die Entscheidungen zur Struktur und zum Standort des Ministeriums werden - auch das ist anzufügen - den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viel abverlangen. Dabei ist es jedoch unser Ziel, Härten, wo es möglich ist, zu vermeiden und bei Einzelpersonalentscheidungen persönliche Wünsche und Bedürfnisse so weit wie irgend möglich zu berücksichtigen. Im Rahmen einer Übergangsplanung werden dann Maßnahmen zu entwickeln sein, die sicherstellen, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angesprochen und ihre persönlichen Vorstellungen so weit wie möglich im Entscheidungsverfahren berücksichtigt werden. Lassen Sie mich hinzufügen, dass wir in den 20 Jahren seit der Bonn/Berlin-Entscheidung viele Erfahrungen sammeln konnten. Das gilt nicht nur für das Bundesverteidigungsministerium, sondern für alle Betroffenen. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Erfahrungen in eine sehr ausgewogene und sozialbezogene Betrachtung einfließen werden, wenn es um die Umsetzung von möglichen Verlagerungsentscheidungen hinsichtlich einzelner Abteilungen oder Referate geht. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Die am 26. Oktober vorgestellten Entscheidungen des Ministeriums für die zukünftige Struktur der Bundeswehr sehen im Rhein-Sieg-Kreis, also in der Umgebung von Bonn, einen deutlichen Abbau von Arbeitsplätzen vor, darunter die Schließung des hochmodernen Informations- und Medienzentrums. Das wird einen teuren Neubau notwendig machen. In Bonn ist interessanterweise ein Aufwuchs von 200 Arbeitsplätzen zu verzeichnen, und zwar außerhalb des Ministeriums. Ist dieser Aufwuchs unabhängig von den Entscheidungen über Arbeitsplatzverlagerung und Verkleinerung des Ministeriums getroffen worden, oder ändert sich diese Zahl je nach Entscheidung über die Zukunft des Ministeriums noch? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Standortentscheidungen sind grundsätzlich getroffen worden, so wie sie im Stationierungskonzept vorliegen. Der Entscheidungsprozess hinsichtlich des Stationierungskonzeptes ist nicht wieder eröffnet worden. Es wird allerdings eine Feinausplanung erfolgen - übrigens in guter Tradition mit früheren Bundeswehrreformmaßnahmen -, die sich daraus ergibt, dass Personalkörper und Fähigkeitskörper derart differenziert sind, dass sich nach einer gewissen Zeit der eine oder andere Dienstposten in der Gesamtbilanz sicherlich noch verschieben wird. Aber im Kern bleiben die Entscheidungen erhalten. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben die Möglichkeit zu einer zweiten Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Bei der Entscheidung über die Zahl der Dienstposten ist ja nicht nur die Zahl der Dienstposten, sondern sind auch die sie erfüllenden Einheiten und Organisationsstrukturen benannt worden. Bleiben diese Strukturen, also Ämter und Ähnliches, unabhängig von der Entscheidung über die Zukunft des Ministeriums mit den jeweiligen Standorten verbunden, oder kann es auch hier noch Feinjustierungen abseits der Kernentscheidungen geben? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Das Ministerium ist das Ministerium, und die Ämter sind die Ämter. (Sebastian Edathy [SPD]: Das hilft jetzt weiter!) Ich kann übrigens die Sorge, dass die Ämter an der Rheinschiene und im Raum der ehemaligen Bundeshauptstadt und heutigen Bundesstadt Bonn volatil gesehen würden, verstehen. Ich kann Sie aber beruhigen. Meine Erfahrung mit der Darstellung der Entscheidungen zu den Strukturen der Standorte der Bundeswehr seit dem 26. Oktober ist eher, dass man sich zum Argumenteur für den Verbleib von Dienstposten in erheblichem Ausmaße im Bereich Bonn und der Rheinschiene insgesamt machen muss; das tue ich sehr gerne. Daraus ist zu schließen, dass die Ämterstrukturen, wenn die Ämter erst einmal ihre neuen Funktionen eingenommen haben, so bleiben, wie sie sind. Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Schäfer hat eine Nachfrage. Bitte. Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, ich muss auf die Frage vorher zurückkommen. In Ihrem Stationierungskonzept ist für Bonn im Saldo ein Plus von circa 200 Dienstposten ausgewiesen. Noch einmal meine Frage: Sind in diese Zahl die Abschichtungen bzw. die Verlagerungen im Rahmen des Ministeriums eingerechnet oder nicht? Das war die Frage; die hätten wir gerne beantwortet. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, ich habe gesagt: Das Ministerium ist das eine, die Stationierungsentscheidung ist das andere. Das Ministerium ist bei den Entscheidungen zur Stationierung bei der Bundeswehr nicht mit eingerechnet. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Fragen 7 und 8 der Kollegin Katja Dörner werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 9 des Kollegen Sebastian Edathy von der SPD-Fraktion auf: Wie erklärt die Bundesregierung die Tatsache, dass in der vom BMVg am 26. Oktober 2011 veröffentlichten Aufstellung der standortbezogenen Bundeswehrdienstpostenveränderungen die Zielgröße von 530 Dienstposten für den niedersächsischen Standort Diepholz genannt wird, diese nun aber laut Auskunft des BMVg tatsächlich auf unter 200 sinken soll? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, die Frage, die Sie stellen, bezieht sich auf missverständliche Zahlendarstellungen in der Standortbroschüre, die in nächtlicher Eile gefertigt worden ist und deren Widersprüchlichkeit in der Tat - sozusagen selbst lesend und erkennend - nicht aufgelöst werden konnte. Es lag ein Datenübertragungsfehler vor, der den Verbleib des Luftwaffeninstandhaltungsregiments 2 betroffen hat, das gleichzeitig in Schönewalde ausgebracht worden war, weil allerdings die Entscheidungen über die Struktur der Luftwaffe überhaupt und im Hinblick auf die Hubschrauber vom Typ CH-53, die als Teilstreitkraft zukünftig komplett der Luftwaffe zugerechnet werden, sehr intensiv diskutiert worden waren. Ich halte überhaupt nichts davon, solche Dinge nicht zu korrigieren. Das ist passiert: Es wurde in der weiteren Broschüre zahlenmäßig korrigiert. Ich halte auch nichts davon, diejenigen, die nachts bis zur Erschöpfung an diesem Thema gearbeitet haben, in irgendeiner Weise zur Verantwortung zu ziehen. Das ist ein Punkt, eine Unschärfe, die insbesondere in Diepholz keine Freude ausgelöst hat; dafür habe ich jedes Verständnis. Herr Kollege, falls jemand gesucht wird, der dafür verantwortlich gemacht werden soll, bitte ich, mich zu nehmen. Die Mitarbeiter will ich hier komplett aus der Diskussion heraushalten; sie haben hervorragend gearbeitet. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben die Möglichkeit zu einer Nachfrage. Sebastian Edathy (SPD): Herr Staatssekretär, ich habe gar keine Vorwürfe gegenüber Mitarbeitern erhoben. (Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister: Danke schön!) Nur stellt sich hier schon die Frage, ob es sich wirklich nur um ein Versehen gehandelt hat. Deswegen möchte ich gerne von Ihnen wissen: Wie bewerten Sie die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen von Herrn Lüth, dem Kommandeur des Luftwaffeninstandhaltungsregiments, das jetzt von Diepholz nach Brandenburg verlegt werden soll? Im Diepholzer Kreisblatt vom 3. November heißt es: Seine Empfehlung aus fachlicher, einsatz- und führungstechnischer Sicht habe den Erhalt der Fähigkeiten des Luftwaffen-Instandhaltungsregiments 2 mit seinem Stab und der Hubschrauberwerft am Standort Diepholz vorgesehen, betonte Lüth: "Bis Mittwoch, 26. Oktober 2011, war der Standort Diepholz in der logistischen Planung eine feste Größe. Dies macht für mich auch die fehlerbehaftete Ausgabe des Stationierungskonzeptes deutlich." Die Beschäftigten des Standortes - auch er ... - fühlten sich gegenwärtig "verkauft und verraten", da es keine Vorabinformationen und keine Hinweise gegeben habe, sagte Oberst Lüth gestern Abend in der öffentlichen Sondersitzung des Rates. Wie bewerten Sie die sehr deutlichen Aussagen eines höherrangigen Bundeswehroffiziers? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Zum Ersten bewerte ich die Aussage, die bei der Sondersitzung des Rates gefallen ist. Ich weiß nicht, wann das war; ich vermute, einen Tag oder zwei Tage nach Bekanntgabe der Entscheidung. (Sebastian Edathy [SPD]: Am 2. November!) - Am 2. November, also einige Tage danach. - Sie ist mit Blick auf die Aufregung, die Echauffage nachvollziehbar. Dafür habe ich jedes Verständnis. Zum Inhalt allerdings muss ich bei allem Respekt vor Herrn Oberst sagen: Er ist nicht einmal Teil derer, die die Vorlage für die Entscheidung gemacht haben. Er spricht das Problem an, dass die Sichtweise, die er aus seinem teilstreitkräftigen Teil hat, nicht identisch ist mit der Sichtweise der Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt sowie der politischen und militärischen Leitung, deren Aufgabe es ist, die Dinge gegeneinander- bzw. übereinanderzulegen. Insoweit habe ich Verständnis. Inhaltlich hat er nicht recht. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. Bitte. Sebastian Edathy (SPD): Herr Staatssekretär, können Sie mir mitteilen, in welcher Höhe in den letzten Jahren Investitionen am Bundeswehrstandort Diepholz getätigt worden sind? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, das kann ich leider nicht. Ich werde Ihnen das schriftlich nachreichen. (Sebastian Edathy [SPD]: Danke!) Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Dr. Bartels. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Staatssekretär, zur Vervollständigung der Korrekturen dieser Liste der Stationierungsentscheidungen, die uns zugegangen ist, möchte ich auf den Standort Plön hinweisen, der ausweislich dieser Liste - linke Spalte - von 940 Dienstposten auf circa die Hälfte, 490 Dienstposten, reduziert wird. Wenn man sich jedoch die Veränderungen bei den Dienststellen genauer anschaut, sieht man: Alles bleibt genau so, wie es ist. Wenn man nachfragt, wie viele Dienstposten jetzt vorhanden sind, erhält man als Antwort: Etwas mehr als 490. - Diese Anzahl reduziert sich natürlich etwas, da auch die Bundeswehr insgesamt etwas kleiner wird. Wie kommen solche Zahlen zustande? Woher kommen diese alten Zahlen? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Kollege, vielen Dank für diese Frage; denn jeder, der die Zahlen vor sich liegen hat, muss sie bewerten. In der Tat sind die linksspaltigen Zahlen die Sollzahlen der Bundeswehr. Sie gestatten, dass ich "Struck-Bundeswehr" sage, da die letzte Reform diejenige von Verteidigungsminister Struck war: 250 000 plus 2 500 Wehrübende. Allerdings spiegeln viele Istzahlen nicht die wahre Situation wider. Der wichtigste Grund ist der, dass keine Wehrpflichtigen mehr da sind. Deswegen findet in vielen Bereichen auch keine Ausbildung in entsprechendem Ausmaß mehr statt. Daher sind die Rückgänge in den nächsten Jahren realiter weitaus geringer. Denn ein relativ großer Teil ist vor allem durch die Entscheidung, die Wehrpflicht auszusetzen, bereits eingetreten. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin Katja Keul das Wort. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär Schmidt, ich möchte auf den Standort Diepholz zurückkommen. Sie haben gerade gesagt, dass der Standortälteste in Diepholz nicht zu denen gehörte, die die Entscheidung zu treffen hatten. Daher könne er eine andere Sichtweise haben. Das mag so sein. Ich erinnere mich aber daran, dass uns etwa vor einem halben Jahr vom Ministerium und vom Minister persönlich angekündigt wurde, er werde über die zukünftige Struktur bis zum 26. Oktober entscheiden. Aber selbstverständlich sollten auch die Basis vor Ort und das Fachwissen der entsprechenden Kommandeure und Standortältesten einbezogen werden. Eine solche Basisbeteiligung freut uns immer besonders. Aber wie kann es sein, dass an dieser Stelle gerade diejenigen, die dort Vorschläge und Vorlagen gemacht haben, am Ende davon so überrascht sind, dass ihre Vorlagen offensichtlich kein Gehör gefunden haben? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Kollegin, das lässt sich bei solchen Entscheidungen leider nie ausschließen. Noch viel "schlimmer" ist - ich bitte, das nicht wertend zu sehen -, dass Fachleute, auch militärische Fachleute, mit jeweils gleicher Expertise zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Ich habe hohen Respekt vor allen Kommandeuren, auch vor dem Diepholzer Standortältesten. Er hat sicherlich nach bestem Wissen und Gewissen seine Vorschläge gemacht. Gehen Sie bitte davon aus, dass es übergelagerte andere Überlegungen gegeben hat, die die guten Argumente dann nicht zum Zuge haben kommen lassen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 10 des Kollegen Sebastian Edathy auf: Wann und durch wen werden Entscheidungen über die weitere Nutzung des Standortes Diepholz sowie über belastbare Dienstpostenzahlen getroffen und mitgeteilt? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Entscheidungen sind im Rahmen der Stationierungsklausur am 25. Oktober in Berlin getroffen worden. Die Druckfassung und die Onlinefassung der Stationierungsbroschüre wurden inzwischen der Entscheidung des Bundesministers zum Standort Diepholz angepasst. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte. Sebastian Edathy (SPD): Herr Staatssekretär, jetzt muss ich doch Ihre Mitarbeiter rügen, was ich vorhin vermieden habe. Ich habe nicht gefragt, wann die Entscheidungen getroffen wurden, sondern wann mit konkreten Entscheidungen bezüglich der künftigen Dienstpostenzahlen zu rechnen ist. Ich will begründen, warum ich diese Frage gestellt habe, nicht bezogen auf die Vergangenheit, sondern ausweislich des Wortlautes meiner Frage bezogen auf die Zukunft. Sie hatten den Kollegen hier im Bundestag Ende Oktober bezüglich des Standortes Diepholz eine Übersicht zugeleitet - fälschlicherweise, wie sich herausgestellt hat -, nach der es bis dato 1 020 Dienstposten gibt und künftig 530 Dienstposten geben soll. Mitte der vorletzten Woche hat sich Ihr Haus korrigieren müssen. Es wurde darauf hingewiesen, dass es 120 Dienstposten gibt. Jetzt entnehme ich der Lokalpresse aus dem Diepholzer Kreis folgende Aussage, zu der ich Sie bitte, Stellung zu nehmen, weil das auch für die Region interessant ist. Es handelt sich um eine Aussage, die im Bremer Weser-Kurier am 29. Oktober veröffentlicht wurde. Ein Sprecher der Stadt Diepholz wird folgendermaßen wiedergegeben - Zitat -: Im Materiallager sind niemals 200 Menschen - oder 120 - beschäftigt, höchstens 40 bis 50 - und davon die meisten zivil. Laut Sprecher bleiben insgesamt vielleicht 10 bis 15 Soldaten in Diepholz. Es gab also nicht 120 Beschäftigte, sondern 50 Beschäftigte. Das sorgt natürlich für zusätzliche Irritationen. Selbst wenn der Standort weiterhin 120 Dienstposten behalten sollte, würde das bedeuten, dass die Zahl der Dienstposten um 90 Prozent gekürzt wird, Herr Staatssekretär, was die Zukunftsfähigkeit des Standorts prinzipiell infrage stellen würde. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Edathy, die Bundesregierung nimmt grundsätzlich zu Presseartikeln, in welchen Magazinen oder Zeitungen auch immer, keine Stellung. (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: So ist es recht! - Sebastian Edathy [SPD]: Aber zum Oberst haben Sie das vorhin gemacht!) - Der Oberst hat sich ja auch in seiner dienstlichen Funktion geäußert. Ich möchte übrigens darauf hinweisen, dass ich Ihre Frage falsch verstanden habe. Die Mitarbeiter haben das bestens vorbereitet. Sebastian Edathy (SPD): 120 oder 50 Dienstposten? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich kann Ihnen das nicht sagen. Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Edathy, ist das jetzt schon Ihre zweite Nachfrage? Sebastian Edathy (SPD): Ja, das ist die zweite Nachfrage. Bei der ersten Nachfrage habe ich meine Frage wiederholt, weil sie nicht beantwortet wurde. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich empfehle, dass wir uns nicht in eine Diskussion über etwas hineinbegeben, was sich nach der Feinausplanung vielleicht etwas anders darstellt. Wem ist damit gedient? Gedient ist damit, dass zeitnah Klarheit geschaffen wird. Die Umzugsplanung für den Standort Diepholz wird im ersten Quartal des Jahres 2012 vorgelegt werden können. Auch die Frage der Konversion, die sich stellen mag, wird dann zu diskutieren sein, wenn gewünscht, auch schon in Gesprächen vorher. Seitens des Verteidigungsministeriums sind wir jetzt dafür zuständig, dass wir aus Fürsorgepflicht den Mitarbeitern gegenüber, aber auch zur Erhaltung der militärischen Einsatzfähigkeit die Umzugsplanung und den zeitlichen Ablauf festlegen. Wenn es gestattet ist, würde ich all diejenigen, die mit Zahlen vor und zurück hantieren und diese bewerten, bitten, das einzustellen. Das gebietet der Respekt gegenüber den Mitarbeitern. (Sebastian Edathy [SPD]: Man sollte keine Zahlen nennen, wenn man nicht will, dass sie hinterfragt werden!) - Sie haben sie aus einer Zeitung zitiert. Das sind nicht Ihre Zahlen. (Sebastian Edathy [SPD]: Ihre Zahlen stimmen offenkundig nicht!) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich nehme an, dass der Dialog bzw. die Beantwortung der Fragen beendet ist, da sich der Kollege Edathy hingesetzt hat, Herr Staatssekretär. (Sebastian Edathy [SPD]: Ich kann auch wieder aufstehen! - Heiterkeit) Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich kann die Zahlen nicht auf Punkt und Komma genau sagen. Das wäre unehrlich, weil sich alles erst in der Planung befindet. Das sind die Sollzahlen. Sie haben eben einen Vergleich zitiert, der mit Soll und Ist zu tun hat. Ich sehe mich nicht in der Lage, dazu etwas zu sagen, auch nicht im Hinblick darauf, was in den nächsten Jahren passieren wird. Ich denke, wir sollten erst einmal sauber analysieren und alles einbeziehen, dann planen und es dann vorstellen. Ich sage zu, dass das sobald wie möglich für Diepholz und andere Standorte stattfinden wird. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Fragen 11 und 12 des Kollegen Heinz Paula werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 13 der Kollegin Karin Evers-Meyer aus der SPD-Fraktion auf: Wie wird sich die Anzahl militärischer und ziviler Dienstposten im Jagdgeschwader Wittmund bis 2020 verändern, und mit welchem Zuwachs ist für die Zeit danach zu rechnen, wenn Wittmund zu einem vollwertigen Eurofighter-Geschwader aufwachsen soll, wie es die Bundesregierung in der vorigen Woche verkündet hat? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Vielen Dank. - Frau Kollegin Evers-Meyer, das Jagdgeschwader 71 "Richthofen" am Standort Wittmund umfasst circa 1 080 militärische und circa 260 zivile Dienstposten. Im Hinblick auf die Diskussion im Zusammenhang mit der zuvor behandelten Frage sage ich ausdrücklich: Das ist das Soll. Ich weiß nicht, wie die Antrittsstärke aktuell aussieht. Mit Außerdienststellung des Waffensystems F-4 Phantom im Jahr 2013 - JG 71 fliegt die Phantom - ist die Übernahme der Dauereinsatzaufgabe der NATO-Alarmrotte im Norden Deutschlands mit dem Waffensystem Eurofighter am Standort Wittmund vorgesehen. Zum Betrieb der dafür im mittelfristigen Ausbau vorgesehenen 20 Luftfahrzeuge Eurofighter am Standort Wittmund ist nach derzeitigem Planungsstand luftwaffenseitig ein Organisationselement mit einem Bedarf von circa 550 militärischen und circa 100 zivilen Dienstposten erforderlich. Der Betrieb eines vollwertigen Geschwaders in Wittmund mit dem Waffensystem Eurofighter würde einen Dienstpostenbedarf in der Größenordnung von rund 900 Dienstposten bedingen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. - Sie verzichten? (Karin Evers-Meyer [SPD]: Der Kollege Bartels fragt!) - Das funktioniert so nicht. Er muss sich melden. Herr Bartels, Sie haben das Wort zu einer Nachfrage. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Staatssekretär, in den den Stationierungsentscheidungen vorausgehenden Strukturentscheidungen für die künftige Bundeswehr ist die Luftwaffenstruktur so festgelegt worden, dass sie drei mehrrollenfähige Eurofighter-Geschwader enthält. So steht es in den uns vorliegenden Unterlagen. Wie wird das weitere halbe Geschwader, das es jetzt geben soll, strukturell abgebildet? Sie haben einen Dienstpostenumfang genannt. Wird das einem anderen Geschwader weggenommen, oder ist das zusätzlich? Wie sieht die neue Luftwaffenstruktur aus? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Es ist geplant, die 140 Eurofighter der Luftwaffe, die die Planungsgrundlage darstellen, in drei Einsatzverbänden an vier Standorten im Inland und in einem waffensystemübergreifenden fliegerischen Ausbildungszentrum an einem Standort im Ausland zu betreiben. Es ist geplant, dass am Standort Wittmund nach Ende des Flugbetriebs mit Phantom die Dauereinsatzaufgabe der Alarmrotte übernommen wird. Deswegen gibt es in Wittmund nach bisheriger Planung eine abgesetzte Gruppe von 20 Eurofightern. (Dr. Hans-Peter Bartels [SPD]: Von welchem Geschwader?) Vizepräsidentin Petra Pau: Das funktioniert nicht. Sie haben nur eine Nachfragemöglichkeit. Wir befassen uns zwar gerade mit der Reform der Fragestunde, die Übertragung von Nachfragemöglichkeiten ist bisher aber nicht vorgesehen. Diesbezüglich müssten Sie sich entweder an Ihre Obleute im Geschäftsordnungsausschuss oder an Ihre Parlamentarischen Geschäftsführer wenden. Ich rufe die Frage 14 der Kollegin Evers-Meyer auf: Wie vereinbart die Bundesregierung die Einplanung Wittmunds als vollwertiges viertes Eurofighter-Geschwader mit Überlegungen innerhalb der Luftwaffe, die Stückzahl der Euro-fighter langfristig auf 124 zu senken? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Seitens des Führungsstabes der Luftwaffe gibt es keine mir bekannten Überlegungen, die Anzahl der Euro-fighter langfristig auf 124 abzusenken. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage. Karin Evers-Meyer (SPD): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Welchem Geschwader werden die 20 Eurofighter zugeordnet? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich bitte, die Antwort auf diese Frage schriftlich nachreichen zu können. Ich weiß das schlicht nicht. Ich weiß nur, dass das Flugzeuge sind, die fliegen. Wohin sie gehören, das weiß ich nicht. Vizepräsidentin Petra Pau: Gut. Wir halten fest, dass die Antwort schriftlich nachgereicht wird. Sie verzichten auf eine zweite Nachfrage? Karin Evers-Meyer (SPD): Ja. Vizepräsidentin Petra Pau: Habe ich eine weitere Wortmeldung zu dieser Frage übersehen? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Ich rufe die Frage 15 des Kollegen Dr. Hans-Peter Bartels von der SPD-Fraktion auf: Wer soll nach der im Rahmen der Bundeswehrstationierungsentscheidungen geplanten Auflösung der Marineoperationszentrale in Glücksburg künftig deren Aufgaben übernehmen und an welchem Standort? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, das Flottenkommando in Glücksburg einschließlich des dort integrierten maritimen Operationszentrums und das Marineamt in Rostock werden aufgelöst. Die Aufgaben der beiden höheren Kommandobehörden werden einem neu aufzustellenden Marinekommando in Rostock übertragen. Das maritime Operationszentrum ist daher dem Marinekommando direkt zuzuordnen und wird am künftigen Standort in Rostock zielstationiert. Bis zur Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur wird das maritime Operationszentrum in Glücksburg im Übergang weiter betrieben. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wie viele Dienstposten am Standort Glücksburg sind davon betroffen, also wie viele werden für wie lange dort bleiben? Mit welchem Investitionsaufwand rechnen Sie für Rostock, um das, was es in Glücksburg schon gibt, dort neu zu bauen? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich bitte, die Zahlen schriftlich nachreichen zu dürfen, weil die genaue Zahl der betroffenen Dienstposten und der Zeitplan der Verlagerung noch nicht bekannt sind bzw. mir nicht präsent sind. Der Zeitpunkt der Verlagerung steht noch nicht fest. Er wird jetzt in der Ausführungsplanung festzulegen sein. Dabei wird sicherlich auf ein möglichst kostenschonendes und auch mitarbeiterschonendes Verfahren und darauf zu achten sein, dass es eine Übergangszeit geben wird. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben die Möglichkeit zu einer zweiten Nachfrage. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vielen Dank. - Es war ja eigentlich auch das Ziel der Reform, Herr Staatssekretär, dass dadurch Geld gespart wird. Der Marineinspekteur hat sich offensichtlich korrigieren müssen und eine eigene Presseerklärung herausgegeben, nachdem es Presseberichte über Äußerungen von ihm gegeben hatte, in denen stand, dass er gesagt habe: Für eine unbestimmte Übergangszeit werde es - genau dies haben Sie gerade gesagt - dieses Maritime Operations Center in Glücksburg weiter geben müssen, weil dort die Infrastruktur ist, auch wenn der Stab sich inzwischen in Rostock befindet. Warum musste er sich korrigieren? Das war doch richtig. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Entscheidungen, die der Minister getroffen hat, sind auf der Basis von Vorlagen getroffen worden. Diese Entscheidungen wurden durch die politische und militärische Leitung des Hauses im engeren Kreis getroffen. In diesem Zusammenhang hat der Inspekteur der Marine seine Überlegungen dargelegt, denen auch gefolgt worden ist. Wir wissen - ich denke, Sie wissen es besser als ich - durch die Besuche in Glücksburg, dass sich dort seit den 80er-Jahren hochwertige Nutz- und Ausrüstungsgegenstände befinden. Man muss tatsächlich gut überlegen, wie unter dem Gesichtspunkt der Einsatzfähigkeit und der Sparsamkeit eine Verlagerung stattfinden kann. Diese Überlegungen beinhalten übrigens auch die Frage, ob das Zentrum, das in Glücksburg in hervorragender Weise mit seinen Schutzvorrichtungen in den 80er-Jahren gebaut worden ist, in dieser Form woanders entstehen sollte oder müsste. Es gibt Hinweise, dass dies nicht der Fall ist. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen zur Frage 16 des Kollegen Dr. Hans-Peter Bartels: Welche Infrastrukturmaßnahmen sind im Marinearsenalbetrieb Wilhelmshaven erforderlich, um die in der Ostsee stationierten Marineeinheiten qualitativ so zu betreuen, wie es zurzeit durch den Marinearsenalbetrieb Kiel geschieht, und in welcher Höhe entstehen zusätzliche Kosten? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Danke. - Durch die Beibehaltung der Sonderinfrastruktur der Werkstatt in Kiel sind absehbar keine zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen in Wilhelmshaven als Folge der Betriebsaufgabe in Kiel erforderlich. Einmalige Kosten entstehen nur im Rahmen des Transports und Aufbaus von Ausstattungen, die vom Arsenalbetrieb Kiel zum Arsenalbetrieb Wilhelmshaven zu verbringen sind. Die weiterhin im Ostseebereich verbleibenden Marineeinheiten können in der schon vorhandenen Infrastruktur des Arsenalbetriebs in Wilhelmshaven mit instand gesetzt werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage. Bitte. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vom Arsenalbetrieb Kiel aus werden ja alle Boote und Schiffe, die in der Ostsee stationiert sind, und alle Landanlagen - es sind etwa 60 - der Marine im Ostseeraum infrastrukturell betreut, also instand gesetzt. Das alles wird dann von Wilhelmshaven aus geschehen. Gehen Sie davon aus, dass dies mit dem Personal, das jetzt in Wilhelmshaven ist, passieren wird und dass es genauso schnell und genauso kostengünstig erfolgen wird, wie es derzeit aufgrund der Struktur, dass es einen Arsenalbetrieb für die Nordsee und einen Arsenalbetrieb für die Ostsee gibt, der Fall ist? Wird es also keine Einschränkungen geben? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, die Entscheidung reflektiert natürlich auch die Reduzierung des Umfangs der Marine, die sich seit längerer Zeit in einem Umstrukturierungsprozess befunden hat. In der Ostsee sind stationiert: zehn Minenjagdboote, sechs U-Boote der Klasse 212 und die Korvetten, deren Hauptbauabschnitte, was die technischen Systemkomponenten betrifft, den Fregattenklassen 123 und 124 ähnlich sind, sodass diese effizient und mit Rückgriff auf bereits vorhandene Werkstätten in Wilhelmshaven betreut werden können. Der eigene Arsenalbetrieb in Kiel ist damit nicht mehr auszulasten. Wie Sie wissen, haben wir am jetzigen Standort des Arsenalbetriebes Kiel mit der WTD 71 eine Dienststelle, die verbleibt; dies gilt darüber hinaus wohl auch für einige andere von mir jetzt nicht näher zu benennende Dienststellen. Sowohl im Hinblick auf das Liegenschaftskonzept als auch hinsichtlich des Umgangs mit den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss die Frage, inwieweit Verlagerungen notwendig sind und inwieweit es im sozialen Bereich, auch bezüglich des Tarifvertrages, den es in diesem Bereich gibt, zu entsprechenden Maßnahmen kommen wird, noch beantwortet werden. Es ist derzeit nicht abzusehen, in welchem Umfang dies der Fall sein wird. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist die Schließung eines Arsenalbetriebs aus Ihrer Sicht ein Beitrag zur Kostensenkung in der Bundeswehr? Wird dadurch Geld gespart? Wird die Arbeit von Kollegen in Wilhelmshaven, die bisher all die Schiffe, die in Wilhelmshaven waren, weiter betreuen - da reduziert sich nichts -, dann zusätzlich erledigt, oder wird es mehr Privatisierungen geben, was zusätzliches Geld, das vermutlich auch aus dem Bundeshaushalt bereitzustellen ist, kosten wird? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Vielen Dank. - Was die Auslastung betrifft, wissen Sie, dass die Fregatte 122, wenn sie ausläuft, in Kiel betreut wird (Dr. Hans-Peter Bartels [SPD]: Wilhelmshaven!) und insofern keinen weiteren Ersatz findet. Zur Frage, ob es Privatisierungen geben wird. Aus der Grundsatzentscheidung, den Marinearsenalbetrieb beizubehalten, dürfen Sie schließen, dass nicht daran gedacht ist - andere Teilstreitkräfte sind andere Wege gegangen; ich denke an das Heer und die Heeresinstandsetzungslogistik -, dies in einen privaten Bereich zu überführen. Vielmehr wurde die Grundsatzentscheidung getroffen, den Marinearsenalbetrieb auch nach der Zusammenführung in der gleichen rechtlichen Struktur wie bisher zu belassen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Frage 17 des Kollegen Tom Koenigs wird schriftlich beantwortet. Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs. Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Hermann Kues zur Verfügung. Ich rufe die Frage 18 des Kollegen Sönke Rix auf: Hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Kenntnis darüber, wie gut die Ämter und andere öffentliche Stellen bezüglich der Leistungen, die Bundesfreiwilligendienstleistende beziehen können - beispielsweise Wohngeld, Kindergeld, Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch usw. -, informiert sind und diese korrekt an die Anfragenden weitergeben, und, wenn ja, wie ist der Kenntnisstand des Bundesministeriums? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Herr Abgeordneter Rix, Sie wissen, dass der Bund, die Bundesregierung und die Bundesbehörden keine unmittelbare Kontrollfunktion gegenüber Landesbehörden und Kommunalbehörden haben. Wir haben auch keine Hinweise darauf, dass dort in größerem Umfang falsch bzw. nicht korrekt entschieden worden ist. In einzelnen Fällen, in denen es entsprechende Hinweise gegeben hat, gehen wir ihnen natürlich nach. Ich will diese Gelegenheit nutzen, den Behörden der Länder und der kommunalen Ebene ausdrücklich und ganz herzlich zu danken. Es ist für sie ein großer Aufwand gewesen, die jeweiligen Regelungen - zum Wohngeld, zum Kindergeld, zu den Leistungen nach SGB II; auch die Agentur für Arbeit ist also teilweise betroffen - anzuwenden. Dass 22 000 Verträge mit Bezug auf den Bundesfreiwilligendienst abgeschlossen wurden, ist eine große Leistung gewesen. Wir können nicht feststellen, dass es dort in größerem Umfang Fehler oder Fehlinformationen gegeben hat. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte. Sönke Rix (SPD): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Wenn es vielleicht auch nicht in einem ganz großen Maße zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist: Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Behörden oder zumindest diejenigen, die einen Freiwilligendienst leisten, über diese Informationen verfügen? Zumindest denen muss man ja deutlich zur Kenntnis bringen, welche Leistungsansprüche sie haben, die sie dann auch bei den jeweiligen Behörden erheben können. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wenn es Einzelfälle gibt, in denen Behördenmitarbeiter nicht Bescheid gewusst haben, obwohl sie hätten Bescheid wissen müssen, weil sie für diese Regelung zuständig sind, gehen wir diesen durchaus nach, aber insgesamt ist die Information vorhanden. Es hat eine Zeit lang Unklarheiten wegen des Kindergeldes gegeben. Das ist aber eindeutig geklärt. Dazu hat es bereits im Juni eine klare Regelung bzw. Ansage gegeben. Das ist vielleicht nicht bis zu jedem einzelnen Mitarbeiter vorgedrungen, das kann sein, aber ich bin mir sicher, dass sich das einspielen wird, weil die Entwicklung absolut positiv ist. Von daher habe ich nicht die Sorge, dass da weiter größere Probleme bestehen werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Sönke Rix (SPD): Also gibt es keine wirkliche Aktion, darüber aufzuklären. - Meine zweite Frage ist: Wird über die Regelung hinsichtlich des Kindergeldes, die ja wohl rückwirkend in Kraft treten soll, eindeutig aufgeklärt? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es gibt eine eindeutige Aufklärung, ja. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen zur Frage 19 des Kollegen Sönke Rix: Wie ist der Sachstand bezüglich der Ausgestaltung des Seminarangebots für Bundesfreiwilligendienstleistende über 27 Jahre? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wir können feststellen, dass ein beträchtlicher Teil der über 27-Jährigen diesen Bundesfreiwilligendienst absolviert. Wir sind hier mit den Trägern, den Einsatzstellen und den Freiwilligen dabei, Schritt für Schritt pädagogische Konzepte zu entwickeln und sie auch in der Praxis auszuprobieren. Es hat einen ausdrücklichen Hinweis gegeben, auch an die Einsatzstellen, dass einzelne Elemente erprobt werden sollen. Wir wollen sie zusammenführen, um dann Hinweise zu geben, wie ein solches Angebot auf Dauer insgesamt aussehen soll. Die über 27-Jährigen können auch die regulären Angebote der Bildungszentren wahrnehmen. Ich glaube, dass wir so am ehesten zu einem realitätsnahen Konzept kommen - auch für die älteren Freiwilligen. Hier sind wir auf einem guten Wege. Einzelne Bildungsveranstaltungen - auch Tagesveranstaltungen - haben stattgefunden, die speziell auf diese Zielgruppe zugeschnitten waren. Wir müssen ja zunächst einmal herausbekommen, welche Menschen diesen Dienst erfüllen, welche Voraussetzungen sie mitbringen und welche Hilfen sie brauchen, um ihre Arbeit möglichst gut erledigen zu können. Wir sind dabei, das zu entwickeln. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie haben Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege Rix. Sönke Rix (SPD): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Gibt es eine Zeitschiene? Wann sollen diese Projekte abgeschlossen sein, ab wann sollen Konzepte vorliegen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ich würde es so sagen: Wir müssen das erst einmal zwei, drei, vier Monate lang entwickeln, und dann werden wir irgendwann Bilanz ziehen. Dann wird man auch ein Gesamtkonzept vorlegen können. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen herzlichen Dank. Die Fragen 20 und 21 der Kollegin Caren Marks werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 22 des Abgeordneten Stefan Schwartze von der Fraktion der Sozialdemokraten auf: Was ist unter der Aussage in der Pressemitteilung zur Übergabe des Achten Familienberichts am 28. Oktober 2011 zu verstehen, wonach "vorhandene Reserven bei der Verwendung von Zeit auf eine sozialverträgliche Weise nutzbar gemacht werden" sollen, und welche entsprechenden Maßnahmen schlägt die Bundesregierung vor? Bitte schön, Herr Staatssekretär, zur Beantwortung. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Die Bundesministerin, Frau Dr. Schröder, hat im Juli 2010 eine unabhängige Kommission aus Wissenschaftlern damit beauftragt, diesen Bericht vorzulegen. Er ist vorgelegt worden und enthält Eckpunkte dafür, wie es Familien erleichtert werden kann, auch unter veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen Zeit für familiäre Verantwortung zu finden. Diese Eckpunkte sind auch veröffentlicht worden. Wie bei allen Berichten ist auch hier vorgesehen, dass die Bundesregierung nach der Übergabe des Sachverständigenberichts eine Stellungnahme dazu erarbeitet, in der sie konkret Position bezieht. Diese Stellungnahme wird gegenwärtig innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. Anfang 2012 wird dem Deutschen Bundestag dann der vollständige Achte Familienbericht vorgelegt. Dann ist er tatsächlich öffentlich. Wie gesagt: Einige Eckpunkte sind bereits veröffentlicht worden, damit Sie ungefähr die Richtung kennen, in die es geht, aber der gesamte Familienbericht ist derjenige, der die Stellungnahme der Bundesregierung enthält. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege. Stefan Schwartze (SPD): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Können Sie genau angeben, wann wir mit der Stellungnahme des Familienministeriums rechnen können? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Anfang nächsten Jahres. Stefan Schwartze (SPD): Anfang nächsten Jahres. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ja. Vizepräsident Eduard Oswald: Damit kommen wir, Herr Kollege Stefan Schwartze, zu Ihrer Frage 23: Welche zielführenden Lösungen schlägt die Bundesregierung in Bezug auf familienunterstützende Dienstleistungen vor, wenn sie von zu klärenden "Informations- und Kostenfragen" spricht (siehe Pressemitteilung zur Übergabe des Achten Familienberichts am 28. Oktober 2011), und welche entsprechenden Gesetzesinitiativen sind in Planung? Bitte schön, Herr Staatssekretär, zur Beantwortung. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frage 23 bezieht sich ebenfalls auf den Familienbericht. Hier gilt das Gleiche wie das, was ich eben gesagt habe: Die Bundesregierung wird dazu eine abgestimmte Stellungnahme vorlegen. Diese ist dann zusammen mit dem Sachverständigenbericht der Achte Familienbericht. Er wird Anfang des nächsten Jahres vorgelegt. Zu Einzelheiten kann ich logischerweise jetzt noch nichts sagen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Stefan Schwartze. Stefan Schwartze (SPD): Wir durften in dieser Woche die Stellungnahmen zum Ausbau der Kinderbetreuung für die unter Dreijährigen verfolgen und haben erfahren, dass die Quote im Westen bei unter 20 Prozent liegt. Sie teilen sicherlich die Ansicht, dass das Angebot der Kinderbetreuung gerade für junge Familien ganz wichtig ist. Was unternimmt die Bundesregierung, um erst einmal das 35-Prozent-Ziel zu erreichen, das damals vereinbart wurde? Darüber hinaus gibt es sehr deutliche Aussagen vom Städte- und Gemeindebund, dass die Nachfrage da, wo das 35-Prozent-Ziel erreicht wurde, nicht gedeckt ist. Welche Planungen hat die Bundesregierung in diesen Fällen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Sie wissen, dass damals die Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern getroffen worden sind, dass 4 Milliarden Euro vom Bund, 4 Milliarden von den Ländern und 4 Milliarden Euro von den Kommunen bereitgestellt werden. Wir haben auch Regelungen getroffen, wie Betriebskosten erstattet werden können. Das galt zunächst für die Ausbauphase, dann später aber auch für die Zeit nach Abschluss des Ausbaus. Das Konzept steht nach wie vor. Es ist in der Tat so, dass es Hinweise darauf gibt, dass eine Quote von 39 Prozent in Anspruch genommen werden könnte. Diese Planungen der Jugendhilfe werden vor Ort entwickelt. Wir glauben aber, dass wir diesen Bedarf aufgrund der demografischen Entwicklung mit diesem Geld im Prinzip abdecken können. Wir haben eher das Problem, dass wir Geldmittel zur Verfügung stellen und das eine oder andere Bundesland, aus welchen Gründen auch immer - natürlich entstehen dabei auch Betriebskosten - nicht schnell genug ausbaut. Die Rechtsverpflichtung gibt es. Sie ist der Gesetzgeber eingegangen. Wir appellieren an die Länder. Wir haben Zahlen veröffentlicht, um Transparenz zu schaffen. Wir erleben eine lebhafte Debatte zu diesem Thema. Das ist gut. In den Bundesländern muss ein Ausgleich stattfinden, weil es Regionen gibt, in denen der Bedarf größer ist. Wir haben nie gesagt, dass bei der Betreuung diese 35-Prozent-Quote erreicht werden muss, sondern es sollen die Wünsche der Eltern berücksichtigt werden. Dabei haben wir einen Durchschnittswert von 35 Prozent angenommen. Wenn dieser Bedarf beispielsweise in Großstädten größer ist, dann ist die Landesebene dafür zuständig, die Mittel so zu koordinieren, dass dort eine höhere Quote erreicht wird. Das ist die Aufgabe der Jugendhilfeplanung. Auf diese hat der Bund praktisch keinen Einfluss. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie haben nun eine zweite Frage, Herr Kollege? Stefan Schwartze (SPD): Habe ich Sie richtig verstanden, dass bei einem Mehrbedarf die Mittel allein von den Ländern und Kommunen aufzubringen sind? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wir werden sehen, ob es noch einen Mehrbedarf gibt. Es ist so, dass die Länder im gleichen Umfang Mittel einsetzen müssen, wie sie der Bund nachweislich einsetzt. Wir veröffentlichen regelmäßig die Zahlen, welche Mittel abgerufen werden. Es stehen weiterhin Gelder zur Verfügung, die bis jetzt noch nicht abgerufen worden sind. Es ist so - das war vertraglich als Möglichkeit vereinbart worden -, dass zunächst die Bundesgelder abgerufen und dann die Landesgelder eingesetzt werden können. Gleiches gilt für die Gelder der Kommunen. So war es vereinbart worden. Die meisten Länder haben das so gemacht. Das ist zunächst einmal so in Ordnung. Aber diese Länder müssen in ihrem Haushalt jetzt dafür sorgen, dass 2012 und 2013 die Mittel zur Verfügung stehen, damit der Ausbau nicht stockt. Hier gibt es einen Wettbewerb zwischen Ländern und zwischen Kommunen. Es gibt Kommunen, die alle Voraussetzungen erfüllt haben. Andere Kommunen in ein und demselben Bundesland sind davon weit entfernt. Dort, wo die Entscheidungen gefallen sind, muss das diskutiert werden. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen herzlichen Dank. - Das war der Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Hier steht die Parlamentarische Staatssekretärin Frau Kollegin Ulrike Flach zur Beantwortung zur Verfügung. Wir kommen jetzt zur Frage 24 unserer Kollegin Bärbel Bas: Wie soll aus Sicht der Bundesregierung die Qualität ambulanter Diagnosen, unter anderem als Grundlage für den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich der gesetzlichen Krankenversicherung, GKV, sichergestellt werden, und wie will die Bundesregierung die regionale Entwicklung der Morbiditätsstruktur der Versicherten als Maßstab der Weiterentwicklung der ambulanten Gesamtvergütung etablieren, wenn sie mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz die verbindliche Anwendung der ambulanten Kodierrichtlinien als einziges flächendeckendes und qualitätsgesichertes Instrument zur Messung der Morbiditätsentwicklung außer Kraft setzt? Bitte schön, Frau Kollegin. Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Vielen Dank, Herr Präsident. Wenn Sie gestatten, würde ich gerne die Fragen 24 und 25 gemeinsam beantworten. Vizepräsident Eduard Oswald: Dann rufe ich auch die Frage 25 auf: Welche alternativen qualitätsgesicherten Instrumente zur Erhebung der Morbiditätsstruktur der Versicherten und deren Veränderung sind der Bundesregierung bekannt, und wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen dieser Instrumente auf die Entwicklung der Honorare in der ambulanten Versorgung und die Funktion des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs der GKV? Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Der Entwurf des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes sieht eine Aufhebung der Verpflichtung zur Vereinbarung ambulanter Kodierrichtlinien durch KBV und GKV-Spitzenverband vor. Nach bisher geltendem Recht sollten KBV und GKV-Spitzenverband verpflichtende Vorgaben für die Angaben und Dokumentation der Behandlungsdiagnosen vereinbaren. Die Daten über die Behandlungsdiagnosen sind unerlässlich für die jährlichen Verhandlungen über die Anpassung der Gesamtvergütungen an die regionale Veränderung von Morbidität und Demografie. Auch deshalb ist eine richtige und vollständige Angabe der Behandlungsdiagnosen sowie der erbrachten Leistungen unerlässlich. Hierfür sind ambulante Kodierrichtlinien aber nicht zwingend erforderlich. Zunächst sind die Ärzte und die weiteren Heilberufe bereits durch das Berufsrecht zur korrekten und vollständigen Angabe der Diagnose verpflichtet. Außerdem kann und soll die ärztliche Selbstverwaltung in der gesetzlichen Krankenversicherung wie bisher die Ärzte und Psychotherapeuten durch Empfehlungen und Hinweise bei der Kodierung der Diagnosen unterstützen. Schließlich enthält die amtliche deutsche Fassung der Internationalen Klassifikation der Krankheiten bereits eine Anleitung zur Verschlüsselung insbesondere im Abschnitt Zusatzinformationen. Diese Klassifikation einschließlich der Hinweise zur Angabe von Diagnosen wird regelmäßig fortgeschrieben. Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information gibt diese Klassifikation im Auftrag des Bundesministeriums heraus. Das Kuratorium für Fragen der Klassifikation im Gesundheitswesen berät dabei. Das Bundesversicherungsamt führt bereits für den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich eine Qualitätssicherung der RSA-relevanten Diagnosen durch. Ambulante Diagnosen werden nur dann berücksichtigt, wenn sie mit dem Qualifizierungsmerkmal G - das G steht für "gesichert" - versehen sind. Darüber hinaus muss die Diagnose für diesen Versicherten in einem weiteren Quartal desselben Kalenderjahres dokumentiert oder durch eine relevante Arzneimittelverordnung bestätigt worden sein. Bei bestimmten Diagnosen wird zusätzlich zu der Anforderung nach zwei Diagnosen aus unterschiedlichen Quartalen eine Validierung über Arzneimittelverordnungen vorgenommen. Das heißt, Versicherte werden nur dann einer Morbiditätsgruppe zugeordnet, wenn ihnen gleichzeitig ein dieser Diagnose entsprechendes bestimmtes Arzneimittel verordnet worden ist. Das BVA kann zudem die Datenmeldungen der Krankenkassen insbesondere im Hinblick auf die Meldung der Diagnosedaten und Arzneimittelkennzeichen überprüfen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Sie haben beide Fragen zusammen beantwortet, sodass die Frau Kollegin Bas jetzt entsprechende Zusatzfragen bzw. Nachfragen stellen kann. - Bitte schön, Frau Kollegin Bas. Bärbel Bas (SPD): Danke, Frau Staatssekretärin. Ich habe in der Tat eine Nachfrage. Sie wissen, dass wir im stationären Bereich mit dem DRG-System eine Art Kodierrichtlinie im stationären Bereich eingerichtet haben. In diesem Zusammenhang frage ich die Bundesregierung: Wie wirkt es sich aus, dass im Versorgungsstrukturgesetz eine sektorübergreifende Bedarfsplanung vorgesehen ist, wenn es auf der einen Seite eine bundeseinheitliche Kodierrichtlinie im stationären Sektor gibt, wir das aber auf der anderen Seite im ambulanten Bereich nicht vorgeben? Warum halten Sie Kodierrichtlinien im Krankenhausbereich für erforderlich, im ambulanten Bereich in der Form aber nicht? Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Sehr geehrte Kollegin Bas, ich habe bereits gesagt, dass es nicht zwingend erforderlich ist, die Kodierrichtlinien einzusetzen. Wir erwarten von der ärztlichen Selbstverwaltung, die sich in der Vergangenheit ausgesprochen skeptisch gegenüber den ambulanten Kodierrichtlinien geäußert hat, dass sie in eigener Initiative die notwendigen Hinweise und Empfehlungen gibt und dazu beiträgt, dass es zu einer ordnungsgemäßen Erfassung kommt. Deswegen haben wir auch keine Bedenken im Hinblick auf die zwei unterschiedlichen Sektoren. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Bas. Bärbel Bas (SPD): Ich möchte noch einmal nachfragen, wie es aus Sicht der Bundesregierung ohne bundeseinheitliche Vorgaben gehen soll. Dass die Ärzte das nicht gerne sehen, ist völlig klar. Aber ich finde, bundeseinheitliche Vorgaben müssen sein. Denn es geht um einen Wettlauf: Wenn wir mit dem Risikostrukturausgleich morbiditätsorientierte Vergütungsanreize setzen, dann können wir das an der Stelle nicht nur der Selbstverwaltung überlassen. Das ist zumindest meine Auffassung. Deswegen frage ich noch einmal, wie die Bundesregierung das regeln will. Will sie sich nur auf die Selbstverwaltung verlassen? Oder sind, weil es um Vergütungsanreize geht, bundeseinheitliche Regelungen nicht doch sinnvoll, damit es nicht zu weiteren Verwerfungen zwischen stationärem und ambulantem Bereich kommt? Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Sehr geehrte Kollegin Bas, wir wollen nicht nur auf die Selbstverwaltung setzen, aber wir setzen natürlich schon sehr stark auf die Selbstverwaltung. Aber es gibt im bestehenden System, nämlich in der Klassifikation der ICD-10 - das ist eine amtliche Klassifikation -, die Möglichkeit, eine entsprechende Kodierung vorzunehmen. Die ambulanten Kodierrichtlinien, die wir jetzt außer Kraft gesetzt haben, waren im Prinzip nur eine Präzisierung. Wir haben ein Instrument, von dem wir glauben, dass wir mit ihm die Qualitätsanforderungen entsprechend erfassen. Wir haben damit ein Instrument, welches dann die Durchschlagskraft hat. Beraten wird in diesem Zusammenhang durch das Kuratorium für Fragen der Klassifikation im Gesundheitswesen, KKG, welches dazu beiträgt, dass die entsprechende Qualität hergestellt wird. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. - Das war die Beantwortung der Fragen unserer Kollegin Bärbel Bas. Damit ist dieser Geschäftsbereich beendet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Hier steht uns zur Beantwortung der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer zur Verfügung. Die Fragen 26 und 27 des Abgeordneten Stephan Kühn werden schriftlich beantwortet. Wir kommen jetzt zur Frage 28 unseres Kollegen Gustav Herzog: Wie viele Mittel sind im Rahmen der KV-Förderung streitbefangen in erster gerichtlicher Instanz, und in welcher Höhe stehen Mittel in zweiter Instanz der gerichtlichen Klärung zwischen Hafenbetreibern und der Wasser- und Schifffahrtsdirektion zur Verfügung? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Antwort ist wie folgt: Im Rahmen der KV-Förderung betragen die streitbefangenen und von den Zuwendungsempfängern noch einzuzahlenden Mittel in erster Instanz 5 429 826,18 Euro und in zweiter Instanz 4 280 996,86 Euro. Vizepräsident Eduard Oswald: Herr Kollege Herzog, Sie haben jetzt Ihre erste Nachfrage. Gustav Herzog (SPD): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Das sind schon gewaltige Beträge. Deswegen fordere ich Sie auf, mir zu erklären, wie Ihr Kollege Staatssekretär Ferlemann mir zu der Problematik der Rückforderungen am 22. April 2010 mitteilen konnte: Diese konnte jedoch bereits Mitte vergangenen Jahres in Gesprächen zwischen dem Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen, der WSD West und dem BMVBS beseitigt werden. - Also, die Problematik ist beseitigt, und Sie sagen mir jetzt, dass es noch streitbefangene Beträge in einer Größenordnung von fast 10 Millionen Euro gibt. Können Sie mir das erklären? Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herr Kollege Herzog, genau das ist das Thema. Wir sind in einem laufenden Verfahren in erster und zweiter Instanz. Sie wissen auch, dass das Ärgerliche an einem juristischen Verfahren ist, dass es ausständig ist. Aber wir versuchen, das Problem zu lösen. Dennoch gibt es Grenzen und Regeln, die wir einhalten müssen. Kollege Ferlemann hat Ihnen völlig zu Recht diese Antwort gegeben, weil wir uns anstrengen, diese knapp 10 Millionen Euro zu vereinnahmen. Vizepräsident Eduard Oswald: Kollege Herzog, Sie haben eine weitere Nachfrage. Gustav Herzog (SPD): Ich darf nur darauf hinweisen, dass Kollege Ferlemann mitgeteilt hat: Die Problematik konnte in Gesprächen geklärt werden. - Er hat nicht mitgeteilt, dass er vorhatte, das zu tun. Jetzt aber meine Rückfrage: Sie haben mit Datum vom 11. Oktober dieses Jahres in Ihrer Antwort auf meine Frage mitgeteilt: Die derzeitig noch streitbefangenen Mittel betragen circa 0,3 Millionen Euro. - Heute sprechen Sie von fast 10 Millionen Euro. Können Sie mir das erklären? Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Das ist so, weil es sich im Laufe des Verfahrens so angesammelt hat. Ich möchte noch einmal sagen: Wir legen Wert darauf, dass wir einige dieser Verfahren gehabt haben. Kollege Ferlemann hat auf die Verfahren Bezug genommen, die ohne Streit zu lösen waren. Die entsprechenden Zahlen sind jetzt ausständig. Daher werden wir versuchen, das Geld zurückzufordern. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Jetzt kommen wir zur Frage 29, ebenfalls unseres Kollegen Gustav Herzog: Welche Verfahrensschritte sieht die Bundesregierung vor, um das im 3. Bericht der Bundesregierung zur Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes vorgesehene Gebührensystem für die Schifffahrt umzusetzen, das das Vollkostenprinzip zum Ziel hat, bzw. nutzerfinanzierte geschlossene Finanzierungskreisläufe für die Schifffahrt umzusetzen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Die Frage beantworte ich wie folgt: Momentan wird von der Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums des Innern die Reform des Bundesgebührengesetzes durchgeführt und mit einer anschließend erforderlichen Rechtsbereinigung, das heißt einer Anpassung des Gebührenfachrechts an die neue Rechtsgrundlage, versehen. Damit wird das Verwaltungskostengesetz abgelöst. Die Reform des Bundesgebührengesetzes ist bis spätestens Ende 2017 abzuschließen. Neben der Schaffung von mehr Kostentransparenz und Rechtssicherheit bei der Gebührenbemessung, klaren und verbindlichen Vorgaben für die Gebührenkalkulation sowie der stärkeren Ausrichtung der Kalkulation auf betriebswirtschaftliche Grundsätze ist bei der Gebührenbemessung die Stärkung des Kostendeckungsprinzips ein zentraler Punkt. Zu weiteren Schritten hinsichtlich der Reform der WSV wird dem Parlament ohnehin berichtet. Vizepräsident Eduard Oswald: Herr Kollege Herzog, Ihre erste Nachfrage. Gustav Herzog (SPD): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Sie haben gesagt, bis 2017 soll diese Sache abgeschlossen werden. Kann ich also Ihrer Antwort entnehmen, dass Ihrem Vorhaben, zum Vollkostenprinzip zu kommen, in den nächsten Jahren keine finanziellen Möglichkeiten für den Bereich Bundeswasserstraßen erwachsen? Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Wir haben bei der Reform der WSV noch weitere Verfahrensschritte und Arbeitsschritte zu vollziehen. Die nächsten Berichte kommen ja. Als Fachpolitiker wissen Sie, dass wir in den nächsten Wochen eine weitere Diskussion im Ausschuss führen. Das ist in diesem Gesamtkonzept natürlich Diskussionsgrundlage. Das werden wir auch im Parlament immer offen und transparent darstellen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Kollege Herzog. Gustav Herzog (SPD): Haben Sie, Herr Staatssekretär, angesichts dieser Überlegungen auch vor, andere Nutzer der Bundeswasserstraßen heranzuziehen, wie zum Beispiel Unternehmen, die Wasser entnehmen, Kommunen, die ihre Abwässer einleiten, Wassersportler, Stichwort Wassertourismus? Sollen sie ebenfalls in das Vollkostenprinzip einbezogen werden? Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Kollege Herzog, wie Sie wissen, sind wir gerade mit dem Haushaltsausschuss in engen Abstimmungen und Diskussionen, weil das die Grundanforderung an unser Haus war. Die Fragen bleiben offen und werden erst dann in den verschiedenen Fachausschüssen diskutiert, wenn die nächsten Verfahrensschritte realisiert sind. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Die Frage 30 der Abgeordneten Behm wird schriftlich beantwortet. Daher verlassen wir den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Jetzt kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche zur Verfügung. Wir kommen zur Frage 31, gestellt von unserer Kollegin Bärbel Höhn: Wie erklärt die Bundesregierung den starken Verfall des Preises für CO2-Zertifikate, und welche Mindereinnahmen ergeben sich dafür für den Bundeshaushalt sowie - ein Verharren des Preises unter einem Niveau von 10 Euro pro Tonne CO2 vorausgesetzt - für die mittelfristige Finanzplanung des Bundes? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Höhn, die Bundesregierung erstellt selbst keine Analysen des Marktes für Emissionszertifikate. Marktteilnehmer sind sich jedoch einig, dass der seit Juni 2011 zu beobachtende Rückgang des Zerfitikatspreises von 15 Euro auf 10 Euro unter anderem auf die Eintrübung der Wirtschaftsaussichten in der EU zurückzuführen ist. Sollte der Zertifikatspreis auf dem derzeit sehr niedrigen Niveau verharren, was wir aber nicht wissen, würde dies gegenüber den der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes zugrunde gelegten Annahmen zu Mindereinnahmen beim Energie- und Klimafonds von etwa einem Drittel führen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Höhn. Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, Sie haben das eben benannt: Mindereinnahmen von ungefähr einem Drittel, wenn der Zertifikatspreis so gering bleibt. Wir gehen davon aus, dass die Einnahmen vielleicht sogar um 40 Prozent zurückgehen. Welche Ideen haben Sie, um neue Einnahmen zu akquirieren? Wenn Sie diese neuen Einnahmen nicht haben, was fällt diesen Mindereinnahmen dann eigentlich zum Opfer? Was kann also nicht finanziert werden, weil die Einnahmen fehlen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Da wir nicht wissen, wie sich der Zertifikatspreis entwickelt, und wir davon ausgehen, dass es nicht zu den von Ihnen befürchteten Einbrüchen kommt, konzentrieren wir uns jetzt auf die Planungen und Ausgestaltungen mit den Mitteln, die wir einberechnet haben. Wie Sie wissen, haben wir dabei einen Zertifikatspreis von durchschnittlich 17 Euro zugrunde gelegt. Vizepräsident Eduard Oswald: Zweite Nachfrage, Frau Kollegin Höhn. Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, der Bundesumweltminister hat im Umweltausschuss gesagt, 20 Prozent CO2-Reduktion in der EU vor der Wirtschaftskrise in 2008 seien das Gleiche wie ungefähr 30 Prozent CO2-Reduktion in der EU nach der Wirtschaftskrise in 2008. Auch die EU hat jetzt festgestellt, dass viel zu viele CO2-Zertifikate auf dem Markt sind. Daher will die EU die Anzahl der Zertifikate um 500 bis 800 Millionen reduzieren. Wie steht die Bundesregierung zu dieser Reduzierung der Anzahl der Zertifikate, und setzt sie sich weiterhin dafür ein, dass auch das Ziel von 30 Prozent CO2-Reduktion jetzt endlich auf EU-Ebene übernommen wird? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Zum einen kann ich bekräftigen, dass der Bundesumweltminister bzw. das Bundesumweltministerium nach wie vor für ein ambitionierteres Ziel auch innerhalb der EU wirbt. Gleichwohl ist es gut und richtig, wenn die EU auf großen internationalen Konferenzen mit einer Stimme spricht. Es ist auch kein Geheimnis, dass nicht jeder Mitgliedstaat gleichermaßen von unseren Anstrengungen überzeugt ist. Zum anderen sprechen Sie einen Punkt an, den auch wir als Ursache für fallende Zertifikatspreise sehen - das Erste war auch in Ihrer Bewertung in Bezug auf die EU-Ziele implementiert -: Da international offenbar nicht erwartet wird, dass es in Durban zu einem Durchbruch kommen wird, ist man zurückhaltend, was die Erwartungen betrifft, ein internationales Abkommen zu schließen und einen internationalen Zertifikatehandel auf den Weg zu bringen. Einerseits führt dies zu Zurückhaltung, und andererseits gibt es mehr Zertifikate auf dem Markt. Wenn es auf dem Markt ein Überangebot gibt, dann sind die Preise tief. Ich darf aber darauf hinweisen, dass es ab 2013 ein Cap gibt und dass wir dann auch zu einer deutlichen Absenkung der Anzahl der Zertifikate kommen. Das wird zu einer Verknappung und dann hoffentlich auch zu einer Erhöhung des CO2-Zertifikatspreises führen. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also nicht beantwortet! Okay! Dann werde ich noch einmal nachfragen!) Vizepräsident Eduard Oswald: Die Chance besteht für Frau Kollegin Katja Keul, die eine weitere Frage hat. Bitte schön. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Gestern haben WWF und Germanwatch eine Studie vorgestellt, nach der zehn Unternehmen in der zweiten Emissionshandelsperiode zusammen 60 Millionen überschüssige Zertifikate mit einem Marktwert von 780 Millionen Euro zugeteilt bekamen. Können Sie das bestätigen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich kann den Bericht nicht bestätigen. Das kann ich nachreichen. Allerdings habe ich bereits bestätigt, dass wir von der ersten Handelsperiode an zunächst eine deutliche, dann aber eine abnehmende Überallokation hatten. Die rot-grüne Bundesregierung hat als Erste Erfahrungen gesammelt, und dann hat die Große Koalition den Zertifikate- bzw. Emissionshandel weiterentwickelt. Wir sind in der Phase, ihn endlich zu europäisieren. Es gab eine Lernkurve, und wir wissen - und das ist das Ziel -, dass sich nur dann ein Markt entwickeln kann, wenn es kein Überangebot gibt; denn sonst kommt es zu solchen Preisverfällen. Vielleicht ein Nachtrag: Im EKF-Gesetz besteht die Möglichkeit, dass aus dem Bundeshaushalt Liquiditätsdarlehen begeben werden können, wenn es Liquiditätsengpässe gibt. Das nimmt der Kollegin Höhn vielleicht die Angst, dass wir dramatische Einsparungen vornehmen müssen, die wir alle nicht wollen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Jetzt kommen wir zur Frage 32, ebenfalls unserer Kollegin Bärbel Höhn. Hat die Bundesregierung vor Beschluss des beschleunigten Atomausstiegs geprüft, ob der Ausstieg mit Art. 10 des Vertrages über die Energiecharta vom 17. Dezember 1994 vereinbar ist und ob er gegebenenfalls Entschädigungspflichten nach Art. 13 des Vertrages nach sich zieht, und, wenn ja, zu welchem Ergebnis ist die Prüfung gekommen? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Die Bundesregierung geht von einer Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelung zur Befristung der Berechtigung der Kernkraftwerke zum Leistungsbetrieb mit dem Grundgesetz sowie europa- und völkerrechtlichen Verpflichtungen aus. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Bärbel Höhn. Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vattenfall hat ja - zumindest ist das in der Presse so verlautet worden - schon angekündigt, die Bundesregierung wegen des Atomausstiegs vor dem Schiedsgericht für Investitionsstreitigkeiten in Washington zu verklagen. Ist denn schon eine entsprechende Klageschrift eingegangen? Wie gehen Sie eigentlich mit dieser Klageandrohung um? Sie müssen sich doch ein bisschen vorbereiten. Offensichtlich tun Sie nichts, oder? Also: Ist die Klage eingegangen, und bereiten Sie sich darauf vor? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Eine Klageschrift geht nicht beim BMU ein. Es wird ja nicht beim BMU geklagt, sondern, falls geklagt werden sollte, dann in Washington, wie Sie ja der Presse entnommen haben. Aber da ich Presseartikel nicht kommentiere und wir aus Washington keine Nachrichten haben, kann ich dazu gar nichts sagen. Vizepräsident Eduard Oswald: Frau Kollegin Bärbel Höhn, Ihre zweite Frage. Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Habe ich Sie also richtig verstanden, dass Sie auf diesen Fall, der die Steuerzahler ja wirklich viel Geld kosten kann, nicht vorbereitet sind? Wir haben es ja gerade erlebt, dass die Bundesregierung den Prozess um die Netzentgelte verloren hat. Das wird die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes teuer zu stehen kommen. Sie werden einen deutlichen Anstieg der Energiepreise erleben. Habe ich Sie also richtig verstanden, dass Sie die Frage der Entschädigung von Vattenfall einfach mal so auf sich zukommen lassen und bis heute noch keine Prüfung der rechtlichen Fragen und der Möglichkeit einer Entschädigung eingeleitet haben? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich habe bereits gesagt, Frau Kollegin Höhn, dass wir bei den Novellen zur Energiewende bezüglich des Atomausstiegs nicht nur eine grundgesetzliche Prüfung vorgenommen haben, sondern auch internationale und völkerrechtlich bindende Vorgaben beachtet haben. Wir gehen davon aus, dass die Novellen gültig sind und wir nichts von dem, was Sie in Bezug auf Vattenfall dargestellt haben, befürchten müssen. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen wir mal!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Ich habe jetzt noch eine weitere Frage unseres Kollegen Lenkert. Bitte schön, Kollege Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Staatssekretärin, Sie sagten, Sie haben die Regelungen im Hinblick auf mögliche Entschädigungsforderungen zum Beispiel seitens Vattenfall abgeprüft. Wo und von wem sind diese Prüfungen durchgeführt worden, und welchen Umfang hatten diese Prüfungen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Da wir keine Klageschrift kennen, können wir keine entsprechenden Prüfungen vornehmen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Alle weiteren Fragen zu diesem Geschäftsbereich werden schriftlich beantwortet. Es handelt sich um die Fragen 33 und 34 der Kollegin Kotting-Uhl, die Frage 35 des Kollegen Krischer sowie die Fragen 36 und 37 des Kollegen Fell. Alle Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Es handelt sich um die Fragen 38 und 39 des Kollegen Hagemann sowie die Fragen 40 und 41 des Kollegen Gehring. Auch die Frage 42 des Kollegen Ströbele zum Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes wird schriftlich beantwortet. Somit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Otto zur Verfügung. Die Fragen 43 und 44 der Kollegin Graf wie auch die Frage 45 des Kollegen Krischer sowie die Fragen 46 und 47 der Kollegin Höger werden schriftlich beantwortet. Wir kommen damit zur Frage 48 unserer Kollegin Katja Keul: Wer hat die Lieferung von 72 Kampfjets durch das Eurofighter-Konsortium an Saudi-Arabien genehmigt, und inwiefern war die Bundesregierung hierbei eingebunden (Financial Times Deutschland vom 28. September 2011; Spiegel Online: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,432332,00.html, Stand: 18. August 2006)? Bitte schön, Herr Staatssekretär. (Zuruf von der SPD: Eben war er noch da! - Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wo ist er denn jetzt?) - Eben war er noch da. (Eckart von Klaeden, Staatsminister: Ich gehe einmal gucken!) Ich habe ihn gerade noch gesehen. Deshalb habe ich die Frage auch aufgerufen. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das kann Herr von Klaeden mit übernehmen! - Iris Gleicke [SPD]: Diese Regierung ist stehend k.o.!) Ich schaue eben, welcher Geschäftsbereich als Nächstes an der Reihe ist. (Dagmar Ziegler [SPD]: Der ist auch nicht da! - Caren Marks [SPD]: Da sind alle schon weg! - Stefan Schwartze [SPD]: Frau Schröder allein zu Haus! - Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wer ist denn von der Regierung da? Wer ist aussagefähig?) Als Nächstes käme der Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen dran. Dessen Vertreter ist momentan allerdings auch nicht anwesend. (Sönke Rix [SPD]: Von Finanzen verstehen die nichts!) Die vor diesem Geschäftsbereich vorgesehenen Fragen zu den Geschäftsbereichen des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums des Innern sollen nämlich schriftlich beantwortet werden. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist die Regierung? - Iris Gleicke [SPD]: Wenn die Staatssekretäre sich nicht in der Lage fühlen, sollten wir die Minister herholen!) Ich - - (Iris Gleicke [SPD]: Was ist denn nun? Eine Missachtung des Parlamentes ist das! - Sönke Rix [SPD]: Dann kann ja das Bundeskanzleramt Generalantwort geben! - Gegenruf des Staatsministers Eckhart von Klaeden: Prinzipiell ist das auch richtig! - Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sollen wir unterbrechen?) - Der Vertreter des Bundeskanzleramtes hat gerade durch einen Zwischenruf erklärt, dass er dazu in der Lage wäre, zu antworten. Wir wollen aber trotzdem beachten, dass das natürlich in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie fällt. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Es fühlt sich keiner mehr zuständig!) Mir wird gerade zugerufen, er kommt. (Zuruf von der SPD: Wann denn? - Florian Pronold [SPD]: Eine Missachtung des Parlaments hier! - Stefan Schwartze [SPD]: Wir sind alle extra deshalb gekommen!) - Der Herr Staatssekretär wird sicher erklären können, warum er kurzzeitig nicht am Platz war. Es geht um die Frage 48 der Frau Kollegin Katja Keul. Herr Staatssekretär, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie kurz erläutern könnten, warum Sie gerade nicht am Platz waren; denn das hat hier allgemein zu Unruhe geführt. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Richtig, Herr Präsident! - Florian Pronold [SPD]: Wo waren Sie denn? - Caren Marks [SPD]: Wo bin ich denn? Was soll ich sagen?) Bitte schön, Herr Staatssekretär. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Ich war hier im Hause bei einem Koalitionsgespräch über Energiepolitik. (Iris Gleicke [SPD]: Von Ihren Koalitionsgesprächen hört man ja so einiges!) Als ich vor einer Viertelstunde das Plenum verlassen habe, waren wir bei Frage 28. Damit, dass ich so schnell an der Reihe sein würde, habe ich nicht gerechnet. (Florian Pronold [SPD]: Das ist ja bei der Regierung öfter so, dass sie der Zeit hinterher ist!) Aber ich stehe jetzt gerne zur Verfügung, Frau Kollegin Keul, zur Beantwortung der Frage 48, in der es um die Lieferung von 72 Kampfjets an Saudi-Arabien geht. Dieser Lieferung liegt, wie Sie auch Presseberichten entnehmen konnten, ein Vertrag der britischen Regierung mit der saudi-arabischen Regierung zugrunde. Die Auslieferung der Flugzeuge erfolgte nur von Großbritannien aus. Dabei gilt das Exportkontrollrecht. Das heißt, die Bundesregierung ist in das Exportvorhaben durch die Genehmigung von Zulieferungen - und nur von Zulieferungen - deutscher Unternehmen zur Herstellung der Flugzeuge in Großbritannien eingebunden. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Keul. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Verstehe ich Sie richtig, dass die Bundesregierung in die Genehmigung von Exporten nach Saudi-Arabien in keinster Weise eingebunden war, und ist die Bundesregierung mit diesem Zustand zufrieden? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin Keul, der Sachverhalt ist folgender: Die Eurofighter-Partnerländer - das sind die Länder Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien - haben im Oktober 1986 ein Regierungsübereinkommen geschlossen, in dem genau festgelegt ist, was in solchen Fällen zu passieren hat. Danach ist jedes Land verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Lieferung ermöglicht wird. Wenn also ein Land die Zulieferungen nicht genehmigt, dann muss es für eine alternative, funktionierende Bezugsquelle sorgen. Die Bundesregierung hat nach sorgfältiger Prüfung auf Grundlage von Ziffer II.4 der Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern keine Veranlassung gesehen, Einwendungen gegen die Verwendung deutscher Zulieferungen für dieses Exportvorhaben geltend zu machen, zumal, wie ich noch einmal betonen möchte, die Nichtlieferung von deutschen Zulieferkomponenten nicht dazu geführt hätte, dass der Export gescheitert wäre; vielmehr wären die Zulieferteile dann aus anderen Ländern gekommen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Katja Keul. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. - Dann wüsste ich an dieser Stelle gerne, ob die Bundesregierung zum Zeitpunkt der Zulieferungen von Deutschland schon wusste, wohin das Endprodukt geliefert werden sollte. War also bereits zum Zeitpunkt der deutschen Lieferungen klar, dass die Eurofighter nach Saudi-Arabien geliefert werden würden? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Definitiv. Das war ein konkreter Auftrag, der erteilt worden war - allerdings schon vor einigen Jahren. Dieser Auftrag ist ausgeführt worden. Der Bundesregierung ist in einer solchen Situation - sie prüft das auch - natürlich bewusst, in welches Land ein Export erfolgt. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Ich beabsichtige jetzt - das sage ich für alle, die an den Bildschirmen sitzen -, die letzte Frage für heute aufzurufen. Das ist die Frage 49, die ebenfalls von der Frau Kollegin Katja Keul gestellt wurde: Inwiefern kann die Bundesregierung die vom Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, Georg Adamowitsch, in den Raum gestellte 80-prozentige Ablehnungsquote bei Anträgen bezüglich Kriegswaffen- und Rüstungsexporten (HNA vom 6. November 2011) im Bundessicherheitsrat bestätigen, bzw. welche anderen Zahlen hat sie, und wie viele Anträge und Voranfragen - jährlich/monatlich - beziehen sich auf diese Zahlen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin, Sie wissen natürlich aus mehreren Fragerunden, die es in diesem Hause schon gab, dass der Bundessicherheitsrat geheim tagt und dass deswegen die Tagesordnungen und die Ergebnisse ebenso eingestuft sind. Deshalb würde ich mich sogar strafbar machen, wenn ich irgendwelche Erkenntnisse, die ich aus dem Bundessicherheitsrat habe, hier preisgäbe. In allgemeiner Form, also nicht konkret bezogen auf die Behauptung von Herrn Adamowitsch, kann ich Ihnen sagen, dass die Bundesregierung jährlich im Rahmen des Rüstungsexportberichtes den Bundestag über den jeweiligen Stand der Anträge informiert. Entsprechend dem zuletzt dem Bundestag vorgelegten Bericht wurden im Jahr 2009 128 Anträge für die Genehmigung von Rüstungsgüterausfuhren abgelehnt. Der Gesamtwert der abgelehnten Anträge belief sich auf 62,6 Millionen Euro. Dem steht aber - damit deute ich an, dass die Aussage von Herrn Adamowitsch wohl nicht ganz richtig ist - ein Wert von insgesamt 5,043 Milliarden Euro für 16 826 erteilte Einzelausfuhrgenehmigungen gegenüber. Auf der einen Seite wurden also rund 16 000 Genehmigungen, die Anträge in einem Wert von 5,043 Milliarden Euro umfassen, erteilt, und auf der anderen Seite wurden 128 Anträge mit einem Wert von 62,6 Millionen Euro abgelehnt. Das sind andere Zahlen als die von Herrn Adamowitsch genannten. Allerdings weiß ich nicht, ob er diese Aussage tatsächlich getätigt hat. Vizepräsident Eduard Oswald: Frau Kollegin Katja Keul, Sie haben eine Nachfrage? Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja. - Wenn ich nur die Zahlen in Erfahrung bringen wollte, die ich auch im Rüstungsexportbericht finden kann, dann hätte ich diese Frage hier sicherlich nicht stellen müssen. Herr Adamowitsch hat sich speziell auf die Genehmigungen im Bundessicherheitsrat bezogen. Deswegen frage ich Sie: Wie kann es sein, dass Herr Adamowitsch Zahlen über Anträge und Ablehnungen im Bundessicherheitsrat hat, die wir als Parlamentarier nicht haben und die Sie mir auch nicht mitteilen können? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Es könnte durchaus die Möglichkeit gegeben sein, dass sich Herr Adamowitsch bei seiner Aussage getäuscht hat. Ich kann Ihnen jedenfalls nur die Zahlen vortragen, die bis zum Jahr 2009 vorliegen. Denn der Rüstungsexportbericht für das Jahr 2010 ist noch in der Bearbeitung; er ist also noch nicht fertiggestellt. Welche Zahlen darin enthalten sind, ist mir nicht bekannt. Ich kann Ihnen aber sagen, dass auch im Jahr 2008 die Zahlen und die Quoten mit denen aus dem Jahre 2009 vergleichbar sind. Ich habe die Zahlen hier vorliegen; ich könnte sie Ihnen vortragen. Daraus geht keinesfalls eine Ablehnungsquote in Höhe von 80 Prozent hervor. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie wollen das Recht einer zweiten Nachfrage wahrnehmen. Bitte schön. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke sehr, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, können Sie mir denn die Frage beantworten, wie viele der circa 2 000 rüstungsrelevanten Anträge, über die auf ministerieller Ebene jedes Jahr entschieden wird, in den Bundessicherheitsrat verwiesen werden? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Nein, diese Zahl kann ich Ihnen jetzt leider nicht präsentieren. Soweit das zulässig ist, werde ich sie Ihnen selbstverständlich gerne nachreichen. Es ist völlig eindeutig: Es gibt klare gesetzliche Vorschriften, welche Anträge in den Bundessicherheitsrat verwiesen werden müssen. Es ist also nicht so, dass es im Ermessen des Bundeswirtschaftsministeriums liegt, über solche Anträge allein und ohne den Bundessicherheitsrat zu entscheiden. Es gibt ganz klare gesetzliche Regelungen, wofür der Bundessicherheitsrat zuständig ist und wofür nicht. (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die werde ich mir ansehen!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Damit ist die Fragestunde beendet. Bei den weiteren Fragen verfahren wir so, wie es in unserer Geschäftsordnung vorgesehen ist. Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD Nein zum Betreuungsgeld - Familien- und Bildungspolitik zukunftsfähig gestalten Erster Redner in der Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege Dr. Frank-Walter Steinmeier. Bitte schön, Kollege Frank-Walter Steinmeier, Sie haben das Wort. (Beifall bei der SPD) Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Allgemeinen - das wissen Sie - gehöre ich zu den eher gelassenen Menschen dieser Republik. Aber, so befürchte ich, diese Regierung und auch diese Regierungsfraktionen bringen in den nächsten Minuten mein Selbstbild in Gefahr. Ich kann jedenfalls nicht gelassen bleiben, wenn ich sonntagabends vor dem Fernseher sitze und mir anschaue, worüber sich diese Koalition angeblich einig ist. Das macht mich wieder und wieder fassungslos. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Da werden zum einen die wirklich wichtigen Themen der Koalition umschifft. Die FDP muss zur Kenntnis nehmen, dass über den Mindestlohn auf dem CDU-Bundesparteitag entschieden wird, nicht aber in der Koalition. Stattdessen werden dann Notfallkoffer gepackt. Da sind Trostpflästerchen und Placebos drin. Für die siechende FDP gibt es eine kleine Vitaminspritze in Form von Steuersenkungen, immerhin in der Größenordnung von 6 Milliarden Euro, und für die CSU gibt es eine familienpolitische Beruhigungspille für 2 bis 3 Milliarden Euro. So kauft man vielleicht ein paar Wochen Ruhe in der Koalition, aber gesund wird diese Koalition dadurch nicht. Das ist rausgeschmissenes Geld. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Zuruf von der CDU/CSU: Sie sind nicht mehr an den Menschen dran! - Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Diese Rede ist unter Ihrer Würde, Herr Steinmeier!) Das vorab. Sie ahnen, dass ich mich heute nicht deshalb zu Wort gemeldet habe; vielmehr habe ich ehrlich die Sorge, dass wir in der Debatte um das Betreuungsgeld so tun, als sei das eine der vielen familienpolitischen Debatten hier im Hause, in der es die einen so sehen, die anderen es anders sehen und alles gangbare Wege sind. Meine Damen und Herren, ich habe mich deshalb zu Wort gemeldet, weil ich fest davon überzeugt bin, dass das, was wir heute Nachmittag hier diskutieren, eine andere Qualität hat. Was Sie mit dem Betreuungsgeld auf den Weg bringen wollen, ist finanzpolitisch, familienpolitisch, integrationspolitisch, frauenpolitisch und auch wirtschaftspolitisch Unsinn. Das ist eine verhängnisvoll falsche Weichenstellung für die Zukunft. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ich habe mich auch deshalb zu Wort gemeldet - das in allem Ernst -, weil ich ahne, dass das auch viele in Ihren Reihen ganz genauso sehen. Und ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich Sie bitten möchte, diesen verhängnisvoll falschen Weg nicht zu gehen und auch nicht mitzugehen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Das fängt aus meiner Sicht damit an, dass wir ehrlich über das streiten, worum es wirklich geht. Ihre Ministerin sagt, sie wolle den Frauen Anerkennung zollen, die sich entscheiden, zu Hause bei den Kindern zu bleiben. Schon das ärgert mich maßlos, weil sie so tut, als wolle irgendjemand in diesem Hause diesen Frauen Anerkennung verweigern. Niemand will das. Es würde in der Debatte schon helfen, wenn Sie aufhören würden, mit dieser Unterstellung zu arbeiten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Haben Sie es eigentlich verstanden?) Für mich geht es um ganz etwas anderes. Es geht für uns darum, dass die Weichen an dieser entscheidenden Stelle jetzt nicht falsch gestellt werden. Es geht darum, dass wir mit der Einführung eines Betreuungsgeldes nicht Chancen aufs Spiel setzen, vor allem Chancen der Kinder, die der Betreuung in öffentlichen Einrichtungen am dringendsten bedürfen. Das darf nicht geschehen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sie aber sind dabei, genau das zu tun. Ich behaupte, Sie wissen es sogar. Sie wissen es; denn ich habe Ihren Rednern und Rednerinnen in der vergangenen Woche genau zugehört. Da haben sie nicht über das Betreuungsgeld geredet - ganz ehrlich -; vielmehr haben wir miteinander geredet auf zahllosen Veranstaltungen, Festakten, Kongressen, Tagungen. Anlass war: 50 Jahre Anwerbeabkommen Deutschland/Türkei. Da waren Redner von Ihnen, Redner von uns; keiner hat vergessen, den Dank gegenüber denjenigen abzustatten, die von weither gekommen sind und am Wohlstand dieses Landes mitgearbeitet haben. Keiner hat auch den Hinweis vergessen, dass uns auf der Wegstrecke der letzten 50 Jahre Integration nicht restlos geglückt ist, dass da Defizite geblieben sind, an denen wir arbeiten müssen - das haben auch Ihre Leute immer wieder gesagt -, und dass wir bei der Aufarbeitung dieser Defizite nur dann erfolgreich sein werden, wenn es uns gelingt, diese Kinder endlich mit gleichen Chancen - das heißt auch, gleichen Sprachkenntnissen - in die Schule zu bringen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Wer das aber alles richtig findet, der muss doch dann auch den nächsten Schritt gehen und sagen, dass das ohne frühkindliche Betreuung, ohne Betreuung in Kitas und Kindergärten, nicht funktioniert. Das haben Sie auch in allen öffentlichen Reden landauf, landab in der vergangenen Woche gesagt. Und dann, nicht zwei Jahre später, nicht zwei Monate später, sondern am Sonntag derselben Woche, nachdem zahllose Reden dieser Art gehalten worden sind, entscheiden Sie genau das Gegenteil. (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Unsinn, was Sie da erzählen! - Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sie haben es doch immer noch nicht verstanden!) Dann entscheiden Sie sich für einen finanziellen Anreiz, der dazu führen wird - das garantiere ich Ihnen -, dass viele von denen, die es dringend nötig hätten, aus Kitas ferngehalten werden, und das ist der falsche Weg. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Es ist der falsche Weg. Sie haben dieselben Zahlen zur Verfügung wie ich. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Nein!) Sie führen dieselben Gespräche mit den Bürgermeistern und Oberbürgermeistern von CDU-regierten Städten, die Ihnen alle dasselbe sagen. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sie wissen ja gar nicht, wovon Sie reden!) Was die FDP anbelangt, so darf ich Ihnen die Aussage von Miriam Gruß aus dem Jahr 2008 im Bundestag zitieren: Mit dem Betreuungsgeld verstärken wir den Teufelskreis, in dem Kinder, die von zu Hause keine Chance auf frühe Bildung ... haben, vom Kindergarten ausgeschlossen werden ... (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist schon drei Jahre her!) Meine Damen und Herren, ich will ja nur daran erinnern, dass wir in der Debatte zu diesem Thema hier in diesem Haus miteinander schon einmal etwas weiter waren. Ich will nicht zurück in eine Zeit, in der ein Franz-Josef Wuermeling von der "gemeinschaftszersetzenden Berufstätigkeit der Frau" sprach. Das kann nicht sein. Dahin wollen wir nicht zurück. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wenn Sie wirklich etwas für die Kinder tun wollen, dann nehmen Sie das Geld, über das Sie am vergangenen Wochenende geredet haben, und geben es dorthin, wo es dringend benötigt wird: in die Schaffung von Plätzen in Kindertagesstätten. Ich sage Ihnen noch: Sorgen Sie vor allem dafür, dass in den neuen Kitas schließlich Erzieher arbeiten werden. Darum geht es nämlich. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Bitte kommen Sie zum Schluss. Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD): Das muss der Weg sein. Deshalb sagen wir Nein zu den von Ihnen entschiedenen Maßnahmen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Dr. Steinmeier. - Jetzt für die Fraktion der CDU/CSU unsere Kollegin Dorothee Bär. Bitte schön, Frau Kollegin Dorothee Bär. (Beifall bei der CDU/CSU) Dorothee Bär (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Kollege Steinmeier, hier geht es nicht darum, ob Ihr Selbstbildnis in Gefahr ist. Vielmehr geht es darum, was wir tun, um Familien in diesem Lande eine Wahlfreiheit zu ermöglichen. (Beifall bei der CDU/CSU - Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo leben Sie denn?) Diese Koalition macht keine Politik für ehemalige Kanzlerkandidaten, sondern für die Mehrheit der Bevölkerung in diesem Lande. (Beifall bei der CDU/CSU - Lachen bei der SPD) Betreuungsgeld ist Zukunftsgeld, weil wir in die Zukunft unseres Landes und in die Zukunft unserer Kinder investieren, (Florian Pronold [SPD]: Wechseln Sie mal Ihren Redenschreiber aus! - Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sie sind die Vergangenheit! - Dagmar Ziegler [SPD]: Weil wir eine schlechte Zukunft wollen!) weil wir kein staatlich verordnetes Familienmodell wollen und weil wir echte Wahlfreiheit wollen. Diese Wahlfreiheit ist übrigens ein urliberaler Gedanke. (Beifall bei der CDU/CSU) Ich möchte nicht, dass sich junge Frauen und Männer für das Familienmodell rechtfertigen müssen, das sie leben wollen. (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Bleiben Sie doch auch mal zu Hause!) Häufig werden Frauen auf Spielplätzen angesprochen, wenn sie selber mit ihren Kindern dort sind. Sie werden gefragt: Warum ist dein Kind nicht in der Krippe? Hast du keinen Platz bekommen? (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tun Sie doch nicht so, als ob es in Bayern überall Krippenplätze gäbe! Es gibt dort Wartelisten! Die Leute sind auf der Suche nach Plätzen!) Die junge Frau sagt: Nein, ich habe mich ganz bewusst gegen einen Krippenplatz entschieden, weil mir diese Zeit mit meinem Kind wichtig ist. - Das heißt, man muss sich für eine solche Entscheidung rechtfertigen. Man erkennt anhand des Geschreis, dass man bei der Opposition offensichtlich einen Nerv getroffen hat. (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es geht Ihnen nämlich überhaupt nicht darum, ob nun ein Betreuungsgeld eingeführt wird oder nicht. Vielmehr zeigt die hochemotionale Reaktion, dass es Ihnen um etwas anderes geht. Die SPD hat einfach wahnsinnige Angst. Herr Kollege Steinmeier, wenn wir schon beim Zitieren sind, dann möchte ich sagen: Die SPD hat wahnsinnige Angst, ihre Lufthoheit über den Kinderbetten zu verlieren. So hat es Ihr damaliger Generalsekretär Olaf Scholz doch gesagt. (Beifall bei der CDU/CSU - Zurufe von der SPD: Oh! - Zuruf des Abg. Florian Pronold [SPD]) - Herr Kollege Pronold, Sie müssen auch nicht so garstig sein, nur weil Sie in Bayern nicht selber kandidieren dürfen, weil man es Ihnen nicht zutraut. Seien Sie einfach etwas ruhiger. Wir müssen uns einmal darüber unterhalten, um welche Gesellschaftsbilder es geht. Unser Gesellschaftsbild sieht so aus: Wir trauen es den Eltern zu, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Kinder erziehen wollen. Deswegen sorgen wir für den Ausbau der Kinderbetreuung, halten das aber nicht für das allein selig machende Modell. Es gibt hundert verschiedene andere Modelle. Jedem dieser Modelle wollen wir Rechnung tragen. Eines finde ich wirklich mehr als schofel: Der große Familienpolitiker und SPD-Grande Herr Oppermann, der sich in den Medien so großartig zu diesem Thema äußert, es heute aber nicht nötig hat, zu dieser Debatte zu erscheinen, (Sönke Rix [SPD]: Wo ist denn die Kanzlerin eigentlich?) hat gesagt: Das Betreuungsgeld ist obszön. - "Obszön" kommt aus dem Lateinischen und heißt "schmutzig, verderblich, schamlos". (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Dagmar Ziegler [SPD]: So ist es!) Da muss ich ganz ehrlich fragen: Welche Beschimpfungen müssen sich junge Eltern von Ihnen, die Sie überhaupt nicht wissen, was täglich an Familienarbeit in diesem Land geleistet wird, eigentlich noch gefallen lassen? (Beifall bei der CDU/CSU - Widerspruch bei der SPD) Es muss endlich mit den Diffamierungen aufhören, die von Ihrer Seite kommen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die Familien sind in Ordnung, Sie sind obszön!) Es geht um Folgendes: Leben und leben lassen, also die Möglichkeit schaffen, dass jede Familie - im Idealfall sind sich Mutter und Vater einig - ihre Kinder so erziehen kann, wie sie es für richtig hält. Da hat der Staat nicht reinzureden und zu sagen: Es gibt an der Stelle nur ein richtiges Modell. (Beifall bei der CDU/CSU) Denn Wahlfreiheit ist eben auch Familienmodellfreiheit. Herr Steinmeier, ich sehe es Ihnen nach; denn Sie sind kein Experte auf dem Gebiet: Sie haben Kitas und Kindergärten durcheinandergeschmissen und haben die Betreuung von Null- bis Dreijährigen mit der Betreuung von Drei- bis Sechsjährigen verwechselt. Das macht nichts; ich erkläre Ihnen gern unter vier Augen, wie wir uns das vorstellen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Zurufe von der SPD: Oh!) - Ich mache das gerne, weil ich den Kollegen persönlich schätze. Nur hat er sich da von seinen Kolleginnen etwas Falsches aufschreiben lassen. (Zuruf von der LINKEN: Es geht um die Bildung!) - Das ist genau das richtige Stichwort. Vielen Dank, das war wie bestellt. - Es wird immer gesagt: Bei einem zwölf Monate alten Kind ist es das Wichtigste, es mit Bildung vollzuknallen. - Erst einmal unterstellen Sie damit, dass Bildung im Elternhaus nicht stattfinden kann. Es ist absurd, den Eltern zu sagen: Ihr bildet eure Kinder nicht. - Natürlich findet Bildung zuallererst in den Familien statt. (Stefan Schwartze [SPD]: Die Einzigen, die das verallgemeinern, sind Sie!) Zweitens ärgert es mich wahnsinnig, dass von Bindung überhaupt nicht die Rede ist. Ohne Bindung kann keine Bildung geschehen. Bildung kann im schlimmsten Fall nachgeholt werden, Bindung nicht. Kinder, die keine festen Bezugspersonen haben, werden bindungsgestört. Da muss man sagen: Es ist eine Unverschämtheit und wirklich gemein, Eltern einzureden, dass sie ihren Kindern schaden, wenn sie sie in den ersten Jahren von irgendwelchen großartigen Bildungseinrichtungen fernhalten. (Dagmar Ziegler [SPD]: Unerhört! Sie sind nicht normal!) Wir reden hier wirklich nicht über die Drei- bis Sechsjährigen. Ich möchte, dass Sie in der Debatte sachlich bleiben. (Lachen und Beifall bei der SPD - Iris Gleicke [SPD]: Das war klasse!) - Die SPD ist irgendwie ein Karnevalsverein; das finde ich wirklich wahnsinnig schade. (Iris Gleicke [SPD]: Frau Kollegin Bär, Ihre Unterstellungen gegenüber arbeitenden Frauen sind unglaublich!) Ich möchte nicht, dass wir sagen: Das eine ist richtig, und das andere ist falsch. - Zudem investieren wir wahnsinnig viel in Betreuungsplätze. Ein kleiner Tipp am Rande: Sie sollten vielleicht einmal - - (Zurufe von der SPD) - Hören Sie von der SPD einmal zu. (Stefan Schwartze [SPD]: Wir sind schwer überfordert!) Wenn Ihnen das alles so wichtig ist, dann reden Sie doch einmal mit Ihrer Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. (Christel Humme [SPD]: Die Ministerpräsidentin Kraft muss die Entscheidungen der schwarz-gelben Regierung aufholen!) - Frau Humme, ist Frau Kraft von der schwarz-gelben Regierung? Also, bitte! Jetzt lassen wir doch einmal die Kirche im Dorf. (Stefan Schwartze [SPD]: Wer hat denn vergessen, 500 Millionen in den Haushalt einzustellen?) Frau Kraft hat eine Betreuungsquote von gut 15 Prozent erreicht. (Stefan Schwartze [SPD]: Fünf Jahre Rüttgers! - Weitere Zurufe von der SPD) - Ja, die Wahrheit tut weh. - Nordrhein-Westfalen steht von allen Bundesländern am allerschlechtesten da. Wenn Ihnen das so wichtig ist, dann setzen Sie einmal in den eigenen Reihen an: Kümmern Sie sich um den Ausbau der Kinderbetreuung hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen! - Ich wohne in Bayern. Da ist die Welt in Ordnung. (Lachen bei Abgeordneten der SPD) Ich will, dass das in ganz Deutschland so ist. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Dorothee Bär. - Jetzt spricht für die Fraktion Die Linke unser Kollege Ralph Lenkert. Bitte schön, Kollege Ralph Lenkert. (Beifall bei der LINKEN) Ralph Lenkert (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Idee zu einem Betreuungsgeld stammt leider aus Thüringen. Ein Blick auf die Entstehung des Thüringer Erziehungsgeldes - so heißt dort das Betreuungsgeld - erleichtert die Bewertung: 2005 wollte die damalige CDU-Alleinregierung bei Kindertagesstätten Geld kürzen. Nun ist es im Lande Fröbels, in Thüringen, schwer, gegen Kitas vorzugehen; denn wir Thüringer sind stolz auf eine Thüringer Errungenschaft: die Kindergärten. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Also entwarf die CDU die Familienoffensive. Der offizielle Kernpunkt der Offensive war die Einführung eines Landeserziehungsgeldes in Höhe von 150 Euro je Monat für Kinder zwischen zwei und drei Jahren, Kostenpunkt: 35 Millionen Euro. Aber geht das Kind in eine Kita, muss das Landeserziehungsgeld abgetreten werden. Das ist Ihre Wahlfreiheit. Inoffiziell verringerte der Freistaat Thüringen die Förderung der Kitas um insgesamt 20 Millionen Euro pro Jahr, und das bei steigenden Kinderzahlen. Das fehlende Geld glich die CDU-Regierung durch einen schlechteren Personalschlüssel und somit durch Abstriche bei Bildung und Betreuung unserer Kinder, also bei unserer Zukunft, aus. Die CDU glaubte, mit dem Erziehungsgeld ein Schweigen der Eltern zu den Einschnitten bei den Kitas erkaufen zu können. Leider durchschauten die Thüringer Eltern den Etikettenschwindel und initiierten das Volksbegehren für eine bessere Familienpolitik. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Zuruf von der SPD: Gott sei Dank haben sie das durchschaut!) Verkürzt lautete der Kern des Volksbegehrens: Bildungsqualität und zukünftige Chancen unserer Kinder sind wichtiger als ein Erziehungsgeld für Mutti oder Vati am Herd und das Kind in der Küche. (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Die Thüringer Eltern waren schon 2005 so weit, wie viele Experten in der Anhörung es heute sind und wie es die CDU wahrscheinlich niemals sein wird. (Heiterkeit bei der LINKEN) 2009 verlor die CDU in Thüringen auch wegen ihrer verfehlten Bildungspolitik die Alleinherrschaft. 2010 zwang das Volksbegehren mit über 60 000 Unterschriften die CDU zum Kompromiss mit ihrem neuen Regierungspartner. Das neue Thüringer Kitagesetz verbesserte die Qualität von Bildung und Betreuung in den Thüringer Kitas deutlich. Fünf Jahre Kampf mit direkter Demokratie von uns Eltern, den Erzieherinnen und Erziehern, den Gewerkschaften, von der SPD, den Grünen und der Linken erzwangen diesen Erfolg. Danke an alle Thüringer Unterstützer des Volksbegehrens. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Der Preis des Kompromisses war: Das Landeserziehungsgeld blieb. Als Technologe bewerte ich Zahlen. In Jena hatten wir schon immer mehr als 50 Prozent der unter Dreijährigen in Kitas - ein Spitzenwert in Thüringen - und eine Abiturquote von 60 Prozent - ein Spitzenwert in Thüringen. (Beifall bei der LINKEN - Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Das hat aber andere Gründe!) Daraus folgt: Zeitige und gute frühkindliche Bildung erhöht das Bildungsniveau - Herr Kurth, auch bei Ihnen. Das ist der Vorteil unserer frühkindlichen Bildungseinrichtungen. Aber warum bestand die CDU auf dem Landeserziehungsgeld? Mit Ihrem Anerkennungsargument für Mütter und Väter zu Hause schlage ich mich seit fünf Jahren herum. Aber mit diesem Argument unterstellen Sie Müttern und Vätern, die einen Beruf ausüben und ihre Kinder erziehen, sie würden sie nicht erziehen. (Iris Gleicke [SPD]: So ist das!) 8 760 Stunden hat ein Jahr. Etwa 230 Tage geht ein Kind in die Kita - gehen wir einmal von zehn Stunden wochentags aus. Das ist der erkämpfte Rechtsanspruch in Thüringen. Das ergibt 2 300 Stunden Betreuungszeit pro Jahr in der Kita. Das sind 26 Prozent der Jahresstunden. 6 400 Stunden jährlich, also über 70 Prozent des Jahres, betreuen und erziehen die Eltern ihr Kind zu Hause. Wenn es Ihnen von der CDU wirklich um die Anerkennung der Erziehungsleistung gehen würde, müssten Sie für 70 Prozent der Erziehungsleistung den Kitaeltern auch 70 Prozent des Erziehungsgeldes zahlen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Dies planen Sie nicht einmal. Also ist dieses Argument der Anerkennung der Erziehungsleistung vorgeschoben. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Iris Gleicke [SPD]: Es geht um etwas anderes! Es geht um das Frauenbild!) Sie missachten die Erziehungsleistung von Millionen Eltern, die Kitas nutzen. Warum also will die CDU das Betreuungsgeld? Ein Platz für unter Dreijährige kostet in Thüringen 750 Euro im Monat. 750 Euro Kosten minus 150 Euro Elternbeitrag minus 150 Euro Erziehungsgeld ergibt 450 Euro weniger Kosten im Monat für die Kinderbetreuung - für jedes Kind bei Mutti am Herd. Diese 5 400 Euro Einsparung im Jahr sind der Grund für Ihr Betreuungsgeld. Sie opfern die Zukunft unserer Kinder. Machen Sie den Eltern keine unmoralischen Angebote! (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU) Die Linke fordert Sie auf: Verzichten Sie auf Ihr Betreuungsgeld! Garantieren Sie jedem Kind ab dem ersten Geburtstag ohne Einschränkung und Bedarfsprüfung einen ganztägigen Kitaplatz, wie das in Thüringen die Eltern erkämpften! Zuletzt noch eine Botschaft nach Thüringen an Ministerpräsidentin Lieberknecht und Kultusminister Matschie: Eltern haben das Kitagesetz erstritten. Diese Eltern werden mit dem gleichen Einsatz für die Einheit von Grundschulhort und Grundschule eintreten. Wir lassen nicht zu, dass Sie nach dem Scheitern der Sparpläne bei Kitas jetzt die Horte ausbluten lassen. Wir von der Linken fordern: Weg mit dem Betreuungsgeld! Schluss mit der Kitaverzichtsprämie! Und für Thüringen: Hände weg vom Grundschulhort! (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Lenkert. - Jetzt spricht für die Fraktion der FDP unsere Kollegin Miriam Gruß. Bitte schön, Frau Kollegin. (Stefan Schwartze [SPD]: Mit einer flammenden Rede gegen das Betreuungsgeld wie früher! - Florian Pronold [SPD]: Jetzt sind wir gespannt, Miriam!) Miriam Gruß (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, am Sonntag wurde ein Betreuungsgeld beschlossen. Unsere Bedenken zum Betreuungsgeld sind, glaube ich, bekannt. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hört sich ja nicht begeistert an!) Aber die Koalition hat sich auf ein Gesamtpaket verständigt. Wenn man dieses Gesamtpaket betrachtet, wird deutlich, dass wir etwas für die Familien im Lande tun. Erstens. Wir lassen ihnen mehr Geld in der Tasche, weil wir den Grundfreibetrag erhöhen. Zweitens. Wir schaffen Gerechtigkeit, indem wir die kalte Progression abmildern. Drittens. Wir verbessern die Pflegesituation, indem wir Demenzkranke besser versorgen. (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Also Geld statt Bildung!) Viertens. Wir sorgen für mehr Generationengerechtigkeit in der Pflegeversicherung, indem wir eine zusätzliche staatlich geförderte Säule einführen. Fünftens. Wir erleichtern die Zuwanderung von dringend benötigten Fachkräften, indem wir die Einkommensgrenze deutlich senken. (Florian Pronold [SPD]: Themaverfehlung, Miriam!) Das alles kann sich sehen lassen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie versuchen, das Betreuungsgeld schönzureden!) Beim Betreuungsgeld kommt es nun auf die konkrete Ausgestaltung an. (Lachen bei Abgeordneten der SPD) Wir müssen es auf rechtlich sichere Beine stellen und Fehlanreize vermeiden. Dabei werden wir die Familienministerin unterstützen. Ziel dieser Koalition ist es, Wahlfreiheit für die Familien zu schaffen. Jede Familie soll so leben können, wie sie will. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dieses Rumgeeiere!) Zu dieser Wahlfreiheit gehört auch ganz entscheidend der Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Das Statistische Bundesamt hat diese Woche hierzu Zahlen veröffentlicht, die eine deutliche Sprache sprechen. Der Anspruch ist, bis 2013 eine Betreuungsquote von 35 Prozent zu erreichen. Stand heute: Nur knapp 25 Prozent wurden erreicht. Von Bundesseite wurden hierfür 4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Fakt ist jedoch leider, erstens, dass die Bundesländer diese Gelder höchst unterschiedlich abrufen, und zweitens, dass sie in höchst unterschiedlichem Maße selber Gelder für den Ausbau zur Verfügung stellen. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Brauchen wir deswegen das Betreuungsgeld, oder was? Unsinn!) Die Länder sind hier nun ganz klar in der Pflicht. In der Sache sind wir uns einig: Es kommt nicht nur darauf an, wo ein Kind betreut wird, sondern auch, wie es gefördert wird. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Mäßiges Klatschen bei der CDU/CSU!) Dies kann und muss zu Hause der Fall sein, aber nicht ausschließlich. Es gilt der afrikanische Leitspruch: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen. (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! - Florian Pronold [SPD]: Kriegt dann das ganze Dorf auch das Betreuungsgeld?) In diesem Sinne werden alle gebraucht: die Eltern, die Gesellschaft und der Staat. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Gruß. - Jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unsere Kollegin Ekin Deligöz. Bitte schön, Frau Kollegin Deligöz. Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Einzige, was die Rede von Frau Bär hier demonstriert hat, ist, dass es beim vorgesehenen Betreuungsgeld wohl eher um das Überleben der CSU geht als um die Zukunftschancen der Kinder. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Inhalte!) Das war die Aussage Ihrer Rede, Frau Bär. Wenn ich die Rede von Frau Gruß hinzuziehe, würde ich sagen: Sie sind nicht überzeugend. Mit Ihren Argumenten überzeugen Sie hier keinen Menschen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Stefan Müller [Erlangen] [CDU/ CSU]: Wir überzeugen lieber die Bürger!) Das sage übrigens nicht nur ich. Es gab eine Anhörung im Ausschuss des Bundestages, bei der relativ wenige von Ihnen anwesend waren. Das mag Ihnen jetzt nicht passen, aber Sie haben keinen einzigen Experten gefunden, der sich für das geplante Betreuungsgeld ausgesprochen hat. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!) Sie mussten einen MdL, ein Mitglied einer Landtagsfraktion, bemühen, um endlich jemanden zu haben, der sich für das Betreuungsgeld ausgesprochen hat. (Caren Marks [SPD]: Das war so peinlich!) Das nennt man: Experten aus den eigenen Reihen generieren. Sie finden absolut niemanden in unserer Gesellschaft und auch niemanden unter den Experten, der sich dafür ausspricht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Daniela Ludwig [CDU/ CSU]: Die normalen Bürgerinnen und Bürger!) Es sind hier viele richtige Argumente genannt worden. Aber mit einem Trugbild konservativer Natur möchte ich aufräumen: (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist modern, hochmodern!) Sie tun so, als ob der Kitaausbau die Familien in unserem Land im Regen stehen lasse und man für eine echte Wahlfreiheit das Betreuungsgeld einführen müsse. (Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Das glauben auch nur Sie!) Das ist verantwortungslos. Das ist nicht nur Unsinn, sondern Sie verbreiten hier wissentlich Falsches. Wenn Sie sich hier schon als Expertin gerieren, dann sollten Sie das wissen. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Es muss nicht jeder Ihr Modell leben!) Wir investieren durch das Ehegattensplitting derzeit 20 Milliarden Euro in die Hausfrauenehe. Wir haben die beitragsfreie Mitversicherung der Ehegattinnen, was Milliarden kostet. (Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Lesen bildet!) Das wurde auch aus Ihren Reihen angesprochen. (Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Haben Sie Probleme mit Hausfrauen?) Beim Elterngeld investieren wir in einen Sockelbetrag, den Sie bei den Schwächsten, bei den ALG-II-Empfängern, aus Haushaltsgründen gekürzt haben. All das dient dazu, die Hausfrauenehe zu fördern. Sie halten daran fest, um die Hausfrauen zu unterstützen. Bekennen Sie sich wenigstens dazu! Diese falsche Politik führen Sie durch das Betreuungsgeld fort. Sie manifestieren Rollenbilder, die in unserer Gesellschaft längst überholt sind. Das ist nicht das, was Frauen wollen. Das ist nicht das, was junge Eltern wollen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Daniela Ludwig [CDU/ CSU]: Und das wissen Sie, und das bestimmen Sie, oder wie?) Das Schlimmste daran ist, dass Sie in diesem Zusammenhang von Wahlfreiheit reden. Ich weiß nicht, von welchem Bayern Sie reden. Ich kenne in Bayern nur Eltern, die auf Krippenplätze für ihre Kinder warten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Dann schauen Sie sich doch einmal überall um!) Ich kenne nur Eltern, die darauf warten, endlich einen Platz zu bekommen. Ich kenne nur junge Mütter, die sagen: Ich würde ja gerne arbeiten, aber wie soll ich das machen, wenn der Kindergarten um 12 Uhr schließt? (Ewa Klamt [CDU/CSU]: Das muss in NRW sein!) Diese Eltern kenne ich. Für diese Eltern haben Sie keine Antwort. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Für die arbeiten wir! Natürlich!) Die Debatte der letzten Tage hat gezeigt - das ist das Absurde an der Geschichte -, wie engagiert Sie in Wirklichkeit sind. Sie spielen Pingpong. Sie sagen: Die Länder sind schuld. Die Kommunen sind schuld. - Dann geht es hin und her. Keiner kümmert sich. Keiner war es. Keiner ist verantwortlich. Von einer Ministerin wünsche ich mir ein überzeugenderes Auftreten. In einer solchen Situation wünsche ich mir von einer Ministerin ein bisschen mehr Einsatz, und zwar im Sinne der Kinder. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Ihr Verhalten ist auch durch Eitelkeit zu erklären. Das war ein Modell von Frau von der Leyen. Die neue Ministerin distanziert sich davon. Emotional mögen das manche verstehen. Das geht aber zulasten der Kinder. Sie tragen Ihre Spielchen auf dem Rücken der Kinder aus. Sie fahren den ganzen Bereich der Kindertagesbetreuung für unter Dreijährige gegen die Wand. Sie fahren das ganze System gegen die Wand, und das nur, weil Sie sich nicht davon freimachen können. Setzen Sie sich für die Kinder ein! Das erwartet die Gesellschaft. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Auf diesem Gebiet haben wir nämlich die größten Defizite. Das müssen wir angehen, um für Wahlfreiheit in diesem Land zu sorgen. Tun Sie nicht so, als ob Sie diesbezüglich schon genug getan hätten. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Nordrhein-Westfalen! Macht doch einmal etwas!) Die Zahlen in Bayern beweisen genau das Gegenteil: Sie haben nicht genug getan. Noch etwas zu Ihrer Ankündigungspolitik: Sie wissen ja noch nicht einmal, was am Ende dabei herauskommen soll. Sie wissen noch nicht einmal, wie Sie das finanzieren sollen. Sie wissen noch nicht einmal, wer das Geld am Ende bekommen soll. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sie nicht!) Wir alle wissen aber, dass Sie dafür Schulden zulasten der künftigen Generationen machen. Das ist der falsche Weg, um ein falsches Instrument zu finanzieren. Dass Sie an diesem Instrument festhalten, ist ein Skandal. Es ist ein Skandal, dass Sie mit der Zukunft der Kinder spielen. Dass Sie das hier auch noch verteidigen, zeigt, dass Sie überhaupt nicht verstanden haben, worum es in diesem Land geht und was es bedeutet, für bessere Zukunftschancen der Kinder zu sorgen. Da müssen Sie nachsitzen, liebe Kollegin! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ganz schwach!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Deligöz. - Jetzt spricht als nächste Rednerin in unserer Aktuellen Stunde Frau Bundesministerin Dr. Kristina Schröder. Bitte schön, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 14. September 2011 habe ich ein Konzept zum Betreuungsgeld angekündigt. Die Ergebnisse des Koalitionsgipfels vom Wochenende haben dafür die Grundlage geschaffen. Seit Sonntag steht fest: Familien in Deutschland bekommen künftig mehr Unterstützung. (Beifall bei der CDU/CSU - Widerspruch bei der SPD) Eltern erhalten mehr Anerkennung für ihre Erziehungsleistung. Mütter und Väter kleiner Kinder haben künftig mehr Wahlfreiheit, das Familienleben so zu gestalten, wie sie selbst es für richtig halten. (Beifall bei der CDU/CSU - Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch völliger Quatsch! - Gegenruf der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU]: Traut denen doch einmal etwas zu!) Mir waren vor allen Dingen drei Punkte wichtig - ich bin froh, dass wir in diesen drei Punkten jetzt Klarheit haben -: Erstens. Ich habe von Anfang an gesagt, dass wir angesichts der Haushaltslage klar im Ziel, aber realistisch in der Umsetzung sein sollten. Der Koalitionsausschuss ist dieser Einschätzung gefolgt. Das Betreuungsgeld wird zunächst für das zweite Lebensjahr gezahlt, ab 2014 dann auch für das dritte Lebensjahr. Das ist eine praktikable, das ist eine finanzierbare Lösung. Zweitens war mir wichtig, dass wir Hausfrauen nicht gegen berufstätige Mütter ausspielen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Caren Marks [SPD]: Das machen Sie doch gerade!) Genau das ist gelungen, auch wenn Sie das ganz offenkundig noch nicht verstanden haben. Wir haben uns am Sonntag darauf geeinigt (Sönke Rix [SPD]: Sie waren doch gar nicht dabei!) - daran rüttelt jetzt auch keiner mehr -, dass mit dem Betreuungsgeld eben auch Mütter unterstützt werden sollen, die berufstätig sind. Das ist genau richtig. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Diese ideologischen Debatten über die Lebensentwürfe von Frauen finde ich unerträglich. Ich bin mir sicher, die meisten Mütter in Deutschland sehen das ebenso. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Katja Dörner [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das hat Angela Merkel aber anders gesagt!) Es ist eine Unverschämtheit, wenn manche hier von einer "Herdprämie" reden. Damit unterstellen sie, dass Frauen, die sich Zeit für ihre Kleinstkinder nehmen, kleine Dummchen sind. (Beifall bei der CDU/CSU) Meine Überzeugung ist: Mütter und Väter verdienen unabhängig davon, wie sie leben, Wertschätzung. Das unterstreicht die Einigung vom Wochenende. (Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Genau! Sehr richtig!) Sie gibt mir Rückenwind für mein Ziel, Eltern zu unterstützen, die zugunsten der Familie für eine gewisse Zeit auf Einkommen und Karriere verzichten oder die Betreuung selbst organisieren, (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau von der Leyens bildungspolitische Katastrophe!) genauso wie wir mit Milliardeninvestitionen in den Kitaausbau auch diejenigen Eltern unterstützen, die für ihr Kind Betreuung wollen oder brauchen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Das ist der Unterschied zur Opposition. Wir fragen: Was wollen die Familien? (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die wollen einen Krippenplatz!) Die Antwort kann nur heißen: Vielfalt in der Familienförderung; denn wir haben in Deutschland keine Einheitsfamilien. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Die Opposition hingegen sagt: Die Politik weiß besser, was gut für die Familien ist. (Caren Marks [SPD]: Sagt wer? Sagen wir nicht! - Sönke Rix [SPD]: Sie führen doch das Betreuungsgeld ein! Sie wissen es doch besser!) Dieses Anmaßende, dieses Gouvernantenhafte sind wir satt. (Beifall bei der CDU/CSU) Ein dritter Punkt ist mir in der Diskussion über das Betreuungsgeld wichtig. Ich bin froh, dass wir auch diesbezüglich am Wochenende ein klares Signal gesendet haben. (Sönke Rix [SPD]: Wieso "wir"? Sie waren doch gar nicht dabei!) Keine Kita, keine Tagesmutter und auch keine Nanny kann die Familie ersetzen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Was Familien Kindern fürs Leben mitgeben, lässt sich niemals delegieren oder ersetzen. Die meisten Eltern würden ihr letztes Hemd für ihre Kinder geben. (Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Sehr richtig!) Deshalb finde ich es beschämend und anmaßend, wenn SPD, Grüne und Linke (Sönke Rix [SPD]: FDP auch!) den Eltern eine gute Förderung ihrer eigenen Kinder nicht zutrauen. (Beifall bei der CDU/CSU - Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Hören Sie doch mal auf mit solchen Unterstellungen! Hören Sie bitte auf! Wer tut das in diesem Hause? - Gegenrufe von der CDU/CSU) Natürlich gibt es Familien, bei denen man sagt: Für die Entwicklung ihrer Kinder ist es besser, wenn sie möglichst früh in einer Kita gefördert werden. Aber das ist eine Minderheit. Es ist richtig: Für diese Minderheit dürfen wir mit dem Betreuungsgeld keine Fehlanreize setzen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ah!) Aber die Lösung kann doch nicht sein, alle Familien unter Generalverdacht zu stellen, wie Sie, Herr Steinmeier, es eben wieder getan haben. (Beifall bei der CDU/CSU - Sönke Rix [SPD]: Wie ist es mit der Anrechnung auf ALG II? - Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer bekommt denn jetzt das Betreuungsgeld?) Ich kann Ihnen ein schönes Beispiel nennen. Herr Oppermann - er ist leider nicht anwesend - hat heute dazu etwas sehr Interessantes getwittert. Herr Oppermann hat getwittert - ich zitiere -: Eure Fernhalteprämie gefährdet das Wohl vieler Kinder u. entspricht einem Familienbild von vorgestern. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Caren Marks [SPD]: Das ist der einzige vernünftige Satz in Ihrer Rede! - Es war mir klar, dass Sie an dieser Stelle klatschen. Denken Sie jetzt aber einmal ganz kurz darüber nach, wen Sie damit treffen. Sie treffen damit nicht die Koalition, sondern zwei Drittel der Eltern in Deutschland; denn zwei Drittel der Eltern in Deutschland betreuen ihre Kinder in den ersten drei Lebensjahren selbst. (Beifall bei der CDU/CSU - Widerspruch bei der SPD) Sie wollen allen Ernstes sagen, dass diese Eltern ihren Kindern schaden? (Sönke Rix [SPD]: Nur weil sie jetzt das Betreuungsgeld bekommen, erziehen sie ihre Kinder gut?) Sie werfen zwei Drittel der Eltern in Deutschland vor, dass sie im Vorgestern leben, weil sie sich selbst um ihre Kleinstkinder kümmern? (Beifall bei der CDU/CSU) Es tut mir leid; aber solche Dinge sind eben entlarvend. Weiteres Beispiel: Frau Nahles. (Sönke Rix [SPD]: Zitieren Sie doch einmal Frau Gruß! Zitieren Sie einmal Frau von der Leyen!) Frau Nahles hat gestern in ihrem Videoblog gesagt, das Betreuungsgeld sei etwa so - ich zitiere -, wie wenn man Geld dafür bekommt, dass man sein Kind nicht auf das Gymnasium schickt. (Zurufe von der CDU/CSU: Oijoijoi!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden hier über zweijährige Kinder und nicht über Homeschooling für Gymnasiasten. Wollen Sie allen Ernstes sagen, dass die Eltern in Deutschland nicht fähig sind, ihre zweijährigen Kinder zu bilden? Worüber reden wir hier? Wir reden über die ersten Worte, über die ersten Sätze. Wir reden darüber, dass sie ihnen beibringen, wie man sich die Zähne putzt, und dass sie ihnen sagen, dass man mit Messer, Gabel, Schere und Licht vorsichtig sein muss. Die Opposition meint, die Eltern in Deutschland könnten das nicht oder eine Institution könne das besser? (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Sehr bedauerlich! - Sönke Rix [SPD]: Wer sagt das denn?) Es ist auch entlarvend, dass Sie von einer Fernhalteprämie sprechen. Egal, wie falsch der Begriff ist, allein dass Sie davon reden, zeigt ganz deutlich, wo Sie den Lebensmittelpunkt von Kindern sehen: in Familien offensichtlich nicht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Zurufe von der SPD und der LINKEN: Oh! - Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was tun Sie denn? Was machen Sie?) Von daher: Mit dieser Ideologie muss Schluss sein. Die Anerkennung von Betreuung und Erziehung in der Familie steht doch nicht im Gegensatz zum Ausbau der Betreuung in Kitas und Tagespflege, sondern beides gehört zusammen. Deshalb gibt es ab 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Auch wenn Christian Ude unbedingt will, dass dieser Rechtsanspruch verschoben wird: An diesem Rechtsanspruch wird nicht gerüttelt. Da haben sich die Eltern auf uns verlassen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Die Einigung vom Wochenende stellt klar: So sicher wie der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz kommt, so sicher kommt auch das Betreuungsgeld. (Michaela Noll [CDU/CSU]: Sehr gut! - Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Legen Sie doch erst mal etwas vor!) Wir haben hier ein großes Projekt vor uns. Dieses Projekt werden wir zum Wohle der Familien gestalten. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Liefern Sie doch erst mal etwas! - Caren Marks [SPD]: Bla, bla, bla!) Union und FDP sind nämlich die Einzigen, die es mit der Wahlfreiheit für Familien wirklich ernst meinen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Zurufe von der SPD: Von wegen! - Buh!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Bundesministerin Dr. Schröder. - Jetzt spricht für die Fraktion der Sozialdemokraten unsere Kollegin Frau Dagmar Ziegler. Bitte schön, Frau Kollegin Ziegler. (Beifall bei der SPD) Dagmar Ziegler (SPD): Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der schwarze Sonntag der letzten Woche (Zurufe von der CDU/CSU: Oh! - Ach, so ein Schwachsinn!) ist schlimmer, als wir je gedacht haben. (Zuruf von der CDU/CSU: Das sagen Sie doch nur, weil wir etwas gemacht haben und Sie nicht! Das passt Ihnen natürlich nicht in den Kram!) Seit letztem Sonntag gibt es nicht etwa eine gut funktionierende Koalition, wie Sie es der Öffentlichkeit weismachen wollen, sondern seit letztem Sonntag startet diese Koalition eine Verdummungskampagne. Diese Kampagne beginnt mit den Steuergeschenken, die keine wahren sind. (Michaela Noll [CDU/CSU]: Wieso auch? Wir haben doch keine Geschenke zu verteilen!) Das wissen mittlerweile wir alle. Das hat jeder in unserem Land begriffen. Herr Kurth, darüber haben wir gestern eine ausgiebige Diskussion geführt, die Sie nicht gerade gewonnen haben. (Lars Lindemann [FDP]: Na, na! Das entscheidet der Zuschauer! - Patrick Meinhardt [FDP]: Nichts da! Hier sitzt der Kollege, der gewonnen hat!) Zweitens haben Sie im Pflegebereich ein Reförmchen verabschiedet, (Lars Lindemann [FDP]: Nachdem die SPD in diesem Bereich viele Jahre überhaupt nichts gemacht hat!) das den Namen "Reform" wirklich nicht verdient. Drittens - um dieses Thema geht es heute - haben Sie etwas, das der größte Teil der Koalition gar nicht wollte, beschlossen, nämlich das unsägliche Betreuungsgeld. Bildungsdefizite, Frauen, die mit schlechten Chancen im Erwerbsleben dastehen, und Fachkräftemangel, das sind die Herausforderungen, auf die Sie, Frau Dr. Schröder, genau die falschen Antworten geben. Sie faseln - das haben wir heute mehrfach gehört - von der Wahlfreiheit für Eltern. (Michaela Noll [CDU/CSU]: Genau darum geht es uns!) Ich frage Sie: Wo ist die Wahlfreiheit, wenn es keine ausreichende Zahl an Kitaplätzen gibt? (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Kitaplätze und Ganztagsschulen sind Mangelware. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Aber nur in rot-grün regierten Städten wie München!) Auch fehlt es immer noch an einer Vereinbarkeitskultur. Ich sage Ihnen: Dafür tragen Sie die Verantwortung, erst unter Kohl, dann unter Merkel. Wer zahlt denn am Ende dafür? Nicht mit Ihrem Betreuungsgeld wird dafür gezahlt. Die Kinder, die Jugendlichen und die Frauen und Männer müssen für diese Politik die Zeche blechen. (Beifall bei der SPD) Dafür zahlen vor allen Dingen Kinder und Jugendliche mit schlechteren Bildungschancen; Kitas und Ganztagsschulen könnten nämlich manch - ich wiederhole: manch - elternhausbedingten Nachteil ausgleichen. Wir stellen keine Familie unter Generalverdacht; (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Oh doch! - Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Von wegen! - Gegenruf der Abg. Iris Gleicke [SPD]: Nein! Sie machen das! - Gegenruf des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: So ein Quatsch!) das muss man ganz deutlich sagen. Sie wissen genauso gut wie ich, dass frühkindliche Bildung notwendig ist, dass es aber auch Familien gibt, in denen Kinder diese nicht erhalten können. An dieser Stelle muss Ehrlichkeit in die Debatte. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Frauen zahlen dafür auch mit schlechteren Chancen im Erwerbsleben. Frauen und Alleinerziehende zahlen mit einem skandalösen Armutsrisiko; wir werden es in den nächsten Jahren in unserem Land erleben. Das Fehlen von Kitas und Ganztagsschulen versperrt gerade vielen Alleinerziehenden den Weg in eine existenzsichernde Arbeit. Schließlich zahlt dafür auch die Wirtschaft, nämlich mit schlechteren ökonomischen Chancen. Denn Ihr falsches Angebot führt dazu, dass viele gut ausgebildete Frauen (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Aha! Jetzt sind sie also wieder gut ausgebildet! Interessant!) nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleiben. Diese Frauen stehen uns in Zukunft nicht als Fachkräfte zur Verfügung. (Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Wer sagt denn, dass sie daheim bleiben, Frau Ziegler? Sie haben es ja immer noch nicht verstanden!) - Wir sprechen uns noch, wenn es um das Thema Fachkräftebedarf geht. Dann werden Sie sehen, dass dies genau die falschen Anreize sind. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ach so! Nur deswegen! Darum geht es Ihnen also! Das ist ja entlarvend!) - Nein. Ich habe diesen Aspekt als letzten Punkt einer langen Aufzählung genannt. Aber, Frau Bär: Wenn Sie am Anfang nicht zuhören, können Sie das Ende nicht kapieren. Das ist nun einmal so. (Beifall bei der SPD - Dorothee Bär [CDU/ CSU]: Ihnen geht es doch überhaupt nicht um die Kinder! Null!) Unter Rot-Grün gab es das 4-Milliarden-Euro-Programm zum Ausbau von Ganztagsangeboten. In der Großen Koalition ging es dann um den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, der nicht etwa, wie Frau Dr. Schröder immer behauptet, ab 2013 eingeführt wird, sondern der ab 2013 gilt; er ist schon beschlossene Sache. Das klitzekleine Problem, liebe Frau Ministerin, ist, dass die Umsetzung den Kommunen und Ländern mangels ausreichender finanzieller Mittel immer schwerer fällt. Das wissen Sie, aber Sie tun nichts. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Wir fordern seit Monaten, dass erneut ein Krippengipfel durchgeführt wird. Alle staatlichen Ebenen müssen sich an einen Tisch setzen, um die Finanzmisere endlich zu thematisieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. (Zuruf von der CDU/CSU: Dann reden Sie doch mal mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in den Ländern!) Das ist Ihre Verantwortung als Familienministerin, Frau Dr. Schröder. Nichts tun Sie. Sie sitzen da, twittern und denken, das Problem werde sich schon irgendwie in Luft auflösen. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ihr kassiert immer nur vom Länderfinanzausgleich!) Ich komme noch dazu, was sich hier in Luft auflösen sollte. (Beifall und Heiterkeit bei der SPD - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Genau, nicht das Pulver verschießen! Das sollte man schön zu Ende denken!) Sie starten auch keine Fachkräfteoffensive. Wir haben heute zufällig mit den Spitzenverbänden der Kommunen gesprochen. Nichts wird hier getan; es gibt keine Unterstützung. Was haben wir denn davon, wenn in Frankfurt am Main Kitas gebaut werden, drei aber bisher leerstehen, weil die Fachkräfte nicht da sind, die die Arbeit machen können? (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Die stehen doch nicht leer! Das ist eine Lüge!) Frau Dr. Schröder, wo ist denn Ihre Initiative, um diese Missstände gemeinsam mit den Ländern und Kommunen anzugehen? Nichts tun Sie, absolut nichts! (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Sie geben 2 Milliarden Euro für das Betreuungsgeld aus, die eigentlich nicht vorhanden sind. Sie streiten sich über die Ausgestaltung dieses Betreuungsgeldes. Herr Geis sagt: Natürlich muss die Anerkennung auch Familien zugutekommen, die in Hartz IV leben. Beim Elterngeld haben Sie das leider nicht gesagt; dies wird bei Hartz-IV-Empfängern angerechnet. Herr Lindner von der FDP sagt: Wieso soll das Betreuungsgeld bei den Hartz-IV-Empfängern nicht angerechnet werden? Die gucken sich wahrscheinlich kein Bilderbuch mit ihren Kindern an. Deshalb muss das Betreuungsgeld angerechnet werden. - Auch an diesem Punkt sind Sie sich heute wieder nicht einig. Kraut und Rüben ist bei Ihnen das Menü, das tagtäglich auf der Speisekarte steht. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Sehr geehrte Frau Schröder, was Sie machen - das ist jetzt wirklich ohne jede Polemik -, ist verantwortungslos. (Norbert Geis [CDU/CSU]: Hören Sie auf! - Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh!) Das sagt die Wirtschaft, und das sagen die Familien. Weil Sie Ihre Aufgabe nicht als Lehrstelle, sondern als Leerstelle verstehen: Nehmen Sie endlich Ihren Hut! (Beifall bei der SPD - Norbert Geis [CDU/ CSU]: Aufhören! - Dorothee Bär [CDU/ CSU]: Das ist auch dem Kollegen Steinmeier peinlich!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Ziegler. - Jetzt spricht für die Fraktion der FDP unsere Kollegin Sibylle Laurischk. Bitte schön, Frau Kollegin. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Laurischk möchte lieber den Unterhaltsvorschuss verlängern!) Sibylle Laurischk (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nach Verfolgen dieser Debatte den Eindruck, dass man eigentlich gar nicht weiß, was man an der Entscheidung vom Sonntag kritisieren soll. Nun hat man sich das Betreuungsgeld herausgesucht. (Lachen bei Abgeordneten der SPD - Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Da haben Sie etwas überhört!) Ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass ich hier durchaus Fragen zu stellen habe. Die werden wir aber im Zuge der Ausformung des Betreuungsgeldes beantworten. Eine der Fragen wird sicherlich sein, ob wir hier ein Gutscheinmodell umsetzen können, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sagen Sie, dass das Mist ist!) Wir haben ein hohes Maß an Verantwortung zu tragen, keine Frage. Dazu gehört eine gute Kinderbetreuung, sodass auch die Wünsche der Familien berücksichtigt werden können, die sich dafür entscheiden, länger als nur während der Elterngeldzeit zu Hause zu bleiben. Dass ich mir hier auch eine andere Lösung hätte vorstellen können, ist kein Geheimnis, aber so sind Kompromisse nun einmal, und Kompromisse muss man dann auch weiter gestalten. (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sie haben Ihre Überzeugung verscherbelt!) Ich denke, von einem Krippengipfel, der hier in den Raum gestellt wird, haben wir nichts zu erwarten. Das sind Gesprächsrunden; darum geht es uns letztendlich nicht. (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Von der CDU/CSU haben wir nichts anderes erwartet! Aber das ist schwach! Das ist wirklich bitter!) Wir wollen die Betreuung von Kindern so gestalten, dass die Vielfalt der Nachfrage, die es nun einmal in der Gesellschaft gibt, berücksichtigt wird. Dazu gehört, dass wir für die Kindertagesstätten und die Krippen auch qualifiziertes Personal zur Verfügung stellen können. Das ist in dieser Debatte noch gar nicht zur Sprache gekommen. (Sönke Rix [SPD]: Dafür könnten wir das Geld fürs Betreuungsgeld gebrauchen!) Mittlerweile wird eine duale Ausbildung gefordert. Es soll also nicht mehr eine Ausbildung von vier Jahren geben, bis eine Erzieherin bzw. ein Erzieher in den Beruf starten kann, sondern eine zügige qualitätsorientierte Ausbildung. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat nichts mit dem Betreuungsgeld zu tun! - Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das Betreuungsgeld jetzt für die Betreuer?) Diese Fragen sind meiner Ansicht nach in vielen Bundesländern noch nicht beantwortet. Ich wünschte, dass ein jahrzehntelang von der SPD regiertes Bundesland wie Nordrhein-Westfalen hier beispielhaft wäre. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wie lange waren Sie denn mit Herrn Rüttgers dran?) Sie können das nun zeigen. Wir sind gespannt, wie Sie den Ausbau der Kinderbetreuung und der Tagesbetreuung trotz des Mangels an Fachkräften gestalten. (Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Ohne Rüttgers und Sie wären wir schon ein Stück weiter!) Dieses Thema sollte uns viel mehr beschäftigen als dieses Herumgehacke auf einem Stichwort. Die Ministerin hat gerade sehr deutlich gezeigt, dass wir uns auf eine flexible Lösung geeinigt haben und dass wir allen Eltern ein Angebot machen wollen. Unabhängig davon bin ich der Meinung, dass wir als Koalition familienpolitisch einiges vorzuweisen haben. (Sönke Rix [SPD]: Reden Sie mal über das Betreuungsgeld! - Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sind Sie jetzt für das Betreuungsgeld, oder nicht?) Das ist es, was die Opposition so sehr stört. Wir haben in der Vergangenheit schon einiges auf den Weg gebracht. Wir haben das Kindergeld erhöht und den Kinderfreibetrag angehoben. (Beifall bei der FDP) Wir haben den Kinderzuschlag auf den Weg gebracht. Wir haben bereits zu Beginn dieser Koalition Leistungen tatsächlich auf den Weg gebracht. (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat denn die neue Familienministerin auf den Weg gebracht?) Von denen wollen Sie nicht mehr reden, weil Sie wissen, dass das gute Angebote und klare familienpolitische Weichenstellungen sind. Entsprechend wollen wir auch das Unterhaltsvorschussrecht für Alleinerziehende reformieren. Sie wissen, das ist ein besonderes Anliegen von mir. Ich meine, wenn wir über familienpolitische Leistungen sprechen, gehört es dazu, solche Angebote und solche Möglichkeiten zu entwickeln. Die Anhebung der Altersgrenze von 12 Jahren auf 14 Jahre im Unterhaltsvorschussrecht ist im Koalitionsvertrag verankert. Das wollen wir. (Beifall der Abg. Miriam Gruß [FDP] - Caren Marks [SPD]: Reden Sie doch mal zum Betreuungsgeld!) Das andere Thema, das Alleinerziehende ganz wesentlich interessiert, insbesondere die nichtehelichen Väter, ist das Sorgerecht. (Caren Marks [SPD]: Haben Sie auch noch nichts gemacht! - Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Aktuell geht es um das Betreuungsgeld!) Ich wünsche mir, dass auch Frau Bär aufmerksam zuhört; denn das Thema Sorgerecht ist überfällig und ist meiner Ansicht nach eines der nächsten zu lösenden Probleme. (Beifall bei der FDP) Was mir auch sehr wichtig ist, ist, (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Dass die Sonne scheint!) dass eine der Entscheidungen, die die Koalition am Sonntag getroffen hat, die Zuwanderungspolitik betrifft. Wir wollen, dass Zuwanderung leichter wird, (Caren Marks [SPD]: Wollen Sie auch das Betreuungsgeld?) und zwar dadurch, dass die Einkommensgrenze für eine Niederlassungserlaubnis auf 48 000 Euro pro Jahr abgesenkt wird. Ganz wesentlich ist aber auch die Anerkennung von Berufsabschlüssen. Diese sehr moderne Zielsetzung haben wir umgesetzt. (Beifall bei der FDP) Das hat die SPD nicht fertiggebracht. Ich erinnere mich gut an Herrn Scholz, der das damals als Arbeitsminister nicht geschafft hat. Insofern haben wir durchaus positive Beispiele einer modernen Gesellschaftspolitik vorzuweisen. Daran werden wir weiter arbeiten. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Kommen Sie doch mal zum Betreuungsgeld!) Dies wird sich nicht ausschließlich am Thema Betreuungsgeld festmachen lassen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Christian Lange [Backnang] [SPD]: Die fünf Minuten sind um!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Laurischk. - Jetzt für die Fraktion der Sozialdemokraten unsere Kollegin Caren Marks. Bitte schön, Frau Kollegin Marks. (Beifall bei der SPD) Caren Marks (SPD): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Laurischk, man merkt, dass bald Weihnachten ist: Die FDP hat viele Wünsche vorgetragen. Es wäre gut, wenn Sie sich einmal ans Regieren machten. Noch besser wäre es, wenn Sie zum Thema geredet hätten. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Tätä, tätä, tätä!) Es ist noch nie da gewesen und absolut absurd, dass Geld für die Nichtinanspruchnahme eines staatlichen Angebotes, in diesem Fall für die Nichtinanspruchnahme eines Krippenplatzes, gezahlt werden soll. Man stelle sich das einmal vor: Jemand nutzt ein ganzes Jahr lang nicht die Bibliothek vor Ort oder das städtische Schwimmbad und bekommt dafür monatlich vom Staat einen Geldbetrag überwiesen. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Jetzt wird es peinlich!) Oder der Staat würde in Zukunft einem Jugendlichen Geld überweisen, weil er nach zehn Jahren und nicht nach dreizehn Jahren die Schule verlässt. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Peinlich, peinlich!) Diese Beispiele machen deutlich, Frau Bär, wie schräg schon allein die Idee Ihres Betreuungsgeldes ist. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Sönke Rix [SPD]: Das übernehmen die noch!) Das Betreuungsgeld, die Fernhalteprämie, ist ein vergiftetes Geschenk für Familien. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sie hat es schon wieder nicht kapiert!) Der Gesetzgeber würde damit finanzielle Anreize schaffen, die Bildungsbeteiligung von Kindern und gleichermaßen die Erwerbstätigkeit von Eltern, und zwar insbesondere von Müttern, zu verringern statt zu erhöhen. Ich sage Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Damit wäre das Gleichstellungsgebot des Grundgesetzes konterkariert. Das Betreuungsgeld würde ganz klar gegen Art. 3 Abs. 2 unseres Grundgesetzes verstoßen; denn es trägt eben nicht zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen bei. (Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Es geht um Kinder!) Schon gar nicht wirkt es auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Das Betreuungsgeld wäre also klipp und klar verfassungsrechtlich höchst problematisch. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Außerdem verfestigt es alte, traditionelle Rollenverteilungen zwischen Frauen und Männern. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Der Mann kann doch auch daheim bleiben! - Gegenruf der Abg. Christel Humme [SPD]: Lesen Sie doch mal den Gleichstellungsbericht!) Es setzt insbesondere für Frauen falsche Anreize, länger zu Hause zu bleiben, die eigene Existenzsicherung und damit auch die eigene Alterssicherung zu vernachlässigen. Es stellt sich aber auch die Frage: Welches Signal gibt die Bundesregierung bzw. diese Familienministerin in Richtung des Arbeitsmarktes, wenn sie gut ausgebildete Frauen gerade von diesem fernhalten will? Statt weitere Hürden für die Berufstätigkeit von Frauen aufzubauen, wäre es die Pflicht der Bundesregierung, diese abzubauen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf partnerschaftlich zu ermöglichen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Ein Blick, Frau Ministerin Schröder, in den Gleichstellungsbericht würde vielleicht auch Ihnen endlich einmal auf die Sprünge helfen. Die CSU bemüht immer wieder das Argument der Wahlfreiheit. Das haben wir auch heute schon mehrfach gehört. Ich sage Ihnen: Wahlfreiheit gibt es erst dann, wenn genügend Bildungs- und Betreuungsangebote zur Verfügung stehen. Es fehlen aber - auch das haben wir heute schon mehrfach und völlig zu Recht gehört - insbesondere in den alten Bundesländern Tausende von Krippenplätzen. Hier wäre dringender Handlungsbedarf, (Sibylle Laurischk [FDP]: Nordrhein-Westfalen lässt grüßen! - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Hannelore Kraft!) ganz besonders auch in Bayern, Frau Kollegin Bär. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das tut weh, dass die Kraft so schlecht dasteht, nicht?) Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch nach Art. 6 Abs. 1 unseres Grundgesetzes ist die Idee des Betreuungsgeldes verfassungsrechtlich höchst fragwürdig. Denn nach Art. 6 Abs. 1 unseres Grundgesetzes muss der Staat alle Familien fördern. (Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Art. 6 haben Sie auch nicht verstanden!) Wenn er nur bestimmte Familien fördern will, dann muss er dies gut begründen. Genau deswegen, wie wir heute in der Presse lesen konnten, sind Expertinnen und Experten sowohl im Kanzleramt als auch im Familienministerium ratlos, wie das Betreuungsgeld denn nun verfassungsrechtlich einwandfrei in ein Gesetz gegossen werden soll. Ich sage Ihnen: Lassen Sie es doch einfach! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wenn man bedenkt, dass für das unsinnige Betreuungsgeld 2 Milliarden Euro jährlich ausgegeben werden sollen und damit die Zustimmung der CSU zu den ebenso unsinnigen Steuersenkungen erkauft wurde, dann ist das alles andere als eine solide Haushaltspolitik. Das ist ein Offenbarungseid dieser schwarz-gelben Koalition. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Widerspruch bei der CDU/ CSU) Noch viel schlimmer ist aber: Diese Regierung lässt Eltern mit kleinen Kindern im Regen stehen, die dringend einen Krippenplatz benötigen. Ministerin Schröder legt wie immer die Hände in den Schoß und tut nichts dafür, den ins Stocken geratenen Krippenausbau zu beschleunigen. Das ist verantwortungslos. Es drängt sich durchaus der Verdacht auf: Vielleicht ist das Betreuungsgeld auch ein Mittel zum Zweck, um die Nachfrage nach Krippenangeboten zu verringern. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist ja ein Skandal!) Für uns ist das Betreuungsgeld ein weiteres Indiz für den familien-, bildungs- und gleichstellungspolitischen Blindflug der zuständigen Ministerin und der gesamten schwarz-gelben Regierung. Wie tagesaktuellen Meldungen zu entnehmen ist, befindet sich das Ministerium von Frau Schröder in einer konzeptionellen Phase zur Ausgestaltung des Betreuungsgeldes. Ich sage Ihnen: Ohne Konzept, Frau Ministerin, hilft auch keine konzeptionelle Phase. (Beifall bei der SPD) Die SPD wird weiter dafür kämpfen, dass die schwarz-gelbe Koalition ihren Blindflug beendet. Es wäre gut, wenn Ihnen endlich ein Licht aufginge und Sie endlich sehen würden, was Familien in diesem Land wirklich brauchen. Auf jeden Fall brauchen sie eine bessere Regierung. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Caren Marks. - Jetzt für die Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Alexander Dobrindt. Bitte schön, Kollege Dobrindt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Marks, lassen Sie sich eines sagen: Unser Signal mit dem Betreuungsgeld an Millionen von Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen, heißt: Sie sind uns wichtig, ihre Erziehungsleistung ist für uns wertvoll, und deswegen muss sie dem Staat auch etwas wert sein. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei der CDU/CSU - Widerspruch bei der SPD) Sie von Rot, Grün und der Linkspartei machen eines ganz deutlich, nämlich dass Ihnen diese Menschen unwichtig sind. Sie wollen sie abschreiben. (Caren Marks [SPD]: Sie schreiben sie ab!) Deswegen sagen Sie auch in aller Deutlichkeit: Von uns habt ihr nichts zu erwarten, kommt bitte alleine zu-recht. - Aber wir werden Sie damit nicht durchkommen lassen. Wir wollen diejenigen unterstützen, die sich frei für eine andere Art der Kindererziehung entscheiden, als Sie sie ihnen vorschreiben wollen. (Beifall bei der CDU/CSU - Christel Humme [SPD]: Wir wollen keine Erziehung vorschreiben! - Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich frage mich, ob Sie das selber glauben!) Frau Marks von der SPD und Herr Lenkert von der Linkspartei, Sie treten hier mit einer unverschämten Arroganz auf. (Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Das habe ich schon vor fünf Jahren gehört, von Ihrem Kollegen Althaus!) "Fernhalteprämie" und "Mutti am Herd" waren Ihre Worte. Diese unverschämte Arroganz, die Sie an den Tag legen, spottet wirklich jeder Beschreibung. Nehmen Sie auch das zur Kenntnis! (Beifall bei der CDU/CSU - Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Fahren Sie nach Thüringen! Fragen Sie nach! Hören Sie zu!) Das Betreuungsgeld ist keine Fernhalteprämie. Jeder, der Betreuungsgeld bekommt, kann gleichzeitig voll berufstätig sein. Keine einzige Mutter und kein einziger Vater wird durch das Betreuungsgeld von der Berufsausübung abgehalten. Das Betreuungsgeld hat nicht zur Voraussetzung, dass ein Elternteil beruflich pausieren muss. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Selbst die konservative Presse kann das nicht einsehen! Sagen Sie einmal etwas dazu!) Sie haben jahrelang versucht, auch heute wieder, den Menschen in Deutschland klarzumachen, dass sie nur dann Betreuungsgeld bekommen, wenn sie ihren Beruf aufgeben. Das, was Sie hier versuchen, ist Volksverdummung. (Caren Marks [SPD]: Nein, das Betreuungsgeld ist Volksverdummung!) Sie haben die Menschen belogen, Sie haben versucht, mit der Unwahrheit Stimmung zu machen. Geben Sie bitte zu, dass Sie den Menschen die Unwahrheit gesagt haben. Sie haben sie belogen, Sie wollten sie aufwiegeln. Sie sollten sich jetzt dafür schämen, dass Sie die Unwahrheit gesagt haben. (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ich schäme mich für diesen Auftritt! - Dagmar Ziegler [SPD]: Erklären Sie den Menschen doch einmal, was Sie anstreben!) Sie von Rot-Grün haben Milliarden für die Menschen ausgegeben, die Sie in die Arbeitslosigkeit geschickt haben. Wir haben die Zahl der Arbeitslosen von 5 Millionen auf jetzt 2,5 Millionen halbiert. (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deswegen haben wir jetzt Geld für die Familien in Deutschland und müssen nicht mehr die von Ihnen verschuldete Arbeitslosigkeit finanzieren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Dagmar Ziegler [SPD]: Zwei Billionen Euro Schulden!) Lassen Sie sich bezüglich Ihrer unverschämten Arroganz eines sagen: (Sönke Rix [SPD]: Das sagt der Richtige!) Wenn sich jemand dafür entscheiden sollte - das tun viele junge Frauen, und das tun übrigens auch junge Männer -, seine Berufstätigkeit zu unterbrechen, um sich der Erziehung zu Hause zu widmen, dann hat das höchste Anerkennung verdient. (Beifall der Abg. Daniela Ludwig [CDU/ CSU] - Sönke Rix [SPD]: Natürlich, aber doch nicht mit Geld!) Das ist eine mutige Entscheidung, weil die Person nicht weiß, ob sie zu adäquaten Bedingungen wieder in den Beruf einsteigen kann. Diese Menschen haben es verdient, dass man ihren Mut lobt und ihnen Respekt ausdrückt. Ihre feige Häme in diesem Haus ist fehl am Platz. (Beifall bei der CDU/CSU - Dagmar Ziegler [SPD]: Mit dieser Regierung ist es tatsächlich eine mutige Entscheidung!) Es ist richtig, dass gerade in dieser Zeit eines der größten Programme zum Ausbau der Kinderbetreuung in Deutschland läuft. (Sönke Rix [SPD]: Das würdigt doch nicht die Arbeit der Eltern, die die Kinder zu Hause lassen!) Es ist richtig, dass wir mit dem Elterngeld eine weitere familienpolitische Leistung eingeführt haben, die von vielen in Anspruch genommen wird, die beruflich pausieren wollen. Deswegen ist es eine konsequente Fortsetzung unserer Politik, dass wir eine Lücke schließen und denen helfen, die keine staatliche Kinderbetreuung in Anspruch nehmen. Diese Eltern darf der Staat nicht vergessen. Deswegen muss er bereit sein, deren Erziehungsleistung auch finanziell zu honorieren. (Beifall bei der CDU/CSU - Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Wir haben ein freiheitliches Bild von der Familie. (Zurufe von der SPD: Oh!) Deswegen werden Sie nie von uns hören, dass wir irgendeine Art der Erziehung oder Eltern, die frei entscheiden, eine Kita zu nutzen, in irgendeiner Art und Weise schlechtreden. (Sönke Rix [SPD]: Warum honorieren Sie das eine und das andere nicht?) Wir werden Eltern, die eine Kita nutzen, nicht schlechtreden. Aber Sie von der SPD, von den Grünen und von der Linkspartei reden permanent diejenigen Eltern schlecht, die keine Kita nutzen, die ihre Kinder nicht in die Kita geben. (Beifall bei der CDU/CSU) Sie wollen nur die eine Erziehungsleistung haben. Sie wollen die Eltern in Deutschland spalten. Sie sind diejenigen, die Erziehungsleistungen zu Hause schlechtreden. Ich kann Ihnen sagen: Wir werden nicht zulassen, dass Sie Eltern in Deutschland spalten und gegeneinander ausspielen. Wir stehen für die echte Wahlfreiheit bei der Erziehung. (Beifall bei der CDU/CSU - Sönke Rix [SPD]: Wieso honorieren Sie eigentlich nicht die Eltern, die ihre Kinder in die Krippe bringen?) Meine Damen und Herren, hören Sie bitte endlich mit dieser unglaublichen Unterstellung auf, dass Kinder zu Hause schlechter erzogen werden als in der Kita. (Dagmar Ziegler [SPD]: In welchem Rhetorikseminar waren Sie denn?) Das, was Sie hier heute aufführen - SPD, Grüne und Linkspartei -, gegen das Betreuungsgeld zu stänkern, das diffamiert in unerträglicher Weise die Erziehungsleistung von vielen Millionen Vätern und Müttern in diesem Land, und das lassen wir nicht zu. (Beifall bei der CDU/CSU - Sönke Rix [SPD]: Sie diffamieren doch die Eltern, die ihre Kinder in den Kindergarten bringen!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Alexander Dobrindt. - Jetzt für die Fraktion der Sozialdemokraten unsere Kollegin Marianne Schieder. Bitte schön, Frau Kollegin Marianne Schieder. (Beifall bei der SPD) Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD): Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allen Dingen liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Reihen der CSU! Es war schon schlimm genug, was Frau Bär und was Frau Dr. Schröder hier geboten haben. Aber was der Herr Generalsekretär Dobrindt eben abgeliefert hat, "des zäigt oim", wie wir in Bayern sagen, "d'Schouh aas". Anders kann man das nicht bezeichnen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kein Mensch hat heute und auch die Monate und Jahre zuvor hier in diesem Hohen Hause davon geredet, dass Kinder zu Hause schlechter erzogen werden als in Kindertagesstätten. Sie wissen doch genauso gut wie wir alle hier, dass das Betreuungsgeld nur auf den ersten Blick so verfangen kann, dass man davon ausgehen könnte, dass es eine längst überfällige Anerkennung von Erziehungsleistung im Elternhaus mit sich bringt. Sie wissen doch ganz genau, dass bereits der zweite Blick zeigt, dass dieses Betreuungsgeld geeignet ist, eine katastrophale Steuerungswirkung zu entfalten und dafür zu sorgen, dass gerade Kinder, die einer frühkindlichen Förderung bedürfen, nicht mehr in unseren Kindertagesstätten auftauchen werden und damit ihrer Zukunftschancen beraubt werden. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die ganze SPD-Fraktion hat viel Verständnis dafür, dass Eltern, die sich heute bewusst entschieden haben, in den ersten drei Lebensjahren mit ihren Kindern zu Hause zu bleiben, oder dass Eltern, die dies tun müssen, weil sie gar keinen Kitaplatz gefunden haben, gerne diese 150 Euro nehmen. Aber Sie müssen doch auch zugeben, dass Sie mit der kleinen milden Gabe, die Sie auf der einen Seite verteilen, auf der anderen Seite, nämlich bei Kindern aus sozial schwächeren Familien, viel Schaden anrichten, den Sie nicht mehr gutmachen können. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dieses Betreuungsgeld ist eine Entscheidung gegen die frühe Förderung von Kindern, gegen eine frühe Förderung, die vielen Kindern sehr gut täte und die dafür sorgen würde, dass Benachteiligungen abgebaut werden und dass gute Startbedingungen entstehen können. Ich frage Sie, Frau Bär oder Herr Dobrindt: Wo erleben Sie denn in Bayern die Wahlfreiheit? Bayern gehört zu den Bundesländern, in denen es diese Wahlfreiheit nicht gibt. Mit einer Betreuungsquote von 20,6 Prozent sind wir ganz hinten im bundesweiten Ranking. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Nehmen Sie das zurück! Korrigieren Sie sich!) Da gibt es viel zu tun für Ihre Familienministerin. Sie wissen das doch auch. Ich lese Ihnen einmal vor, was die bayerische Sozialministerin in der Frankfurter Rundschau von heute gesagt hat. Auf die Frage, ob nicht die Gefahr bestehe, dass gerade Geringverdiener lieber das Bargeld nähmen, als ihre Kinder in die Krippe zu geben, antwortete sie - ich zitiere -: Wissenschaftliche Studien und die Erfahrungen in Finnland, Schweden und Norwegen haben das Gegenteil erwiesen. Die Eltern, die ihre Kinder schon mit einem Jahr in eine Krippe geben, sind außerdem meistens gut verdienende Berufstätige. Und die werden sich von den 150 Euro nicht umstimmen lassen. Ach, siehe da, die Ministerin stellt sich dumm, weiß aber ganz genau, was los ist. (Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Tätä, tätä, tätä!) Sie weiß nämlich ganz genau, dass dieses Betreuungsgeld dort angenommen wird, wo es zur Fernhalteprämie wird und Kindern ihre Lebenschancen genommen werden. Sie wissen doch auch, dass gerade in sozial schwächeren Familien dieses Geld als Lockmittel geeignet ist. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist doch kein Bierzelt hier, meine Güte!) Da frage ich Sie, Frau Bär: Wo ist denn Ihr christliches Menschenbild geblieben? Und ich frage die Vertreter von der liberalen Seite: Wo bleibt denn das einst so hoch gehaltene Engagement der Liberalen für die Bildung? (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Habt ihr ausgelost, wer hier reden darf?) Ich sage Ihnen: Sie sind lediglich eine sogenannte christlich-liberale Koalition. Sie sorgen mit diesem Betreuungsgeld für den Ausbau der sozialen Spaltung und für noch mehr Bildungsungerechtigkeit in diesem Land. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN) Sie wissen genau, dass das Beste, was wir unseren Kindern mitgeben können, Bildung ist und dass diese Bildung nicht in der Schule, sondern bereits im vorschulischen Bereich beginnt. (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das Elternhaus reicht auch!) Deswegen müssen wir die Zahl der Kitaplätze ausbauen, (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Und im Elternhaus gibt es keine Bildung?) um eine echte Wahlfreiheit zu schaffen und dafür zu sorgen, dass es wirklich genügend Kindertagesstättenplätze gibt und dass Eltern die Frage entscheiden können und nicht in ein Rollenbild hineingedrängt werden, in das sie nicht hineingedrängt werden wollen. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN) Aber ich kenne die Argumentationsmuster der CSU, und ich weiß, wie vor Ort diskutiert wird. Schneller als Sie glauben, haben Sie an den Stammtischen (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das tut ja weh!) wieder diejenigen, die als Alleinerziehende oder als junge Familien Familie und Beruf vereinbaren wollen oder als junge Eltern gezielt einen Kitaplatz wollen, (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Fasching beginnt erst übermorgen!) wegen der Förderung in die Rabenfamilien-Ecke hineingedrängt. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN) Das ist ein konservatives, ein rückwärtsgewandtes Familienbild, von dem ich eigentlich gedacht hätte, dass es die CSU schon längst überwunden hat. Die Erziehung unserer Kinder sowohl im Elternhaus als auch in den Kitas und Schulen ist eine der wichtigsten Aufgaben für die ganze Gesellschaft, und die dort geleistete Erziehungsarbeit muss von der Gesellschaft besser honoriert und besser gefördert werden. Aber der Weg über das Betreuungsgeld ist ganz bestimmt der falsche Weg. Familien brauchen bessere Rahmenbedingungen, um Familie und Beruf in Einklang bringen zu können, und da können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen seitens der CSU, gerade in Bayern noch viel mehr tun, bevor Sie so einen Unsinn wie das Betreuungsgeld anstreben. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Bodenlos!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Marianne Schieder. - Jetzt spricht für die Fraktion der CDU/CSU unsere Kollegin Daniela Ludwig. Bitte schön. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Dorothee Bär [CDU/CSU]: Jetzt wird es wieder sachlich! - Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Schon wieder die CSU!) Daniela Ludwig (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine wertvolle Redezeit zu Beginn gerne noch einmal dafür nutzen, Ihnen von Herzen zu erklären, wie das von uns am Sonntag beschlossene Betreuungsgeld in Wahrheit funktioniert. Bevor Sie jetzt gelangweilt gähnen, hören Sie einfach einmal zu. (Sönke Rix [SPD]: Ich dachte, das Ministerium ist in einer konzeptionellen Phase!) Denn wenn Sie es schon kapiert hätten, hätte sich der eine oder andere Redebeitrag erledigt oder innerhalb von fünf Minuten umgeschrieben werden müssen, liebe Frau Marks. So schnell konnten Sie aber leider nicht mehr reagieren. Also: Das Betreuungsgeld funktioniert zweigleisig. Es ist Anerkennung für die Eltern, die sich bewusst für die Betreuung ihrer Kleinst- und Kleinkinder - Herr Steinmeier, wir sprechen nicht von Kindergarten-kindern - (Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Und was ist mit Alleinerziehenden? Krippe ist auch Kindergarten!) zu Hause entscheiden und dafür eine Zeit lang auf nichts Geringeres als auf ihre eigene Berufstätigkeit verzichten. - Punkt eins. (Sönke Rix [SPD]: Und wieso spielen Sie das gegen das andere Familienbild aus?) Punkt zwei: Das Betreuungsgeld ist Unterstützung auch der Eltern, die weiter berufstätig sind, sich aber anmaßen, (Caren Marks [SPD]: Das Konzept steht doch noch gar nicht!) eine Krippe nicht in Anspruch nehmen zu wollen, weil sie sich die Betreuung des Wichtigsten, was sie im Leben haben, nämlich ihrer Kinder, anders vorstellen als beispielsweise Sie. (Caren Marks [SPD]: Die Förderung privater Betreuung! Das ist interessant!) - Die Lautstärke Ihres Geschreis steht leider im umgekehrten Verhältnis zur Sinnhaftigkeit Ihrer Äußerungen. Von daher wäre es schön, wenn Sie einfach weiter zuhören würden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Zuruf von der SPD: Sie können einfach weiterreden!) So viel jetzt nur zur fachlichen Aufklärung für die, die immer noch mit den billigen Argumenten wie "Herdprämie", "Hausfrauensubventionierung" und anderem Blödsinn, der Ihnen sonst noch eingefallen ist, um die Ecke kommen. (Dagmar Ziegler [SPD]: Die Ministerin hatte doch Redezeit! Sie hätte es ja erklären können!) Das sind alte Textbausteine. Entledigen Sie sich dieser, und setzen Sie sich fachlich mit dem auseinander, was wir hier machen! (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Dagmar Ziegler [SPD]: Sie hätten Ihre Redebausteine der Ministerin geben sollen!) Ganz abgesehen davon, dass wir es hier mit einer bodenlosen fachlichen Ahnungslosigkeit Ihrerseits zu tun haben, (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn jetzt beschlossen worden?) diskreditieren Sie. Ob Sie das gerne hören oder nicht, es ist so. (Dagmar Ziegler [SPD]: Hatten wir schon!) - Es wird deswegen nicht falscher, Frau Ziegler. Sie haben allerdings vieles wiederholt, was falsch ist. - Ganz abgesehen davon, dass Sie fachlich ahnungslos sind, diskreditieren Sie auf unsägliche Art und Weise Mütter und Väter. Erweitern Sie einmal Ihren Horizont! (Sönke Rix [SPD]: Es wird ja nur schlimmer!) Es gibt nämlich auch Väter, die zu Hause bleiben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Caren Marks [SPD]: Bei Ihnen kann man den Horizont nicht erweitern, weil Sie keinen haben!) Und in Bayern bleiben prozentual die meisten Väter zu Hause. Diese sind nicht vorher von Ihnen agitiert worden, sondern sie machen es freiwillig. (Beifall bei der CDU/CSU) Sie diskreditieren also Mütter und Väter, (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da klatschen nicht einmal Ihre eigenen Leute!) die es sich trauen, zu sagen: Ich will mein Kind nicht in eine Krippe geben. Ich will es selbst machen. Es gibt ja vermutlich kaum einen anspruchsvolleren Job als den, Kleinstkinder und Kinder zu erziehen (Zuruf von der CDU/CSU: Genau so ist es!) und ihnen Liebe und Gefühle entgegenzubringen. (Caren Marks [SPD]: Ach? Das machen die Eltern, die einen Krippenplatz haben, nicht? - Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die anderen können das nicht? - Sönke Rix [SPD]: Was unterstellen Sie eigentlich Eltern, die ihre Kinder in eine Krippe geben?) Auch darum geht es nämlich. Das muss man einmal gegenüber Ihrer Generalsekretärin festhalten, die da irgend-etwas von gymnasialem Schwachsinn erzählt. (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt doch, dass andere ihre Kinder nicht lieben! Da sind wir wieder bei den Rabenmüttern gelandet! Das Niveau sinkt!) Mir fehlen angesichts Ihrer Äußerungen wirklich die Worte. Wie viele Eltern machen sich vor der Geburt und nach der Geburt intensivst, Tag und Nacht - Sie haben es angesprochen, liebe Frau Ministerin - Gedanken darüber, was für ihr Kind gut ist? Da brauchen sie die SPD nicht. Da brauchen sie im Übrigen auch uns nicht. Jeder Elternteil, jeder Vater, jede Mutter, soll individuell das für sein Kind bekommen können, was er will. (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Niveau sinkt!) Das kann ein Krippenplatz sein, das kann die häusliche Betreuung sein, das kann ein Kindermädchen sein, das kann die Nachbarschaftshilfe sein. Erweitern Sie auch hier Ihren Horizont! (Beifall bei der CDU/CSU) Es gibt nicht nur Ballungsräume. Es gibt auch dörfliche Gemeinschaften, in denen durch Absprachen wunderbare Lösungen gefunden werden. Diese organisieren selber die Betreuung, weil sie dann wissen, was sie haben. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Was Sie hier abliefern, stellt nichts anderes dar als eine permanente Anmaßung. Dann setzen Sie dem Ganzen noch die Krone auf, indem Sie sagen: Kita für alle, weil die Kinder sonst leider verdummen. Aha! Elternhäuser verdummen ihre Kinder. Interessant! Auch da kann ich Ihnen nur sagen: Mir fehlen fast die Worte. (Dagmar Ziegler [SPD]: Ist das schwach!) Man kann es gar nicht oft genug wiederholen: Das ist offenbar Ihre Einstellung zu elterlicher Erziehung und elterlicher Liebe gegenüber Kindern. (Dagmar Ziegler [SPD]: Unverschämtheit! Ganz große Unverschämtheit!) Anders kann ich es nicht sagen. Sie alle hatten eine wunderbare Gelegenheit, das darzustellen. Das ist Ihnen leider nicht gelungen. (Beifall bei der CDU/CSU - Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir halten nur Ihre Rede nicht mehr aus!) Deswegen noch einmal: Erweitern Sie Ihren Horizont! Erweitern Sie Ihr Lebensbild! (Lachen bei Abgeordneten der SPD) Schauen Sie sich an, was die ganz große Mehrheit der Eltern will! (Caren Marks [SPD]: Genau! Die wollen Familie und Beruf!) Die ganz große Mehrheit der Eltern will selber entscheiden, was sie macht (Caren Marks [SPD]: Das sollen sie auch!) mit ihrem Säugling, mit ihrem einjährigen, mit ihrem zweijährigen, mit ihrem dreijährigen Kind. Die ganz große Mehrheit der Eltern kann das wunderbar selbst entscheiden. Wir stellen allen Eltern gleichmäßig die Möglichkeiten zur Verfügung, (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit dem Ehegattensplitting?) die sie brauchen, um diese Entscheidung ganz frei und ohne staatlichen Zwang und nur für sich selber zu treffen. (Caren Marks [SPD]: Ohne Krippenplatz!) Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Ludwig. - Jetzt geben wir noch alle Aufmerksamkeit dem letzten Redner unserer Aktuellen Stunde. Für die Fraktion der CDU/CSU spricht unser Kollege Dr. Peter Tauber. Bitte schön, Kollege Dr. Tauber. (Beifall bei der CDU/CSU - Zurufe von der SPD - Gegenrufe von der CDU/CSU) - Herr Kollege Dr. Tauber, Sie haben das Wort, auch wenn es sich anders anhört. Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Herr Präsident, ich werde mir Mühe geben, so laut zu sprechen, dass mir alle folgen müssen, auch die, die es vielleicht nicht wollen. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich glaube, es war vorher klar, dass diese Debatte emotional wird. Ich habe, ehrlich gesagt, auch damit gerechnet, dass aus den Reihen der Opposition der eine oder andere Redner oder die eine oder andere Rednerin bei diesem Thema Schaum vor dem Mund hat. (Dagmar Ziegler [SPD]: Nein, alles in Ordnung!) Es ist zwar kein neues Thema, es ist aber nach wie vor ein strittiges Thema. Vielleicht ist es Ihrer Emotionalität geschuldet, dass Sie das eine oder andere gesagt haben, was so aus meiner Sicht nicht stehen bleiben darf. Frau Kollegin Deligöz, Sie haben sinngemäß gesagt, Eltern, die sich selber kümmern, stehlen ihren Kindern die Zukunft. (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie mich zitieren, dann zitieren Sie mich richtig! Das ist unverschämt! - Caren Marks [SPD]: Christlich heißt eigentlich: Du sollst nicht lügen!) Das kann so absolut nicht stehen bleiben. In allen Redebeiträgen der Opposition wird eines getan: Sie stellen die Erziehung in der Kita und die Erziehung zu Hause einander konfrontativ gegenüber. Aber beides hat seinen Wert. (Beifall bei der CDU/CSU) Beides kann gut sein, und beides kann zu Problemen führen. Damit bin ich bei einem Satz vom Kollegen Steinmeier, der leider schon gegangen ist. (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ach so, der ist schon weg!) Das ist bedauerlich; aber vielleicht geben Sie an ihn weiter, was ich dazu zu sagen habe, und vielleicht denkt er dann noch einmal darüber nach. - Er hat als Problempunkt beim Betreuungsgeld die Frage aufgeworfen: Was geschieht mit Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, aus anregungsarmen, bildungsfernen Schichten? Er hat ganz pauschal gesagt: Wir wollen eigentlich kein Betreuungsgeld für die Kinder türkischstämmiger Familien, weil wir glauben, dass sie dann nicht in die Kita gehen und nicht den Anschluss in dieser Gesellschaft finden. - Auch dieser Satz darf so pauschal nicht stehen bleiben. (Caren Marks [SPD]: Den hat er so pauschal auch nicht gesagt! Ich denke, Sie sind die christlich-liberale Koalition! "Du sollst nicht falsch Zeugnis ablegen!") - Den hat er so gesagt; das können Sie gerne nachlesen. Den hat er so pauschal gesagt. Das darf man aber so nicht sagen. (Beifall bei der CDU/CSU - Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihnen gehen die Argumente aus! - Stefan Schwartze [SPD]: Zuhören hätte geholfen, Herr Tauber!) Das mag es geben, und das ist eines der Probleme, über die wir reden müssen, wenn wir das Betreuungsgeld ausgestalten. Aber die pauschale Aussage, dass Kinder mit Migrationshintergrund nicht den Anschluss in dieser Gesellschaft finden, wenn sie im zweiten und dritten Lebensjahr zu Hause bleiben, kann, ganz ehrlich, nicht Ihr Ernst sein. Denken Sie das einmal zu Ende, und fragen Sie sich, was dieser Satz eigentlich bedeutet. (Beifall bei der CDU/CSU - Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn eigentlich Frau von der Leyen dazu?) Dann darf man einmal daran erinnern - das ist für die Sozialdemokraten ein bisschen schmerzhafter als für die Linken und die Grünen -: Sie haben das mit auf den Weg gebracht. (Caren Marks [SPD]: Nein!) Denn das Betreuungsgeld ist eine von drei Säulen einer modernen Familienpolitik. (Caren Marks [SPD]: Um Gottes willen!) Diese Säulen sind das Elterngeld, der Ausbau der Krippenplätze und das Betreuungsgeld. Das schmerzt Sie wahrscheinlich auch deswegen, weil mit Ursula von der Leyen eine christdemokratische Familienministerin das angestoßen hat, während Sie vorher nur geschlafen haben. (Caren Marks [SPD]: Das wollte selbst Frau von der Leyen nicht!) Das müssen Sie sich an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen lassen. (Beifall bei der CDU/CSU) Diese drei Säulen gehören sehr wohl zusammen, wenn wir nicht wollen, dass der Staat die Lufthoheit über die Kinderbetten hat. Das wollen wir nicht, im Gegensatz zu Ihnen. (Caren Marks [SPD]: Das ist doch Quatsch!) Sie gehören deswegen zusammen, weil wir wollen, dass es qualitativ gute Betreuungseinrichtungen gibt, auch für Kinder unter drei Jahren. (Caren Marks [SPD]: Ja, dann bauen Sie doch mal welche aus!) An dieser Stelle muss man einmal sagen, dass die Erzieherinnen und Erzieher in dem Bereich in der Regel einen tollen Job machen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Dagmar Ziegler [SPD]: Aber es sind zu wenige!) Zu dem Ganzen gehört auch, dass wir anerkennen, dass es in der Entscheidungsfreiheit der Familie liegt, ob sie das Angebot ab dem zweiten oder dritten Lebensjahr des Kindes oder später nutzen möchte. (Caren Marks [SPD]: Das hat keiner aberkannt!) - Sie setzen aber Anreize, die dazu führen; das ist der entscheidende Punkt. (Caren Marks [SPD]: Wir? Welche Anreize? Eltern stehen Schlange für einen Kitaplatz, da braucht man keine Anreize zu setzen!) Wenn Sie nur für Krippenausbau plädieren, kein Betreuungsgeld wollen und andere Formen von Familienleben negieren, setzen Sie Anreize, die in die falsche Richtung führen. Das ist nicht in Ordnung. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Zuruf der Abg. Caren Marks [SPD]) - Frau Marks, Sie schreien immer dazwischen. Meine Mama hat mir beigebracht: Wer schreit, hat unrecht. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Das lernt man zu Hause, und das lernt man auch in der Kita oder in der Krippe, dass man nicht schreit und dass man, wenn man schreit, meistens unrecht hat. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich schreie im Gegensatz zu Ihnen nicht; das habe ich so gelernt. (Caren Marks [SPD]: Das ist vielleicht das Einzige, was Sie gelernt haben!) Ich weiß nicht, wo Sie etwas gelernt haben; aber das ist auch nicht meine Baustelle, Frau Marks. Keifen Sie ruhig weiter; ich nehme das alles in Demut zur Kenntnis. Sie verhalten sich hier auch nicht anders als im Ausschuss. Es geht uns im Kern darum, dass Familien selbst entscheiden können, wie sie ihr Zusammenleben organisieren, und dass wir für alle gleiche Rahmenbedingungen schaffen, auch für diejenigen, die selbstständig sind und die sich in den ersten drei Jahren selbst um ihr Kind kümmern wollen, weil sie das mit ihrer Selbstständigkeit vereinbaren können, und für die, bei denen die Großeltern im selben Haus leben und die ersten drei Jahre mithelfen, sodass keine Betreuungseinrichtung benötigt wird. (Sonja Steffen [SPD]: Dann kann man aber wieder von vorne anfangen!) Für diese Fälle des Lebens wollen wir ein Betreuungsgeld. Wir wollen eben nicht eine holzschnittartige Gesellschaft, wo es nur schwarz oder weiß gibt, wo die Krippe gut und die Erziehung in der Familie schlecht ist, (Dagmar Ziegler [SPD]: Warum haben Sie vor 20 Jahren nicht damit begonnen?) sondern wir wollen die Vielfalt des Lebens und die individuelle Entscheidungskraft der Familien stärken. Das tun wir mit den drei Säulen unserer modernen Familienpolitik: Krippenausbau, Elterngeld und Betreuungsgeld. (Beifall bei der CDU/CSU) Das ist das Entscheidende. Dass Sie das nicht verstehen, nehme ich Ihnen nicht übel. Aber hören Sie auf, diese Debatte mit Schaum vor dem Mund zu führen. (Caren Marks [SPD]: Wir sind ganz gelassen!) Es ist eine rein sachliche Debatte. Sie sind leider nicht sachlich, aber vielleicht gewinnen Sie noch an Ruhe und Gelassenheit. Das wünsche ich Ihnen zum Schluss dieser Debatte. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin überzeugt, wir hätten noch genügend Kraft und Argumente, diese Debatte weiterzuführen. Dennoch beende ich jetzt die Aktuelle Stunde. Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 10. November 2011, 9 Uhr, ein. Ich freue mich, wenn wir uns dann alle hier wiedersehen. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 17.05 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.11.2011 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.11.2011 Goldmann, Hans-Michael FDP 09.11.2011 Griese, Kerstin SPD 09.11.2011 Grosse-Brömer, Michael CDU/CSU 09.11.2011 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 09.11.2011 Dr. Koschorrek, Rolf CDU/CSU 09.11.2011 Leidig, Sabine DIE LINKE 09.11.2011 Nahles, Andrea SPD 09.11.2011 Nietan, Dietmar SPD 09.11.2011 Philipp, Beatrix CDU/CSU 09.11.2011 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 09.11.2011 Röspel, René SPD 09.11.2011 Rupprecht (Weiden), Albert CDU/CSU 09.11.2011 Seiler, Till BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.11.2011 Widmann-Mauz, Annette CDU/CSU 09.11.2011 Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 09.11.2011 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 09.11.2011 Anlage 2 Technisch bedingter Neuabdruck der Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ursula Heinen-Esser auf die Fragen des Abgeordneten Ulrich Kelber (SPD) (135. Sitzung, Drucksache 17/7411, Fragen 35 und 36): Wie viele Personen arbeiteten, aufgeschlüsselt nach den Standorten Bonn und Berlin, jeweils am 1. Januar 2008, 1. Januar 2009, 1. Januar 2010 und 1. Januar 2011 für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Beamte, Angestellte, Arbeiter, befristet Beschäftigte, in das BMU Beurlaubte)? Wie vielen Vollzeitäquivalenten entsprechen die Zahlen (bitte gleiche Aufschlüsselung)? Zu Frage 35: Durch den am 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst wurde ein einheitliches Tarifrecht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst geschaffen, das die Begriffe "Angestellte" und "Arbeiter" durch den Begriff "Tarifbeschäftigte" ersetzt; dieser Rechtsänderung wird in der Antwort Rechnung getragen; es wird unterstellt, dass mit den ins "Umweltministerium Beurlaubten" die "in das Bundesumweltministerium abgeordneten" Beschäftigten gemeint sind. Die Zahl der im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, beschäftigten Personen hat sich von 2008 bis 2011 an den beiden Standorten Bonn und Berlin jeweils zum Stichtag 1. Januar wie folgt entwickelt: 2008 Bonn 562 = 66 % Berlin 289 = 33 % 2009 Bonn 584 = 66,1 % Berlin 299 = 32,9 % 2010 Bonn 557 = 62,4 % Berlin 335 = 37,6 % 2011 Bonn 531 = 62,3 % Berlin 322 = 37,7 % Eine exakte Aufschlüsselung der Zahlen, insbesondere für Beamtinnen und Beamte bzw. unbefristete Tarifbeschäftige, ist nicht möglich, weil entsprechende Daten in elektronischen Personalorganisationssystemen nicht vorgehalten bzw. zum Teil auch aus Datenschutzgründen nicht langfristig gespeichert werden. Entsprechende Zahlen lassen sich lediglich aus den bekannten Einzelplänen des Haushalts unter Berücksichtigung von Planstellen, Ersatzplanstellen und Leerstellen sowie abzüglich der zum 1. Januar eines Jahres bewilligten neuen Stellen, die am 1. Januar noch nicht besetzt sind, und der jeweiligen Beurlaubungen berechnen; dabei können unter anderem neue Stellen und Beurlaubungen - aus den genannten Gründen - nur pauschal, nicht "standortscharf", Berücksichtigung finden. Auf Grundlage einer solchen Betrachtung ergibt sich, dass 2011 die Anzahl der im BMU beschäftigten Personen in etwa wieder der Zahl der Beschäftigten von 2008 entspricht. Dabei ist allerdings die Zahl der Beamtinnen und Beamten in Bonn leicht gesunken. Gleichzeitig hat die Zahl der Beamtinnen und Beamten in Berlin entsprechend zugenommen. Diese Tendenz ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Erweiterung der Zuständigkeiten des BMU in der 15. und 16. Wahlperiode insbesondere am Standort Berlin erfolgte und überwiegend mit befristet Beschäftigten geschultert wurde; erst jetzt wird dies teilweise stellenwirtschaftlich nachgezeichnet, während im Übrigen in vielen anderen Aufgabengebieten weiterhin Stellen zu kürzen sind. Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass vom 1. Januar 2008 bis zum 1. Januar 2010, dieser Stichtag spiegelt ausschließlich die noch in der vorigen Wahlperiode getroffenen stellenwirtschaftlichen Entscheidungen wider, der Anteil der Berlin-Beschäftigten von 33 Prozent auf 37 Prozent erhöht wurde. Erst seit Beginn der laufenden Wahlperiode konnte die Berlin-Quote konstant bei 37 Prozent gehalten und damit der in den beiden letzten Wahlperioden entstandene Trend zur Erhöhung des Berlin-Anteils gestoppt werden. Zu Frage 36: Eine Betrachtung nach Vollzeitäquivalenten ergibt für die beiden Standorte Bonn und Berlin jeweils zum Stichtag 1. Januar von 2008 bis 2011 Folgendes: 2008 Bonn 447 = 63,9 % Berlin 252 = 36,1 % 2009 Bonn 507 = 65,25 % Berlin 270 = 34,75 % 2010 Bonn 487 = 61,8 % Berlin 300 = 38,2 % 2011 Bonn 485 = 62,5 % Berlin 291 = 37,5 % Eine Aufschlüsselung nach Beamtinnen und Beamten, Tarifbeschäftigten etc. ist aus den oben bereits genannten tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht - hier auch nicht näherungsweise - möglich. Für die Standortfrage wäre eine solche Verteilung allerdings auch nicht aussagefähig, da insbesondere die Dauerbeschäftigten in der Regel über "ganze" Stellen verfügen und eine Reduktion der Arbeitszeit nicht aus organisatorischen Gründen erfolgt, sondern auf Antrag der Beschäftigten, um zum Beispiel eine erhöhte Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erreichen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Katja Dörner (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 7): Wann soll nach Vorstellung des BMVg mit der Umsetzung der Arbeitsplatzverlagerungspläne des BMVg begonnen werden, und wie sieht die genaue zeitliche Planung aus? Die Planungen zur Einnahme der neuen Struktur des Bundesministeriums der Verteidigung werden derzeit erarbeitet. Genauere Angaben sind daher derzeit noch nicht möglich. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Katja Dörner (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 8): Ist die geplante Verlagerung von Wehrverwaltungsstellen nach Bonn unabhängig von den Plänen des BMVg zu sehen, die Arbeitsplätze des BMVg weitgehend nach Berlin zu verlagern, oder würden diese Wehrverwaltungsstellen wieder aus Bonn abgezogen, wenn das Bundeskabinett einer Verlagerung des größten Teils der Arbeitsplätze des BMVg nach Berlin nicht zustimmt? Eine Verlagerung von Dienststellen der Wehrverwaltung und der Streitkräfte nach Bonn ist infolge des neuen Stationierungskonzeptes vorgesehen. Das in Bonn neu aufzustellende Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr geht im Wesentlichen aus dem heute ebenfalls in Bonn stationierten Bundesamt für Wehrverwaltung hervor. Hierbei soll der Dienstpostenumfang des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr gegenüber dem Bundesamt für Wehrverwaltung aufgrund zusätzlicher Aufgaben und Fähigkeiten nach derzeitigem Stand der Planung um rund 280 Dienstposten auf zukünftig circa 1 400 Dienstposten vergrößert werden. Darüber hinaus ist die Aufstellung des Kommandos Streitkräftebasis in Bonn vorgesehen, das maßgeblich aus dem bislang in Köln stationierten Streitkräfteunterstützungskommando sowie den streitkräftebasisbezogenen Teilen des Führungsstabes der Streitkräfte gebildet wird. Schließlich soll das ursprünglich in Mannheim zu errichtende Kompetenzzentrum für Bildung, Qualifizierung und Zertifizierung in Bonn stationiert werden. Die im Stationierungskonzept abgebildete Stationierung am Standort Bonn ist insoweit unabhängig von den weiteren Planungen für die Unterbringung des Bundesministeriums der Verteidigung zu sehen. Die Aufteilung des Bundesministeriums der Verteidigung ist auch ausdrücklich nicht Bestandteil dieses Konzeptes. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Heinz Paula (SPD) (Drucksache 17/7583, Frage 11): Welche Maßnahmen sind geplant, um Beschäftigten der Bundeswehr in strukturschwachen Gebieten wie dem Allgäu einen wohnortnahen Arbeitsplatz zu sichern, und welche Überlegungen gibt es zu Konversionsmaßnahmen vonseiten des Bundes, um die von den Standortschließungen stark betroffenen Städte und Gemeinden zu unterstützen? Die am 26. Oktober 2011 bekannt gegebenen Standortentscheidungen haben für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Standorten Kaufbeuren und Kempten im Allgäu zur Folge, dass im Verlauf der nächsten Jahre die zivilen Arbeitsplätze bei der Bundeswehr abgebaut werden. In Sonthofen werden wesentliche Teile erhalten, aber auch die Zahl der Arbeitsplätze wird reduziert werden. Dies stellt sowohl für die hiervon betroffenen Beschäftigten als auch für die Personalführung eine enorme Herausforderung dar. Ich darf Ihnen jedoch versichern, dass bei der Umsetzung der Standortentscheidungen die Sozialverträglichkeit für die Beschäftigten im Vordergrund steht. Bei allen Überlegungen ist es wichtig, die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Prozess einzubeziehen und auf ihre berechtigten Bedürfnisse und Wünsche möglichst einzugehen. In engem Dialog mit den zivilen Beschäftigten gilt es, alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen und den Beschäftigten unter Nutzung ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen eine zumutbare Weiterbeschäftigung vorrangig in der Bundeswehr zu ermöglichen. Der bis zum Jahre 2017 verlängerte Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr bildet ein wesentliches Instrument für einen sozialverträglichen Personalabbau. Er schließt insbesondere betriebsbedingte Kündigungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus. Die Beschäftigungssicherung für die vom Wegfall ihrer Arbeitsplätze betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch die nicht unter den Tarifvertrag fallenden Beamtinnen und Beamten steht - wie auch bereits bei der Umsetzung der Strukturreform 2010 - weiterhin an oberster Stelle. So bietet der Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr den Arbeitnehmern. verschiedene Instrumente und finanzielle Leistungen an, wie die Einkommenssicherung sowie Qualifizierungsmaßnahmen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der finanziellen Unterstützung durch die Zahlung von Trennungsgeld. Dies wird für die Beschäftigten infrage kommen, die künftig an. einem weiter entfernten Standort der Bundeswehr einen Arbeitsplatz erhalten. Als Ultima Ratio hat sich in der Vergangenheit für die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer insbesondere das Instrument der Härtefallregelung bewährt. Ich gehe davon aus, dass durch die Auflösungen und signifikanten Reduzierungen an den Standorten im Allgäu diese Möglichkeit von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern intensiv genutzt werden wird. Für den Beamtenbereich werden flankierende Regelungen derzeit erarbeitet. Neben der vorrangig zu prüfenden internen Weiterbeschäftigung bei der Bundeswehr werden für die Beschäftigen auch Beschäftigungsalternativen bei anderen Verwaltungen und Behörden des öffentlichen Dienstes aufgezeigt sowie gegebenenfalls Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche außerhalb der Bundeswehr gewährt. Die in den letzten Jahren im Rahmen der Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit geknüpften Kontakte und solche mit anderen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes werden intensiviert. So haben bereits bei der Umsetzung der Strukturreform 2010 Beschäftigte der Bundeswehr beim Bundesamt für Güterverkehr eine neue und dauerhafte berufliche Heimat gefunden. Darüber hinaus steht die Bundeswehr in engem Kontakt zu anderen Ressorts. Mit der ressortübergreifenden Personalvermittlung zum 1. Januar 2012 werden adäquate Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für das derzeitige und künftige Überhangpersonal der Bundeswehr geschaffen. Ich verkenne nicht, dass die Unterbringungsbemühungen der Bundeswehr hierbei auch an objektive Grenzen stoßen werden. Persönliche Härten werden sich aber nur im Ausnahmefall nicht vermeiden lassen. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass es Ziel der Personalführung sein wird, die schutzwürdigen Interessen der Beschäftigten mit den zwingenden Notwendigkeiten einer sachgerechten Aufgabenerledigung in Einklang zu bringen. Die Liegenschaften der Bundeswehr, die auf Dauer für Verteidigungszwecke entbehrlich sind, werden an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen gehört, abgegeben. Diese ist eigenverantwortlich für die Verwertung der Liegenschaften zuständig und kraft Gesetzes verpflichtet, die entbehrlichen Liegenschaften unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen wirtschaftlich zu verwerten. Ziel ist es, in enger partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, potenziellen Investoren und mit Unterstützung der Länder tragfähige Lösungen zu erarbeiten. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Christian Schmidt auf die Fra-ge des Abgeordneten Heinz Paula (SPD) (Drucksache 17/7583, Frage 12): Wie könnten die zivil-militärische Zusammenarbeit am Fliegerhorst Kaufbeuren sowie eine Förderung dieser Zusammenarbeit durch den Bund nach den Vorstellungen der Bundesregierung konkret aussehen, und wie viele Stellen könnten dadurch gesichert bzw. geschaffen werden? Der Standort Kaufbeuren wird aufgegeben. Die Realisierungsplanung der Luftwaffe hierzu wird derzeit erarbeitet. Die im Rahmen der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit zu erbringenden Hilfeleistungen bei Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen (gemäß Art. 35 GG) sind ein subsidiärer Auftrag der Bundeswehr zur Unterstützung der zuständigen Stellen bei Bund, Ländern und Kommunen. Die Streitkräfte stellen auf Antrag aus ihrem gesamten Portfolio im Rahmen freier Kapazitäten Unterstützungsleistungen zur Verfügung. Bereitstellung und Koordination erfolgen über die Territoriale Organisation der Bundeswehr. Für den Bereich der Territorialen Organisation werden unter Führung des neuen Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr die flächendeckend dislozierten und bewährten Landeskommandos mit ihren zugeordneten Bezirks- und Kreisverbindungskommandos erhalten bleiben. Darüber hinaus werden neu aufzustellende Regionale Sicherungs- und Unterstützungskräfte ausgebracht. Am Standort Kaufbeuren bleibt ein Kreisverbindungskommando als Teil des bundesweiten territorialen Netzwerkes mit zehn Dienstposten bestehen. Diese werden durch Reservisten wahrgenommen. Das Kreisverbindungskommando Kaufbeuren wird auch weiterhin auf Ebene der kreisfreien Stadt Kaufbeuren die Mittlerrolle zwischen zivilem und militärischem Bereich wahrnehmen, die zuständigen zivilen Entscheidungsträger unter anderem hinsichtlich militärischer Fähigkeiten beraten und im Katastrophenfall als Verbindungselement im zivilen Verwaltungsstab agieren. Die Liegenschaft Fliegerhorst wird nach Ende der Nutzung durch die Bundeswehr zusammen mit den anderen Liegenschaften am Standort Kaufbeuren an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben abgegeben. Für den Fall, dass Ihre Frage nicht auf die Zivil-Militärische Zusammenarbeit im engeren Sinne abzielt, sondern auf ein mögliches zukünftiges zivil-militärisches Kooperationsmodell, weise ich ergänzend darauf hin, dass hierzu eine Prüfung erfolgt, inwieweit Teile des Ausbildungsbedarfs, der zurzeit in Kaufbeuren gedeckt wird, durch Kooperation mit zivilen Anbietern erbracht werden könnte. Dazu finden bereits Gespräche statt. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 17): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie im Regional Command North der ISAF das angewiesene "aktive Monitoring" von Personen, die im Zuge gemeinsamer Operationen von ISAF-Soldaten und afghanischen Sicherheitskräften in Gewahrsam genommen wurden, ausgestaltet wird und wann mit dem Beginn dieses "aktiven Monitorings" zu rechnen ist? Die Frage betrifft Maßnahmen zum ISAF-Monitoring von Personen bis zum Strafvollzug, die durch ISAF-Kräfte oder durch afghanische Sicherheitskräfte während gemeinsamer Operationen in Gewahrsam genommen und an afghanische Hafteinrichtungen übergeben werden. Diese Maßnahmen wurden im Rahmen der Befehlsgebung im Regionalkommando Nord bereits umgesetzt. Hierzu wurden zwei Elemente - Combined Detention Oversight Team und Regional Combined Detention Facility Assessment and Certification Team - im Stab Regionalkommando Nord eingerichtet und haben ihre Arbeit aufgenommen. Durch ein Element werden Informationen zu übergebenen Gewahrsamspersonen gesammelt sowie Gewahrsamspersonen in afghanischer Untersuchungshaft registriert und überwacht. Dies beinhaltet auch die Planung von kurzfristigen Inspektionen von afghanischen Hafteinrichtungen. Durch das zweite Element werden afghanische Hafteinrichtungen inspiziert, das Personal dieser Einrichtungen weitergebildet und die Einrichtungen bewertet. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Caren Marks (SPD) (Drucksache 17/7583, Frage 20): Welche Maßnahmen bereitet die Bundesregierung zur Umsetzung des interfraktionellen Beschlusses des Deutschen Bundestages "Opfern von Unrecht und Misshandlungen in der Heimerziehung wirksam helfen" (Bundestagsdrucksache 17/6143) vor, und wann werden diese den Fraktionen des Deutschen Bundestages übermittelt? Entsprechend dem Beschluss des Deutschen Bundestages "Opfern von Unrecht und Misshandlungen in der Heimerziehung wirksam helfen" (Bundestagsdrucksache 17/6143) hat die Bundesregierung in Abstimmung mit den betroffenen Ländern und Kirchen Umsetzungsvorschläge erarbeitet. Ziel ist, den fristgerechten Start der Umsetzung zum 1. Januar 2011 zu gewährleisten. Vorgesehen ist deshalb die Schaffung eines nicht rechtsfähigen Fonds mit dem Namen "Heimerziehung in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1949 bis 1975" (kurz "Heimerziehung West"). Derzeit wird die Kabinettsbefassung zum Entwurf einer Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, den westlichen Bundesländern (inklusive Berlin), der evangelischen Kirche in Deutschland und den (Erz-) Bistümern der katholischen Kirche im Bundesgebiet sowie einer Satzung vorbereitet. Die Entwürfe wurden gemeinsam mit allen Beteiligten unter Federführung des Bundesfamilienministeriums und mit Beteiligung des Bundesjustizministeriums erarbeitet. Ein Umsetzungsvorschlag für die Unterstützung der Opfer der Heimerziehung der DDR wird im Frühjahr 2012 vorgelegt. Die Unterzeichnung der Verwaltungsvereinbarung steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Deutschen Bundestages zum Haushalt 2012. Das Bundesfamilienministerium wird dem Familienausschuss zeitnah die Lösungsvorschläge vorlegen. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Caren Marks (SPD) (Drucksache 17/7583, Frage 21): Wie ist die Aussage der Bundesregierung in der Pressemitteilung zur Übergabe des Achten Familienberichts am 28. Oktober 2011 zu verstehen, wonach vom "mitverantwortlichen Potenzial älterer Menschen" ausgegangen wird, und welche entsprechenden Maßnahmen schlägt sie vor? Im Juli 2010 hat Frau Bundesministerin Dr. Kristina Schröder acht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der Erarbeitung des Sachverständigenberichts zum Achten Familienbericht beauftragt. Am 28. Oktober 2011 hat die unabhängige Kommission ihren Sachverständigenbericht "Zeit für Familie. Familienzeitpolitik als Chance einer nachhaltigen Familienpolitik" der Frau Bundesfamilienministerin übergeben. Der Bericht enthält Eckpunkte, wie es Familien erleichtert werden kann, auch unter veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen Zeit für familiäre Verantwortung zu finden. Wie bei der Erarbeitung der Familienberichte vorgesehen und üblich, prüft die Bundesregierung nach Übergabe den vorgelegten Sachverständigenbericht und erarbeitet eine Stellungnahme der Bundesregierung. Der Sachverständigenbericht der Kommission und die Stellungnahme der Bundesregierung werden als Achter Familienbericht Anfang 2012 dem Deutschen Bundestag vorgelegt. Damit ist der Achte Familienbericht auch öffentlich. In der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 28. Oktober 2011 anlässlich der Übergabe des Sachverständigenberichts wurden unter anderem auch einige ausgewählte Ergebnisse des Sachverständigenberichts referiert. Da die Bundesregierung - wie oben ausgeführt - den Sachverständigenbericht derzeit prüft und die Stellungnahme erarbeitet, kann die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt zum Bericht und zu einzelnen Ergebnissen des Sachverständigenberichts noch nicht Stellung nehmen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Andreas Scheuer auf die Fragen des Abgeordneten Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/7583, Fragen 26 und 27): Vertritt die Bundesregierung bei den Verhandlungen zur Fortführung der Kompensationsleistungen nach dem Entflechtungsgesetz - früher GVFG, Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - die Position, die Mittel ab 2014 abzuschmelzen? Welche Finanzausstattung hält die Bundesregierung für notwendig, damit die Länder ihre Aufgaben in diesem Bereich erfüllen können? Zu Frage 26: Die Höhe der Ausgleichszahlungen, die die Länder für den Wegfall der Beträge aus den sogenannten Landesprogrammen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes aus dem Haushalt des Bundes erhalten, ist im Grundgesetz und im Entflechtungsgesetz nur bis zum 31. Dezember 2013 festgelegt. Die Sicherung der Finanzierung des ÖPNV und des kommunalen Straßenbaus ist eine wichtige Zukunftsaufgabe. Für die Festlegung der Position des Bundes bei den Verhandlungen mit den Ländern sind jedoch unter anderem die folgenden Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die durch die verfassungsrechtlichen Verschuldungsregeln vorgegebene Rückführung der Nettokreditaufnahme von Bund und Ländern, die sogenannte Schuldenbremse, erfordert in den Jahren bis 2020 eine enge Begrenzung der Staatsausgaben und beeinflusst damit auch das angemessene Niveau der Aufgabenerfüllung in allen Bereichen. Ziel der Föderalismusreform I ist nicht eine dauerhafte Mitfinanzierung früherer Gemeinschaftsaufgaben bzw. Bereitstellung von Finanzhilfen durch den Bund, sondern im Endergebnis ein vollständiger Rückzug des Bundes aus diesen Gebieten. Das Grundgesetz regelt insofern finanzielle Übergangsbestimmungen. Zu Frage 27: Die Länder haben die aus ihrer Sicht notwendige Finanzausstattung in die Verhandlungen mit dem Bund eingebracht. Der Bund hat in den Verhandlungen deutlich gemacht, dass bei der Prüfung nach Art. 143 c Grundgesetz die in der Antwort auf die vorige Frage erläuterten Gesichtspunkte maßgeblich zu berücksichtigen sind. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/7583, Frage 30): Aus welchen Gründen soll im Rahmen der Luftraumplanung über Berlin der Luftraum C abgesenkt werden, und worauf bezog sich die Kritik während des Luftraumabstimmungsgespräches am 19. September 2011, die insbesondere von der Allgemeinen Luftfahrt und den Landesluftfahrtbehörden geäußert wurde? Im Zusammenhang mit der für den 3. Juni 2012 geplanten Inbetriebnahme des neuen Flughafens BER wurde seitens der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, DFS, ein Vorschlag für eine geänderte Luftraumstruktur für den kontrollierten Luftraum nach § 10 LuftVO - Luftraum C, Luftraum E und Kontrollzone - erarbeitet. Dieser Luftraum wird für die An- und Abflüge zum Flughafen BER nach Instrumentenflugregeln, IFR, genutzt. Es gilt der Grundsatz "so groß wie nötig, so klein wie möglich". Denn angrenzend an diesen Luftraum befindet sich der unkontrollierte Luftraum, der insbesondere von der Allgemeinen Luftfahrt nach Sichtflugregeln, VFR, genutzt wird. Die sehr umfangreiche Diskussion der Flugverfahren in der Fluglärmkommission, FLK, hat unter anderem dazu geführt, dass der Luftraumentwurf in der Dimensionierung größer ausgefallen ist, als ursprünglich durch die DFS vorgesehen war. Dies erfolgt, um fluglärmrelevante Aspekte zu berücksichtigen. Der Luftraumentwurf wurde im Rahmen des Luftraumabstimmungsgespräches am 19. September 2011 mit den Nutzergruppen - Fluggesellschaften, Allgemeine Luftfahrt - diskutiert. In diesem Gespräch stieß der DFS-Vorschlag aufgrund der Größe des Luftraumes C auf Ablehnung der Vertreter der Allgemeinen Luftfahrt. Aus deren Sicht ist der Luftraum sowohl in der vertikalen als auch horizontalen Ausdehnung zu groß. Die Vertreter der Allgemeinen Luftfahrt bemängelten die aus ihrer Sicht unzureichende Beteiligung im Prozess der Flugverfahrensplanung. Die Diskussion von Flugverfahren ist jedoch nicht Bestandteil des jährlichen Abstimmungsgespräches zur Luftraumstruktur. Die Belange der Allgemeinen Luftfahrt und des Luftsports finden aus Sicht der DFS angemessene Berücksichtigung. Anlage 12 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 33): Welche anderen Firmen, Personen, Institute, Organisationen etc. außer denjenigen, an die letztlich die in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Bundestagsdrucksache 17/6817 Anlage 1 genannten Unteraufträge der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, GRS, bei der Vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben, VSG, vergeben wurden, waren Bewerber um bzw. angefragt für einen oder mehrere dieser Unteraufträge - bitte vollständige Angabe -, und wann genau - konkretes Datum bitte - erfolgte speziell im Zusammenhang mit späterem VSG-Unterauftrag der GRS an Bruno Thomauske/nuclear safety engineering international gmbh, nse, die erstmalige Kontaktaufnahme zwischen GRS und Bruno Thomauske/nse gmbh; bitte auch mit Angabe, von wem dabei die Initiative ausging? Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, GRS, hat zur Bearbeitung der Vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben, VSG, als projektsteuernde Organisation sämtliche Unterauftragnehmer für die Durchführung von Teilaufgaben der VSG in fachlicher Eigenverantwortung ausgewählt. Informationen über das Auswahlverfahren sowie sonstige Bewerber, die sich in diesem Zusammenhang an die GRS gewandt haben könnten, liegen dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, nicht vor. Anlage 13 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 34): Welche Aufträge und Beratungsaufträge des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, an die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit und die Entsorgungskommission wurden erteilt bzw. sollen erteilt werden im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Entwurfs eines Endlagersuchgesetzes - bitte mit Angabe des Datums bzw. anvisierten Datums sowie des Zeitplans mit wesentlichen Zwischenetappen, Meilensteinen etc. -, und hat sich das BMU bereits schriftlich an die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, BGR, gewandt für eine Mitwirkung der BGR an fachlichen Aspekten einer bundesweiten Endlagerstandortsuche - gegebenenfalls bitte mit Angabe des Datums und des wesentlichen Inhalts? Im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines Entsorgungsgesetzes wurden vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, keine Aufträge an die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, die Entsorgungskommission oder die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, BGR, erteilt. Die Erarbeitung von geowissenschaftlichen Grundlagen zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Bundesendlager zählt zu den Behördenaufgaben der BGR. Anlage 14 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 35): Reicht ein Pachtverhältnis aus, um privilegierter Eigenstromerzeuger im Sinne des § 37 Abs. 6 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2009 bzw. § 37 Abs. 3 EEG 2012 und damit EEG-umlagebefreit zu sein, und, wenn ja, gilt die Umlagebefreiung auch in dem Fall, in dem die Eigentümerin faktisch Betreiberin der Energieerzeugungsanlage bleibt und die Rechte - Pacht - nur juristisch übergehen? Die Regelung zum industriellen Eigenverbrauch von eigenerzeugtem Strom nach § 37 Abs. 3 Nr. 2 lit. b EEG 2012 sieht vor, dass Letztverbraucher von der EEG-Umlage befreit sind, wenn sie zwar Strom verbrauchen, der durch ein Netz durchgeleitet wird, aber diesen Strom aus einer Stromerzeugungsanlage beziehen, die sie als Eigenerzeuger betreiben, und sie den Strom selbst im räumlichen Zusammenhang zu der Stromerzeugungsanlage verbrauchen. Diese Regelung stellt klar, dass es sich um eine Eigenerzeugung des durch den Letztverbraucher verbrauchten Stroms handeln muss. Hierfür ist nach dem Regelungswortlaut ein "Betreiben" der Stromerzeugungsanlage durch den Letztverbraucher erforderlich. In der Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls ist zu entscheiden, ob faktisch ein "Betrieb" durch den Eigenerzeuger selbst anzunehmen ist. Anlage 15 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Katherina Reiche auf die Fragen des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Fragen 36 und 37): Wie viele Terawattstunden Strom fallen nach Einschätzung der Bundesregierung und der für die Bundesregierung angestellten Expertisen aufgrund der Neuregelung der Besonderen Ausgleichsregelung ab 2013 - Ausweitung auf Unternehmen mit einem Strombezug über einer Gigawattstunde; Senkung des Kriteriums der Stromintensität auf 14 Prozent - zusätzlich unter die Besondere Ausgleichsregelung des EEG, und ist die Bundesregierung bereit, die ihrer Einschätzung zugrundeliegenden Annahmen dem Parlament zur Verfügung zu stellen? Wie viele Terawattstunden Strom fallen nach Einschätzung der Bundesregierung und der für die Bundesregierung angestellten Expertisen im Jahr 2013 insgesamt unter die Besondere Ausgleichsregelung des EEG, und zu welchen zusätzlichen Kosten wird diese Regelung voraussichtlich für die nichtprivilegierten Verbraucher im Jahr 2013 führen? Zu Frage 36: Bei ihren Abschätzungen zu den möglichen Auswirkungen der Neuregelung der Besonderen Ausgleichsregelung hatte sich die Bundesregierung unter anderem auf das Datengerüst gestützt, das die Übertragungsnetzbetreiber im Herbst letzten Jahres zur Kalkulation der EEG-Umlage 2011 veröffentlicht hatten. Die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgelegten Berechnungen hatten schließlich eine zusätzliche Inanspruchnahme der Besonderen Ausgleichsregelung um etwa 10 Terawattstunden, TWh, für möglich gehalten (Bandbreite 4 bis 15 TWh). Dem lagen folgende Annahmen zugrunde: Erhöhung der privilegierten Strommenge um rund 4,5 TWh für Abnahmestellen zwischen 1 und 10 Gigawattstunden, GWh, pro Jahr (Bandbreite 1 bis 7 TWh). Zusätzlich 7,5 TWh für Abnahmestellen > 10 GWh aufgrund der Absenkung der Stromintensitätsschwelle auf 14 Prozent (Bandbreite 4,5 bis 10 TWh). Gleichzeitig Reduzierung der privilegierten Strommenge um rund 2 TWh durch die Einschränkung auf die Branchenklassen B und C, das heißt auf das verarbeitende Gewerbe und auf den Bergbau. Präventiv dürfte dies allerdings eine noch deutlich höhere Belastung in der Zukunft verhindert haben. Dabei hatte die Bundesregierung stets darauf hingewiesen, dass alle Berechnungen aufgrund der unzureichenden Datenlage lediglich anhand von Hilfsannahmen getroffen werden konnten und entsprechend unsicherheitsbehaftet sind. Zu Frage 37: In welchem Umfang die Besondere Ausgleichsregelung tatsächlich in Anspruch genommen wird, ist unter anderem stark konjunkturabhängig und entsprechend schwer zu prognostizieren. Mit ihrer letzten EEG-Mittelfristprognose hatten die Übertragungsnetzbetreiber, ÜNB, im November 2010 wissenschaftliche Untersuchungen der Prognos AG vorgelegt, die für 2013 - noch ausgehend von der bisherigen Rechtslage - je nach Szenario zwischen 77 und 80 TWh auswiesen. Überarbeitete Prognosen, die die Änderungen im EEG 2012 aufgreifen, werden die ÜNB zum 15. November 2011 vorlegen. Diese sollten aus Sicht der Bundesregierung abgewartet werden. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/7583, Frage 38): In welchem Umfang - unter Benennung der jeweils zugrunde liegenden Kriterien - verfügen die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Wissenschaftsorganisationen bzw. deren Zentren und Forschungsinstitute über die sogenannte Unternehmereigenschaft des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes und sind damit vorsteuerabzugsberechtigt, und welche Aktivitäten hat die Bundesregierung zum Beispiel im Rahmen der im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP vom 26. Oktober 2009 angekündigten "Wissenschaftsfreiheitsinitiative" ergriffen bzw. in Vorbereitung, um diese Begünstigung der Forschungsorganisationen auch weiterhin verlässlich zu gewährleisten? Die Unternehmereigenschaft und Vorsteuerabzugsberechtigung von Forschungseinrichtungen richtet sich nach den allgemeinen Regelungen des § 2 Abs. 1 und § 15 Umsatzsteuergesetz, UStG, nach Maßgabe der EU-rechtlichen Vorgaben durch die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem. Konkrete Aussagen zu einzelnen Forschungseinrichtungen sind wegen des zu wahrenden Steuergeheimnisses, § 30 Abgabenordnung, nicht möglich. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/7583, Frage 39): Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung - gegebenenfalls unter Angabe der jetzt festzulegenden Aufwuchsquote, wie auf Bundestagsdrucksache 17/6796 ausgeführt -, "die Höchstförderquote der Studierenden je Hochschule" "im Herbst für das Folgejahr festzulegen" bzw., wie von Bundesministerin Dr. Annette Schavan in der 65. Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. September 2011 angekündigt, die Höchstförderquote ganz aufzuheben, und für wie viele Stipendien - in absoluten Zahlen und prozentual in Relation zur Gesamtzahl der Studierenden - sind die im Regierungsentwurf 2012 veranschlagten Haushaltsmittel berechnet? Wie Frau Bundesministerin Schavan in der Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. September 2011 angekündigt hat, soll die Höchstförderquote des Deutschlandstipendiums 2012 auf 1 Prozent der Studierenden angehoben werden, was etwa 22 000 Stipendien entspricht. Mit den im Haushaltsentwurf 2012 hierfür eingeplanten Mitteln in Höhe von rund 36,6 Millionen Euro ist hierfür ausreichende Vorsorge getroffen. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Helge Braun auf die Fragen des Abgeordneten Kai Gehring (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Fragen 40 und 41): Wie viele Kooperationsprojekte zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen soll es nach dem Willen der Bundesregierung maximal geben, und nach welchen einheitlichen, wissenschaftsgeleiteten Kriterien soll grundsätzlich bei der Auswahl der Kooperationspartner bzw. bei der Einrichtung von Bundesuniversitäten entschieden werden? Welche einheitlichen, wissenschaftsgeleiteten Kriterien hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Annette Schavan, bezogen auf ihre Ankündigung einer Kooperation der Berliner Charité mit dem Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin zugrunde gelegt, und sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass bei der Auswahl von Kooperationspartnern finanzielle Engpässe einzelner Länder das eigentliche Kriterium für eine (Mit-)Finanzierung des Bundes sind bzw. werden? Zu Frage 40: Kooperationen zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden befürwortet, um die wissenschaftlichen Stärken zu bündeln und so zu einer Lösung wichtiger gesellschaftlicher Fragen beizutragen. So ist es ein explizites forschungspolitisches Ziel des "Paktes für Forschung und Innovation", die Vernetzung im Wissenschaftssystem leistungssteigernd und dynamisch zu gestalten. Anzahl der Kooperationen und Auswahl der Partner sind Sache der beteiligten Einrichtungen. Über eine mögliche Förderung entscheiden Bund und Länder gemeinsam. Es gibt bereits vielfältige Formen der Zusammenarbeit, die von gemeinsamen Projekten bis hin zu einer institutionalisierten Kooperation, wie zum Beispiel im Karlsruher Institut für Technologie, KIT, einem Zusammenschluss des Forschungszentrums Karlsruhe und der Universität Karlsruhe, oder der Jülich Aachen Research Alliance, JARA, reichen. Zu Frage 41: Die Charité Universitätsmedizin Berlin und das Max-Delbrück-Centrum, MDC, arbeiten bereits seit Jahren vielfältig und erfolgreich wissenschaftlich zusammen, wie zum Beispiel das Expermimental and Clinical Research Center, ECRC, oder das Berlin Institute for Medical Systems Biology, BIMSB, belegen. Das führende deutsche molekularbiologische Forschungsinstitut und die größte deutsche Universitätsklinik könnten künftig ihre Forschungsaktivitäten noch enger zusammenführen, um weltweit in der lebenswissenschaftlichen Grundlagenforschung und der klinischen Forschung sowie bei der Translation der Ergebnisse in die klinische Praxis eine internationale Spitzenstellung einzunehmen. Anlage 19 Antwort des Staatsministers Eckart von Klaeden auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 42): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Herkunft und Zuverlässigkeit des "persönlichen Wissens" des ehemaligen Abteilungsleiters Sicherheit des Bundesnachrichtendienstes Volker Foertsch, der ehemalige SS-Hauptsturmführer Alois Brunner sei ehemaliger Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes gewesen, wie sich laut Pressebericht aus einer handschriftlichen Aufzeichnung vom 2. September 1997 eines dienstinternen Gesprächs ergeben soll (Spiegel Online vom 20. Juli 2011)? Auf der Grundlage der bislang bekannten Unterlagen geht die Bundesregierung derzeit davon aus, dass Alois Brunner kein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes war. Die in der Frage erwähnte handschriftliche Aufzeichnung vom 2. September 1997 enthält als Ergebnis einer Rücksprache mit Herrn Foertsch die Passage "Brunner bekannt, ehemaligen MA Damaskus". Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sollte damit zum Ausdruck gebracht werden, dass Alois Brunner ehemaligen Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes in Damaskus bekannt war. Diese Einschätzung wird auch bestätigt durch eine Auskunft des Bundesnachrichtendienstes gegenüber dem Bundeskanzleramt vom 22. Februar 1994. Auf Anfrage teilte der Bundesnachrichtendienst damals mit, dass der Bundesnachrichtendienst zu keiner Zeit Verbindungen zu Brunner unterhalten hat. Da diese Mitteilung vor der - durch den Datenschutzbeauftragten im Bundesnachrichtendienst veranlassten - Löschung der Datenbestände zu Alois Brunner erfolgte, ist davon auszugehen, dass sie in Kenntnis aller 1994 im Bundesnachrichtendienst verfügbaren Informationen zu Brunner formuliert wurde. Für eine umfassende Bewertung des Vorgangs bleiben die Ergebnisse der Arbeiten der vom Bundesnachrichtendienst mit der Erforschung seiner Frühgeschichte beauftragten Unabhängigen Historikerkommission abzuwarten. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Fragen der Abgeordneten Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) (Drucksache 17/7583, Fragen 43 und 44): Wie bewertet die Bundesregierung den Entwurf für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag, auf den sich die Bundesländer auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 27. Oktober 2011 geeinigt haben - insbesondere hinsichtlich der Folgen für die Suchtgefahr, der Europarechtskonformität und der Höhe der Konzessionsabgabe für den Spieleinsatz -, und wie beurteilt sie angesichts der separaten Regelungen Schleswig-Holsteins die Notwendigkeit einer bundesweiten Regelung des Glücksspiels in Verantwortung des Bundes? Mit welchen Maßnahmen zugunsten der Suchtprävention will die Bundesregierung im Bereich der in der Spielverordnung regulierten Geldspielautomaten den Glücksspielstaatsvertrag begleiten, und welchen konkreten Zeitplan gibt es für diese Maßnahmen? Zu Frage 43: Die Zuständigkeit für Regelungen über Sportwetten, Lotterien und Spielbanken liegt allein bei den Bundesländern. Diese haben den Glücksspielstaatsvertrag in eigener Verantwortung ausgehandelt, die Bundesregierung war in diesen Prozess nicht eingebunden. Daher ist es nicht Sache der Bundesregierung, diesen Staatsvertrag zu bewerten. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, an der bestehenden Zuständigkeit für das Glücksspiel etwas zu ändern. Zu Frage 44: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat dem Bundestag und dem Bundesrat im Dezember 2010 einen Bericht über die Evaluierung der Spielverordnung vorgelegt. Der Bericht enthält auch Vorschläge zu einer Verbesserung des Spielerschutzes bei Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit. Die konkrete Ausgestaltung wird derzeit durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geprüft. Dabei ist auch zu berücksichtigen, welche Regelungen die Länder in ihren Spielhallengesetzen treffen. Die Maßnahmen sind mit den übrigen Bundesressorts und den Ländern abzustimmen. Es wird angestrebt, dass die Änderungen der Spielverordnung gleichzeitig mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag bzw. den Umsetzungsgesetzen der Länder in Kraft treten. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/7583, Frage 45): Wann wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zum Lastmanagement - Lastabwurfprämie - einbringen, und welche konkreten Inhalte/Parameter sollen dabei maßgeblich als Grundlage für den Gesetzgebungsprozess sein? Die Bundesregierung plant keinen derartigen Gesetzentwurf. Geplant ist ein Aufgreifen der Verordnungsermächtigung in § 13 Abs. 4 a Satz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes, der als Ermächtigungsgrundlage den Rahmen einer möglichen Verordnung bereits beschreibt. Ein Verordnungsentwurf wird gerade vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie erarbeitet. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Fragen der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Drucksache 17/7583, Fragen 46 und 47): Welche Informationen liegen der Bundesregierung vor über den Gegenstand und Umfang derzeit laufender Rüstungsgeschäfte zwischen deutschen Unternehmen und Griechenland? Welche derzeit laufenden Rüstungsgeschäfte mit Griechenland sind über staatliche Exportkreditgarantien, sogenannte Hermesdeckungen, abgesichert, und in welchem maximalen Umfang könnten diese bei einem Zahlungsausfall der griechischen Abnehmer in Anspruch genommen werden? Zu Frage 46: Rüstungsgeschäfte zwischen deutschen Unternehmen und Griechenland werden der Bundesregierung grundsätzlich nur anlässlich der Beantragung von Ausfuhrgenehmigungen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz bekannt. Ausfuhrgenehmigungen für die Lieferung von Rüstungsgütern nach Griechenland wurden in 2010 im Umfang von 35,8 Millionen Euro erteilt. Eine Aussage darüber, ob diese Güter ausgeführt wurden, kann die Bundesregierung nicht treffen, da tatsächliche Ausfuhren gegenwärtig lediglich für Kriegswaffen statistisch erfasst werden. Angaben für 2011 liegen noch nicht vor. Zu Frage 47: Derzeit bestehen keine Exportkreditgarantien des Bundes für Rüstungsgeschäfte mit Griechenland. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Fragen der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Fragen 50 und 51): Wie beurteilt die Bundesregierung die am 11. Oktober 2011 bekannt gewordenen Vorschläge der Verlegerverbände zur Änderung der Pressefusionskontrolle, und werden diese noch Eingang in die aktuelle Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, GWB, erhalten? Wie stehen die "Eckpunkte einer 8. GWB-Novelle" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, BMWi, vom 1. August 2011, in denen es heißt, im Bereich der Presse bestehe aus Sicht des BMWi derzeit kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf, im Zusammenhang mit der Äußerung der Bundeskanzlerin auf dem Zeitungsverlegerkongress am 19. September 2011, man sei unglaublich dankbar, hierfür - Pressefusionskontrolle - einen Vorschlag vorgelegt zu bekommen, dem man sich dann rasch widmen werde, und man wolle an diesem Thema "dranbleiben"? Die Bundesregierung wird die am 11. Oktober 2011 vorgelegten Vorschläge der Verlegerverbände im Rahmen der anstehenden 8. GWB-Novelle sehr sorgfältig prüfen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eckpunkte der 8. GWB-Novelle und der Rede der Bundeskanzlerin lagen diese Vorschläge noch nicht vor. Die Bundesregierung hat eine klare und widerspruchsfreie Position der Verlage in der Vergangenheit stets als wichtig angesehen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Michael Gerdes (SPD) (Drucksache 17/7583, Frage 52): Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zu Vorschlägen zur Nutzung des Erdgasnetzes als Energiespeicher, und welche Forschungsprojekte fördert die Bundesregierung zu dieser Fragestellung? Der entsprechend des Energiekonzepts der Bundesregierung geplante Ausbau der erneuerbaren Energien erfordert mittel- bis langfristig den verstärkten Einsatz von Energiespeichern. Die Nutzung von Erdgasnetzen durch die Einspeisung von aus erneuerbaren Energien gewonnenem Wasserstoff oder Methan wird als eine langfristig vielversprechende Option für den saisonalen Speicherbedarf angesehen. Insbesondere zeichnen sich die Erdgasnetze dahin gehend aus, dass sie im Vergleich zu beispielsweise Pumpspeicherkraftwerken über eine sehr hohe Speicherkapazität verfügen. Kurz- bis mittelfristig stellt die Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien im Gasnetz allerdings keine wirtschaftlich sinnvolle Option dar, da sie sehr hohe Kosten aufweist. Aus diesem Grund steht derzeit die Förderung von Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsprojekten im Vordergrund. Das Bundesumweltministerium unterstützt deshalb die Weiterentwicklung und Demonstration der Technologie im Rahmen von drei Forschungsprojekten mit einem Gesamtfördervolumen von rund 4 Millionen Euro (siehe Tabelle). Daneben werden im Rahmen der von BMWi, BMU und BMBF gemeinsam veröffentlichten Förderinitiative "Energiespeicher" mehrere Projektideen zu dieser Thematik vorgeschlagen. Zurzeit erfolgt die Bewertung dieser Projektvorschläge. Mit ersten Förderentscheidungen wird Anfang 2012 gerechnet. Förder kenn-zeichen Thema Zuwendungs empfänger Laufzeit beginn Laufzeit ende Förderung [Euro] 0325275A Power to Gas: Errichtung und Betrieb einer Forschungsanlage zur Speicherung von erneuerba rem Strom als erneuerbares Me than im 250-kWe-Maßstab Zentrum für Sonnen energie- und Wasser stoff-Forschung Baden-Württemberg, ZSW 01.04.2011 31.03.2014 3.533.567 0325275C Power to Gas: Errichtung und Betrieb einer Forschungsanlage zur Speicherung von erneuerba rem Strom als erneuerbares Me than im 250-kWe-Maßstab; Netz einbindung und Wirtschaftlichkeitsanalysen SolarFuel GmbH 01.04.2011 31.03.2014 122.527 0325275B Power to Gas: Errichtung und Betrieb einer Forschungsanlage zur Speicherung von erneuerba rem Strom als erneuerbares Me than in 250-kWel-Maßstab Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik, IWES 01.04.2011 31.03.2014 319.293 Summe 3.975.387 Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 53): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Pläne der Rosia Montana Gold Corporation, RMGC, die nach Zeitungsberichten (www.tagesspiegel.de/zeitung/der-fluch-des-goldes/4751556.html) in den Westkarpaten in Rumänien Gold schürfen will, und welche Schlüsse zieht sie daraus? Der Bundesregierung sind die aktuellen Pläne der RMGC, in den Westkarpaten Gold abzubauen, aus der öffentlichen Diskussion in Rumänien bekannt. Danach ist das Genehmigungsverfahren allerdings noch nicht abgeschlossen. Anlage 26 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 54): Wie unterstützt die Bundesregierung die hochrangige Untersuchung der Europäischen Kommission zur Pressefreiheit in Europa, der unter anderen auch die ehemalige Bundesministerin Herta Däubler-Gmelin angehört, und inwieweit teilt die Bundesregierung die Ansicht der EU-Kommissarin Neelie Kroes, dass es der EU an Kompetenzen mangele, Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, die Pressefreiheit zu überwachen ("Member states have primary responsibility for policing freedom of the press ... What we lack is further competence to impose binding rules", Pressekonferenz in Brüssel, 2. November 2011)? Die Bundesregierung setzt sich entschieden für die Verteidigung der Presse- und Medienfreiheit in der EU ein. Die Freiheit der Presse ist ein fundamentales Element der europäischen Wertegemeinschaft. Die Standards, die wir Europäer von anderen Staaten einfordern, müssen wir auch innerhalb der EU aktiv schützen. Vor diesem Hintergrund unterstützt die Bundesregierung nachdrücklich alle Initiativen auf EU-Ebene zur Verteidigung der Pressefreiheit und begrüßt auch die Einrichtung einer hochrangigen Untersuchung zur Pressefreiheit in Europa durch Kommissarin Kroes. Die von Frau Kroes einberufene hochrangige Gruppe hat den Auftrag, Empfehlungen für die Achtung, den Schutz, die Unterstützung und die Förderung von Freiheit und Pluralismus der Medien in Europa zu erarbeiten. Die Bundesregierung sieht darin einen wichtigen Schritt, bestehende Defizite bei der Durchsetzung der Medienfreiheit aufzudecken. Die Vorschläge der Gruppe - die veröffentlicht werden - sollten dabei auch dazu Stellung nehmen, ob für einen effektiveren Schutz der Freiheit der Medien in der EU auch rechtliche Änderungen erforderlich sind. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/7583, Frage 55): Auf wessen Veranlassung bzw. Initiative wurde die informelle "Remote Forensic Software User Group" installiert, in der sich nach Angaben der Bundesregierung "Sicherheitsbehörden" Baden-Württembergs und Bayerns mindestens zweimal jährlich mit Behörden der Schweiz, Belgiens und der Niederlande treffen (Antwort auf die schriftliche Frage vom 1. November 2011 auf Bundestagsdrucksache 17/7584), und welche Inhalte wurden bei den demnach mindestens sechs Treffen jeweils konkret behandelt? Die Einrichtung der "Remote Forensic Software User Group", RFS User Group, erfolgte im Juli 2008 auf Anregung des Bundeskriminalamtes, seinerzeit noch unter der Bezeichnung "DigiTask User Group". Das erste Treffen fand im September 2008 statt. Bislang traf sich die "RFS User Group" zweimal jährlich, zuletzt im April diesen Jahres. Konkrete Inhalte der bisherigen sechs Treffen waren: Darstellung der jeweiligen rechtlichen Grundlagen von Quellen-TKÜ und Onlinedurchsuchung, Berichterstattung zu durchgeführten Testverfahren kommerzieller Remote Forensic Software, RFS, Zusammenarbeit mit der Firma DigiTask, Sachstands- und Erfahrungsaustausch im Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Einsatz der RFS, Behandlung operativ-taktischer Aspekte, Problemstellungen im Zusammenhang mit der Auswertung/Analyse von Rohdaten und Informationsaustausch zu neuen Entwicklungen im Bereich der Kommunikationstechnologie. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/7583, Frage 54): An welchen bi- oder multilateralen Konferenzen oder Arbeitsgruppen - auch informellen - haben die EU-Agenturen Europol und Eurojust hinsichtlich des Einsatzes staatlicher Schadsoftware - "Trojaner" - zur sogenannten Onlinedurchsuchung oder Quellen-Telekommunikationsüberwachung von Computern oder anderen zur elektronischen Kommunikation geeigneten Endgeräten in den letzten fünf Jahren teilgenommen bzw. diese selbst organisiert, und welche Inhalte bzw. Verabredungen waren jeweiliger Gegenstand dieser regelmäßigen oder fallbezogenen Treffen? Der Bundesregierung sind keine Treffen zu Einsatz von Überwachungssoftware zur Durchführung von Maßnahmen der Quellen-TKÜ oder Onlinedurchsuchung bekannt, an welchen Europol in den letzten fünf Jahren teilgenommen hat bzw. welche von Europol organisiert wurden. Bezüglich Eurojust kann die Bundesregierung mitteilen, dass der deutsche Tisch von Eurojust an entsprechenden bi- oder multilateralen Konferenzen oder Arbeitsgruppen nicht teilgenommen hat. Ob es entsprechende Aktivitäten dieser Art von Eurojust oder auch von dritter Seite gegeben hat, an denen möglicherweise andere nationale Mitglieder von Eurojust teilgenommen haben, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Derartige Informationen werden von Eurojust nicht allgemein abrufbar vorgehalten, zumal Inhalte von Koordinierungstreffen grundsätzlich der Geheimhaltung nach Maßgabe der jeweils beteiligten nationalen Tische bzw. Behörden unterliegen. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 57): Wann wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag die angekündigte Überarbeitung ihres Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes (Bundestagsdrucksache 17/4230) vorlegen? Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes am 25. August 2010 beschlossen. Mit der ersten Lesung des Gesetzentwurfs am 24. Februar 2011 hat das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren begonnen. Es ist nunmehr Angelegenheit der Fraktionen des Deutschen Bundestages, für erforderlich gehaltene Änderungen des Gesetzentwurfs vorzunehmen. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage der Abgeordneten Sevim Daðdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/7583, Frage 58): Wieso hält es die Bundesregierung nicht für erforderlich, sich mit Dänemark und den Niederlanden zu den Auswirkungen des für alle EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen verbindlichen assoziationsrechtlichen Verschlechterungsverbots auszutauschen, obwohl diese zum Teil eine ganz andere Auslegung vornehmen als die Bundesregierung, und inwieweit kann die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom März 2010, eine Vereinbarkeit der Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug mit dem Verschlechterungsverbot sei eindeutig gegeben, sodass der Europäische Gerichtshof, EuGH, nicht angerufen werden müsse, noch aufrechterhalten werden, nachdem der Zentrale Verwaltungsgerichtshof in den Niederlanden unter Berufung auf die jüngste Rechtsprechung des EuGH das exakte Gegenteil festgestellt hat, das heißt, dass Sprach- und Integrationsanforderungen so eindeutig gegen das Verschlechterungsverbot verstießen, dass der EuGH nicht angerufen werden müsse (vergleiche Antworten der Bundesregierung vom 29. September 2011 auf die schriftlichen Fragen 15 und 16 auf Bundestagsdrucksache 17/7279)? Die Bundesregierung hat ihre Haltung zu den Auswirkungen des assoziationsrechtlichen Verschlechterungsverbots auf die Regelungen des deutschen Aufenthaltsrechts bereits in einer Vielzahl von Antworten auf parlamentarische Anfragen dargelegt. Die Bundesregierung hat dabei deutlich gemacht, dass sie keinen Widerspruch zwischen dem assoziationsrechtlichen Verschlechterungsverbot und dem deutschen Aufenthaltsrecht sieht. Aus Sicht der Bundesregierung besteht daher auch kein Anlass für die Aufnahme von Rechtsgesprächen mit anderen Mitgliedstaaten zu den Auswirkungen des Assoziationsrechts zwischen der Europäischen Union und der Türkei auf die hiesige oder die dortige Rechtslage. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 30. März 2010 (1 C 8.09) bestätigt, dass die deutsche Regelung zum Sprachnachweiserfordernis beim Ehegattennachzug mit dem Assoziationsrecht vereinbar ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat es gerade nicht für erforderlich gehalten, diese Frage dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Diese Entscheidung ist selbstverständlich zu respektieren. Die Bundesregierung sieht keinen Anlass für diesbezügliche Bewertungen. Aus Sicht der Bundesregierung ist das Sprachnachweiserfordernis beim Ehegattennachzug auch für türkische Staatsangehörige weiterhin integrationspolitisch sinnvoll und geboten. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage der Abgeordneten Sevim Daðdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/7583, Frage 59): Plant die Bundesregierung, zu grundlegenden Entscheidungen zur Zukunft Europas in Deutschland Volksabstimmungen abzuhalten, wie es der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt vorschlug, um damit den Willen der Mehrheit der Bevölkerung zu erfahren und umzusetzen? Nein, es gibt keine derartigen Pläne. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Michael Gerdes (SPD) (Drucksache 17/7583, Frage 60): Welche Auswirkungen haben die Urteile zur Brennelementesteuer vom Finanzgericht München sowie vom Finanzgericht Hamburg für die Finanzierung des Energie- und Klimafonds, und wie gedenkt die Bundesregierung hierauf zu reagieren? Die Beschlüsse der Finanzgerichte Hamburg und München im vorläufigen Rechtsschutz gegen die Erhebung der Kernbrennstoffsteuer haben keine Auswirkungen auf den Energie- und Klimafonds, da die Einnahmen aus der Kernbrennstoffsteuer nicht dem Energie- und Klimafonds, sondern dem Bundeshaushalt zufließen. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass das Kernbrennstoffsteuergesetz verfassungsgemäß ist. Dementsprechend hat die Zollverwaltung gegen die finanzgerichtlichen Entscheidungen Beschwerde zum Bundesfinanzhof eingelegt mit dem Ziel, die zurückgezahlte Steuer bereits vor einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache von den Kernkraftwerksbetreibern wieder anfordern zu können. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 61): Welche Positionen hat die Bundesregierung bei der Sitzung des Ecofin-Rats am 8. November 2011 zum Tagesordnungspunkt Energiesteuerrichtlinie vertreten, insbesondere zu den Punkten CO2-Komponente, Äquivalenzprinzip und EU-Mindeststeuersätze, und welche Entscheidungen hat der Ecofin-Rat zu diesem Tagesordnungspunkt gefällt? Der Tagesordnungspunkt zur Energiesteuerrichtlinie wurde im Ecofin-Rat am 8. November 2011 nicht behandelt. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Strobele (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 62): In welcher Höhe haben deutsche staatliche Stellen, solche mit staatlicher Beteiligung und EU-Stellen - etwa im Zusammenhang mit einem Schuldenschnitt von 21 Prozent -, Garantien oder Kredite für Griechenland ausgereicht, die ganz oder zum Teil verloren sind, wenn die geplante Volksentscheidung in Griechenland negativ ausgeht und das Land zahlungsunfähig werden sollte, und in welcher Höhe drohen deutschen staatlichen und EU-Stellen Verluste nach einem Schuldenschnitt in Höhe von 50 Prozent, wenn die geplante Volksentscheidung in Griechenland negativ ausgeht und das Land zahlungsunfähig wird? Griechenland erhält derzeit Hilfen aus dem im Frühjahr 2010 vereinbarten bilateralen EU-/IWF-Hilfsprogramm. Für den deutschen Anteil in Höhe von 22,4 Milliarden Euro fungiert die KfW als Kreditgeberin. Ihr gegenüber hat die Bundesregierung entsprechend dem Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik vom 7. Mai 2010 eine Gewährleistung in dieser Höhe übernommen. Im Rahmen des Griechenland-Programms wurden bisher fünf Tranchen ausgezahlt, davon rund 13,5 Milliarden Euro von Deutschland. Die Beschlüsse zur Privatsektorbeteiligung vom Juli dieses Jahres wurden nicht umgesetzt sondern durch die umfangreicheren Maßnahmen des Eurozonengipfels im Oktober ersetzt. Daher sind in diesem Zusammenhang keine Garantien oder Kredite vergeben worden. Das neue Programm für Griechenland in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro zuzüglich bis zu 30 Milliarden Euro zur Unterstützung der Privatsektorbeteiligung soll grundsätzlich über die EFSF finanziert werden. Der deutsche Anteil beträgt aktuell rund 29 Prozent. Der genaue deutsche Anteil an den Garantien wird erst nach den konkreten Verhandlungen über das neue Programm und der Durchführung der Privatsektorbeteiligung feststehen. Er ist zudem abhängig von der Höhe der Beteiligung des IWF. Der am 26. Oktober vereinbarte Schuldenschnitt bezieht sich ausschließlich auf griechische Staatsanleihen, nicht auf staatliche Kredite, die im Rahmen des Anpassungsprogramms gewährt wurden. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Fragen 63 und 64): Inwiefern prüft die Bundesregierung im Zusammenhang mit wiederholten Buchungsfehlern bei der FMS Wertmanagement die Möglichkeit von Schadenersatzansprüchen gegenüber Beteiligten wie beispielsweise dem Vorstand der FMS oder Wirtschaftsprüfern und, wenn nein, warum nicht? Wie erklärt die Bundesregierung den Widerspruch, dass in einer Antwort des Bundesministeriums der Finanzen auf die schriftliche Frage 15 auf Bundestagsdrucksache 17/6995 des Abgeordneten Klaus Ernst bereits am 13. September 2011 die Rede von einer "erwarteten Verringerung des Schuldeneffektes durch die Abwicklungsanstalt Hypo Real Estate" ist und sich darin rechnerisch eine Verringerung anhand tabellarisch mitgelieferter Zahlen von exakt 55,5 Milliarden Euro ergibt, das Bundesfinanzministerium aber erstmals am 4. Oktober 2011 über den zugrunde liegenden Buchungsfehler unterrichtet worden sein will? Zu Frage 63: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es für die Bundesregierung keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Vermögensschaden entstanden ist. Insofern stellt sich die Frage nach Schadensersatz aktuell nicht. Die Bundesregierung hat am 3. November 2011 über die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung die Bundesbank offiziell beauftragt, umfassende Untersuchungen der Ursachen und Hintergründe im Zusammenhang mit der notwendig gewordenen Buchungskorrektur bei der FMS Wertmanagement vor Ort aufzunehmen. Mit der Deutschen Bundesbank wird ein kompetenter und unabhängiger Dritter alle aufgeworfenen Fragen vertieft bewerten. Wir rechnen mit Ergebnissen noch im November. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich vor Vorlage der Prüfergebnisse der Deutschen Bundesbank in der Sache keine weitere Stellung beziehe. Sollten aus den Prüfergebnissen der Deutschen Bundesbank jedoch Anhaltspunkte für Schadensersatzansprüche des Bundes offenbar werden, so wird die Bundesregierung dies vertieft prüfen. Zu Frage 64: Der Abgeordnete Ernst hat mit seiner Schriftlichen Frage eine Reihe von statistischen Angaben erbeten, die das Bundesministerium der Finanzen im Rahmen der Maastricht-Notifikation regelmäßig zur Schuldenstandsstatistik an EuroStat meldet. Die Buchungskorrekturen bei der FMS Wertmanagement betreffen einen anderen Sachverhalt: Sie resultieren aus der Saldierung von Bilanzpositionen. Anders als in der Öffentlichkeit behauptet besteht kein Zusammenhang zwischen beiden in Rede stehenden Größen. Ein Nachteil zulasten des Steuerzahlers ist nicht eingetreten. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 65): Welchen aktuellen Kenntnisstand hat die Bundesregierung zur Frage, wo die konkreten fachlichen Verantwortlichkeiten für die wiederholten Buchungsfehler bei der FMS Wertmanagement liegen (vergleiche hierzu Die Welt, "Und wieder verrechnet", 2. November 2011), und, falls sich gegenüber dem Pressestatement des Bundesministers der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, vom 2. November 2011 kein neuer Kenntnisstand ergeben hat, welche konkreten Schritte unternimmt die Bundesregierung derzeit, um Ursachen und fachliche Verantwortlichkeiten für die Buchungsfehler umfassend aufzuklären? Am 3. November 2011 wurde die Deutsche Bundesbank über die FMSA offiziell schriftlich beauftragt, umfassende Untersuchungen der Ursachen und Hintergründe im Zusammenhang mit der Buchungskorrektur bei der FMS Wertmanagement vor Ort aufzunehmen. Es ist offenbar geworden, dass es Unklarheiten bei den Abläufen, der Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten und auch bei Fragen der IT-Struktur und den Aufsichtsstrukturen gibt. Mit der Deutschen Bundesbank wird ein kompetenter und unabhängiger Dritter alle aufgeworfenen Fragen vertieft bewerten. Wir rechnen mit Ergebnissen noch im November dieses Jahres. Gegenüber dem Pressestatement des Bundesministers der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, am 2. November 2011 gibt es keinen neuen Kenntnisstand. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/7583, Frage 66): Welche konkreten Umsetzungsschwierigkeiten existieren bei der Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte, ELStAM, und wie wirken sich die Probleme auf die geplante Einführung bzw. Lohnsteuererhebung mittels ELStAM zum 1. Januar 2012 aus? Lassen Sie mich bitte zunächst das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerkarte skizzieren: Mit dem bevorstehenden Jahreswechsel wird die bisherige Papierlohnsteuerkarte durch die elektronische Lohnsteuerkarte, die sogenannten Elektronischen LohnSteuerAbzugsMerkmale, ELStAM, ersetzt. Im ELStAM-Verfahren rufen die Arbeitgeber künftig die für den Lohnsteuerabzug erforderlichen Daten ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer elektronisch ab. Die Einführung der ELStAM - planmäßig zum 1. Januar 2012 - ist Ziel eines gemeinsamen Vorhabens des Bundes und der Länder unter Federführung des Landes Nordrhein-Westfalen. Zu Ihrer ersten Teilfrage betreffend der Umsetzungsschwierigkeiten bei der Einführung der ELStAM nehme ich wie folgt Stellung: Bei der Übermittlung und Weiterverarbeitung der für die Bildung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale erforderlichen Daten aus den Meldebehörden sind mehrere Fehler aus unterschiedlichen Quellen aufgetreten: nicht aktuelle bzw. unvollständige Daten bei den Meldebehörden, Fehler in der Übermittlungssoftware der Meldebehörden und Fehler bei der Weiterverarbeitung in der Bundesfinanzverwaltung. Diese Fehler mussten aufwendig behoben werden. Damit war die ursprüngliche Zeitplanung für den Einsatz des neuen Verfahrens nicht mehr haltbar. Die zweite Teilfrage betreffend die Auswirkung auf die geplante Einführung/Lohnsteuererhebung zum 1. Januar 2011 beantworte ich wie folgt: Es bleibt aber dabei, die Papierlohnsteuerkarte wird im Jahr 2012 endgültig durch die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale ersetzt. Lediglich der Termin für den erstmaligen verbindlichen Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale durch die Arbeitgeber wird vom 1. Januar 2012 verschoben auf einen noch nicht näher festgelegten Termin im 2. Quartal 2012. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/7583, Frage 67): Welche konkreten Pläne bei der Entlastung unterer und mittlerer Einkommen verfolgt die Bundesregierung auch vor dem Hintergrund der widersprüchlichen Angaben zur Durchführung der Steuersenkung, entweder über den Einkommensteuertarif oder über den Solidaritätszuschlag, und wie wirken sich mögliche Steuersenkungen in der 17. Legislaturperiode fiskalisch auf die Zielvorstellung eines ausgeglichenen Haushalts aus? Die Bundesregierung plant in zwei Schritten zum 1. Januar 2013 und zum 1. Januar 2014 die inflationsbedingten Steuermehreinnahmen im Volumen von insgesamt rund 6 Milliarden Euro an die Bürgerinnen und Bürger zurückzugeben. Die Entlastungswirkung wird im Jahr 2013 rund 2 Milliarden Euro und im Jahr 2014 weitere rund 4 Milliarden Euro betragen. Die geplante Entlastung kleiner und mittlerer Einkommensbezieher passt nahtlos in die Wachstums- und Konsolidierungspolitik der Bundesregierung. Die Steuerschätzung vom 4. November 2011 hat ergeben, dass auf der Einnahmeseite die Voraussetzungen für eine Beseitigung der kalten Progression zum 1. Januar 2013 vorliegen. Der Bundesregierung ist es ein Anliegen, den Effekt der kalten Progression zu bekämpfen. Dies ist Ausdruck einer Stabilitätskultur, die gerade nicht darauf setzt, über Inflation einen vermeintlich leichten Ausweg aus der hohen Staatsverschuldung zu suchen. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/7583, Frage 68): Welche Erkenntnisse und Schlussfolgerungen ergeben sich für Bundesministerin Ursula von der Leyen aus ihrem Gespräch am 4. Oktober 2011 mit den Schwerbehindertenvertretungen der DAX-30-Unternehmen (siehe Pressemitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 4. Oktober 2011)? Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen hatte für den 4. Oktober 2011 die Schwerbehindertenvertretungen der DAX-30-Unternehmen eingeladen, um sich mit ihnen über die Situation und die Chancen von behinderten Auszubildenden, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auszutauschen. Hintergrund dieses Austausches ist die UN-Behindertenrechtskonvention, die seit dem Jahr 2009 in Deutschland verbindlich ist und von der Bundesregierung mit einem Nationalen Aktionsplan für die kommenden Jahre umgesetzt wird. Ein zentrales Thema ist dabei der Zugang und die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. In dem Gespräch berichteten die Unternehmen von ihren Erfahrungen, um eine bessere und qualifizierte Teilhabe am Arbeitsleben weiter möglich zu machen. Einig war man sich darin, dieses gemeinsame wichtige Thema weiter voranzutreiben. Ministerin Dr. von der Leyen warb dafür, auch in den Unternehmen über Aktionspläne nachzudenken. Außerdem informierte sie über die "Initiative Inklusion", die eine der bedeutendsten Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans darstellt. Schließlich war der Start der öffentlichkeitswirksamen Kampagne "Behindern ist heilbar" Gesprächsgegenstand. Die Beteiligten kamen überein, den Dialog im nächsten Jahr fortzuführen. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/7583, Frage 69): Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung des Arbeitsmarktes für Menschen mit Behinderungen unter 50 Prozent sowie für Schwerbehinderte im Jahr 2011, und welche Änderungen erwartet die Bundesregierung im Jahr 2012 infolge der "Initiative Inklusion", für die laut Nationalem Aktionsplan 100 Millionen Euro aus dem Ausgleichsfonds zur Verfügung gestellt werden? Die Bundesagentur für Arbeit weist in der Arbeitsmarktstatistik nur arbeitslose schwerbehinderte Menschen (Grad der Behinderung von 50 und mehr) und diesen gleichgestellte behinderte Menschen aus. Für diesen Personenkreis hat sich die Arbeitsmarktlage im Jahr 2011 positiv entwickelt. Im Januar 2011 waren 189 161 schwerbehinderte Menschen arbeitslos gemeldet. Im Oktober 2011 gab es bundesweit 173 761 arbeitslos gemeldete schwerbehinderte Menschen. Das sind im Vergleich zum Januar 2011 15 400 oder 8,1 Prozent weniger. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2011 haben außerdem die Zugänge schwerbehinderter Menschen in Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahreszeitraum abgenommen: Von 323 711 (kumuliert Januar bis Oktober 2010) auf 318 188 (kumuliert Januar bis Oktober 2011). Das ist ein Rückgang um 5 523 oder 1,7 Prozent. Positiv entwickelt haben sich auch die Abgänge schwerbehinderter Menschen aus der Arbeitslosigkeit: Von 339 785 auf 340 442. Das ist ein leichter Anstieg um 675 oder 0,2 Prozent. Von den aus der Arbeitslosigkeit abgegangenen schwerbehinderten Menschen haben 53 584 eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt aufgenommen. Das sind 4 862 oder 10 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt werden mit der "Initiative Inklusion" zusätzliche Mittel zu den bestehenden Regelleistungen für die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben zur Verfügung gestellt. Im Rahmen von vier Handlungsfeldern werden folgende Zielgruppen zusätzlich gefördert: schwerbehinderte Schülerinnen und Schüler in den letzten beiden Schuljahren, die Berufsorientierung erhalten; Betriebe und Dienststellen, die neue Ausbildungsplätze für schwerbehinderte junge Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt schaffen; Betriebe und Dienststellen, die schwerbehinderte Arbeitslose und Arbeitsuchende, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, neu einstellen sowie Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, Landwirtschaftskammern, die Inklusionskompetenz aufbauen. Das breite Spektrum der Regel- und Ermessensleistungen der Rehabilitationsträger und der Träger der Arbeitsvermittlung zur beruflichen Rehabilitation bleibt unberührt. Jeweils zustehende Leistungen werden gegebenenfalls durch Leistungen der "Initiative Inklusion" ergänzt, sodass im Ergebnis die Inklusionsmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen in Arbeit und Beruf weiter verbessert werden. Die Bundesregierung geht deshalb davon aus, dass sich die positive Entwicklung des Jahres 2011 auch im Jahr 2012 verstärkt fortsetzt. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 70): Plant die Bundesregierung, auch unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen mit der seit Mai 2011 in Deutschland geltenden vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit für Menschen aus Polen, Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Estland, Lettland, Litauen und Slowenien sowie des im Oktober 2011 verabschiedeten Initiativberichts des Europäischen Parlaments, die nach wie vor geltenden Arbeitsmarktbeschränkungen für Rumänien und Bulgarien vor Ende 2013 aufzuheben - bitte begründen -, und wie beurteilt die Bundesregierung die soziale Lage von derzeit in Deutschland arbeitenden Bulgaren und Rumänen, die mit einer Arbeitsgenehmigung ausgestattet oder als selbstständig Gewerbetreibende angemeldet sind (vergleiche zum Beispiel tageszeitung vom 14. Oktober 2011)? Nach dem Beitrittsvertrag mit den zum 1. Januar 2007 der EU beigetretenen Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien kann der Arbeitsmarktzugang von Staatsangehörigen der beiden genannten Mitgliedstaaten während einer dreiphasigen, insgesamt siebenjährigen Übergangsfrist weiterhin nach nationalem Recht gesteuert werden. Von der gegenwärtigen zweiten Phase machen neben Deutschland neun weitere Mitgliedstaaten Gebrauch, unter anderem Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Österreich. Zudem hat Spanien für rumänische Arbeitskräfte kürzlich Beschränkungen wieder eingeführt. In der am 1. Januar 2012 beginnenden dritten Phase können die Übergangsbestimmungen nach dem Beitrittsvertrag im Falle schwerwiegender Störungen des Arbeitsmarktes oder der Gefahr derartiger Störungen nach entsprechender Mitteilung an die Kommission für zwei weitere Jahre in Anspruch genommen werden. Die Bundesregierung prüft derzeit eine Verlängerung und bezieht hierbei in gewohnter Weise die Sozialpartner und die Länder ein. Gegebenenfalls wird die Bundesregierung die EU-Kommission über eine Verlängerung und ihre Begründung rechtzeitig vor Ablauf der zweiten Phase zum 31. Dezember 2011 unterrichten. Für in Deutschland tätige bulgarische und rumänische Erwerbstätige kommen arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Regelungen in gleicher Weise wie für Unionsbürger aus anderen EU-Mitgliedstaaten zur Anwendung. Für die im genannten Presseartikel angeführte Baubranche betrifft dies insbesondere die dort geltenden allgemeinverbindlichen Branchenmindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 71): In welchen Branchen gelten aktuell tarifliche Vereinbarungen, die Vergütungen unterhalb der von den Tarifpartnern für die Zeitarbeit vereinbarten niedrigsten Stundenlöhnen von 7,79 Euro (West) bzw. 7,01 Euro (Ost) zulassen, und wie viele Beschäftigte sind davon in diesen Branchen betroffen? Die Frage lässt sich mit den Möglichkeiten des Tarifregisters nicht beantworten. Angaben zur Anzahl tarifgebundener Arbeitnehmer können nur von den Tarifpartnern gemacht werden. Dem Tarifregister liegen zu Arbeitnehmerzahlen nur in Einzelfällen Angaben vor. Daher können auch die in der Öffentlichkeit diskutierten Arbeitnehmerzahlen zu Beschäftigten im Niedriglohnbereich vom Tarifregister nicht bestätigt werden. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Markus Kurth (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 72): Zu welchen Ergebnissen zum Stand der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes kam der sogenannte Runde Tisch, dem unter anderem das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beiwohnt, in seiner Sitzung am 2. November 2011, und wie viele der für das Jahr 2011 veranschlagten Mittel von 1,35 Milliarden Euro für das Bildungs- und Teilhabepaket werden voraussichtlich verausgabt? Seit dem letzten Runden Tisch am 28. Juni 2011 ist die Inanspruchnahme des Bildungspaketes noch einmal deutlich gestiegen, nämlich von 29 auf rund 45 Prozent der leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen. Die Bundesregierung begrüßt diese positive Entwicklung. Sie hat sich dafür eingesetzt, dass dieser Prozess durch Verfahrensvereinfachungen noch weiter verstärkt wird. Es geht darum, dass Anträge zunächst nur dem Grunde nach ohne Konkretisierung des Bedarfs gestellt und Erstattungen im Ausnahmefall zugelassen werden können. Die Leistungen des Bildungspakets werden in der Verantwortung der Kommunen und Länder umgesetzt. Dem Bund liegen deshalb keine Informationen zu der Höhe der im Jahr 2011 voraussichtlich verausgabten Mittel vor. Die Gesamtausgaben werden dem Bund von den Ländern erstmalig im Jahr 2013 für das Jahr 2012 gemeldet. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Markus Kurth (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 73): Welche Ziele verfolgt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit dem Konzept einer "KinderBildungsStiftung", und inwiefern plant die Bundesregierung eine Umsetzung dieses Konzepts? Eine "KinderBildungsStiftung" ist dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht bekannt. Insofern gibt es auch keine Pläne, ein solches Konzept umzusetzen. Sofern sich die Frage auf das Programm "Bildungsbündnisse für Chancengerechtigkeit" der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, DKJS, bezieht, kann mitgeteilt werden, dass im Rahmen dieses Projektes Kommunen bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets beraten werden sollen. Darüber hinaus soll die Entwicklung von lokalen Partnerschaften mit diesem Zweck vorangetrieben werden. Die DKJS hat das Konzept dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgestellt und zugesichert, bis Jahresende über die Ergebnisse der bereits gestarteten einjährigen Pilotphase zu informieren. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Gerd Mü ller auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/7583, Frage 74): Welchen Stand hat die Umsetzung des Beschlusses der Unabhängigen Föderalismuskommission vom Mai 1992, dass rund 120 Planstellen der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, BBA, Berlin-Dahlem - inzwischen Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Julius-Kühn-Institut, JKI -, in das Land Brandenburg verlagert werden, vor dem Hintergrund der daraufhin getroffenen einvernehmlichen Vereinbarung zwischen BBA, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem Land Brandenburg zur Errichtung eines Standortes Ost der BBA durch Zusammenlegung der Standorte Berlin-Dahlem und Kleinmachnow und der Entscheidung der Bundesministerin Renate Künast vom März 2005, in Abstimmung mit dem Land Brandenburg, dem Beschluss der Föderalismuskommission Rechnung zu tragen und den Standort Ost dauerhaft in Kleinmachnow anzusiedeln, woraufhin das gewünschte Grundstück am Stahnsdorfer Damm in Kleinmachnow in der Größe von 10 Hektar von der Gemeinde Kleinmachnow seit Jahren für diesen Zweck reserviert worden ist und nun inzwischen auch die laut Machbarkeitsstudie ausgewiesenen Kosten gesenkt werden konnten? Die vorliegende Machbarkeitsstudie vom Juni 2011 weist für den Ausbau des Standortes Kleinmachnow - entgegen der ursprünglichen Kostenschätzung aus dem Jahr 2008 von 70 bis 95 Millionen Euro - nunmehr Investitionskosten von rund 163 Millionen Euro inklusive Planungskosten aus. Dies würde zu einer nicht vertretbaren jährlichen Mietbelastung des Julius-Kühn-Instituts von rund 13,8 Millionen Euro allein für diesen Standort führen. Vor diesem Hintergrund waren alle Möglichkeiten zu prüfen, die zu einer finanzierbaren Maßnahme führen. Das JKI hat in einem ersten Schritt den Bedarfsumfang des Projekts einer kritischen Prüfung unterzogen und dem BMELV eine überarbeitete Raumbedarfsplanung vorgelegt, die noch der weiteren internen Abstimmung bedarf. Darauf aufbauend wird die bauliche Umsetzbarkeit unter Ausschöpfung aller Einsparpotenziale zu untersuchen sein. Hierbei sind auch die Möglichkeiten einer intensiveren Nutzung der an den beiden Standorten (Berlin-Dahlem und Kleinmachnow) vorhandenen Bestandsbauten und die zeitliche Streckung von einzelnen Bauabschnitten zu prüfen, um die Gesamtkosten in einem vertretbaren Rahmen festsetzen zu können. Diese Prüfung wird aufgrund der Komplexität gegebenenfalls im Rahmen einer ergänzenden Studie durch die Bauverwaltung bzw. durch das externe Planungsbüro erfolgen müssen. Anlagen 16438 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 138. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 9. November 2011 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 138. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 9. November 2011 16439 Deutscher Bundestag - 15. Wahlperiode - 38. Sitzung - 4. April 2003 4 16458 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 138. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 9. November 2011 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 138. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 9. November 2011 16457