Plenarprotokoll 17/151 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 151. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 18. Januar 2012 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Klaus-Peter Flosbach, Peer Steinbrück, Norbert Geis und Franz Müntefering Begrüßung der neuen Abgeordneten Jörg von Polheim und Beate Walter-Rosenheimer Erweiterung der Tagesordnung Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Entwicklung ländlicher Räume Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Franz Müntefering (SPD) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Marlene Mortler (CDU/CSU) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Dr. Max Lehmer (CDU/CSU) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Alexander Süßmair (DIE LINKE) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Willi Brase (SPD) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Karin Binder (DIE LINKE) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Dr. Edmund Peter Geisen (FDP) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Cajus Caesar (CDU/CSU) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Georg Schirmbeck (CDU/CSU) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Franz Müntefering (SPD) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Thomas Jarzombek (CDU/CSU) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Willi Brase (SPD) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Karin Binder (DIE LINKE) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Dr. Carsten Sieling (SPD) Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Brigitte Zypries (SPD) Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 17/8323) Mündliche Frage 1 Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Eindämmung des massiven Einsatzes von Antibiotika in der industriellen Tierhaltung Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 2 Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gesetzliche Grundlage für die zentrale Erfassung der Verwendung von Medikamenten in der Tierhaltung Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Alexander Süßmair (DIE LINKE) Mündliche Frage 3 Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) Einbeziehung der Antibiotikaminderungsstrategien in den Niederlanden und Dänemark in die deutschen Minderungsziele Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) Mündliche Frage 4 Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) Erfassung von Antibiotikaverordnungen in Betrieben und Tierarztpraxen und Erarbeitung eines Überwachungskonzepts durch die Ländervollzugsbehörden Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 5 Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) Zukünftige zentrale Erfassung der Antibiotikaverordnungen nach bundeseinheitlichen Kriterien Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) Mündliche Frage 6 Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) Vorlage einer Antibiotikaminimierungsstrategie für tierhaltende Betriebe Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfrage Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) Mündliche Frage 7 Ulrich Kelber (SPD) Effiziente Überwachung der verabreichten Antibiotikamengen in tierhaltenden Betrieben und risikoorientierte Auswertung von gesammelten Daten Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Ulrich Kelber (SPD) Mündliche Frage 8 Elvira Drobinski-Weiß (SPD) Belastung von Geflügelbeständen mit antibiotikaresistenten Keimen und Konsequenzen für den Verbraucher Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfrage Elvira Drobinski-Weiß (SPD) Mündliche Frage 9 Elvira Drobinski-Weiß (SPD) Etwaiger Ausschluss der Anwendung von Antibiotikasubstanzklassen in der Tierhaltung Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Elvira Drobinski-Weiß (SPD) Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 10 Kerstin Tack (SPD) Einschränkung des Dispensierrechts für Tierärzte Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Kerstin Tack (SPD) Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 11 Kerstin Tack (SPD) Beurteilung der Gestaltung der Abgabepreise von Antibiotika an Tierärzte Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfrage Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 14 Inge Höger (DIE LINKE) Dauer des Verbleibs des Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Afghanistan Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Inge Höger (DIE LINKE) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Heike Hänsel (DIE LINKE) Mündliche Frage 15 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Export von Patriot-Raketen nach Südkorea Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 16 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Export von Kriegswaffen in Spannungsgebiete Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kathrin Vogler (DIE LINKE) Mündliche Frage 20 Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Änderungsbedarf bei der Regelung der Überwachung von Medizinprodukten Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfragen Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kathrin Vogler (DIE LINKE) Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemäß Anla-ge 5 Nr. 1 Buchstabe b GOBT zu den Antworten der Bundesregierung auf die Fragen 1 und 2 auf Drucksache 17/8323 Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV Dr. Karl Lauterbach (SPD) Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Dieter Stier (CDU/CSU) Elvira Drobinski-Weiß (SPD) Hans-Michael Goldmann (FDP) Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Marlene Mortler (CDU/CSU) Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) Josef Rief (CDU/CSU) Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) Nächste Sitzung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 12 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einsatz von hydriertem Pflanzenöl in den vergangenen Jahren sowie verwendete Produktionsrohstoffe Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 3 Mündliche Frage 13 Caren Marks (SPD) Deutsche Rechtsauffassung zur Verordnung (EG) Nr. 178/2002 hinsichtlich der Hygienevorschriften für Tagespflegepersonal Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 4 Mündliche Frage 17 Caren Marks (SPD) Konsequenzen aus dem Familienreport 2011; schlechte Kinderbetreuungsmöglichkeiten als Haupthinderungsgrund für Mütter zur Ausdehnung des beruflichen Engagements Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 5 Mündliche Fragen 18 und 19 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) Zulässigkeit des Ersatzes von Kassenleistungen durch Leistungen mit Eigenbeteiligung bei Zahnärztinnen und Zahnärzten mit Kassenzulassung Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 6 Mündliche Frage 21 Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Reform des Medizinproduktegesetzes Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 7 Mündliche Frage 22 Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Regelung der Marktzugangsvoraussetzungen für Medizinprodukte mit hoher Risikoklasse Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 8 Mündliche Frage 23 Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bewertungsverfahren für Medizinprodukte höherer Risikoklassen Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 9 Mündliche Frage 24 Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) In Deutschland nach dem 1. April 2010 in Verkehr gebrachte Implantate der Firma PIP sowie Ermittlung und Information betroffener Frauen Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 10 Mündliche Frage 25 Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verschärfung der nationalen oder europäischen Bestimmungen hinsichtlich des Marktzugangs von Medizinprodukten mit hoher Risikoklasse und Aufbau eines verpflichtenden Implantat- bzw. Produkteregisters Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 11 Mündliche Frage 26 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorgesehene Parkstandlänge für Lkw, Last- und Sattelzüge in den neuen Empfehlungen für Rastanlagen an Straßen und Berücksichtigung von Gigalinern Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 12 Mündliche Frage 27 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aufstellung des Bedarfs an Raumordnungsplänen gemäß § 17 Raumordnungsgesetz Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 13 Mündliche Fragen 28 und 29 Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gefährdung der Straßenverkehrssicherheit durch das Tragen von Kopfhörern und das Telefonieren mit Mobilfunkgeräten Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 14 Mündliche Fragen 30 und 31 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sperrung von Mautausweichstraßen für den Schwerlastverkehr als Maßnahme gegen den Mautausweichverkehr und Bewertung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach zu diesem Sachverhalt Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 15 Mündliche Frage 32 Heinz Paula (SPD) Realisierung der Schallschutzmaßnahmen entlang der Bahnlinie Augsburg-Donauwörth Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 16 Mündliche Frage 33 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Lärmfachliche Beurteilung der Flugrouten für den Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg und Haltung der Bundesregierung zur Forderung des Umweltbundesamtes nach einem Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 17 Mündliche Frage 34 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Konkrete Maßnahmen im Rahmen der angebotenen Weiterführung und Intensivierung des Erfahrungsaustausches mit der polnischen Regierung zum Aufbau und Ausbau erneuerbarer Energien und Rolle des Ausbaus der grenzüberschreitenden Infrastruktur hierbei Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 18 Mündliche Frage 35 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sicherungsmaßnahmen an den zentralen und standortnahen Zwischenlagern für Atommüll und Anordnung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in diesem Zusammenhang Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 19 Mündliche Frage 36 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aufwertung der Entsorgungskommission zu einer Behörde Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 20 Mündliche Frage 37 Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Durchsetzung des 30-Prozent-CO2-Reduktionsziels der EU gemeinsam mit der dänischen Ratspräsidentschaft Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 21 Mündliche Fragen 38 und 39 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erwartete Verbesserungen durch die Privatisierung der Softwareabteilung der Hochschul-Informations-System GmbH sowie alternative Sofortmaßnahmen bezüglich des dialogorientierten Serviceverfahren für die Hochschulzulassung Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 22 Mündliche Frage 40 Klaus Hagemann (SPD) Überführung des sogenannten NRW-Stipendiums in das Deutschlandstipendium und Übernahme weiterer Studienprogramme der Länder Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 23 Mündliche Frage 41 Ulrich Kelber (SPD) Anzahl der bei GTZ, InWEnt und DED vor der Fusion beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bonn, Berlin und Eschborn; entsprechende Anzahl der am 1. Januar 2012 bei der GIZ Beschäftigten Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 24 Mündliche Frage 42 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Seit Beginn der Amtszeit von Dirk Niebel im BMZ neu geschaffene Planstellen und Stellen sowie deren Besetzung Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 25 Mündliche Frage 43 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bewertung der Aussage des Beitrags "Rette sich wer kann" (Report München) bezüglich der Personalpolitik in zwei FDP-geführten Ministerien durch das BMZ Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 26 Mündliche Fragen 44 und 45 Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswahlverfahren und -kriterien für die neue Abteilungsleiterin im BMZ; Personalpolitik im Bundesministerium Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 27 Mündliche Fragen 46 und 47 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorwurf gegen Bundesminister Dirk Niebel wegen der Stellenbesetzung gut dotierter Posten des BMZ mit Parteifreunden sowie Berücksichtigung fachlicher Auswahlkriterien Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 28 Mündliche Frage 48 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Internationale Konferenz für Ethik und Tourismus der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen im September 2011 in Madrid Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 29 Mündliche Frage 49 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Bewilligte bzw. durchgeführte Projekte zur Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen aus Forschungs- und Entwicklungsprogrammen des BMWi für den Mittelstand Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 30 Mündliche Frage 50 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Inhalt der geplanten Verordnung zu einer sogenannten Lastabwurfprämie gemäß Energiewirtschaftsgesetz; Vermeidung des angeblichen Stromimports aus einem österreichischen Ölkraftwerk bei einer bereits bestehenden Lastabwurfprämie Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 31 Mündliche Frage 51 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Entwurf einer EU-Beihilfeleitlinie für das deutsche Förderprogramm für fossile Kraftwerke und Veröffentlichung der genauen Förderbedingungen Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 32 Mündliche Frage 52 Klaus Hagemann (SPD) Förderung von Forschungsprojekten zu Abscheidung, Transport und Speicherung von Kohlendioxid Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 33 Mündliche Frage 53 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Entwicklung der Börsenpreise für Strom Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 34 Mündliche Frage 54 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Etwaige Gespräche der Bundeskanzlerin am Rande des EU-Gipfels Ende Oktober 2011 mit Griechenlands damaligem Premier über die Erfüllung von Rüstungsaufträgen Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 35 Mündliche Frage 55 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Im Frühjahr 2010 durch Bundesminister Dr. Guido Westerwelle mit der griechischen Regierung geführte Gespräche zum Thema Rüstungsaufträge Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 36 Mündliche Frage 56 Andrej Hunko (DIE LINKE) Polizeiliche, grenzpolizeiliche, militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit mit Libyen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 37 Mündliche Frage 57 Andrej Hunko (DIE LINKE) Bilaterales Abkommen mit Kasachstan über eine Partnerschaft im Rohstoff-, Industrie- und Technologiebereich Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 38 Mündliche Frage 58 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Nichtverlängerung der Mandate dreier renommierter Kommissare der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission durch Hamid Karzai Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 39 Mündliche Frage 59 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Haltung der Bundesregierung zu einem geplanten Gesetz in Estland zur Anerkennung ehemaliger estnischer Angehöriger der Waffen-SS als Freiheitskämpfer Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 40 Mündliche Frage 60 Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Auswirkungen der von der EU verhängten restriktiven Maßnahmen gegen Syrien auf die Zivilbevölkerung Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 41 Mündliche Frage 61 Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Begründung für den Stellenabbau im Bereich der Visumerteilung im Jahr 2010 Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 42 Mündliche Frage 62 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Von deutschen Strafverfolgungsbehörden geprüfte Computerprogramme hinsichtlich ihrer Eignung für den Einsatz im Bereich der Quellen-Telekommunikationsüberwachung Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 43 Mündliche Frage 63 Brigitte Zypries (SPD) Regelung des künftigen EU-Datenschutzrechts in Form einer Verordnung oder als Richtlinie Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 44 Mündliche Fragen 64 und 65 Gerold Reichenbach (SPD) Nationale Regelungskompetenz für bereichsspezifischen Datenschutz im Rahmen der Neuregelung des europäischen Datenschutzes Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 45 Mündliche Frage 66 Inge Höger (DIE LINKE) Aufgabe der Rückführungspraxis in Drittstaaten für syrische Flüchtlinge zugunsten einer Asylgewährung in Deutschland angesichts der Lage in Syrien Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 46 Mündliche Frage 67 Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vermietung einer Garage an die Zwickauer Terrorzelle im Jahr 1998 durch einen Polizisten sowie Klärung des Kontakts zur rechtsextremistischen Szene Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 47 Mündliche Frage 68 Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gründe der Staatsanwaltschaft Gera gegen den Erlass eines Haftbefehls nach einer Observierung der Zwickauer Terrorzelle Ende 1997 Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 48 Mündliche Frage 69 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gründe für die bislang nicht erfolgte Einstufung der PJAK (Partei für ein Freies Leben in Kurdistan) als terroristische Organisation Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 49 Mündliche Frage 70 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Veränderungen zum Jahreswechsel bei den Regelungen zur Entschädigung von NS-Opfern Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 50 Mündliche Frage 71 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Übermittlung unzutreffender Daten für das Besteuerungsverfahren im Rahmen von Lohnersatzleistungen an die Finanzbehörden durch die Bundesagentur für Arbeit und Auswirkungen für die Betroffenen Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 51 Mündliche Frage 72 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Kontenabrufe der Finanzbehörden über das Bundeszentralamt für Steuern und Kritik des Datenschutzbeauftragten hinsichtlich der Intensität der Nutzung dieses Instruments Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 52 Mündliche Fragen 73 und 74 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Position der Bundesregierung zur Einführung einer Finanztransaktionsteuer in der Euro-Zone; Inhalte der gemeinsamen Stellungnahme des deutschen und französischen Finanzministeriums zum Kommissionsentwurf einer Finanztransaktion-steuer Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 53 Mündliche Fragen 75 und 76 Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gemeinsame Initiative des deutschen und französischen Finanzministeriums zur Finanztransaktionsteuer bzw. Vorlage getrennter Konzepte; Unterschiede zwischen dem gemeinsamen Vorschlag und dem Kommissionsvorschlag sowie Vorlage eines detaillierten Konzepts zur inhaltlichen Ausgestaltung der Finanztransaktionsteuer Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 54 Mündliche Fragen 77 und 78 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Entwicklung der Arbeitslosenzahlen im Jahr 2011 im Rechtskreis des SGB II und des SGB III Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 55 Mündliche Frage 79 Heinz Paula (SPD) Auswirkungen der Reduzierung der Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen auf die Arbeitsagenturen in Augsburg, Kempten und Memmingen Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS 151. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 18. Januar 2012 Beginn: 13.00 Uhr Vizepräsidentin Petra Pau: Die Sitzung ist eröffnet. Ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Vor Eintritt in die Tagesordnung haben wir an erfreuliche Ereignisse zu erinnern. In der Sitzungspause haben die Kollegen Hans-Josef Fell und Klaus-Peter Flosbach ihren 60. Geburtstag und der Kollege Peer Steinbrück seinen 65. Geburtstag gefeiert. Der Kollege Norbert Geis beging seinen 73. Geburtstag und der Kollege Franz Müntefering seinen 72. Geburtstag. (Beifall) Im Namen des gesamten Hauses gratuliere ich allen Jubilaren nachträglich sehr herzlich und wünsche ihnen alles Gute. Der Kollege Dr. Werner Hoyer hat mit Wirkung vom 1. Januar 2012 auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtet. Für ihn ist der Kollege Jörg von Polheim nachgerückt. Die Kollegin Christine Scheel hat am 16. Januar ebenfalls auf ihre Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtet. Für sie ist die Kollegin Beate Walter-Rosenheimer nachgerückt. Im Namen des ganzen Hauses begrüße ich die neuen Kollegen sehr herzlich und wünsche eine gute Zusammenarbeit. (Beifall) Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige Tagesordnung zu erweitern und nach der Fragestunde eine von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP verlangte Aktuelle Stunde zur Solidarität von Abgeordneten der Fraktion Die Linke mit dem syrischen Präsidenten Assad durchzuführen. Sind Sie damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Entwicklung ländlicher Räume. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Frau Ilse Aigner. Bitte, Frau Ministerin. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch von meiner Seite erst einmal ein gutes neues Jahr und den Geburtstagskindern, vor allem den heute anwesenden, noch einmal nachträglich alles Gute. Das Jahr beginnt insgesamt gut. Es freut mich vor allem, dass wir Ihnen als ersten Bericht aus dem Kabinett den Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Entwicklung der ländlichen Räume vorstellen können und heute darüber diskutieren können. Dieser Bericht wurde von der interministeriellen Arbeitsgruppe "Ländliche Räume" unter Federführung meines Hauses vorgelegt. Der Fortschrittsbericht kommt zu einer Zeit, in der sich Gesellschaft und Politik sehr intensiv um wichtige Herausforderungen kümmern müssen. Die eine ist der demografische Wandel, die anderen sind die Energieversorgung, der Klimawandel und nicht zuletzt die biologische Vielfalt. Mit diesen Themen müssen wir uns intensiv auseinandersetzen. Diesen Herausforderungen müssen sich die ländlichen Räume sowohl als Lebensraum als auch als Wirtschaftsstandort stellen, und dabei verlaufen Wachstums- und Schrumpfungsprozesse oft parallel. Wir haben auf der einen Seite starke Anziehungskräfte auf den ländlichen Raum um die Ballungsgebiete, und auf der anderen Seite haben wir Regionen, die wirklich Schwierigkeiten hinsichtlich der wirtschaftlichen und auch der sozialen Entwicklung verzeichnen. Ich sage ganz klar und deutlich, dass sich die Schere zwischen den prosperierenden Regionen und den Regionen mit strukturellen Problemen nicht noch weiter öffnen darf. Wir müssen deshalb die entsprechenden Rahmenbedingungen für die Menschen gestalten und die Maßnahmen regionalspezifisch ausrichten. Leitbild meiner Politik sowie der Politik der gesamten Bundesregierung für die ländlichen Räume sind eigenständige Lebens- und Wirtschaftsräume, die sowohl vital als auch multifunktional, wettbewerbsfähig und damit zugleich lebenswert sind. Das heißt, ländliche Räume brauchen wirtschaftliche Stabilität als Grundlage für attraktive Lebensbedingungen. Das ist die Grundvoraussetzung. Der Fortschrittsbericht, der heute vorgelegt wird, zeigt, dass es hier in die richtige Richtung geht. Ländliche Räume brauchen immer eine angemessene Grundversorgung. Eine öffentliche Daseinsvorsorge schafft die Basis für die Lebensqualität und die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen. Ländliche Räume müssen die natürlichen Ressourcen erhalten. Deshalb konzentriert sich der Fortschrittsbericht zunächst auf das Handlungsfeld Wirtschaft und Arbeit. Das zweite Handlungsfeld umfasst die Daseinsvorsorge und die ländliche Infrastruktur. Das dritte Handlungsfeld befasst sich mit Natur und Umwelt. Der Bericht dokumentiert einen integrierten Politikansatz der gesamten Bundesregierung. Deshalb werden innerhalb dieser Handlungsfelder auf der einen Seite die Herausforderungen und auf der anderen Seite die Chancen genannt und die jeweiligen Maßnahmen der Ressorts aufeinander abgestimmt. Ich will Ihnen hierzu vier praktische Beispiele nennen: Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" fördern wir flächendeckend den Breitbandausbau, mittlerweile mit bis zu 90 Prozent der Investitionskosten. Mit dem Projekt "LandZukunft" gehen wir neue Wege und stärken gerade periphere Regionen mit einer sehr ungünstigen Alters- und Wirtschaftsstruktur. Mit Mikrokrediten fördern wir Klein- und Kleinstunternehmen als wichtige Arbeitgeber vor allem in den ländlichen Räumen. Mit dem Versorgungsstrukturgesetz, das zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist, stellen wir wichtige Weichen für eine flächendeckende und wohnortnahe Ärzteversorgung auf dem Land. So sorgen wir gemeinsam für lebenswerte ländliche Räume. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Fortschrittsbericht ist in keiner Weise statisch, sondern soll, wo es möglich und sinnvoll ist, in Zusammenarbeit mit den Ländern, der Wissenschaft, den Verbänden, vor allem aber mit den Menschen vor Ort umgesetzt und stetig weiterentwickelt werden. Mit der Verabschiedung des Fortschrittsberichts setzt die Bundesregierung ein starkes Zeichen ihrer Verantwortung gerade für die ländlichen Räume. Sie leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zum Erhalt gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Deutschland. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Frau Ministerin. Bevor ich das Wort zur ersten Frage erteile, erinnere ich an unsere Ein-Minuten-Regelung für Fragen und Antworten. Insoweit gibt es heute eine Neuerung. Statt des akustischen Signals wird jetzt ein optisches Signal eingesetzt. Auf den bisherigen Anzeigen für die Tagesordnungspunkte rechts und links des Adlers und oberhalb der Hammelsprungtüren wird eine Uhr sekundenweise rückwärts laufen. Begleitet wird dies von einem Lichtsignal in Gestalt eines Farbfeldes mit den Farben Grün, Gelb und Rot. Die Farben Grün und Gelb werden allerdings noch optimiert. Sie haben es schon gesehen; hier gibt es noch Überarbeitungsbedarf. Das Signal soll in den ersten 30 Sekunden grün sein, gefolgt von Gelb. Nach Ablauf der 60 Sekunden erscheint es dann in Rot. (Heiterkeit) War das verständlich oder wünschen Sie Wiederholung? (Beifall - Ulrich Kelber [SPD]: Rot heißt Fortschritt!) Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. - Das Wort hat Franz Müntefering. Franz Müntefering (SPD): Frau Ministerin, in den Städten mit weniger als 5 000 Einwohnern wohnen etwa 25 Prozent der Menschen. Etwa 50 Prozent der Menschen wohnen im ländlichen Raum. Insofern ist der Fortschrittsbericht ein ganz wichtiges Thema. Es handelt sich um einen Bericht, der durchaus beachtenswert ist und sicher intensiv diskutiert werden wird. Ich will dazu eine Frage stellen. Der Bericht hat auch den Zweck, deutlich zu machen, wie man die Politikbereiche besser koordiniert. Ihr Bericht stammt vom 16. November. Sie wollten am 7. Dezember im Kabinett darüber sprechen. Das Gespräch ist aber damals nicht zustande gekommen, sondern erst heute. Zwischendurch, am 1. Dezember, hat der Kollege Ramsauer ein Modellvorhaben der Raumordnung in die Welt gesetzt; 21 Regionen, darunter im Übrigen auch sein Wahlkreis, sind dabei. Die Regionen werden für zwei Jahre mit jeweils 180 000 Euro gefördert. In acht bis zwölf Regionen soll die Förderung verlängert werden; sie erhalten in den Jahren danach 150 000 bis 200 000 Euro. Welche Rolle spielen solche unglaublichen Modellkonzeptionen in Ihrem Gesamtkonzept? Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Herr Kollege Müntefering, zuerst möchte ich Ihnen noch einmal ganz persönlich nachträglich alles Gute zum Geburtstag wünschen. (Franz Müntefering [SPD]: Danke!) Modellregionen sind keine neue Erfindung; es hat sie auch unter früheren Regierungen - ich glaube, auch unter Ihrer Beteiligung - gegeben, weil sie sinnvolle Impulse im Hinblick auf neue Konzepte geben können. Ich kann nur sagen, dass auch ich in diesem Bereich gerade ein Projekt auf den Weg gebracht habe: das Modellvorhaben "LandZukunft". Damit nehmen wir eigentlich das vorweg, was die Europäische Kommission in der nächsten Förderperiode plant, nämlich den Regionen mehr Bewegungsmöglichkeiten zu geben und eine Abstimmung zwischen den Ressorts herbeizuführen. Ich habe gerade die Mikrokredite angesprochen. Hierbei geht es um ein Projekt, das vom BMAS erarbeitet wurde. Wir integrieren das in das Modellvorhaben "LandZukunft". Auch der Kollege Ramsauer hat selbstverständlich die Möglichkeit, innovative Konzepte zu seinem Schwerpunkt "Infrastruktur der ländlichen Räume" vorzulegen und diese auszuprobieren. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor wir zur nächsten Frage kommen, weise ich darauf hin, dass wir - Sie haben es beobachten können - in jeder Hinsicht üben: Heute ist die Uhr auf einer Seite ausgefallen. Die Farbgebung funktioniert schon. Gleichwohl wird sie, wie auch an den anderen Anzeigen, noch optimiert. Die nächste Frage stellt die Kollegin Sabine Bätzing-Lichtenthäler. Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Frau Ministerin, auch von meiner Seite herzlichen Dank für den Bericht. Auch ich denke, dass darin wichtige Handlungsschwerpunkte gesetzt werden. Vor allen Dingen freue ich mich, dass auch der Bereich der Wirtschaft und Arbeit im ländlichen Raum in den Fokus genommen wird. Sie erwähnen in Ihrem Bericht, wie wichtig es ist, dort Fachkräfte zu sichern. Mir geht es um die Abstimmung zwischen den Ministerien innerhalb der Regierung. Wie erklären Sie sich, dass einerseits in dem Bericht im Hinblick auf die Fachkräftesicherung ausdrücklich eine bessere Kinderbetreuung gefordert wird - mehr Bildung, mehr Integration -, aber andererseits das Betreuungsgeld eingeführt werden soll? Soll die Einführung in diesem Zusammenhang vielleicht sogar rückgängig gemacht werden? (Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN) Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Kollegin Bätzing-Lichtenthäler, ich kann nicht wirklich einen Zusammenhang herstellen und erkenne nicht, dass das Betreuungsgeld kontraproduktiv ist. (Ulrich Kelber [SPD]: Das ist das Problem! Deshalb haben wir die Frage gestellt!) - Deswegen haben Sie die Frage gestellt. - Ich versuche, Ihnen zu erklären, was der Sinn und Zweck des Betreuungsgeldes ist. Die Intention ist entgegen dem, was Sie immer sagen, nicht, die Fachkräfte - Sie haben sie jetzt angesprochen - dazu zu verpflichten, zu Hause zu bleiben. Vielmehr handelt es sich um eine Erstattung, die man erhält, wenn man sagt: Ich nehme nicht die öffentlich geförderten Kinderbetreuungseinrichtungen - in diesem Fall die Kindertagesstätten, die durchschnittlich etwa 1 000 Euro pro Monat und Kind kosten - in Anspruch, sondern organisiere die Betreuung anderweitig; entweder mache ich es selbst oder ich nehme jemand anderen in Anspruch, zum Beispiel eine Leihoma. - Es handelt sich also um einen Ersatz. Es ist also nicht das, was von Ihnen immer propagiert wird - ich nehme das Wort, das Sie gerne hören wollen, absichtlich nicht in den Mund -, sondern eine Leistung für Familien, die in Anspruch genommen werden kann. Zur Frage der Fachkräfte insgesamt muss man, so schwierig die Situation für die Wirtschaft teilweise ist, auch sehen, dass wir uns vor ein paar Jahren gerade im Bildungs- und Forschungsausschuss - ich kann mich noch gut daran erinnern - über die Frage des Lehrstellenmangels unterhalten haben. Ich bin froh, dass wir jetzt schon im zweiten Jahr in Folge die Möglichkeit haben, praktisch allen Jugendlichen eine Lehrstelle anzubieten und damit Fachkräfte für die Zukunft auszubilden. Das halte ich eigentlich für ein positives Zeichen; das ist besser, als uns über eine zu hohe Arbeitslosigkeit unterhalten zu müssen, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Marlene Mortler von der Unionsfraktion. Marlene Mortler (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht. - Wenn wir über die Entwicklung ländlicher Räume sprechen, reden wir im gleichen Atemzug über die gleichwertige Entwicklung in Stadt und Land. Sie haben in diesem Zusammenhang das sogenannte Versorgungsstrukturgesetz angesprochen. Meine Frage ist: Was wird konkret getan, um die medizinische Versorgung in den ländlichen Regionen nicht nur zu verbessern, sondern auch, wenn sie gut ist, zu erhalten? Danke schön. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen Dank, Frau Kollegin Mortler. - Es geht um das Thema der Ärzteversorgung in den ländlichen Regionen. Durch das Versorgungsstrukturgesetz haben wir erreicht, die ländlichen Regionen für Ärzte attraktiver zu gestalten. Es gibt beispielsweise die Möglichkeit, eine Zweitpraxis zu betreiben. Es gibt auch keine Abschläge mehr, wenn die Ärzte - kurz gesagt - viel arbeiten. Es wurden zusätzliche finanzielle Anreize geschaffen, damit sich mehr Ärzte im ländlichen Raum ansiedeln. Darüber hinaus gibt es andere innovative Konzepte, zum Beispiel das Projekt AGnES, die die Möglichkeit vorsehen, qualifiziertes Personal im Bereich der Grundversorgung einzusetzen. Ich würde gerne einen weiteren Punkt hinzufügen, der mir immer sehr am Herzen liegt: das bürgerschaftliche Engagement. Zu diesem Themenbereich wird im Bericht Stellung genommen. Gerade die Frage, wie eine schnelle Versorgung durch Rettungsdienste bis hin zu Feuerwehren gewährleistet werden kann, ist für die ländlichen Strukturen eminent wichtig. Das wollen wir weiter unterstützen. Danke schön. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Dr. Max Lehmer. Dr. Max Lehmer (CDU/CSU): Sehr verehrte Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht. - Ich möchte einen Bereich im ländlichen Raum ansprechen, der auch in Ihrem Konzept vorkam, nämlich die Entwicklung dezentraler Energiekonzepte. Sie sind im ländlichen Raum sehr wichtig, um die Netze zu schonen und um alle Energieformen, die es im ländlichen Raum gibt - von Biomasse bis Wind -, einzubinden. Wichtig ist dabei, dass die Kommunen und die Bürger in gemeinsamen Organisationsformen zusammenwirken, um das Netz möglichst schnell auszubauen. Haben Sie Überlegungen angestellt, welche Rechtsformen oder Organisationsformen für diese notwendige Zusammenarbeit geeignet sind? Ich denke beispielsweise an Wohnungsbaugesellschaften oder die Zweckverbände der Gemeinden. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Lehmer. - Ich habe sehr wohl die Hoffnung, dass die Energiewende in den ländlichen Regionen - es gibt sehr viele Konzepte; die Innovationskraft der Kommunen und des Handwerks bis hin zu der der Gewerbetreibenden vor Ort spielt dabei eine große Rolle - viel bewegen kann. Das geht bis hin zu Genossenschaften, in denen sich Menschen zusammenschließen, um gemeinsam Photovoltaikanlagen zu bauen. Es gibt auch ehrenamtliches Engagement. Das weiß ich, weil mein Haus Bioenergieregionen explizit gefördert hat, was von den einzelnen Kommunen sehr gut angenommen wurde. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die jeweils eigene Region aus eigener Kraft zu versorgen. Das ist sehr wichtig, weil die dezentrale Energieversorgung in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Das hat viel mit der Versorgungsstruktur bzw. den Leitungen zu tun, die dann nicht quer durch die ganze Bundesrepublik gelegt werden müssen. Gerade die dezentrale Energieversorgung kann die Innovationskraft der ländlichen Regionen stärken. Verkürzt gesagt: Früher hat man den Strom sozusagen von den Städten ins Land gebracht. Vielleicht ist es die Zukunftsmelodie, den Strom aus den ländlichen Regionen in die Städte zu bringen. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Alexander Süßmair. Alexander Süßmair (DIE LINKE): Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht. - Sie haben in Ihrer Einführung gesagt, dass Sie die ländlichen Räume wettbewerbsfähig und damit auch lebenswerter machen wollen. Ich kann die Gleichung so nicht ganz unterschreiben; denn wir haben das Problem - es wurde im Bericht angesprochen -, dass es ein starkes Einkommensgefälle gibt. Viele Menschen verlassen aufgrund dieser Tatsache den ländlichen Raum. Wäre es daher nicht an der Zeit, endlich den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einzuführen? Denn dadurch könnte man darauf hinwirken, dass der Ort, an dem man arbeitet, zumindest nicht mehr so stark das Einkommen bedingt. Man könnte die Kaufkraft und auch die Einnahmen im ländlichen Raum steigern; denn viele Kommunen haben, wie Sie wissen, sowieso Finanzprobleme, die im ländlichen Raum noch viel größere als andere Kommunen. Man begibt sich in einen Teufelskreis, wenn man nicht verhindert, dass immer mehr Menschen und auch Unternehmen wegziehen. Die Kommunen können gar nicht mehr handeln. Man müsste generell für eine bessere Ausstattung der Kommunen sorgen, gerade im ländlichen Raum. Daher meine Frage: Was möchten Sie in diesem Bereich tun? Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Zum flächendeckenden Mindestlohn, wie Sie ihn sich vorstellen, sage ich Nein. Das haben wir schon öfter diskutiert. Ich glaube nicht, dass das im Interesse der Bevölkerung in den unterschiedlichen Strukturen ist. Zur Finanzausstattung der Kommunen möchte ich auf eines hinweisen: Diese Bundesregierung hat jetzt dafür gesorgt, dass die Grundsicherungskosten den Kommunen in den nächsten Jahren erstattet werden. Es handelt sich dabei um Milliardenbeträge. Dadurch wird den Kommunen vor Ort Luft gegeben. Das war in der Vergangenheit eine große Belastung für die Kommunen. Deshalb halte ich diese Finanzierung für sehr wichtig. Wir haben auch immer sehr intensiv über die Gewerbesteuer diskutiert. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Gewerbesteuer für die Kommunen eine wichtige Einkommensquelle ist. Diese haben wir erhalten, ich persönlich. (Nicolette Kressl [SPD]: Was steht im Koalitionsvertrag? - Ulrich Kelber [SPD]: Ihr wolltet sie doch abschaffen! Wir haben es verhindert! - Gegenruf des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]: So ein Quatsch!) - Wir haben sie ja erhalten. (Ulrich Kelber [SPD]: Niederlagen in Siege verwandeln! - Gegenruf des Abg. Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das ist die Kunst! Wer das beherrscht, regiert! - Lachen bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Dr. Happach-Kasan. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Frau Ministerin, ich habe eine Frage zum Thema Energiewende. Die Möglichkeit der Energieproduktion auf dem Land, der Energieautarkie, ist angesprochen worden. Wir wissen natürlich, dass die großen Zentren versorgt und dafür Leitungen gebaut werden müssen. Wir wissen auch, dass dieser Leitungsbau drastisch beschleunigt werden muss. Im letzten Jahr sind nur 4 Kilometer gebaut worden. Das ist angesichts der 3 500 Kilometer, die wir brauchen, viel zu wenig. Wie kann man den Bau beschleunigen, und wie kann man insbesondere die Landwirte, über deren Flächen dies erfolgen soll, einbinden? Wie kann man sie dafür marktgerecht entschädigen? Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Happach-Kasan. - Das ist eine in der Tat sehr wichtige Frage, der wir uns in der Bundesregierung gemeinsam stellen. Auch die Bundeskanzlerin hat beim Bauerntag in Koblenz im letzten Jahr darauf hingewiesen, dass ein zentrales Thema die Frage der Flächen für alternative Energieversorgung sein wird. Ich sehe, dass die Durchleitungsrechte und die entsprechende Entschädigung ein Problem darstellen; denn wir brauchen einen beschleunigten Ausbau, und die Widerstände bei den Privateigentümern könnten erheblich sein. Deshalb werden wir zu genau diesem Thema in der nächsten Zeit Gespräche führen, um dieses Problem hoffentlich zu lösen. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Cornelia Behm. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich will nicht kritisieren, dass Minister Ramsauer ein Modellvorhaben auflegt und dabei seinen Wahlkreis bedenkt, ich will Modellvorhaben zur Entwicklung ländlicher Räume überhaupt nicht kritisieren, aber ich stelle fest: Seit wir dieses Thema hier im Parlament beackern - ich verfolge dies, seit ich im Bundestag bin -, gibt es ein Modellvorhaben nach dem anderen mit sehr ähnlichen Zielsetzungen. Ich vermisse eine Lernkurve. Deswegen würde ich von Ihnen gerne wissen, welche der Erfahrungen, die man bisher aufgrund der Modellvorhaben zur ländlichen Entwicklung gesammelt hat, tatsächlich in die Förderpraxis übertragen worden sind. Wir haben zum Beispiel aus dem Projekt "Regionen Aktiv" gelernt, dass es für die ländliche Entwicklung wichtig ist, dass die Regionen mehr Entscheidungsautonomie haben und mehr Geld zur eigenen Verwendung in die Hand bekommen. Jetzt legen Sie ein neues Modellvorhaben auf, das dies noch einmal bestätigen soll. Nennen Sie mir bitte ganz konkrete Maßnahmen, die basierend auf dem, was wir aus den Modellvorhaben gelernt haben, jetzt umgesetzt werden. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Eines habe ich Ihnen schon genannt. Die Mikrofinanzierung zum Beispiel ist gerade für diejenigen wichtig, die sich in den ländlichen Regionen selbstständig machen wollen. Dafür stehen 100 Millionen Euro zur Verfügung; abgeflossen sind, wenn ich es richtig im Kopf habe, 39 Millionen Euro. Es geht um Kredite in Höhe von durchschnittlich 6 000 Euro, die anderweitig nicht beschafft werden könnten. 33 Prozent der Personen, die diese Mikrokredite in Anspruch nehmen, sind übrigens Frauen; es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen. Das Zweite sind Regionalbudgets. Eine Innovation ist regionalspezifisch, denn es gibt in Mecklenburg-Vorpommern, in Baden-Württemberg, in Nordrhein-Westfalen, wo auch immer, sehr unterschiedliche Strukturen. Die Aktiven vor Ort kennen sich am besten aus. Ich möchte es aus Sicht meines Hauses für ein Projekt dezidierter sagen: Beim Modellvorhaben "LandZukunft" arbeiten wir - übrigens zum ersten Mal - mit Zielvorgaben. In einem Vertrag zwischen dem Bund, dem jeweiligen Land, wenn es mitmachen möchte, kommunalen Vertretern, Wirtschaftsvertretern und Ehrenamtlichen können sich diese gemeinsam über Zielvereinbarungen verständigen und die neuen Instrumente - 2010 wurden die Mikrofinanzierung und die Regionalbudgets eingeführt - zielgerichtet entwickeln. Dies ist auch aufgrund der Umstellung auf der europäischen Ebene wichtig; das habe ich schon angesprochen. Die Strukturfonds, ELER, EFRE und wie sie alle heißen, sollen künftig sozusagen gebündelt bzw. zwischen den Ressorts abgestimmt werden. Wir haben diesen Schritt mit der interministeriellen Arbeitsgruppe schon getan. Im Rahmen des Modellvorhabens "LandZukunft", das ich zu verantworten habe, prüfen wir gerade die Frage, wie das in Zukunft aussehen kann, um unsere Erfahrungen auch auf europäischer Ebene einzubringen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Willi Brase. Willi Brase (SPD): Frau Ministerin, auch von unserer Seite herzlichen Dank für diesen Bericht. - In dem Bericht und in Ihren Ausführungen haben Sie betont, dass es sehr wichtig ist, zukünftig die Fachkräftebasis zu stabilisieren. Das deckt sich aber nicht mit einer Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung, in der deutlich wird, dass wir in den ländlichen Regionen eine Zunahme atypischer Beschäftigungsverhältnisse zu verzeichnen haben, also eine Zunahme der Zahl von Minijobs und prekären Beschäftigungsverhältnissen. Was will die Bundesregierung und was wollen Sie tun, um diesen Trend zu stoppen? Denn wenn man die Fachkräftebasis stabilisieren will, kann man nicht gleichzeitig prekäre Beschäftigungsverhältnisse ausweiten. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ich komme auf das zurück, was ich vorhin schon angesprochen habe. Nach meiner Ansicht gibt es eine sehr positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Es sind so viele Menschen in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen wie noch nie; mittlerweile sind es 41,3 Millionen. Das ist eine sehr positive Entwicklung. In manchen Regionen besteht eher ein Unterschuss an jungen Menschen, die eine Ausbildung machen wollen. Deshalb müssen wir uns bemühen, dass wir diejenigen, die aus unterschiedlichen Gründen bisher keine Ausbildungsstelle bekommen konnten, weiter integrieren. Dass es daneben auch solche Beschäftigungsverhältnisse gibt, die vielleicht nicht Ihren Vorstellungen entsprechen, mag sein. Das kann ich jetzt nicht im Detail beurteilen. Mit Verlaub, ich kenne auch die von Ihnen erwähnte Studie - ich glaube, Sie sagten, sie sei von der Hans-Böckler-Stiftung - nicht auswendig. Ich finde, dass die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt sehr positiv ist und wir uns eigentlich gemeinsam darüber freuen sollten. Lieber Kollege Brase, als wir damals im Bildungsausschuss immer wieder miteinander diskutiert haben - ich weiß das noch sehr genau -, haben wir uns ganz andere Gedanken machen müssen, insbesondere um die jungen Leute. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort für die nächste Frage hat die Kollegin Karin Binder. Karin Binder (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin Aigner, es gibt immer wieder Probleme mit der Projektförderung durch den Bund, da viele Länder und Kommunen nicht in der Lage sind, die Kofinanzierung zu übernehmen, Stichwort Schuldenbremse. In Ihrem Bericht sind als Beispiel die Mehrgenerationenhäuser genannt, deren Errichtung in den Kommunen sehr oft nicht umgesetzt werden kann, weil einfach die Mittel fehlen. Wie soll der Bund Ihrer Meinung nach künftig mit solchen Projekten umgehen, und wie kann er ermöglichen, dass hier Fortschritte erzielt werden und eine gewisse Nachhaltigkeit hergestellt wird? Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Was die Mehrgenerationenhäuser betrifft, ist nach meiner Kenntnis in praktisch jedem Landkreis ein entsprechendes Projekt verwirklicht, das auch sehr gut läuft. Insofern weiß ich nicht genau, wo konkret das Problem entsteht. Für meinen Verantwortungsbereich im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" kann ich nur sagen, dass wir gemeinsame Aufgaben haben. Wir stellen in diesem Bereich Mittel zur Verfügung. Die Länder können die entsprechenden Projekte entweder zum Teil kofinanzieren oder andere Schwerpunkte setzen. Es ist das Grundprinzip einer föderalen Struktur, dass die einzelnen Länder in Eigenverantwortung eigene Akzente setzen können. Es gibt ja auch Landesregierungen und Landesparlamente, damit man sich konkret vor Ort mit diesen Themen auseinandersetzen kann. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Nicole Maisch. Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Ministerin, ich möchte Ihnen gerne eine Frage zum Breitbandausbau stellen. Ist Ihnen bekannt, wie weit die Versorgung der ländlichen Regionen mit Breitbandanschlüssen gediehen ist und welche Geschwindigkeiten dort erreicht werden? Im Zusammenhang damit würde mich interessieren, wie Sie zum Thema "Universaldienstleistung Breitbandanschluss für jeden und jede" stehen. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Zunächst zur Abdeckungsquote. Wenn ich es richtig im Kopf habe, verfügen etwa 98 Prozent der Haushalte über einen Anschluss mit einer Geschwindigkeit von mindestens 1 Megabit pro Sekunde. Wir brauchen uns, glaube ich, nicht darüber zu unterhalten, dass das nicht ausreichend ist. Deshalb wurde in der letzten Zeit intensiv über die Frage, wie wir die Breitbandversorgung in die Fläche bringen, diskutiert, auch im Rahmen des Telekommunikationsgesetzes. Ich bin nach wie vor der Meinung: Wir müssen als Zielvorgabe haben, eine deutlich höhere Geschwindigkeit, 16 Megabit pro Sekunde und mehr, als Standard zu etablieren. Über die Mechanismen muss man in der Tat noch diskutieren. In der Zwischenzeit haben wir durch die Versteigerung der Funkfrequenzen allerdings auf den Weg gebracht, dass der Schwerpunkt auf die Gebiete gelegt wird, in denen bisher noch gar keine Breitbandversorgung vorhanden war. Das ist im Wesentlichen schon geschehen. Aber ich sage auch: Das ist eine Daueraufgabe, die sich fortentwickeln wird, weil sich auch die Geschwindigkeiten immer weiter fortentwickeln. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Dr. Edmund Geisen. Dr. Edmund Peter Geisen (FDP): Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Für die FDP-Fraktion sind die ländlichen Räume wichtige Stützpfeiler und Ruhepole unserer Gesellschaft. Frau Ministerin, deswegen finden wir es sehr gut, dass die Bundesregierung die ländlichen Räume so eindeutig in den Vordergrund gerückt hat. Wie sehen Sie, Frau Ministerin, die zukünftige Priorisierung und Weiterentwicklung der GAK, und wie erfolgt die zukünftige Abstimmung mit der EU-Förderung der ländlichen Entwicklung? Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Vielen Dank, Herr Dr. Geisen. - Eines unserer Anliegen bei der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" besteht darin - ich habe es vorhin schon angedeutet -, dass wir uns gerade mit den Länderkolleginnen und -kollegen in einer Diskussion darüber befinden, ob Prioritätensetzungen möglich sind oder nicht. Ich finde, wir müssen uns gerade nach der Neuprogrammierung nach 2013 darüber unterhalten, wo wir unsere Schwerpunkte setzen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel. An uns wird stets die Frage der Investitionsförderung in der Landwirtschaft gestellt. In dem Zusammenhang werden wir uns über die Frage der Priorisierung unterhalten müssen. Wir werden auch die Frage klären müssen, wie wir die Breitbandversorgung in der Fläche weiter ausbauen können. Es gibt viele Punkte; aber diese können wir, wie gesagt, nur gemeinsam mit den Ländern angehen. Ich werbe dafür, dass wir uns in Zukunft darauf fokussieren und uns nicht zu breit aufstellen. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Franz-Josef Holzenkamp. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Guter Mann!) Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht. - Damit sich die ländlichen Räume tatsächlich zu lebendigen Räumen entwickeln, wird neben der Gesamtverkehrsinfrastruktur auch die Kombination aus anderen Infrastrukturen - ich nenne beispielhaft die Gesundheitsversorgung - immer wichtiger. Sie haben schon angedeutet, dass die Breitbandversorgung gerade im ländlichen Raum eine zentrale Herausforderung darstellt. Muss man hier nicht eine stärkere Priorisierung im Verhältnis zu anderen Investitionen vornehmen? Denn eine Leistung von 1 Megabit pro Sekunde reicht im ländlichen Raum nicht aus. Es bedarf einer schnellen Umsetzung, damit wir beispielsweise Telearbeitsplätze in den Dörfern und im ländlichen Raum insgesamt anbieten können. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Herr Kollege Holzenkamp, auch ich glaube, dass eine Leistung von 1 Megabit pro Sekunde nicht ausreichend ist. Bei einer solchen Geschwindigkeit schläft man fast ein, wenn man größere Dateien herunterladen muss. Übertragungsgeschwindigkeit ist nicht nur für den privaten Bereich, sondern gerade für die Wirtschaft - das reicht vom Tourismus bis zur Landwirtschaft; denken Sie auch an einen Architekten, der zu Hause arbeitet - ganz entscheidend. Wir gehen hier Schritt für Schritt vor. Die Antwort auf die Frage, was für eine vernünftige Infrastruktur nötig ist, wird mit Sicherheit nicht "eine Leistung von 1 Megabit pro Sekunde" lauten. Wir haben uns bei der Breitbandversorgung Ziele gesetzt, die erfordern, dass wir die Leistungen nach und nach steigern müssen. Darüber hinaus haben wir - das halte ich für sehr wichtig - einen Infrastrukturatlas aufgelegt, der den bestehenden Ausbauzustand der Infrastruktur aufzeigt. Es ist wichtig, dass man auch in diesem Bereich vorausschauend arbeitet. Vizepräsidentin Petra Pau: Es sei mir der Hinweis gestattet: Obwohl das Lichtsignal ausgefallen ist, halten wir uns an die Ein-Minuten-Regel. Wir schauen, ob die Anzeige beim nächsten Redner wieder funktioniert. Mir liegen noch sehr viele Wortmeldungen vor, und ich habe vor, möglichst viele bei diesem wichtigen Thema zu Wort kommen zu lassen. Es ist klar, dass die Dauer der folgenden Fragestunde entsprechend verkürzt wird. Jetzt fragt der Kollege Cajus Caesar. Cajus Caesar (CDU/CSU): Frau Ministerin, ich bin Ihnen persönlich, aber selbstverständlich auch der Bundesregierung sehr dankbar dafür, dass Sie Prioritäten bei dem ländlichen Raum, bei der Attraktivitätssteigerung und bei der Entwicklung setzen. Das ist für mich als Abgeordneten aus einem ländlichen Wahlkreis, dem Kreis Lippe, ebenfalls sehr wichtig. Ich darf Sie fragen: Sehen Sie die besondere Bedeutung der Rahmenbedingungen der Land- und Forstwirtschaft? Sie ist nämlich weltweit vorbildlich, und es gilt auch zukünftig, naturnah zu wirtschaften und nicht immer mehr Flächen aus dem Produktionsprozess herauszunehmen, damit wir hier die Lebensmittel- und Nahrungsmittelversorgung sichern und die Energieversorgung im ländlichen Raum sicherstellen können; Sie haben dies eben angesprochen. Es geht also darum, Arbeitsplätze zu schaffen und die wirtschaftliche Entwicklung des ländlichen Raumes zu fördern. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Die Signalanlage, diese Innovation im Deutschen Bundestag, geht jetzt wieder. - Herr Kollege Caesar, ich weiß nicht, ob mir für dieses breite Feld eine Minute Antwortzeit reichen wird. Es ist in der Tat so, dass in der Land- und Ernährungswirtschaft mit all ihren vor- und nachgelagerten Bereichen ein riesiges Arbeitskräftepotenzial steckt. Wir zählen hier ungefähr jeden achten Arbeitsplatz. Sie hat einen großen Anteil am Bruttoinlandsprodukt. Man hat meistens nur den Landwirt oder die Landwirtin selbst geistig vor Augen; aber zur Landwirtschaft gehört natürlich auch eine ganz große Wertschöpfungskette, angefangen bei der Landmaschinenherstellung bis hin zur Verarbeitung und allem, was dazugehört. Die Land- und Ernährungswirtschaft ist wirklich die tragende Säule der ländlichen Räume. 50 Prozent der Flächen sind landwirtschaftliche Flächen, und 30 Prozent der Flächen sind Forst- bzw. Waldflächen, die bei uns in Deutschland zu einem großen Teil von Privaten bewirtschaftet werden. Hier gibt es also ein großes Wertschöpfungspotenzial. Deshalb sind die Förderung der Landwirtschaft, die ordentliche Bewirtschaftung der Flächen zentrale Punkte, um die wir uns gerade bei den künftigen Verhandlungen über die Gemeinsame Agrarpolitik - sie besteht seit 50 Jahren - kümmern werden. (Cajus Caesar [CDU/CSU]: Herzlichen Dank!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Georg Schirmbeck. (Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Jetzt wird es noch populistischer!) Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Verehrte Frau Ministerin, ich vertrete seit fast vier Jahrzehnten auf allen politischen Ebenen einen ländlichen Raum mit 360 000 Einwohnern. Was ich mich in diesem Zusammenhang gefragt habe, ist: Warum gibt es eine sehr positive Entwicklung in den Landkreisen Cloppenburg, Vechta, Emsland, Grafschaft Bentheim und Osnabrück, wo viele Kinder geboren werden und eine erhebliche Zuwanderung zu verzeichnen ist, während es diese im nördlichen Bereich von Weser-Ems und in Ost-Hannover nicht gibt? Könnte man das nicht einmal untersuchen lassen? Wenn man nämlich begründen kann, warum es in den einen Landkreisen eine so positive und in den anderen eine negative Entwicklung gibt, dann hat man eigentlich den Schlüssel dafür, die Aufgaben zu bewältigen, über die wir hier diskutieren. Bei uns ist der allgemeine Tenor: Wir haben eine sehr positive Entwicklung; eigentlich soll man uns in Ruhe lassen; wenn wir etwas haben, was noch nicht so ist, wie wir es uns vorstellen, dann fangen wir morgen mit der Arbeit an. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Herr Kollege Schirmbeck, ich bin mir nicht ganz sicher, ob es immer so ist, dass man nur in Ruhe gelassen werden will. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Ein bisschen Geld nehmen wir auch!) Die Kommunen haben meistens Wünsche, die sie bis hin zur Bundesregierung tragen. Das ist in Ordnung, und das gehört auch zum Aufbau. Es ist unbestritten, dass es sehr unterschiedliche Entwicklungen in den Regionen gibt, auch unter teilweise sehr ähnlichen Startvoraussetzungen. Das hat bestimmt auch etwas mit den politischen Weichenstellungen zu tun, die von den Landräten und den Landrätinnen vor Ort vorgenommen wurden. Eine Untersuchung dazu ist mir nicht bekannt. Man kann letztendlich immer an den Strukturdaten ablesen - es gibt ja zig Studien -, wo die Entwicklung sehr gut oder sehr schlecht ist. Das kann man auch getrennt nach Bundesländern nachverfolgen. Mit Sicherheit kann man persönlich oder politisch Rückschlüsse ziehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Franz Müntefering. Franz Müntefering (SPD): Frau Ministerin, unter der Überschrift "Reden und Handeln" will ich auf Ramsauers Modellregionen zurückkommen, die Sie eben tapfer verteidigt haben. Manche Kreise bekommen jetzt 120 000 Euro. Für den Kreis, der eben angesprochen wurde, bedeutet das 3 Euro pro Einwohner im Jahr. Können Sie mir sagen, welche zielführenden Aktivitäten sich die Bundesregierung von diesen Kreisen erwartet und ob das vielleicht nicht doch vor allen Dingen eine PR-Aktion ist? Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Nein. Noch einmal: Über Modellregionen bekommt man im Prinzip immer neue Erkenntnisse, die in die tägliche Arbeit einfließen. Herr Kollege Müntefering, ich bin mir sicher, dass Sie in Ihrer Zeit als Minister Modellvorhaben gefördert haben. Ich schaue gerne nach, wie es war, und frage einmal den Kollegen Ramsauer, ob es möglich ist, dass er Ihnen den schriftlichen Bericht komplett vorlegen wird. Ist das in Ordnung? (Zustimmung des Abg. Franz Müntefering [SPD] - Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Thomas Jarzombek. Thomas Jarzombek (CDU/CSU): Frau Ministerin, ich möchte das Thema Breitbandausbau noch einmal ansprechen. Sie hatten in Ihrem Eingangsstatement erwähnt, dass es zahlreiche Programme zur Förderung der Breitbandversorgung im ländlichen Raum gibt. Man hört, dass sie sehr unterschiedlich angenommen werden. Ich wollte Sie an dieser Stelle gerne fragen, ob die Mittel, speziell die aus der Gemeinschaftsaufgabe, in den letzten Jahren in allen Bundesländern abgerufen wurden und ob möglicherweise Veränderungen geplant sind. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Man muss sagen, dass die Mittel am Anfang nicht so intensiv abgerufen worden sind. Das ist bei neuen Programmen aber nichts Unübliches, weil meistens erst Strukturen vor Ort geschaffen werden müssen. Hinzu kommen Notifizierungen und anderes. Jetzt, nachdem diese Programme angelaufen sind, werden diese Mittel umfangreich abgerufen. Auch die Restmittel, die übertragen worden sind, werden abgerufen. Selbstverständlich gibt es wie immer Unterschiede zwischen den Bundesländern. Ich finde, dass das Programm insgesamt, wie gesagt, sehr gut angelaufen ist. Ein Höchstfördersatz von 90 Prozent wird von den jeweiligen Kommunen natürlich sehr gerne angenommen, weil sie so nur noch einen kleinen Restbetrag zur Verfügung stellen müssen. Das ist angesichts der Leistung, die man bekommt, in der Regel sehr erschwinglich. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Cornelia Behm. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Ministerin, Sie wollen eine integrierte Förderung der ländlichen Räume und unter anderem die GAK und die GRW besser miteinander verzahnen; das ist gut. Ihr Vorgänger, Horst Seehofer, war da schon einen Schritt weiter. Er wollte einmal aus der GAK eine Gemeinschaftsaufgabe zur Entwicklung ländlicher Räume machen. Das ist eine sehr gute Idee gewesen, weil man über diese Gemeinschaftsaufgabe alle Möglichkeiten und alle Maßnahmen, die der Fonds ELER bietet, hätte umsetzen können. Daraus ist nun nichts geworden. Ich weiß, dass man bei der Gründung der entsprechenden IMAG vorgeschlagen hat, die GAK zu einer Gemeinschaftsaufgabe für die ländlichen Räume weiterzuentwickeln. Da hat das Ministerium, dem Sie vorstehen, als Bremser gewirkt. Vielleicht können Sie das erklären und auch sagen, wie man dazu kommt, ELER in Deutschland mit den vorhandenen Instrumenten wirklich vollumfänglich zu nutzen. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Erstens. Mein Haus ist mit Sicherheit nicht der Bremser gewesen. Ich weiß nicht, woher diese Information kommt. Zweitens. Es ist in der Tat so, dass die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" genauso wie die GRW eine Maßnahme ist, die im Grundgesetz verankert ist. Das heißt, für eine Veränderung braucht man die Zustimmung des Bundestages und der Länder. Sie können sich vorstellen, dass es nicht einfach ist, eine Zweidrittelmehrheit zu erreichen. (Ulrich Kelber [SPD]: Zumindest einen Vorschlag können wir schon einmal machen!) Es gab zwei Föderalismuskommissionen, mit denen unterschiedliche Weichenstellungen vorgenommen wurden. Aber für diese Aufgabe brauchen wir eine Veränderung der grundgesetzlichen Basis, die nicht in Sichtweite ist. Dass ich diese Aufgabe gerne weiterentwickeln würde, will ich hier gar nicht verheimlichen. Aber entsprechende Mehrheiten im Bundesrat gibt es dafür nicht. Im Moment gibt es für eine Grundgesetzänderung keine großen Erfolgsaussichten. (Ulrich Kelber [SPD]: Haben Sie es denn versucht?) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Willi Brase. Willi Brase (SPD): Frau Ministerin, in einer Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung vom November 2011 wird festgestellt, dass die Bevölkerungszahl in Ostdeutschland in 96 Prozent aller ländlichen Gemeinden schrumpft. Teilweise ist ein Bevölkerungsrückgang von 5 Prozent zu verzeichnen. In Westdeutschland betrifft dieser Trend das westliche Rheinland-Pfalz, den Südosten Niedersachsens, Nordhessen und das nördliche Bayern. Was will die Bundesregierung tun, um die Perspektiven der ländlichen Räume, vor allem der Dörfer, weiterzuentwickeln? Dabei spielt die Frage, die ich eben gestellt habe, eine Rolle. Es geht nicht darum, zu sagen: Wir haben einen Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. - Das ist gut; das muss noch mehr werden. Wir haben aber auch im ländlichen Bereich einen Zuwachs prekärer Beschäftigungsverhältnisse; ich verweise auf den Niedriglohnsektor und auf den Bereich der Minijobs. Von prekärer Beschäftigung sind viele Frauen betroffen. In Studien wie der oben erwähnten und auch in anderen Berichten der letzten Jahre wird festgestellt, dass vor allen Dingen Frauen aus Ostdeutschland wegziehen. Wie soll dieser Trend gestoppt werden? Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Arbeitsplätze entstehen nicht auf dem Papier; sie werden letztendlich von Unternehmern bereitgestellt. Die Frage ist deshalb, wie sich eine Kommune oder ein Bundesland aufstellt und sich gegenüber der Wirtschaft verhält. Das wird gerade in den neuen Bundesländern deutlich. Sie sind 1990 bekanntermaßen mit ziemlich gleichen Voraussetzungen gestartet. In einigen neuen Bundesländern ist es sehr gut gelaufen - das hat vielleicht auch etwas mit den politischen Weichenstellungen zu tun -; in anderen ist es nicht so gut gelaufen. Vielleicht kann man daran ablesen, dass es sehr wohl auch mit politischen Weichenstellungen zu tun hat, ob attraktive Arbeitsplätze geschaffen werden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Na, na, na! Das reicht nicht aus!) Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Frage zu diesem Themenbereich stellt die Kollegin Karin Binder. Karin Binder (DIE LINKE): Frau Ministerin, ich knüpfe an meinen Vorredner an. Wir haben heute einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes entnommen, dass nur 8 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe von Frauen geführt werden. Wir wissen, dass insbesondere hochqualifizierte junge Frauen abwandern. Sie haben Initiativen für Fachkräfte im ländlichen Raum ins Leben gerufen. Mich würde interessieren, welchen Anteil die besondere Berücksichtigung von Arbeitsplätzen für Frauen hat, und zwar nicht nur in geringfügiger Beschäftigung oder teilzeitbeschäftigt, sondern bezogen auf Arbeitsplätze, mit denen Frauen ihre Existenz und später einmal die Rente bestreiten können. Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Unsere Programme sind selbstverständlich geschlechtsneutral. (Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Das ist ja das Problem!) Insofern kann eine Betriebsleiterin sie genauso in Anspruch nehmen wie ein Betriebsleiter. Vielleicht sind manche Frauen gerade in der Landwirtschaft noch immer in einer anderen Rollenverteilung. Ich kann das nicht beurteilen. Ich habe gerade insbesondere die Mikrokreditfinanzierung angesprochen, also Kredite bis zu 20 000 Euro, die nicht von der Hausbank zur Verfügung gestellt werden. Sie werden zu einem Drittel gerade von Frauen in Anspruch genommen und fördern sehr stark die Selbstständigkeit. Ich finde das Programm sehr positiv und hoffe, dass wir es fortführen können und dass wir durch die Verschränkung mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales Frauen auch in diesem Bereich intensiv fördern können. Das halte ich für sehr sinnvoll. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Frau Ministerin. - Mir sind noch zwei Fragen zur heutigen Kabinettssitzung signalisiert worden. Das Wort hat der Kollege Dr. Carsten Sieling. Dr. Carsten Sieling (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Die Einführung einer Finanztransaktionsteuer hat in der vergangenen Woche auch in der europapolitischen Diskussion eine Rolle gespielt und in der innenpolitischen Debatte an der einen oder anderen Stelle eine Vielfalt der Positionen gezeigt. Die Kanzlerin hat sich persönlich für die Möglichkeit einer Einführung in der Euro-Zone ausgesprochen. Der Vizekanzler und andere haben ihr widersprochen. Das wirft einige Fragen auf, unter anderem die, wie das Bundeskabinett mit diesen unterschiedlichen Haltungen umgeht und mit welcher Haltung und Perspektive die Bundesregierung ernsthaft, glaubwürdig und nachhaltig die weiteren Gespräche auf der europäischen Ebene führen möchte. Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Das ist eine Feststellung gewesen, die ich nicht teile, Herr Kollege. Wenn aber hinter Ihrer umfänglichen Feststellung die Frage gestanden haben sollte, ob das in der Kabinettssitzung heute angesprochen wurde, kann ich das mit Nein beantworten. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Brigitte Zypries. Brigitte Zypries (SPD): Herr Minister, ich fürchte, dass sich das Kabinett heute auch mit dem Thema, das ich ansprechen möchte, nicht befasst hat, nämlich mit dem Datenschutzrecht und dem europäischen Recht. Wir haben aber die Möglichkeit, auch über die Kabinettssitzung hinaus Fragen zu stellen, und das Innenministerium ist auch vertreten. Ich habe im Tagesspiegel vom vergangenen Sonntag ein Interview mit Innenminister Friedrich gelesen. Darin hat er sich darüber beschwert, dass die Europäische Union mit der neuen Verordnung, die zum Datenschutz erlassen werden soll, zu viele Kompetenzen an sich zieht. Er hat das beklagt. Zumindest war das in diesem Interview zu lesen. Die Kompetenz für den Datenschutz ist nach dem neuen EU-Vertrag geregelt. Es ist aber offengeblieben, ob eine Verordnung oder eine Richtlinie erforderlich ist. Mich würde interessieren, ob sich das Bundesinnenministerium vorher darüber Gedanken gemacht hat, in welcher Rechtsform die Kommission handeln sollte. Ich denke, dass man sich vorher darüber verständigt hat. Ich frage erstens: In welcher Form hat das Bundesinnenministerium auf europäischer Ebene interveniert, um sicherzustellen, dass es nicht, wie jetzt geplant, in einer Verordnung, sondern in einer Richtlinie geregelt wird? Zweitens. Was machen Sie, wenn in Kürze ein Verordnungsentwurf kommt, um sicherzustellen, dass die nationalen Kompetenzen möglichst umfassend erhalten bleiben? Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Vielen Dank für Ihre Frage. - Wir warten so lange ab, bis die Vorschläge öffentlich werden und auf dem Tisch liegen. Dann werden wir sie selbstverständlich analysieren. Für die Bundesregierung ist entscheidend, dass wir unser hohes datenschutzrechtliches Niveau aufrechterhalten können. Daher ist es wichtig, dass wir die Möglichkeit haben, weiterhin eine eigene Rechtsetzung zu betreiben. Das ist mit allen Ressorts abgestimmt. Natürlich sprechen wir mit den Parlamentariern des Europäischen Parlaments. Wir führen dahin gehend aber auch Gespräche mit der Kommission. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Herr Staatssekretär. - Ich beende die Befragung der Bundesregierung und mache darauf aufmerksam: Aufgrund des großen Interesses am Bericht der Bundesregierung haben wir die Zeit für die Befragung der Ministerin verlängert. Das wird von der Zeit für die nun folgende Fragestunde abgezogen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksache 17/8323 - Ich möchte auch hier an unsere Ein-Minuten-Regelung erinnern. Die Fragestunde wird jetzt durch optische Signale und nicht mehr allein akustisch begleitet. Für die erste Antwort stehen zwei Minuten zur Verfügung. Für die folgenden Fragen und Antworten steht jeweils eine Minute zur Verfügung. Die Uhren rechts und links vom "Adler" sowie oberhalb der Hammelsprungtüren zeigen jeweils die verbleibenden Sekunden an. Hier sind wir schon bei der ersten Ausnahme: Die linke Uhr hat sich heute eine Auszeit genommen. Aber wir werden auf jeden Fall die Farbsignale wahrnehmen können. Das heißt, es gibt zusätzlich ein Lichtsignal in Gestalt eines Farbfeldes: Grün, Gelb und Rot. Wie bereits in der Regierungsbefragung betont, werden die Farben Grün und Gelb noch optimiert werden. Anfangs soll ein grünes Licht leuchten. Die letzten 30 Sekunden werden durch Gelb verdeutlicht. Nach Zeitablauf wird es rot. Soll ich das wiederholen oder war das für alle einleuchtend? - Gut. Dann beginnen wir mit der Fragestunde. Ich rufe nun die mündlichen Fragen auf Drucksache 17/8323 in der üblichen Reihenfolge auf. Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Gerd Müller zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Friedrich Ostendorff auf: Wie bewertet die Bundesregierung Vorschläge, den massiven Einsatz von Antibiotika in der industriellen Tierhaltung teurer und unattraktiver zu machen, zum Beispiel durch die Einführung von Festpreisen oder das Verbot bzw. die Einschränkung von Rabattsystemen? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sichere Lebensmittel haben höchste Priorität. Die Thematik Resistenzbakterien nehmen wir deshalb sehr ernst. Wir haben bereits vor Jahren Maßnahmen zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Mast umgesetzt, und wir haben aktuell zusätzlich reagiert. Gesunde Tiere, gesunde Lebensmittel - das ist das Ziel. Dies fängt bei der Haltung an, im Stallmanagement. Dabei haben die Tierärzte und die Landwirte strenge gesetzliche Vorgaben zu erfüllen. Jeder Einsatz von Tierarzneimitteln wird dokumentiert und wissenschaftlich begründet. Die Länder haben in unserem föderalen System die Aufgabe, zu kontrollieren und zu überwachen. Schon heute ist der Einsatz von Antibiotika als Wachstumsförderer verboten. Ein prophylaktischer Einsatz in den Beständen ist ebenfalls verboten. Die Länder müssen kontrollieren. Wir reagieren jetzt aber noch einmal und legen eine Novelle zum AMG vor, um die Überwachung in den Ländern effektiver zu gestalten. Ab Mitte 2012 wird es erstmals detaillierte Daten über Arzneimittelmengen geben. Wir werden diese veröffentlichen. Tierärzte müssen alle Daten an die Behörden übermitteln. Wir gestalten damit den gesetzlichen Rahmen noch einmal enger, präziser und klarer, damit die Länderminister kontrollieren, überwachen und im Ernstfall auch sanktionieren können. Vielen Dank. Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Ostendorff, Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schönen Dank. - Herr Staatssekretär, leider war das nicht die Antwort auf meine Frage, sondern eine grundsätzliche Feststellung, die wir alle wahrscheinlich unterschreiben. Deshalb gestatten Sie mir, dass ich noch einmal zu der Frage zurückkomme und in ein, zwei kurzen Sätzen erläutere, worum es geht. Auch Ihnen dürfte Folgendes nicht unbekannt sein: Wenn man ein sehr gebräuchliches Antibiotikum in Einzelflaschen vom Tierarzt bzw. von der Tierärztin bezieht, werden 15 Euro pro Flasche berechnet, wie mir Tierärzte und Tierärztinnen sagen, während es zu 10 Euro pro Flasche eingekauft worden ist. Wenn der gleiche Tierarzt oder die gleiche Tierärztin diese Flaschen in Paletten kauft - das sind 1 000 Flaschen -, kostet die Flasche 3,50 Euro. Darum geht es hier, Herr Staatssekretär. Wie wollen Sie damit umgehen, dass es wenige Tierarztpraxen gibt, die sehr großräumig agieren, sehr viele Mitarbeiter haben? Ich meine die sogenannten Autobahntierärzte, die große Mengen Antibiotika verschreiben und verkaufen. Das ist das Besondere: dass Tierärzte und Tierärztinnen gleichzeitig Apothekenfunktion haben; das ist nicht so wie in der Humanmedizin. Wie wollen Sie diesem Umstand entgegenwirken? Ist daran gedacht, diese Rabattsysteme infrage zu stellen, sprich: zu verbieten, und eine Gleichbehandlung herbeizuführen? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Wie ich gerade dargelegt habe, Herr Kollege Ostendorff, haben wir hier einen viel breiteren Ansatz mit dem Ziel der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Humanmedizin - hierzu gibt es eine gemeinsame Strategie des BMG und unseres Bundesministeriums - sowie in der Nutztierhaltung und Nutztiermast. Nach unserer Einschätzung wären dirigistische Eingriffe in die Preisgestaltung der Tierarzneimittelhersteller ein Instrument, das vollkommen unzureichend ist. Es ist nicht geplant, hier Veränderungen vorzunehmen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Frage. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der breite Ansatz ist auch hier sehr gut. Aber es hilft, glaube ich, irgendwo einmal anzufangen. Alle Fragen, die die Kolleginnen und Kollegen heute stellen, deuten in diese Richtung. Eine zweite Frage. Wir haben eine Behandlungslandschaft, in der gesagt wird: Wir geben bei Hühnchen Antibiotika übers Trinkwasser prophylaktisch in die Herde, und das im Grunde in den 32 Tagen des Lebens der Hühnchen andauernd. Halten Sie, Herr Staatssekretär, es für angemessen, dass hier auf der Grundlage der Feststellung einer Veterinärin oder eines Veterinärs, dass möglicherweise eine Erkrankung eintritt, eine Ganzherdenbehandlung erfolgt? Ist das gesetzeskonform? Sind Sie nicht auch der Meinung, dass es ausschließlich darum gehen kann, kranke Tiere zu behandeln? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Wie ich gerade festgestellt habe, ist die grundsätzlich prophylaktische Abgabe und Verabreichung von Antibiotika schon heute verboten. Vizepräsidentin Petra Pau: Eine weitere Nachfrage stellt die Kollegin Bärbel Höhn. Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, Sie haben eben von gesunden Tieren und gesunden Lebensmitteln gesprochen. Sie haben gesagt: Die prophylaktische Gabe von Medikamenten ist verboten. - Jetzt wird in einer Studie festgestellt, dass in Nordrhein-Westfalen 96 Prozent der Tiere Medikamente bekommen. Heißt das, dass alle diese Tiere krank sind, und heißt das dann in der Schlussfolgerung, dass wir kranke Tiere und krankmachende Lebensmittel haben? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Herr Minister Remmel hat diese Studie veröffentlicht. Es liegt nun bei Herrn Minister Remmel und beim Land NRW, auf der Grundlage dieser Studie und dieser Daten seiner Aufgabe als Landesminister gerecht zu werden und die Kontrolle und Überwachung der Tierärzte, aber auch der Bauern auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften durchzuführen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es ist viel zu einfach, nun die Bundesministerin zu fragen: "Was tun Sie in NRW?", wenn der dortige Landesminister, der für Überwachung, Kontrolle und ordnungsgemäße Umsetzung zuständig ist und im Übrigen auch entsprechende Sanktionsmöglichkeiten hat, zu einer solchen Feststellung kommt. Wir fordern also Herrn Minister Remmel auf, wenn er den begründeten Verdacht hat, dass hier gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen wurde, sofort zu handeln und einzugreifen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit machen Sie es sich sehr einfach, weil Sie ihm nicht die Mittel geben! Das wissen Sie auch!) Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt die Kollegin Dorothea Steiner. Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, in Anbetracht des Ausmaßes der Antibiotikagabe, das Sie ja gerade selber auch eingeräumt haben, und angesichts der Tatsache, dass Sie die Frage von Frau Höhn eigentlich gar nicht beantwortet haben, ob nun wirklich 96 Prozent der Tiere krank seien und deswegen Antibiotika bekommen müssten oder nicht, sehe ich mich zu der Frage veranlasst: Wie bewerten Sie denn Vorschläge dahin gehend, den massiven Einsatz von Antibiotika in der industriellen Tierhaltung teurer und unattraktiver zu machen, zum Beispiel durch die Einführung von Festpreisen oder das Verbot bzw. die Einschränkung von Rabattsystemen? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Kollegin, ich sage noch einmal: Die gesetzliche Vorgabe ist klar. Wir haben in der Humanmedizin das Interesse und in der Tiermedizin die gesetzliche Vorgabe, den Antibiotikaeinsatz zu minimieren. Die Tierärzte sind verpflichtet, in den Stallungen auf wissenschaftlicher Basis eine Diagnose vorzunehmen. Nur auf Grundlage einer wissenschaftlich fundierten Diagnose ist es möglich, Antibiotika zu verordnen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Elisabeth Scharfenberg. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Mich würde interessieren, wie die Bundesregierung die Belastung von Geflügelbeständen mit antibiotikaresistenten Keimen einschätzt und welche Konsequenzen sich daraus für die Verbraucherinnen und Verbraucher ergeben. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ich darf vielleicht noch einmal grundsätzlich auf das Thema der sogenannten Resistenzbakterien eingehen. Resistenzbakterien können sich nach dem Einsatz von Antibiotika bilden. Das ist ein Problem, das wir weltweit haben, auch in Europa, in Deutschland. Ich möchte dazu sagen: Jeder Mensch nimmt Bakterien auf, Millionen von Bakterien. Dem Problem der Resistenzbakterien haben wir uns auch in der Humanmedizin zu stellen. Allein ihr Vorhandensein löst zunächst einmal kein aktuelles Problem aus. Aber es kommt in der Folge zu mangelnder Wirksamkeit von Antibiotika. Deshalb haben wir, das Bundesministerium für Gesundheit und unser Bundesministerium, schon 2008 eine gemeinsame Strategie zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes generell, sowohl in der Human- wie in der Tiermedizin, entwickelt. Wir haben im Augenblick keine begründeten Daten dazu, dass der Einsatz gestiegen wäre, aber aufgrund der Änderung der gesetzlichen Vorgaben wird bereits Mitte dieses Jahres eine durch das BfR in einem Forschungsprojekt vorgenommene, repräsentative Erhebung für das Bundesgebiet vorliegen. Auf dieser Grundlage können wir dann differenziert miteinander darüber diskutieren: Kam es zu einer Erhöhung des Antibiotikaeinsatzes und, wenn ja, in welchen Bereichen - ob bei der Hühnchen-, der Puten- oder der Schweinemast - und in welchen Regionen? In der jetzt vorliegenden Novelle des AMG hat die Bundesministerin noch einmal nachgelegt, damit dann auf der Basis dieser Daten die Länderbehörden bzw. die Kontrollbehörden ganz konkret dort einschreiten können, wo der begründete Verdacht des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz vorliegt. Vizepräsidentin Petra Pau: Zuerst ein Hinweis an die Kollegin Steiner: Zu dieser Frage können Sie jetzt nicht mehr nachfragen. Da sich aber nachvollziehbar auch die folgenden Fragen auf diesen Themenbereich beziehen, könnten Sie sich dann noch einmal melden. Jetzt fragt die Kollegin Katja Keul. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär, da es ja nun so aussieht, als ob die aktuellen Formen der Tierhaltung ohne massiven Einsatz von Antibiotika nicht wirklich praktikabel sind, frage ich Sie, ob die Bundesregierung beabsichtigt, die Tierhaltungsregeln zu verschärfen, insbesondere im Hinblick auf Mindestmastdauer und Besatzdichte. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ich möchte noch einmal grundsätzlich sagen: Auch aus Sicht des Tierwohls ist es nach wissenschaftlicher Begründung notwendig, dann, wenn Tiere erkrankt sind, Antibiotika einzusetzen. Das wird von den Tiermedizinern sehr verantwortungsvoll vorgenommen. Sollte es schwarze Schafe geben, muss dort ganz konkret vorgegangen werden. Ich komme auf Ihre Frage zu sprechen. Wir haben im Rahmen der Antibiotikaminimierungsstrategie klar darauf hingewiesen, dass Antibiotikaeinsatz und -reduzierung in erster Linie zunächst einmal im Stallmanagement und in der Betriebsführung beginnen, in der Tierhaltung ganz klar im Rahmen der Tierhaltungsformen in der Frage, wie das Tierhaltungsmanagement professionell umgesetzt wird. Jeder Bauer, jeder Landwirt und jeder Mäster möchte gesunde Tiere haben. Es gibt keine Erkenntnisse, dass es verstärkt in großen Betrieben zu einem höheren Antibiotikaeinsatz kommt. Im Gegenteil, auch in der Studie von Minister Remmel wird festgestellt, dass es bei der Frage des Antibiotikaeinsatzes keine Unterschiede zu kleineren Betrieben gibt - der Landesminister hat die Studie nur noch nicht veröffentlicht -, es gibt sogar Hinweise, dass in größeren Betrieben der Einsatz eher geringer ist als in kleinen Betrieben. Daraus lässt sich also nicht schließen, dass wir in der Frage der Haltungsformen mit Größenbeschränkungen reagieren müssen. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Falsch! - Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber wirklich falsch! Vielleicht können Sie die Studie mal lesen!) Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Hans-Christian Ströbele hat eine Nachfrage. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, Sie vergleichen immer wieder den Einsatz von Antibiotika bei Tieren und bei Menschen und sagen, bei beiden sollte man dies weniger tun. Nun gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen Tieren und Menschen in diesem Zusammenhang: dass Menschen in der Regel nicht gegessen werden (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: So ist das! Hoffentlich! - Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: "In der Regel", sagt er!) und deshalb Resistenzen auf diese Art und Weise nicht auf viele andere Menschen übertragen werden können. Deshalb hinkt dieser Vergleich etwas. Das ist doch die Hauptgefahr. Ich frage Sie im Zusammenhang damit sowie in Verbindung mit der Frage, die Kollegin Keul gerade gestellt hat: Ist es nicht so: Erst macht man die Tiere krank - man kann zum Beispiel in Fernsehaufnahmen von der Hühnerhaltung sehen, dass sich diese gegenseitig wundpicken, sich die Federn herausreißen und Ähnliches -, und dann hat man einen Grund, Antibiotika zu geben, und daher kommt es zu diesen sehr hohen Prozentzahlen beim Einsatz von Antibiotika? (Patrick Döring [FDP]: Ein Zerrbild!) Ist es deshalb nicht richtig, bei dieser Ursache anzusetzen und massiv gegen diese Tierhaltung anzugehen, bei der die Tiere krankgemacht werden? Man kann zusehen, wie sie krankgemacht werden. Dann bräuchte man auch keine Antibiotika zu geben, und dann würde die Gefahr, die in diesem Zusammenhang für die Bevölkerung, die danach die Tiere essen soll, besteht, vermieden. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ich freue mich, Herr Kollege Ströbele, dass Sie sich sehr intensiv um dieses Thema kümmern. Ich darf Ihnen noch einmal sagen: Das Kernproblem in der Wissenschaft ist die Resistenz bzw. sind die Resistenzbakterien. Das ist auch in der Humanmedizin entscheidend. Auch Sie bekommen, wenn Sie eine Lungenentzündung haben, ob Sie wollen oder nicht, Antibiotika verschrieben. Natürlich wird der Mensch nicht aufgegessen; aber er scheidet aus, und die menschliche Ausscheidung kommt in den Kreislauf. Zu Ihrem voraussichtlichen Erstaunen muss ich Ihnen sagen, dass Resistenzbakterien auch bei Tieren festgestellt werden, die niemals mit Antibiotika behandelt wurden. Deshalb ist die Resistenzstrategie eine Strategie, die sowohl in der Humanmedizin als auch in der Tiermedizin generell auf die Reduktion des Einsatzes von Antibiotika setzt. Im Bereich der Tiermedizin - das möchte ich noch einmal sagen - gibt es keine Belege für einen stärkeren Einsatz in großen Betrieben. Im Gegenteil, die Studie von Remmel belegt, dass größere Betriebe im Vergleich zu kleineren Betrieben eher unterdurchschnittlich Antibiotika einsetzen. Es ist allerdings festgestellt worden, dass auch in Ökobetrieben Resistenzbakterien im Fleisch nachgewiesen werden. (Dr. Max Lehmer [CDU/CSU]: Genau so ist es!) Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor ich die weiteren Fragesteller aufrufe, folgender Hinweis an alle Fragesteller - wir sind ja in der Erprobungsphase, was unsere technische Neuerung angeht -: Wenn das rote Licht leuchtet, dann haben Sie die eine Minute definitiv überzogen. Die Zeit, die die Uhr dann anzeigt, ist die, die Sie überziehen. Ich bitte Sie, darauf zu achten, schon deshalb, weil jeder hier im Saal nachvollziehen kann, dass Sie sich nicht an die verabredete Regel halten und dass es keine Gehässigkeit der Präsidentin ist, wenn sie Ihnen ins Wort fällt. Mir liegen noch drei Wortmeldungen zu Nachfragen zur Frage 1 vor; das sei geschäftsleitend bemerkt. Das Wort hat die Kollegin Undine Kurth. (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das scheint nur eine Fraktion zu interessieren!) Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, Sie haben uns richtigerweise mehrfach gesagt, dass Antibiotika nur an erkrankte Tiere verabreicht werden. Nun kann man sich bei der Menge der verabreichten Antibiotika zwar große Sorgen um den Gesundheitszustand der Tiere in unseren Ställen machen, aber ich frage Sie mit Blick auf diese Feststellung, was denn eigentlich die Minimierungsstrategie, die Sie für den Antibiotikaeinsatz vorschlagen, bewirken soll. Denn wenn nur erkrankte Tiere behandelt werden, die ja behandelt werden müssen, ist eine Minimierungsstrategie eigentlich unlogisch. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ihre Logik kann ich nicht nachvollziehen. (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir aber!) - Das ist grüne Logik. - Es ist unbestritten in der Wissenschaft und in der Medizin - darüber gibt es auch keine parteipolitische Diskussion -, dass die Problematik der Resistenzbakterien uns alle betrifft. Das heißt, wenn die Bakterien resistent sind, kann im Ernstfall bei einer Erkrankung von Menschen ein entsprechendes Antibiotikum nicht mehr anschlagen, und dann könnte es gefährlich werden. Deshalb ist es ausgesprochen wichtig, dass wir Antibiotika europaweit - auch die Kommission hat sich mit dem Thema beschäftigt; es wäre wünschenswert, wenn auch andere Staaten so weit wären wie Deutschland - sowohl in der Tiermedizin wie auch in der Humanmedizin treffsicher, zielgenau nur bei Erkrankungen einsetzen. Ich sage noch einmal: Natürlich sind wir den Bundesländern, auch NRW, dankbar für die durchgeführte Studie. Sie zeigt, dass es vor Ort offensichtlich Handlungsbedarf gibt. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!) Wir sagen in Richtung der Länder: Wenn Minister Remmel vom Bundesland NRW jetzt, in diesem Dezember und Januar, offensichtlich feststellt, dass 96 Prozent der Tiere betroffen sind, dann frage ich: Wo war er in den letzten Jahren? (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Opposition! Da gab es ja nur Uhlenberg! - Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Der hat die Schweineställe ausgebaut in der Zeit!) Wir haben seit 2008, also auch schon in der Großen Koalition, den fraktionsübergreifenden Konsens im Bundestag, dass die Minimierungsstrategie in der Tiermedizin vorangetrieben werden muss. Ich würde mich freuen, wenn das in den Bundesländern genauso gesehen würde und NRW nicht hinterherhinkt und mit dem Finger auf Berlin zeigt, während es offensichtlich die größten Probleme im eigenen Land hat. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann geben Sie ihm doch die Instrumente an die Hand, dass er was tun kann! Das tun Sie doch nicht!) Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Oliver Krischer hat das Wort. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, angesichts der Tatsache, dass wir bei 96 Prozent der Tiere den Einsatz von Antibiotika feststellen können, kann ich es nur als zynisch bezeichnen, wenn Sie in diesem Zusammenhang sagen, andere Länder sollen zu Deutschland aufschließen. Wenn Sie die anderen Länder auffordern, ähnliche Zahlen zu erreichen, ist das schon eine merkwürdige Betrachtung. Mich würde interessieren, was die Bundesregierung zu tun gedenkt, damit die Länder, die Sie hier kritisieren, insbesondere Nordrhein-Westfalen, und die Sie auffordern, aktiv zu werden, an Informationen über die Vergabe von Antibiotika herankommen können, ob die Bundesregierung bereit ist, die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen zu ändern, damit die Länder an diese Informationen herankommen können und dann auch risikoorientiert überprüft werden kann. Denn wenn man weiß, wo diese Antibiotika abgesetzt werden, zum Beispiel über welche Tierärzte das läuft, dann ist auch eine bessere Kontrolle möglich. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Das ist einer der wichtigsten Bereiche. Deshalb sage ich Ihnen, was alles schon auf den Weg gebracht wurde: Seit 2011 werden die Mengen von Antibiotika, die an Tierärzte abgegeben werden, nach der DIMDI-Verordnung erfasst. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht bei Geflügel! Bei Geflügel haben wir eine Sonderregelung! - Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viel zu spät!) Wir haben diese Verordnung vor zwei Jahren geändert. Die Länder haben nun die entsprechenden Daten - auch Herr Minister Remmel - und können den Tierärzten Vorgaben machen. Mit der neuen AMG-Novelle haben wir den Ländern effektivere Möglichkeiten gegeben, auf diese Daten zuzugreifen. Wir haben die Ausnahmen für die Geflügelzucht gestrichen. Das heißt, auch hier kann bis auf die zweite Postleitzahl genau durchgegriffen werden. Es gibt ein Forschungsprojekt zur repräsentativen Verbrauchsmengenerfassung durch das BfR. Mitte dieses Jahres werden wir wissenschaftliche Ergebnisse vorlegen, die zeigen, ob es wirklich zutrifft, dass in den Regionen, wo hohe Mengen abgegeben werden, verstärkt Resistenzen auftreten. Seit 2011 gibt es - ich habe es gerade erwähnt - die Pflicht zur Erfassung der Mengen von abgegebenen Antibiotika. Die Daten sind in den Ländern also vorhanden. Die verantwortlichen Kontrollbehörden und die zuständigen Minister werden auf diese Daten zugreifen, sie analysieren, Schwerpunkte erkennen und handeln. Sie haben also jede Zugriffsmöglichkeit. Mit der AMG-Novelle geben wir ihnen verbesserte Kontrollmöglichkeiten, die sie in die Lage versetzen, dort, wo sie einen begründeten Verdacht haben, direkt einzugreifen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich möchte zunächst einen Hinweis für diejenigen geben, die uns nicht so oft in der Fragestunde begleiten. In der Fragestunde hat der Abgeordnete, der eine Frage schriftlich gestellt hat, die Möglichkeit, zwei Nachfragen zu stellen. Jeder andere Kollege und jede andere Kollegin kann eine Nachfrage stellen. Es gab einige Doppelmeldungen, die ich gemäß unserer Geschäftsordnung nicht berücksichtigen konnte. Ich rufe nun die Frage 2 des Kollegen Friedrich Ostendorff auf: Warum schafft die Bundesregierung nicht die gesetzliche Grundlage dafür, dass bei der Verschreibung von Medikamenten für die Tierhaltung die Daten vom behandelnden Tierarzt und Landwirt sofort zentral erfasst und den Landeskontrollbehörden zugänglich gemacht werden? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Mit der 16. AMG-Novelle soll eine Ermächtigung - damit komme ich genau auf das zurück, was ich soeben ausgeführt habe - für die Regelungen geschaffen werden, die den Tierarzt verpflichten, Nachweise über die Abgabe und Anwendung bestimmter Arzneimittel der zuständigen Behörde zusammengefasst zu übermitteln, sofern die Behörde die Zusendung anordnet. Damit sollen die zuständigen Landesbehörden in die Lage versetzt werden, ihre Überwachungsaufgaben noch effektiver als bisher wahrzunehmen. Durch die Regelung wird es ermöglicht werden, dass Verbrauchsmengen von Antibiotika, die von einzelnen Tierärzten verschrieben werden, der zuständigen Behörde auf deren Verlangen zur Verfügung stehen. Jeder Betrieb, jeder Tierarzt in jeder Region muss den Einsatz von Antibiotika dokumentieren. Dies kann abgefragt und kontrolliert werden. Wir fordern die Bundesländer auf, dies zu tun und uns den Stand der Kontrollen - etwas Ähnliches gibt es im Futtermittelbereich - am Ende des Jahres zu übermitteln. Dann können wir sehen, wer in Bezug auf Quantität und Qualität der Kontrollen diese Anforderungen im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher erfüllt. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, schönen Dank. Sie sind auf meine zweite Frage - das ist ein Fortschritt - ziemlich konkret eingegangen. Vonseiten des Bundesministeriums bzw. der Bundesministerin ist ein nachsorgender Ansatz gewählt worden. Das führt mich zu der Nachfrage: Ist angesichts der Dramatik in deutschen Tierställen, was die Abgabe von Antibiotika angeht, nicht ein vorsorgender Ansatz zu wählen? Ist die Bundesministerin nicht auch der Meinung, dass im Sinne des Verbraucherschutzes hier vorsorgend gearbeitet werden muss? Das heißt, das, was im Tierstall verabreicht worden ist, muss zwingend und kann nicht auf freiwilliger Basis erfasst werden. Diese Daten müssen für die Kontrollbehörden jederzeit und nicht erst bei dem begründeten Verdacht, dass es zu einer missbräuchlichen Anwendung gekommen ist, einsehbar sein. Wie steht also die Ministerin zu diesem vorsorgenden Ansatz? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Herr Kollege Ostendorff, ich stelle mit Blick auf den Antibiotikaeinsatz noch einmal fest: Jeder Betrieb, jeder Bauer muss jede Ampulle, jede Spritze dokumentieren, die verabreicht wird. Jeder Tierarzt darf Antibiotika nur dann verordnen, wenn er das Tier vorher untersucht hat. Er muss dies dokumentieren und der Behörde auf Nachfrage entsprechende Nachweise liefern. Das ist die Ausgangslage. Also, die Daten sind vorhanden und werden ab 2012 auch den Behörden zur Verfügung stehen. Seit 2011 wird nach der DIMDI-Verordnung und dem AMG die Abgabe von Antibiotika tierarztbezogen und bundeseinheitlich zentral erfasst. Eine Forderung, die Herr Kollege Priesmeier angesprochen hat, möchte ich gleich aufgreifen. Es geht um die Frage: Ist es sinnvoll, wenn der Bund auf Bundesebene eine zentrale Datenbank vorhält, oder ist es nicht sinnvoller, dieses Kontrollsystem vor Ort in den Betrieben, wo die Tierärzte wöchentlich oder zum Teil täglich kommen und die Tiere und die Bauern kennen, also nahe am Stall, in der Region und bei den Ländern, zu belassen? Im Übrigen sind die Länder in keiner Weise bereit, auf diese Aufgabe zugunsten des Bundes zu verzichten. Wir halten dies auch für effektiv. Es muss aber sichergestellt sein, dass die Länder diese Kontrollaufgabe auch wahrnehmen. Die Daten haben sie. Sie haben den Zugriff und die Möglichkeit, sich all diese Einzeldaten zu holen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Frage. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Den Verzicht der Länderzuständigkeit hat heute niemand gefordert. Von daher halte ich dies für etwas nebulös. Auch wir sind in der Lage, zu lesen. Wenn man wirklich liest, Herr Staatssekretär, kann auch hier ein Bildungseffekt einsetzen. In der nordrhein-westfälischen Studie sieht man, dass die Haltungssysteme sehr wohl mit der Höhe des Antibiotikaeinsatzes korrespondieren. Das ist in der nordrhein-westfälischen Studie im Gegensatz zur niedersächsischen Studie eindeutig festgehalten worden. Die niedersächsische Studie hat das nicht getan. Das führt mich zu der Frage: Die Nordrhein-Westfalen haben daraus eine Datenbank gemacht. Wir haben in Nordrhein-Westfalen das beispielhaft gemacht, was Sie noch installieren wollen, uns aber noch nicht richtig mitteilen wollen. Warum nutzen Sie nicht die Grüne Woche mit Nordrhein-Westfalen zusammen, um das zu einem Bundesmodell zu machen? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Es ist erfreulich, wenn NRW eine Länderdatenbank hat. Umso erstaunlicher ist es, dass der NRW-Minister diese Daten von angeblich 96 Prozent übermittelt. Ich sage da nur: Was nutzt eine Datenbank, wenn die Kontrollbehörden nicht tätig werden? Die Datenerfassung ist das eine. Es müssen jedoch effektive Strukturen für risikoorientierte Kontrollen in den Betrieben, aber auch für die Überwachung der Tierärzte geschaffen werden. Das ist Aufgabe der Länder. Hier hat der Bund keine Zuständigkeit. Wir wollen die Tierärzte bundesweit nicht unter Generalverdacht stellen. Aber dort, wo es schwarze Schafe am Markt gibt, ist dringender Handlungsbedarf geboten. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Bärbel Höhn zu einer Nachfrage. Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, Sie erwähnen immer die Studie aus Nordrhein-Westfalen. Ich möchte hinzufügen, dass die Studie aus Niedersachsen praktisch zu den gleichen Ergebnissen kommt. Wir haben im nördlichen Teil von Nordrhein-Westfalen und im südlichen Teil von Niedersachsen die größte Massentierhaltungsregion in ganz Deutschland. Also gibt es in dieser Region natürlich auch bei der Vergabe der Medikamente einen Zusammenhang. Sie versuchen, sich jetzt herauszureden. Die Länder sagen eindeutig, sie brauchen die Daten zentral und sie brauchen sie sofort. Von daher löst die Regelung, die Sie vorgeschlagen haben, nämlich dass jeder die Daten vor Ort erheben kann, das Problem nicht; denn es gibt auch Betriebe, die in der Nähe der Grenze liegen. Es kann sein, dass der Tierarzt auf der anderen Seite der Grenze ist. Warum erheben Sie die Daten nicht zentral, wenn die Länder es so wollen, und stellen sie ihnen sofort zur Verfügung, damit sie endlich einmal zum Vollzug - dass sie dies nicht tun, werfen Sie ihnen derzeit vor - kommen können? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Wie so häufig liegen wir an dieser Stelle gar nicht weit auseinander. Ich habe vorhin in einem Nebensatz gesagt, dass wir am Ende des Jahres von den 16 Bundesländern einen jährlichen Futtermittelüberwachungsplan bekommen, dem man entnehmen kann, wer in welcher Qualität und welcher Tiefe und mit welchen Ergebnissen kontrolliert. Wir schlagen den Ländern vor, dass wir auch auf Bundesebene am Ende des Jahres einen solchen Bericht zur Umsetzung des AMG im Bereich der Antibiotika vorgelegt bekommen. Denn dann haben wir diesen länderübergreifenden Austausch von Informationen, der natürlich sinnvoll ist. Ich kann mir nur schlecht vorstellen, dass Niedersachsen und NRW keinen gegenseitigen Austausch von Daten über mögliche Risiken oder Probleme in diesem Bereich vornehmen. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ende des Jahres sind die Tiere schon lange geschlachtet und gegessen, Herr Staatssekretär!) Vizepräsidentin Petra Pau: Kollegin Höhn, wir sind gerade nicht im Dialog. - Zur Geschäftsordnung hat der Kollege Volker Beck das Wort. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich denke, nach dem bisherigen Verlauf der Fragestunde - obwohl wir die Fragen sicher noch weiter abarbeiten sollten, um eine geeignete Grundlage zu erhal-ten - sollten wir nachher eine Aktuelle Stunde zum Thema Haltung der Bundesregierung zum massiven Einsatz von Antibiotika in der industriellen Tierhaltung durchführen. Ich beantrage das hiermit im Namen meiner Fraktion. Jenseits der einzelnen administrativen Fragen scheint bei der Bundesregierung nicht verstanden worden zu sein, dass die industrielle Tierhaltung, wie wir sie heute kennen, der Grund für diesen massiven Antibiotikaeinsatz ist. Hierüber müssen wir sehr grundsätzlich diskutieren. Dazu möchten wir dem Haus nachher die Gelegenheit geben. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat zur Antwort der Bundesregierung auf die Fragen 1 und 2 zum Thema Eindämmung des massiven Einsatzes von Antibiotika in der industriellen Tierhaltung eine Aktuelle Stunde verlangt. Das entspricht Nr. 1 b der Richtlinien für die Aktuelle Stunde. Das heißt, die Aussprache findet im Anschluss an die Fragestunde statt. Damit korrigiere ich meine Eingangsbemerkung zu Beginn der Sitzung. Die Aktuelle Stunde, die von der Koalition beantragt wurde, verschiebt sich damit auf morgen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, gleichwohl habe ich noch fünf Wortmeldungen für Nachfragen zur Antwort des Herrn Staatssekretär auf die Frage 2. Da sich erkennbar auch weitere Fragen mit diesem Themenbereich beschäftigen, mache ich auf Folgendes aufmerksam: Sollten Kolleginnen und Kollegen ihren Nachfragebedarf verschieben wollen, bitte ich, mir das zu signalisieren, damit wir an dieser Stelle weiterarbeiten können. Jetzt hat erst einmal die Kollegin Elisabeth Scharfenberg das Wort. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Ich habe bezüglich der multiresistenten Keime eine Nachfrage. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, die unter anderem auch von Professor Karsten Becker von der Uniklinik Münster geäußert wurde, dass nämlich die Entwicklung der MRSA-Keime aus der Landwirtschaft, also der LA-MRSA, bedrohlich ist und einzelne Isolate bereits die gefährlichen Eigenschaften der MRSA-Keime aus den Krankenhäusern, also der HA-MRSA, besitzen? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Kollegin, im Sinne der Wissenschaftlichkeit sollte man so verfahren, dass Sie mir dieses Gutachten des Herrn Professor Becker, das mir nicht bekannt ist, vorlegen; dann erhalten Sie eine wissenschaftliche Bewertung. Vizepräsidentin Petra Pau: Jetzt fragt der Kollege Dr. Wilhelm Priesmeier nach. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Herr Kollege, ich habe eine Frage zu der vorhin von Ihnen dargestellten Systematik der Überwachung des Einsatzes von Arzneimitteln und speziell von Antibiotika in den Betrieben. Wir alle wissen: Es gibt bei den Tierärzten viele Kollegen aus den Niederlanden. Es gibt auch viele Landwirte aus den Niederlanden, die mittlerweile in Deutschland Betriebe bewirtschaften. Wie stellen Sie sicher, dass die Mengen, die von diesen holländischen Tierärzten, von denen unter anderem auch deutsche Landwirte betreut werden, verordnet und in den Verkehr gebracht werden, ordnungsgemäß erfasst werden? In welcher Weise überprüfen Sie diese Praxen, die in Deutschland tätig sind? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Herr Kollege Priesmeier, die Frage der Antibiotikaresistenz und auch die Frage des Tierarzneimitteleinsatzes ist in den grenzüberschreitenden Regionen natürlich ein grenzüberschreitendes Thema. Selbstverständlich haben sich auch niederländische oder belgische Tierärzte an das deutsche Recht zu halten, wenn sie in deutschen Beständen Arzneimittel verordnen; sie unterliegen den entsprechenden Kontrollen und, wenn sie gegen das Recht verstoßen sollten, den vorgesehenen Sanktionen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie können jetzt keine Nachfrage stellen. Aber wenn ich es richtig sehe, haben Sie eine eigene Frage dazu eingereicht. - Das Wort hat die Kollegin Maisch. Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, ich habe eine Nachfrage zu dem, was Sie zum ordnungsgemäßen Antibiotikaeinsatz gesagt haben. Sie haben gesagt: Wenn man diese Medikamente ordnungsgemäß verabreichen will, dann muss man jedes einzelne Tier untersuchen. - Meine Frage ist jetzt: Wie realistisch ist das angesichts von Ställen mit mehreren Zehntausend Hühnchen? Wie wird das in der Praxis ordnungsgemäß gemacht: Wie nimmt man bei 30 000, 40 000 oder 50 000 Hühnchen Einzeluntersuchungen vor? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ausgangspunkt ist das Betriebsmanagement: Der Bauer übt die Kontrolle über seine Tiere aus und muss sie gewährleisten. Hier sind Standards in der Betriebsführung umzusetzen. Ich halte es für nicht standardgemäß, wenn einmal am Tag durch die Stallung gegangen wird. Über diese Fragen werden wir diskutieren; darüber wird natürlich auch vor Ort diskutiert. Notwendig ist ein Monitoring der Bestände: Wie läuft das Betriebsmanagement? Je schneller man Auffälligkeiten erkennt, desto schneller kann eingegriffen werden. In der Schweinemast muss dann möglichst beim Einzeltier eingegriffen werden: Es muss isoliert werden, oder es muss eine Einzelabgabe erfolgen. Deshalb ist es wichtig, dass vor Ort, in der Praxis, in der Ausbildung und im Tiermanagement, angesetzt wird. Ich sage an der Stelle aber auch, dass wir die Tierhaltungsstandards - wir haben zu der Frage aktuell eine Arbeitsgruppe im Ministerium eingesetzt - weiterentwickeln müssen. Die Ministerin wird neue Vorschläge zum Tierschutzrecht vorlegen. Wir haben die entsprechenden Haltungsverordnungen, beispielsweise für die Schweinemast, geändert. Wir können uns im Bereich der Schweinemast Weiterentwicklungen vorstellen, aber auch - das ist mir persönlich ein Anliegen - bei der Putenhaltung, der Geflügelhaltung und Hähnchenmast. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben wir noch ganz große Baustellen!) Im Bereich der Putenhaltung haben die Verbände und die Halter selber angekündigt, dass hier neue, weiter gehende Standards entwickelt werden müssen. Wir halten das für dringend angebracht und notwendig. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich auch! - Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit, dass das dringend angebracht und notwendig ist, haben Sie recht, aber mit dem Rest nicht!) Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Ebner, habe ich es richtig verstanden, dass Sie verzichten? - Dann hat als Letzter zu dieser Frage der Kollege Alexander Süßmair das Wort. Alexander Süßmair (DIE LINKE): Herr Minister - - (Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär: Staatssekretär!) - Natürlich "Staatssekretär", noch nicht "Minister". - (Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN - Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Jetzt ist er befördert worden!) Wir sehen, dass die beiden Studien aus NRW und Niedersachsen zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Wenn wir davon ausgehen - das tue ich jetzt einmal stellvertretend für uns alle hier -, dass die Behörden in NRW und Niedersachsen im Großen und Ganzen ihrer Pflicht nachkommen, dass auch die Ärzte ihrer Pflicht nachkommen und nach Recht und Gesetz vorgehen, dass auch die Bauern ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen tun, glaube ich nicht, dass Sie die Dimensionen richtig beschreiben, wenn Sie davon sprechen, dass es sich vor allem um schwarze Schafe handelt. Nachdem Sie ausgeführt haben, dass es nicht unmittelbar mit der Größe der Betriebe zu tun hat, muss man sich schon die Frage stellen, ob es hier eine generelle Problematik bei den Haltungssystemen gibt. Man muss hier, wenn ich das sagen darf, analog zur Industrie vorgehen: Wenn es in einem Arbeitsprozess häufig zu Unfällen kommt, dann kann man natürlich zu dem Ergebnis kommen, dass hier menschliches Versagen vorliegt. Dann kann man handeln, indem man die Mitarbeiter besser schult. Man kommt aber häufig zu dem Ergebnis, dass der Arbeitsprozess zu gefährlich ist und er neu überdacht und anders angelegt werden muss, damit die Zahl der Arbeitsunfälle reduziert werden kann. Sehen Sie es nicht auch so, dass Sie im Zusammenhang mit der Reduzierungsstrategie die Haltungssysteme viel stärker unter die Lupe nehmen sollten? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Der Tierarzt Dr. Priesmeier wird Ihnen bestätigen, dass das Tier auch nur ein Mensch ist, das heißt, es hat eine Lunge und kann wie wir auch eine Lungenentzündung bzw. eine Erkältung bekommen. Das kann bei einem Einzeltier und auch bei jedem Einzelnen von uns passieren. Wenn Sie gemeinsam mit 30 000 Menschen in einem Stadion stehen, dann können Sie sich schneller infizieren. Grundsätzlich müssen wir von der Seite des Tieres her denken und festlegen, dass der Einsatz von Antibiotika bei ernsthaften Erkrankungen möglich sein muss. Was seit 2006 verboten ist, ist der prophylaktische, flächendeckende Einsatz von Antibiotika. Jetzt muss die Notwendigkeit des Einsatzes von Antibiotika durch einen Tierarzt einzeln diagnostiziert und verordnet werden. Anhaltspunkte, um daraus eine Diskussion über Haltungssysteme zu machen, geben die derzeitigen Studien nicht her. Ich sage noch einmal: Wir sind in diesem Bereich sehr sensibel. Der Bund für Umwelt und Naturschutz hat durch eine Untersuchung von 20 Hähnchenfleischproben die Diskussion angestoßen. Das BfR macht erstmals bundesweit repräsentative Erhebungen zu Verbrauchsmengen. Mitte 2012 werden wir wissenschaftsgestützt Aussagen dazu machen können, ob die Haltungsformen, die Größe der Stallungen und auch die Verabreichung von Antibiotika wirklich auf Resistenzbakterien schließen lassen. Zum Schluss möchte ich mich für die fachgerechte Diskussion bedanken. Das Thema eignet sich gerade mit Blick auf den Auftakt der Grünen Woche nicht zur Skandalisierung. Das ist kein Thema, hinter dem ein Skandal steckt, sondern es ist ein Thema, das uns europa- und weltweit berührt. Es besteht aber keine akute Gesundheitsgefährdung der Verbraucherinnen und Verbraucher. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber andere Länder tun schon viel mehr als wir!) Vizepräsidentin Petra Pau: Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich die Frage 3 des Kollegen Dr. Wilhelm Priesmeier aufrufe, sei mir der Hinweis gestattet, dass wir heute eine neue Regelung zur Umsetzung unserer Ein-Minuten-Vereinbarung einführen, das heißt, es wird kein akustisches Signal nach Ablauf der Antwortzeit bzw. der Fragezeit geben, sondern es gibt optische Signale. Wenn die Leuchte rot aufglimmt, dann ist tatsächlich sowohl die Fragezeit als auch die Zeit zum Antworten beendet. Ich bitte, darauf zu achten. Ich rufe die Frage 3 des Kollegen Dr. Wilhelm Priesmeier auf: Wie bewertet die Bundesregierung die Antibiotikaminderungsstrategien in den Niederlanden und in Dänemark, und wird die Bundesregierung die Ergebnisse aus den Niederlanden und Dänemark für konkrete Minderungsziele in Deutschland nutzen? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Wir lernen natürlich gerne, wenn es etwas zu lernen gibt. Die Niederländer haben vorgegeben, sie hätten stark reduziert. Es wurden Prozentangaben gemacht. Maßgeblich ist aber immer die Ausgangsbasis, Herr Kollege Priesmeier, Sie wissen das. Wir sind nicht zuletzt auch jetzt bei der Grünen Woche im freundschaftlichen Austausch mit den Niederländern, und wir werden dieses Thema miteinander diskutieren. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Angesichts der Größenordnung des Antibiotikaeinsatzes in den Niederlanden besteht Nachholbedarf - da gebe ich Ihnen recht -; denn der Einsatz pro Kilo erzeugtem Fleisch ist in den Niederlanden doppelt so hoch wie in Deutschland. Im Vergleich dazu lässt sich beobachten, dass der Arzneimittel- bzw. Antibiotikaaufwand in Dänemark bei der Hälfte liegt. Sehen Sie es nicht als ambitioniertes Ziel an, im Rahmen einer Antibiotikaminderungsstrategie den Antibiotikaeinsatz in Deutschland zumindest kurzfristig zunächst um 30 Prozent abzusenken? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Darüber werden wir miteinander diskutieren, wenn wir erstmals verlässliche Gesamtzahlen haben, die belegen, wie hoch der Einsatz im Augenblick ist. Sie als Tierarzt wissen genau: Es kommt nicht nur darauf an, Mengen zu reduzieren, sondern es geht auch darum, Vorgaben zu machen, wie ein spezielles modernes Antibiotikum treffsicher eingesetzt werden soll und kann. Ich freue mich auf die Diskussion mit Ihnen; denn in der Novelle zum AMG haben wir konkrete Vorgaben gemacht, die Treffsicherheit eines Antibiotikums mit Wirksamkeitsuntersuchungen zu unterlegen. Es soll nicht wahllos der Verordnungsblock gezückt werden. Vielmehr soll eine Verordnung treffsicher zur entsprechenden Krankheit passen. Dazu muss eine Wirksamkeitsuntersuchung vorgenommen werden. Die Tierärzte begleiten dies wissenschaftlich. Sie sind bestens ausgebildet und in dieser Frage jetzt natürlich noch mehr als bisher gefordert. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Erkennen Sie nicht, dass wir die gleiche Situation in anderen Bereichen der Lebensmittelüberwachung und bei der Kontrolle von Standards, für die die Länder zuständig sind, haben? In all diesen Fragen erleben wir, dass die jeweiligen Verantwortlichkeiten anderen zugeschoben werden, und wir beobachten Vollzugsdefizite auf der Länderebene. Ist es nicht unsere Aufgabe, diesem Problem gemeinsam zu begegnen und ein gemeinsames Konzept zu erarbeiten? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ja, selbstverständlich. Heute beginnt die Amtschefkonferenz. Die Bundesländer haben bereits reagiert. Frau Ministerin hat die AMG-Novelle vorgelegt, bevor die NRW-Studie bekannt wurde. Wir haben das Thema seit Jahren im Fokus; das habe ich dargelegt. Ich sage noch einmal, was mit dem Gesetzentwurf konkret auf den Weg gebracht wird. Ich bitte darum, bei den Bundesländern dafür zu werben, dies zu unterstützen. Wir werden den Überwachungsbehörden der Bundesländer einen erweiterten Zugriff auf die Daten bezüglich der erfassten Abgabemengen ermöglichen. Wir werden Tierärzte verpflichten, auf Ersuchen der Länderbehörden alle Daten zur Abgabe und Anwendung von Antibiotika zusammengefasst zu übermitteln. Für Antibiotika soll die Möglichkeit zur Umwidmung drastisch eingeschränkt werden; für Sie als Tierarzt ist das nachvollziehbar. Beim Wechsel des Wirkstoffes, vor einer eventuell erforderlichen Umwidmung usw. soll die Erstellung eines sogenannten Antibiogramms verpflichtend vorgeschrieben werden. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss immer passieren!) Behörden, die Betriebe zum Beispiel im Bereich Tierschutz und Lebensmittelhygiene kontrollieren, werden verpflichtet, die Datenerkenntnisse, die auf einen Verstoß hindeuten, den zuständigen Stellen zuzuleiten. Wir schaffen also Transparenz. Wir schaffen die Möglichkeit der Datenerhebung, des Zugriffs und der Kontrollen. Jetzt sind die Länder gefordert. Diese Studie in NRW war ein zusätzlicher Anlass, das Thema nicht unten, sondern ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen. Wir brauchen eine gemeinsame Strategie der 16 Bundesländer mit der Bundesministerin. Frau Aigner hat reagiert. Die AMG-Novelle zeigt alles auf, was aus Sicht des Bundes machbar ist. Wir sind bereit, hier einzugreifen, um eine noch schnellere Umsetzung und eine Verstärkung der Möglichkeiten der Länder zu erreichen. Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Staatssekretär, darf ich Sie wie auch Ihre Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank darauf aufmerksam machen, dass wir für Sie über den Hammelsprungtüren auch das entsprechende Lichtsignal haben. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ich schaue nur auf Sie. (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist eine ähnliche Farbe!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das ehrt mich, aber ich bitte Sie, Ihre Aufmerksamkeit gelegentlich auch dorthin zu richten. Abgesehen davon, wenn Sie auf mich schauen, müssten Sie doch eigentlich das Signal auch verstehen. Wir kommen zur Frage 4 des Kollegen Dr. Wilhelm Priesmeier: Ist nach Einschätzung der Bundesregierung die Erfassung von Antibiotikaverordnungen in Betrieben und Tierarztpraxen, die länderübergreifend arbeiten, mit den angekündigten Maßnahmen möglich, und wie sollen nach Einschätzung der Bundesregierung die Ländervollzugsbehörden ein realistisches Überwachungskonzept erarbeiten? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Die Datenerfassung von Arzneimitteln mit antimikrobieller Wirkung nach der DIMDI-Arzneimittelverordnung bezieht die Antibiotika ein, die von pharmazeutischen Unternehmen oder Großhändlern an Tierärzte abgegeben werden. Die tatsächlichen Verbrauchsmengen werden, wie von mir schon dargestellt, in einer zurzeit laufenden Studie des BfR repräsentativ erfasst. In jedem landwirtschaftlichen Betrieb werden alle Behandlungen an lebensmittelliefernden Tieren dokumentiert. Jeder Tierarzt, der lebensmittelliefernde Tiere behandelt, muss die Tierarzneimittelgabe dokumentieren. Erhält die zuständige Behörde Hinweise auf konkrete Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften, muss sie diesen nachgehen. Ich wiederhole noch einmal, was ich vorhin schon gesagt habe: Die Voraussetzungen, wirksam einzugreifen, sind geschaffen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Ist es Ihrer Einschätzung nach in diesem System ausgeschlossen, dass Antibiotikamengen über das normal erforderliche Maß hinaus verordnet werden, und wie werden der zuständigen Behörde Verdachtsmomente bekannt? Könnten Sie mir diesen Vorgang einmal erläutern? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Wir haben zwar rechtliche Vorgaben, es ist jedoch wie im Strafrecht: Mord ist verboten; es ist aber nicht ausgeschlossen, dass ein Mord geschieht. (Vereinzelt Heiterkeit) Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Frage. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Teilen Sie vielleicht meine Einschätzung, dass es, um den Antibiotikaverbrauch und den Aufwand zu minimieren und den Hygienestatus in den Beständen zu verbessern - ein schlechter Hygienestatus ist häufig der Grund für höhere Erkrankungsraten und vielfach für die Verordnung von Antibiotika -, an der Zeit ist, am jeweiligen Betrieb und an der jeweiligen Tierarztpraxis vor Ort anzusetzen, und dass allgemeine Monitoringprogramme in diesem Zusammenhang zwar Erkenntnisse liefern, aber wenig hilfreich sind? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Nein, Monitoringprogramme zeigen natürlich Problembereiche auf. Wenn ein Monitoring ergibt, dass in bestimmten Regionen - diese sind nach Postleitzahlen herauszufiltern - ein doppelt so hoher Antibiotikaeinsatz festzustellen ist, dann ist der Verdacht gegeben, dass dort nicht mit der notwendigen Sorgfalt vorgegangen wird. Hier muss zumindest die Frage des Betriebsmanagements aufgeworfen werden. Dann müssen sich Tierärzte und Behörden die Betriebe anschauen. An dieser Stelle sage ich für die Nichtlandwirte und die Zuhörerinnen und Zuhörer: In der jetzigen Zeit, in der man sich zum Beispiel schnell erkältet, muss man natürlich auch etwas für die eigene Fitness und Gesundheit tun, damit man resistent ist und sich nicht erkältet oder an einer Lungenentzündung erkrankt. Das ist auch bei Tieren so. (Ulrich Kelber [SPD]: Oh! Die Hühnchen müssen Morgenjogging machen!) Die Frage ist: Wie behandelt man die Tiere? Je besser man sie behandelt, desto fitter sind sie. Wir könnten uns beispielsweise über die Lüftungen unterhalten. Es geht auch um die Entmistung. Es geht aber auch um die Frage: Wie schnell wird bei Entzündungen eingegriffen? Als Tierarzt wissen Sie, dass von diesem Problem leider nicht nur Puten, sondern auch andere Tiere betroffen sind. Hier muss angesetzt werden, damit wir den Einsatz von Antibiotika gar nicht erst benötigen. - Wie ich sehe, habe ich wieder überzogen. Vizepräsidentin Petra Pau: Aber wir werden uns weiter mit dieser Frage befassen. - Der Kollege Kelber hat eine Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Vor meinem geistigen Auge sah ich den Parlamentarischen Staatssekretär gerade mit Hühnchen zur Abhärtung Morgengymnastik machen. Es ist ja so, dass Veterinäre nicht nur bundesländerübergreifend, sondern in zunehmendem Maße auch staatenübergreifend arbeiten. Wie groß ist nach Auffassung der Bundesregierung die Begeisterung in Den Haag, wenn dort parallel 16 Rechtshilfebegehren zur Aufklärung solcher Fälle eintreffen? Beschleunigt es das Finden einer Lösung, wenn dies 16-mal parallel passiert? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Das beschleunigt das Verfahren nicht. Das zeigt vielmehr die Kehrseiten des Föderalismus und die Probleme eines offenen Marktes. Wir betrachten dies aber als Chance. Die Europäische Kommission ist gefordert, aus ihrem Aktionsplan, der nur eine Diskussionsgrundlage ist, einheitliche Standards zu entwickeln. Es ist doch vollkommen klar, dass es in den Niederlanden, in Frankreich, Dänemark und Deutschland - diese Länder haben intensive Beziehungen zueinander; Tierärzte können über die Grenzen hinweg tätig sein und Tierarzneimittel über die Grenzen hinweg bezogen werden - ein abgestimmtes Vorgehen der Behörden geben muss, und zwar auf der Basis eines möglichst einheitlichen Rechtsrahmens. Das würde ich mir wünschen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Nachfrage zu dieser Frage stellt die Kollegin Behm. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär, Sie haben sich vorhin so geäußert: Wenn der Antibiotikaverbrauch in den Ställen in Nordrhein-Westfalen so groß ist, warum kommt Minister Remmel erst jetzt damit herüber? - Wir wissen, warum das so ist: Vorher gab es dort einen anderen Minister. Ich würde gerne wissen, ob die Bundesregierung die Ergebnisse der Studien aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zum massiven Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung für länderspezifisch hält - also: Schuld Remmel - oder ob sie darin ein generelles, bundesweites Problem sieht. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Kollegin Behm, in Deutschland obliegt die Kontrolle der Umsetzung der Gesetze - und somit auch des Arzneimittelgesetzes - der Länderzuständigkeit. Wir sind aber Gott sei Dank ein Land mit offenen Grenzen, und deshalb sind die Bundesländer natürlich aufgefordert, genauso wie im Bereich der Lebensmittelüberwachung gemeinsame Audits und Standards zu entwickeln. Das sehe auch ich durchaus so. Denn es kann nicht sein, dass ein Land zufällig oder überzufällig - jetzt meine ich NRW - eine Studie durchführt und sich des Themas widmet. Vielmehr brauchen wir in allen 16 Bundesländern vergleichbare Standards für die Kontrollen, die Umsetzung, die Einhaltung und die Sanktionierung von Verstößen. Ähnlich wie im Futtermittelbereich brauchen wir am Ende des Jahres einen kompletten Überblick, damit wir in Problemfällen gemeinsam handeln können. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 5 der Kollegin Rita Schwarzelühr-Sutter auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die zentrale Erfassung der Antibiotikaverordnungen nach bundeseinheitlichen Kriterien, und ist die Bundesregierung bereit, die Voraussetzungen dafür zu schaffen? Zur Beantwortung steht noch immer der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Gerd Müller zur Verfügung. Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Aus unserer Sicht liegen keine Erkenntnisse vor, die einen solchen Eingriff, das heißt die Forderung nach einer Bundesdatenbank und einer automatischen Speicherung aller vorliegenden Daten, jetzt hinlänglich begründen würden. Das käme einer bundesweiten Vorratsdatenspeicherung ohne begründeten Verdacht gegen die Mehrheit der Tierärzte und Tierhalter gleich und wäre zumindest verfassungsrechtlich bedenklich. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat Peter Schaar aber etwas anderes gesagt!) Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD): Man könnte es so formulieren, dass die Vorratsdatenspeicherung der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger dienen würde. Das müsste man noch einmal prüfen. Vor dem Hintergrund möchte ich noch einmal nachfragen. Sie lassen zwar kein Interesse in diese Richtung erkennen, aber es wäre doch insbesondere vor dem Hintergrund, dass Sie die Tätigkeiten der 16 Bundesländer koordinieren wollen, wichtig: Haben Sie keinen Ansatz, um sicherzustellen, dass die Länderbehörden ihre jeweilige Antibiotikaverordnung mit bundeseinheitlichen Kriterien anwenden und auch ihrer Überwachungspflicht nachkommen? Denken Sie nicht, dass das auch im Sinne der Verbraucher wäre? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Kollegin, die Bundesländer haben die Möglichkeit - und einzelne nutzen sie auch -, länderspezifische Datenbanken aufzubauen. Dies ist sinnvoll und möglich. Wir sehen keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn, wenn wir in diesem Bereich eine Bundesdatenbank aufbauen würden. Dies würde keine zusätzliche Erkenntnis bringen. Wenn zum Beispiel Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen den Einsatz von Tierarzneimitteln in eigenen Datenbanken aufnehmen, dann erkennen sie auch vor Ort, wo es Schwerpunkte gibt und wo Handlungsnotwendigkeiten bestehen. Das ist meiner Meinung nach sinnvoll, und dafür haben wir mit der AMG-Novelle noch einmal bessere Voraussetzungen geschaffen. Die Länder bekommen auch alle Daten, und zwar nach den ersten beiden Ziffern der Postleitzahl gegliedert. Darüber hinaus haben wir die Ausnahme für Geflügel abgeschafft. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Endlich! Viel zu spät!) Auch die Daten über die Antibiotikamenge bei Geflügel können von den Ländern nun in ihre Datenbanken eingestellt werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Respekt, Herr Staatssekretär! Das war eine Punktlandung. - Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD): Sie sagten, Herr Staatssekretär, jedes Bundesland betreibe diese Datenspeicherung; sie scheint also gesetzmäßig zu sein. Vor diesem Hintergrund stellt sich mir die Frage, warum die Bundesregierung die Datenbanken nicht koordiniert. Schließlich kommt es zu Verflechtungen, beispielsweise wenn Tierhandel betrieben wird und Tiere in ein anderes Bundesland transportiert werden. Warum will die Bundesregierung diese Datenbanken nicht koordinieren oder zumindest Auffälligkeiten registrieren? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Unsere Vorstellung ist, dass die 16 Bundesländer ihren Aufgaben effektiv gerecht werden, diese Daten vor Ort erheben und auswerten, entsprechend tätig werden und mindestens einmal am Ende des Jahres sozusagen einen Überblicksbericht an die Bundesebene abgeben, und wir uns dann mit den Bundesländern über unterschiedliche Standards, die Kontrollintensität, die Kontrollqualität und die unterschiedlichen Mengeneinsätze unterhalten. Das wäre dann so wie im Futtermittelbereich. Dort erhalten wir jeweils am Ende eines Jahres einen solchen Kontrollbericht und werden dann gemeinsam tätig, wenn wir das Gefühl haben, dass ein Bundesland etwas nachlässiger ist. Es gibt also den Wunsch bzw. das Ziel in dieser föderalen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, dass uns die Länder hier mit einbeziehen. (Ulrich Kelber [SPD]: Drückebergerei!) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 6 der Kollegin Rita Schwarzelühr-Sutter auf: Wann ist mit der Vorlage einer Antibiotikaminimierungsstrategie, die klare Aktions- und Schwellenwerte für die tierhaltenden Betriebe enthält, zu rechnen, und werden darin betriebsbezogene Sanierungsprogramme vorgesehen sein? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Die Antibiotikaminimierungsstrategie haben wir bereits vor Jahren auf den Weg gebracht; ich habe das sehr ausführlich dargestellt. Mit der jetzt laufenden Datenerfassung, für die wir im vergangenen Jahr die gesetzliche Grundlage geschaffen haben, werden wir erstmals Mitte 2012 repräsentative und aktuelle Daten bekommen - auch über die Mengen und über die regionalen Schwerpunkte des Einsatzes. Dann werden wir das gemeinsam mit Ihnen im Fachausschuss und mit unseren Wissenschaftlern auswerten und entsprechende Schlüsse ziehen. Ein Schluss ist sicherlich - das habe ich immer wieder gesagt -: Mit betriebsbezogenen Sanierungsprogrammen und der Gesundheitvorsorge muss man im eigenen Stall anfangen. Das ist ganz klar. Zur Tierhygiene und zu den Tierhaltungsstandards habe ich Notwendiges gesagt, wobei ich auch zwischen der Schweinemast und der Putenmast unterschieden habe. Auch hier werden wir mit den Wissenschaftlern genau ins Auge fassen, wo es größere und kleinere Probleme gibt. Ich kann Ihnen beispielsweise sagen: Im Bereich der Schweinemast gibt es schon moderne neue Vorstellungen. Und auch die Fleischindustrie sagt: Wir setzen hier Standards und werden es den Bauern honorieren, wenn sie eine Weiterentwicklung der heutigen Standards mittragen. Für den Bereich der Putenmast wurden neue Vorschläge angekündigt. Ich sage es noch einmal: Das halte ich auch für dringend notwendig. Diese Themen stehen also an, sobald wir die Werte durch unsere Bundesoberbehörden vorliegen haben. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD): Herr Staatssekretär, das heißt also, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher, bis das umgesetzt wird, Glück haben und darauf vertrauen müssen, dass sie ein Hühnchen mit möglichst wenig Antibiotika vor sich haben. Der Verbraucher hat keine Handhabe, und es gibt kein Kennzeichen oder etwas anderes. Er ist eigentlich darauf angewiesen, dass das irgendwann einmal funktioniert und die Minimierungsstrategie dann auch greift. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ich kann den Verbraucherinnen und Verbrauchern Lust machen, auf der Grünen Woche in ein Hähnchen zu beißen. Ich habe gesagt, das Thema eignet sich nicht zur Skandalisierung. Im Übrigen gibt es strenge Vorschriften für die Gabe von Antibiotika vor Beendigung der Mast, und es gibt in den schlachtenden Betrieben strenge Kontrollen des Fleisches auf Rückstände von Antibiotika. Der Verbraucher muss und kann hier auf der sicheren Seite sein. Das ist gewährleistet, und dafür stehen wir alle ein. (Rita Schwarzelühr-Sutter [SPD]: Gut!) Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. - Sie verzichten. Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Ulrich Kelber auf: Hält die Bundesregierung die Sammlung von Daten über die verabreichten Antibiotikamengen und Substanzklassen zu Monitoringzwecken für ausreichend, um den Ländern eine effiziente Überwachung zu ermöglichen, und welche Konsequenzen beabsichtigt die Bundesregierung im Hinblick auf eine risikoorientierte Auswertung von tierhaltenden Betrieben zu ziehen? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Zunächst ist zwischen "Monitoring" und "Überwachung" zu unterscheiden. Es wird davon ausgegangen, dass mit dem ersten Teil Ihrer Frage die Erfassung der Menge gemeint ist, die vom pharmazeutischen Hersteller zum Tierarzt abgegeben wird. Die Erfassung der Abgabenmenge nach der DIMDI-Arzneimittelverordnung dient ausschließlich Monitoringzwecken. Insoweit können Ergebnisse aus der Abgabemengenerfassung nur für das Auffinden von Problembereichen, nicht jedoch für konkrete Überwachungsmaßnahmen herangezogen werden. Die Resultate der Abgabemengenerfassung sollen durch die Bundesoberbehörden zusammen mit Erkenntnissen aus dem wissenschaftlichen Resistenzmonitoring verschiedener Keime im Hinblick auf die Entwicklung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen ausgewertet werden. Inwieweit und auf welche Weise die Länder die mit DIMDI-AMV bereitgestellten Daten nutzen, wird sich zeigen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Herr Staatssekretär, ist es nicht vielmehr so, dass die Bundesregierung mit dem Verweis auf eine reine Monitoringstrategie und mit dem Verweis, die Länder sollten sich doch auf ein einheitliches System einigen, die Verantwortung ein Stück weit von sich schiebt? Wäre es nicht besser, wenn auch die Bundesregierung einen Vorschlag für ein einheitliches, risikoabhängiges Untersuchungsmanagement machte? Würde das nicht mehr Transparenz und damit Rechtssicherheit sowohl für die Landwirte als auch für Bevölkerung schaffen? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ich bin der festen Auffassung: je näher die Kontrolle vor Ort, desto größer die Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Wie sollen wir in Berlin aus einer Entfernung von 800, 700 oder 600 Kilometern Hühnermast, Putenmast oder Schweinemast vor Ort mit eigenen bundeseinheitlichen, angestellten Tierärzten kontrollieren? (Ulrich Kelber [SPD]: Es geht um Regeln!) Nein, die Kontrolle ist effektiv organisiert. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher möchte ich das noch einmal darstellen: Jeder Betrieb, der heute in der Mast, in der Tierhaltung tätig ist, unterliegt strengen Vorgaben, wird von Amtstierärzten kontrolliert und muss die Gesetze einhalten. Tierärzte werden von Amtstierärzten kontrolliert und müssen Erwerb und Verbleib dokumentieren. Beim Schlachthof wird eine Eingangskontrolle der Tiere vorgenommen und eine Fleischkontrolle durchgeführt. Wir haben die bestkontrollierten und bestüberwachten Lebensmittel und deshalb auch die gesündesten auf der ganzen Welt. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles bestens!) Vizepräsident Eduard Oswald: Herr Kollege Ulrich Kelber, Ihre zweite Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Vielen Dank. - Ich hatte natürlich nicht nach bundeseinheitlichen Tierärzten, sondern nach bundeseinheitlichen Regeln für die Tierärzte gefragt. Kommen wir zurück auf die Auswirkungen, die ein Verzicht auf einheitliche Vorgaben und eine einheitliche Regelung hätte. Wenn sich der Wunsch des BMELV erfüllen würde, dass sich die Länder auf gemeinsame Verfahren einigten, wenn später auch die Europäische Union zu gleichen Regeln käme, könnte trotzdem noch folgender Fall eintreten: Eine Veterinärfirma aus den Niederlanden ist in der gesamten Bundesrepublik tätig. Jetzt muss sie überprüft werden. Dann muss es weiterhin 16 individuelle Rechtshilfeersuchungsverfahren in Den Haag geben. Ist das der Wunsch der Bundesregierung zur Lösung der Frage des Antibiotikaeinsatzes in der Massentierhaltung? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Herr Kelber, über all diese Bereiche können wir uns natürlich unterhalten und überlegen, wie das System noch effektiver ausgestaltet werden kann. Aber die Grundaussage bleibt und wird auch in Zukunft so sein: Kontrolle und Ausführung der Gesetze erfolgen vor Ort. Dafür gibt es die Landratsämter, die entsprechenden Überwachungsbehörden. Der gesetzliche Rahmen ist in Ostfriesland genau so wie im Ostallgäu. Den setzt der Bund, wir, Sie, als Gesetzgeber. Die Länder achten darauf, dass diese einheitlichen Gesetze einheitlich umgesetzt werden. Etwas anderes ist die europäische Ebene. Ich gebe Ihnen durchaus recht: Da sprechen Sie einen Punkt an, an dem ich Handlungsbedarf sehe, insbesondere weil ich sehr genau weiß, dass wir sehr starke und gute grenzüberschreitende Beziehungen der Landwirte, aber auch der Fleischwirtschaft in unserem Land haben. Deshalb ist es notwendig, dass wir sehr schnell auch im europäischen Bereich einheitliche Standards schaffen, was die gesetzlichen Vorgaben betrifft, aber auch - da gebe ich Ihnen recht - in der Frage der Überwachung und der Kontrolle der Abgabe der Arzneimittel durch Tierärzte im grenzüberschreitenden Bereich. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Jetzt rufe ich die Frage 8 der Kollegin Elvira Drobinski-Weiß auf: Wie schätzt die Bundesregierung die Belastung von Geflügelbeständen mit antibiotikaresistenten Keimen ein, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Verbraucherinnen und Verbraucher? Bitte schön, Frau Kollegin. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Drobinski-Weiß, ich habe im Prinzip viele dieser Fragen schon allgemein oder speziell beantwortet. Aber ich gehe noch einmal darauf ein. Das BfR hat festgestellt, dass das Vorkommen von antibiotikaresistenten Bakterien in Nutztierbeständen und damit auch in Geflügelbeständen zunimmt. Das ist der Kern des Problems, über das wir diskutieren. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das ist er!) Dies ist ein Grund dafür, dass das BMELV jetzt mit der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes Maßnahmen einleitet, die den Einsatz von Antibiotika weiter begrenzen und damit das Risiko der antimikrobiellen Resistenz verringern. Aus der Tatsache des Nachweises in Beständen ergeben sich für Verbraucherinnen und Verbraucher aber jetzt keine gesundheitlichen Konsequenzen. Geflügelfleisch wird vor dem Verzehr erhitzt - Sie als Verbraucherpolitikerin wissen das -, und resistente Keime werden dabei abgetötet. Für die nicht so haushaltserfahrenen Männer darf ich allerdings sagen: Wenn man rohes Geflügelfleisch mit dem Messer schneidet und anschließend auf die Idee kommt, damit in den Salat hineinzugehen, besteht die Möglichkeit der Übertragung solcher Keime. Deshalb wäre es gut, das Fach Ernährungswirtschaft einzuführen - für Männer und Frauen. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Ich bin auch dafür!) Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Drobinski-Weiß. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Die Kollegen danken Ihnen sicherlich für diesen Pflegehinweis. Sie werden ihn auch gewiss befolgen. In der Tat haben Sie heute im Laufe der Fragestunde schon einiges beantwortet. Uns interessiert noch eines. Ich glaube, das haben Sie aber auch schon gesagt, nämlich dass Ihnen keine eigenen Untersuchungsergebnisse vorliegen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wollen Sie sich aber zukünftig darum kümmern. Die Frage ist, ob das tatsächlich an dem ist und nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Nein. Das BfR und das BVL sind längst an dem Thema dran und untersuchen diese Fragen. Mitte 2012 werden wir, wie gesagt, erste Ergebnisse vorlegen, um dann genau zum Kern zu kommen. Die Antibiotikaabgabe in bestimmten Regionen nach bestimmten Mengen und die Frage, ob es einen Zusammenhang zum Auftreten von Resistenzbakterien gibt: Das ist der Kern des Projektes. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Meine Nachfrage bezieht sich auf die Frage 9. Vizepräsident Eduard Oswald: Dann rufe ich jetzt Frage 9 auf: Plant die Bundesregierung, wie in den Niederlanden, Antibiotikasubstanzklassen von der Anwendung in der Tierhaltung auszuschließen, und, wenn ja, welche? Der Herr Staatssekretär wird sie beantworten. Bitte schön. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: In den Niederlanden gibt es nach hiesiger Kenntnis bislang lediglich eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft, Antibiotika der Substanzklassen Cephalosporinen und Fluorochinolone bei Schweinen nicht anzuwenden. Eine dahin gehende rechtlich verbindliche Regelung existiert in den Niederlanden nicht. Das ist rein freiwillig. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Zusatzfrage, Frau Kollegin Drobinski-Weiß. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Meine Frage ist, wie sich die Bundesregierung dazu stellt. Würden Sie sie entsprechend ausschließen, und, wenn ja, welche? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Wir werden das niederländische Modell nicht übernehmen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Drobinski-Weiß. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Im Fortgang dieser Fragestunde hat der Herr Staatssekretär auch meine zweite Nachfrage zu diesem Bereich bereits beantwortet. Vielen Dank. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Es gibt jetzt noch eine Nachfrage der Frau Kollegin Birgitt Bender. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich frage klipp und klar: Warum verbietet die Bundesregierung nicht einfach die Umwidmung von Antibiotika aus der Humanmedizin für die Tiermedizin? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Als Nichtmediziner nehme ich an der Stelle die Frage erst einmal auf. Wir werden im Haus diskutieren, ob das ein Weg ist. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Bender. Jetzt kommen wir zu Frage 10 unserer Kollegin Kerstin Tack: Plant die Bundesregierung, das Dispensierrecht für Tierärzte einzuschränken, und in welcher Form ist dies vorgesehen? Bitte schön, Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort zur Beantwortung. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Wir, die Bundesregierung und alle Tierärzte, haben uns mit den Vor- und Nachteilen einer Beschränkung des Dispensierrechts befasst und werden dies prüfen. In Deutschland gibt es das Recht der Tierärzte als Ausnahme vom Apothekermonopol, Arzneimittel für die von ihnen behandelten Tiere abzugeben. Dieses Recht gilt seit vielen Jahren. Mit Blick auf den massiven Antibiotikaeinsatz werden wir prüfen, ob die Gründe für dieses Recht noch heute gelten. Es gibt gute Gründe dafür, aber auch gute dagegen. Es wird eine Anhörung der Länder und der Verbände zu diesem Thema geben. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin. Kerstin Tack (SPD): Schönen Dank, Herr Staatssekretär. - Sie teilen sicherlich unsere Einschätzung, dass die Tierärzte auch Verbündete bei der Strategie zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes sein können. Meine Frage lautet daher: Können bundesweit einheitliche Kriterien in den Antibiotikaverordnungen unter Umständen zu einer ausreichenden Kontrolle führen? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Können Sie mir in ein paar Sätzen sagen, was Sie damit konkret meinen? Kerstin Tack (SPD): Natürlich. - Die Frage lautet, ob die Tierärzte auch Verbündete bei der Strategie zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes sein können und ob bundeseinheitliche Kriterien in den Antibiotikaverordnungen eine bessere Kontrolle gewährleisten können. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ohne die Tierärzte werden wir an dieser Stelle nicht zum Ziel kommen, den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren. Wir brauchen die Tierärzte in vielfacher Weise, auch im Betriebsmanagement und in der Ausbildung der Bäuerinnen und Bauern, der Mäster und der Nutztierhalter genauso wie beim Einsatz der Tiermedizin. Ohne die Tierärzte geht es mit Sicherheit nicht. Ich möchte an dieser Stelle eine Lanze für den Beruf des Tierarztes brechen, den heute fast nur noch Frauen ergreifen. Das ist sicherlich schön. Aber wir brauchen auch Männer. Tierarzt ist ein hochspannender und interessanter Beruf mit hohem wissenschaftlichen Anspruch und großer Verantwortung. Wir werden uns mit den Tierärzten zusammensetzen, um über die vorgeschlagenen Strategien und die Konsequenzen zu diskutieren. Ich erinnere aber auch an die Jahre, in denen die Behörden das eine oder andere schwarze Schaf entdeckt haben. Alle Tierärzte sind aufgefordert, hier ihre gemeinsame Verantwortung wahrzunehmen. Ein Tierarzt weiß schließlich, wie seine Kolleginnen und Kollegen arbeiten. Bevor der Staat eingreifen muss, ist es besser, dafür zu sorgen, dass die Eigenkontrolle funktioniert. Vizepräsident Eduard Oswald: Frau Kollegin Tack, Ihre zweite Nachfrage. Kerstin Tack (SPD): Bei meiner zweiten Nachfrage wäre es um die Beteiligung der Tierärzte an der Umsetzung der Strategie zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes gegangen. Aber dazu hat der Herr Staatssekretär schon etwas gesagt. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Es gibt noch eine Nachfrage unseres Kollegen Friedrich Ostendorff. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, Sie haben die Leitlinien zur Verabreichung von Antibiotika betont. Warum schreiben Sie diese denn nicht fest? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Diesem Satz kann ich nicht ganz folgen. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Diese Leitlinien könnten Sie in den Rang einer Verordnung erheben. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Wir werden mit den Ländern darüber diskutieren, wie wir zum Ziel kommen, Herr Ostendorff. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Ich rufe die Frage 11 der Kollegin Kerstin Tack auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Gestaltung der Abgabepreise von Antibiotika an Tierärzte durch die Hersteller, und sieht sie darin eine Wettbewerbsverzerrung bzw. eine Einschränkung der Berufsausübung von Tierärzten? Herr Staatssekretär, bitte. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Die Preisgestaltung durch die Hersteller von Antibiotika ist staatlich nicht geregelt. Nach der Arzneimittelpreisverordnung dürfen durch den Großhandel bei der Abgabe von Tierarzneimitteln an Tierärzte gestaffelte Höchstzuschläge auf den Abgabepreis erhoben werden. Höchstzuschläge dürfen nicht überschritten, können jedoch unterschritten werden. Soweit eine Unterschreitung bei der Abnahme größerer Mengen stattfindet, sind Tierärzte, die größere Mengen Arzneimittel beziehen, dann im Vorteil, wenn sie Arzneimittel mit entsprechend niedriger Spanne an den Tierhalter abgeben und für diesen Tierhalter der Preis des Arzneimittels ausschlaggebend für den Tierarztkontakt ist. Punkt. Verstanden? - Das war von Beamten formuliert, aber das beantwortet die Frage korrekt. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Tack. (Kerstin Tack [SPD]: Ich habe keine!) - Keine. - Dann hat die Frau Kollegin Bärbel Höhn eine Frage. Bitte schön. Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, Sie haben eben vorgelesen, was Ihre Beamten aufgeschrieben haben. Aber die entscheidende Frage ist doch eine politische. Sie könnten Festpreise vorgeben, und Sie könnten sagen: Dieses System, dass jemand, der ganz viel ordert, das ganz billig bekommt, führt von der Struktur her automatisch zu einem massenhaften Einsatz von Antibiotika. Das ändern wir, indem wir festlegen: Das gibt es nicht mehr. Es wird ein Festpreis eingeführt, der gilt, egal welche Menge abgegeben wird. - Warum machen Sie das nicht? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Es ist nicht vergleichbar mit der Humanmedizin. Wir wollen keine dirigistischen Eingriffe und Regelungen in diesem Sektor. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine klare Antwort! - Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind keine Klümpchen!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. Die Frage 12 des Kollegen Hans-Josef Fell wird schriftlich beantwortet. Die Frage 13 der Frau Kollegin Caren Marks wird ebenfalls schriftlich beantwortet. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Müller, Sie werden es nicht glauben, aber für Sie sind keine weiteren Fragen da. Man sieht, was Parlamentarische Staatssekretäre leisten müssen; auch dies will ich bei der Gelegenheit einmal sagen. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]) Somit rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Christian Schmidt zur Verfügung. Die Frage 14 der Frau Kollegin Inge Höger: Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Magazins des Reservistenverbandes Loyal (1/2012, Seite 10), dass das Kommando Spezialkräfte, KSK, "noch geraume Zeit in Afghanistan bleiben wird, selbst wenn die übrigen Truppen weg" sind, und, wenn ja, mit welchen Aufgaben wird das KSK dann dort verbleiben? Bitte schön, Herr Staatssekretär Christian Schmidt. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Nachdem die Tierärzte jetzt Pause haben, komme ich zu der Frage der Frau Kollegin Höger. Ich beantworte die Frage, ob wir die Einschätzung teilen, die in diesem Magazin zum Ausdruck kommt, seitens der Bundesregierung wie folgt: Der Einsatz internationaler Kampftruppen im Rahmen der ISAF, der International Security Assistance Force, in Afghanistan soll, wie Sie und wir alle wissen, Ende 2014 abgeschlossen werden. Diese Entscheidung wurde von der internationalen Afghanistan-Konferenz in Bonn am 5. Dezember 2011 gemeinsam mit dem afghanischen Präsidenten nochmals bekräftigt. Es handelt sich um eine Position und um eine Willensbekundung der souveränen Islamischen Republik Afghanistan und ihres Präsidenten. Deutschland hat zusammen mit der Staatengemeinschaft der afghanischen Regierung jedoch auch für die Zeit nach 2014 Unterstützung bei der weiteren Ausbildung und Befähigung der afghanischen Sicherheitskräfte zugesagt. Über die Ausgestaltung des Engagements der Bundeswehr in Afghanistan nach 2014 wird die Bundesregierung nach Abstimmung mit unseren internationalen Partnern dem Deutschen Bundestag einen Vorschlag unterbreiten. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Höger. Inge Höger (DIE LINKE): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär Schmidt, Sie sind meiner Frage ausgewichen. Ist das KSK, Kommando Spezialkräfte, eine Kampftruppe oder nicht? Ich verstehe unter Spezialtruppen schon Kampftruppen. Werden sie 2014 abgezogen oder nicht? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Kollegin Höger, die Begrifflichkeit "Kampftruppen" findet sich zwar in der politischen Diskussion, aber sie ist kein Terminus technicus, der etwa eine Qualifikation von Spezialkräften oder spezialisierten Kräften in ihren Fähigkeiten umschreibt oder umreißt. Deswegen darf ich darauf hinweisen, dass Spezialkräfte der Bundeswehr im Jahr 2011 Unterstützung beim Aufbau einer spezialisierten Polizeieinheit in der Provinz Kunduz geleistet haben. Diese Polizeieinheit hat zwischenzeitlich den vorgesehenen Personalumfang annähernd erreicht und ihre Leistungsbereitschaft bei zahlreichen gemeinsamen, aber auch eigenständig durchgeführten Operationen unter Beweis gestellt. Seit Oktober 2011 wurde mit Unterstützung der Spezialkräfte der Bundeswehr auch in der Provinz Baghlan mit der Aufstellung einer spezialisierten Polizeieinheit begonnen. Daraus mögen Sie ersehen, dass über operative Tätigkeit im Sinne von Kampf hinaus ein weiteres Spektrum an Fähigkeiten von den spezialisierten Spezialkräften der Bundeswehr abgebildet wird und auch zum Einsatz im Sinne von Ausbildung kommt. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Inge Höger. Inge Höger (DIE LINKE): Vielen Dank. - In diesem Artikel im Magazin Loyal heißt es über die Aufgaben der KSK unter anderem: Kommandos stören und lähmen Netzwerke von Terroristen oder Aufständischen, indem sie ihre Kommandeure, Führer und Drahtzieher aus dem Verkehr ziehen. Das kommt der Enthauptung des Feindes gleich ... Meine Frage: Ist diesem Zitat zu entnehmen, dass die KSK-Soldaten zur Jagd auf regierungsfeindliche Kräfte eingesetzt werden, also bei sogenannten Capture-and-kill-Missionen, die ja faktisch eine Menschenjagd darstellen? Das sind ja wohl eindeutig Aufgaben, die nach Ihrer Definition nach 2014 nicht mehr durchzuführen wären. Die Frage ist aber natürlich, ob KSK-Soldaten jetzt an solchen Missionen beteiligt sind oder ob sie in Zukunft an diesen Missionen beteiligt werden sollen. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, wenn Sie gestatten, würde ich, da die Zusatzfrage der Kollegin, soweit ich es erkennen kann, auch sofort die Wortmeldung des Kollegen Ströbele hervorgerufen hat, dem bei diesen Fragestellungen fast ein gewisses Originalitätsprivileg zugutekommt, auch noch seine Wortmeldung abwarten und dann sozusagen auf die beiden Fragen eine Doppelantwort geben. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Können Sie Gedanken lesen? Sie wissen doch gar nicht, was Herr Ströbele sagen will!) Vizepräsident Eduard Oswald: Zunächst einmal ist die Frage der Frau Kollegin Höger zu beantworten, weil wir ja im Vorhinein nicht genau wissen, was der Kollege Ströbele fragen will. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Netter Versuch!) Er ist immer für alle Überraschungen gut, wie wir wissen. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Manchmal glaube ich sogar schon zu wissen, wie die Frage aussieht, die jemand stellen will. Aber ich verfahre natürlich selbstverständlich so, wie Sie es wünschen, Herr Präsident. Die Fragestellungen und die Begrifflichkeiten, die Sie aus diesem Artikel unter Bezugnahme auf die Spezialkräfte vorgetragen haben, können sich nicht auf die Spezialkräfte der Bundeswehr alleine beziehen, sondern haben wohl den Begriff von Spezialkräften auch von anderen Nationen im Blick, und zwar insbesondere Spezialkräften von anderen Nationen, die auch in Afghanistan im Einsatz sind. Hinsichtlich Ihrer Fragestellung zur Thematik "capture and kill" hatte ich schon Gelegenheit, hier in diesem Hohen Hause und auch in den Ausschüssen - ich beziehe mich aber natürlich vorrangig auf Informationen und auf die Beantwortung von Fragen im Plenum des Deutschen Bundestages - darauf hinzuweisen, dass sich die Spezialkräfte der Bundeswehr ausschließlich und ausdrücklich auf dem Boden der rechtlichen Vorgaben des Mandats und der diesem zugrunde liegenden rechtlichen Rahmenbedingungen bewegen. Es sei mir erlaubt, hinzuzufügen, dass allerdings in der Tat kriegsähnliche Zustände, wie sie in Afghanistan herrschen, nicht ohne Gewalttätigkeiten einhergehen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Aus gegebenem Anlass weise ich wieder auf die verschiedenen Farben der Lichter hin, die uns entsprechende Hinweise zur Redezeit geben. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Das war ja der Hintergrund meines Wunsches, eine Doppelantwort zu geben und sozusagen einen Ströbele-Bonus zu erhalten. Vizepräsident Eduard Oswald: Das nützt nichts, Herr Staatssekretär. - Das Wort zur Nachfrage hat der Kollege Christian Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, damit Sie auch die weiteren Fragen noch beantworten können, frage ich ganz schnell: Beteiligen sich KSK-Soldaten der Bundeswehr im Rahmen des Partnering derzeit an Einsätzen der von ihnen ausgebildeten afghanischen Kräfte? Sind sie damit also auch in Kampfeinsätzen tätig und werden sie das nach dem Jahr 2014, wenn sie noch weitere ausbilden, auch tun? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Das Partnering ist ein Element der Tätigkeit der Streitkräfte der Bundeswehr und der dort eingesetzten Kräfte. Insgesamt müsste ich die Antwort über Details der Beteiligung der Spezialkräfte, soweit sie detailliert gegeben werden kann, schriftlich nachliefern. Ich möchte aber den zweiten Teil der Frage noch einmal unterstreichen und sagen, dass nach Ende 2014 nicht vorgesehen ist, dass Kräfte im operativen Einsatz tätig sind. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Es gibt eine Nachfrage der Kollegin Heike Hänsel. Heike Hänsel (DIE LINKE): Danke schön, Herr Präsident. - Ich habe eine Nachfrage, da Sie gerade den Begriff Kampftruppen ansprachen und selbst richtig feststellten, dass es kein technisch festgelegter Begriff, sondern eine Sprachregelung der Bundesregierung ist. Meine Nachfrage lautet deshalb: Wie genau definiert die Bundesregierung Kampftruppen und Nichtkampftruppen? Woran macht sie das genau fest, da das Mandat dies nicht unterscheidet, sondern zwischen bewaffnet und unbewaffnet unterscheidet? Wie wollen Sie garantieren, dass in Ihren Augen Nichtkampftruppen nicht in Kämpfe verwickelt werden? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Mit Blick auf die Zeit nach 2014 und auch bereits jetzt ist es in der Tat sehr kompliziert und herausfordernd, dies zu unterscheiden; denn Soldaten der Bundeswehr, die in Afghanistan im Einsatz sind, sind grundsätzlich alle bewaffnet, sei es zum Selbstschutz oder für operative Einsätze, auch im Gefecht und in der Bekämpfung von Gegnern. Die politische Unterscheidung, die der Bundesaußenminister in der Einbringungsrede für die Verlängerung des Afghanistan-Mandats, das wir in Kürze hier im Plenum in der zweiten und dritten Lesung diskutieren und entscheiden werden, gemacht hat, bezieht sich darauf, dass Ausbildung und Unterstützung bei der Ausbildung, und nicht eigenständige militärische Operationen im Vordergrund stehen. So kann man das wohl am besten unterscheiden. In diesem Sinne liegt die Perspektive für die Zeit nach 2014 und bis dahin zu einem wachsenden Anteil eher nicht in operativen Militäreinsätzen - sprich: Kämpfen - der vorgesehenen Kräfte, sondern geht immer mehr hin zur Ausbildung. Der Begriff, der hier am besten zum Zuge kommt, ist der der Ausbildung und der Ausbildungsunterstützung. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen herzlichen Dank. - Bevor wir zur Frage 15 kommen, weise ich darauf hin, dass ich beabsichtige, die Aktuelle Stunde gegen 17.45 Uhr aufzurufen. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Was? Warum, Herr Präsident, nicht um 15.45 Uhr?) - Was? Natürlich, 15.45 Uhr, das ist doch ganz klar. Das liegt an der Handschrift. - Vielen Dank. Ich rufe die Frage 15 der Kollegin Katja Keul auf: Ist der Export von Patriot-Raketen nach Südkorea im Bundessicherheitsrat behandelt und nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz genehmigt worden? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich beantworte die Frage wie folgt: Zunächst muss ich darauf hinweisen, dass der Bundessicherheitsrat geheim tagt und seine Tagesordnung sowie die Ergebnisse in gleicher Weise eingestuft sind. Daher kann die Bundesregierung zur Frage der Behandlung eines Exportvorhabens im Bundessicherheitsrat nicht Stellung nehmen. Die andere, weitergehende Frage, ob im vorliegenden Fall die erforderliche Ausfuhrgenehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz erteilt worden ist, kann ich bejahen. Darüber hinaus gilt allgemein, dass die Bundesregierung über Rüstungsexporte im Einzelfall im Lichte der jeweiligen Situation entscheidet. Grundlage hierfür sind die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahr 2000 und der Gemeinsame Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern. "Gemeinsam" bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Europäische Union. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Keul. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär Schmidt, allein die Tatsache, dass Sie und nicht ein Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums hier stehen, um die Frage zu diesem Rüstungsexport zu beantworten, zeigt, in welche Richtung meine Frage ging. Ich wollte wissen, ob es sich hier um ein normales Genehmigungsverfahren handelt, ob ein Antrag beim BAFA gestellt worden ist, der dann an die höheren Ebenen, zum Beispiel die Ministerien, weitergereicht worden ist, oder ob es sich hier vielmehr um eine Genehmigungsfiktion handelt, nach der das Bundesverteidigungsministerium in eigener Zuständigkeit, ohne weitere Ressortbeteiligung, Kriegswaffen aus Beständen der Bundeswehr exportiert. Vielleicht könnten Sie das noch einmal klarstellen. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Solche Fiktionen sind nicht der Grund für meine Präsenz hier. Ich bedanke mich dafür, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass die Intention Ihrer Frage - so haben wir es verstanden - die Beurteilung der sicherheitspolitischen Situation in Korea umfasst sowie die Auskunft, inwieweit eine bilaterale Zusammenarbeit im Bereich von Ausbildung und Rüstung besteht. Damit nähern Sie sich dem Bereich unseres Ressorts. In der Tat fallen die Patriot-Raketen in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Wir sind die Einzigen in der Bundesregierung, die über Flugabwehrraketen verfügen. Das impliziert aber nicht einen bestimmen Gang des Entscheidungsprozesses, zu dem ich das Notwendige gesagt habe. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Ihre zweite Nachfrage hierzu, Frau Kollegin Keul. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann muss ich jetzt noch einmal nachfragen, ob bei der Genehmigung des Exports dieser Patriot-Raketen die anderen Ressorts, insbesondere das Auswärtige Amt, wie auch bei sonstigen Rüstungsexporten beteiligt worden sind und wie das, wenn das nicht der Fall ist, mit Art. 26 Abs. 2 unseres Grundgesetzes zu vereinbaren ist, der stets eine Entscheidung der Bundesregierung und nicht eines einzelnen Ministeriums verlangt. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Ausfuhrgenehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz hat entsprechende Verfahren bzw. Entscheidungen zur Grundlage. Das ist eingehalten worden. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Jetzt rufe ich die Frage 16, ebenfalls von unserer Kollegin Katja Keul, auf: Weshalb exportiert die Bundesrepublik Deutschland Kriegswaffen in solche Spannungsgebiete, und was ist das besondere sicherheitspolitische Interesse Deutschlands bei dem Verkauf von Patriot-Raketen aus den Beständen der Bundeswehr an Südkorea? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Kollegin, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Gemäß Kriterium 4 des Gemeinsamen Standpunkts der EU, dessen vollständigen Titel ich bereits genannt habe, verweigern die Mitgliedstaaten "eine Ausfuhrgenehmigung, wenn eindeutig das Risiko besteht, dass der angegebene Empfänger die Militärtechnologie oder die Militärgüter, die zur Ausfuhr bestimmt sind, zum Zwecke der Aggression gegen ein anderes Land oder zur gewaltsamen Durchsetzung eines Gebietsanspruchs benutzt". Ein solches Risiko lag nicht vor. Dementsprechend liegt hier kein Widerspruch zu den bereits genannten Politischen Grundsätzen vor. Sie wissen, dass Südkorea ein wichtiger Partner Deutschlands in Nordostasien ist, dass das deutsch-südkoreanische Verhältnis traditionell freundschaftlich und vertrauensvoll ist, dass darüber hinaus Südkorea Partner bei internationalen Friedensmissionen der Vereinten Nationen, beim ISAF-Einsatz in Afghanistan und bei der Pirateriebekämpfung am Horn von Afrika ist. Die Unterstützung Südkoreas liegt daher im besonderen außen- und sicherheitspolitischen Interesse Deutschlands. Ergänzend muss man schon darauf hinweisen, dass die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel nicht von Südkorea ausgehen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Katja Keul. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich kann mich nicht daran erinnern, in der Rüstungsexportrichtlinie gelesen zu haben, dass es bei der Bewertung eines Gebiets als Spannungsgebiet darauf ankommt, von wem die Spannungen ausgehen. Haben Sie irgendwelche Erkenntnisse darüber, warum das Schiff mit den Patriot-Raketen und dem Sprengstoff, das eigentlich in Richtung Westen nach Korea fahren sollte, zunächst nach Osten über die Ostsee in Richtung Russland gefahren ist, in Finnland einen Stopp gemacht hat, dann umgedreht ist und jetzt wieder in Richtung Westen, also in Richtung Korea, unterwegs ist? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich habe solche Erkenntnisse nicht und teile Ihr Erstaunen über den Transportweg. Der Transport wird mit einem unter britischer Flagge fahrenden Schiff durchgeführt. Die Anlandung war ja in einem EU-Mitgliedstaat. Ich nehme diesen Vorgang zur Kenntnis. Aber er liegt außerhalb der Zuständigkeit und damit der Eingriffsmöglichkeit der Bundesregierung. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, bitte schön. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich hoffe doch sehr, dass Sie das weiterhin interessiert und dass Sie herausfinden werden, wohin die von Ihnen genehmigten Exporte gehen. Meine Verwunderung wird aber noch größer, wenn ich lese und höre, wie dieser Sprengstoff auf dem Schiff verladen worden ist. Er liegt völlig unfachmännisch verpackt lose auf Paletten und ist noch nicht einmal in Container verladen worden. Da frage ich mich, wer eigentlich für die Verladung von Kriegswaffen, die aus Beständen der Bundeswehr stammen und die exportiert werden, verantwortlich ist. Haftet da das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, oder übt es zumindest eine gewisse Kontrolle über die Transporte aus? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Bundeswehr bzw. die zuständigen Behörden haben den Auftrag, die Gerätschaften gefährdungssicher zu verpacken und sie für den Transport vorzubereiten - soweit das nicht Aufgabe und Zuständigkeit des Käufers ist. Ich bin fast versucht zu sagen, dass dies Punkte sind, die mit dem Recht der Versendung zu tun haben. Ich will das Thema nicht auf dieser Ebene behandeln und will daher Folgendes sagen: Wir haben natürlich ein Interesse an einem sicheren Transport. Wenn es sich um Gerätschaften handelt, die nicht aus der Bundeswehr stammen, ist natürlich keine Zuständigkeit gegeben. Sehr wichtig ist allerdings, dass über den Verbleib der Geräte nach dem Transport Klarheit herrscht. Darauf muss sich unser Interesse beziehen; denn es handelt sich nicht, wie Sie schon angedeutet haben, um Materialien, die man gerade mal einfach so irgendwohin schicken kann. Ein solches Geschäft bedarf einer sorgfältigen Prüfung und eines großen Vertrauens auch in den Käufer, dass er die Geräte gemäß seinen Bedürfnissen verwendet. Diesbezüglich haben wir zu Südkorea großes Vertrauen. Vizepräsident Eduard Oswald: Die nächste Nachfrage kommt von unserer Kollegin Kathrin Vogler. Bitte schön, Frau Kollegin. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär, ich möchte an dieser Stelle nachfragen, wie sich nach Auffassung des BMVg die Eigentumsverhältnisse bei solchen Exporten gestalten. Bis zu welchem Punkt der Lieferkette versteht sich das BMVg als Eigentümer dieser Rüstungsexporte, und ab welchem Punkt erfolgt die Besitzübergabe? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Kollegin, da diese Frage einer genauen rechtlichen Prüfung bedarf, erkläre ich schon jetzt, dass ich meine Antwort ergänzend korrigieren werde, falls eine Prüfung ergibt, dass sich meine Aussage, die ich aus Sicht eines Juristen mache, nicht mit klassischen Bewertungen deckt. Ich gehe davon aus, dass die Verantwortung für dieses Gerät, das aus Überschussbeständen der Bundeswehr stammt, in dem Moment auf den Käufer übergeht, wenn es übergeben ist bzw. die Versendung auf einem nicht von der Bundesrepublik Deutschland oder von dem Bundesministerium der Verteidigung bzw. dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gecharterten Schiff erfolgt. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die Frage 17 der Abgeordneten Caren Marks wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Ulrike Flach zur Verfügung. Die Fragen 18 und 19 der Abgeordneten Dr. Martina Bunge werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zu Frage 20 unserer Kollegin Elisabeth Scharfenberg: Wie bewertet die Bundesregierung die zersplitterte Zuständigkeit im Hinblick auf die Effizienz und Wirksamkeit der Überwachung von Medizinprodukten, und sieht sie Bedarf, dies zu ändern? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Frau Kollegin Scharfenberg, ich antworte Ihnen wie folgt: Seit dem Inkrafttreten des Medizinproduktegesetzes am 1. Januar 1995 gilt die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern. Konkrete Gefährdungen der Gesundheit von Patienten durch zum Beispiel einen zu langwierigen Informationsfluss vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den zuständigen Landesbehörden sind der Bundesregierung nicht bekannt. Die föderale Grundstruktur der Überwachung von Medizinprodukten muss daher nicht grundsätzlich infrage gestellt werden. Gleichwohl hat der Gesetzgeber auf Initiative der Bundesregierung punktuelle Änderungen mit Wirkung zum 21. März 2010 vorgenommen. Dies betrifft unter anderem die neue Genehmigungspflicht für klinische Prüfungen von Medizinprodukten durch das BfArM, die das bisherige bloße Anzeigeverfahren bei den Ländern ersetzt hat. Außerdem sieht die Bundesregierung Verbesserungsbedarf zum Beispiel in der Zusammenarbeit der Behörden zwischen Bund und Ländern und zwischen den Ländern. Deshalb hat die Bundesregierung am 20. Dezember 2011 den Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Medizinproduktegesetzes beschlossen, welche wahrscheinlich im Februar durch den Bundesrat beschlossen wird. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Scharfenberg. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank für die erste Antwort. - Wenn wir in diesen Tagen über Medizinprodukte sprechen, liegt unser Fokus ganz speziell auf den Brustimplantaten; das ist auch ein Medizinprodukt. Hier meine Nachfrage: Hat das BfArM etwas unternommen, um sich einen quantitativen Überblick zu verschaffen über die in Deutschland verwendeten Implantate, insbesondere von PIP- und Rofil-Implantaten? Wenn ja: Was wurde unternommen? Wenn nein: Warum wurde nichts unternommen? Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Scharfenberg, wir haben heute bereits in einer umfangreichen Diskussion im Gesundheitsausschuss dargestellt, dass das BfArM zügig im Dezember reagiert hat. Es ist eine E-Mail an die Länderregierungen, an die zuständigen Behörden gegangen. Eine weitere Mitteilung ist am 9. Januar herausgegangen. Das Problem in Deutschland ist, dass die Länder auf ihre ureigene Art reagieren, weil das im Bereich ihrer Zuständigkeit liegt. So ist es zum Beispiel dem größten Bundesland, Nordrhein-Westfalen, welches einer "erfolgreichen" rot-grünen Landesregierung untersteht, nicht möglich gewesen, schnell zu antworten. Wir werden die Antwort aus diesem großen Bundesland zum Beispiel erst am 24. Januar erhalten. Allein daran können Sie sehen, welche Probleme es geben kann, wenn man 16-mal entsprechend abfragt. Trotzdem sind wir in der Lage, eine Zahl zu nennen, die einen gewissen Überblick kennzeichnet. Der Präsident des BfArM hat heute im Gesundheitsausschuss des Bundestages gesagt, dass nach derzeitigem Kenntnisstand ungefähr 1 300 Frauen in Deutschland betroffen sind. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Bevor wir zur nächsten Zusatzfrage der Frau Kollegin Scharfenberg und einer weiteren Nachfrage kommen, weise ich darauf hin, dass wir anschließend direkt mit der Aktuellen Stunde beginnen. Jetzt aber Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Scharfenberg. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Muss ich davon ausgehen, dass meine zweite Frage dann nicht mehr beantwortet wird? Vizepräsident Eduard Oswald: Eigentlich ja. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gut. - Noch am 23. Dezember hat das BfArM, anders als die französische Regierung, keine allgemeine Empfehlung zur präventiven Explantation der Implantate gegeben. Das hat sich dann aber geändert. Am 6. Januar 2012 hat das BfArM plötzlich eine präventive Entfernung empfohlen. Vor diesem Hintergrund stellt sich mir natürlich die Frage: Aufgrund welcher konkreten Einschätzung und auf Grundlage welcher medizinischen Nutzen-Risiko-Abwägung kam das BfArM zu so unterschiedlichen Empfehlungen in so kurzer Zeit? Gibt es im BfArM allgemeine Kriterien für diese Empfehlungen? Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Soll ich noch antworten, Herr Präsident? Vizepräsident Eduard Oswald: Sie antworten, und dann gibt es noch die Nachfrage der Frau Kollegin Kathrin Vogler. Danach haben wir es geschafft. - Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Am 20. Dezember 2011 informierte die zuständige französische Behörde und meinte, dass es keine Empfehlungen für eine systematische Explantation geben sollte. Am 23. Dezember 2011 steuerte die französische Behörde noch einmal nach und veröffentlichte den Bericht der medizinischen Expertengruppe. Darin empfahl man den betroffenen Frauen in Frankreich als präventive Maßnahme die Entfernung der Brustimplantate. In Übereinstimmung mit anderen europäischen Behörden hat das BfArM am 23. Dezember 2011 seine bisherigen Empfehlungen erweitert und Patientinnen wegen des Risikos möglicher Rissbildungen als präventive Maßnahme geraten, in jedem Fall den implantierenden Arzt bzw. die Klinik aufzusuchen, um anschließend über die jeweils geeigneten Maßnahmen entscheiden zu können. Frau Kollegin Scharfenberg, dann kam der Januar. Aufgrund der in zunehmender Zahl eingehenden Mitteilungen von Ärzten, Fachgesellschaften und Kliniken erweiterte das BfArM am 6. Januar 2012 seine Risikobewertung und empfiehlt nunmehr als Vorsichtsmaßnahme die Entfernung der Implantate. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Nun habe ich noch die Nachfrage der Frau Kollegin Kathrin Vogler. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Herzlichen Dank. - Frau Staatssekretärin, auch in anderen Bereichen scheint die Bundesregierung langsamer zu agieren, als das unsere französischen Nachbarinnen und Nachbarn tun. Ich möchte daher nachfragen: Wie beurteilen Sie als Bundesregierung die Äußerungen von ausländischen Expertinnen und Experten zu einem neuen gesetzlichen Regelungsbedarf? Es gibt ja die Forderungen - unter anderem vom französischen Gesundheitsminister Xavier Bertrand sowie vom Chef der europäischen Arzneimittelbehörde EMA, Guido Rasi -, diese gefährlichen Implantate ähnlich stark zu reglementieren wie auch Arzneimittel. Wird sich die Bundesregierung hier möglicherweise ihren französischen Kollegen annähern? Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Sehr geehrte Kollegin Vogler, ich glaube, die Aussagen des Präsidenten des BfArM heute im Gesundheitsausschuss haben sehr deutlich gezeigt, dass wir an keiner Stelle hinterhergehinkt haben. In Deutschland kamen wir aufgrund der Empfehlungen der Fachgesellschaften ungefähr 14 Tage später zu den gleichen Empfehlungen wie die Franzosen. Diese lagen zum Zeitpunkt der französischen Empfehlungen noch nicht vor. Ansonsten steht das BfArM immer in engem Kontakt mit den anderen europäischen Behörden und befindet sich deswegen in sehr guter Übereinstimmung mit den Empfehlungen. Was nun die Explantation der Brustimplantate angeht, so sprechen zurzeit außer Deutschland noch drei andere europäische Länder diese Empfehlungen aus. Es ist also weiß Gott nicht so, als ob in den gesamten betroffenen Ländern diese Empfehlungen ausgesprochen würden. Sie haben zusätzlich gefragt, ob wir ein anderes Zulassungsverfahren empfehlen würden: Nein, das würden wir nicht. Wir gehen davon aus, dass das bisherige Zulassungsverfahren greift, welches sowohl qualitätsmäßig als auch sicherheitsmäßig sehr strenge Anforderungen stellt. In Deutschland besteht keine Veranlassung, das an dieser Stelle zu bezweifeln. Wenn man das mit einem staatlichen Zulassungsverfahren vergleicht, wie es zum Beispiel in den USA gilt, und behauptet - im Spiegel war es so berichtet worden -, ein solches Verfahren würde deutlich besser passen und man könnte besser damit agieren, so kann man sagen: Dies trifft nicht zu. Es gibt viele Produkte, die in den USA durch ein staatliches System zugelassen wurden und bei denen es trotzdem Probleme gab. Da, wo Kriminelle handeln - und so war es in diesem Fall -, darf man nicht sofort nach einer Änderung der Gesetze rufen, sondern muss schauen, wie man die Kontrollfunktionen verbessern kann. Das tun wir zurzeit. Wir stehen mit den Ländern in einem engen Austausch. Ich denke, dass wir gemeinsam zu einer weiteren Verschärfung der Kontrollen kommen werden. Vizepräsident Eduard Oswald: Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir sind nun am Ende unserer Fragestunde. Ich rufe Zusatzpunkt 2 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemäß Anlage 5 Nr. 1 Buchstabe b GO-BT zu den Antworten der Bundesregierung auf die Fragen 1 und 2 auf Drucksache 17/8323 Dabei geht es um Antibiotika in der industriellen Tierhaltung. Erster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege Friedrich Ostendorff. Bitte schön, Kollege Friedrich Ostendorff. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antibiotikaskandal in der industriellen Massentierhaltung offenbart endlich die Wahrheit über die Herkunft unserer Billighähnchen und Billigschnitzel, die Wahrheit über das Innenleben und die Vorgänge unter den Blechdächern der Tierfabriken, die unsere Landschaften zunehmend prägen, offenbart aber auch die Wahrheit darüber, wie jedes Jahr 55 Millionen Schweine und fast 600 Millionen Hühnchen ihr Dasein in Deutschland fristen. Er offenbart die Wahrheit über die Haltungssysteme, in denen 22 bis 24 Hühnchen pro Quadratmeter herumvegetieren, 40 000 in einem Stall, ohne Tageslicht, ohne Bewegungsfreiheit, ohne Würde, gefüttert mit Soja von einer ungefähr 2,5 Millionen Hektar großen Anbaufläche in ehemaligen südamerikanischen Waldgebieten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine Schande für solch ein zivilisiertes Land wie das unserige. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Tiere, die so leben müssen, brauchen permanent Antibiotika, von der Geburt bis zur Schlachtung; sonst überstehen sie die 32 Tage ihres kurzen Hühnchenlebens nicht. Antibiotika - das belegen die Zahlen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen - sind der Treibstoff der industriellen Massentierhaltung. Ohne Antibiotika bricht dieses System zusammen. Was macht Frau Ministerin Aigner? Sie ist betroffen. Klar! Wie immer! Sie kündigt an. Klar! Wie immer! Sie schminkt das hässliche System, ohne es von Grund auf zu verändern. Klar! Wie immer! Frau Aigner, damit werden Sie dieses Mal nicht mehr durchkommen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Denn Sie gefährden mit diesem Vorgehen die Gesundheit der Mitbürgerinnen und Mitbürger. Über 50 Prozent der Fleischproben sind mit den für den Menschen gefährlichen multiresistenten Keimen wie ESBL und MRSA kontaminiert, wie die BUND-Studie gezeigt hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir befinden uns mitten in der nächsten großen Lebensmittelkrise, aber die Bundesregierung wiegelt ab und verharmlost die Keimgefahr aus der Massentierhaltung. (Peter Bleser [CDU/CSU]: Da ist der Wunsch der Vater des Gedankens!) Das lässt Hygienikern die Haare zu Berge stehen, soweit sie noch welche haben und sie sich nicht schon vorher ausgerauft haben. Denn es ist doch bekannt, dass sich Bakterien dynamisch entwickeln: Sie tauschen ihre resistenzbildenden Eigenschaften aus wie Reisegepäck. Die Intensivtierhaltung bietet für diesen Prozess idealste Bedingungen. So verwundert es uns nicht, wenn die Uniklinik Münster bereits 9 Prozent der MRSA-Infektionen in münsterländischen Krankenhäusern auf LA-MRSA, also auf die Landwirtschaft, zurückführen kann. Diese Entwicklung ist insbesondere in den letzten drei Jahren dynamisch verlaufen. Leider sterben jedes Jahr 7 000 Menschen an einer Infektion mit Krankenhauskeimen. Frau Aigner verharmlost, und der Bundesgesundheitsminister tut so, als wäre er gar nicht zuständig. Jährlich werden circa 900 Tonnen Antibiotika in der Tierhaltung eingesetzt. 2006 wurden 784 Tonnen Antibiotika in der Tierhaltung eingesetzt. Meine Damen und Herren, die Antibiotika müssen raus aus den Tierställen. Das ist die Devise. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Wir müssen den Dealern der Massentierhaltung das Handwerk legen, diesen Autobahntierärzten, die als promovierte Paketdienstleister ihre Kunden in den Großställen beliefern. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD) Die ärztliche Behandlung einzelner kranker Tiere muss wieder Maßstab tierärztlicher Arbeit werden. Wir brauchen eine transparente Erfassung der Daten, und zwar unmittelbar bei Verschreibung der Antibiotika. Diese Daten müssen den Landeskontrollbehörden zeitnah zur Verfügung stehen. Missbrauch muss sofort geahndet werden. Wir müssen raus aus der industriellen Massentierhaltung. Studien belegen, dass tiergerechte Haltungsbedingungen die massenhafte prophylaktische Antibiotikamedikation unnötig machen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen klare Vorgaben, erstens für eine viel geringere Besatzdichte, zweitens für viel höhere Mindestmastdauern, drittens für den regelmäßigen Kontakt der Tiere mit der Außenwelt, das heißt Auslauf. Die Menschen haben das System der industriellen Fleischproduktion satt. Das werden wieder viele Tausende Menschen am Samstag auf der Demo hier vor dem Hause zeigen. Sie wollen eine nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft. Sie sind den täglichen Betrug an der Kasse leid, wo das Hühnchen auf der Verpackung die Menschen von der Wiese vor dem Fachwerkhof anlächelt. Sie sind in Sorge wegen des hohen, massiven Medikamenteneinsatzes. Sie sind angewidert von den unwürdigen Haltungsbedingungen und der Profitgier der großen Fleischkonzerne. Wir fordern die Bundesregierung auf: Machen Sie sich nicht länger zum Handlanger der Agrarindustrie! Beenden Sie das antibiotikabasierte System der Massentierhaltung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Frau Aigner, sorgen Sie endlich für eine artgerechte Haltung unserer Tiere! Denn sie sind nicht Produktionsmittel, sondern Mitgeschöpfe. Auch hier - wir haben es eben gehört -: Es kann helfen, bei Franz von Assisi über die Mitgeschöpflichkeit des Tieres nachzulesen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Blick ins Grundgesetz ginge auch!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Ostendorff. - Nächste Rednerin ist Frau Bundesministerin Ilse Aigner. Bitte schön, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dankbar, dass ich durch ihre Aktuelle Stunde heute Gelegenheit habe, Stellung zu beziehen. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie auch in der Fragestunde machen können! - Gegenruf des Abg. Dieter Stier [CDU/CSU]: Das hat sie gemacht!) Der Zeitpunkt erscheint mir allerdings nicht ganz zufällig. Am Samstag findet eine Demonstration statt. Vielleicht ist das heute auch eine Werbeveranstaltung für die Demonstration. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor zwei Wochen war keine Sitzungswoche!) - Ja, der Teufel des Zufalls. Eines ist für mich ganz klar - da gibt es auch gar kein Herumreden -: Der Einsatz von Antibiotika ist auf ein Minimum zu beschränken, und zwar auf das therapeutisch Notwendige. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Damit kein Missverständnis aufkommt - noch einmal für die Opposition zum Mitschreiben -, hier die bereits geltende Rechtslage: (Peter Bleser [CDU/CSU]: So ist es!) Antibiotika dürfen nicht für prophylaktische Zwecke und schon gar nicht als Wachstumsförderer verwendet werden. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gegenteil ist der Fall! - Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tägliche Praxis ist das! Fahren Sie mal nach Vechta!) Das ist heute schon verboten. Damit das klar ist: Wer Antibiotika bei Tieren einsetzt, die nicht erkrankt sind, verstößt gegen geltendes Recht. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann handeln Sie endlich! - Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist genau der Punkt!) Es gibt ein klares föderales System mit entsprechender Aufgabenteilung. Herr Kollege Ostendorff, deshalb hätten Sie Ihre Rede eher im Landtag von Nordrhein-Westfalen halten sollen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Die Länder sind zuständig für die Kontrollen. Vielleicht noch ein kleiner Nachhilfeunterricht für den SPD-Parteivorsitzenden, der früher einmal Ministerpräsident gewesen ist: Er müsste erst recht wissen, wie die föderalen Strukturen sind. Ich leite aber gerne seine Anliegen nach Nordrhein-Westfalen an Frau Kraft und Herrn Remmel weiter. Da gehören sie nämlich hin. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Wir verschließen nicht die Augen vor diesen Problemen. Das haben wir auch schon seit längerem nicht getan. Wir haben bereits 2008 mit der Bundesregierung eine Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie auf den Weg gebracht. Heute lege ich ein Maßnahmenpaket vor. Ich weiß nicht, wie Sie das nicht lesen können, Herr Kollege Ostendorff. Das hat nichts mit Ankündigungen zu tun. Vielmehr liegt ein Gesetz auf dem Tisch, nämlich eine Novelle des Arzneimittelgesetzes mit ganz wesentlichen Änderungen. (Zuruf von der CDU/CSU: Genau!) So werden wir auch künftig dafür sorgen, dass die Überwachungsaufgaben (Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Unzureichend! Flickwerk! - Ulrich Kelber [SPD]: Konzeptionslos!) noch effektiver, schneller und unbürokratisch erfüllt werden können; wenn sie wollen, (Peter Bleser [CDU/CSU]: So ist es! Wenn sie wollen! - Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Zwei Punkte werden geändert! Minimal!) die Länder. Damit verbunden ist die Aufforderung, diese Möglichkeiten auch zu nutzen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Vorschreiben können wir es ihnen nicht, aber wir fordern sie auf. Die Länder werden künftig besseren Zugriff auf die erfassten Abgabemengen von Antibiotika erhalten. Mitte 2012 werden erstmals genaue Daten über die in Deutschland in den Verkehr gebrachten Tierarzneimittel veröffentlicht und damit transparent gemacht. Die Länder können damit ihre Überwachungsplanungen deutlich verbessern. Auch den Informationsaustausch zwischen Behörden verbessern wir deutlich. Behörden, die Betriebe zum Beispiel im Bereich von Tierschutz und Lebensmittelhygiene kontrollieren, werden verpflichtet, Daten und Erkenntnisse, die auf einen Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften hinweisen, an die zuständigen Stellen der Tierarzneimittelüberwachung weiterzuleiten. Darüber hinaus müssen die Tierärzte künftig auf Anforderung der Überwachungsbehörden - die Länder haben diese Möglichkeit - alle Daten, die die Abgabe und Anwendung von Antibiotika betreffen, zusammengefasst zur Verfügung stellen. Das erleichtert die Kontrolle bzw. die Überwachung erheblich. Entscheidend ist, dass es wirklich gemacht wird. Wichtig ist auch, dass wir die Möglichkeiten, Antibiotika zu verschreiben und einzusetzen, begrenzen. So wird die Umwidmung von Antibiotika insbesondere bei den Wirkstoffen, die in der Humanmedizin von Bedeutung sind, in der Nutztierhaltung drastisch eingeschränkt. Schließlich werden wir die Zeitspanne ausweiten, für die der Arzneimitteleinsatz vor der Schlachtung zu dokumentieren ist; diese Daten werden an den Schlachtbetrieb übermittelt. Damit bekommen die nachfolgenden Glieder in der Kette noch genauere Informationen über den Gesundheitsstatus der Tiere. Ich weiß, dass dieses Thema für einige Akteure Anlass ist, sich mit wohlfeilen Forderungen gegenseitig zu überbieten. Der eine fordert eine Reduktion des Antibiotikaeinsatzes um 30 Prozent, der andere eine Reduktion um 50 Prozent. Der Nächste fordert eine Reduktion auf null. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!) Das ist nicht einmal im Ökolandbau Standard bzw. Vorschrift. (Dieter Stier [CDU/CSU]: Die wollen die Tierhaltung abschaffen!) Ich muss Ihnen sagen: Wer verhindern will, dass ein krankes Tier behandelt wird, der verweigert Tierschutz, (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, oh!) versteht nichts von der Sache oder ist schlicht populistisch. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Wir wollen die Anwendung von Antibiotika auf die absolut notwendige Behandlung von Krankheiten beschränken. Das heißt auch, dass wir alles tun müssen, um Krankheiten, insbesondere haltungsbedingten Krankheiten, vorzubeugen. (Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Ursache ist die Massentierhaltung!) Wir gehen deshalb über das aktuelle Maßnahmenpaket hinaus. Morgen werde ich bei der Grünen Woche die Charta für Landwirtschaft und Verbraucher vorstellen. Dabei werde ich einen besonderen Schwerpunkt auf die Verbesserung der Tierhaltung und der Tiergesundheit legen. Erstens werden wir die Initiative ergreifen und Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" künftig nur noch für besonders tiergerechte Haltungsformen verwenden und dafür die Fördersätze erhöhen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat alles Ihr Vorgänger abgeschafft! Das gab es doch alles!) - Wir werden das machen, Frau Künast. Zweitens werden wir den Forschungsschwerpunkt bezüglich Tierhaltung und Tiergesundheit ausbauen. Hierbei geht es um den Zusammenhang zwischen Haltungsbedingungen und Tiergesundheit. Drittens werden wir auf europäischer Ebene die Einführung der Tierwohlkennzeichnung unterstützen. Das haben wir auch schon in der Vergangenheit getan. Wir werden aber kein Geplänkel über Groß und Klein zulassen. Wer die Studie aus Nordrhein-Westfalen genau liest, stellt fest, dass die größeren Betriebe weniger Antibiotika einsetzen als die mittelgroßen Betriebe. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo haben Sie das denn gelesen? Das steht dort nicht drin!) - Frau Kollegin Höhn, Lesen bringt Vorteile. Genau das steht dort. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Ulrich Kelber [SPD]: Zitieren Sie doch einmal den Punkt!) Sie wollen das nicht lesen und Ihre Vorurteile pflegen. - Das Entscheidende ist: Der Tierschutz beginnt beim Tier, egal wie groß oder klein der Betrieb ist. (Beifall der Abg. Mechthild Heil [CDU/CSU]) Wir sollten meines Erachtens bei diesem wichtigen Thema gemeinsam Wege gehen, um die Tiergesundheit überall gezielt zu verbessern. Das ist das Entscheidende. Haltungssysteme, die nur mit erheblichem Einsatz von Antibiotika funktionieren, müssen verändert werden. Die Marschrichtung der Bundesregierung ist für mich ganz klar: Wir verschärfen jetzt die rechtlichen Bestimmungen für den Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung, um diesen auf das absolut notwendige Maß zu beschränken. Wir erweitern deutlich die Befugnisse der zuständigen Kontroll- und Überwachungsbehörden der Länder. Wo es erforderlich ist, müssen diese die Rechtsverstöße konsequent ahnden; sie dürfen nicht nur zuschauen. Meinen Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern sage ich deshalb: Wir haben die Hausaufgaben gemacht, und wir werden dies weiterhin tun. Die Länder sind jetzt aufgefordert, ihre Kontrollmöglichkeiten wahrzunehmen und gegebenenfalls abschreckende Strafen zu verhängen. Sie müssen diese Möglichkeiten ausschöpfen. Ich bleibe dabei: Wir können unser gemeinsames Ziel, die Minimierung des Einsatzes von Antibiotika, nur dann erreichen, wenn wir alle an einem Strang ziehen und parteipolitisches Taktieren nicht in den Vordergrund stellen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Bundesministerin. - Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege Professor Dr. Karl Lauterbach. Bitte schön, Kollege Lauterbach. (Beifall bei der SPD) Dr. Karl Lauterbach (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, Frau Aigner: Wenn ich zusammenfassen sollte, was wir gerade gehört haben, würde ich sagen: Im Prinzip haben wir eine unzureichende Beschreibung des Problems gehört, aber keinen Lösungsansatz. (Marlene Mortler [CDU/CSU]: Schlecht zugehört!) Wieso war die Beschreibung des Problems unzulänglich? Sie haben über Antibiotikaresistenzen und über die Zunahme der Antibiotikanutzung in der Tiermedizin gesprochen. Sie haben auch darauf hingewiesen, dass oft keine Indikation vorhanden ist. Aber Sie haben das tatsächliche Problem nicht beim Namen genannt - das hat der Kollege vor Ihnen gemacht -: Ohne die massenhafte nicht indizierte Antibiotikagabe wäre die unwürdige Massentierhaltung überhaupt nicht darstellbar. Das ist das eigentliche Problem. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Marlene Mortler [CDU/ CSU]: Keine Ahnung! - Dieter Stier [CDU/ CSU]: Nein! Das ist völlig falsch!) Frau Aigner, hier gilt das gleiche alte Gesetz wie in der Medizin: Wenn ich als Arzt nicht bereit bin, die Diagnose zu stellen, dann kann ich auch keine Therapie anbieten. Wenn ich die Diagnose zum Tabu erkläre, dann kann ich dem Patienten keine Therapie anbieten. Genau daran wird Ihre Novelle scheitern, sehr verehrte Frau Ministerin. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Marlene Mortler [CDU/ CSU]: Nichts wird scheitern!) Schauen wir uns doch einmal an, was Sie vorschlagen. Sie sagen zum Beispiel, es solle mehr kontrolliert werden. Es wundert mich, dass die FDP die Forderung nach mehr Kontrolle durch die Behörden mitträgt. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja noch nicht durch! Das ist nur ein Papier!) - Ganz genau; das wird wahrscheinlich noch gestrichen. - Außerdem wollen Sie mehr Abgabenkontrollen und mehr Datenübermittlungen. Sie schlagen unter anderem vor, die Übermittlung der Daten eine Woche vor der Schlachtung durchzuführen. Im Prinzip soll der Missbrauch von Antibiotika nicht abgeschafft, sondern besser dokumentiert werden. Was ist denn das für eine Lösung, meine sehr verehrten Damen und Herren? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!) Das ist so ähnlich, als wenn ich einen Patienten beobachte, feststelle, dass sich sein Zustand stündlich verschlechtert, und, statt einzugreifen und zu operieren, sage: Wir müssen mehr Laboruntersuchungen durchführen und die Ergebnisse schneller an die Kollegen übermitteln. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN - Peter Bleser [CDU/ CSU]: Das ist wirklich nicht Ihr Thema, Herr Lauterbach!) Seien wir doch ehrlich! Sie haben nicht den Mut, die Dinge beim Namen zu nennen. Die Massentierhaltung, (Dieter Stier [CDU/CSU]: Was ist denn Massentierhaltung?) die Sie auf Druck der Lobbygruppen, denen Sie verpflichtet sind, nicht problematisieren wollen, ist das eigentliche Problem. Aber da wollen Sie nicht herangehen, sehr verehrte Frau Ministerin. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Was wird die Konsequenz sein? Machen wir uns doch nichts vor: Wir haben es mit einer sogenannten Metaphylaxe zu tun. Das bedeutet: Wenn einige Tiere krank sind, wird im Rahmen der unwürdigen Massentierhaltung die Masse der Tiere mit Antibiotika behandelt; das ist eine Art Mischung aus Vorbeugung und Behandlung. Dies führt dazu, dass 80, 90 Prozent der Tiere behandelt werden. Es ist doch klar, dass Staphylokokken, E.-coli-Bakterien und Salmonellen dann innerhalb weniger Jahre resistent sein werden. Das ist das, was wir beobachten. Wir sehen jetzt die Spitze des Eisbergs. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ach! Sie und Ihre Prognosen!) Im Moment haben wir die Situation, dass mehr Antibiotika ihre Wirkung verlieren als neue auf den Markt kommen; das muss man sich vor Augen halten. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja! Und warum ist das so?) Es gibt mehr neue Resistenzen als neue Wirkstoffe. Für dieses riesige Problem, das aus humanmedizinischer Sicht eines der Hauptprobleme ist, bieten Sie in Ihrer AMG-Novelle keinerlei Lösung an. Das ist das Thema, über das wir heute sprechen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Marlene Mortler [CDU/CSU]: Ach was! Wirklich peinlich!) Frau Aigner, wenn ich auf einen letzten Punkt hinweisen darf: Es ist nicht wahr, wenn Sie sagen, Sie hätten keine Zuständigkeit. Wer ist denn für den Einsatz von Antibiotika bei Mensch und Tier zuständig? Das liegt in Ihrer zentralen Zuständigkeit. Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele, was Sie machen könnten, weil es zentral in Ihre Zuständigkeit fällt. Sie könnten zum Beispiel vorschreiben: Antibiotika dürfen nur gegeben werden, wenn vorher der Erreger getestet wurde. (Marlene Mortler [CDU/CSU]: Da sind wir ja bei den Tieren schon weiter als in der Humanmedizin!) Dann wäre ihr prophylaktischer Einsatz nicht mehr möglich. (Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das wäre sehr wichtig!) - Ja, das wäre sehr wichtig. Ich nenne ein weiteres Beispiel. Sie könnten sagen: Wir setzen uns das Ziel, den Antibiotikaeinsatz um 50 Prozent zu reduzieren. - Wir könnten dann immer noch darüber streiten, ob wir ihn um 50 oder 30 Prozent reduzieren wollen. Aber Sie haben gar kein Ziel formuliert. Im Prinzip sagen Sie: Es soll alles so bleiben, wie es ist. - Das ist die Beschreibung des Problems, nicht die Lösung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Marlene Mortler [CDU/ CSU]: Sie haben keine Ahnung!) Die Wahrheit ist: Wir brauchen eine Einschränkung des Dispensierrechts; auch darauf gehen Sie nicht ein. Wir brauchen eine bessere Qualität der Lebensmittelprodukte; da stimme ich dem Kollegen Ostendorff ohne Wenn und Aber zu. Bei uns gilt "Masse statt Klasse". Die Preise für die Produkte sind zu niedrig, was erst durch die Massentierhaltung ermöglicht wurde. Wir müssen zu einer menschlicheren und besseren Ernährung kommen. Seien wir doch ehrlich: Es ist Teil der Wahrheit, dass dann Fleisch- und Geflügelprodukte etwas teurer würden. Aber der Konsument wäre doch bereit, das zu bezahlen, wenn er wüsste, dass er dann nicht krank würde und die Tiere würdig lebten. Das ist doch die Wahrheit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ich komme zum Schluss. Sie haben hier nichts vorzulegen. Insbesondere fehlt eine Vision. Ich bin ehrlich gesagt dankbar dafür, dass sich bei dieser für den Verbraucher wichtigen Frage so etwas wie eine rot-grüne Vision erkennen lässt. Es geht um bessere Ernährung, bessere Gesundheit und besseren sozialen Schutz; denn es sind gerade die einkommensschwachen Menschen, die von diesem Problem am stärksten betroffen sind. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Lauterbach. - Nächste Rednerin in der Aktuellen Stunde ist unsere Kollegin Dr. Christel Happach-Kasan. Bitte schön, Frau Kollegin. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal an die Adresse von Professor Lauterbach: Es muss uns bewusst sein - und nur dann können wir das Problem lösen -, dass sich MRSA bilden, weil in der Humanmedizin nicht sorgfältig genug mit Antibiotika umgegangen wird. Das ist das Kernproblem. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Insofern finde ich es schon merkwürdig, wenn in einer Landwirtschaftsdebatte (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eben keine Landwirtschaftsdebatte!) ein Gesundheitspolitiker auftritt und den Vorwurf an die Landwirte richtet, (Ulrich Kelber [SPD]: Der Vorwurf ging an Sie und nicht an die Landwirte!) statt zu sagen, wie er das Problem im Humanbereich lösen möchte. Das ist das Erste. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Der zweite Punkt: Die größte Lebensmittelkrise, die wir seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland hatten, war die Ehec-Krise im vergangenen Jahr; das ist kaum ein halbes Jahr her. Ursache waren kontaminierte Sprossen aus einem Ökobetrieb in Niedersachsen. Das gehört zur Wahrheit, und auch das müssen wir sagen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ein Drittes möchte ich festhalten: In Deutschland werden von Landwirten und Lebensmittelunternehmen Lebensmittel produziert, die "Klasse und Masse" sind. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: "Klasse statt Masse" immer noch!) Natürlich brauchen wir als ein Volk mit 82 Millionen Menschen auch die Masse. Es leben Mitmenschen unter uns, die jeden Cent zweimal umdrehen müssen, um sich das leisten zu können, was sie sich leisten müssen, und auch für diese Menschen muss die Landwirtschaft produzieren. Unsere Lebensmittel sind erste Klasse. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schön wär's!) Ich finde es schon bemerkenswert, dass die Opposition das Thema Antibiotika - es ist im Übrigen ein älteres Thema; die Probleme sind bereits 2009 vom BfR beim Zoonosen-Monitoring aufgedeckt worden - als Auftakt für die Grüne Woche wählt. Was sollten eigentlich Ihre Fragen zum ländlichen Raum vor dem Hintergrund, dass Sie in derartiger Weise zur Verunsicherung der Menschen beitragen und sich gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in den ländlichen Räumen verhalten? (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ich finde, das ist maßlos und absolut unverantwortlich. Sie schaden damit den ländlichen Räumen in unvorstellbarer Weise. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch kein ländlicher Raum!) Wir sind uns darin einig - wir haben die Unterlagen gelesen -, dass die Untersuchung in Niedersachsen sehr viel aussagekräftiger ist als die Untersuchung in Nordrhein-Westfalen. Dann sehen wir, dass die größten Probleme nicht bei der Hähnchenmast, sondern bei der Kälber- und der Putenmast auftreten. Sie reden aber viel lieber über Hähnchen. Warum eigentlich? Ich verstehe das nicht. Wir müssen über das Problem sprechen. (Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Warum denn? Weil es da Monopolstrukturen gibt!) Wir wissen natürlich, dass es Betriebe gibt, die es im Griff haben, und Betriebe, die es nicht im Griff haben. Das ist aber eine Frage des Managements und nicht eine Frage von Groß oder Klein. Sie sagen natürlich immer wieder pauschal: Groß ist schlecht, Klein ist gut. - Wovon die Leute leben sollen, weiß ich nicht. - Sie haben hier aber das falsche Thema gewählt. Wir brauchen ein besseres Management, ein besseres Hygienemanagement und ein besseres Futtermittelmanagement. In der Schweinehaltung gibt es Betriebe, die es uns vormachen. Sie wählen die Strategie des geschlossenen Systems. Sie produzieren die Ferkel selber und mästen sie. Es kommt kein einziges anderes Tier in den Betrieb hinein. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt doch nicht, dass da keine Bakterien sind!) Das bringt für die Seuchenprophylaxe und für den Hygienestatus insgesamt enorme Vorteile. Das sind die Wege, die wir in Zukunft beschreiten wollen. Die Opposition hat mit ihren Änderungsvorschlägen nur dokumentiert: Wir wollen keine industrielle Tierhaltung. Was heißt denn eigentlich "industria"? Ist kein Lateiner unter euch? "Industria" heißt Fleiß. Was ist gegen fleißige Betriebe einzuwenden? (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Überhaupt nichts. Fleiß ist eine Kardinaltugend. (Zurufe von der SPD: Oh!) - Für euch wohl nicht. Das mag so sein. Ihr lebt lieber vom Staat. Aber für die Unternehmer ist Fleiß eine ganz wichtige Tugend. (Ulrich Kelber [SPD]: Hat die FDP nicht vor kurzem gesagt, dass sie keine industrialisierte Pflege will? Keine fleißige Pflege?) Zur Lösung, die Sie hier vorlegen, zu den großen Datenbanken. Wisst ihr nicht, dass große Datenbanken auch Datenfriedhöfe sind? Damit werden wir nicht vorankommen; so werden wir das Problem nicht lösen. Der Bericht des Rechnungshofes vom Sommer des vergangenen Jahres hat sehr deutlich aufgezeigt, wo die Defizite liegen. Sie liegen weitgehend bei den Ländern, weil sie ihre Kontrollmöglichkeiten gar nicht wahrnehmen. Nach dem Bericht von Herrn Remmel stellt sich die Frage: Warum ist das nicht schon längst einmal breiter abgefragt worden? Es wird deutlich, dass die Länder ihren Aufgaben nicht gerecht werden. Mit dem neuen Gesetz werden wir sie in den Stand setzen, es besser zu machen. Sie werden keine Ausrede mehr dafür haben, dass sie nicht nachfragen und nicht wissen, was sie schon jetzt wissen könnten, wenn sie sich um dieses Thema in verantwortlicher Weise kümmern würden, was im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher und der Landwirtschaftsbetriebe erforderlich wäre. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Happach-Kasan. - Nächste Rednerin ist unsere Kollegin Frau Dr. Kirsten Tackmann für die Fraktion Die Linke. Bitte schön, Frau Dr. Tackmann. (Beifall bei der LINKEN) Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche es jetzt mit ein bisschen Sachlichkeit. Auf Kollege Lauterbach zurückkommend: (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn Sie auf Lauterbach zurückkommen, dann wird das nichts mit Sachlichkeit!) Ich glaube, dass wir eben nicht nur über Antibiotika in der Nutztierhaltung, sondern auch in der Humanmedizin und in der Haus- und Kleintierhaltung reden müssen. Auch hier gibt es Missstände. Ich finde es schon ein bisschen fahrlässig, das nur auf die Nutztierhaltung zu reduzieren. (Beifall bei der LINKEN und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Unser Ziel ist doch klar: Wir wollen den Missbrauch von Antibiotika verhindern. Die Frage ist nur: Was ist Missbrauch, und wo wird tatsächlich Missbrauch betrieben? In den seriösen Studien aus NRW und Niedersachsen wird durchaus darauf hingewiesen, dass es einen missbräuchlichen und unsachgemäßen Einsatz von Antibiotika gibt. Man kann über Details dieser Studien streiten - das ist keine Frage -, aber auf ein ernsthaftes Problem weisen sie auf jeden Fall hin. Wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass in NRW bei vier von fünf Mastdurchgängen mindestens einmal Antibiotika an Hähnchen verabreicht wurden, manchmal sogar bis zu acht Wirkstoffe bei einer Lebensdauer von - daran möchte ich erinnern - 35 Tagen, und dass in Niedersachsen 83 Prozent der Masthühner, 92 Prozent der Puten, 77 Prozent der Schweine und sogar 80 bis 100 Prozent der Rinder mit Antibiotika behandelt wurden. Aber gerade weil wir nicht genau wissen, wie verbreitet das Problem ist, brauchen wir eine verlässliche Dokumentation. Das ist kein Herausreden, sondern wir müssen die Lage analysieren und bundesweit erheben, in welchen Beständen Probleme existieren und in welchen nicht. (Beifall bei der LINKEN) Eigentlich müssen wir noch viel früher ansetzen. Wir brauchen Haltungsbedingungen, die Tiere gesund halten und nicht verstärkt zu einer Erkrankung beitragen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]) Denn eines ist doch klar: Wo regelmäßig Antibiotika eingesetzt werden müssen, sind die Haltungsbedingungen nicht in Ordnung. Das ist nicht hinzunehmen, und zwar aus zwei Gründen: (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD]) Erstens. Solche Haltungsbedingungen sind gesellschaftlich nicht akzeptiert. Man kann über die Demo "Wir haben es satt!" denken, wie man will; aber man muss sich dieser Debatte stellen, und die Politik muss sich den erhobenen Forderungen stellen. Zweitens. Der Antibiotikamissbrauch birgt eben auch das Risiko, dass sich Resistenzen entwickeln können, zum Beispiel durch zu kurze Behandlungsintervalle. Diese Unempfindlichkeiten von Bakterien, die hier entstehen können, sind ein Risiko, weil sie wie ein Bumerang wirken und dann andere Erkrankungen bei Mensch und Tier nicht mehr behandelt werden können. Nach meiner Überzeugung müssen wir deswegen wirklich handeln. Die Bundesregierung hat erste Vorschläge auf den Tisch gelegt. Sie reichen uns aber nicht aus. Die Linksfraktion hat gestern einen eigenen Antrag zur deutlichen Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes beschlossen, den wir noch in dieser Woche einbringen werden. (Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Guter Antrag!) Hier geht es wirklich um Sachlichkeit. Die Forderung aus Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, ein totales Verbot von Antibiotika in der Tierhaltung auszusprechen, halte ich für völlig unseriös. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Aus meiner Sicht muss es die Option geben, einzelne Tiere mit Antibiotika zu behandeln. Das ist tierschutzgerecht. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Was müssen wir nun wirklich tun? Erstens. Am Wichtigsten ist mir, Krankheiten zu verhindern, statt sie zu behandeln. Häufige Antibiotikaanwendungen weisen fast immer auf Mängel bei den Haltungsbedingungen hin. Wir brauchen präventive Lösungen. Das bedeutet, Haltungsbedingungen auf den Prüfstand zu stellen, und zwar ernsthaft. Wir brauchen tiergerechte Ställe. Wir brauchen bessere Stallhygiene. Wir brauchen besseres Stallklima. Eine ganz wichtige Voraussetzung ist: Wir brauchen gut ausgebildetes und auch gut bezahltes Betreuungspersonal. (Beifall bei der LINKEN) Zweitens. Antibiotikaanwendungen müssen klar und deutlich nachvollziehbar sein. Das hat der Bundesrat bereits 2007 gefordert. Der Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Arzneimittelgesetzes ist ein wichtiger Schritt, aber er ist nur ein ganz kleiner und zögerlicher Schritt. Aus unserer Sicht müssen Antibiotikaverwendungen bundesweit einheitlich und bis in den einzelnen Bestand nachverfolgbar und auch kontrollierbar sein. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Heinz Paula [SPD]) Erst dann wissen wir tatsächlich, an welchen Stellen wir Probleme haben und wo eingegriffen werden muss. Drittens. Wir brauchen ein strategisches Herangehen. In Dänemark und den Niederlanden gibt es durchaus interessante Ansätze. Beispielsweise brauchen wir dringend Schulungen zum guten Bestandsmanagement und sachgemäßen Arzneimitteleinsatz. Ziel muss eine bessere Bestandsgesundheit sein. Dafür brauchen wir ein gutes Bestandsmanagement, eine integrierte tierärztliche Betreuung und betriebliche Minimierungsprogramme. Wenn wir feststellen, dass das auf freiwilliger Basis nicht funktioniert, muss das gesetzlich geregelt werden, und zwar konsequent. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP) Viertens. Antibiotika, die für die Behandlung von Menschen notwendig sind, sollten wir nicht im Stall einsetzen. Ich bin dafür, eine Trennung ernsthaft zu prüfen; denn die potenzielle Gefahr der Übertragung von Resistenzen aus dem Stall in die Krankenhäuser ist gegeben, auch wenn es viele Gründe für das Auftreten von Krankenhausresistenzen gibt. Ich finde, hier muss man tatsächlich trennen. Zwei Bemerkungen zum Schluss. Erstens. Ich finde es falsch, im Kontext mit dem Antibiotikaproblem eine Auseinandersetzung mit der sogenannten Massentierhaltung zu führen. Als Linke haben wir die Position: Man muss über Qualität in der Tierhaltung reden, nicht allein über die Quantität. Dabei ist völlig klar, dass es nach oben Grenzen gibt. Die Haltung von 69 000 Schweinen an einem Standort zum Beispiel ist für mich unvernünftig. Da muss man gesetzliche Regelungen finden. (Beifall bei der LINKEN) Zweitens. Die Problemlösung darf nicht allein von der Agrarwirtschaft verlangt werden. Ich finde, man muss ehrlichkeitshalber zur Kenntnis nehmen: Die Agrarwirtschaft ist einem gnadenlosen Markt ausgesetzt. Die Gesellschaft erwartet billige Nahrungsmittel. Das ist aufgrund der Lohnentwicklung und der allgemeinen Verarmung durchaus ein wichtiges und sensibles Thema. Aber wenn wir das wissen, müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass wir keinen Druck auf die Erzeuger hinsichtlich der Kosten ausüben dürfen. Mit diesen Problemen müssen wir uns beschäftigen. Wir müssen überlegen, wie wir der Agrarwirtschaft bei der Lösung der Probleme helfen. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Bitte kommen Sie zum Schluss. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Mein letzter Satz. - Zum Schluss. Ich finde, dass das Thema weit über die Grüne Woche hinausreichen muss. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns auf eine Anhörung zu diesem Thema verständigen könnten, wo wir viele dieser Aspekte, die hier zur Sprache gekommen sind, noch einmal genauer prüfen können und dann auch kluge Lösungen finden. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Tackmann. - Jetzt für die Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Dieter Stier. Bitte schön, Kollege Stier. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Dieter Stier (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Pünktlich vor Beginn der Internationalen Grünen Woche versucht die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, hier ein Thema zu platzieren, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie doch auch immer gemacht!) welches vielleicht geeignet erscheint, die landwirtschaftliche Tierhaltung in ein schlechtes Licht zu rücken. So ist Ihre Vorstellung. Ganz gewiss aber ist das Thema nicht der Skandal, zu dem Sie es machen wollen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist schon einer!) Auch der Mensch, lieber Kollege Ostendorff, ist, so glaube ich, ein Teil der Schöpfung. Wenn Sie über NRW reden, dann darf ich Sie daran erinnern, dass die Kollegin Höhn, die unter uns sitzt, dort jahrelang Verantwortung getragen hat. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So lange gab es das nicht! - Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dann verstehe ich nicht, warum das Ergebnis der Studie so aussieht. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Jetzt zum Thema. Ich sage es vorneweg: Wir sind uns einig, dass der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung weiter reduziert werden muss. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weiter reduziert?) Dennoch nimmt Deutschland, wie wir das bereits heute Morgen im Agrarausschuss feststellen konnten, nicht den Spitzenplatz beim Verbrauch von Antibiotika ein. Zunächst einmal möchte ich Frau Bundesministerin Ilse Aigner für den eben vorgetragenen Bericht danken und das von ihr auf den Weg gebrachte Maßnahmenpaket gegen Antibiotikaresistenzen in der Tierhaltung begrüßen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Damit hat sie deutlich gemacht, dass die Bundesregierung schnell handelt und dass nur mit konsequenter Kontrolle von Tierhaltern und Tierärzten die nicht sachgerechte Antibiotikaverwendung eingedämmt werden kann. Damit die Kontrolle darüber hinaus auch zielgerichtet wirksam ist, müssen wir darüber nachdenken, den Kontrollbehörden der Bundesländer über den bestehenden rechtlichen Rahmen hinaus zusätzliche Überwachungsbefugnisse zu gewähren. Ich denke, nur dadurch in Verbindung mit einer spürbaren Sanktionierung bei Verstößen können wir die schwarzen Schafe - und um diese handelt es sich - disziplinieren. Ich begrüße deshalb ausdrücklich die geplante Verschärfung des derzeit geltenden rechtlichen Rahmens im Arzneimittelgesetz. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nehmen Sie sich das zu Herzen!) Mit dem von Ministerin Aigner vorgelegten Maßnahmenpaket gegen Antibiotikaresistenzen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung können wir diesen, denke ich, wirksam begegnen. Ich sage aber auch: Wir lassen die deutsche Landwirtschaft und die dort tätigen Tierärzte nicht unter Generalverdacht stellen, sondern wir begleiten sie bei ihrer wichtigen Aufgabe der Produktion von Lebensmitteln. Dem Landwirt selbst - das ist schon angeklungen - und seinem Management kommt dabei eine entscheidende Rolle im verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika in der Tierzucht zu. Die sachkundige Antibiotikaverwendung nach streng fachlichen und wissenschaftlichen Maßstäben hängt letztendlich auch von der Sachkunde unserer Landwirte ab. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Mindestanwendungsdauer von Antibiotika zum Beispiel ist dabei ebenso wichtig wie die tierärztliche Betreuung auch bei einem Wirkstoffwechsel. Es darf nicht sein - ich denke, das stellen wir übereinstimmend fest -, dass Antibiotika rein prophylaktisch gegeben werden. Das ist schon jetzt nicht zulässig. Keinesfalls darf die Antibiotikavergabe zum Kaschieren von Hygienedefiziten in den Ställen dienen. Auch darüber sind wir uns wohl alle einig. Wir wollen die fachgerechte Vergabe der Medikamente einzig und allein begrenzt auf Krankheitsfälle. Die Tierärzte müssen dabei durch eine restriktive Verschreibungspraxis ihren Teil der Verantwortung übernehmen. Wir brauchen den Willen aller Beteiligten, sowohl der Landwirte als auch der Tierärzte, zu einer konsequenten Minimierungsstrategie. Ich habe zumindest in den letzten Tagen erkannt, dass alle Beteiligten dazu willens sind. Tierarzneimittel sind teuer. Sie sollten deshalb auch aus ökonomischen Gründen sparsam eingesetzt werden. Da der Einsatz neuer Antibiotika derzeit nicht zu erwarten ist - ich denke, auch darüber sind wir uns einig -, müssen wir die für die Tiere zur Verfügung stehenden Arzneimittel sorgsam verwenden. Nur so können Tiere auch zukünftig bei Krankheiten wirksam behandelt werden. Wenn in den Medien immer wieder Stimmen laut werden, man solle den Antibiotikaeinsatz in der Tierzucht ganz abschaffen, dann muss ich entgegnen: Kranke Tiere haben ein Recht auf Behandlung. Es widerspricht dem Tierschutzgedanken, wenn ein krankes Tier nicht behandelt werden kann. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ebenso plädiere ich an dieser Stelle für eine stetige Verbesserung der Haltungsbedingungen. Zudem hat der Verbraucher ein Recht auf sichere Lebensmittel und auf wahrheitsgemäße Aufklärung. Wenn laut BUND-Studie bei 10 von 20 untersuchten Hähnchenfleischproben Keime gefunden worden sein sollen, die gegen Antibiotika resistent sind, dann stelle ich fest, dass laut Bundesinstitut für Risikobewertung antibiotikaresistente Keime auf Fleischproben nichts Neues sind. Keime kommen in unserer Umgebung vor. Das ist kein Grund zur Besorgnis, wie Sie es die Menschen glauben machen wollen. Meine Damen und Herren, auch das müssen wir heute vor der geneigten deutschen Öffentlichkeit klarstellen: Das bloße Vorkommen von antibiotikaresistenten Keimen auf Geflügelfleisch sagt rein gar nichts über eine eventuelle gesundheitliche Gefährdung für den Verbraucher aus. Keime und Bakterien sind, wie gesagt, in der Umgebung des Menschen ganz natürlich. Ich ärgere mich auch darüber, wenn der BUND nach seiner Untersuchung verschweigt - Vizepräsident Eduard Oswald: Denken Sie bitte an Ihre Redezeit. Dieter Stier (CDU/CSU): - ja -, dass mehr als 99 Prozent der tierischen Produkte in unseren Lebensmittelregalen keine Antibiotikarückstände aufweisen. Das hat auch etwas mit seriöser Berichterstattung und Aufklärung zu tun. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich deshalb - Vizepräsident Eduard Oswald: Zum Schluss kommen, bitte. Dieter Stier (CDU/CSU): - abschließend feststellen: Die christlich-liberale Koalition tut alles dafür, um Tierschutz und Lebensmittelsicherheit in Einklang zu bringen. Ich freue mich auf die Grüne Woche, die den Stand der deutschen Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft eindrucksvoll dokumentieren wird. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darauf einen Korn! - Gegenruf des Abg. Dieter Stier [CDU/CSU]: Machen wir!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Kollege. - Nächste Rednerin in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der Sozialdemokraten unsere Kollegin Elvira Drobinski-Weiß. Bitte schön, Frau Kollegin. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! "Wir haben es satt!", so lautet das Motto der Demonstration anlässlich der Grünen Woche am kommenden Samstag, Frau Ministerin. Ich finde, dafür kann man gar nicht genug Werbung betreiben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorgestern BSE, gestern Dioxin, heute Antibiotika - und morgen? Der nächste Lebensmittelskandal kommt bestimmt. Meistens kommt er aus der Fleischecke, wegen der Tierhaltungsmethoden und des Futters. Die Menschen haben davon die Nase voll. Da werden aus reiner Profitgier Stoffe verfüttert, die nichts im Futter zu suchen haben, nur weil es billiger ist. Da werden Tiere unter Bedingungen gehalten, die sie nur unter Einsatz von Medikamenten bis zur Schlachtung durchstehen. Das haben die Verbraucherinnen und Verbraucher satt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sicher wird jetzt von bestimmter Seite wieder eingewendet werden, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher selbst schuld seien, weil sie zu viel Fleisch essen bzw. weil sie überhaupt Fleisch essen und weil sie auf den Preis schauen und zu Preisen einkaufen, zu denen man nicht ordnungsgemäß und verantwortungsvoll produzieren kann. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sagen: Der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher hat oberste Priorität. Das heißt für uns, die Konsumenten müssen sich darauf verlassen können, dass die auf dem Markt befindlichen Produkte in Ordnung sind, und zwar unabhängig vom Preis. Wo sichere Lebensmittel eine Frage des Einkommens werden, hat der Staat versagt und sind die Bürgerinnen und Bürger schutzlos dem Wettbewerbsmarkt überlassen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Der Antibiotikaskandal zeigt erneut, was wir längst wissen und endlich beherzigen müssten: Was im Futtertrog der Tiere landet, landet am Ende bei den Menschen, bei uns selbst. Deshalb ist Tierschutz auch Verbraucherschutz. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Wer behauptet, Verbraucherinnen und Verbraucher, die auf "billig" schauen, müssten wissen, unter welchen Bedingungen produziert worden sei, hat keine Ahnung vom Alltag der Menschen. Woher sollen sie wissen, wie sich der Preis zusammensetzt? Oft ist der Preis die einzige verlässliche und sofort zugängliche Information. Es fehlt echte Markttransparenz, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine wirklich selbstbestimmte Wahl ermöglicht. Es fehlt an Wissen darüber, wie Landwirtschaft, Tierhaltung und Lebensmittelproduktion funktionieren. Da klafft eine große Lücke zwischen der jungen feschen Bäuerin, die in der Werbung den Joghurt noch von Hand rührt, und der Realität in der industriellen Lebensmittelproduktion. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Da muss entzaubert und aufgeklärt werden. Schon in der Schule müssen die Kinder erfahren, wie Produkte erzeugt werden. Marktwissen muss vermittelt werden. Erst dann werden die Verbraucherinnen und Verbraucher bessere Möglichkeiten haben, das Angebot einzuschätzen. Es muss echte Transparenz her, damit gute Produkte und verantwortungsvolle Anbieter sofort unterscheidbar sind von solchen, die sich im Graubereich bewegen. Gesetze und Gewissen sollten eigentlich dafür sorgen, dass nur einwandfreie Ware auf den Markt gelangt. Jedoch entsteht der Eindruck, dass es immer häufiger an beidem mangelt. Wo das Gewissen fehlt, muss Kontrolle her; denn Gesetze, deren Einhaltung nur mangelhaft überwacht wird, nutzen nichts. Deshalb ist es mir wichtig, auf die Verantwortung der Anbieter hinzuweisen. Nicht alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, ist erlaubt. Aber über die Lücke zwischen Gesetz und Gewissen diskutieren wir derzeit noch an ganz anderer Stelle. Wenn dem Vertreter des höchsten Amts im Staat dieser Unterschied fremd ist, müssen wir uns nicht wundern, dass Anbieter zunehmend Gesetzes- und Kontrolllücken nutzen und vor Gesetz und Gewissen den Gewinn stellen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der FDP unser Kollege Hans-Michael Goldmann. Bitte schön, Kollege Hans-Michael Goldmann. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Hans-Michael Goldmann (FDP): Danke schön. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, wir hatten heute eine sehr gute Diskussion im Ausschuss, und zwar auf der Basis eines Antrags, den die SPD gestellt hatte. Es gab sehr intensive Erörterungen aus dem Hause. Wir haben uns mit dem Thema in einer Tiefe beschäftigt, die dem Thema angemessen war. Ich bin immer wieder betroffen darüber - ich sage das einmal in der Rolle des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden -, wie du, lieber Friedrich Ostendorff, durch die Landschaft bretterst, von Dealern und von Menschen sprichst, die mit Antibiotika so umgehen, als ob sie einen Postversand betreiben würden (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es doch!) - ach, lieber Kollege -, und wie du die Bauern, auch auf den intensiv haltenden Betrieben, in einer Form diskreditierst, die unerträglich ist. Es ist doch nicht so, dass die Bauern hier etwas zum Schaden ihrer Tiere machen. Es ist doch nicht so, dass die Bauern etwas in der Absicht tun, keine guten Lebensmittel zu produzieren. Sie wollen doch im Grunde genommen dafür sorgen, dass sie in ihrem Haltungssystem hochwertige Lebensmittel produzieren. Unsere Lebensmittel sind absolut sicher, und unsere Lebensmittel sind von hoher Qualität. Ich finde, das sollte man dann auch einmal ganz simpel so zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Wir müssen uns fragen, welche Botschaft wir mit einer solchen Aktuellen Stunde eigentlich aussenden wollen. (Zuruf der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) - Daran können wir gemeinsam arbeiten. Hier gibt es keine FDP-Lösung und keine Linke-Lösung. Gleichwohl sage ich ganz klar: Das, was Frau Dr. Tackmann als promovierte Tierärztin hier dargestellt hat, war meiner Meinung nach logisch aufeinander aufbauend und zielorientiert. Da ist es mir völlig schnuppe, ob das von links, Rot, Schwarz oder Blau-Gelb kommt. (Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Da hast du recht! Genau!) - Dann sind wir uns doch einig. Da sind wir uns doch in der Arbeit im Ausschuss sowieso einig. Bei einem Thema von solch hoher Dramatik sollten wir uns nicht auseinanderdividieren lassen nach dem Motto: Der eine macht Werbung für seine Demonstration, und der andere ist der Trottel, der von diesen Dingen keine Ahnung hat. - So kann doch nicht miteinander umgegangen werden, wenn es um ein dramatisches, ernstzunehmendes Thema geht. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Liebe Freunde, nun kommen immer Prozentzahlen. "97 Prozent", sagt der eine; "96 Prozent", sagt der andere. Jetzt frage ich Sie: Wer von Ihnen wäre, wenn er getestet würde, ohne Antibiotikum? Wer von Ihnen hat noch nie in seinem Leben ein Antibiotikum eingenommen? Man muss doch einmal festhalten: Antibiotika sind eine der besten Erfindungen, die es überhaupt gegeben hat; denn sie sorgen dafür, dass wir, wenn wir ein bisschen krank werden, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein bisschen?) sehr schnell, Gott sei Dank, wieder gesund werden. Deswegen müssen wir alles tun, damit Antibiotika ihre Qualität behalten. Deswegen müssen wir alles dafür tun - da bin ich mit allen hier einer Meinung -, um Resistenzen zu vermeiden, zu reduzieren. (Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie doch was!) - Das machen wir doch. Genau das machen wir. Es war ganz witzig, was Herr Dr. Lauterbach gesagt hat - ich weiß nicht, wo er geblieben ist -, aber eines stimmt einfach nicht. Es ist so: Die Humanmedizin hat mit diesem Sachverhalt größere Probleme als die Tiermedizin. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Es ist eindeutig so. Lassen Sie sich nicht täuschen! Die 7 000 bis 15 000 Toten in Krankenhäusern sind keine Antibiotikaresistenzfälle. Es geht um allgemeine Krankenhausinfektionen, bei denen wir es allerdings mit Resistenzerscheinungen zu tun haben. Das sollten wir vernünftig, mit Ruhe und Gelassenheit betrachten. Man sollte auch mit ein bisschen fachlicher Substanz an seine Arbeit herangehen. Was hat der BUND gemacht? Der BUND hat eine großartige Untersuchung gemacht. 20 Pröbchen hat er genommen. Dabei hat er festgestellt, dass auf den Produkten etwas ist, das Resistenzsymptome beinhaltet. Ich finde es schlecht, dass es diese Resistenzerscheinungen gibt, aber sie haben mit dem Antibiotikaeinsatz, der in der intensiven Haltungsform ausgeprägter ist als in den ökologischen Haltungsformen - das bestreite ich gar nicht -, möglicherweise überhaupt nichts zu tun. Ich will mit noch etwas aufräumen. Vor 40 Jahren wurde ich Tierarzt. Eine Zeit lang habe ich auch als solcher gearbeitet. Es wurden damals pro Tier viel mehr Antibiotika eingesetzt als heute. Ich erinnere nur daran: Euterentzündungen waren gang und gäbe. Rotlauf hat es in einer Form gegeben. Es hat Schweinepest gegeben. Es hat Maul- und Klauenseuche gegeben. Aber heute - das muss man natürlich sehen - sind die intensiven Haltungsformen sicherlich ein Anlass, um Verbesserungen zu erreichen. Ich will hier noch einmal betonen: Es liegt in unserer Hand, wie wir das, was Frau Aigner auf den Tisch des Hauses legt, noch besser machen. Der Ansatz, den Frau Aigner hat, ist absolut in Ordnung. Der Transparenzansatz, der in dem Konzept von Frau Aigner enthalten ist, ist absolut in Ordnung. Dieser muss auch verwirklicht werden. Ich sage es auch hier noch einmal, nachdem ich es heute Morgen schon im Ausschuss gesagt habe: Es wird einen Gesetzentwurf geben. Selbstverständlich werden wir dazu eine Anhörung durchführen. Selbstverständlich werden wir alle Bausteine unseres Vorhabens in das Gesetzgebungsverfahren des Parlamentes einspeisen und diese nicht etwa in Form von Verordnungen oder Ermächtigungen auf den Weg bringen. Ich glaube, wir alle haben Veranlassung, gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Menge der eingesetzten Antibiotika reduziert wird. Wir alle haben auch Veranlassung, dafür zu sorgen, dass die Tierhaltungssysteme verbessert werden. Frau Tackmann hat dazu sehr kluge Vorschläge gemacht: Bei der Züchtung fängt es an, es geht dann über die Qualifikation der Bäuerinnen und Bauern und muss auch mit dem Berufsethos der Tierärzte in Verbindung gebracht werden. So müssen wir vorgehen. Dann wird es nicht mehr dazu kommen, dass wir panikorientiert über dieses Thema reden, sondern dann werden wir lösungsorientiert darüber reden können. Das wünsche ich mir insbesondere jetzt, so kurz vor Eröffnung der Internationalen Grünen Woche. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Hans-Michael Goldmann. - Nächste Rednerin für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist unsere Kollegin Bärbel Höhn. Bitte schön, Kollegin Bärbel Höhn. Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Goldmann, Sie haben gesagt, Antibiotika seien eine der besten Erfindungen. Ja, aber dann müssen wir auch darauf achten und vorsichtiger im Umgang sein, weil es fast keine Antibiotika mehr gibt, gegen die sich noch keine Resistenzen gebildet haben. Um also das Instrument Antibiotika zu bewahren, müssen wir dafür sorgen, dass Antibiotika nicht falsch eingesetzt werden. Genau darum geht es in dieser Debatte, Herr Goldmann. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Schauen wir uns einmal an, wer von dieser Debatte tangiert ist: Es ist schon spannend, dass es eine gemeinsame Erklärung vom Deutschen Bauernverband und vom Bundesverband Praktizierender Tierärzte gibt. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!) In dieser Erklärung zeigen sie sich alarmiert darüber, dass nach den Studien aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen eine kritische öffentliche Diskussion über die Tierhaltung in Deutschland stattfindet. Außerdem warnen sie "angesichts der zunehmend hektischen politischen Debatte, jetzt kurzfristige Entscheidungen zu treffen, die die Behandlungsmöglichkeiten erkrankter Tiere einschränken". (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!) - Erkrankter Tiere, richtig. Nun schauen wir uns einmal an, zu welchem Ergebnis die Studie aus NRW kommt: 95 Prozent der Masttiere bekommen Antibiotika. Das heißt nach dieser Logik: 95 Prozent der Tiere sind erkrankt. Meine Damen und Herren, es ist ein krankes System, wenn 95 Prozent der Tiere erkranken. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Wenn man es sich näher anschaut, stellt man fest: Es geht nicht nur um erkrankte Tiere; denn in 53 Prozent der Fälle dauert die Behandlung nur ein bis zwei Tage. Wir alle wissen, dass man kranke Tiere nicht ein bis zwei Tage, sondern sieben Tage mit Antibiotika behandelt. Das heißt, es geht hier ganz klar um eine falsche Behandlung. Es geht hier um präventive und wachstumsfördernde Behandlung. Das kritisieren wir. Das hängt auch mit dem System zusammen. Genau darüber müssen wir diskutieren und dürfen das nicht wegdiskutieren, Herr Goldmann. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Frau Ministerin, auch Sie haben diese Systemfrage gestellt. Wenn Sie nämlich von Grenzen des Wachstums sprechen, dann ist damit impliziert: Sie kommen an die Grenzen des Wachstums Ihres eigenen falschen agrarpolitischen Systems. Sie haben die ganzen Jahre wie auch Ihr Vorgänger Seehofer darauf gesetzt: Fleischproduktion, Fleischproduktion, Fleischproduktion! In nur fünf Jahren ist die Geflügelmastproduktion um 39 Prozent gestiegen, in nur fünf Jahren die Schweinefleischproduktion um 13 Prozent. Mittlerweile haben wir einen Selbstversorgungsgrad von 113 Prozent. Diese Agrarpolitik hat Folgen. Eine der Folgen ist dieser starke Antibiotikaeinsatz in der Tiermast. Dass das so weitergeht, müssen wir verhindern. Darüber müssen wir auch diskutieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Das ist doch ein Symptom einer Agrarindustrie, die auf Masse und nicht auf Qualität setzt. Das ist doch ein Symptom einer Agrarindustrie, die auf Preisdumping statt auf Verbraucherschutz setzt, die möglichst billig Fleisch produziert will. Aber genau das befördern Sie. Deshalb reicht es nicht aus, dieses Symptom zu beklagen, Frau Ministerin, sondern man muss an die Krankheit herangehen. Das tun Sie nicht. Sie gehen nicht an Ihre falsche Agrarpolitik heran. Deshalb werden Sie auch keine Lösung für das Problem finden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Im Gegenteil: Sie treiben die Massenproduktion und die Exportorientierung noch voran. Wenn wir uns nun Ihre Lösungen anschauen, stellen wir fest: Sie funktionieren nicht. Sie spielen auch heute in Ihrer Rede wieder die Betroffene, sagen aber, Sie seien leider nicht zuständig. Sie wären aber in vielen Punkten zuständig. Warum richten Sie nicht eine zentrale Datei ein, so wie es Dänemark macht, in die sofort die Daten kommen und die Länder diese sofort einsehen können? Wie soll der Vollzug gemacht werden, wenn sie die Daten erst ein Jahr später bekommen? Dann ist das Huhn doch schon lange geschlachtet und verzehrt. So kann man den Vollzug nicht machen. Dann bitte eine andere Transparenz. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Wie ist das denn? Wir könnten doch viel tun, auch bei den Arzneimitteln. Sie müssen doch damit umgehen, dass es ein Missstand ist, dass jemand, der sehr viele Arzneimittel kauft, Billigpreise bekommt gegenüber jemandem, der wenige kauft. Warum machen Sie keine Festpreise? Wir haben heute den Staatssekretär gefragt, und er hat gesagt: Nein, das wolle er nicht. (Dieter Stier [CDU/CSU]: Das hatten wir schon mal!) Wenn Sie wirklich etwas gegen diesen massiven Einsatz tun wollen, dann machen Sie Festpreise bei den Medikamenten, damit nicht jemand bevorzugt wird, weil er viel mehr kauft als der andere. Das wäre ein gutes Instrument, und das könnten Sie auf Bundesebene tun. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Außerdem sollten Sie auch noch den letzten Punkt ansprechen, der sehr wichtig ist: das Dispensierrecht der Tierärzte. Es kann doch nicht sein, dass ein Arzt sowohl die Medikamente herstellen, lagern, mischen und verkaufen darf und dann auch noch die Diagnose stellen darf. Das ist ein Interessenkonflikt, und das darf nicht sein. (Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Das macht ja keiner der Hersteller!) Von daher sagen wir sehr eindeutig und klar: Sie haben erkannt, das System ist krank; aber dann ändern Sie es! Wenn Sie heute schon so auf die Demo schimpfen, dann muss ich sagen: Ich finde es gut, dass es Menschen in diesem Lande gibt, die aufstehen und sagen: Wir wollen eine andere Art der Herstellung von Lebensmitteln. Wir haben es satt, in einem System zu leben, in dem es gegen den Tierschutz und den Verbraucherschutz geht, einfach nur, um billig Fleisch zu produzieren. Das muss ein Ende haben. Danke. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Bärbel Höhn. - Nächste Rednerin unserer Aktuellen Stunde für die Fraktion der CDU/CSU ist unsere Kollegin Marlene Mortler. Bitte schön, Frau Kollegin Marlene Mortler. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Marlene Mortler (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleich an die Opposition: Angst ist Ihr Geschäft, Angst ist Ihr Programm. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Unser Programm ist Aufklärung und Verbesserung, und es ist unglaublich, welche Kampfthemen Sie sich jedes Jahr kurz vor der Grünen Woche in Berlin überlegen. Es ist von Lebensmittelkrise und Skandalen die Rede. Ich sage Ihnen etwas: (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie doch angefangen! Frau Mortler, da werden Sie ja rot im Gesicht!) Ich habe Ihre Pseudokampagnen satt, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) und ich habe vor allem Ihre Pseudowissenschaftler satt. Dr. Lauterbach ist schon entschwunden, sonst hätte ich ihm jetzt ins Stammbuch geschrieben, Stichwort "Antibiogramme". Wir sind in der Tiermedizin schon viel weiter als in der Humanmedizin, weil wir gezielt nachschauen, welches Antibiotikum auf welchen Krankheitserreger passt und damit am besten wirkt. Davon sind wir in der Humanmedizin noch weit entfernt. Lieber Friedrich Ostendorff, du bist heute deiner Rolle als Nestbeschmutzer (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe mich schon gewundert, dass ich so spät drankomme!) deiner Kolleginnen und Kollegen in der Landwirtschaft wieder voll gerecht geworden. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pfui Deibel, Frau Mortler, jetzt reicht's ja wohl! Wenn sie nicht gewesen wären, gäbe es heute noch solche Skandale in der Landwirtschaft!) - Ich weiß, Wahrheit tut weh. Frau Künast, voll ins Schwarze getroffen, in dem Fall ins Grüne! (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, natürlich! Sie von der Großindustrie haben nichts gecheckt!) Der Rolle voll gerecht geworden. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch nichts bewegt, Sie leben hundert Jahre zurück! Sie müssten sich entschuldigen!) Noch eins: Hier Reden zu schwingen und in der Opposition so zu tun, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben die Familienbetriebe erhalten, da haben Sie sich einen Dreck darum geschert!) als ob wir in Deutschland die schlechtesten Lebensmittel hätten und der Verbraucher jeden Tag sterben müsste - so stellen Sie es dar -, das ist der Skandal. Ja, es stimmt, unseren Heim- und Nutztieren in Deutschland werden, wenn nötig, Antibiotika verabreicht. Wenn ein Tier oder eine Herde erkrankt ist, dann ist es oberste Pflicht der Bäuerinnen und Bauern, aber auch des Tierbesitzers sowie des Tierarztes, die Tiere zu behandeln, damit sie wieder gesund werden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 96 Prozent!) Es wäre mit unserem christlichen Verständnis und mit dem Gedanken eines verantwortungsvollen Umgangs mit unseren Mitgeschöpfen nicht vereinbar, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Blablabla!) wenn wir im Falle von Krankheiten nicht so handeln würden. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lies nach bei Franz von Assisi!) Ich betone ausdrücklich: Auch mit dem deutschen Tierschutzgesetz wäre das nicht vereinbar. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können Sie am Sonntag in der Kirche sagen!) Es stimmt, dass wir Probleme haben. Aber diese lösen Sie nicht - ich sage es noch einmal - mit einfachen Antworten und plakativen Schuldzuweisungen. Die Bäuerinnen und Bauern, die ich kenne, leiden darunter, wenn ihre Tiere krank sind. Sie sorgen dafür, dass sie jeden Tag gesund im Stall stehen, und behandeln sie entsprechend, wenn das nicht der Fall ist. Meine Damen und Herren, antimikrobielle Substanzen werden in der Umwelt seit Millionen von Jahren vor allem durch Pilze gebildet. Sie verursachen seitdem antimikrobielle Resistenzen und üben einen Selektionsdruck in der Evolution von Mikroben aus. Das geschieht nicht erst seit der Anwendung von Antibiotika in der Medizin. So wurde zum Beispiel vor kurzem bei Erregern aus einer ägyptischen Mumie Resistenz gegen Vancomycin nachgewiesen, lange vor der medizinischen Anwendung dieser Substanz. Wir von der Union möchten nichts kleinreden. Wir sagen aber deutlich, dass seit 2006 der vorbeugende Einsatz von Antibiotika EU-weit verboten ist. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie ja verhindern können! - Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie machen es aber trotzdem!) Deshalb begrüßen wir, dass die Bundesregierung schneller ist als das in erster Linie angesprochene Bundesland Nordrhein-Westfalen und sagt: Wenn ihr nicht handelt, dann handeln wir. - Wir begrüßen den Gesetzentwurf. Wir begrüßen es, dass die Datengrundlage verbessert wird und dass die Tierärzte in Zukunft eine lückenlose Einsicht in Daten zur Abgabe und Anwendung von Antibiotika gewähren müssen. So können wir in Zukunft eindeutig feststellen, in welchen Regionen, in welchen Betrieben besondere Probleme mit der Tiergesundheit bestehen. (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Lebensmittel sind natürliche Produkte. Ehrlich gesagt, möchte ich selber in Zukunft keine sterile Fleischfaser essen. Ein Naturprodukt ist nun einmal immer mit Keimen behaftet. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Antibiotika angereichert!) So ist auf der Oberfläche von Geflügelfleisch oft der Keim E. coli zu finden. Dies ist seit Jahrhunderten bekannt, und darum essen wir kein rohes Geflügelfleisch, sozusagen Carpaccio vom Huhn. An dieser Stelle eines zur Verdeutlichung: Ich bin Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft. Ich weiß noch, wie man mit Rohstoffen, vor allem mit Geflügelfleisch, umgeht. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie kommen bitte zum Schluss, Frau Kollegin. Marlene Mortler (CDU/CSU): Wenn man vermeiden will, dass Probleme in der eigenen Küche, auf dem eigenen Teller und in der Folge im Körper auftreten, dann ist die Hygiene in der Küche das A und O. Insofern ist die Studie des BUND ein alter Hut. Der Keim MRSA muss nicht nur in der Tiermedizin, sondern vor allem in der Humanmedizin ernsthaft bekämpft werden, - Vizepräsident Eduard Oswald: Jetzt Ihr Schlusssatz bitte. Marlene Mortler (CDU/CSU): - aber nicht mit Kampagnen, sondern mit politischem Handeln. Danke schön. Ich bin fertig. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nächster Redner in unserer Debatte ist unser Kollege Dr. Wilhelm Priesmeier für die Fraktion der Sozialdemokraten. Bitte schön, Herr Kollege. (Beifall bei der SPD) Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Antibiotika sind ein emotionalisierendes Thema. Ich habe selten eine Debatte erlebt, in der hinsichtlich der Bewertung mit so vielen Unterstellungen diskutiert worden ist. Ich glaube, es ist an der Zeit, die Emotionen ein bisschen zu zügeln. Das ist der Ernsthaftigkeit des Themas wahrlich angemessen. Der Anlass zu unserer heutigen Debatte ist wahrlich ernst, auch im Hinblick auf das Vertrauen der Verbraucher. Denn die Diskussion, die wir hier führen, wird letztendlich nicht dazu führen, das Vertrauen der Verbraucher in unsere Landwirtschaft zu erhalten, sondern sie wird eher das Gegenteil bewirken. Man muss die Probleme, was ihre Dimensionen angeht, richtig beurteilen. Das ist, so glaube ich, heute nicht in Gänze der Fall gewesen. Es geht natürlich nicht an, dass wir in dieser Aktuellen Stunde die Systemfrage stellen. (Beifall der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]) Ich erkenne sehr wohl, dass bestimmte Formen der landwirtschaftlichen Produktion an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gestoßen sind. Es geht um die Frage von Nährstoffkreisläufen in bestimmten Regionen, um die Frage von Betriebsgrößen, aber auch um die Frage von ökonomischen Möglichkeiten und von gesellschaftlicher Akzeptanz solcher Systeme. Produktionssysteme, die von der Gesellschaft nicht akzeptiert werden, haben langfristig keine Chancen und keine Existenzberechtigung mehr. Das sollte jedem klar sein. (Beifall bei der SPD) Ich verstehe daher den Ausbruch der Kollegin Mortler nicht. Aber so sei es denn. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Welchen Ausbruch denn bitte?) - Ich meine die Formulierung gegenüber dem Kollegen Ostendorff. Bei aller Emotion muss ich sagen, dass dies der Diskussion heute nicht angemessen ist. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Hören Sie doch auf, Noten zu vergeben!) Wir brauchen das, was wir heute Morgen in unserer Diskussion über unseren Antrag erörtert haben, nämlich ein ganzheitliches System, das nicht nur Teile - der Einsatz von Antibiotika ist ein Teil -, sondern das System in Gänze berücksichtigt. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, als wir hier über Schweinehaltungsverordnungen, Nutztierhaltungsverordnungen und Flächenzumessungen diskutiert haben. Da hat man gesagt, dass es das Ende der Betriebe ist, wenn man die Flächenzumessung um 30 Prozent erhöht. Dem war aber nicht so. Unsere Betriebe sind wettbewerbsfähig und durchaus in der Lage, Verbesserungen bei Standards, vor allen Dingen bei Hygienestandards, zu erreichen. Hoffentlich sind sie auch dazu bereit. Wenn wir für das ganze System entsprechende Regelungen einführen und Vorgaben machen, wird das dafür sorgen, dass wir in Zukunft nicht mehr in dieser Weise über dieses Thema diskutieren müssen. Es muss natürlich die Bereitschaft gegeben sein, rechtliche Vorgaben zu schaffen. Die Bundesländer beklagen sich darüber, dass es keinen einheitlichen Überwachungsansatz gibt. Darauf kann man eingehen und entsprechende Maßnahmen umsetzen. Über einen Teil des Überwachungsansatzes, der sich in unserem Antrag findet, haben wir heute Morgen im Ausschuss diskutiert. Er ist aber von Ihnen leider niedergestimmt worden. Ich bedaure das. Aber ich erkenne sehr wohl eine Gesprächsbereitschaft. Uns muss es gelingen, nicht immer wieder an die Grenzen dieses Systems zu stoßen und uns nicht gegenseitig Schuldzuweisungen - hier Bund und da Bundesländer - zu machen. Wir wissen doch, dass entlang der Lebensmittelkette Schwächen in der Überwachung existieren, die wir bislang nicht ausräumen konnten und über die wir seit zehn Jahren diskutieren. Wir sind aber nicht in der Lage - dafür gibt es die verschiedensten Begründungen -, dieses Problem zu lösen. Dies ist ein Punkt, an dem wir ansetzen sollten. Dies sollten wir in dem Bemühen tun, dem Verbraucher mehr Sicherheit zu garantieren. (Beifall bei der SPD) Entscheidend ist nicht so sehr der Streit um das Wie, sondern die Frage, wie man die Maßnahmen vor Ort umsetzt. Sie alle sind über die aktuellen Verhältnisse in Ihren Wahlkreisen informiert. Die Kommunen haben kein Geld und stellen keine Leute ein. Es gibt Haushaltssperren, und damit kann keine Überwachung stattfinden. Der Bund sagt, die Länder seien zuständig. Es wird erwartet, dass der Tierarzt zu einem Betrieb hinfährt und kontrolliert. Voraussetzung dafür, dass auf Verdacht überprüft werden kann, ist aber, dass der Veterinär von einem Verdacht erfährt. So etwas ist in dem vorhandenen System und auch nach dem, was in Ihrem Gesetzentwurf skizziert ist, nicht möglich. Wir müssen an die Betriebe heran. Wir müssen die Probleme der Betriebe lösen, die wirklich betroffen sind. Wir dürfen nicht verschweigen, dass viele Betriebe überhaupt keine Antibiotika einsetzen. Im Geflügelbereich trifft diese Aussage nicht zu; da ist die Situation sehr kritisch. Aber im Schweinebereich ist das durchaus der Fall. Die Betriebe, die ein massives Problem haben, müssen wir erstens identifizieren, und wir müssen ihnen zweitens die entsprechende Hilfe angedeihen lassen. Und wenn alles nicht funktioniert, müssen wir ihnen Vorgaben machen mit dem Ziel, dass sie sich in Richtung hin zu besseren Standards bewegen. Nicht eingehaltene Standards sind die Ursache für negative Auswüchse und Erkrankungen. Es ist also vernünftig, gemeinsam an dem Problem zu arbeiten und sich für eine Lösung einzusetzen. Es sollte ein vernünftiger Gesetzentwurf vorgelegt werden, der über das hinausgeht, was Sie skizziert haben. Sorgen Sie dafür, dass sich Ihre Kollegin Frau Leutheusser-Schnarrenberger bewegt und dass sie nicht ganz so widerspenstig ist, was die Erfassung von Daten angeht. Ich glaube, dann wären wir ein ganzes Stück weiter. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Dr. Priesmeier. - Nächster Redner für die Fraktion der CDU/CSU ist unser Kollege Josef Rief. Bitte schön, Kollege Josef Rief. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Josef Rief (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sehe an der Diskussion, wenn ich die Werbeblöcke für die Demo am Samstag ausblende: Wir sind uns eigentlich weitgehend einig. Antibiotika in der Tierhaltung müssen auf das notwendige Minimum begrenzt sein. Jede Verwendung von Antibiotika bei Mensch und Tier kann Resistenzen fördern und so Arzneimittel unwirksam machen. Den Landwirten die Schuld zuzuschieben, ist hier nicht dienlich. Antibiotika werden in der Regel von Tierärzten verschrieben, und zwar nach der Diagnose. Es ist wichtig, dies den Bürgerinnen und Bürgern noch einmal klarzumachen. Schon der hohe Preis macht einen unberechtigten Einsatz von Medikamenten unwahrscheinlich und einen illegalen Einsatz als Mastunterstützung in der Regel unrentabel. Das war vor zwei Jahren so, als ich noch aktiver Landwirt war, und ich glaube, da hat sich nicht viel geändert. Die Debatte muss sachlich geführt werden. Der BUND kauft 20 beliebige Hähnchen und findet bei einem Test multiresistente Keime, geht dann an die Presse und vermeldet, in jeder zweiten Stichprobe bedenkliche Ergebnisse gefunden zu haben. Es wird schnell klar, dass dies nicht verallgemeinert werden kann. Bei über 1 Million Tonnen Hähnchenfleisch, die jährlich in Deutschland gegessen werden, drängt sich mir schon der Verdacht auf, dass hier nur ein Skandal unmittelbar vor der Grünen Woche das Ziel gewesen sein kann, wie schon mehrere Kolleginnen und Kollegen vor mir dies vermutet haben. Sicher darf man diesen Befund auch nicht verharmlosen. Sicher ist aber auch, dass das bloße Vorhandensein nichts über die tatsächliche gesundheitliche Gefährdung der Verbraucher aussagt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Es kommt auf die Anzahl der Keime ebenso an wie auf den genauen Typ. Das Bundesinstitut für Risikobewertung bestätigt, dass die Bedeutung von Fleisch in diesem Zusammenhang sehr gering ist. Jeder weiß auch, dass Hähnchenfleisch immer durchgegart werden muss - Frau Mortler hat es vorhin gesagt - und die Arbeitsgeräte nach der Zubereitung gründlich zu reinigen sind. (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Guter Hausmann, der Rief!) Das sind die wichtigsten und besten Maßnahmen gegen schädliche Keime und Krankheiten. Der Gebrauch von Antibiotika kann und muss sicher weiter reduziert werden. Gemeinsam mit den Ländern sollen die Regelungen noch besser überwacht und bei Verstößen auch konsequent geahndet werden. Trotz aller Probleme sind Antibiotika, sinnvoll und treffsicher eingesetzt, äußerst wichtig für die menschliche Gesundheit und die Gesundheit von Tieren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Der Großteil der Antibiotika wird ohnehin nach wie vor von uns Menschen eingenommen. Wie schnell fordern wir bei Krankheit ein Breitbandantibiotikum, setzen es dann aber bei Besserung oft zu früh ab, was Resistenzen fördert. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ein Vergleich mit den Niederlanden zeigt, dass dort die Verbreitung der Keime bei Tieren und Tierhaltern sehr viel höher ist als in Deutschland. Die konkreten Erkrankungen bei Menschen sind in den Niederlanden aber durch verbesserte Krankenhaushygiene sehr viel geringer. Man kann davon ausgehen, dass die Fälle von Infektionen mit multiresistenten Keimen beim Menschen zu mindestens 98 Prozent auf Krankenhauskeime zurückzuführen sind. Infektionswege über die Landwirtschaft spielen hier so gut wie keine Rolle. Trotzdem müssen wir die Medikamentenabgabe über Forschung, Impfungen und Haltungsverfahren weiter zurückdrängen. Moderne Haltungsbedingungen mit höchsten Hygienestandards sind heute gerade in der Hühnermast Alltag, ebenso die Abtrennung von einzelnen Stallabteilen, damit im Krankheitsfall das Ansteckungsrisiko auf eine Herde beschränkt bleibt. Frühere Haltungsbedingungen werden häufig idealisiert und romantisiert beschrieben. Die Ställe der 50er-Jahre wären heute nicht genehmigungsfähig und würden ein sehr viel höheres Ansteckungsrisiko bei Krankheiten bergen. Bei dieser Haltungsform wäre auch der Medikamenteneinsatz um ein Vielfaches höher als heute. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt ja gar nicht!) Letzten Endes ist es auch eine Frage des Tierschutzes, kranke Tiere überhaupt behandeln zu können. Was wäre denn die Alternative? Etwa die Tiere qualvoll zugrunde gehen zu lassen? Wohl nicht. Ich begrüße das entschlossene Handeln unserer Ministerin - bitte richten Sie ihr das aus - (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Jawohl!) und bin davon überzeugt, dass wir auf jeden Fall vorankommen werden, wenn wir alle am gleichen Ende des Stranges ziehen. Tiergesundheit, Tierschutz und gesunde Lebensmittel gehören einfach zusammen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Kollege. - Der letzte Redner in unserer Aktuellen Stunde ist unser Kollege Franz-Josef Holzenkamp für die Fraktion der CDU/CSU. Bitte schön, Kollege Holzenkamp. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor vielen Jahren hat man mir einmal beigebracht: Wer am lautesten schreit, hat nicht unbedingt recht. Vielleicht sollte man darüber einmal nachdenken. (Ulrich Kelber [SPD]: Das müssen Sie Frau Mortler sagen!) Die Art, wie die Diskussion hier teilweise gelaufen ist, hat mich sehr verwundert, vor allem im Vergleich zur Diskussion heute Morgen im Ausschuss, die sehr sachlich und zielführend war. Ich habe mir die Frage gestellt: Wer hat eigentlich die Aktuelle Stunde beantragt? Offensichtlich geht es mehr um Klamauk als um das Interesse an der eigentlichen Sache. Das finde ich sehr schade. In diesem Zusammenhang will ich einen Abschnitt aus einer Pressemitteilung zitieren: So stammt das multiresistente ESBL-Bakterium, das für den Tod der drei Säuglinge in einer Bremer Klinik verantwortlich ist, vermutlich aus der Tierhaltung. So etwas sollten wir nicht tun; ich erinnere nur an Ehec. Das führt zu nichts. Das ist nur eine pauschale Verunglimpfung und hilft in der Sache nicht weiter. Das sollten wir bleiben lassen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat das denn gemacht?) In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich Frau Tackmann und Herrn Priesmeier von der Opposition Dankeschön für ihre sachlichen Einlassungen in ihren Reden sagen. Nur das hilft uns weiter. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Auf noch auf einen Punkt möchte ich zu sprechen kommen: Wir können meinetwegen über Massentierhaltung reden. Aber legen Sie doch endlich einmal eine Definition vor, und zwar eine Definition für alle Bereiche, sowohl für den ökologischen als auch den konventionellen. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 24 Hühner pro Quadratmeter, das ist Massentierhaltung!) Ich komme zu den Gemeinsamkeiten. Wir haben heute Morgen miteinander festgestellt: Es werden offensichtlich - das belegen die Studien - zu viele Antibiotika eingesetzt, auch unsachgerecht. Hier gibt es Handlungsbedarf. Frau Aigner hat in diesem Zusammenhang einige Punkte vorgestellt, die ich nicht alle wiederholen will, unter anderem, dass Missbrauch verboten ist und einen Verstoß gegen das geltende Recht bedeutet. Immerhin verfolgen wir seit dem Jahr 2008 eine Reduktionsstrategie, wohingegen Sie die Grüne Woche einfach nur für Klamauk nutzen. Das führt uns nicht weiter. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) - Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Antibiotikaeinsatz ist gestiegen, Herr Holzenkamp!) In der Vorbereitung zu dieser Auseinandersetzung habe ich mir die europäischen Vergleichszahlen angeschaut. Auch das gehört zur gesamten Wahrheit: Wir sind uns darüber einig, dass wir immer weniger Tierarzneimittel einsetzen müssen. Deutschland liegt im Mittelfeld, hinter der Schweiz. Das ist nicht genug. Wir wollen mehr. Es gibt aber auch Länder, die einen exorbitanten Mehrverbrauch haben. In diesem Zusammenhang ein Hinweis: In den letzten Tagen wurde verschiedentlich formuliert, dass wir uns Ziele setzen müssen, wie beispielsweise die Holländer, die öffentlich verkünden: Wir reduzieren um 50 Prozent. - Wenn die Holländer das machen, dann kommen sie vielleicht allmählich auf unseren Stand. Das Nennen von Prozentsatzzielen alleine hilft nichts. Wir müssen an der Sache arbeiten. Alles andere hilft uns nicht weiter. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wir müssen zu schnellen, nachhaltigen und wirksamen Ansätzen kommen. Einfache Lösungen - darauf wurde schon hingewiesen - haben wir leider Gottes nicht. Ein weiterer Hinweis zu den Datenbanken: Heute Morgen haben wir sachlich miteinander besprochen, dass Datenbanken - auch nach Einschätzung des BMELV - rechtsstaatlich fragwürdig sind, Stichwort Generalverdacht. Das will ich jetzt nicht alles wiederholen. Wir haben gesagt, dass wir über die Angelegenheit diskutieren wollen. Das Ganze werden wir im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens prüfen. Im Kern kommt es aber darauf an, dass wir tatsächlich vor Ort Prüfungen durchführen und nicht irgendwo Daten sammeln. Im Kern kommt es auf die Prüfung vor Ort an, nicht darauf, große Sprüche zu klopfen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Frau Aigner hat die Maßnahmen angekündigt, die mit der Gesetzesnovelle umgesetzt werden. Das sind ganz konkrete Maßnahmen, die sehr schnell zum Erfolg führen werden. Ich will an dieser Stelle einen Punkt unterstreichen; denn Herr Lauterbach hat vorhin in seiner Rede etwas komplett Falsches gesagt. Meine Damen und Herren, wer von uns weiß denn nicht, dass erst einmal ein Antibiogramm erstellt wird, wenn man zum Arzt geht? Da wird in der Regel einfach ausprobiert. Da entstehen die meisten Resistenzen, nicht in der Tiermedizin. Das ist doch die Wahrheit. Das muss man benennen und sagen dürfen; das muss man irgendwann auch einmal erkennen. Wir nehmen uns ganz bewusst vor, dass Wirkstoffwechsel zukünftig nur noch auf Basis eines Antibiogramms durchgeführt werden. Das ist, was die Prophylaxe bei Resistenzen angeht, ein guter, zielführender Weg. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Es wurde infrage gestellt, dass wir überhaupt an das Dispensierrecht herangehen wollen, obwohl Frau Aigner es eindeutig gesagt hat: Wir überprüfen das Dispensierrecht. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: "Wir überprüfen"!) - Ja, das ist richtig. Frau Höhn, es gibt keine einfachen Lösungen. Das ist nun einmal so in der Welt. - Es kommt zum Schluss doch darauf an, dass der Einsatz von Tierarzneimitteln wirklich reduziert wird, also nicht nur von einer Ebene auf die andere verlagert wird. (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Wir wollen wirksame Lösungen finden und nicht nur Sprüche klopfen. Ich will darauf hinweisen, dass auch die Wirtschaft Anstrengungen unternimmt. Ich begrüße, dass sich auch die QS bemüht. Auf Grundlage der Erfahrungen aus dem Salmonellenmonitoring sind betriebsbezogene Erkenntnisse zum jeweiligen Status gesammelt und danach Maßnahmen getroffen worden. Das ist wirklich zielführend; das wirkt. Da kann man Dinge wie Tierbewegungen, Mortalitätsrate und anderes mit einbeziehen. Das bringt wirklich etwas und sorgt für eine Reduzierung des Einsatzes von Tierarzneimitteln. (Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]) Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr verehrte Kollegen und Kolleginnen von der Opposition, ich möchte Sie ganz herzlich dazu einladen, dass wir weiterhin so sachlich vorgehen wie heute Morgen im Ausschuss. Bringen Sie sich sachlich und ehrlich ein und klopfen Sie weniger Sprüche. Dann erreichen wir auch ein gutes Ergebnis. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Franz-Josef Holzenkamp. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 19. Januar 2012, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen. Vielen herzlichen Dank. (Schluss: 17.12 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker, Dirk SPD 18.01.2012 Daðdelen, Sevim DIE LINKE 18.01.2012 Dreibus, Werner DIE LINKE 18.01.2012 Fischer (Karlsruhe-Land), Axel E. CDU/CSU 18.01.2012 Friedhoff, Paul K. FDP 18.01.2012 Gerig, Alois CDU/CSU 18.01.2012 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.01.2012 Kipping, Katja DIE LINKE 18.01.2012 Nahles, Andrea SPD 18.01.2012 Dr. Nüßlein, Georg CDU/CSU 18.01.2012 Poß, Joachim SPD 18.01.2012 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.01.2012 Schneider (Erfurt), Carsten SPD 18.01.2012 Dr. Seifert, Ilja DIE LINKE 18.01.2012 Veit, Rüdiger SPD 18.01.2012 Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 18.01.2012 Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 18.01.2012 Zapf, Uta SPD 18.01.2012 Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Gerd Mü ller auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 12): Welche Mengen hydrierter Pflanzenöle - HVO - wurden in Deutschland in den vergangenen Jahren eingesetzt, und aus welchen Rohstoffen wurde das eingesetzte HVO produziert? Nach Informationen der Wirtschaftsbeteiligten wurden hydrierte Pflanzenöle in den letzten Jahren in Deutschland sowohl im Straßenverkehr als auch im Luftverkehr eingesetzt. Hydrierte Pflanzenöle wurden in den vergangenen Jahren auch zur Erfüllung der Biokraftstoffquote eingesetzt. Gesonderte statistische Auswertungen hierzu wurden in der Vergangenheit nicht geführt. Genaue Informationen zu der jeweiligen Rohstoffzusammensetzung liegen der Bundesregierung derzeit nicht vor. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Gerd Mü ller auf die Frage der Abgeordneten Caren Marks (SPD) (Drucksache 17/8323, Frage 13): Welche Rechtsauffassung hat die Bundesregierung hinsichtlich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 in Bezug auf Hygienevorschriften für Tagespflegepersonal, und wie bewertet die Bundesregierung die Pressemitteilung der EU-Kommission vom 18. Dezember 2011, wonach "Tagesmütter nicht unter die strengen EU-Hygienevorschriften fallen" sollen? Die Definition des "Lebensmittelunternehmens" in Art. 3 Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 wurde zur Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus bewusst weitgefasst. Aus dem Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist der private häusliche Bereich ausgenommen. Nach der Auffassung der Bundesregierung fallen Tagesmütter dann in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und unter die dort festgelegte Definition des "Lebensmittelunternehmens", wenn sie in ihrem eigenen Haushalt oder in eigens für die Tagespflege angemieteten Räumlichkeiten regelmäßig und verbunden mit einem gewissen Organisationsgrad Kinder, die nicht zu ihrem privaten Umfeld gehören, mit Lebensmitteln versorgen. Folglich unterliegen Tagesmütter, die diese Form der Kindertagespflege ausüben, auch dem Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 852/ 2004 über Lebensmittelhygiene. Die von der Europäischen Kommission in einer Pressemitteilung vom 16. Dezember 2011 vertretene Auffassung, dass Tagesmütter generell nicht unter das EU-Lebensmittel-Hygienerecht fallen würden, wird von der Bundesregierung daher nicht geteilt. Nach Auffassung der Bundesregierung sind die EU-Lebensmittelhygienevorschriften im Hinblick auf die Anforderungen für die Tagesmütter auch nicht streng. Im Hinblick auf strukturelle Anforderungen lässt das Gemeinschaftsrecht ausdrücklich zu, dass auch vorrangig privat genutzte Räumlichkeiten, zum Beispiel Küchen, als Betriebsraum im Sinne des EU-Lebensmittelhygienerechts genutzt werden dürfen. Die Hygieneanforderungen der EU-Lebensmittelhygieneverordnung hierfür sind einfach, zum Beispiel Vorrichtungen zum hygienischen Händewaschen, leicht zu reinigende Flächen, Trinkwasserzufuhr und eine Vorrichtung zur Abfalllagerung. Diese räumlichen Anforderungen werden von jedem gut geführten Haushalt erfüllt. Auch weitere Verpflichtungen des EU-Lebensmittelhygienerechts, zum Beispiel die Registrierungspflicht und die Verpflichtung zu Eigenkontrollen können unkompliziert und praxisgerecht erfüllt werden, wenn die Flexibilität des EU-Lebensmittelhygienerechts genutzt wird. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Caren Marks (SPD) (Drucksache 17/8323, Frage 17): Zieht die Bundesregierung Konsequenzen aus dem Ergebnis des Familienreports 2011, wonach schlechte Kinderbetreuungsmöglichkeiten für viele Mütter der Hauptgrund dafür sind, dass sie ihr berufliches Engagement nicht weiter ausdehen, und, wenn ja, welche (bitte konkrete Maßnahmen für das Jahr 2012 darlegen)? Die Bundesregierung unterstützt weitere Maßnahmen, mit denen Familien bestmöglich Wahlfreiheit bei der Gestaltung ihrer Lebensentwürfe ermöglicht wird. Dazu zählen auch Maßnahmen, die Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf entlasten und speziell den Müttern mehr Chancen eröffnen, die Erwerbstätigkeit nach den eigenen Wünschen auszudehnen. Dabei ist unbestritten, dass echte Wahlfreiheit nur dann besteht, wenn die Kinder qualitativ gut betreut werden. Die Qualität der Kindertagesbetreuung unterstützt der Bund mit folgenden Maßnahmen: - Mit der Offensive "Frühe Chancen" verstärkt der Bund über zusätzliche personelle Ressourcen in bundesweit bis zu 4 000 Kindertageseinrichtungen eine alltagsintegrierte und systematische frühe Sprachförderung, die die Chancen der Kinder auf eine herkunftsunabhängige Teilhabe am Bildungssystem erhöht. Dafür stellt der Bund bis zum Jahr 2014 rund 400 Millionen Euro zur Verfügung. Die Offensive Frühe Chancen erreicht in 2012 ihre volle Wirkung: Im ersten Quartal 2012 werden weitere 1 000 Schwerpunktkitas bewilligt, sodass dann an rund 4 000 Standorten die Sprachentwicklung der Kinder besonders gefördert werden kann. - Die Kindertagespflege ist ein wichtiger Pfeiler beim U-3-Ausbau. Der Bund fördert die Erst- und Weiterbildung der Tagespflegepersonen nach Mindeststandards und hat sich dazu mit den meisten Bundesländern auf ein gemeinsames Gütesiegel geeinigt. Zuletzt wurde im August 2011 der Weiterbildungszuschuss für Tageseltern eingeführt, welche sich berufsbegleitend ausbilden lassen (Sozialassistent und Sozialassistentin, Erzieher und Erzieherin). - Der dritte Zwischenbericht zur Evaluation des Kinderförderungsgesetzes wird 2012 zudem einen besonderen Schwerpunkt auf die Qualität der Kinderbetreuung legen. - Das BMFSFJ setzt darüber hinaus unter anderem auch auf Entwicklungspartnerschaften mit den über 660 Lokalen Bündnissen, in denen innovative Konzepte entwickelt und erprobt werden. - Bereits die erste Entwicklungspartnerschaft der Lokalen Bündnisse zum Thema "Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Alleinerziehende" hat gezeigt, wie eine durchgängige und wirksame Unterstützungsstruktur entstehen und aussehen kann. An mehr als einem Drittel der Standorte des Programms, "Netzwerke wirksamer Hilfen für Alleinerziehende" des BMAS ist ein Lokales Bündnis Projektträger. - Auf diesen Erfahrungen baut die zweite Entwicklungspartnerschaft zum Thema "Vereinbarkeit für Eltern mit Schulkindern" auf. An dieser Entwicklungspartnerschaft nehmen derzeit rund 120 Lokale Bündnisse und rund 80 aktive Partner wie zum Beispiel Jobcenter, Schulämter, Unternehmen und Kommunen teil. Ziel ist es, neue Ideen und Strategien für Lösungen einer verlässlichen Tagesbetreuung von der Früh bis in den Nachmittag zu entwickeln. Dabei sind Projekte zu unterschiedlichen Betreuungsformen entstanden: Nachmittagsbetreuungen, Randzeitenbetreuungen, Notfallbetreuungen und Ferienbetreuungen. In Februar wird das BMFSFJ ein Handbuch zur Entwicklungspartnerschaft vorstellen, in dem die ersten Ergebnisse zusammengefasst und als Arbeitshilfe aufbereitet sind. In 2012 wird das BMFSFJ diese Entwicklungspartnerschaft fortsetzen und dabei den Schwerpunkt auf lokale Kooperationen setzen, insbesondere mit den Jobcentern, Unternehmen, den Schulen und den Kommunen. - Darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung im Unternehmensprogramm "Erfolgsfaktor Familie" in enger Kooperation mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften für die Förderung einer familienbewussten Arbeitswelt ein. Schon rund 3 800 Betriebe haben sich dem gleichnamigen Unternehmensnetzwerk angeschlossen, die Mitgliederzahl wird in 2012 weiter ausgebaut. Flankierend hat sich die Bundesregierung zusammen mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft und dem DGB mit der Unterzeichnung der "Charta für familienbewusste Arbeitszeiten" zur Förderung flexibler Arbeitszeitmodelle verpflichtet, die insbesondere Müttern mehr Karrieremöglichkeiten in vollzeitnahen Teilzeitmodellen mit 30 bis 35 Wochenstunden ermöglichen. 2012 finden im Rahmen der Initiative mehrere Kooperationsveranstaltungen mit den Partnern aus der Wirtschaft sowie weitere Aktivitäten statt. Anlage 5 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ulrike Flach auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) (Drucksache 17/8323, Fragen 18 und 19): Sind Zahnärztinnen und Zahnärzte mit Kassenzulassungen verpflichtet, ihren Patientinnen und Patienten alle Kassenleistungen anzubieten, oder ist es ihnen beispielsweise gestattet, zuzahlungsfreie Leistungen nach dem Leistungskatalog wie zum Beispiel Amalgamfüllungen durch Leistungen zu ersetzen, die eine Eigenbeteiligung durch den Patienten erfordern? Welche Kassenleistungen ohne Eigenbeteiligung dürfen Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte durch Leistungen mit Eigenbeteiligung ersetzen, und wie ist sichergestellt, dass Patientinnen und Patienten Leistungen aus dem Leistungskatalog erhalten können, die keine Eigenbeteiligung erfordern? Die vertragszahnärztliche Versorgung richtet sich nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 2 und § 73 Abs. 2 Ziffer 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB V, und den entsprechenden Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses. Nach § 92 Abs. 1 Nr. 2 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss Richtlinien, die zur Sicherung der zahnärztlichen Versorgung erforderlich sind und die eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten gewährleisten. Die Pflichten eines Vertragszahnarztes sind im Einzelnen in der Behandlungs- und Zahnersatzrichtlinie fixiert. Nimmt ein Zahnarzt als Vertragszahnarzt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil, so ist er verpflichtet, die Leistungen, die in den Richtlinien festgelegt sind, für gesetzlich Versicherte zu erbringen. Der Versicherte kann sich bei der vertragszahnärztlichen Behandlung für Füllungen entscheiden, die über die notwendigen zahnärztlichen Leistungen hinausgehen (vergleiche § 28 Abs. 2 Satz 2 SGB V). In diesen Fällen ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Versicherten und dem Zahnarzt zu treffen. Eine einseitige Bestimmung oder Festlegung einer Mehrkosten verursachenden zahnärztlichen Behandlung durch den Zahnarzt ist nicht zulässig. Entsprechendes gilt auch bei der Versorgung mit Zahnersatz. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass - bis auf Patientinnen und Patienten in Fällen einer unzumutbaren Belastung - alle gesetzlich Versicherten grundsätzlich einen Eigenanteil tragen müssen. Die Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung, insbesondere auch die Einhaltung der vertragszahnärztlichen Pflichten von Zahnärztinnen und Zahnärzten, überwachen die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (vergleiche § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die Rechtsaufsicht über die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen führen die jeweiligen Landes- bzw. Staatsministerien. Anlage 6 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ulrike Flach auf die Frage der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 21): Hat der Bundesminister für Gesundheit, Daniel Bahr, die Absicht, noch in dieser Legislaturperiode eine Reform des Medizinproduktegesetzes vorzulegen, um dort wirksame Instrumente zum Schutz von Patienten zu verankern, und wird er sich dabei an dem Zulassungsverfahren der amerikanischen Food and Drug Administration, FDA, orientieren? Die Frage enthält zwei Unterstellungen. Erstens wird unterstellt, dass das gegenwärtige deutsche Medizinprodukterecht bestehend aus dem Medizinproduktegesetz, acht Rechtsverordnungen und künftig einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift keine wirksamen Instrumente zum Schutz der Patienten enthält. Diese Unterstellung ist schlicht unzutreffend und hält keiner ernsthaften Überprüfung stand. Zweitens wird unterstellt, dass das FDA-Zulassungssystem in puncto Patientensicherheit signifikante Vorteile gegenüber dem europäischen Marktzugangssystem hat. Auch diese Unterstellung hält einem Praxistest nicht stand, wie verschiedene Untersuchungen zeigen. Aber selbst wenn man das FDA-System für überlegen halten würde, kann dieses nicht mittels eines nationalen Alleingangs Deutschlands eingeführt werden. Das Medizinproduktegesetz basiert im Kern auf europäischem Recht. Deshalb sind grundlegende Änderungen von den aktuellen Marktzugangsvoraussetzungen hin zu einem staatlichen Zulassungssystem überhaupt nur dann möglich, wenn zuvor das europäische Recht entsprechend geändert worden ist. Der bisherige europäische Rechtsrahmen hat sich grundsätzlich bewährt. Die beobachteten Probleme müssen genau untersucht werden und können nicht pauschal auf Mängel des gegenwärtigen Zulassungsverfahrens zurückgeführt werden. Die Bundesregierung wird die Europäische Kommission unterstützen, wenn diese mit der Vorlage der Revision der europäischen Medizinprodukterichtlinien im Sommer 2012 Vorschläge zur weiteren Erhöhung der Patientensicherheit unterbreitet. Anlage 7 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ulrike Flach auf die Frage der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 22): Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag von Professor Dr. Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, IQWiG, im Interesse der Patientinnen und Patienten die Marktzugangsvoraussetzungen für Medizinprodukte mit hoher Risikoklasse ähnlich zu regeln wie bei den Arzneimitteln? Der Marktzugang für Medizinprodukte ist in Form von mehreren europäischen Richtlinien in Europa einheitlich geregelt. Diese stellen im Interesse der Patientensicherheit höchste Anforderungen an die Hersteller und an die Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten. Die Einhaltung dieser Anforderungen wird bei Medizinprodukten mit hoher Risikoklasse von unabhängigen Stellen, Benannte Stellen, zum Beispiel TÜV, geprüft. Dabei müssen die Hersteller einerseits den Herstellungsprozess überprüfen lassen, was einer Herstellungserlaubnis im Sinne einer Arzneimittelzulassung entspricht. Daneben muss die Sicherheit, die Leistungsfähigkeit sowie der durch klinische Daten zu belegende Nutzen für den Patienten durch die Benannte Stelle überprüft werden, was einer Produktzulassung bei Arzneimitteln entspricht. Insofern sind schon heute Hochrisiko-Medizinprodukte und Arzneimittel ähnlich geregelt. Ein organisatorischer Unterschied besteht darin, dass die europäischen Medizinprodukteregularien nicht auf einer staatlichen Zulassung oder einer speziellen Prüfung durch die nationalen Behörden beruhen. Die mit der Prüfung zu beauftragenden Benannten Stellen werden aber durch die nationalen Behörden kontrolliert. Dieses System hat sich grundsätzlich bewährt. Auch der aktuelle Fall der fehlerhaften Brustimplantate belegt keine Mängel an dem Marktzugangssystem für Medizinprodukte. Es ist in erster Linie nicht entscheidend, welches regulatorische System für den Marktzugang zum Tragen kommt, sondern welche Anforderungen in einem System an Hersteller und Produkte gestellt werden. Hiervon zu unterscheiden ist die Überwachung, wenn ein Produkt auf dem Markt ist. Zukünftig sollten sowohl bei den Herstellern als auch im Markt allgemein unangemeldete Kontrollen und Probennahmen und -prüfungen durch die Benannten Stellen und die Marküberwachungsbehörden der Länder verstärkt durchgeführt werden. Das Bundeskabinett hat hierzu bereits vor den aktuellen Ereignissen den Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Medizinproduktegesetzes beschlossen. Im Rahmen der anstehenden Beratungen mit den Ländern und den zuständigen Bundesoberbehörden wird kritisch zu prüfen sein, wie die Überwachung auch durch verstärkte Nutzung oben genannter Instrumente verbessert werden kann. Anlage 8 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ulrike Flach auf die Frage der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 23): Was spricht gegen ein Bewertungsverfahren zum Nutzen von Medizinprodukten ab einer höheren Risikoklasse? Wie schon in der Antwort zur Frage 22 erwähnt, muss schon heute der Medizinproduktehersteller das Verhältnis des Risikos der Anwendung seiner Produkte im Verhältnis zum Nutzen für den Patienten untersuchen, bewerten und bei Produkten höherer Risikoklassen von unabhängigen Experten, Benannte Stellen, überprüfen lassen. Der Nachweis eines angemessenen Nutzen-Risiko-Verhältnisses ist unter anderem auf der Basis klinischer Daten zu führen. Insoweit wird schon heute der Patientennutzen während des Marktzugangsverfahrens für Medizinprodukte bewertet. Hiervon zu unterscheiden ist ein Bewertungsverfahren, mit dem aus Gründen des Zugangs zur Finanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung der Zusatznutzen eines Produktes bzw. einer damit verbundenen medizinischen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode im Vergleich zu Vorgängermodellen, Vergleichsprodukten oder zu alternativen Therapieverfahren untersucht und bewertet werden soll. Der Beleg des Patientennutzens ist ein zentrales Kriterium in den Bewertungen des Gemeinsamen Bundesausschusses und damit für die Etablierung von innovativen Verfahren in der Regelversorgung der GKV. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz hat die Bundesregierung für den Gemeinsamen Bundesausschuss die Möglichkeit geschaffen, künftig innovative Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Potenzial zeitlich begrenzt unter strukturierten Bedingungen bei gleichzeitigem Erkenntnisgewinn und unter Aussetzung seines Bewertungsverfahrens zu erproben. Diese Erprobungsmöglichkeit betrifft medizinische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die maßgeblich auf der Wirkung und technischen Anwendung von neuen innovativen Medizinprodukten basieren. Durch die Neuregelung wird die Möglichkeit eröffnet, die noch fehlenden Erkenntnisse im Rahmen einer Erprobung zu gewinnen und somit die Evidenzbasis entscheidend zu verbessern. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ulrike Flach auf die Frage der Abgeordneten Birgitt Bender (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 24): Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele Implantate der Firma PIP in Deutschland nach dem 1. April 2010 trotz des Verbotes durch die französische Medizinbehörde Afssaps in Verkehr gebracht wurden, und was hat die Bundesregierung bislang getan, um die Zahl der betroffenen Frauen zu ermitteln und diese zu informieren? Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM, liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass trotz des Verbots der französischen Behörde noch nach dem 1. April 2010 Implantate der Firma PIP in Deutschland in Verkehr gebracht wurden. In Bezug auf die Ermittlung der Anzahl der betroffenen Frauen wurden die obersten Landesbehörden am 23. Dezember 2011 seitens des BfArM per E-Mail um eine Information gebeten, wie viele silikongelgefüllte PIP-lmplantate (in welchen Zeiträumen) in ihrem Bundesland implantiert wurden. Diese Bitte wurde am 9. Januar 2012 per E-Mail wiederholt. Einige Länder haben signalisiert, dass die Zahlen ihres Bundeslandes erst Ende Januar vorliegen werden. Die Erhebung der Zahlen ist somit noch nicht abgeschlossen. Das BfArM hat die Öffentlichkeit durch Pressemitteilungen und über seine Webseite über den Sachverhalt und bestehende Risiken grundsätzlich informiert. Dagegen obliegt die unmittelbare Information der betroffenen Frauen den Ärzten bzw. Einrichtungen, die die Implantation vorgenommen haben. Anlage 10 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Ulrike Flach auf die Frage der Abgeordneten Birgitt Bender (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 25): Sieht die Bundesregierung aufgrund der jüngsten Erfahrungen inzwischen Handlungsbedarf für eine Verschärfung der nationalen oder europäischen Bestimmungen hinsichtlich des Marktzugangs von Medizinprodukten mit hoher Risikoklasse, und ist sie bereit, ein verpflichtendes Implantat- bzw. Produktregister aufzubauen? Zunächst nehme ich Bezug auf meine Antwort zu Frage 24. Insoweit ist noch einmal zu betonen, dass mit einer Veränderung des Marktzugangsverfahrens bei Medizinprodukten kriminelle Handlungen von Herstellern nicht verhindert werden können. Der Fall "PIP" ist nur durch die aktive Marktaufsichtskontrolle der französischen Behörde entdeckt worden. Um eine Wiederholung solcher Probleme künftig auszuschließen, ist genau an dieser Stelle anzusetzen. Sowohl die für die Marktaufsicht zuständigen nationalen Behörden, als auch die Benannten Stellen müssen aktiver als bisher ihren Kontrollaufgaben nachkommen. Dabei müssen unangekündigte Kontrollen ebenso zur Pflicht werden wie Untersuchungen der tatsächlich produzierten oder verkauften Produkte mittels Stichprobennahme. Unabhängig vom PIP-Skandal hatte die Bundesregierung bereits die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Medizinproduktegesetzes beschlossen. Ihr muss der Bundesrat noch zustimmen. Die Länder sollen sich unter anderem auf eine zentrale Koordinierungsstelle verständigen und weisen dieser Stelle bestimmte Aufgaben zu. Je nach Aufgabenzuschnitt dieser Stelle hätten die zuständigen Bundesoberbehörden künftig für bestimmte Meldungen und Informationen einen primären Ansprechpartner. Außerdem sollen die Länder Grundsätze der Überwachung und ein Rahmenüberwachungsprogramm erarbeiten. Beide Projekte sollen insbesondere dazu führen, dass künftig in Deutschland eine bundeseinheitliche, qualitätsgesicherte und risikoabgestufte Überwachung erfolgt. Außerdem sollen Verfahren für künftige Probennahmen festgelegt werden. Um bei den durch die Benannten Stellen schon jetzt durchzuführenden regelmäßigen Überprüfungen der Hersteller eine bessere Ausrichtung auf die Prüfung der tatsächlich produzierten Produktqualität zu erreichen, wird man im Rahmen der auf europäischer Ebene anstehenden Revision der europäischen Medizinproduktegesetzgebung entsprechende stichprobenartige Produktprüfungen einführen müssen. Zum Register: Im Fall der PIP-lmplantate war es notwendig, schnell die betroffenen Frauen und Patientinnen zu erreichen. Ein Implantateregister wäre in einem solchen Fall nur dann von Nutzen, wenn es die schnelle namentliche Identifizierung der betroffenen Patientinnen ermöglichen würde. Erfahrungen mit dem in der EU einzigen staatlichen Brustimplantateregister in Großbritannien haben aber gezeigt, dass ein solches Register von den betroffenen Frauen nicht akzeptiert wurde. Großbritannien hat im Jahre 2007 dieses Register wieder abgeschafft. Unter welchen Rahmenbedingungen ein solches Register gleichwohl möglich sein kann, bedarf daher einer ausgiebigen Diskussion und Vorbereitung. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Jan Mü cke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 26): Warum sehen die neuen Empfehlungen für Rastanlagen an Straßen, ERS, für Lkw, Last- und Sattelzüge als Parkstandlänge nur 21,96 Meter vor, und inwieweit wurden Lang-Lkw bzw. Gigaliner überhaupt bei der Überarbeitung der ERS berücksichtigt? Die Empfehlungen für Rastanlagen an Straßen, ERS, aus dem Jahr 2011 wurden für das zu diesem Zeitpunkt übliche Fahrzeugkollektiv des Schwerverkehrs, Lkw, Last- und Sattelzüge, Großraum- und Schwertransporte, in Abhängigkeit von deren Länge, Schleppkurven und Aufkommenshäufigkeit aufgestellt. Im Ergebnis sieht das Regelwerk die Schrägaufstellung für Lkw, Last- und Sattelzüge als Regelaufstellung vor. Für Großraum- und Schwertransporte sind gemäß ERS nach Möglichkeit auf bewirtschafteten und unbewirtschafteten Rastanlagen gesonderte Längsparkstreifen in der Durchfahrt anzuordnen. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Jan Mü cke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 27): Wie bewertet die Bundesregierung nach aktuellem Kenntisstand den Bedarf, Raumordnungspläne gemäß § 17 des Raumordnungsgesetzes aufzustellen, und welche Raumordnungspläne des Bundes sind in der aktuellen Legislaturperiode in Vorbereitung? Zurzeit evaluiert das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie die Festlegungen in den Raumordnungsplänen für die AWZ gemäß § 17 Abs. 3 Raumordnungsgesetz. Je nach den Ergebnissen der Evaluierung werden das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie sodann eine Fortschreibung der Raumordnungspläne erarbeiten. Darüber hinaus sieht die Bundesregierung nach derzeitigem Kenntnisstand - vorbehaltlich weiterer Entwicklungen - keinen aktuellen Bedarf für die Aufstellung eines Raumordnungsplans des Bundes gemäß § 17 des Raumordnungsgesetzes. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Jan Mü cke auf die Fragen des Abgeordneten Stephan Kühn (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Fragen 28 und 29): Welche gesicherten Erkenntnisse und Statistiken liegen der Bundesregierung vor, die darauf hinweisen, dass das Tragen von Kopfhörern im Straßenverkehr und die damit verbundene Ablenkung durch das Hören von lauter Musik oder durch das Telefonieren mit Mobilfunkgeräten für Fußgänger bzw. Fußgängerinnen und Radfahrer bzw. Radfahrerinnen eine relevante Unfallursache darstellen? Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass der Faktor der Ablenkung im Straßenverkehr durch das Hören lauter Musik oder durch das Telefonieren mit Mobilfunkgeräten für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen zutrifft, und, falls ja, welche diesbezüglichen Maßnahmen plant die Bundesregierung? Zu Frage 28: Nach der aktuellen Prognose von destatis wird die Zahl der Unfalltoten 2011 erstmals wieder leicht ansteigen. Gegenüber 2010 ist mit einem Anstieg von 7 Prozent zu rechnen. Fußgänger sind mit einem Anstieg von 25 Prozent gegenüber 2010 überproportional betroffen, während die Zahl von Todesopfern auf Autobahnen weiter zurückgeht. Zudem verzeichnet destatis einen Anstieg der Verkehrsopfer in der Altersgruppe 15 bis 17 von 23 Prozent. Da das Tragen von Kopfhörern im Straßenverkehr im Rahmen der amtlichen Straßenunfallstatistik nicht erhoben wird, liegen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung darüber hinaus zum Zeitpunkt keine gesicherten Erkenntnisse oder Statistiken vor. Zu Frage 29: Die Grundregeln der Straßenverkehrsordnung (§ 1) besagen für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen: Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird. Nach § 1 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung liegt bei einem Verhalten, mit dem andere geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt werden (vergleiche § I Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung - StVO), eine Ordnungswidrigkeit vor, (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 StVO, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann, § 24 Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz) - also auch für Fußgänger. Anders als Fußgänger müssen Fahrzeugführer, wozu auch Radfahrer gehören, dafür sorgen, dass das Gehör nicht durch Geräte beeinträchtigt wird (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 StVO). Verstöße gegen diese Vorschrift stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die mit einer Geldbuße geahndet werden können. Dafür ist eine Regelgeldbuße zwischen 10 und 35 Euro vorgesehen. Dabei wird jeweils von fahrlässiger Handlungsweise und gewöhnlichen Tatumständen ausgegangen. Bei Verursachung eines Unfalls kann die Geldbuße je nach den Umständen des Einzelfalls erhöht werden. Die Notwendigkeit für über die bestehenden Regelungen hinausgehende gesetzliche Maßnahmen sieht die Bundesregierung nicht. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung berücksichtigt das Thema Aufmerksamkeit jedoch bereits im neuen Verkehrssicherheitsprogramm. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Jan Mü cke auf die Fragen des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Fragen 30 und 31): Erachtet die Bundesregierung die Sperrung von Mautausweichstraßen für den Schwerlastverkehr als zielführenden Weg, um gegen Mautausweichverkehr vorzugehen, und lässt sich aus Sicht der Bundesregierung das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach (Az. AN 10 K 09.01294 vom 2. August 2010) auch auf Bundesstraßenabschnitte übertragen, die zwar vollständig bemautet sind, jedoch eine Abkürzung gegenüber dem Weg über die Autobahn darstellen und deshalb weniger Maut kosten als die Autobahn? Ist der Bundesregierung die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach (Az. AN 10 K 09.01294 vom 2. August 2010) bekannt, wonach die Sperrung einer Bundesstraße für den Schwerlastverkehr auf Grundlage des § 45 Abs. 9 Satz 3 der Straßenverkehrs-Ordnung rechtmäßig sei, um gegen Mautausweichverkehr vorzugehen, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesem Urteil? Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach steht im Einklang mit den weiteren zu dieser Thematik ergangenen Urteilen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (HessVGH vom 17. November 2009 - 2 A 1502/09), des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH vom 7. Dezember 2006 - 11 CS 06.2450) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 130, 383-395 = NJW 2008, 2867-2871). Die Einführung der Autobahnmaut führte auf mehreren Strecken des nachgeordneten Straßennetzes zu einer signifikanten Erhöhung des Schwerlastverkehrs und dadurch zu einer stärkeren Belastung der Straßenanlieger und negativen Auswirkungen auf den Verkehrsablauf und das Verkehrsverhalten auf diesen Straßen. Der § 45 Abs. 9 Satz 3 der Straßenverkehrs-Ordnung soll daher das den Straßenverkehrsbehörden zur Verfügung stehende Instrumentarium zur Bekämpfung der Mautflucht erweitern. § 1 Abs. 4 des Autobahn-mautgesetzes für schwere Nutzfahrzeuge, ABMG, ermöglicht die Bemautung des nachgeordneten Straßennetzes im Wege des Verordnungserlasses. Das Ziel der Vermeidung mautkausalen Durchgangsverkehrs ist ohne Anordnung von verkehrsbeschränkenden oder -verbietenden Maßnahmen auf den Ausweichstrecken vielfach nicht zu erreichen. Die zuständige Straßenverkehrsbehörde kann unter den erleichterten Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 3 der Straßenverkehrs-Ordnung die notwendigen Maßnahmen anordnen ohne an die hohen Hürden des § 45 Abs. 9 Satz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung gebunden zu sein oder entsprechend der MautStrAusdehnV auch Strecken des nachgeordneten Straßennetzes zu bemauten. Als zwingend notwendige Nebenfolge wird jedoch auch der nichtmautkausale Durchgangsverkehr von dieser Maßnahme betroffen, da eine "Filterung" von mautkausalem und nichtmautkausalem Durchgangsverkehr in der Praxis nicht zu leisten ist. Nach dem Sinn der Vorschrift darf dies aber nicht dazu führen, dass schon bei einem einzelnen zusätzlichen aufgrund der Maut ausgewichenen LKW eine solche Anordnung ergeht. Andererseits darf die Anordnungsschwelle nicht übermäßig hoch angelegt werden, da ansonsten die Regelung faktisch leerlaufen würde. Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass verkehrsbeschränkende und -verbietende Maßnahmen nach § 45 Abs. 9 Satz 3 der Straßenverkehrs-Ordnung zur Vermeidung erheblicher Auswirkungen zielführend sind, solange sich diese Maßnahmen als verhältnismäßig - auch im Hinblick auf den Durchgangsverkehr, der nicht mautbedingt ist - darstellen. Ein milderes Mittel existiert nicht, denn die Sperrung von Straßen für den Mautausweichverkehr ist die einzig vorgesehene Regelungsmöglichkeit. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach kann nicht auf diejenigen Bundesstraßen übertragen werden, die einer Bemautung unterliegen, da es sich bei dem hier verkehrenden Schwerlastverkehr schon nicht um Mautausweichverkehr handelt. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Jan Mü cke auf die Frage des Abgeordneten Heinz Paula (SPD) (Drucksache 17/8323, Frage 32): Sind die Planungen für Schallschutzmaßnahmen entlang der Bahnlinie Augsburg-Donauwörth inzwischen so weit gediehen, dass ein Termin für die Planfeststellung feststeht, und kann inzwischen ein konkreter Zeitpunkt genannt werden, wann mit der Realisierung der Baumaßnahme begonnen wird? Die Planrechtsverfahren für die Maßnahmen außerhalb von Augsburg wurden bereits im Dezember 2011 und die Maßnahmen im Stadtbereich von Augsburg werden noch im Januar 2012 beim Eisenbahn-Bundesamt Außenstelle München beantragt. Der Baubeginn hängt vom Verlauf der Planrechtsverfahren ab. Es kann davon ausgegangen werden, dass mit der Realisierung der Maßnahmen im Jahr 2014 begonnen wird. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Jan Mü cke auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 33): Wie bewertet die Bundesregierung die im Rahmen der Benehmensbeteiligung abgegebene lärmfachliche Beurteilung der Flugrouten für den Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg BER in Bezug auf ihren Einfluss auf das laufende Verfahren zur Festlegung der Flugrouten, und welche Position nimmt die Bundesregierung zur Forderung des Umweltbundesamtes nach einem Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ein? Die lärmfachliche Stellungnahme des Umweltbundesamtes im Rahmen der Benehmensregelung nach § 32 Abs. 4c Satz 2 des Luftverkehrsgesetzes wird derzeit vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung geprüft. Sie enthält eine detaillierte Bewertung der von der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH erarbeiteten Fachplanung und weiterer Varianten in lärmfachlicher Hinsicht. Die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung wird eine ausführliche Begründung enthalten, die auch auf die lärmfachliche Bewertung des Umweltbundesamtes eingeht. Die Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung ist für Ende Januar geplant. Der Schutz der Nachtruhe hat auch im Luftverkehrsrecht besonderes Gewicht. Vor der Einführung von Nachtflugverboten an deutschen Flughäfen muss jedoch neben den Lärmschutzaspekten auch die Bedeutung des nächtlichen Luftverkehrs für die Luftverkehrswirtschaft, für die Logistikketten und für die Wirtschaft insgesamt berücksichtigt werden. Im Flughafenkonzept 2009 hat die damalige Bundesregierung auf Folgendes hingewiesen: "Nächtlicher Fluglärm führt in Abhängigkeit von Lage und Abstand der Wohnbebauung im Flugplatzumland zu den An- und Abflugstrecken zu Belastungen der Bevölkerung. Bei der Abwägung zwischen der Zulassung nächtlicher Starts und Landungen an einem Flugplatz sind nach Auffassung der Bundesregierung stets einzelfallbezogen die verkehrliche und wirtschaftliche Bedeutung des nächtlichen Flugbetriebs sowie die fluglärmbedingten Beeinträchtigungen der Menschen im Flugplatzumland umfassend gegeneinander abzuwägen. Dies geschieht im Planfeststellungsverfahren und bei behördlichen Entscheidungen und spiegelt sich in der Genehmigung des Flugplatzes wider." Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass Entscheidungen über die Betriebszeiten von Flugplätzen nicht im Rahmen der Festlegung von Flugverfahren getroffen werden. Die Zuständigkeit für die Betriebszeiten liegt bei den Landesbehörden. Anlage 17 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 34): Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung gemäß ihrer am 4. Januar 2012 abgegebenen Stellungnahme im Rahmen der angebotenen Weiterführung und Intensivierung des Erfahrungsaustausches mit der polnischen Regierung zum Aufbau sowie Ausbau erneuerbarer Energien, und welche Rolle spielt dabei der Ausbau der grenzüberschreitenden Infrastruktur zwischen den beiden Ländern? Die Bundesregierung ist bereit, zu allen die polnische Regierung interessierenden Fragen zum Aufbau und zum Ausbau der erneuerbaren Energien zusammenzuarbeiten. Es ist geplant, die Kooperation unter dem Dach des Mitte 2011 begonnenen klimapolitischen Dialogs zu führen. Unter anderem ist die Fortsetzung des fachlichen Austausches zu wirtschaftlichen und sozialen Implikationen einer ambitionierten Klimapolitik, inklusive des Ausbaues erneuerbarer Energien, vorgesehen. Polen war im Jahr 2011 zudem eines der Schwerpunktländer im Rahmen der Exportinitiative Erneuerbare Energien des Bundeswirtschaftsministeriums. Im Rahmen des deutsch-polnischen Energiedialogs werden Energiefragen insgesamt, einschließlich von Fragen des Infrastrukturausbaus, behandelt. Daneben arbeiten Deutschland und Polen im Rahmen verschiedener regionaler Initiativen und Foren mit dem Ziel des Ausbaus der grenzüberschreitenden Netzinfrastruktur und der Verbesserung der Versorgungssicherheit zusammen, insbesondere: Elektrizitätsforum Mittelosteuropa (Central Eastern European Electricity Forum), Nord-Süd-Verbundinitiative der EU-Kommissio (North-South Interconnection Initiative), Ostseeverbundplan der EU-Kommission (Baltic Energy Market Interconnection Plan). Die Arbeiten an laufenden Netzausbauprojekten zwischen Deutschland und Polen werden von den zuständigen Übertragungsnetzbetreibern weiter geführt und auf politischer Ebene begleitet. Anlage 18 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 35): Wann genau hat sich die Änderung der Gefährdungslage in Deutschland, in deren Folge die neuen Sicherungsmaßnahmen an den zentralen und standortnahen Zwischenlagern für Atommüll vorgesehen und durchgeführt werden, ergeben - bitte auch mit Angabe des Datums des betreffenden Beschlusses der damit befassten Bund-Länder-Kommission -, und wann genau erfolgte die Veranlassung/Anordnung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, aufgrund derer das Bundesamt für Strahlenschutz am 15. April 2011 die Betreiber aller Zwischenlager in Deutschland bezüglich einer Verbesserung der Sicherungsmaßnahmen anschrieb (vergleiche Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Bundestagsdrucksache 17/7136 zu Frage 6)? Als Ergebnis einer regelmäßigen Überprüfung der Sicherungsanforderungen werden zur Verbesserung des Schutzes gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter die Sicherungsmaßnahmen der Zwischenlager derzeit optimiert. Die Nachrüstung der Zwischenlager erfolgt aufgrund einer veränderten wissenschaftlichen Erkenntnislage. Sie resultiert nicht aus einer veränderten Gefährdungslage für die Bundesrepublik. Die einschlägigen, abschließenden Beratungen bzw. Beschlüsse erfolgten in den zuständigen Bund-Länder-Gremien wie folgt: in den Sitzungen des Arbeitskreises Sicherung am 18./19. Oktober 2010 sowie am 29./30. März 2011 und in den Sitzungen der Kommission "Sicherung und Schutz kerntechnischer Einrichtungen" am 23./24. November 2010 sowie am 12./13. April 2011. Der Fachausschuss Reaktorsicherheit wurde auf seiner Sitzung am 23./24. Mai 2011 über die neuen Anforderungen an die Sicherung von Zwischenlagern unterrichtet. Das Schreiben des BfS vom 15. April 2011, mit dem die Betreiber aufgefordert wurden, die zur Optimierung der Sicherungsmaßnahmen der Zwischenlager erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, erfolgte aufgrund eines Erlasses des Bundesumweltministeriums vom 28. März 2011. Anlage 19 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 36): Inwiefern ist die Berichterstattung des Magazins Der Spiegel, Heft 2/2012, korrekt, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, plane, die Entsorgungskommission zu einer Behörde aufzuwerten - bitte mit ausführlicher Erläuterung und Angabe der alternativen Überlegungen -, und für welche Ebene der BMU-Hausleitung gibt es zu diesen und den alternativen Überlegungen bereits schriftliche Vorlagen (Abteilungsleiter/Staatssekretär/Bundesminister)? Die Berichterstattung ist nicht korrekt. Bund und Ländern haben auf Initiative des Bundesumweltministers verabredet, den erreichten energiepolitischen Konsens auch auf die offene Frage der Entsorgung radioaktiver Abfälle auszudehnen. Im Rahmen des zweiten Gesprächs der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung eines neuen Endlagersuchgesetzes wurden am 15. Dezember 2011 die Meilensteine der Standortsuche und Standortbestimmung sowie ein Zeitplan festgelegt. Dabei bestand Einigkeit darüber, dass in diesem Gesetz der grundsätzliche und der institutionelle Rahmen der wissenschaftlichen und behördlichen Einrichtungen festgelegt werden, die die Sicherheitskriterien und die wissenschaftliche Basis für die Erkundung der Standorte erarbeiten, sowie der genehmigenden und beaufsichtigenden Institution und schließlich der für Planung, Bau und Betrieb zuständigen Einrichtung. Weitere Festlegungen sind bisher nicht getroffen. Anlage 20 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 37): Welche konkreten Vorhaben der Bundesregierung gibt es - zusammen mit der dänischen EU-Ratspräsidentschaft -, das 30-Prozent-CO2-Reduktionsziel der EU durchzusetzen? Auf EU-Ebene wird derzeit diskutiert, auf welchem Wege der Übergang in eine wettbewerbsfähige CO2-arme Wirtschaft erreicht werden kann. Die EU verpflichtete sich zudem bereits 2007/2008 auf die Initiative "20-20-20": Bis zum Jahr 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 20 Prozent, gegebenenfalls 30 Prozent (vergleiche ER-Beschlüsse), gesenkt, der Anteil erneuerbarer Energieträger am Energieverbrauch auf 20 Prozent und die Energieeffizienz um 20 Prozent gesteigert werden. Eine Anhebung des EU-Klimaziels auf 30 Prozent im Jahre 2020 gegenüber 1990 trägt die Bundesregierung auf Basis des nationalen 40-Prozent-Ziels dann mit, wenn keine darüber hinausgehenden Emissionsminderungen von Deutschland verlangt werden und alle EU-Mitgliedstaaten einen fairen Beitrag leisten. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Helge Braun auf die Fragen des Abgeordneten Kai Gehring (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Fragen 38 und 39): Was verspricht sich die Bundesregierung von einer Privatisierung der Softwareabteilung der Hochschul-Informations-System GmbH, HIS-IT, und welche konkreten kurzfristigen Verbesserungen erwartet die Bundesregierung von dieser Privatisierung bezogen auf die Bereitstellung aktueller Software für die Hochschulen unter anderem zur Behebung des Zulassungschaos und den daraus resultierenden Missstand, dass Zehntausende zulassungsbeschränkte Studienplätze unbesetzt bleiben? Welche alternativen Sofortmaßnahmen sieht und ergreift die Bundesregierung, um das Dialogorientierte Serviceverfahren für die Hochschulzulassung, DoSV, zügig zum Erfolg zu führen - zum Beispiel bei Finanzierung, Kapazitäten, Personal -, oder denkt die Bundesregierung darüber nach, ein komplett neues System von anderen Softwareanbietern entwickeln zu lassen? Zu Frage 38: Der Bund als einer der 17 Gesellschafter der Hochschul-Informations-System GmbH, HIS, setzt sich dafür ein, dass die Gesellschafter die Beauftragung einer Untersuchung beschließen, die alternative Geschäftsmodelle des Unternehmensbereichs IT der HIS prüft und bewertet. Die Privatisierung dieses Unternehmensbereichs ist eines von mehreren denkbaren künftigen Geschäftsmodellen. Eine Festlegung auf eine Variante ist bislang nicht erfolgt. Die avisierte Untersuchung ist unabhängig von den weiteren Entwicklungsarbeiten der HIS GmbH zur Anbindung der von ihr mit Software belieferten Hochschulen an das Dialogorientierte Serviceverfahren, DoSV. Zu Frage 39: Die Ein- und Durchführung des DoSV obliegt nach den Vorgaben des Länderstaatsvertrages der von den Ländern im Zusammenwirken mit den Hochschulen getragenen Stiftung für Hochschulzulassung, SfH. Der Bund hat für die Entwicklung der zentralen Software für das DoSV eine Anschubfinanzierung geleistet. Die bundesfinanzierte Software steht der SfH seit Monaten einsatzbereit zur Verfügung und wird entsprechend der Entscheidung des zuständigen Stiftungsrates der SfH zum Wintersemester 2012/13 in Form eines Pilotbetriebs in Betrieb genommen. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/8323, Frage 40): Wann soll das sogenannte NRW-Stipendium eingestellt und von der Bundesregierung in das Deutschlandstipendium - unter Angabe der daraus resultierenden Ausgaben in den Jahren 2012 und 2013 für den Bundeshaushalt - überführt werden, und inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung, gegebenenfalls weitere Stipendienprogramme der Länder zu übernehmen? Die Vergabe neuer Stipendien im Rahmen des NRW-Stipendienprogramm wurde eingestellt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat in zwei aufeinanderfolgenden Jahren Zuwendungen für jeweils 4 Jahre an die beteiligten Hochschulen gemacht. Die erste Kohorte wird am 30. September 2013 auslaufen, die zweite Kohorte am 30. September 2014. Zudem hat das zuständige Landesministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung die am NRW-Stipendium beteiligten Hochschulen aufgefordert, sich bei der Stipendienvergabe auf das Deutschlandstipendium zu konzentrieren. Eine Überführung bestehender NRW-Stipendien in Deutschlandstipendien ist nicht vorgesehen. Anlage 23 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Gudrun Kopp auf die Frage des Abgeordneten Ulrich Kelber (SPD) (Drucksache 17/8323, Frage 41): Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren am 1. Januar 2011 bei GTZ, InWEnt und DED vor der Fusion jeweils in Bonn, Berlin und Eschborn beschäftigt, und wie viele waren es jeweils am 1. Januar 2012 bei der GIZ in Bonn, Berlin und Eschborn? Zum 31. Dezember 2010 haben die GTZ, der DED und InWEnt in Deutschland insgesamt 3 081 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Davon entfielen auf den Standort Bonn (inklusive Bad Honnef) insgesamt 845 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 98 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GTZ, 212 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DED und 535 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von InWEnt. Am Standort Eschborn (inklusive Frankfurt a. M.) arbeiteten insgesamt 1 715 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon alle für die GTZ. Insgesamt 319 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren am Standort Berlin beschäftigt, davon 213 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GTZ, 1 Mitarbeiterin/Mitarbeiter des DED und 105 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von InWEnt. Auf weitere deutsche Standorte von InWEnt entfielen insgesamt 202 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum 31. Dezember 2011 hat die GIZ insgesamt 3 241 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland beschäftigt. Davon entfielen auf den Standort Bonn (inklusive Bad Honnef) 856 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auf den Standort Eschborn 1 814 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auf den Standort Berlin 368 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auf weitere deutsche Standorte der GIZ insgesamt 203 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Anlage 24 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Gudrun Kopp auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 42): Wie viele neue Planstellen und Stellen schuf der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, in seinem Bundesministerium seit Beginn seiner Amtszeit, und wie viele bestehende und neue Planstellen und Stellen besetzte er dort seither jeweils mit Mitgliedern, aktuellen oder früheren Amts- oder Funktionsträgern sowie deren Mitarbeitern aus der FDP? Im Haushalt des BMZ sind seit Beginn der Amtszeit BM Niebel insgesamt 181 Planstellen und 21 Stellen durch das Parlament bewilligt worden. Davon sind bereits drei Planstellen weggefallen. Die Besetzung von Planstellen und Stellen erfolgt gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und gemäß § 9 BBG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Die Parteizugehörigkeit darf unter Hinweis auf Art. 3 Abs. 3 GG nicht abgefragt werden. Anlage 25 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Gudrun Kopp auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 43): Wie bewertet das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, angesichts der schwachen Umfragewerte der FDP die Aussage des Beitrags "Rette sich, wer kann" der Fernsehsendung Report München vom 10. Januar 2012, der sich mit der Personalpolitik in zwei FDP-geführten Bundesministerien befasst? Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, nimmt die entwicklungspolitischen Aufgaben innerhalb der Bundesregierung wahr und stellt die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten entwicklungspolitischen Ziele sicher. Ein wichtiges und auch vom Parlament immer wieder eingefordertes Ziel ist dabei die Erhöhung der politischen Steuerungsfähigkeit des BMZ, und damit einhergehend eine höhere Wirksamkeit und Effizienz der deutschen Entwicklungspolitik. Hierfür benötigt das BMZ eine adäquate Personalausstattung, die vom Parlament im Haushaltsverfahren 2011 auch bewilligt wurde. Der Stellenaufwuchs im Ministerium ist ein unmittelbares Ergebnis der erfolgreichen und vom Parlament ausdrücklich begrüßten Strukturreform des entwicklungspolitischen Vorfeldes im Jahr 2011. Durch die Fusion von GTZ, DED und InWent verringert sich der Stellenbestand des Bundes im Einzelplan 23 um 300 Stellen - trotz des Stellenaufwuchses im BMZ und trotz der Gründung von "Engagement Global" und Evaluierungsinstitut. Die Strukturreform der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und der damit verknüpfte Stellenaufwuchs im BMZ stellen vor diesem Hintergrund einen der größten entwicklungspolitischen Erfolge der vergangenen Jahrzehnte dar. Anlage 26 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Gudrun Kopp auf die Fragen der Abgeordneten Ute Koczy (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Fragen 44 und 45): Wie bewertet die Bundesregierung die Stimmung der Belegschaft im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung angesichts der Tatsache, dass es den öffentlichen Eindruck und zahlreiche Presseberichte dazu gibt, dass lukrative Posten im BMZ bevorzugt an FDP-nahe Personen vergeben werden, während fachlich kompetente Mitarbeiter des BMZ übergangen werden? Nach welchen fachlichen Kriterien wurde die neue Abteilungsleiterin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ausgewählt, und nach welchem Verfahren verlief dieser Auswahlprozess? Zu Frage 44: Das BMZ erhebt keine Untersuchungen zur Stimmung in der Belegschaft. Zu Frage 45: Die für die Abteilungsleitung vorgesehene Kollegin ist Senior-Projektleiterin bei McKinsey & Company, Inc. und gehört dort zur erweiterten Leadership Group der Economic Development Practice. Bei McKinsey gilt sie als ausgewiesene Expertin für die Beratung von Entwicklungs- und Schwellenländern rund um die Themen wirtschaftliche Entwicklung, Wachstum und Effizienzsteigerung im Bereich der EZ. Seit 2006 war sie unter anderem maßgeblich beteiligt an der Erarbeitung und Implementierung von regionalen Entwicklungstrategien in Ländern der MENA-Region, an der Entwicklung und Implementierung eines Reformprogramms im Nahen Osten im Bereich Bildung sowie an einem globalen Forschungsprojekt zu Development Effectiveness. Sie ist deshalb in besonderer Weise für die Übernahme dieser Funktion qualifiziert. Bei der Besetzung von Abteilungsleitungen ist es allgemein anerkannte Staatspraxis, dass neben der generellen fachlichen Eignung eine Übereinstimmung mit der politischen Grundausrichtung und den Zielen der Bundesregierung sowie ein besonderes Vertrauensverhältnis zur Hausleitung erforderlich sind. Anlage 27 Antwort der Parl. Staatssekretä rin Gudrun Kopp auf die Fragen des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Fragen 46 und 47): Wurden für die Besetzung des freiwerdenden Abteilungsleiterpostens im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auch Beamte und Beamtinnen aus dem BMZ in Betracht gezogen, und aus welchem Grund wurde der Abteilungsleiterposten nicht an eine fachlich kompetente BMZ-Mitarbeiterin vergeben? Was entgegnet die Bundesregierung auf Vorwürfe aus der (Fach-)Öffentlichkeit, wonach der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, sein Bundesministerium dazu missbrauche, Mitglieder, aktuelle oder frühere Amts- und Funktionsträger und -trägerinnen sowie ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FDP mit gutdotierten Posten im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu versorgen, und wie entkräftet sie Vorwürfe, denen zufolge die Besetzung der Posten gegen geltendes Recht verstoße? Zu Frage 46: Selbstverständlich werden vor Besetzung einer solchen Führungsposition zahlreiche Aspekte abgewogen und dann zur Entscheidung durch die Leitungsebene des BMZ gebracht. Im Übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Frage 45 der Abgeordneten Koczy. Zu Frage 47: Die Besetzung von Planstellen und Stellen erfolgt gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und gemäß § 9 BBG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Die Parteizugehörigkeit darf unter Hinweis auf Art. 3 Abs. 3 GG nicht abgefragt werden. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/8323, Frage 48): Wie haben die Bundesregierung sowie Vertreter und Vertreterinnen aus der Tourismuswirtschaft und von Nichtregierungsorganisationen aus Deutschland an der Internationalen Konferenz für Ethik und Tourismus der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen, UNWTO, im September 2011 in Madrid mitgewirkt, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dieser Konferenz, damit der vor zwölf Jahren von der UNWTO verabschiedete Globale Ethikkodex für den Tourismus noch wirksamer als Leitfaden für die deutsche Tourismuspolitik und -wirtschaft zum Tragen kommt? Die Bundesregierung war auf der 1. Internationalen Ethik-Konferenz in Madrid, zu der die UNWTO und das spanische Ministerium für Industrie, Handel und Tourismus, jetzt Ministerium für Industrie, Energie und Tourismus, am 15./16. September 2011 eingeladen hatten, durch die Deutsche Botschaft Madrid vertreten. Seitens der Tourismuswirtschaft nahmen Herr Michael Rabe, Generalsekretär des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft, BTW, und Herr Andreas Müseler, REWE-Group, Vorsitzender des Komitees für Nachhaltigkeit und Ethik im Tourismus des Deutschen ReiseVerbandes e. V., DRV, teil. Frau Antje Monshausen, Evangelischer Entwicklungsdienst, EED - Tourism Watch, nahm als Vertreterin einer Nichtregierungsorganisation teil. Der Kongress befasste sich vor allem mit den Themen Nachhaltiger Tourismus, Fairer Tourismus, Kampf gegen Armut, Soziale Verantwortung der Unternehmen, Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung im Tourismus. Nach Einschätzung der deutschen Konferenzvertreter wurde die Konferenz von den Teilnehmern vor allem als Informationsveranstaltung und Plattform zum "Networking" am Rande der Veranstaltung genutzt. Die Bedeutung der stärkeren Sensibilisierung der Tourismuswirtschaft für nachhaltigen Tourismus sowohl in den Zielländern als auch in den Herkunftsländern sowie der Reisenden wurde erkannt und intensiv diskutiert. Somit stellte die Konferenz einen wertvollen Meinungsaustausch dar. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/8323, Frage 49): Welche Projekte zur Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung aus Forschungs- und Entwicklungsförderprogrammen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie für den Mittelstand - Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand, Industrielle Gemeinschaftsforschung, Innovationskompetenz Ost, FuE-Beratungsprogramme, siehe auch Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskovention - wurden im Jahr 2011 bewilligt bzw. durchgeführt, und welche diesbezüglichen Ergebnisse konnten dabei erreicht werden? Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Dr. Philipp Rösler hatte auf Ihre Frage im Deutschen Bundestag am 24. November 2011, wie sich das Thema Barrierefreiheit im Haushalt des BMWi widerspiegelt, bereits geantwortet, dass das BMWi im Rahmen seiner Möglichkeiten alles tut, um Gleichberechtigung für alle Menschen in unserem Lande zu erreichen. Das betrifft nicht nur das barrierefreie Reisen, sondern eine Vielzahl anderer Wirtschaftbsereiche, in denen die Herstellung von Barrierefreiheit unterstützt wird. Beispielhaft finden Sie entsprechende Projekte aus den BMWi-Förderprogrammen in den Anlagen 1 und 2. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 50): Welchen konkreten Inhalt - vor allem konkrete Berechnungsgrundlage für die Lastabwurfprämie und Zeitplan zur Inkraftsetzung - wird die Verordnung zum Lastmanagement auf Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 13 Abs. 4a Satz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes, EnWG, besitzen, und hätte nach Ansicht der Bundesregierung der angebliche Stromimport aus einem Ölkraftwerk in Österreich Anfang Dezember 2011 mit einer bereits bestehenden Lastabwurfprämie vermieden werden können? Details zu einer Verordnung zu abschaltbaren Lasten nach § 13 Abs. 4a Satz 4 Energiewirtschaftsgesetz können momentan noch nicht genannt werden; ein Entwurf wird momentan vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie erarbeitet und anschließend innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. Voraussetzungen für einen kraftwerkskompensierenden Einsatz abschaltbarer Lasten in kritischen Netzsituationen wären die Möglichkeit zur dauerhaften bzw. wiederholbaren Lastabschaltung über mehrere Stunden und Tage entsprechend der Dauer der kritischen Netzsituation, eine ausreichende Gesamtleistung an abschaltbaren Lasten sowie eine geeignete netztopologische Lage der Lasten. Ob die Inanspruchnahme von Reserveleistung aus Österreich Anfang Dezember 2011 durch einen Lastabwurf hätte vermieden werden können, ist nach heutigem Kenntnisstand eher unwahrscheinlich. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 51): Wie bewertet die Bundesregierung den vorliegenden Entwurf der EU-Kommission für die Beihilfeleitlinien für das angekündigte deutsche Förderprogramm für fossile Kraftwerke, und wie sieht der weitere Zeitplan der Bundesregierung für ihre Veröffentlichung der genauen Förderbedingungen des Programms aus? Die Europäische Kommission hat Ende Dezember einen Entwurf zu den Beihilfeleitlinien für die von ihr im Jahr 2008 im Zusammenhang mit dem Energie- und Klimapaket zugesagte Möglichkeit der Förderung hocheffizienter Kraftwerke in den Jahren 2013 bis 2016 vorgelegt. Bis zum 31. Januar 2012 läuft eine öffentliche Konsultation zum Entwurfstext. Am 20. Januar findet zudem eine Sitzung statt, in der die KOM den Entwurf mit den MS erörtert. Die Bundesregierung sieht den Entwurf im Hinblick auf das geplante Kraftwerksförderprogramm kritisch. Insbesondere sind die Anforderungen an die CCS-Fähigkeit der Anlagen als Voraussetzung für die Gewährung eines höheren Fördersatzes sehr hoch. Die Kommission wird im Anschluss an die Konsultation über die verbindlichen Regeln entscheiden. Die konkrete Ausgestaltung des geplanten Kraftwerksförderprogramms der Bundesregierung hängt dann von dieser Rechtsgrundlage ab. Über den Zeitplan wird die Bundesregierung nach Verabschiedung der verbindlichen Beihilferegeln entscheiden. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/8323, Frage 52): Welche Forschungsprojekte zur Abscheidung, zum Transport und zur Speicherung von Kohlendioxid werden im Einzelnen - insbesondere im Hinblick auf die von mir im Rahmen des Berichterstattergesprächs zum Haushalt 2012 angefragten Vorhaben gemäß der zweiten Tranche Seite 24 bis 25 sowie der Anlage 21 vom 28. September 2011 und der Antwort der Bundesregierung auf meine mündliche Frage 32 auf Bundestagsdrucksache 17/8101, wonach zunächst keine neuen Fördermaßnahmen bewilligt werden sollen - aktuell jeweils unter Angabe der jeweiligen Fördersumme im Jahr 2012 gefördert bzw. wurden zunächst zurückgestellt, und welche Perspektiven sieht die Bundesregierung - unter Angabe des Zeitplans des Vermittlungsverfahrens - für die Erforschung der CCS-Technologien insbesondere im Hinblick auf das aktuelle Energieforschungsprogramm? Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgelegten Förderprogramms COORETEC sowie im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung aufgelegten Förderprogramms GEOTECHNOLOGIEN sind Forschungs- und Entwicklungsprojekte zur Abscheidung und zur Speicherung von Kohlendioxid bewilligt worden. Eine Übersicht über die jeweiligen Projekte inklusive der vom BMBF seit September 2011 zurückgestellten Projekte füge ich in den Anlagen bei. In der BMBF-Liste wurden die Haushaltszahlen für 2012 ergänzt. Die nächste Sitzung des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur Demonstration und Anwendung von Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid, CCS-Gesetz, wird am 8. Februar 2012 stattfinden. Im Hinblick auf das CCS-Gesetz wird die 13. Sitzung des Vermittlungsausschusses fortgesetzt. Eine in der Sitzung des Vermittlungsausschusses am 14. Dezember 2011 beschlossene informelle Arbeitsgruppe zu CCS unter Vorsitz von Herrn Altmaier, MdB, wird voraussichtlich am 25. Januar 2012 zusammenkommen. Das Energieforschungsprogramm der Bundesregierung vom 3. August 2011 positioniert sich auch zur Forschungsförderung von CCS-Technologien. CCS könnte zum Erreichen der Klimaschutzziele und zu einer möglichst sicheren, effizienten und umweltverträglichen Energieversorgung und Industrieproduktion beitragen. Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu CCS zielen darauf ab, die Forschung im nächstgrößeren Maßstab, das heißt im Pilot- bzw. Demonstrationsmaßstab zu ermöglichen. Erst Pilot- und Demonstrationsprojekte erlauben belastbare Aussagen zur großtechnischen Umsetzung unter anderem im Hinblick auf die Prozesse im Untergrund, die dauerhafte Sicherheit der Speicher sowie die Machbarkeit der Technologie insgesamt. Die Ergebnisse der FuE-Projekte sind deshalb entscheidend für die Beurteilung der technischen, wirtschaftlichen und umweltgerechten Machbarkeit von CCS und der zukünftigen Einsatzmöglichkeiten dieser Technologie. Darüber hinaus sollen deutsche Antragsteller von Entwicklungsprojekten im Bereich CCS auf EU-Ebene im Rahmen des europäischen Strategieplans für Energietechnologien (SET-Plan) unterstützt werden. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 53): Welche Faktoren haben aus Sicht der Bundesregierung dazu geführt, dass die Börsenpreise für Strom seit März 2011 nicht gestiegen sind - bitte Faktoren im Einzelnen aufführen -, und welche dieser Faktoren dürften in den nächsten Jahren eine zunehmende Rolle spielen? Analysen dahin gehend, welche Faktoren in der Preisbildung zu welchen konkreten Kostenbestandteilen im Einzelnen beitragen, liegen der Bundesregierung nicht vor. Aussagen darüber, welche Faktoren im Jahr 2011 im Einzelnen zu welchen Preisen geführt haben oder in Zukunft führen werden, kann die Bundesregierung daher nicht machen. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/8323, Frage 54): Hat die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel am Rande eines EU-Gipfeltreffens Ende Oktober 2011 mit dem damaligen Premier Griechenlands, Giorgos Papandreou, das Thema Erfüllung von Rüstungsaufträgen besprochen, und was war das Ergebnis? Klarer Schwerpunkt der Gespräche des EU-Gipfeltreffens Ende Oktober 2011 waren die Bewältigung der Finanz- und Staatsschuldenkrise in Europa. Aus den vertraulichen Gesprächen der Bundeskanzlerin mit einzelnen Partnern können aus grundsätzlichen Erwägungen heraus keine Auskünfte über Einzelheiten gegeben werden. Anlage 35 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/8323, Frage 55): Hat der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, im Frühjahr 2010 mit der griechischen Regierung über das Thema Rüstungsaufträge - unter anderem Bestellung von Eurofightern - gesprochen, und wie passt dies mit der zeitgleich von Griechenland eingeforderten Politik der Haushaltskonsolidierung zusammen? Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, hat am 8. Februar 2010 das Thema Eurofighter in einem Vier-Augen-Gespräch mit Ministerpräsident Giorgos Papandreou angesprochen. Die Bundesregierung geht grundsätzlich davon aus, dass die griechische Regierung in eigener Verantwortung sinnvolle Ausgabekürzungsmöglichkeiten auch im Militärbereich nutzt. Anlage 36 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/8323, Frage 56): Inwiefern arbeiten deutsche Ministerien, Behörden, Institute oder Firmen nach Kenntnis der Bundesregierung mit Libyen polizeilich, grenzpolizeilich, militärisch oder geheimdienstlich zusammen - organisatorisch, finanziell, mit Ausstattungshilfe, zu Ausbildungszwecken oder in Bezug auf Aufklärung -, wie es der Bundesaußenminister anlässlich seines jüngsten Besuchs in Libyen am 8. Januar 2012 etwa zur Migrationskontrolle angedeutet hatte, und welche derartige Zusammenarbeit existiert hierzu mit Organen der Europäischen Union bzw. ist für die Zukunft projektiert? Im Rahmen der von den Vereinten Nationen, VN, koordinierten Maßnahmen zur Unterstützung des Übergangsprozesses in Libyen hat die EU den Bereich des Grenzschutzes übernommen. Zunächst sind Bedarfsanalysen geplant. Der libysche Außenminister hat beim Besuch des Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, in Tripolis am 8. Januar 2012 aufzunehmende illegale Migration aus dem Süden hingewiesen und unter anderem um Unterstützung der EU beim Umgang mit illegalen Migranten gebeten. Die Bundesregierung hat deutsche Experten für die geplante EU-Prüfmission zu Fragen der Grenzsicherung im Rahmen des Mandates der VN-Mission zur Unterstützung Libyens (UNSMIL) angeboten. Der Europäische Auswärtige Dienst, EAD, hat einen dieser Experten als Teilnehmer für die Prüfkommission nominiert. Eine bilaterale grenzpolizeiliche Zusammenarbeit mit den libyschen Grenzbehörden findet bisher nicht statt. Im Rahmen der Europäischen Migrationspolitik wird langfristig - sofern die Umstände dies erlauben - ein Dialog zu Migration, Mobilität und Sicherheit mit Libyen angestrebt. Dabei geht es um einen partnerschaftlichen Dialog, um die vielfältigen Herausforderungen und Chancen gemeinsam anzugehen und zu nutzen. Im polizeilichen Bereich hat die Bundesregierung am 1. November 2011 auf bilateraler Ebene einen Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamtes an die Deutsche Botschaft in Tripolis entsandt. Deutschland hilft Libyen darüber hinaus im militärischen Bereich, zum Beispiel im Bereich der Vernichtung von Minen und kleinen und leichten Waffen sowie bei der Schaffung der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Vernichtung der libyschen Chemiewaffen. Die Bundeswehr hat hierzu am 3. November 2011 Inspektoren der Organisation für das Verbot chemischer Waffen, OVCW, in die libysche Wüste nach Al-Ruwagha transportiert, die dort den Zustand eingelagerter, bereits deklarierter Chemiewaffen prüfen konnten. Vom 17. bis 19. Januar 2012 wird die Bundeswehr erneut Inspektoren nach Libyen fliegen, um neu aufgefundene Chemiewaffen zum ersten Mal zu inspizieren. Hinsichtlich der nachrichtendienstlichen Aspekte dieser Frage ist die Bundesregierung nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass die erbetene Auskunft geheimhaltungsbedürftig ist. Die Anfrage zielt auf Einzelheiten tatsächlicher oder vermuteter nachrichtendienstlicher Aktivitäten, die grundsätzlich nicht öffentlich dargestellt werden können. Aus ihrer Offenlegung könnten sowohl staatliche Akteure anderer Länder als auch nichtstaatliche Akteure Rückschlüsse auf die Fähigkeiten und Methoden des Bundesnachrichtendienstes ziehen. Im Ergebnis würde dadurch die Funktionsfähigkeit unserer Sicherheitsbehörden und damit die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Gleichwohl ist die Bundesregierung selbstverständlich bereit, das Informationsrecht des Parlamentes unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen zu befriedigen. Deshalb hat die Bundesregierung die erbetenen Informationen als "VS-VERTRAULICH" eingestuft. Eine entsprechende Verschlusssache wurde an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsicht durch den Fragesteller gemäß den Geheimschutzvorschriften übermittelt. Anlage 37 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/8323, Frage 57): Worin besteht das bilaterale Abkommen zwischen Deutschland und Kasachstan über eine Partnerschaft im Rohstoff-, Industrie- und Technologiebereich im Einzelnen, für das Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew am 8. Februar 2012 laut dem Portal EurActiv.de (Zugriff am 12. Januar 2012) mit einer "umfangreichen Wirtschaftsdelegation" anreisen wird - bitte auch die Gegenleistungen der Vereinbarung benennen, insbesondere hinsichtlich des deutschen Zugangs zu Seltenen Erden und Investitionshilfen für die deutsche Wirtschaft -, und wie steht die Bundesregierung zu dem Abkommen nach der erneuten blutigen Niederschlagung von Gewerkschaftsprotesten in der Stadt Zhanaösen (Schanaozen) im Dezember 2011, dem polizeilichen Einsatz von Schusswaffen statt nichttödlicher Waffen oder Wasserwerfern und der kurzzeitig suspendierten Parlamentswahl in Zhanaösen, die unter anderem erst durch Druck des Europarates wieder aufgehoben wurde? Rohstoffpartnerschaften sind Bestandteil der Rohstoffstrategie der Bundesregierung und sollen Partnerländer bei einer nachhaltigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung unterstützen und zur Rohstoffversorgung der deutschen Wirtschaft beitragen. Damit will die Bundesregierung die Rohstoffaktivitäten der Wirtschaft flankieren und unterstützen. Die Rohstoffversorgung ist Aufgabe der Wirtschaft. Bei dem mit der Republik Kasachstan verhandelten Abkommen über Partnerschaft im Rohstoff-, Industrie und Technologiebereich steht die Unterstützung der Zusammenarbeit von Unternehmen beider Länder auf dem Gebiet der Erschließung, Gewinnung und Nutzung mineralischer Rohstoffe mit dem Ziel einer sicheren und nachhaltigen Rohstoffversorgung und Rohstoffnutzung im Vordergrund. Zudem soll das Rohstoffpotenzial Kasachstans durch Investitionen, Innovationen und Lieferbeziehungen einer umfassenden Nutzung und Entwicklung zugeführt werden. Außerdem wird die Zusammenarbeit im Rohstoffbereich verknüpft mit einem von Kasachstan gewünschten Beitrag deutscher Unternehmen zur Industrialisierung Kasachstans. Nach dem Abkommensentwurf unterstützt die Bundesregierung Projekte im Rahmen der Rohstoffpartnerschaft flankierend mit dem außenwirtschaftspolitischen Förderinstrumentarium. Der Zugang deutscher Unternehmen zu einzelnen Rohstoffen ist nicht Gegenstand des Abkommens. Die Bundesregierung hat die Berichte über die Ereignisse in der westkasachischen Stadt Shanaosen am 16. Dezember 2011 mit Sorge aufgenommen. Deutschland hat die kasachische Regierung im Rahmen einer EU-Erklärung im Ständigen Rat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, zur Durchführung einer transparenten Untersuchung aufgerufen. Dabei hat die Europäische Union insbesondere die Bedeutung der Einhaltung der internationalen Verpflichtungen Kasachstans im Rahmen der OSZE einschließlich der Gewährleistung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit zum Ausdruck gebracht. Die Bundesregierung stellt fest, dass Präsident Nursultan Nasarbajew eine Reihe von Schritten zur Aufklärung der Vorfälle unternommen hat. Er hat eine Sonderkommission eingesetzt, um die Vorfälle zu untersuchen und insbesondere den Schusswaffeneinsatz der Sicherheitskräfte in jedem Todesfall aufzuklären. Er hat ferner die Regierung und die staatliche Ölgesellschaft Kasmunaigas mit der Bildung einer Sonderkommission zur Lösung der arbeitsrechtlichen Streitigkeiten der Ölarbeiter beauftragt. Darüber hinaus entließ er den Gouverneur der betroffenen Region Mengistau und setzte den Vorsitzenden der Staatsholding "Samruk Kazyna", Timor Kulibajew, seinen Schwiegersohn, ab. Schließlich hob Präsident Nasarbajew die Entscheidung des Verfassungsrates auf, die die Durchführung der Parlamentswahlen am 15. Januar 2012 in Shanaosen untersagt hatte. Die Bundesregierung wird die Entwicklung weiter kritisch verfolgen, sieht aber vor diesem Hintergrund keinen Anlass, ihre Haltung zu dem oben genannten Abkommen zu ändern. Anlage 38 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 58): Wie schätzt die Bundesregierung die Entscheidung des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai von Ende Dezember 2011 ein, die Mandate dreier renommierter Kommissare der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission - Ahmad Nader Naderi, Ahmad Fahim Hakim und Maulawi Ghulam Muhammad Gharib - nicht zu verlängern, und inwieweit hat die Bundesregierung ihr Bedauern über diese Entscheidung dem Präsidenten Hamid Karzai mitgeteilt? Präsident Hamid Karsai hat vier von neun turnusgemäß abgelaufene Mandate der Unabhängigen Menschenrechtskommission Afghanistans, AIHRC, nicht verlängert. Hierunter sind auch die der Kommissare Hakim Fahim und Nader Nadery. Beide sind zuverlässige Partner der deutsch-afghanischen Zusammenarbeit. Formal ist die Entscheidung des afghanischen Präsidenten nicht zu beanstanden, da sie eindeutig gesetzeskonform zustande kam. Die Bundesregierung bedauert dennoch die Nichtverlängerung der vier Mandate - gerade nach dem erfolgreichen Zivilgesellschaftsprozess der Internationalen Afghanistan-Konferenz und den dortigen afghanischen Selbstverpflichtungen. Die Bundesregierung hat auf den üblichen diplomatischen Wegen die afghanische Regierung über ihre Haltung in dieser Angelegenheit in Kenntnis gesetzt. Dabei haben wir auch unterstrichen, wie wichtig uns die Unabhängigkeit der AIHRC ist - dass wir aber gleichzeitig den innerafghanischen Prozess respektieren. Anlage 39 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 59): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu einem geplanten Gesetz in Estland, mit dem ehemalige estnische Angehörige der Waffen-SS - zusammen mit anderen Kämpfern für die Unabhängigkeit des Landes von der Sowjetunion - zu "Freiheitskämpfern" erklärt werden sollen (vergleiche www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=sw&dig=2012% 2F01%2F11%2Fa0093&cHash=5e6eb93a95 sowie die Darstellung des estnischen Verteidigungsministeriums unter www.kaitseministeerium.ee/en/statement-concerning-false-information-published-in-newsportal-delfi), und wie hat die Bundesregierung darauf bislang reagiert bzw. gedenkt sie zu reagieren? Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es in Estland Überlegungen, wie den Teilnehmern am Kampf für die Unabhängigkeit Estlands zur Zeit des Zweiten Weltkriegs eine offizielle staatliche Anerkennung für ihren Einsatz zuteil werden könnte. Die dortige Koalitionsvereinbarung sieht hierzu vor, einen "Beschluss des Parlaments" herbeizuführen. Zu Art, Inhalt und Umfang eines solchen Beschlusses gibt es bislang keine offizielle Entscheidung. Ein Entwurf für eine parlamentarische Erklärung oder ein Gesetz liegt nicht vor. Insoweit ist es zu früh, zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen. Überlegungen zu einer pauschalen Würdigung stoßen auch in Estland auf Kritik. Dies sowohl mit Blick auf die Esten in Waffen-SS-Verbänden wie auch mit Blick auf die Schwierigkeit einer Definition des Begriffs "Freiheitskämpfer". Bezüglich der Darstellung des estnischen Verteidigungsministers Mart Laar hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen, dass es diesem keinesfalls darum geht, Angehörige der Waffen-SS zu ehren. Anlage 40 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Daðdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/8323, Frage 60): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich der Auswirkungen der am 1. Dezember 2011 durch den Beschluss des Rates 2011/782/GASP von der EU in einer zehnten Sanktionsrunde verhängten weiteren restriktiven Maßnahmen gegen Syrien auf die Zivilbevölkerung, bzw. welche Kenntnisse hat sie zudem über die Folgen der vorhergehenden Sanktionen auf die Zivilbevölkerung (Gesundheitsversorgung, Einfluss auf einheimische Märkte, Lebensmittelpreiserhöhungen, Versorgung mit Konsumgütern, Kindersterblichkeitsrate etc.)? Lassen Sie mich zunächst unterstreichen, dass es die brutale Gewalt und die Repression des syrischen Regimes gegen die eigene Bevölkerung sind, die weitreichende Folgen für die Zivilbevölkerung haben und über Generationen Narben hinterlassen werden. Die Sanktionspolitik der Europäischen Union richtet sich ausschließlich gegen das syrische Regime und ist darauf gerichtet, dass es seine Unterdrückungsmaßnahmen sofort einstellt, umgehend einen glaubwürdigen demokratischen Prozess einleitet und umfassend mit der internationalen Gemeinschaft, vor allem der Arabischen Liga, kooperiert. Bei jeder Sanktionsmaßnahme werden sorgfältig die möglichen Konsequenzen für die syrische Zivilbevölkerung in Betracht gezogen, um die negativen Folgen so gering wie möglich zu halten. Unsere vielfältigen Kontakte mit der syrischen Zivilbevölkerung im Land sowie Aktivisten in Deutschland bestätigen, dass die EU-Sanktionen als ein wichtiges Mittel angesehen werden, den wirtschaftlichen Druck auf das syrische Regime zu erhöhen und gleichzeitig ein Signal an die Geschäftsleute auszusenden, die sich bisher noch nicht eindeutig vom syrischen Regime abgewandt haben. In keinem unserer Kontakte wurde gefordert, von weiteren Sanktionen abzusehen. Das Ölimportembargo der EU und andere Maßnahmen haben die Einnahmequellen des Regimes empfindlich getroffen. Es hat seitdem Schwierigkeiten, Öl auf den Weltmärkten zu adäquaten Preisen abzusetzen. Auf die Versorgungslage der Bevölkerung hatten diese Maßnahmen nur begrenzt Einfluss. Diese hat sich vor allem aufgrund der Gewaltmaßnahmen des Regimes verschlechtert, da das Wirtschaftsleben aufgrund der schlechten Sicherheitslage stark beeinträchtigt wurde. Anlage 41 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Daðdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/8323, Frage 61): Wie begründet die Bundesregierung den Stellenabbau im Bereich der Visumerteilung im Jahr 2010 vor dem Hintergrund, dass ihre gegenüber der Presse gegebene Begründung (vergleiche Süddeutsche Zeitung vom 3. Januar 2012 "Am Limit"), die Visumpflicht für mehrere Staaten sei weggefallen, ausweislich der Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 17/8221 nicht tragfähig ist, da das Personal auch in Kontinenten gekürzt wurde, in denen es keinen Wegfall der Visumpflicht gab, und überdies die Zahl der bearbeiteten Visa dessen ungeachtet im Jahr 2010 zugenommen hat, und wie bewertet sie weiterhin den Einsatz externer Dienstleister, wenn dieser bislang nicht oder kaum zur Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Visumprüfung geführt hat, wie aus dem genannten Zeitungsartikel hervorgeht? Die Angaben in dem genannten Zeitungsartikel beruhen aufzählen, die nicht einen Stellenabbau, sondern einen weltweiten Rückgang sogenannter Mitarbeiterkapazitäten, MAK, um 6,5 Prozent im Jahr 2010 darstellen. Die technische Größe MAK gibt den von den Mitarbeitern - Ortskräfte und Entsandte - angegebenen tatsächlichen Arbeitseinsatz im Visabereich wieder. Hierbei werden auch prozentuale Arbeitsanteile berücksichtigt. Tatsächlich erklärt sich der Rückgang des weltweiten Arbeitsaufwands bei der Bearbeitung von Visaanträgen allein zur Hälfte schon aus dem Wegfall der Visumpflicht in Teilen Europas: Serbien, Mazedonien und Montenegro 2009, Bosnien-Herzegowina und Albanien 2010. Die andere Hälfte erklärt sich überwiegend aus rückläufigen Visazahlen in den Jahren 2008/2009 in den Regionen GUS, Südlicher Kaukasus, Zentralasien und Asien, die vor allem der Wirtschafts- und Finanzkrise geschuldet waren und dazu führten, dass an einigen Dienstorten weniger lokale Saisonkräfte eingestellt wurden und vor allem auf Nachbesetzungen von Ortskräften verzichtet wurde. Die ab 2010 wieder ansteigenden Antragszahlen haben in einigen Fällen, zum Beispiel in Shanghai, dazu geführt, dass erneut zusätzliche Ortskräfte eingestellt wurden. Die Bundesregierung bewertet die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern weiterhin positiv. Bisher wurden diesen vor allem organisatorische Teilaufgaben übertragen wie die Erteilung von Auskünften und die Terminvergabe zur Visumabgabe. Dies bringt für die Auslandsvertretungen bereits Entlastung. Künftig werden Dienstleister auch mit weiteren nichthoheitlichen Aufgaben, so unter anderem die Annahme von Visaanträgen, betraut. Die entsprechenden Ausschreibungen finden in den großen Antragstellerstaaten wie Russland und China bereits statt. Aus Sicht der Bundesregierung erhöht der Einsatz externer Dienstleister die Servicequalität für die Antragsteller und entlastet die Auslandsvertretungen von Aufgaben nichthoheitlicher Art. Die Auslandsvertretungen können so ihre Ressourcen auf die hoheitlichen Aufgaben im Visumverfahren konzentrieren, nämlich auf die Antragsbearbeitung und -entscheidung. Die durch die Auslagerung geschaffene Entlastung der Visastellen wird für die rasche und effiziente - und gleichzeitig die Sicherheitsbelange wahrende - Bearbeitung von weiteren Anträgen genutzt. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 62): Welche Programme welcher Anbieter prüfen bzw. prüften deutsche Strafverfolgungsbehörden dahin gehend, ob sie für den Einsatz im Bereich der Quellen-Telekommunikationsüberwachung geeignet sind (bitte nach Anbieter, Kaufdatum und Laufzeit der Lizenz aufschlüsseln)? Die von Bundesbehörden eingesetzte Software wird in jedem Einzelfall gemäß der richterlichen Anordnung bzw. des Beschlusses der G-10-Kommission erstellt. Dabei wurde die Software in jedem Einzelfall durch Anwendungstests auf die Einhaltung der Vorgaben geprüft. Ergebnis der Prüfung war jeweils, dass die Vorgaben eingehalten wurden. Eine Einzelaufstellung der Beschaffungs- und damit verbundenen Überprüfungsmaßnahmen ist der Antwort zu Frage 14 der Kleinen Anfrage vom 17. November 2011 (Bundestagsdrucksache 17/7760) zu entnehmen. Von operativen Verwendungen unabhängige Testgestellungen erfolgten im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Quellen-Telekommunikationsüberwachung, Quellen-TKÜ, im Bundeskriminalamt, BKA, mit den Software Produkten der Firmen Digi-Task GmbH (Kaufdatum 29. August 2008) und Elaman GmbH/Gamma International GmbH (Kaufdatum 22. März 2011). Die Laufzeit der Lizenz betrug in beiden Fällen drei Monate. Entsprechende Testgestellungen wurden vonseiten des Zollkriminalamtes nicht erworben. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage der Abgeordneten Brigitte Zypries (SPD) (Drucksache 17/8323, Frage 63): Welche Haltung vertritt die Bundesregierung in der Frage, ob das künftige EU-Datenschutzrecht in Form einer Verordnung statt, wie bisher, als Richtlinie geregelt werden soll, und wie hat sich die Bundesregierung diesbezüglich im Rat der Europäischen Union und gegenüber der Europäischen Kommission geäußert? Die Europäische Kommission hat angekündigt, Ende Januar 2012 Vorschläge für das künftige EU-Datenschutzrecht vorzulegen. Für die Frage, welche Rechtsform - Verordnung oder Richtlinie - geeignet und angemessen ist, ist aus Sicht der Bundesregierung der jeweilige konkrete Regelungsinhalt maßgebend. Es ist notwendig, im künftigen Rechtsakt zwischen dem privaten und dem öffentlichen Bereich zu differenzieren. Im Bereich der Privatwirtschaft ist ein höherer Harmonisierungsbedarf durchaus anzuerkennen. Den Mitgliedstaaten muss in allen Bereichen genügend Gestaltungsspielraum verbleiben. Die Bundesregierung hat sich in ihren öffentlichen Stellungnahmen vom 26. Juli 2010 und 5. Januar 2011 im Rahmen des Konsultationsverfahrens gegenüber der Europäischen Kommission für das Rechtsinstrument der Richtlinie ausgesprochen. Im Rat der Europäischen Union hat sich die Bundesregierung hierzu aufgrund des frühen Verfahrensstandes noch nicht geäußert. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Fragen des Abgeordneten Gerold Reichenbach (SPD) (Drucksache 17/8323, Fragen 64 und 65): Wie beurteilt die Bundesregierung die Frage, ob - insbesondere nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (C-468/10) vom November 2011 - nach derzeit geltender Rechtslage neben den Umsetzungsspielräumen der Richt-linie 95/46/EG, die den allgemeinen Datenschutz regelt, eine nationale Regelungskompetenz für bereichsspezifischen Datenschutz besteht? Wie beurteilt die Bundesregierung die Frage, ob im Falle der Neuregelung des europäischen Datenschutzes durch eine Verordnung eine nationale Regelungskompetenz für bereichsspezifischen Datenschutz bestünde und, falls ja, in welchen Bereichen? Zu Frage 64: Aus Sicht der Bundesregierung besteht weiterhin eine nationale Regelungskompetenz für bereichsspezifischen Datenschutz. Der Europäische Gerichtshof, EuGH, hat in seiner Entscheidung vom 24. November 2011 (C-468/10 und C-469/10) in Randziffer 32 lediglich geurteilt, die Mitgliedstaaten dürften in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten neben den in Art. 7 der EG-Datenschutzrichtlinie genannten Grundsätzen keine neuen Grundsätze einführen oder zusätzliche Bedingungen stellen, die die Tragweite dieser Grundsätze verändern. Zu Frage 65: Inwieweit im Falle der Neuregelung des europäischen Datenschutzes im Wege einer Verordnung eine nationale Regelungskompetenz für bereichsspezifischen Datenschutz bestünde, ist abhängig von der konkreten Ausgestaltung. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Drucksache 17/8323, Frage 66): Ist die Bundesregierung angesichts der andauernden Gewalt in Syrien und des fatalen Signals an syrische Deserteure und Verweigerer, das durch die drohende Abschiebung von syrischen Deserteuren aus der bayerischen Abschiebehaft nach Ungarn und von dort nach Syrien gegeben wird, bereit, die bisherige Praxis der Rückführung in angeblich sichere Drittstaaten aufzugeben und zukünftig allen Menschen, die sich dem Militärdienst in Syrien und damit der gewaltsamen Unterdrückung von Aufständischen verweigern, in Deutschland Asyl zu bieten? Deutschland überstellt Asylbewerber, für die gemäß der Dublin-Verordnung ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. ein anderer am Dublin-Verfahren teilnehmender europäischer Staat zuständig ist, wenn dort keine konkrete Gefahr der Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention droht und nicht im Einzelfall außergewöhnliche humanitäre Umstände einer Überstellung entgegenstehen. Nach Auskunft des Liaisonbeamten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Budapest werden seit Mitte 2011 keine syrischen Staatsangehörigen zwangsweise von Ungarn nach Syrien zurückgeführt. Die Bundesregierung sieht daher keine Veranlassung, generell von der Überstellung syrischer Staatsangehöriger, die aus der syrischen Armee desertiert sind oder den Dienst mit der Waffe verweigern, nach Ungarn abzusehen und das Asylverfahren in Deutschland durchzuführen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass Ungarn die Gewährleistungen des europäischen und internationalen Flüchtlingsrechts sowie der einschlägigen Menschenrechtskodifikationen, insbesondere das Verbot des Refoulements, einhält; gegenteilige Erkenntnisse liegen nicht vor. Dabei kann ein Drittstaatsangehöriger, wenn er durch eine Überstellung aus dem für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Dublin-Staat in seinen Herkunftsstaat eine Verletzung dieser Rechte befürchtet, gerichtlichen Rechtsschutz vor den nationalen Gerichten des jeweiligen Staates und auch vor europäischen Gerichten erhalten. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Ole Schrö der auf die Frage des Abgeordneten Memet Kilic (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 67): Trifft es zu, dass die von der Zwickauer Terrorzelle angemietete Garage, in welcher Ermittler bei der Durchsuchung am 26. Januar 1998 1,4 Kilogramm Sprengstoff TNT fanden, von einem Polizisten vermietet wurde, und, wenn ja, wurde dieser zwischenzeitlich hinsichtlich möglicher Kontakte zur rechtsextremistischen Szene überprüft? Der Bundesregierung liegen Erkenntnisse weder darüber vor, ob die in Rede stehende Garage von einem Polizisten vermietet noch ob dieser gegebenenfalls auf mögliche Kontakte zur rechtsextremistischen Szene überprüft worden ist. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Max Stadler auf die Frage des Abgeordneten Memet Kilic (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 68): Ist der Bundesregierung bekannt, mit welcher Begründung die Staatsanwaltschaft Gera das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass von Haftbefehlen gegen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe verneinte, nachdem das Landeskriminalamt Thüringen einen Durchsuchungsbeschluss wegen des Verdachts der Vorbereitung eines Explosions- und Strahlungsverbrechens erwirkt hatte, weil es bei einer Observierung Ende 1997 die drei Personen dabei beobachtet hatte, wie sie in einem Baumarkt Brennspiritus und Gummiringe kauften und in einer Garage lagerten? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor. Der Generalbundesanwalt hat das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Gera nicht übernommen. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Dr. Max Stadler auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Frage 69): Aus welchen Gründen wird die PJAK, Partei für ein Freies Leben in Kurdistan, Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê, in der Bundesrepublik Deutschland nicht als terroristische Organisation eingestuft wie beispielsweise in den USA, und warum wurden gegen den in Köln wohnhaften Vorsitzenden der PJAK, Abdul Rahman Haji Ahmadi, bisher noch keine Ermittlungen eingeleitet? Die PJAK ist weder in den VN noch in der EU als terroristische Organisation gelistet. In den USA ist die PJAK gemäß Regierungsverordnung, "executive order", 13224 des US-Finanzministeriums gelistet, nicht aber als "Foreign Terrorist Organisation" aus der entsprechenden Liste des US-Außenministeriums. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof führt wegen des Verdachts der Mitgliedschaft und Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung, terroristische Strukturen in der Führung der PJAK - Partei für ein freies Leben in Kurdistan, gegen Unbekannt seit dem 14. Dezember 2007 ein Ermittlungsverfahren. Das Verfahren soll gemäß Ermittlungsauftrag der Aufklärung der Zuständigkeits- und Befehlsstrukturen sowie etwaiger terroristischer Straftaten dienen, die von der PJAK ausgegangen sind und aktuell ausgehen. Darüber hinaus soll durch die Ermittlungen geklärt werden, ob und in welchem Umfang die Führungsebene der PJAK und die der Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, mit ihren "Volksverteidigungskräften", HPG, als einheitlich agierender Verband anzusehen sind. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Personenbezogene Ermittlungsverfahren gegen einzelne Mitglieder der Führungsebene der PJAK, wie etwa gegen den in Köln wohnhaften Vorsitzenden, Abdul Rahman Haji Ahmadi, wurden bislang noch nicht eingeleitet, weil hierfür die Zuständigkeits- und Befehlsstrukturen der PJAK sowie die von ihr zu verantwortenden im Iran begangenen Straftaten einer näheren an den Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 129a, 129b Strafgesetzbuch ausgerichteten Aufklärung bedürfen. Die in den Vereinigten Staaten erfolgte Einstufung der PJAK gemäß Regierungsverordnung 13224 ersetzt die eigenständig vorzunehmende und nach den Maßstäben des materiellen und formellen deutschen Strafrechts zu erfolgende Prüfung nicht. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksache 17/8323, Frage 70): Welche Veränderungen hat es zum Jahreswechsel bei den Regelungen zur Entschädigung von NS-Opfern gegeben, sowohl die Höhe der entsprechenden Leistungen als auch die etwaige Hinzuziehung neuer Opfergruppen betreffend? Zugunsten der Betroffenen wurde im Bundesanzeiger vom 28. Dezember 2011, Nr. 195, Seite 4608, die Bekanntmachung der Neufassung der Richtlinie der Bundesregierung über eine Anerkennungsleistung an Verfolgte für Arbeit in einem Ghetto, die keine Zwangsarbeit war, Anerkennungsrichtlinie, veröffentlicht. Die Neufassung der Anerkennungsrichtlinie beinhaltet, dass der bisherige § 8 der Zinsrichtlinie, der eine Antragsschlussfrist zum 31. Dezember 2011 vorsah, zugunsten der Betroffenen aufgehoben wurde. Anträge zur Anerkennungsrichtlinie können nunmehr auch über den 31. Dezember 2011 hinaus gestellt werden. Hiernach kann eine Einmalzahlung in Höhe von 2 000 Euro beantragt werden. Die monatlichen Beihilfen für nichtjüdische NS-Verfolgte, sogenannte Wiedergutmachungs-Dispositions-Fonds, WDF, § 8 der "Richtlinie für die Vergabe von Mitteln an Verfolgte nicht jüdischer Abstammung zur Abgeltung von Härten in Einzelfällen im Rahmen der Wiedergutmachung" vom 26. August 1981 - Bundesanzeiger Nr. 160 vom 29. August 1981, werden entsprechend der Vereinbarung für jüdische Verfolgte von 291 Euro auf 300 Euro angehoben. Bei den jährlich stattfindenden Folgeverhandlungen zum Artikel-2-Abkommen mit Vertretern der Jewish Claims Conference, JCC, im November 2011 wurde vereinbart, dass in den nächsten Jahren vorrangig die jüdischen Holocaustüberlebenden eine Entschädigung erhalten sollen, die bislang ohne jegliche Zahlung geblieben sind. Ferner werden die Haftzeiten in Konzentrationslagern oder Ghettos, die Voraussetzung für den Erhalt einer monatlichen Leistung sind, verkürzt. Die Details hierzu werden zurzeit noch ausgearbeitet. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/8323, Frage 71): Wie häufig pro Jahr wurden von der Bundesagentur für Arbeit unzutreffende elektronische Daten für das Besteuerungsverfahren im Rahmen von Lohnersatzleistungen an die Finanzbehörden übermittelt, und welche Auswirkungen ergeben sich hieraus für die betroffenen Steuerpflichtigen? Dem Bundesministerium der Finanzen liegen keine Erkenntnisse vor, ob und wie viele Daten unzutreffend an die Finanzverwaltung übermittelt wurden. Für den theoretischen Fall, dass aus technischen Gründen eine elektronische Korrektur zuvor bereits elektronisch übersandter Daten nicht erfolgen kann, wurde mit der Bundesagentur für Arbeit vereinbart, dass die entsprechenden Korrekturmeldungen in Papierform direkt an das Wohnsitzfinanzamt des Leistungsempfängers übersendet werden. Diese Vereinbarung ist mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmt worden. Der Leistungsempfänger erhält in jedem Fall - auch im Falle von Korrekturen - eine Bescheinigung von der Bundesagentur für Arbeit, aus der das Datum der Übermittlung und der übermittelte Betrag der bezogenen Leistung hervorgehen. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/8323, Frage 72): Wie viele Kontenabrufe wurden seit 2005 von den Finanzbehörden über das Bundeszentralamt für Steuern durchgeführt, und teilt die Bundesregierung die Kritik des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hinsichtlich der Intensität der Nutzung dieses Instrumentes, sodass der Kontenabruf mittlerweile nicht mehr die Ausnahme, sondern der Standardfall sei und somit eine Beschränkung der Abrufbefugnisse sinnvoll erscheine? Vom Jahr 2005 bis zum Jahr 2011 wurden von den Finanzbehörden über das Bundeszentralamt für Steuern insgesamt 232 782 Kontenabrufe durchgeführt. Zulässig ist der Kontenabruf durch die Finanzbehörden im Wesentlichen nur noch zur Ermittlung von Vollstreckungsmöglichkeiten im Vollstreckungsverfahren wegen rückständiger Steuern. Stellt man die Anzahl der Kontenabrufe durch die Finanzbehörden in Relation zu den vorhandenen Vollstreckungsfällen so ergibt sich, dass nur in jedem 50. Vollstreckungsfall ein Kontenabruf durchgeführt wurde. Stellt man die Anzahl der Kontenabrufe durch die Finanzbehörden in Relation zu der Gesamtzahl der Steuerfälle so ergibt sich, dass nur in jedem 615. Steuerfall ein Kontenabruf stattfindet. Die Zahlen zeigen, dass der Kontenabruf die Ausnahme und nicht die Regel ist. Das Instrument des Kontenabrufs durch die Finanzbehörden wurde vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsgemäß qualifiziert und hat sich als geeignetes Mittel bewährt, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen. Eine Einschränkung der Kontenabrufbefugnisse wäre insoweit kontraproduktiv. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hartmut Koschyk auf die Fragen der Abgeordneten Lisa Paus (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Fragen 73 und 74): Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Einführung einer Finanztransaktionsteuer in der Euro-Zone vor dem Hintergrund gegensätzlicher Aussagen der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und des Vizekanzlers Dr. Philipp Rösler? Welche Inhalte hat die gemeinsame Stellungnahme des deutschen und des französischen Finanzministeriums zum Kommissionsentwurf einer Finanztransaktionsteuer, die laut Pressemeldungen in Vorbereitung des nächsten Ecofin veröffentlicht werden soll, generell und im Detail zu den Elementen des Kommissionsvorschlags (Sitzlandprinzip, Bemessungsgrundlage etc.)? Zu Frage 73: Die Bundesregierung strebt weiterhin die Einführung einer Finanztransaktionsteuer in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als ersten Schritt zu einer weltweiten Einführung der Finanztransaktionsteuer an. Die Finanztransaktionsteuer soll dafür sorgen, dass sich der Finanzsektor angemessen an den Kosten der Finanzkrise beteiligt. Zu Frage 74: Eine gemeinsame Stellungnahme des deutschen und des französischen Finanzministers wird derzeit vorbereitet. Zum konkreten Inhalt können daher noch keine Aussagen getroffen werden. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hartmut Koschyk auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Thomas Gambke (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/8323, Fragen 75 und 76): Gibt es immer noch eine gemeinsame Initiative des deutschen und des französischen Finanzministeriums zur Finanztransaktionsteuer, wie aus dem gemeinsamen Schreiben an die EU-Kommission vom 9. September 2011 hervorgeht, oder arbeiten Deutschland und Frankreich mittlerweile an getrennten Konzepten zur Finanztransaktionsteuer, zumal der französische Präsident Nicolas Sarkozy angekündigt hat, einen eigenen Vorschlag schon diesen Frühling vorzulegen? Wie beurteilt die Bundesregierung die Unterschiede zwischen dem gemeinsamen Vorschlag zur Einführung einer Finanztransaktionsteuer des deutschen und des französischen Finanzministeriums im Schreiben vom 9. September 2011 und dem Kommissionsvorschlag vom 28. September 2011, und bis wann wird die Bundesregierung ein detailliertes Konzept zur inhaltlichen Ausgestaltung der Finanztransaktionsteuer vorlegen? Zu Frage 75: Die Bundesregierung und die französische Regierung stimmen ihr Vorgehen bei der Einführung einer Finanztransaktionsteuer weiterhin miteinander ab. Beide Regierungen sind darin einig, dass die vorzugswürdige Lösung die Einführung einer Finanztransaktionsteuer in allen 27 EU-Mitgliedstaaten auf der Grundlage des entsprechenden Richtlinienentwurfs der EU-Kommission ist. Zu Frage 76: Die Bundesregierung begrüßt den Vorschlag der Kommission zur Einführung einer Finanztransaktionsteuer. Die deutsch-französischen Vorschläge haben nach wie vor Gültigkeit. Derzeit wird der Vorschlag der Kommission in den EU-Ratsgremien beraten. Zu den Ergebnissen kann somit noch keine abschließende Aussage getroffen werden. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Fragen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE ) (Drucksache 17/8323, Fragen 77 und 78): Wie viele Langzeitarbeitslose, unterschieden nach insgesamt, Rechtskreis SGB III und Rechtskreis SGB II, konnten im Jahr 2011 bundesweit ihre Arbeitslosigkeit beenden, und was waren die Gründe für ihren Abgang (bitte auflisten nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit am ersten Arbeitsmarkt - unterschieden nach sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, geringfügig entlohnter Beschäftigung, Selbstständigkeit -, Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme, vorruhestandsähnlicher Regelung, zum Beispiel § 53 a SGB II, Beginn des Bezuges einer Alters- bzw. Erwerbsminderungsrente, Arbeitsunfähigkeit, fehlender Mitwirkung, Nichterneuerung der Meldung und Ähnlichem)? Wie viele Arbeitslose, abzüglich der Gruppe der Langzeitarbeitslosen, unterschieden nach insgesamt, Rechtskreis SGB III und Rechtskreis SGB II, konnten im Jahr 2011 bundesweit ihre Arbeitslosigkeit beenden, und was waren die Gründe für ihren Abgang (bitte auflisten nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit am ersten Arbeitsmarkt - unterschieden nach sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, geringfügig entlohnter Beschäftigung, Selbstständigkeit -, Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme, vorruhestandsähnlicher Regelung, zum Beispiel § 53 a SGB II, Beginn des Bezuges einer Alters- bzw. Erwerbsminderungsrente, Arbeitsunfähigkeit, fehlender Mitwirkung, Nichterneuerung der Meldung und Ähnlichem)? Zu Frage 77: Im Jahr 2011 beendeten 1 394 835 Langzeitarbeitslose ihre Arbeitslosigkeit, davon 254 631 Langzeitarbeitslose im Rechtskreis SGB III und 1 140 204 im Rechtskreis SGB II. Diese Angaben enthalten keine Daten der zugelassenen kommunalen Träger, da die Auswertungen nach Arbeitslosendauern für zugelassene kommunale Träger gegenwärtig noch nicht zur Verfügung stehen. Zu den Abgangsgründen können folgende Angaben gemacht werden: - In eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt gingen 207 781 Langzeitarbeitslose ab; das sind 14,9 Prozent aller Abgänge. - Zudem erfolgten im Jahr 2011 3,0 Prozent aller Abgänge aufgrund von Sonderregelungen, zu denen neben der vorruhestandsähnlichen Regelung des § 53 a SGB II auch die Beendigung der Arbeitslosigkeit wegen Minderung der Leistungsfähigkeit zählt (§ 125 SGB III). - 4,1 Prozent der Abgänge erfolgten aufgrund des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben, - 35,0 Prozent der Abgänge erfolgten in Arbeitsunfähigkeit und - 11,1 Prozent beendeten ihre Arbeitslosigkeit aufgrund fehlender Verfügbarkeit oder Mitwirkung. - Der Anteil der Abgänge in eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme an allen Abgängen lag bei 23,0 Prozent. Die Summe der Abgänge in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ist hierbei gesondert zu betrachten, da zum Beispiel auch die Abgänge in eine Erwerbstätigkeit - abhängige Erwerbstätigkeit sowie Selbstständigkeit - mit einer Maßnahme verknüpft sein können. Zu Frage 78: In Jahr 2011 beendeten 6 437 172 Personen ihre Arbeitslosigkeit, die weniger als 12 Monate arbeitslos waren. Von diesen Arbeitslosen beendeten 3 292 869 ihre Arbeitslosigkeit im Rechtskreis SGB III und 3 144 303 im Rechtskreis SGB II (ohne Daten zugelassener kommunaler Träger). Zu den Abgangsgründen können folgende Angaben gemacht werden: - In eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt gingen 2 189 986 Langzeitarbeitslose ab; das sind 34,0 Prozent aller Abgänge. - Zudem erfolgten im Jahr 2011 1,2 Prozent aller Abgänge aufgrund von Sonderregelungen, zu denen neben der vorruhestandsähnlichen Regelung des § 53 a SGB II auch die Beendigung der Arbeitslosigkeit wegen Minderung der Leistungsfähigkeit zählt (§ 125 SGB III). - 0,3 Prozent der Abgänge erfolgten aufgrund des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben, - 21,4 Prozent der Abgänge erfolgten in Arbeitsunfähigkeit und - 9,9 Prozent beendeten ihre Arbeitslosigkeit aufgrund fehlender Verfügbarkeit oder Mitwirkung. - Der Anteil der Abgänge in eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme an allen Abgängen lag bei 22,9 Prozent. Die Summe der Abgänge in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ist hierbei gesondert zu betrachten, da zum Beispiel auch die Abgänge in eine Erwerbstätigkeit - abhängige Erwerbstätigkeit sowie Selbstständigkeit - mit einer Maßnahme verknüpft sein können. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretä rs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Heinz Paula (SPD) (Drucksache 17/8323, Frage 79): Welches Ausmaß hatte die von der Bundesregierung beschlossene Reduzierung der Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen in den ersten Jahren der Legislaturperiode, bezogen auf die Arbeitsagenturen Augsburg, Kempten und Memmingen, und wie wirkt sich diese Reduzierung im laufenden Jahr 2012 aus? Bezogen auf die Summe aller Jobcenter stellt sich die Entwicklung des Gesamtbudgets für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und für Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende wie folgt dar: Die im Bundeshaushalt 2012 vorgenommene Anpassung bei den Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten folgt der guten Entwicklung und der Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt. Mit der Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Wirkungsgrad des Mitteleinsatzes gesteigert wird - durch einen effektiven und effizienten Einsatz der Arbeitsmarktinstrumente wird die Integration in Erwerbsarbeit weiter beschleunigt. Zudem wird die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten voraussichtlich weiter sinken. Die für das Jahr 2012 vorgesehenen Mittel für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten pro erwerbsfähigem Leistungsberechtigten liegen trotz einer weiter verbesserten Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes immer noch über dem Niveau der entsprechenden tatsächlichen Ausgaben pro erwerbsfähigem Leistungsberechtigten im Jahr 2008. Im Vergleich zu den Jahren 2006 und 2007 liegen sie sogar deutlich darüber. Die vorgenommene Anpassung im Eingliederungsbudget folgt somit mittelfristig einer sachgerechten Verstetigung der Ausgaben im Bundeshaushalt für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten. Die kurzfristige Erhöhung der Mittelansätze für die Jahre 2009 und 2010 erfolgte in erster Linie aufgrund der schuldenfinanzierten Konjunkturprogramme, um konjunkturelle Impulse gegen die Wirtschaftskrise zu setzen und den Anstieg der Arbeitslosigkeit aufzufangen. Die im Bundeshaushalt 2012 veranschlagten Mittel für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten in Höhe von 8,45 Milliarden Euro sind angesichts der anhaltend guten Arbeitsmarktsituation, die auch bei den Menschen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende ankommt, sozialpolitisch insgesamt verantwortbar. Die notwendigen Handlungsspielräume in der aktiven Arbeitsmarktpolitik bleiben erhalten. Im Jahr 2011 war gegenüber dem Jahr 2010 ein Rückgang um rund 17 Prozent zu verzeichnen. Der Rückgang beträgt für das Jahr 2012 im Vergleich zum Jahr 2011 rund 12 Prozent. Diese Entwicklung würde unter der Voraussetzung einer gleichbleibenden Anzahl von Jobcentern und einer Mittelverteilung auf der Grundlage von relativen Anteilen in derselben Höhe für alle Jobcenter auch für jedes einzelne Jobcenter - also auch für die Jobcenter Augsburg, Stadt Augsburg, Stadt Kempten und Stadt Memmingen - gelten. Die Verteilung der Mittel für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und für Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erfolgte jedoch nach den in § 46 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit den in den Eingliederungsmittel-Verordnungen 2010, 2011 und 2012 festgelegten Maßstäben. Diese Maßstäbe berücksichtigen die Entwicklung der Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, der Arbeitslosen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Bedarfsgemeinschaften. Dadurch weicht die tatsächliche Entwicklung des Eingliederungs- bzw. Verwaltungsbudgets für die einzelnen Jobcenter von den vorgenannten Werten ab. Zur Frage der Auswirkung der Anpassung der Mittel im laufenden Jahr 2012 kann keine Aussage getroffen werden. Über den Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel entscheiden die Jobcenter dezentral in eigener Zuständigkeit. Nach Auffassung der Bundesregierung stehen den Jobcentern für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und für Verwaltungskosten insgesamt Mittel in ausreichender Höhe zur Verfügung. II Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 151. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 18. Januar 2012 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 151. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 18. Januar 2012 III Deutscher Bundestag - 15. Wahlperiode - 38. Sitzung - 4. April 2003 4 18148 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 151. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 18. Januar 2012 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 151. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 18. Januar 2012 18149