Plenarprotokoll 17/161 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 161. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Deutsches Ressourceneffizienzprogramm Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Dr. Matthias Miersch (SPD) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Gerd Bollmann (SPD) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Cajus Caesar (CDU/CSU) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Frank Schwabe (SPD) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Dr. Matthias Miersch (SPD) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Gerd Bollmann (SPD) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 17/8723) Mündliche Frage 1 Inge Höger (DIE LINKE) Niederlassungen oder Repräsentanten deutscher Unternehmen in Libyen Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Inge Höger (DIE LINKE) Kathrin Vogler (DIE LINKE) Mündliche Frage 2 Inge Höger (DIE LINKE) Lieferung von Rüstungsgütern oder Sicherheitstechnik nach Libyen Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Inge Höger (DIE LINKE) Kathrin Vogler (DIE LINKE) Mündliche Frage 4 Klaus Barthel (SPD) Deutsche Rüstungsexporte im Jahr 2010 in die Euro-Krisenländer Portugal und Griechenland und erwartete Exportentwicklung für 2011 und die folgenden Jahre Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Klaus Barthel (SPD) Inge Höger (DIE LINKE) Mündliche Frage 5 Klaus Barthel (SPD) Europäische Vereinbarung zur Reduzierung von Rüstungsexporten in die Euro-Krisenländer Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Klaus Barthel (SPD) Kathrin Vogler (DIE LINKE) Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 7 Manfred Nink (SPD) Maßnahmen der Bundesregierung für ein unabhängiges europäisches Kartellamt Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Manfred Nink (SPD) Mündliche Frage 8 Manfred Nink (SPD) Verankerung individueller Strafsank-tionen im europäischen Kartellrecht Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Manfred Nink (SPD) Mündliche Frage 9 Garrelt Duin (SPD) Investitionsstopp der Unternehmen TenneT TSO GmbH und RWE AG beim Ausbau von Windparkprojekten Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Garrelt Duin (SPD) Mündliche Frage 10 Garrelt Duin (SPD) Finanzierung von Offshore- und Overlayverbindungen durch Beteiligung der Übertragungsnetzbetreiber an einer Gleichstromnetz-Gesellschaft Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Garrelt Duin (SPD) Mündliche Frage 11 Ingo Egloff (SPD) Gewährleistung des Netzanschlusses von Offshorewindanlagen ohne zeitliche Verzögerung Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfrage Ingo Egloff (SPD) Mündliche Frage 15 Doris Barnett (SPD) Einladung von Vertretern von Verbraucherschutzorganisationen und der Zivilgesellschaft zur Diskussion über die Ergebnisse des Gutachtens zu Warnhinweisen bei Urheberrechtsverletzungen im Rahmen des Wirtschaftsdialoges Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Doris Barnett (SPD) Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Burkhard Lischka (SPD) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 19 Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) Bewertung der Sicherheitslage in Libyen durch die Bundesregierung Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) Kathrin Vogler (DIE LINKE) Niema Movassat (DIE LINKE) Mündliche Frage 20 Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) Schlussfolgerungen aus der Analyse der International Crisis Group zur Situation in Libyen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) Inge Höger (DIE LINKE) Mündliche Frage 21 Niema Movassat (DIE LINKE) Von der Übergangsregierung kontrollierte Gefangenenlager in Libyen und Anzahl der Gefangenen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Niema Movassat (DIE LINKE) Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kathrin Vogler (DIE LINKE) Sevim Dagdelen (DIE LINKE) Mündliche Frage 22 Niema Movassat (DIE LINKE) Beteiligung von Mitgliedern der libyschen Übergangsregierung an Kriegsverbrechen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Niema Movassat (DIE LINKE) Kathrin Vogler (DIE LINKE) Sevim Dagdelen (DIE LINKE) Mündliche Frage 23 Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Unterstützung Libyens bei der Beseitigung von Kampfmitteln und bei der Entwaffnung von Milizen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Niema Movassat (DIE LINKE) Mündliche Frage 24 Kathrin Vogler (DIE LINKE) Folterungen und Misshandlungen von Gefangenen in libyschen Lagern Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Kathrin Vogler (DIE LINKE) Mündliche Frage 25 Kathrin Vogler (DIE LINKE) Durchsetzung des freien und ungehinderten Zugangs internationaler Hilfsorganisationen zu den libyschen Gefangenenlagern Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfrage Kathrin Vogler (DIE LINKE) Mündliche Frage 26 Dr. Eva Högl (SPD) Verschärfte Kontrollmaßnahmen zum verstärkten Schutz privater Hausangestellter vor Ausbeutung durch ausländische Diplomaten Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Dr. Eva Högl (SPD) Mündliche Frage 27 Dr. Eva Högl (SPD) Berücksichtigung der Studie "Domestic Workers in Diplomats' Households" Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Dr. Eva Högl (SPD) Mündliche Frage 32 Sevim Dagdelen (DIE LINKE) Auswirkungen der Stellungnahme von Bundesminister Dr. Guido Westerwelle zur jüngsten IAEO-Delegationsreise in den Iran Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Sevim Dagdelen (DIE LINKE) Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Auswirkungen der geplanten Kürzung der Solarvergütung von bis zu 32 Prozent auf die Energiewende und den Arbeitsmarkt insbesondere in Ostdeutschland sowie drohender Stillstand bei der EU-Energieeffizienzrichtlinie Rolf Hempelmann (SPD) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Michael Kauch (FDP) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Thomas Bareiß (CDU/CSU) Dirk Becker (SPD) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) Wolfgang Tiefensee (SPD) Klaus Breil (FDP) Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) Franz Obermeier (CDU/CSU) Jens Koeppen (CDU/CSU) Nächste Sitzung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 3 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausstehende Forderungen von ThyssenKrupp gegenüber Griechenland wegen der Bestellung bzw. Lieferung von U-Booten Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 3 Mündliche Frage 6 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Soziale und ökologische Wirkungen einer unzureichenden wohnortnahen Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs in dünner besiedelten, ländlichen Regionen; Stellenwert dieser Versorgung bei der Rettung und Fortführung des Unternehmens Schlecker Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 4 Mündliche Frage 12 Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zeitplan für die Beratung der EU-Energieeffizienzrichtlinie auf EU-Ebene Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 5 Mündliche Frage 13 Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Rückwirkende Anrechnung durchgeführter Energieeinsparmaßnahmen auf künftige Einsparziele Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 6 Mündliche Frage 14 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Grundlage der Energieeffizienzziele: Steigerung der Energieeffizienz von 6,3 Prozent und Senkung des Energieverbrauchs von 4,5 Prozent innerhalb von drei Jahren Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 7 Mündliche Frage 16 Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anzahl der aufgrund einer negativ verlaufenen Umweltprüfung des Exportgeschäfts abgelehnten Anträge auf Hermesdeckungen sowie bewilligte Anträge trotz einer nicht vollständig unbedenklichen Umweltprüfung seit 2007 Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 8 Mündliche Frage 17 Heike Hänsel (DIE LINKE) Entwicklung der Menschenrechtslage in Libyen nach Auffassung der Bundesregierung Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 9 Mündliche Frage 18 Heike Hänsel (DIE LINKE) Menschenrechtssituation von Migranten aus Subsahara-Afrika in Libyen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 10 Mündliche Frage 28 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beteiligung der Bundesregierung an der Errichtung eines EU-Operationszentrums für das Horn von Afrika Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 11 Mündliche Frage 29 Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zustimmung Usbekistans zu einer IAO--Beobachtermission bei der Baumwollernte Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 12 Mündliche Frage 30 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Zugang zur betrieblichen Mitbestimmung für deutsche Angestellte der italienischen Botschaft und in Konsulaten in Deutschland Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 13 Mündliche Frage 31 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Derzeitige Sicherheitslage in Afghanistan und Zuverlässigkeit der afghanischen Sicherheitskräfte Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 14 Mündliche Frage 33 Sevim Dagdelen (DIE LINKE) Kenntnisse über die Prüfung und Planung einer militärischen Intervention in den einzelnen NATO-Staaten gegen Syrien Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 15 Mündliche Frage 34 Andrej Hunko (DIE LINKE) Gesetzliche Grundlage für die Information ausländischer Geheimdienste durch das Bundesamt für Verfassungsschutz über Reisen angeblicher deutscher Terrorismusunterstützer ins Ausland Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 16 Mündliche Frage 35 Alexander Ulrich (DIE LINKE) Rechtliche Verpflichtung der EU-Mitgliedstaaten zur Umsetzung von ACTA durch den Ratsbeschluss vom 16. Dezember 2011 Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 17 Mündliche Fragen 36 und 37 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Position der Bundesregierung zu ACTA vor dem Hintergrund der Überprüfung des Abkommens durch den Europäischen Gerichtshof; Offenlegung sämtlicher Dokumente Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 18 Mündliche Frage 38 Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erarbeitung eines sogenannten dritten Korbes der Urheberrechtsreform Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 19 Mündliche Fragen 39 und 40 Burkhard Lischka (SPD) Regelung für ein Modell zur Versendung von Warnhinweisen durch Internetzugangsanbieter an Nutzer bei Urheberrechtsverletzungen im Rahmen des dritten Korbes zur Novellierung des Urheberrechtsgesetzes Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 20 Mündliche Frage 41 Ingo Egloff (SPD) Umsetzung von Warnhinweismodellen bei Urheberrechtsverletzungen Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 21 Mündliche Fragen 42 und 43 Siegmund Ehrmann (SPD) Position der Bundesregierung zu Warnhinweismodellen Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 22 Mündliche Fragen 44 und 45 Martin Dörmann (SPD) Konsequenzen aus dem Gutachten zur -Versendung von Warnhinweisen durch Internetzugangsanbieter bei Urheberrechtsverletzungen und Bewertung der vorgeschlagenen vorgerichtlichen Mitwirkung Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 23 Mündliche Fragen 46 und 47 Brigitte Zypries (SPD) Rechtliche Vorgaben für die Umsetzung von Warnhinweis- bzw. vorgerichtlichen Mitwirkungsmodellen bei Urheberrechtsverletzungen Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 24 Mündliche Fragen 48 und 49 Lars Klingbeil (SPD) Notwendigkeit und verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Warnhinweis- bzw. vorgerichtlichen Mitwirkungsmodellen zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 25 Mündliche Frage 50 Doris Barnett (SPD) Schlussfolgerungen aus dem Gutachten des Europäischen Gerichtshofes zum geplanten EU-Patentgericht Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 26 Mündliche Fragen 51 und 52 Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Notwendigkeit weiterer Hilfen für Portugal Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 27 Mündliche Frage 53 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sicherstellung der Auszahlung der neuen Finanzhilfen für Griechenland nur bei Vollzug des zugesagten Schuldenschnitts; Auflagen zur Durchsetzung des radikalen Sparpakets Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 28 Mündliche Frage 54 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Fiskalische Belastungen durch den Soffin infolge von Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen bei der FMS Wertmanagement AöR Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 29 Mündliche Frage 55 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Risiken für die Einhaltung der Schuldenbremse infolge der aktuell sinkenden Steuereinnahmen und vor dem Hintergrund der beabsichtigten Steuerentlastungen durch das Gesetz zum Abbau der kalten Progression Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 30 Mündliche Frage 56 Heinz Paula (SPD) Erkenntnisse der Bundesregierung hinsichtlich der berufsspezifischen Risiken und Gefährdungen der langjährig Beschäftigten bei den Werkfeuerwehren in der chemischen Industrie Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 31 Mündliche Frage 57 Heinz Paula (SPD) Auswirkungen von § 16 Verwaltungskostenfeststellungsverordnung auf die Kommunalfinanzen Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 32 Mündliche Fragen 58 und 59 Gabriele Hiller-Ohm (SPD) Position der Bundesregierung zur Überarbeitung der Modernisierungsrichtlinie (2003/51/EG) in Bezug auf gesetzliche Offenlegungspflichten für Unternehmen und Schlussfolgerungen aus der neuen EU-Strategie für die soziale Verantwortung der Unternehmen Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 33 Mündliche Frage 60 Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Umsetzung des im Bundesratsausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz beschlossenen Antrags zur Übergangsfrist für bestehende Kleingruppenhaltungen bei Legehennen in eine Verordnung Antwort Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 34 Mündliche Frage 61 René Röspel (SPD) Durchführung des runden Tisches zur Aquakultur Antwort Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 35 Mündliche Frage 62 Andrej Hunko (DIE LINKE) Beschaffung weiterer Drohnen für den NATO-Verband Alliance Ground Surveillance und Stationierung in Sigonella/-Sizilien Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 36 Mündliche Frage 63 Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Unterstützungsleistungen des European Air Transport Command für die NATO-Operation Unified Protector und Anteil der Bundeswehr Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 37 Mündliche Frage 64 Heidrun Dittrich (DIE LINKE) Belegungsstatistik in deutschen Kinderheimen in den Jahren 1950 bis 1970 und Gründe für Todesfälle Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 38 Mündliche Frage 65 Heidrun Dittrich (DIE LINKE) Anträge für den "Fonds Heimerziehung" Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 39 Mündliche Frage 66 Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einbringung eines Gesetzentwurfs zur -Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur -UN-Kinderrechtskonvention betreffend die Individualbeschwerde Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 40 Mündliche Fragen 67 und 68 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Erfahrungen mit dem Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus sowie Änderungs- bzw. Ergänzungsbedarf; Inanspruchnahme entsprechender Assistenzleistungen und damit verbundene Mehrkosten für die öffentliche Hand Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 41 Mündliche Fragen 69 und 70 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auslandsreisen von Bundesminister Dr. Peter Ramsauer in der 17. Legislaturperiode; Kosten und Budget für Reisetätigkeiten der politischen Leitung des BMVBS Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 42 Mündliche Frage 71 Gustav Herzog (SPD) Zulassung der LL-Sohle bis zur Einführung des lärmabhängigen Trassenpreissystems im Zugverkehr zum Fahrplanwechsel 2012/2013 Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 43 Mündliche Frage 72 Gustav Herzog (SPD) Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Abschaffung des Schienenbonus noch vor der parlamentarischen Sommerpause 2012 Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 44 Mündliche Frage 73 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zulieferung von Daten aus Bayern zum Forschungs- und Entwicklungsvorhaben "Natürliche Waldentwicklung als Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt" Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 45 Mündliche Frage 74 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erklärungen bzw. Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kasachstan und zwischen Kasachstan und deutschen Wirtschaftsvertretern im Nuklearbereich Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 46 Mündliche Frage 75 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Arbeitsprogramm der Reaktor-Sicherheitskommission nach der ersten Stellungnahme zum Stresstest der deutschen Atomkraftwerke Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 47 Mündliche Frage 76 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anpassung der EU-Grenzwerte für radioaktive Belastung von Lebensmitteln an das neue japanische Niveau Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 48 Mündliche Frage 77 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Absenkung des Grenzwertes für die innere Strahlenbelastung in Japan und geltende Grenzwerte in Deutschland Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 49 Mündliche Fragen 78 und 79 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Absenkung des Ausbaukorridors für -Photovoltaikanlagen über 2017 hinaus; Vermarktungserlöse für Strom aus Photovoltaikanlagen in den nächsten 20 Jahren Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 50 Mündliche Frage 80 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Position der Bundesregierung zum Vorschlag der EU-Kommission zur Umsetzung des Artikels 7 a der Kraftstoffqualitätsrichtlinie Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 51 Mündliche Frage 81 Veronika Bellmann (CDU/CSU) Zertifizierung der Beratungsstellen für Beratungsleistungen im Rahmen der Bildungsprämie Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 52 Mündliche Frage 82 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus der aktualisierten Vo-rausberechnung der Studienanfängerzahlen 2012 bis 2025 Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF 161. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 Beginn: 13.00 Uhr Vizepräsident Eduard Oswald: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie sehr herzlich und heiße Sie alle willkommen. Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Deutsches Ressourceneffizienz-programm. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Herr Dr. Norbert Röttgen. - Bitte schön, Herr Bundesminister. Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat in ihrer heutigen Sitzung das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm beschlossen. Damit legt eine Bundesregierung erstmals ein umfassendes Programm zur nachhaltigen Nutzung von Rohstoffen vor. Es ist ein Programm, das global noch nicht viele Vorbilder hat. Beim Thema Ressourceneffizienz sind wir vielmehr Vorreiter einer solchen programmatisch konzeptionellen Ausarbeitung. Das entspricht dem Anspruch der Bundesregierung, dass unser Land eine der ressourceneffizientesten Volkswirtschaften wird und Vorreiter bei dieser Entwicklung bleibt. Wir sind erfolgreich, und wir müssen es auch sein. Es gibt kein anderes Gebiet, wo ökonomische Vernunft und ökologische Verantwortung so identisch sind wie beim Thema Ressourceneffizienz. In den letzten zehn Jahren haben wir global einen deutlichen Anstieg des Ressourcenverbrauchs erlebt, nämlich um ein Drittel weltweit. In den letzten zehn Jahren ist der Ressourcenverbrauch in Deutschland um 11 Prozent reduziert worden. Wir haben in den vergangenen 20 Jahren eine Steigerung der Rohstoffproduktivität um fast 50 Prozent erreicht. Das zeigt, Deutschland ist das Effizienzland. Aber Deutschland ruht sich nicht aus; wir wollen aus ökonomischen und ökologischen Gründen das ressourceneffizienteste Land im globalen Wettbewerb werden. Die Rohstoffnachfrage wird weiter steigen. Darum sind Effizienz und ein umfassendes Programm eine Notwendigkeit, der wir uns stellen. In Deutschland werden in der Produktion rund 500 Milliarden Euro für den Rohstoffverbrauch ausgegeben. Im produzierenden Gewerbe liegt der Anteil der Materialkosten bei 45 Prozent, in rohstoffintensiven Unternehmen liegt er bei fast 50 Prozent. Im produzierenden Gewerbe liegen die Lohnkosten inzwischen bei -unter 20 Prozent. Dies macht deutlich, dass es Kostengründe, ökonomische Gründe und betriebswirtschaftliche Gründe sind, die die Ressourceneffizienz zu einem sinnvollen Projekt machen. Ich nenne ein Beispiel. Die deutsche Metallindustrie ist mit jährlich circa 46 Millionen Tonnen Rohstahl und mit circa 2,8 Millionen Tonnen Nichteisenmetallen der größte Stahl- und Nichteisenmetallerzeuger in der EU. Die steigenden Preise für Eisenerz, Stahl, Schrott und Nichteisenmetalle belasten die produzierende Wirtschaft erheblich. Die Rohstoffpreise haben sich hier im letzten Jahrzehnt verdreifacht. Recycling von Massenmetallen ist darum ein zentraler Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft. Ein anderes Beispiel ist Kupfer. Wenn man Kupfer recycelt und nicht im Tagebau gewinnt, spart man 50 Prozent Energie, 50 Prozent Schlacke und 100 Prozent Schwefelsäure. In 1 Tonne Handyschrott steckt 60-mal mehr Gold als in 1 Tonne Golderz. Darum gehen wir diese Fragen konzeptionell an, quasi als Strategie; dabei sind wir sowohl umfassend als auch konkret. In unserer Konzeption betrachten wir die gesamte Wertschöpfungskette: von der nachhaltigen Rohstoffversorgung über die Ressourceneffizienz in der Produktion, die Ressourceneffizienz im Konsum und natürlich die ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft. Wir betrachten Elektromobilität, Energieversorgung, nachhaltiges Bauen und einzelne Stoffströme. Außerdem gehen wir konkreten Fragen nach: Wie führt man Umweltmanagementsysteme ein? Wie können Produkte und vor allem Produktionsprozesse effizienter gestaltet werden? Wie können freiwillige Produktkennzeichen- und Zertifizierungssysteme erfolgreich eingeführt werden? Wie lässt sich Ressourceneffizienz im öffentlichen Beschaffungswesen optimieren? Wir werden unseren bisherigen Weg fortsetzen. Als ein erfolgreiches Beispiel nenne ich in diesem Zu-sammenhang die Beratung kleiner und mittlerer Unternehmen, die in einer einzigartigen Kooperation des -Bundesumweltministeriums mit dem Verein Deutscher Ingenieure sehr erfolgreich unterstützt und von der -demea, der Deutschen Materialeffizienzagentur, die zum Ressortbereich des Bundeswirtschaftsministers gehört und sehr erfolgreich arbeitet, gefördert wird. Dieses Beispiel zeigt, dass unser Anliegen zugleich wirtschaftlicher und umweltpolitischer Natur ist. Den Prozess der Ausarbeitung haben wir sehr praxisnah und sehr transparent gestaltet. Dabei sind Akteure der Zivilgesellschaft tätig gewesen; es hat wissenschaftliche Beratungen und Diskussionen gegeben, über hundert schriftliche Stellungnahmen sind eingeflossen. Die breite Öffentlichkeit ist durch eine Internetkonsultation einbezogen worden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass dieses Konzept übergreifend ist. Es handelt sich um ein wirtschaftliches und ressourcenpolitisches Programm zur Modernisierung unserer Gesellschaft, mit dem man sich zu Wachstum bekennt, bei dem man aber gleichzeitig weiß, dass sich Wachstum, wenn es nachhaltig sein soll, vom Ressourcenverbrauch abkoppeln muss. Wir sind erfolgreich, aber noch nicht erfolgreich genug und somit noch nicht am Ziel. Wir werden weitermachen, um das Ziel zu erreichen, in Deutschland bis 2020 die Rohstoffproduktivität im Vergleich zu 1994 zu verdoppeln. Das ist ein nationales Ziel; zugleich ist es aber ein nicht zu unterschätzender konkreter Beitrag zum Gelingen der vor uns liegenden Konferenz "Rio plus 20", bei der es darum geht, solche Konzepte international nachhaltigen Wachstums auch in eine internationale Ordnung zu bringen. Das Ganze lebt nicht nur vom Reden, sondern auch vom Handeln. Daraus erwächst Glaubwürdigkeit. Darum ist dieses Programm so wichtig. Vielen Dank. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Bundesminister. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere an unsere Ein-Minuten-Regelung für Fragen und Antworten. Bei der Einhaltung der Minute werden Sie durch eine sekundenweise rückwärtslaufende Uhr sowie durch Lichtsignale in Gestalt eines Farbfeldes Grün-Gelb-Rot unterstützt. In den ersten 30 Sekunden zeigt das Farbfeld Grün, gefolgt von Gelb. Nach Ablauf der 60 Sekunden, also nach Ablauf der Redezeit, erscheint es dann in Rot. Ich glaube, beim nächsten Mal müssen wir darauf nicht mehr hinweisen; dann ist es allgemein bekannt. Ich bitte, zunächst die Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. Als Erstem gebe ich das Wort unserem Kollegen Dr. Matthias Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Herr Minister, vielen Dank für den Bericht. - Das, was Sie zum Schluss im Hinblick auf Handeln und -Reden gesagt haben, ist mit Blick auf die derzeitige Bundesregierung und in Ihr Zusammenspiel mit dem Bundeswirtschaftsminister nicht immer so ganz einfach. Deswegen haben Sie vorhin so schön geredet. Ich frage Sie ganz konkret nach einer Maßnahme: Wird sich die Bundesregierung für die Realisierung des Top-Runner-Ansatzes, der auf internationaler Ebene durchaus erfolgreich ist, national und auf europäischer Ebene einsetzen? Haben Sie das beschlossen? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir haben uns dafür eingesetzt. Wir werden uns weiter dafür einsetzen; es ist ausdrücklicher Bestandteil unserer Beschlussfassung zum Energiekonzept und zur Energiewende. Also: ein dreifaches Ja. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Nächster Fragesteller ist unser Kollege Dr. Thomas Gebhart. Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU): Herr Minister, es ist ein großer Fortschritt, dass die Bundesregierung ein solches nationales Ressourceneffizienzprogramm auf den Weg gebracht hat, ein Meilenstein, den wir ausdrücklich begrüßen. Die Frage, die sich mir stellt, lautet: Welche Fördermittel beabsichtigt die Bundesregierung im Rahmen der Haushaltsplanung für das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm zur Verfügung zu stellen? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir haben in diesem Jahr nicht nur dieses Programm ausgearbeitet, sondern auch parallel gehandelt und neue Förderprogramme auf den Weg gebracht. Alte Förderprogramme werden wir fortsetzen und auch intensivieren. Ich möchte in besonderer Weise herausheben, dass die KfW natürlich in Kooperation mit der Bundesregierung in diesem Jahr erstmals, übrigens unlimitiert, einen speziellen Fördertatbestand Ressourceneffizienz in ihr Umweltprogramm aufgenommen hat. Das ist ein neuer Schwerpunktförderbereich der KfW. Die Förderprogramme, die wir in den unterschiedlichen Bereichen haben, werden natürlich fortgesetzt. Ich habe eben schon insbesondere ein Projekt, nämlich das VDI Zentrum für Ressourceneffizienz, genannt. Dieses Projekt ist kennzeichnend für den Schwerpunkt "Beratung kleiner und mittlerer Unternehmen". Das Ziel der Ressourceneffizienz wird sich in diesem Jahr noch stärker im Umweltinnovationsprogramm der Bundesregierung und natürlich in weiterer Gesetzgebung widerspiegeln. Sie wissen, dass gerade vor wenigen Wochen das nach 16 Jahren novellierte Kreislaufwirtschaftsgesetz in Kraft getreten ist; es ermöglicht mehr Wiederverwertung und höhere Recyclingquoten. Darauf aufbauend werden wir jetzt die gesetzliche Einführung einer Wertstofftonne in Angriff nehmen. Damit wird zum Beispiel das konkrete Ziel verfolgt, dass pro Einwohner und Jahr noch einmal 7 Kilogramm wertvoller Reststoffe nicht deponiert, verbrannt oder weggeworfen, sondern der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden. Der Ansatz ist also umfassend: Beratung, Förderung und Gesetzgebung. Wir werden diesen Aspekt auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene konsequent verfolgen. Vizepräsident Eduard Oswald: Jetzt sind wir am Ende der Zeit. - Nächste Fragestellerin ist Kollegin Dorothea Steiner. Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Minister, für die Ausführungen zu diesem Programm, das Ihr Kollege von der Union als "Meilenstein" bezeichnet. - Ich teile die Einschätzung des Kollegen Miersch, dass darin sehr schöne Worte und hehre Zielsetzungen enthalten sind; je konkreter es werden soll, desto größer ist aber die Nullstellenanzahl. Nachdem Sie selber das Kreislaufwirtschaftsgesetz angesprochen haben - da geht es ja auch um Ressourcenwiedergewinnung -, möchte ich Sie als Erstes fragen: Wieso haben Sie die Recyclingquoten so niedrig angesetzt, dass sie teilweise, zum Beispiel bei verschiedenen Baustoffen, schon jetzt erreicht werden, anstatt ambitioniertere Recyclingquotenziele, zum Beispiel für 2015, 2017 oder 2020, anzustreben? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin, wir haben die Debatte um das Kreislaufwirtschaftsgesetz geführt. Wir haben in dem Gesetz ohne jeden Zweifel die höchsten Recyclingquoten in ganz Europa vorgesehen; sie werden weiter gesteigert. Wir haben eine neue, fünfstufige Abfallhierarchie eingeführt, um die Aspekte der Vermeidung von Abfall, der Wiederverwertung und des Recyclings auszudifferenzieren. Darum gab es am Ende eine so breite Unterstützung, ich glaube, auch aller Landesregierungen, an denen Ihre Partei beteiligt ist; das ist schon an sich bemerkenswert. Es gab auch die Zustimmung der kommunalen Spitzenverbände zu diesem Gesetz. Ich meine, dass das nach 16 Jahren der alten Rechtslage in der Tat ein wirklicher Meilenstein für die Kreislaufwirtschaft ist. Jetzt geht es - das ist eben angesprochen worden - mit der Wertstofftonne weiter, die wir einführen werden. Ich glaube, das ist wirklich ambitioniert, und es ist auch von wirtschaftlichem Vorteil. Weil Sie sagten, es werde viel geredet, aber es sei wenig konkret unterlegt, darf ich Ihre Aufmerksamkeit vielleicht auf den im Programm extra aufgeführten Anhang lenken, in dem die Schwerpunkte der Aktivitäten der Bundesregierung en détail ressortübergreifend aufgelistet werden. Diese Auflistung vermittelt ein eindrucksvolles Bild und weist konkret nach, dass Ressourceneffizienzpolitik schon bislang betrieben wurde, übrigens nicht nur von der Bundesregierung; auch die Aktivitäten der Landesregierungen, von Verbänden und Einrichtungen werden aufgeführt. Das ist in der Tat - - Vizepräsident Eduard Oswald: Das war der Hinweis zum Nachlesen. Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: So ist es. Vizepräsident Eduard Oswald: Nächste Fragestellerin, Frau Kollegin Eva Bulling-Schröter. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Herzlichen Dank. - Herr Minister, die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie hat das Ziel, die Ressourcenpro-duktivität bis 2020 gegenüber 1990 zu verdoppeln. Momentan haben wir pro Jahr eine Erhöhung der Ressourcenproduktivität von 2,7 Prozent. Die Wachstumsrate der deutschen Volkswirtschaft seit 1994 beträgt real 1,5 Prozent. Wenn ich beide Zahlen nehme und sie fortschreibe, dann ergibt sich für 2050 rechnerisch ein absoluter Ressourcenverbrauch von 50 Prozent; laut dem Wuppertal-Institut sind aber 75 Prozent notwendig. Meine Frage an Sie lautet daher: Halten Sie diese Minderungsziele für angemessen? Halten Sie sie für nachhaltige Ziele? Wir wissen doch, dass gerade in der ersten Zeit am meisten Ressourcen eingespart werden können, wohingegen das Einsparen später immer schwieriger wird. Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Lassen Sie mich etwas zu den Zahlen sagen. Ich habe eben dargelegt, dass wir in der Nachhaltigkeitsstrategie das eindeutige Ziel festgelegt haben, die Rohstoffproduktivität bis 2020 bezogen auf 1994 zu verdoppeln. Wir haben bislang 47,5 Prozent erreicht. Wenn wir das einfach so fortsetzen - auch weil am Anfang die noch tiefhängenden Früchte geerntet werden können -, dann wird der Zuwachs 2020 bei circa 82 Prozent liegen. Das zeigt: Wir waren erfolgreich, wir sind erfolgreich, und wir wollen noch erfolgreicher werden, um das Ziel der Verdoppelung zu erreichen. Es geht voran, auch bei der Entkoppelung vom Verbrauch. Um die Zahlen noch einmal zu nennen: Der Rohstoffverbrauch in Deutschland ist im letzten Jahrzehnt bei steigender Wirtschaftsleistung - die zum Teil enorm war; wir hatten ein Wachstum zwischen 3 und 3,7 Prozent in den vergangenen Jahren - um 11 Prozent zurückgegangen. Das heißt, wir liegen gut; aber wir wollen noch besser werden. Das sind unsere Ziele. Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Fragesteller, Kollege Oliver Krischer. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister, herzlichen Dank für Ihren Bericht. - Dieser Bericht war genauso wie das Programm insgesamt: eine interessante und lesenswerte Stoffsammlung. Die Kurzfassung, die Sie vorgetragen haben, würde man so ähnlich auch bei Wikipedia unter dem Stichwort "Ressourceneffizienz" finden. Das Problem der gesamten Strategie ist, dass es überhaupt keine Maßnahmen gibt. Sie ist zu wenig konkret; was vorliegt ist nichts als bedrucktes Papier. Ich fürchte, dass diese Strategie am Ende im BMU in einem Aktenschrank landet, abgeheftet wird und zu nichts Konkretem führt. Sie selber haben gerade die nationale Nachhaltigkeitsstrategie angesprochen. Die Kollegen im Umweltausschuss waren nicht bereit, die entsprechenden Ziele in den Koalitionsantrag aufzunehmen; das ist schon ein bisschen traurig. Wenn die Zahlen stimmen, dann verhält es sich so, dass wir in Bezug auf unser Ziel, die Ressourceneffizienz bis 2020 zu verdoppeln, derzeit erst 47 Prozent erreicht haben. Es verbleiben noch acht Jahre. Meine Frage: Mit welchen konkreten Maßnahmen wollen Sie gewährleisten, dass die fehlenden rund 50 Prozent - Sie sagen selber, es sei schwierig, sie zu erreichen, weil die "low hanging fruits" schon weg sind - erreicht werden? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Sehr geehrter Herr Kollege, da Sie auf fehlende Aktivitäten hinweisen, sollte ich vielleicht meinen Lektüre-hinweis wiederholen; diesmal möchte ich auch Seiten-angaben machen. Auf Seite 79 des Programms fängt die Darstellung der Maßnahmen an, die bereits ergriffen worden sind. Das ist relativ eindrucksvoll. Sie müssen das einfach nur einmal lesen bzw. zur Kenntnis nehmen. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe es gelesen! Es ist nichts Konkretes!) - Es mag ein gewisser parteipolitischer Widerwille vorhanden sein, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen und die Erfolge anzuerkennen. Das kann ich ein wenig verstehen; aber man sollte sich am Ende für unser Land freuen. Bislang sind wir wirklich sehr erfolgreich, und zwar dadurch, dass sich die Wirtschaft aus eigenem Interesse aktiv für diesen Bereich einsetzt. Wir haben erfindungsreiche Ingenieure. Der größte Teil der Arbeit wird von der Gesellschaft geleistet, aber auch die Politik trägt ihren Teil dazu bei, indem sie einen gewissen Rahmen setzt. Ich glaube, dass die Gesellschaft das, was diese Regierung macht, gut findet. Ich habe eben betont, welche Akzente wir mit dieser Politik setzen. Ich will das kurz wiederholen. Wir haben über das Kreislaufwirtschaftsgesetz gesprochen. Dieses Gesetz ist ein wirklicher Fortschritt hinsichtlich der Ressourceneffizienz. Wir werden dieses Gesetz in der eben geschilderten Weise fortentwickeln. Wir werden es in unsere Innovationsprogramme, in unsere Förderprogramme, in die Gesetzgebung, in die Strategie der Europäischen Kommission, die jetzt folgt, und in den internationalen Prozess einbringen, und zwar bezogen auf ganz unterschiedliche Bereiche: Elektromobilität, Bauen, Verkehr, Produktdesign, Kennzeichnungen für den Verbraucher, Zertifizierungssysteme usw. Wir werden allerdings nicht bevormunden, nicht regulatorisch eingreifen, sondern wir setzen auf Anreize und Innovationen. Vizepräsident Eduard Oswald: Es ist unglaublich, wie schnell eine Minute vergeht. - Nächster Fragesteller, Kollege Gerd Bollmann. Gerd Bollmann (SPD): Herr Minister, auch mich hat es etwas erstaunt, dass Sie heute hier schon zweimal betont haben, dass Sie die Ressourceneffizienz bis 2020 verdoppeln wollen, während in der gerade erst beendeten Ausschusssitzung ein Antrag der Grünen mit dem gleichen Ziel von Ihren Kollegen von Union und FDP abgelehnt worden ist. Jetzt zu meiner Frage: Wie steht die Bundesregierung zu einer Rücknahmeverpflichtung, zum Beispiel für Mobiltelefone oder Photovoltaikmodule, um vor allem seltene und strategisch wichtige Metalle zurückzugewinnen? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege, ich habe es soeben betont: Wir setzen mit diesem Programm auf Information, auf Beratung, auf Anreize und nicht auf Vorschriften. In der Bevölkerung wie bei den Ingenieuren und in der Wirtschaft ist eine große Bereitschaft vorhanden, mitzuwirken. Über die Handys habe ich bereits gesprochen; Sie haben die entsprechende Verpflichtung angesprochen. Wenn es so ist, dass in 1 Tonne Handyschrott 60-mal so viel Gold ist wie in 1 Tonne Golderz, dann ist es, glaube ich, richtig, nicht auf Regulation und Vorschriften zu setzen, sondern auf die wirtschaftliche Vernunft, darauf, dass erkannt wird, wie sinnvoll es ist, dieses Potenzial zu heben. Ich glaube, dass wir auf diesem Gebiet mit Anreizen, mit Hinweisen auf die wirtschaftlichen Vorteile, mit Freiwilligkeit viel mehr erreichen als mit einem bevormundenden Staat. Herr Kollege, die Bürger sind nach meiner Einschätzung mindestens so weit wie die Politik. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Als Nächsten habe ich auf meiner Liste Kollegen Hermann Ott. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke schön, Herr Präsident. - Herr Minister, es ist gut, dass sich die Bundesregierung um dieses wichtige Thema kümmert. Der Bundestag tut das auch. Er hat eine Kommission eingesetzt, die Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität". Ich habe das Vergnügen und die Ehre, in diesem Rahmen eine Projektgruppe zu leiten, in der es um die Punkte Ressourcenverbrauch und Entkoppelung geht. Zentraler Begriff in dieser Gruppe ist "Rebound", ein Begriff, der Ihnen sicherlich bekannt ist. Man spricht auch von Jevons' Paradoxon: Effizienzsteigerung bei gleichbleibendem Preis führt zu mehr Verbrauch. Seit 150 Jahren ist das ein ehernes Gesetz, das anscheinend noch nie durchbrochen worden ist. Der Begriff "Rebound" ist in Ihrem Programm übrigens nicht zu finden. Hier meine Frage: Wie wollen Sie es anstellen, eine absolute Reduktion zu erreichen? Wir wissen ja, dass es nicht darum geht, eine im Verhältnis zur Produktion relative Verbesserung der Effizienz zu erreichen, sondern darum, dass wir den Ressourcenverbrauch absolut senken, und zwar möglichst auf die Hälfte dessen, was wir heute verbrauchen. Das geht aber nur mit konkreten Maßnahmen. Das geht nur mit der Schaffung von Obergrenzen oder durch preisliche Maßnahmen. Bitte sagen Sie uns, was die Bundesregierung diesbezüglich plant. Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich glaube, dass man beides braucht. Der Erfolg Deutschlands liegt darin begründet, dass wir nachweislich beides erreicht haben - wir haben über die Zahlen gesprochen -: Wir haben eine Rohstoffproduktivitätssteigerung in dem beschriebenen Zeitraum von 47,5 Prozent erreicht. Dabei geht es um die Frage: Wie viel Rohstoffverbrauch ist nötig, um eine Maßeinheit des Bruttoinlandsprodukts zu erwirtschaften? (Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist relativ!) - Diese Relation ist auch relevant. Sie ist aber nicht die einzig relevante. - Gerade im internationalen Kontext wird deutlich, dass Effizienzgewinne allein nicht ausreichen. Darum ist der Nachweis, dass das große Industrieland Deutschland im vergangenen Jahrzehnt erfreulicherweise eine gestiegene Wirtschaftsleistung verzeichnen konnte und gleichzeitig absolut 11 Prozent weniger Rohstoffverbrauch hatte, wichtig. Dies wurde zum Beispiel durch ein modernes Kreislaufwirtschaftsgesetz erreicht. Dieses Gesetz hat dazu geführt, dass heute 13 Prozent der in Deutschland eingesetzten Rohstoffe Sekundärrohstoffe sind. Das heißt, dass natürliche Rohstoffe zu 13 Prozent durch Abfallstoffe ersetzt werden. Das ist eine Substitution des Verbrauchs von Rohstoffen durch sogenannte sekundäre Rohstoffe oder Abfallstoffe. Das Ganze ist ein Beispiel dafür, dass es möglich ist, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, zu wachsen und gleichzeitig den Verbrauch an Rohstoffen absolut zu reduzieren. Dies ist möglich durch die Konzeption der Kreislaufwirtschaft, durch den Einsatz von Technologie und insbesondere - das wird manchmal ja ein bisschen gering geschätzt - durch Information, Bildung und Beratung. Diese so weich klingenden Elemente sind enorm wichtig, gerade im internationalen Kontext. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Nächster Fragesteller ist der Kollege Cajus Caesar. Bitte schön, Kollege Caesar. Cajus Caesar (CDU/CSU): Herr Minister, für die CDU/CSU-Fraktion ist dies ein sehr wichtiges Thema. Deshalb sind wir der Bundesregierung außerordentlich dankbar, dass sie dieses Thema in den Vordergrund stellt. Ich glaube, dass es bedeutend ist, hier den Zusammenhang im Bereich Umweltschutz, Wirtschaft und Beteiligte zu erkennen und zu erläutern. Dazu gehört sicherlich auch der Bereich der Forschung; schließlich kann es gelingen, Ersatz für bestimmte Rohstoffe zu gewinnen. Meine erste Frage an Sie bezieht sich auf das Miteinander: Wie nehmen Sie die Branchen mit? Gibt es eine Planung der Bundesregierung, entsprechende Gespräche zu führen und Beteiligungen vorzunehmen? Es gibt Sorgen in der Baubranche und in anderen Bereichen. Wie will man das angehen? Zum Zweiten die Frage: Gibt es Planungen, Forschungsmittel für den Bereich der Ersatzstoffe zu gewinnen, um die Ressourceneffizienz nach vorne zu bringen? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Verehrter Kollege Caesar, all diese Aspekte sind notwendig und werden von der Bundesregierung verfolgt; sie sind auch in der Vergangenheit von ihr verfolgt worden. Die Ausarbeitung dieses Konzepts drückt aus, dass wir das als einen gemeinsamen Prozess verstehen. Wir, die Regierung, haben kein Konzept entwickelt, aus dem hervorgeht, wie es im Einzelnen ablaufen soll, sondern es fand ein breiter Konsultations- und Arbeitsprozess statt, an dem die Bundesländer, Verbände, Einrichtungen, die Wissenschaft und die Zivilgesellschaft beteiligt waren; so ist dieses Konzept entstanden. Es ist also ein Gemeinschaftswerk, was ich aufgrund Ihrer Frage gerne noch einmal ausdrücklich betone. Das Bundesumweltministerium nimmt die Aspekte der Forschung, die Sie genannt haben, in unterschiedlicher Weise auf. Erstens. Dies geschieht dadurch, dass es in seinem Umweltinnovationsprogramm dem Aspekt der Rohstoffeffizienz einen noch größeren Raum geben wird. Zweitens. Ich bin ganz sicher, dass Forschung und Innovation in der Gesellschaft, in der Wirtschaft stattfinden. Darum finde ich das KfW-Umweltprogramm zur Förderung von Rohstoffeffizienz in der Wirtschaft, zur Förderung entsprechender Investitionen, das in diesem Jahr neu aufgelegt worden ist, so wichtig. Drittens. Wir setzen einen Wirtschaftsordnungsrahmen. Wir schaffen eine Regulierung, die diejenigen honoriert, die diese Investitionen vornehmen. Es gibt also einen wirtschaftlichen Anreiz für diejenigen, die rohstoffsparend produzieren. Allerdings ist das Eigeninte-resse in den Sektoren von vornherein da. Ich habe es ja eben ausgeführt: Wenn der Materialkostenanteil im produzierenden Gewerbe bei 45 bis 50 Prozent liegt, dann ist die Eigenmotivation sehr stark. Das ist eine gute Motivation. Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Fragesteller ist der Kollege Frank Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Sehr geehrter Herr Minister, wie die Kollegen der Union finde ich ein Ressourceneffizienzprogramm sehr gut. Ich finde es jedenfalls besser, als Verträge mit Diktatoren zu schließen und irgendwann die Bevölkerung in anderen Ländern zu drangsalieren, um an Rohstoffe zu kommen. Ich finde es auch gut, dass Sie es der Bevölkerung zubilligen - so habe ich es gerade verstanden -, im Bewusstsein weiter zu sein als manch anderer, vielleicht auch als die Regierung selbst. Trotzdem geht es in der Politik ja immer um Konkretion und nicht so sehr um Philosophie. An Konkretem mangelt es in diesem Programm. Ein vielleicht nur kleines, aber gewichtiges Thema, das mittlerweile immer mehr diskutiert wird, ist das Thema Plastiktüte. Ich will Sie ganz konkret fragen: Wie viele Ressourcen fließen in die Produktion einer Plastiktüte? Finden Sie den heutigen Umgang mit Plastiktüten eigentlich sinnvoll, oder können Sie sich vorstellen, bestimmte Politiken zu entwickeln, um in diesem Bereich eine Regulierung vorzunehmen, sodass wir zum Beispiel im Meer oder anderswo nicht immer mehr solcher Tüten - man denke an die darin verarbeiteten Rohstoffe - finden? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Vielen Dank, Herr Kollege Schwabe, für diese Frage. - Ich weiß gar nicht, ob die SPD zu diesem Thema eine Meinung hat. (Dr. Matthias Miersch [SPD]: Schade! - Weiterer Zuruf von der SPD: Sie sollten häufiger in den Ausschuss kommen!) Diese Frage ist geeignet, um die Unterschiedlichkeit der Ansätze zu verdeutlichen. Die Grünen werden beim Thema Plastiktüte schon ganz nervös. (Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Wir werden nicht nervös! - -Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind begeistert!) Das zeigt - das meine ich eigentlich positiv -, dass Ihnen der Beschluss Ihres letzten Parteitags ein bisschen peinlich ist. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!) Sie wollen eine Plastiktütenabgabe einführen. Ich weiß nicht mehr den genauen Betrag, den der Bürger pro Plastiktüte zahlen soll. (Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir hatten es hier im Antrag!) - Bitte? Wie hoch ist der Betrag? 28 Cent? Ich weiß es nicht mehr genau. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genauso wie in Irland!) Dieser Ansatz zeigt Ihr Verständnis von Politik: Die -Politik ist weiter als die Gesellschaft. Wir sind klüger. Wir wissen, wie sich die Leute zu verhalten haben. Darum wollen wir sie durch Abgaben zum richtigen Verhalten zwingen. (Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Durch marktwirtschaftliche In-strumente!) Ich sage ganz ausdrücklich: Das ist nicht der Ansatz der Bundesregierung. Wir glauben, dass die Bürgerinnen und Bürger verantwortungsvoll sind, dass sie sich ökologisch verantwortlich verhalten wollen und dies auch tun. Darum setzen wir auf den Nachweis von Erfolg, auf das freiwillige Mitmachen der Bürgerinnen und Bürger und nicht auf drangsalierende Abgaben, durch die das Verhalten der Bürger gesteuert werden soll. (Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN) Ich will Ihnen klar sagen: Die hinter Ihrem Ansatz stehende Staatspädagogik lehne ich ausdrücklich ab. (Dr. Matthias Miersch [SPD]: Sie sagen gar nichts! - Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Klingt wie die FDP! - Gegenruf des Abg. Holger Krestel [FDP]: Das ist ja ein Kompliment!) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächste Fragestellerin, Frau Kollegin Eva Bulling-Schröter. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Danke schön. - Ich frage jetzt nichts zur Staatspädagogik, sondern zu Rohstoffpartnerschaften mit Lieferländern; diese werden in einigen Papieren der Bundes-regierung erwähnt. Mich würde interessieren: Welche Vorgaben für die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards sind im Ressourceneffizienzprogramm festgeschrieben? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Bundesregierung hat vor einiger Zeit ein Konzept zur Rohstoffsicherung erarbeitet und vorgelegt. Rohstoffsicherung ist der erste Schritt in der Wertschöpfungskette. Ich glaube, dass es richtig ist, dass die -Bundesrepublik Deutschland dieses Thema in den internationalen Beziehungen nicht einigen wenigen großen Ländern - um es klar zu sagen: China - überlässt, sondern dass wir eine vorausschauende Politik der Rohstoffsicherung betreiben, insbesondere deshalb, weil wir in Deutschland außer Sand und Kies relativ wenig Rohstoffe in unseren Böden haben und darum in hohem Maße abhängig sind. Darum ist eine Rohstoffstrategie im nationalen und im europäischen Interesse. Ich glaube, dass die Bundesrepublik Deutschland die Chance hat, im Rahmen solcher Partnerschaften auf die Einhaltung von Menschenrechten, von sozialen Standards, von Gesundheitsstandards und Umweltstandards einen positiven Einfluss zu nehmen. Ich sehe da keinen Gegensatz. Vielmehr glaube ich, dass eine Rohstoffstrategie auch eine außenpolitische Strategie ist, die dazu dient, dass sich unsere Vorstellungen von Menschenrechten, von Menschenwürde und von Respekt vor der Umwelt auch in anderen Teilen der Erde durchsetzen. Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Fragesteller, Kollege Dr. Thomas Gebhart. Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU): Das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm ist ja in die europäische Politik eingebettet; auch im europäischen Kontext ist dieses Programm sehr ambitioniert und fortschrittlich. Ich frage: Wie wird sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene hinsichtlich der Fortentwicklung der Politik in diesem Bereich positionieren, und welche Initiativen wird die Bundesregierung in diesem Bereich ergreifen? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: In diesem Jahr, im Jahr 2012, wird sich die Kommission diesem Thema widmen. Mit dieser Konzeption, mit dem Deutschen Ressourceneffizienzprogramm, wird die Position der Bundesregierung - sie ist, wie Sie sagten, ehrgeizig und anspruchsvoll - im Rahmen der europäischen Ressourceneffizienzpolitik definiert. Das heißt, wir werden diese anspruchsvolle Position in die europäische Strategie einbringen, und zwar nicht nur bei der Entwicklung des strategischen Ansatzes, sondern auch bei einzelnen Gesetzgebungsaktivitäten der Europäischen Union. Es geht um Richtliniensetzung. Wir haben über das Kreislaufwirtschaftsgesetz, die Ökodesign-Richtlinie und andere Themen gesprochen. Es gibt viele einschlägige Gesetzgebungsfelder und -aktivitäten der Europäischen Union. Hier haben wir nun eine programmatische und ebenso konkrete Grundlage, unsere deutsche Position geschlossen, einheitlich und damit auch mit Aussicht auf Erfolg zu vertreten. Vizepräsident Eduard Oswald: Nächste Fragestellerin ist unsere Kollegin Frau -Dorothea Steiner. Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke. - Das ermöglicht mir, noch eine Frage zu den konkreten Maßnahmen zu stellen. Sie haben im Oktober 2010, begleitet von bedeutenden Begriffen, die Deutsche Rohstoffagentur, die DERA, gegründet, und Sie -bezeichnen sie als rohstoffwirtschaftliches Kompetenzzentrum, als zentrale Informations- und Beratungsplattform mit vielerlei Aufgaben; das haben Sie auch gerade wieder so dargestellt. Ich würde gerne wissen: Wie ist die Deutsche Rohstoffagentur, die DERA, derzeit personell ausgestattet, und wie viele Stellen sollen bei der DERA möglicherweise neu geschaffen werden, damit sie ihren Aufgaben gerecht werden kann? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich kann Ihnen die Zahl der Stellen bei der DERA im Moment nicht aus dem Kopf nennen. (Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich weiß, dass es nur fünf sind!) - Na also, genau. (Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich wollte wissen, ob es bald etwas mehr werden!) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Fragesteller, Kollege Dr. Matthias Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Herr Minister, ich habe ein bisschen gestutzt, weil Sie in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Bollmann auf die Freiwilligkeit abgestellt und dann von Staats-pädagogik gesprochen haben. Nun hat der Kollege Gebhart Sie auf die europäische Ebene angesprochen. Wenn ich Sie in den letzten Monaten richtig verstanden habe, haben Sie sich vehement dafür starkgemacht, im Hinblick auf die Energieeffizienz für Verbindlichkeit zu sorgen. Nun ist das Gegenteil herausgekommen: Herr Rösler hat sich gegen Sie durchgesetzt, und Herr Oettinger kritisiert die Bundesregierung. Müssen wir befürchten, dass das Verbindlichkeitselement, das Sie hier noch im letzten Monat immer wie ein Mantra aufgesagt haben, bei Ihnen jetzt keine Rolle mehr spielt und dass sich der Kollege Rösler auch hier gegenüber den Schwarzen anscheinend durchgesetzt hat? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Offensichtlich gibt es dort einen wahrscheinlich ein bisschen parteipolitisch geprägten Unwillen, den Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen. (Frank Schwabe [SPD]: Nein! Das ist überhaupt nicht parteipolitisch!) Das Gegenteil von dem, was Sie geschildert haben, ist der Fall. Wir haben eine gemeinsame Position gefunden und uns dafür ausgesprochen, dass in die Richtlinie, die auf europäischer Ebene zu erlassen ist, verbindliche Ziele aufgenommen werden, und zwar entweder ein verbindliches, anspruchsvolles Energieeffizienzziel, das aus unserem Energiekonzept abgeleitet ist, oder ein verbindliches, definitives Energieverbrauchseinsparziel. Hierzu haben wir konkrete Ziele formuliert: eine Steigerung der Energieeffizienz um 6,3 Prozent oder eine Senkung des Energieverbrauchs um 4,5 Prozent innerhalb von drei Jahren. Es sollen nicht nur konkrete und verbindliche Ziele zum Inhalt der Richtlinie werden, sondern es soll auch eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten geben, konkrete Aktionspläne und Maßnahmen zu erarbeiten - diese sind auch der Europäischen Kommission vorzulegen -, aus denen sich ergibt, dass das Ziel der Europäischen Union, bis zum Jahre 2020 20 Prozent mehr Energieeffizienz zu erreichen, realisiert wird. Wir haben uns also für die Verbindlichkeit der Ziele und Maßnahmen ausgesprochen, und zwar gemeinsam. Ich finde, das ist eine gute Sache. Vizepräsident Eduard Oswald: Es gibt noch zwei Fragesteller, die ich auch aufzurufen beabsichtige. Nächster Kollege, Oliver Krischer. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister, Ihre Ausführungen zur Plastiktüte und zur Staatspädagogik, aber auch zur Deutschen Rohstoffagentur haben gezeigt: Es ist ein lyrisches Programm. Es ist ein Programm ohne konkrete Maßnahmen. In der Tat: Es gibt ein Kapitel über Maßnahmen. Aber darin stehen keine Maßnahmen. Auch dort findet sich letztendlich wieder Lyrik. Nur zur Sachaufklärung: Die Deutsche Rohstoffagentur hat derzeit fünf Mitarbeiter, und es ist nicht beabsichtigt, die Mitarbeiterzahl aufzustocken. Wie man die zen-trale Plattform zu diesem Themenbereich für ganz Deutschland mit fünf Mitarbeitern betreiben will, ist mir rätselhaft. Vielleicht können Sie hier noch ein bisschen Sachaufklärung leisten und erläutern, wie das mit fünf Mitarbeitern funktionieren soll. Ich habe eine weitere Frage. In dem Programm ist die Rede von verantwortungsvollem Rohstoffabbau in anderen Ländern im Rahmen der Rohstoffpartnerschaften. Hier stellt sich ja auch die Frage, wie das überwacht werden soll. Deshalb meine Frage: Was tut die Bundesregierung konkret, um die dort vereinbarten und festgelegten Standards zu überwachen? Wie konkret, durch welche Personen und durch welche Ministerien soll das im Einzelnen erfolgen? (Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Dafür gibt es eine Nachhaltigkeitsverordnung!) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wahrscheinlich stimmen Sie mir am Ende zu, dass wir, wenn wir eine Partnerschaft mit anderen Ländern eingehen, nicht mit deutschen Vollzugsorganen in diese Länder marschieren können, um die wirtschaftliche Aktivität in diesen Ländern zu überwachen. Wir haben in der internationalen Politik stattdessen ein partnerschaftliches Verständnis, und wir betreiben eine wertebezogene Außenpolitik. Das ist kein Widerspruch, sondern wir wollen unsere Wertvorstellungen, die des Grundgesetzes - Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Menschenwürde und übrigens auch Schutz der Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlagen -, in unsere Partnerschaften einfließen lassen. Ich glaube, dass ein solch partnerschaftliches Verständnis der beste Rahmen ist, in dem wir für unsere Werte und die Werteordnung des Grundgesetzes eintreten können. Dies darf nicht durch Überwachungsmaßnahmen in anderen Ländern geschehen. Ich glaube, das wäre kein erfolgreicher Weg, und das ist auch kein Weg, den es in der Außenpolitik unseres Landes jemals gegeben hat, welche Parteien auch immer die Mitglieder der Regierung gestellt haben. Vizepräsident Eduard Oswald: Letzter Fragesteller in der Regierungsbefragung, Kollege Gerd Bollmann. Gerd Bollmann (SPD): Herr Minister, im Regierungsprogramm taucht auch der Ausdruck "Produkt- und Herstellerverantwortung" auf. Dies finden wir zunächst einmal gut. Im Rückblick auf die langwierigen Verhandlungen zum Kreislaufwirtschaftsgesetz im Vermittlungsausschuss stellt sich für uns allerdings die Frage: Plant die Bundesregierung unter dem Deckmantel "Produkt- und Herstellerverantwortung" einen weiteren Zugriff auf die Wertstoffe aus privaten Haushalten, zum Beispiel durch das geplante Wertstoffgesetz? Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich glaube, Sie meinen den Zugriff von privaten Unternehmen auf die sogenannte Wertstofftonne. (Gerd Bollmann [SPD]: Das habe ich ja -gesagt!) Wir haben ja - darum habe ich das eben auch betont - die Zustimmung aller drei kommunalen Spitzenverbände zum Kreislaufwirtschaftsgesetz erhalten, worüber ich mich freue. (Dr. Matthias Miersch [SPD]: Ihr Gesetz wurde doch verändert!) Wahrscheinlich haben Sie sich darüber nicht so sehr gefreut, aber am Ende sollte man sich immer über ein gutes Ergebnis freuen. Wir werden in diesem Geist versuchen, dass wir zu einer fairen Aufteilung kommen. Es geht auf der einen Seite um die Zuständigkeit der Kommunen für die Aufgaben der Daseinsvorsorge; denn wenn etwas schiefgeht, dann rufen die Leute nicht nach einem Unternehmen, sondern nach der Gemeinde. (Dr. Matthias Miersch [SPD]: Genau!) Auf der anderen Seite kann kein Mensch bestreiten, dass es sich bei der Abfallwirtschaft um einen wesentlichen und immer bedeutsamer werdenden Wirtschaftszweig handelt. Wir wollen auch dort den Wettbewerb ermöglichen, so wie wir das jetzt mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz auch getan haben. Wenn es eine Dienstleistung gibt, die kommunal nicht angeboten wird, dann darf man es privaten Unternehmen nicht verbieten, diese anzubieten, und wenn es ein privates Leistungsangebot gibt, das besser als ein kommunales Angebot ist, dann darf das, glaube ich, den Bürgern auch nicht vorenthalten werden. Wir sind also auch dort selbstverständlich nicht ideologisch, sondern wir haben zugunsten der Bürgerinnen und Bürger für einen vernünftigen Ausgleich zwischen den kommunalen Verpflichtungen zur Daseinsvorsorge und dem wirtschaftlichen Wettbewerb gesorgt. Genau in diesem Rahmen werden wir auch den Gesetzentwurf zur Einführung der Wertstofftonne gestalten, um am Ende eine wesentliche Menge an recycelbaren Wertstoffen zu erhalten und sie der Kreislaufwirtschaft zuzuführen. Vizepräsident Eduard Oswald: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich beende nun die Befragung der Bundesregierung. Herr Bundesminister, vielen herzlichen Dank. Somit rufe ich den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksache 17/8723 - Auch an dieser Stelle erinnere ich noch einmal an unsere Minutenregelung. Für die erste Antwort stehen zwei Minuten zur Verfügung, für die folgenden Fragen und Antworten je eine Minute. Die Signalisierung erfolgt optisch durch die rückwärtslaufende Uhr und das Farbfeld in den Ampelfarben. Wir behandeln nun die mündlichen Fragen auf Drucksache 17/8723 in der üblichen Reihenfolge. Zunächst kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Otto zur Verfügung. Die Frage 1 stellt die Frau Kollegin Inge Höger: Welche deutschen Unternehmen haben nach Informationen der Bundesregierung derzeit Niederlassungen oder Repräsentanten in Libyen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Kollegin Höger, ich muss Ihnen sagen, dass aufgrund der immer noch etwas unübersichtlichen Lage in Libyen der Bundesregierung momentan keine gesicherten Informationen vorliegen, inwieweit die bestehenden Niederlassungen und Repräsentanzen auch tatsächlich betrieben werden. Ich kann Ihnen aber mitteilen, dass nach den uns vorliegenden Informationen konstant rund 40 deutsche Unternehmen in Libyen tätig sind. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin. Inge Höger (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Was heißt "kon-stant"? Sie haben ihre Tätigkeit nicht unterbrochen und arbeiten jetzt weiterhin alte Verträge ab, die früher abgeschlossen worden sind? Mit wem sind diese Verträge -abgeschlossen worden? Mit wem besteht die kontinuierliche Geschäftsverbindung? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Nein, Frau Kollegin Höger, ich darf Sie gleich korrigieren: "Konstant" bezog sich auf die Zahl. Vor der Krise waren es 40 Unternehmen, und nach der Krise sind es auch circa 40 Unternehmen. Wir haben aber keine genaue Statistik darüber, wie viele von diesen Repräsentanzen nach derzeitigem Stand tatsächlich betrieben werden. Wir wissen das von einigen wenigen, aber wir haben die Zahlen noch nicht, weil sich die Situation in Libyen, wie Sie wissen, erst zu normalisieren beginnt. Deswegen können wir im Moment noch nicht zu jedem einzelnen Unternehmen sagen, ob die Repräsentanz tatsächlich wieder besetzt und dort schon wieder tätig ist. "Konstant" bezieht sich also auf die Zahl der Unternehmen. Ob das dieselben Verträge sind wie vor der Krise, kann ich Ihnen nicht beantworten. Über solche Informationen verfügt die Bundesregierung nicht. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Höger. Inge Höger (DIE LINKE): Wie sieht die deutsche diplomatische Vertretung vor Ort aus? Hat sie ihre Arbeit wieder aufgenommen? Denn auf der Homepage des Auswärtigen Amts findet sich der Hinweis: Zeitlich begrenzte Aufenthalte, etwa zur Wahrnehmung unaufschiebbarer Aufgaben oder geschäft--licher Kontakte, können in begründeten Einzelfällen in enger Abstimmung mit der Deutschen Botschaft in Betracht gezogen werden. Wie sieht diese Abstimmung aus? Ist das Angebot bisher überhaupt schon in Anspruch genommen worden? Wie ist die Präsenz der Botschaft? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin Höger, ich bin, wie Sie wissen, der Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums. Diese Fragen müsste eigentlich die Kollegin des Auswärtigen Amts beantworten. Ich kann Ihnen aber sagen, dass ich aus Presseberichten weiß, dass die Botschaft in Tripolis ihre Arbeit wieder aufgenommen hat. Ich selber war vor einigen Monaten in Libyen. Damals war die deutsche Botschaft noch geschlossen, und es gab einen Geschäftsträger in Bengasi. Inzwischen ist die deutsche Botschaft wieder geöffnet. Wie Sie aus Presseberichten wissen, hat sich diese Bundesregierung darauf verständigt und dazu verpflichtet - auch das fällt in die Zuständigkeit des Auswärtigen Amts -, dass wir der deutschen Wirtschaft dabei helfen, ihre Kontakte in den jeweiligen Ländern zu pflegen. Das heißt, dass wir auch eine gewisse Dienstleistungsfunktion über das Auswärtige Amt und die Außenhandelskammern ausüben. Aber das ist eine generelle Auskunft, die ich Ihnen nicht als spezifische Information des Bundeswirtschaftsministeriums geben kann. Vizepräsident Eduard Oswald: Es gibt jetzt eine weitere Nachfrage. Bitte schön, Frau Kollegin Vogler. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, können Sie uns mitteilen, wie viele dieser deutschen Firmen im engeren oder weiteren Sinne mit der Ölindustrie bzw. mit dem Export von Rohöl oder Raffinerieprodukten befasst sind? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Nein, Frau Kollegin, die Zahlen kann ich Ihnen nicht nennen. Aber Sie und ich wissen, dass es große deutsche Unternehmen gibt, die in Libyen tätig waren und mutmaßlich auch wieder sind. Von der Firma Wintershall beispielsweise weiß ich persönlich, dass sie dort wieder tätig ist, weil ich schon Vertreter dieses Unternehmens gesprochen habe. Die Firma RWE/Dea war seit jeher in diesem Land tätig. Aber die Zahlen kann ich Ihnen nicht nennen. Darüber verfüge ich im Moment nicht. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie haben eine weitere Frage. Bitte schön, Frau Kollegin Vogler. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Können Sie uns neben den beiden genannten Firmen weitere Firmen aus diesem Sektor nennen, von deren Aktivitäten in Libyen in früherer Zeit - vor mehr als einem Jahr - Sie wissen? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Nein, Frau Kollegin, das kann ich nicht. Ich habe bei meinem Besuch in Libyen Vertreter der beiden genannten Unternehmen kennengelernt, und deswegen konnte ich Ihnen das aus eigener Anschauung sagen. Mir liegen keine Informationen vor, welche Unternehmen in diesem Bereich tätig sind. Aber ich will mich gerne bemühen, Ihnen eine ergänzende schriftliche Antwort zu geben. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Wir kommen nun zur Frage 2 der Frau Kollegin Inge Höger: Welche deutschen Firmen liefern nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit Rüstungsgüter, sonstige Waffen, Munition oder Sicherheitstechnik nach Libyen? Ich bitte um Beantwortung. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin Höger, auf Ihre Frage kann ich Ihnen die Antwort geben: Mit der Verhängung des Waffenembargos gegen Libyen durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 26. Februar 2011 und mit dem -entsprechenden EU-Embargo, für das sich, wie Sie wissen, die Bundesregierung seinerzeit massiv eingesetzt hatte, sind Ausfuhren von Rüstungsgütern im Sinne von Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste nach Libyen grundsätzlich verboten. Diese Vorgaben wurden dann auch in § 69 q der Außenwirtschaftsverordnung in deutsches Recht umgesetzt. Das Waffenembargo sieht einige Ausnahmen vor, etwa für nichtletale, also nichttödliche militärische -Güter, die ausschließlich humanitären oder Schutzzwecken dienen, oder auch für solche Rüstungsgüter, die ausschließlich für die libyschen Behörden zur Unterstützung in den Bereichen Sicherheit und Entwaffnung bestimmt sind. Die Bundesregierung hat Genehmigungen für solche international zulässigen Zwecke erteilt. Seit dem 26. Februar 2011 wurde ferner eine Ausfuhrgenehmigung für Güter der Informationssicherheit nach der EG-Dual-Use-Verordnung an eine Auslandsvertretung eines EU-Mitgliedstaates in Libyen erteilt. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Höger. Inge Höger (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Ich habe die Frage: Liegen inzwischen Erkenntnisse vor, wie zur Zeit des Embargos Maschinengewehre von Heckler & Koch nach Libyen gekommen sind? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin, diese Information kann ich Ihnen nicht geben. Danach hatten Sie nicht gefragt. Auch da kann ich Ihnen nur eine schriftliche Ergänzung anbieten. Wenn Sie nach Heckler & Koch fragen wollen, dann würde ich Ihnen nahelegen, Ihre Frage auch darauf zu richten. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Danach haben wir auch schon gefragt!) Über diese Information verfüge ich jetzt natürlich nicht. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie fragen zum zweiten Mal nach. Bitte schön. Inge Höger (DIE LINKE): Sie sprachen von Sicherheitstechnik. Dazu habe ich noch eine Frage: An wen wird Sicherheitstechnik in -Libyen geliefert? In der derzeitigen Situation ist die -Sicherheitslage sehr konfus. Es gibt keine staatlichen -Institutionen und keinen Sicherheitsapparat, bevor die Auseinandersetzungen in diesem Land beendet sind; die Repressionen verschärfen sich. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin Höger, zunächst muss ich leider darauf hinweisen, dass der von Ihnen verwendete Begriff der Sicherheitstechnik gesetzlich nicht definiert ist. Darunter können nicht gelistete Güter, Dual-Use-Güter im Sinne der EG-Verordnung, aber auch Rüstungsgüter im Sinne von Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste fallen. Deswegen kann ich Ihnen auf Ihre Frage nach Sicherheitstechnik nicht antworten. Ich will Ihnen aber gerne entgegenkommen, weil ich noch einige Informationen zu den Genehmigungen habe, die seit Verhängung des UN-Waffenembargos erteilt worden sind. Wenn Sie damit einverstanden sind, werde ich Ihnen dies mitteilen. (Inge Höger [DIE LINKE]: Gern!) Es sind im Wesentlichen folgende Genehmigungen erteilt worden - ich nenne Ihnen auch jeweils die Position der Ausfuhrliste, damit das schön konkret ist -: Es wurden Genehmigungen für geländegängige Fahrzeuge mit Allradantrieb, Position I A 0006 b der Ausfuhrliste, für Botschaften erteilt. Ferner wurden Genehmigungen für andere Fahrzeuge für militärische Zwecke, Position I A 0006 a der Ausfuhrliste, erteilt. Dabei handelt es sich im Einzelnen um Minenräumgeräte zum humanitären Minenräumen sowie Ersatz- und Verschleißteile hierfür. Des Weiteren wurde genehmigt die Ausfuhr von -Körperpanzern und Schutzkleidung; das ist die Position I A 0013 d der Ausfuhrliste. Dabei handelt es sich um Schutzkleidung zum humanitären Minenräumen. Letztlich handelt es sich um die Genehmigung zur Ausfuhr von Ausrüstung und Teilen zur Dekontamination von ABC-Stoffen, Position I A 0007 f Nr. 2 der Ausfuhrliste, von Chemikalien zur Dekontamination, Position I A 0007 f Nr. 3 der Ausfuhrliste, sowie von Ausrüstung und Teilen zur Feststellung oder Identifizierung bestimmter Materialien; Position I A 0007 g der Ausfuhrliste. Ich hoffe, dass ich damit Ihre Frage ausführlich und erschöpfend beantworten konnte. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das -hoffen wir auch, dass das ausführlich war!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Es gibt noch eine Nachfrage der Frau Kollegin Vogler. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, können Sie uns vielleicht ergänzend noch erklären, ob es Lieferanträge gegeben hat, die seitens der Bundesregierung zurückgewiesen worden sind, und, wenn ja, um welche Lieferbegehren es sich gehandelt hat? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Liebe Frau Kollegin, wie Sie wissen: Wenn es sich um Anträge gehandelt haben sollte, die den Bundes--sicherheitsrat betreffen, kann ich Ihnen darüber keine Auskunft geben, weil dieses Gremium geheim tagt. -Ansonsten werden solche Auskünfte immer nur im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung erteilt; sie erfolgen immer im Nachhinein. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Schade!) Erstens verfüge ich über diese Informationen nicht. Zweitens. Selbst wenn ich darüber verfügen würde, wäre ich aus gesetzlichen Gründen nicht befugt, Ihnen diese Auskunft hier zu erteilen. Dafür bitte ich um Ihr Verständnis. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. Die Frage 3 der Kollegin Katja Keul wird schriftlich beantwortet. Wir kommen nun zu Frage 4 des Kollegen Klaus -Barthel: Wie bewertet die Bundesregierung die hohen deutschen Rüstungsexporte im Jahr 2010 an die Euro-Krisenländer Portugal - 811 Millionen Euro - und Griechenland - 403 Millionen Euro -, und welche Entwicklung der Exporte erwartet die Bundesregierung für das Jahr 2011 und die folgenden Jahre in diese Zielländer? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank, Herr Präsident. - Lieber Herr Kollege Barthel, ich kann Ihnen wie folgt antworten: Bei den genannten Werten betreffend Rüstungs--exporte im Jahre 2010 - Sie haben in Ihrer Frage 811 Millionen Euro für Portugal und 403 Millionen Euro für Griechenland erwähnt - handelt es sich wie immer um die bekanntgegebenen Werte der tatsächlichen Ausfuhren von Kriegswaffen. Die Bundesregierung hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass diese vergleichsweise hohen Zahlen darauf zurückzuführen sind, dass im Jahre 2010 zwei U-Boote nach Portugal und ein U-Boot nach Griechenland effektiv geliefert worden sind. Die Herstellung der U-Boote für Portugal wurde bereits im Jahre 2004 und die des U-Bootes für Griechenland wurde im Jahre 2000 genehmigt. Als langjähriger, erfahrener Abgeordneter wissen Sie sicherlich, dass also schon zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung genehmigt wurde. Ich gehe davon aus, dass Sie besonders großes Vertrauen in die damalige Genehmigungspraxis haben. Ich kann Ihnen ferner mitteilen, dass im Jahre 2010 Panzerhaubitzen nebst Zubehör nach Griechenland ausgeführt worden sind. Genauso wie an anderen Stellen weise ich im Namen der Bundesregierung darauf hin, dass der Umfang der Exporte naturgemäß relativ hohen Schwankungen unterworfen ist, weil es, wie gesagt, nicht auf die Anträge und die Genehmigungen ankommt. Vielmehr werden die -tatsächlichen Auslieferungen bekannt gegeben. Über Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im jeweiligen Einzelfall auf Grundlage der Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern - diese stammen aus dem Jahr 2000 - und des Gemeinsamen Standpunktes des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern. Da die Genehmigung in jedem Einzelfall erfolgen muss, Herr Kollege, kann ich Ihnen an dieser Stelle keine Aussagen über die zukünftige Entwicklung von Exporten machen. Vizepräsident Eduard Oswald: Kollege Klaus Barthel hat die erste Nachfrage. Klaus Barthel (SPD): Dann stellt sich aber doch die Frage, wie die Bundesregierung angesichts der Tatsache, dass der griechische Staatshaushalt einen überproportional hohen Anteil an Rüstungsausgaben aufweist - er beträgt ungefähr das Zweieinhalbfache des OECD-Durchschnitts; auch verglichen mit den Ausgaben für die Bundeswehr sind die griechischen Ausgaben überproportional hoch -, und angesichts der jetzigen Debatte über den griechischen Staatshaushalt und dessen Finanzierung damit umgehen würde, wenn es weitere Anträge auf Rüstungsexporte nach Griechenland oder nach Portugal gäbe. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege Barthel, zum Ersten muss ich klarstellen - das ist natürlich auch Ihnen bekannt -, dass die Mitgliedstaaten der EU prinzipiell in eigener Verantwortung über ihre Rüstungsausgaben entscheiden und die Bundesregierung nicht befugt ist, von sich aus zu sagen, diese oder jene Ausgabe könne nicht getätigt werden. Ich will Ihnen aber ergänzend sagen, dass die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahre 2000, die ich eben schon erwähnt hatte, ausdrücklich vorsehen, dass der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in NATO-Länder, in EU-Mitgliedstaaten und in den NATO-Mitgliedstaaten gleichgestellte Länder grundsätzlich nicht beschränkt werden kann. Auch daran haben wir uns zu halten. Klaus Barthel (SPD): Das trifft aber - - Vizepräsident Eduard Oswald: Ich gebe Ihnen das Wort für die zweite Nachfrage. Jetzt sind Sie dran. Klaus Barthel (SPD): Entschuldigung, Herr Präsident. Ich war etwas vor-eilig, weil die Antwort die Frage gar nicht trifft. Wir haben es doch damit zu tun, dass die Bundes-regierung durchaus in der Lage ist, auf europäischer Ebene bis ins Detail durchzusetzen, welche Arbeitsgesetze verändert und wie der Mindestlohn und die Renten gesenkt werden müssen usw. Das betraf Griechenland und ist ähnlich in Portugal. Ich kann mir vor diesem Hintergrund überhaupt nicht vorstellen, dass die Bundes-regierung keine Auffassung dazu hat, wie sich zum Beispiel der griechische, aber auch der portugiesische Rüstungshaushalt in Zukunft entwickeln soll, wenn wir uns anschauen, was wir erst am Montag beschlossen haben. Deswegen die Frage: Wie bewertet denn die Bundesregierung diese Vorgänge, und wie geht sie damit um, wenn weitere Anträge in diese Richtung kommen? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege Barthel, auch darauf eine zweigeteilte Antwort: Zum einen sind wir als Bundesregierung natürlich daran gebunden, dass das Plenum des Deutschen Bundestages am 18. März letzten Jahres mit Mehrheit darüber befunden hat, dass wir das Kriterium 8 des Gemeinsamen Standpunktes - da geht es um die fehlende Vereinbarkeit der Ausfuhr mit der technischen und finanziellen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Empfängerstaates - nicht anwenden wollen. Das Zweite und viel Entscheidendere aber ist, dass nicht, wie Sie eben insinuiert haben, die Bundesregierung Mindestlöhne usw. senken kann, sondern dass die Troika eine gemeinsame Verantwortung trägt. Die Bundesregierung ist natürlich an den Gesprächen dort beteiligt. Wir legen großen Wert auf die Konsolidierung der Haushalte in den Schuldnerländern. Dabei kann das unter Umständen natürlich auch ein Punkt sein. Nur, es ist nicht so, dass die Bundesregierung allein bestimmen könnte, welche Mindestlöhne festgelegt oder welche Ausgaben für die Rüstung getätigt werden. Griechenland und Portugal sind unabhängige Länder, die prinzipiell in eigener Verantwortung ihre Entscheidungen treffen. (Lachen bei Abgeordneten der LINKEN) - Entschuldigung, in aller Klarheit: Die Vereinbarungen, die mit der Troika getroffen werden, sind Vereinbarungen, an denen auch Portugal und Griechenland beteiligt sind. Um das einmal folgendermaßen zu sagen: Weder Griechenland noch Portugal sind Protektorate, schon gar nicht von Deutschland. Ich hoffe, dass gerade Sie das zu akzeptieren wissen. Vizepräsident Eduard Oswald: Es gibt noch eine Nachfrage der Frau Kollegin Inge Höger. Inge Höger (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, Sie haben gerade gesagt, Griechenland und Portugal könnten noch alleine über ihren Haushalt entscheiden. Die Spardiktate sind aber doch so formuliert, dass diese Länder kein Geld mehr aus dem europäischen Stabilisierungsfonds bekommen, wenn sie die Auflagen nicht erfüllen. Diese bestanden in Rentenkürzungen, Kürzungen für Gesundheitsausgaben und der Senkung des Mindestlohns. Sie bestanden aber auch darin, wie ich einer Äußerung der Bundeskanzlerin entnommen habe, dass an bestehenden Verträgen mit deutschen Firmen nicht zu rütteln sei. Es erschließt sich mir wirklich nicht, dass auf der einen Seite im sozialen Bereich gespart wird, auf der anderen Seite aber auf die Einhaltung von Verträgen, die die Lieferung von Rüstungsgütern betreffen, gedrängt wird. (Beifall bei der LINKEN) Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Offen gesagt, erschließt sich mir der Sinn Ihrer Frage nicht. Ich will zum einen sagen, dass es keine Spar-diktate gibt; das haben Sie eben so dargestellt. Vielmehr sind es Vereinbarungen, die zwischen der Troika und der griechischen Regierung getroffen werden. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das glauben Sie doch selber nicht!) Zum anderen wissen Sie sehr genau, dass um den Inhalt dieser Vereinbarungen gerungen wird. Es ist nicht so, dass die Troika - und schon gar nicht die Bundesregierung allein - sagen kann: Ihr habt das so oder so zu machen. - Vielmehr sind es langwierige und schwierige Verhandlungen, die zu einem bestimmten Ergebnis führen müssen, nämlich zur Haushaltskonsolidierung und zur gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit der Schuldnerländer. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist doch pure Erpressung!) - Ich finde Ihre Worte völlig unangemessen, Frau Kollegin Enkelmann. Sie haben gesagt, das sei Erpressung. Sie werfen der Troika also die Erfüllung eines Straftatbestands vor. Ich weise das in aller Klarheit zurück. Es ist nicht angemessen, dass Sie so argumentieren. Wenn wir Hunderte von Milliarden Euro seitens der deutschen und europäischen Steuerzahler als Garantien und Kredite zur Verfügung stellen, dann ist es doch klar, dass wir darauf achten, dass das kein Fass ohne Boden wird. Wir wollen Griechenland helfen, wieder stabil zu werden. Das hat nichts mit Erpressung zu tun. Ich sage hier in aller Klarheit: Es geht um Vereinbarungen zwischen der demokratischen Regierung von Griechenland und der Troika. Deswegen ist der Ton, den Sie hier hineinbringen, meiner Meinung nach nicht in Ordnung. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Glaube ich gern, dass Sie das unangemessen finden! - Inge Höger [DIE LINKE]: Und was ist mit den Rüstungsexporten? - Weitere Zurufe von der LINKEN) - Nein, Sie hat "Erpressung" gesagt, und auch Nötigung ist ein Straftatbestand. Vizepräsident Eduard Oswald: Ich erinnere Sie an die Zeit, Herr Staatssekretär. Die Zeit gilt für alle. Ich rufe nun die Frage 5 des Kollegen Klaus Barthel auf: Strebt die Bundesregierung eine europäische Vereinbarung zur Reduzierung von Rüstungsexporten in die Euro-Krisenländer an und, wenn nein, warum nicht? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahr 2000 sehen ausdrücklich vor, dass der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungs-gütern in NATO-Länder, EU-Mitgliedstaaten und NATO-Mitgliedstaaten gleichgestellte Länder grundsätzlich nicht zu beschränken ist; ich habe eben schon darauf hingewiesen. Eine Änderung dieser Politischen Grundsätze ist nicht beabsichtigt. Wir haben diese Grundsätze, die noch aus sozialliberaler Zeit stammen, einzuhalten, und das tun wir. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege. Klaus Barthel (SPD): Es wäre schön, wenn Sie diese Grundsätze einhalten würden. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Das tun wir. Klaus Barthel (SPD): Meine Frage lautete vorhin, wie die Bundesregierung das alles bewertet. Denn auf der einen Seite kann man sich nicht wie die Bundeskanzlerin dafür feiern lassen, dass nun ordentliche Sparorgien in Griechenland veranstaltet werden, und auf der anderen Seite der Einschätzung, wie man einer Reduzierung von Rüstungsexporten gegenübersteht, ausweichen. Ich frage Sie deshalb: Treffen Presseberichte zu, wonach zum Beispiel sowohl von der Bundesregierung als auch von der französischen Regierung Initiativen ausgehen, dass Griechenland weitere Rüstungsbeschaffungen zum Beispiel aus Deutschland und aus Frankreich vornimmt? Ich meine beispielsweise die Bestellung von -Eurofightern. Können Sie uns sagen, ob diese Berichte zutreffen und wie die Entwicklung in diesem Punkt weitergeht? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Kollege Barthel, ich kann Ihnen keine Informa-tionen darüber geben, ob es seitens der griechischen Regierung Anfragen zur Beschaffung von Eurofightern gibt. Ich kann Ihnen aber allgemein antworten - das bezieht sich auf den ersten Teil Ihrer Frage -, dass die Bundesregierung natürlich daran interessiert ist - wir sind schließlich das Land, das die größten Garantien und Kredite für Griechenland gibt -, dass der griechische Haushalt so schnell wie möglich konsolidiert wird. Wenn man einen Haushalt konsolidiert, wird sicherlich kein Teil des Haushalts tabu sein können. Insofern liegt es durchaus im Interesse des deutschen Steuerzahlers und dieses Hauses, dass auch der Rüstungsetat, der, wie wir wissen und wie man der Presse entnehmen kann, gerade in Griechenland überdurchschnittlich hoch ist, vor Kürzungen nicht gefeit ist. Vizepräsident Eduard Oswald: Kollege Barthel, Ihre zweite Nachfrage. Klaus Barthel (SPD): Die Nachfrage hätte sich genau darauf bezogen. Es muss uns ja allen klar sein, dass vor dem Hintergrund der Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands jeder Kauf, zum Beispiel von Rüstungswaren aus Deutschland, letzten Endes von irgendjemandem verbürgt sein muss. Nachdem sich private Finanziers und der griechische Staat dafür nicht mehr eignen, folgt logischerweise, dass die Finanzierung solcher Beschaffungen über staatliche Garantien, wie zum Beispiel Hermesbürgschaften der Bundesrepublik Deutschland, oder über europäische Garantien, für die im Grunde die deutschen und europäischen Steuerzahler die Last tragen, abgesichert werden müsste. Wie sehen Sie denn diesen Tatbestand mit Blick auf die Zukunft? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Kollege Barthel, Sie machen sich jetzt Gedanken über etwaige Hermesdeckungen usw., ohne dass wir beide irgendwelche Informationen darüber haben, ob und in welchem Umfang überhaupt Anträge auf Genehmigungen vorliegen. (Klaus Barthel [SPD]: Deswegen hatte ich vorhin gefragt!) Sie haben mich konkret nach den Lieferungen an Portugal und Griechenland im Jahr 2010 gefragt. Ich kann Ihnen jetzt keine Auskünfte darüber geben und habe, offen gesagt, auch gar keine Erkenntnisse darüber, ob für das Jahr 2012 überhaupt irgendwelche Anträge auf Lieferungen vorliegen. Das weiß ich nicht. Deswegen verbietet es sich meines Erachtens auch, sich Gedanken über Hermesdeckungen und Ähnliches zu machen. Ihren theoretischen Überlegungen kann man folgen; aber es ist doch nicht angebracht, jetzt darüber zu schwadronieren, welche Deckungen notwendig oder sinnvoll sind bzw. gefährdet sein können, wenn wir überhaupt nicht wissen, ob Anträge auf Deckungen vorliegen. (Klaus Barthel [SPD]: Deswegen war ja die Frage nach europäischen Initiativen gewesen!) Vizepräsident Eduard Oswald: Es gibt jetzt zwei Nachfragen, zunächst von der Frau Kollegin Kathrin Vogler und dann vom Kollegen Volker Beck. - Bitte schön, Frau Kollegin Kathrin Vogler. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, da beißt sich ja die Katze in den Schwanz, wenn Sie dem Kollegen Barthel zunächst einmal nicht sagen, ob es das Ansinnen von Rüstungsexporten gibt, und dann bei der Frage, wer dafür bürgen soll, auf diese Nichtantwort verweisen. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Danach ist auch nicht gefragt worden, Frau Kollegin. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Ich möchte noch einen ganz anderen Aspekt ansprechen. In dem Griechenland-Paket, das wir am Montag hier im Haus debattiert und verabschiedet haben, werden Größenordnungen für Einsparungen in unterschiedlichen Bereichen des griechischen Haushalts und der öffentlichen Ausgaben genannt. Ich kann Ihnen mitteilen, dass im Militäretat bis zu 300 Millionen Euro eingespart werden sollen, während im Gesundheitsetat nur bei den Medikamenten 1 Milliarde Euro in einem Jahr eingespart werden soll. Teilen Sie mit mir die Auffassung, dass ein höchst unethisches Verhältnis von Sparmaßnahmen vorliegt, wenn - ich spitze das einmal zu - die kranken Menschen in Griechenland die Sanierung des Staatshaushaltes stärker finanzieren sollen als die deutschen und europäischen Rüstungsunternehmen, die von Rüstungsgüterexporten nach Griechenland profitieren? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin Vogler, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass die Fragestunde hier eine bestimmte Ordnung hat. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das muss die Regierung aber nicht tun!) Wir diskutieren über die Rüstungsexporte nach Portugal und Griechenland im Jahre 2010. Das war die Frage. (Klaus Barthel [SPD]: Die nicht beantwortet ist!) Die weiter gehende Frage, welche Einsparpotenziale es bei Gesundheitsmitteln und Rüstungsgütern gibt, kann und möchte ich jetzt natürlich nicht beantworten. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Sie möchten nicht!) Das war hier nicht gefragt. Deswegen teile ich auch nicht Ihre Einschätzung, (Klaus Barthel [SPD]: Die Frage 5 ist unbeantwortet!) dass das von vornherein unethisch sei. Wir müssten, um diese Diskussion zu führen, den Tagesordnungspunkt "Einsparungen in Griechenland" haben. Das ist aber nicht Gegenstand der schriftlich eingereichten Frage. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das passt sehr gut zusammen!) Deswegen lehne ich es ab, hier irgendwelche Überlegungen oder Einschätzungen von Ihnen zu kommentieren. Vizepräsident Eduard Oswald: Nächste Nachfrage des Kollegen Volker Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege Staatssekretär, für diese Haltung habe ich grundsätzlich Verständnis. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Danke schön. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es geht darum, die Fragen, die hier gestellt sind, zu beantworten. Gerade das haben Sie bei der Frage von Herrn Barthel nicht getan. Er hat in Frage 5 überhaupt nicht nach 2010, nicht nach 2012 und nicht nach 2011 gefragt, sondern er fragt, ob man nicht vor dem Hintergrund, dass wir von den Krisenländern Sparanstrengungen erwarten - darauf haben Sie mit Ausführungen zu den Rüstungsexportrichtlinien geantwortet; das entspricht aber auch nicht der Frage -, auf europäischer Ebene - nicht auf nationaler Ebene; deswegen geht es eben nicht um Rüstungsexportrichtlinien - die Vereinbarung treffen will, an diese Länder gegenwärtig keine nicht dringend benötigten Rüstungsgüter zu exportieren. Denn unsere Außenhandelsüberschüsse, auch bei den Rüstungsexporten, sind natürlich die Außenhandelsdefizite dieser Länder und tragen somit zur schlechten Leistungsbilanz und zur finanziellen Situation dieser Staaten bei. Ich wäre Ihnen also dankbar, wenn Sie sich noch einmal der vorhin geäußerten Grundfrage widmen würden. Deshalb erspare ich Ihnen Exkurse zu Ihrer persönlichen Ethik und zu der der Bundesregierung. Aber Sie sollten schon die Frage des Kollegen Barthel beantworten: Plant die Bundesregierung oder stellt sie, angeregt durch die Fragestellung, Überlegungen an, im Sinne ausgeglichener Außenhandelsbilanzen den Druck von den Haushalten dieser Staaten zu nehmen? (Klaus Barthel [SPD]: Und der Steuerzahler!) Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege Beck, ich glaube, dass ich diese Frage schon klar beantwortet habe. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Sie haben mit den Rüstungsexportrichtlinien geantwortet!) Ich wiederhole meine Antwort: Nein, die Bundesregierung plant das nicht. Ich habe gegenüber dem Kollegen Barthel auch begründet, warum wir so handeln. Unser grundsätzliches Verständnis ist, dass NATO- und EU-Partner selbst zu entscheiden haben - es liegt nämlich in deren Souveränität -, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie welche Güter kaufen. Der Fall liegt anders bei Ländern außerhalb der NATO und außerhalb der EU. Ich will es noch einmal sagen: Die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahre 2000 - die Grünen waren damals an der Regierung beteiligt - (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie antworten wieder neben der Frage!) sehen unter Punkt II Abs. 1 ausdrücklich vor, dass die Exporte in NATO-Länder nicht zu beschränken sind. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nicht die Frage!) - Lieber Herr Kollege Beck, wenn Sie mich freundlicherweise ausreden lassen würden. Ich habe Ihnen lange zugehört. Die Bundesregierung hält sich an diese Grundsätze, die aufgrund der Initiative der damaligen Bundesregierung zustande kamen und die keine Beschränkungen für den Export in NATO-Länder vorsehen. Daher streben wir keine Vereinbarung gegenteiligen Inhaltes auf der europäischen Ebene an. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht doch jetzt um die Konsequenzen aus der Schuldenkrise und nicht um die aus den Rüstungsexportrichtlinien!) Im Übrigen, Herr Kollege Beck, möchte ich Sie fragen, welche Form eine Vereinbarung zur Reduzierung der Exporte haben soll. Starten Sie doch eine parlamentarische Initiative. Dann können wir darüber diskutieren. Aber hier nur theoretisch über eine Vereinbarung zur Reduzierung zu schwadronieren, ist nicht ausreichend. Was heißt das konkret? Ich kann mir darunter nichts vorstellen. Vizepräsident Eduard Oswald: Jetzt haben wir die entsprechenden Zeiten ausgiebig ausgenutzt. Die Frage 6 der Frau Kollegin Zimmermann wird schriftlich beantwortet. Ich rufe jetzt die Frage 7 unseres Kollegen Manfred Nink auf: Welche konkreten Maßnahmen und Schritte hat die Bundesregierung bislang eingeleitet bzw. unternommen, um sich auf EU-Ebene für ein unabhängiges europäisches Kartellamt einzusetzen, wie es die CDU, CSU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag (Seite 18/132) angekündigt haben, und warum konnten bisher noch keine wesentlichen Fortschritte erzielt werden? Herr Staatssekretär, ich bitte Sie, diese Frage zu beantworten. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Kollege Nink, Sie weisen in Ihrer Frage zu Recht darauf hin, dass die Schaffung eines europäischen Kartellamts in der Koalitionsvereinbarung als Ziel formuliert ist. Allerdings muss ich Ihnen sagen: Um ein solches Ziel zu erreichen, bedarf es einer längerfristig angelegten Überzeugungsarbeit der Bundesregierung, da Voraussetzung für das Erreichen eines solchen Ziels die Zustimmung aller Mitgliedstaaten für eine entsprechende Vertragsänderung ist, wie Sie sicherlich wissen. Gespräche haben schon stattgefunden; sie werden auch weiterhin stattfinden. Um es ganz offen zu sagen: Das ist kein kurzfristig zu erreichendes Ziel. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Manfred Nink. Manfred Nink (SPD): Herr Staatssekretär, was spricht nach Meinung der Bundesregierung für ein unabhängiges europäisches Kartellamt und gegen die Europäische Kommission als Behörde zur Verfolgung von Kartellrechtsverstößen? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Es gibt sicherlich eine Reihe von guten Argumenten für ein europäisches Kartellamt. Darunter fallen eine möglicherweise größere Unabhängigkeit und eine geringere Möglichkeit der Einflussnahme von nationalen Regierungen auf ihre jeweiligen Kartellbehörden oder die Europäische Kommission. Auf der anderen Seite gibt es die große Schwierigkeit, dass eine Änderung der EU-Verträge erforderlich wäre. Sie wissen, wie schwierig ein solches Änderungsverfahren ist. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Kollege Manfred Nink. Manfred Nink (SPD): Gehen Sie davon aus, dass Ihr im Koalitionsvertrag angekündigtes Vorhaben noch in dieser Legislatur-periode umsetzbar ist? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Kollege, meine Erkenntnis ist, dass wir in unserem Bemühen um ein europäisches Kartellamt noch nicht alle Mitgliedstaaten - ich formuliere es einmal vorsichtig - haben überzeugen können. Deswegen kann ich keine Aussage darüber treffen, ob wir das Ziel, das wir nach wie vor erreichen wollen, noch in dieser Legislaturperiode verwirklichen können. Wir bleiben am Ball. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Ich rufe die Frage 8 des Kollegen Manfred Nink auf: Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung, individuelle Strafsanktionen gegen nachweislich schuldige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Managerinnen und Manager bei Kartellrechtsverstößen zur Verstärkung der Abschreckung im europäischen Kartellrecht zu verankern, und welche Schritte wird sie selbst unternehmen, um eine adäquate europäische Regelung zu erzielen? Bitte, Herr Staatssekretär. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich darf Ihnen antworten, Herr Kollege: Aus Sicht der Bundesregierung ist das bestehende europäische Sanktionsregime, das auf der einen Seite die behördliche Verfolgung und Bebußung von Unternehmen bei Kartellrechtsverstößen umfasst und auf der anderen Seite die privatrechtliche Durchsetzung des Kartellrechts und eine Sanktionierung ermöglicht, angemessen und auch hinreichend. Einer darüber hinausgehenden Kriminalisierung des EU-Kartellrechts, nach der Sie gefragt haben, steht die Bundesregierung zurückhaltend gegenüber. Wir haben Erfahrungsberichte aus anderen EU-Mitgliedstaaten und den USA ausgewertet. Diese Erfahrungsberichte haben uns keinen Hinweis darauf geliefert, dass eine weitere Sanktionierung erforderlich oder zielführend wäre. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Manfred Nink. Manfred Nink (SPD): Herr Staatssekretär, sollen nach Ansicht der Bundesregierung Compliance-Maßnahmen der Unternehmen, die ja letztendlich im Rahmen des Kartellrechts zur Verantwortung gezogen werden, bei der Sanktionierung von Kartellrechtsverstößen berücksichtigt werden? Wenn ja, auf welche Art und Weise, wenn nein, warum nicht? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Kollege Nink, Ihre ursprüngliche Frage zielte zunächst nicht darauf ab, Compliance-Regeln anzuwenden oder umzusetzen, sondern darauf - das war jedenfalls Ihre Frage -, ob weitere strafrechtliche Normen geschaffen werden sollen, um ein kartellrechtswidriges Verhalten der Mitarbeiter zu sanktionieren. Diese Frage habe ich Ihnen beantwortet. Es ist eine ganz andere Frage, inwieweit Compliance-Regeln berücksichtigt werden sollen. Compliance-Regeln haben, wie Sie wissen, eine unternehmensinterne Funktion. Compliance-Regeln sind dafür da, dass die Mitarbeiter eines Unternehmens genau wissen, was sie zu beachten und welche Konsequenzen sie zu befürchten haben, wenn sie gegen diese Regeln verstoßen. Von der Systematik her ist es so, dass Compliance-Regeln eine unternehmensinterne und Strafrechtsnormen eine externe Wirkung entfalten. Das würde ich nicht miteinander kombinieren. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Die zweite Nachfrage. Manfred Nink (SPD): Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass mittlerweile sehr viele Unternehmen Compliance-Maßnahmen ergriffen haben, die auch wirksam sind, und es trotzdem in einigen Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, die sich gegen Kartellrechtsvorgaben stellen und damit Schaden für das Unternehmen anrichten, was teilweise aus persönlichen Gründen geschieht? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Kollege Nink, dies mag durchaus sein. Von solchen Fällen liest man gelegentlich in der Presse. Das will ich gar nicht in Abrede stellen. Es ist aber nicht so, dass es, wenn ein Mitarbeiter eines Unternehmens das Unternehmen vorsätzlich schädigt, den Compliance-Regeln zuwiderhandelt und dies möglicherweise, wie Sie sagen, aus sachfremden Motiven geschieht, keine strafrechtliche Sanktionierungsmöglichkeit gäbe. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass es in § 266 Strafgesetzbuch den Tatbestand der Untreue gibt. Wenn ein Mitarbeiter vorsätzlich und dauerhaft die Grundsätze des Unternehmens schädigt, um womöglich eigene oder fremde Vorteile herbeizuführen, dann ist das schon unter dem jetzigen Regime strafrechtlich sanktionierbar. Sie wissen genauso gut wie ich, dass es sogar bei einigen deutschen Großunternehmen strafrechtliche Ermittlungen gegen Mitarbeiter wegen Schädigung des Unternehmens gegeben hat. Aus unserer Sicht besteht keine Veranlassung, die Strafrechtsnormen zu erweitern oder zu ändern. Wir sehen in diesem Bereich keine Lücke im Strafrecht. Ich gebe Ihnen recht, dass vorsätzliches nachhaltiges Wirken zulasten eines Unternehmens nicht ohne Sanktionen bleiben darf. Es gibt aber zum einen zivilrechtliche Sanktionen und zum anderen auch unter dem geltenden Recht in besonderen Fällen die Möglichkeit, strafrechtliche Ermittlungen und Sanktionen gegen solche schädigenden Mitarbeiter einzuleiten. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen nun zur Frage 9 unseres Kollegen Garrelt Duin: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Entscheidungen der Unternehmen TenneT TSO GmbH und RWE AG, neue Investitionen in den Ausbau von Windparkprojekten zu stoppen, und wie bewertet die Bundesregierung die in diesem Zusammenhang geäußerte Begründung, dass die nötige Rechtssicherheit sowie belastbare Haftungsregelungen für den Fall der Nichtverfügbarkeit oder eines verspäteten Netzanschlusses fehlen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Kollege Duin, ich darf Ihnen namens der Bundesregierung Folgendes antworten: Die Bundesregierung nimmt die Ankündigungen von RWE und TenneT zum Ausbaustopp mit Bedauern zur Kenntnis. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Akteure ihre rechtlichen Verpflichtungen einhalten. So ist der Netzbetreiber TenneT auf Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes verpflichtet, eine Netzanbindung von Offshorewindparks zu gewährleisten. Im Übrigen betreibt die Bundesregierung aktiv die Optimierung der Rahmenbedingungen für die rechtzeitige Anbindung von Offshorewindparks. In diversen Arbeitsgruppen werden Konzepte für eine zügige Anbindung von Offshorewindparks erarbeitet. Das betrifft beispielsweise die Verkürzung der Anbindungsdauer des Windparks durch den Netzbetreiber. Ziel ist es, bis Ende März Vorschläge für eine Beschleunigung der Offshoreanbindung vorzulegen. Auch die Bundesnetzagentur -arbeitet an Möglichkeiten zur Optimierung der Off-shoreanbindung. Gegenwärtig läuft ein Konsultationsverfahren, in dem über Maßnahmen für einen effizienten Anschluss von Windparks mit den beteiligten Offshoreakteuren gesprochen wird. Die Offshorebranche sollte dieses Verfahren nutzen, um Vorschläge einzubringen. Lassen Sie mich abschließend noch etwas zur Bewertung sagen: Wir sind uns - vermutlich in völligem Einklang mit Ihren eigenen Auffassungen - dessen bewusst, dass es sich um ein sehr wichtiges Thema handelt. Die Offshorewindenergie spielt in dem Energiekonzept der Bundesregierung eine große Rolle. Deswegen unternehmen wir derzeit alles, um diese Schwierigkeiten, die Sie in Ihrer Frage angesprochen haben, zu beheben. Vizepräsident Eduard Oswald: Kollege Garrelt Duin, Sie haben die erste Nachfrage. Garrelt Duin (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, erlauben Sie mir die Anmerkung, dass sich Ihre Antwort eher auf die Frage 11 bezog - da geht es um den Zeitplan - als auf die Frage 9. Sie haben in Ihrer Antwort darauf hingewiesen, dass Sie auf Vorschläge - so haben Sie es, glaube ich, gerade formuliert - aus den betroffenen Unternehmen und der betroffenen Branche warten. Eines der betroffenen Unternehmen, TenneT, hat ja schon Vorschläge gemacht. Ich will einmal ganz konkret auf das Thema Klarstellung der Haftung zu sprechen kommen. Es geht darum, wie die Versicherungsfrage gelöst werden kann. Gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, wie man diese Versicherung gewährleisten kann? Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung für den Fall, dass ein Versicherungsschutz über bestimmte Summen hinaus - im Gespräch sind ja 100 Millionen Euro für bestimmte Konstellationen - nicht erlangt werden kann, und wie bzw. von wem können die dann gleichwohl entstehenden Kosten getragen werden? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Diese Frage kann ich Ihnen mit einem klaren Ja beantworten. Das ist eine der zentralen Fragen, die derzeit erörtert werden. Wie Sie vielleicht wissen, ist am 12. Januar bei einem ersten Gespräch zwischen Bundeswirtschaftsminister Rösler, der Offshorebranche und den Netzbetreibern eine sogenannte AG "Beschleunigung" seitens der betreffenden Akteure gegründet worden. Im Rahmen dieser AG ist die Frage eines klaren Haftungsregimes bei Kabelausfällen einer der zentralen Punkte. Wir überlegen momentan, ob es möglich ist, eine Regelung zu finden, nach der der Netzbetreiber nur bis zu einer Höchstgrenze haftet; Sie haben eben einen Betrag genannt. Es geht hier nicht nur, wie Sie angesprochen haben, um die Frage der Versicherbarkeit, sondern es geht auch darum, Investoren zu finden. Diese Investoren wollen natürlich eine gewisse Investitionssicherheit haben. Deswegen ist uns klar, dass wir uns an einer sehr wichtigen Weichenstellung befinden. Im Moment ist noch nicht entschieden, wie das Ganze ablaufen kann. Ich kann Ihnen aber bestätigen, dass die Frage des Haftungsregimes einer der wichtigsten Punkte überhaupt ist, die aktuell in den Gesprächen behandelt werden. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Herr Kollege. Garrelt Duin (SPD): Ganz kurz: Können Sie uns diesbezüglich den Zeitplan der Bundesregierung verraten? Wir alle wissen ja, dass die Zeit sehr drängt, wenn man noch zu Änderungen, zum Beispiel im Energiewirtschaftsgesetz, kommen will. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Kollege Duin, wir teilen Ihre Einschätzung, dass die Zeit drängt. Deswegen wird daran mit Hochdruck gearbeitet. Die beteiligten Ressorts, BMU und BMWi, werden auf Spitzenebene im März ein Gespräch - - (Garrelt Duin [SPD]: Das kann ja dann dauern!) - Nein, nein. Sie sollten meine Antwort komplett anhören. - Noch im März, (Ingo Egloff [SPD]: Dieses Jahr?) und zwar dieses Jahres 2012, werden sie tagen. Wie Ihre Fragestellung schon hat andeuten lassen, geht es um eine sehr komplexe Materie. Trotzdem: Weil das im Hinblick auf die Umsetzung der Energiewende ein sehr wichtiges und drängendes Thema ist - da sind wir völlig bei Ihnen -, denken wir, dass wir sehr zeitnah im Laufe des März - gegen Ende März - erste Vorschläge öffentlich zur Diskussion stellen können. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Wir kommen dann zur Frage 10 ebenfalls unseres Kollegen Garrelt Duin: Wie bewertet die Bundesregierung aktuelle Vorschläge, die Finanzierung von Offshore- und Overlayverbindungen durch die Beteiligung der Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland an einer deutschen Gleichstrom-Netzgesellschaft zu gestalten, und was gedenkt die Bundesregierung insoweit zu tun? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Danke, Herr Präsident. - Lieber Herr Kollege Duin, ich kann Ihnen dazu nur sagen, dass wir uns zur Beschleunigung des Netzausbaus selbstverständlich alle Optionen offenhalten. Wir werden auch diese Frage sehr zeitnah einer Beantwortung zuführen. Wir haben dabei aber darauf zu achten - das will ich schon andeuten -, dass keine übermäßige Belastung der Verbraucher erfolgt. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass solche Lösungen, die zu einer Beschleunigung beitragen können, nicht auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen werden. Deshalb muss ich Sie leider insofern um etwas Geduld bitten. Ich glaube, dass wir Ihnen noch vor Ostern konkretere Angaben zu diesem Themenkomplex machen können. Vizepräsident Eduard Oswald: Die erste Nachfrage des Kollegen Duin wird zeigen, ob er die Geduld hat. - Bitte schön. Garrelt Duin (SPD): Herr Präsident, ich bin zeitlich sehr unter Druck, weil ich gleich über das Thema Infrastrukturausbau diskutieren soll. - Insofern gleich die erste Nachfrage - sie geht eher in Richtung Ordnungspolitik -: Können Sie sich vorstellen, dass die Bundesregierung - dann hier durch uns als Gesetzgeber - eine Pflicht zur Gründung einer solchen Netzgesellschaft in das EnWG hineinschreibt? Wie die Netzgesellschaft zusammengestellt sein könnte, möchte ich an dieser Stelle zunächst einmal offenlassen. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Es kommt nicht darauf an, was ich mir vorstellen kann. Ich kann Ihnen nur die offizielle Antwort geben, dass sich die Bundesregierung alle Optionen offenhält. Das schließt diese natürlich mit ein. Aber ich glaube, es ist jetzt nicht angesagt, darüber zu spekulieren, was ich oder der Minister aus ordnungspolitischen und sonstigen Gründen davon hielte. Die offizielle Antwort, die Sie eigentlich zufriedenstellen sollte, ist, dass wir keine Option von vornherein ausschließen. Vizepräsident Eduard Oswald: Damit kommen wir zu Ihrer zweiten Nachfrage. Garrelt Duin (SPD): Ich habe genau dazu eine Nachfrage: Umfasst diese Offenheit für alle Lösungen auch die Beteiligung des Staates an einer solchen Netzgesellschaft? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege Duin, Sie werden ahnen, dass wir als ein liberales Haus dies nicht als erste Option betrachten. Aber ich sage Ihnen, dass wir zu diesem Zeitpunkt keine Option ausschließen; vielleicht kann ich Ihnen einen schönen Tag bereiten, wenn ich Ihnen sage, dass wir auch diese Option nicht von vornherein ausschließen. Wir bekennen uns dazu: Wir tun alles, um die Energiewende so effektiv und zügig wie möglich umzusetzen. Wenn wir bei den laufenden intensiven Verhandlungen zu dem Ergebnis kommen, dass eine bestimmte Lösung diejenige ist, die uns weiterhilft, dann werden wir diese Lösung Ihnen, dem Haus, vorschlagen; denn wir werden höchstwahrscheinlich Gesetzesänderungen brauchen. - Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden dann daran beteiligt sein. Im Klartext: Sie werden diejenigen sein, die darüber zu entscheiden haben. Ich kann Ihnen versichern, dass die entsprechenden Gespräche mit Hochdruck geführt werden. Ich habe die Hoffnung, dass wir Ihnen noch im Laufe des März die ersten konkreten Vorschläge unterbreiten können. Dann können wir an dieser oder anderer Stelle, möglicherweise im Wirtschaftsausschuss, weiter darüber diskutieren. Vizepräsident Eduard Oswald: Mal sehen, ob Sie dem Kollegen Garrelt Duin damit einen schönen Tag beschert haben. Ich rufe die Frage 11 des Kollegen Ingo Egloff auf: Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus, dass Stromnetzbetreiber gewarnt haben, der Zeitverzug zwischen der Fertigstellung der Offshorewindanlagen und dem Anschluss an das Netz könne bis zu 42 Monate betragen, und die Offshoreanlagenersteller daraufhin damit gedroht haben, keine Offshoreanlagen mehr zu erstellen, und mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung sicherstellen, dass zukünftig die Offshoreanlagen ohne zeitliche Verzögerung an das Netz angeschlossen werden können und der Plan, bis 2020 10 Gigawatt Strom aus Offshorewindenergie zu erzeugen, tatsächlich eingehalten werden kann? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege Egloff, im Grunde hat der Kollege Duin zu Recht darauf hingewiesen, dass die Antworten, die ich ihm eben gegeben habe, eigentlich auch Ihre Frage schon beantworten. Wir befinden uns in konkreten Gesprächen mit Vertretern der beiden betroffenen Branchen. Es gibt - ich will nicht sagen: täglich - aber doch sehr intensive Gespräche. Diese Gespräche werden hoffentlich im Laufe des März zu konkreten Vorschlägen verdichtet, die möglicherweise dann auch der Gesetzgeber, der Deutsche Bundestag - also Sie - behandeln wird. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege Egloff. Ingo Egloff (SPD): Herr Staatssekretär, da Sie eben bei der Beantwortung der Frage des Kollegen Duin darauf hingewiesen haben, dass es gegebenenfalls auch gesetzgeberische Maßnahmen geben muss - und wir alle wissen, dass das mit einem weiteren Zeitverzug bei der Umsetzung verbunden sein wird -, stelle ich mir folgende Frage: Die Bundesregierung hat für 2020 einen bestimmten Anteil der durch Offshoreanlagen gewonnenen Energie an der Gesamtenergieerzeugung vorgesehen. Sind Sie der Auffassung, dass die Zielzahlen angesichts der Verzögerung, die wir jetzt festzustellen haben, noch erreicht werden können? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Diese Zielzahlen sind ambitioniert, aber durchaus zu erreichen. Wenn wir jetzt die Weichen richtig stellen, ist das bis 2020 in jedem Fall aufzuholen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Kollege. - Die Fragen 12 und 13 der Kollegen Ingrid Nestle und die Frage 14 des Kollegen Krischer werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 15 unserer Kollegin Frau Doris Barnett auf: Wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu dem für den 15. März 2012 angekündigten Termin im Rahmen des Wirtschaftsdialoges, bei dem die Ergebnisse des Gutachtens zu Warnhinweisen bei Urheberrechtsverletzungen mit Rechteinhabern und Diensteanbietern diskutiert werden sollen, auch Vertreter der Verbraucherschutzorganisationen und der Zivilgesellschaft einladen und, wenn nein, warum nicht? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Ich habe den Kollegen Krischer bis eben noch gesehen und war noch auf seine Fragen vorbereitet. Aber ich stelle mich schnell um auf Sie, Frau Kollegin Barnett. Seit dem Jahr 2008 - also schon von der früheren Regierung eingerichtet - gibt es im Bundeswirtschaftsministerium einen sogenannten Wirtschaftsdialog für mehr Kooperation bei der Bekämpfung der Internetpiraterie, bei dem es darum geht, die Kooperation zwischen den Rechteinhabern, also den Urhebern oder Rechteverwertern, und den Diensteanbietern, also den Serviceprovidern, zu fördern und einvernehmliche Lösungen bei der Bekämpfung der Internetpiraterie zu finden. Die von Ihnen in der Frage angesprochene vergleichende Studie über Modelle zur Versendung von Warnhinweisen durch Internetzugangsanbieter an Nutzer bei Urheberrechtsverletzungen soll - das ist unsere Planung - am 15. März zunächst in diesem Kreise besprochen werden. In den vergangenen drei Jahren haben immer Vertreter dieser beiden Branchen sozusagen unter der Moderation des Bundeswirtschaftsministeriums und unter Beteiligung anderer Häuser diskutiert. Es kann durchaus sein, dass wir weitere Schritte diskutieren. Selbstverständlich sind die Verbraucherschutzorganisationen herzlich eingeladen, sich an dieser Diskussion zu beteiligen. Wenn der Wunsch besteht, mit Vertretern des Bundeswirtschaftsministeriums oder anderer Häuser über diese Studie zu diskutieren, dann kann ich Ihnen zusichern, dass die Verbraucherschutzorganisationen bei mir und den Kollegen immer ein offenes Ohr finden werden. Vizepräsident Eduard Oswald: Frau Kollegin Barnett, Sie haben Ihre erste Nachfrage. Doris Barnett (SPD): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Sie sagen, die Verbraucherschutzorganisationen können sich an der Diskussion beteiligen; das könnte zum Beispiel eine Internetdiskussion sein. Aber wie wird tatsächlich gewährleistet, dass am Ende die Verbraucherinteressen und auch die der Zivilgesellschaft berücksichtigt werden? Denn Sie haben mit den beiden anderen Organisationen praktisch schon alles besprochen. Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Nein, Frau Kollegin Barnett, ich kann Sie beruhigen. Die Diskussion findet nahezu täglich statt. Ich werde zum Beispiel nachher bei einer Veranstaltung des eco-Verbandes - das sind die Internetserviceprovider -, bei der auch Vertreter der Verbraucherschutzorganisationen anwesend sein werden, sprechen. Die Diskussion findet also nicht nur im Rahmen des Wirtschaftsdialogs statt. Um das klarzustellen: Der Wirtschaftsdialog ist der Versuch, einvernehmliche Regelungen zwischen den Verwertern der Urheberrechte auf der einen Seite und der Internetindustrie auf der anderen Seite zu finden. Sollten diese Versuche nicht zu einem Einvernehmen führen, dann ist der Bundestag sowieso im Spiel. Dann ist zu klären, ob wir die Internetpiraterie mit gesetzgeberischen Maßnahmen möglicherweise besser und effektiver bekämpfen können, ohne den Rechtsschutz und die Liberalität des Netzes zu gefährden. In jedem Fall, liebe Frau Kollegin Barnett, müssen Sie sich keine Sorgen machen, dass uns die Anliegen der Verbraucherschutzorganisationen und der Verbraucher nicht am Herzen liegen. Wir werden mit Sicherheit keine Maßnahmen oder Ähnliches vereinbaren, ohne einen ausführlichen Dialog mit den Verbraucherschutzorganisationen geführt zu haben. Ich kann Ihnen bestätigen, dass der Dialog mit den Verbraucherschutzorganisationen gerade in diesem Feld immer sehr fruchtbar ist. Deswegen sage ich: Wir wären ja doof, wenn wir nicht mit den Verbraucherschutzorganisationen reden würden. Das tun wir auf jeden Fall noch ausgiebig. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie haben das Recht zur zweiten Nachfrage. Doris Barnett (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. - Wie schnell können Verbraucherschutzorganisationen bzw. wie schnell kann die Zivilgesellschaft auf Vereinbarungen zwischen den beiden anderen Organisationen reagieren? Werden die Vereinbarungen gleich ins Netz gestellt? Kann dann überhaupt noch etwas geändert werden? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Liebe Frau Kollegin Barnett, ich will den Ergebnissen des Wirtschaftsdialogs am 15. März 2012 nicht vorgreifen. Ich weiß nicht, ob ich Sie damit beruhige, aber ich rechne nicht damit, dass am 15. März irgendetwas vereinbart wird, das dann sofort in Kraft tritt. Die Bekämpfung der Internetpiraterie ist sehr langfristig angelegt. Dieses Thema hat nicht nur diese Bundesregierung, sondern auch frühere Bundesregierungen intensiv beschäftigt. Das heißt, wir werden ohnedies, auch jenseits des Wirtschaftsdialogs, sehr sorgfältig prüfen müssen, welche Maßnahmen gegebenenfalls geeignet sind, um die Rechte der Urheber im Netz besser zu schützen, ohne gleichzeitig rechtsstaatliche Positionen preiszugeben. Das wird nicht nach einem Gespräch und schon gar nicht am 15. März abgeschlossen werden können. Deswegen glaube ich, dass ich Ihnen die Sorge, die in Ihrer Frage durchklang - werden dort Tatsachen geschaffen, und wird die Zivilgesellschaft daran nicht beteiligt? -, nehmen kann, sogar nehmen muss. Ich fürchte, es geht gar nicht so schnell, wie das vielleicht wünschenswert wäre. Wir werden über die weiteren Schritte sehr sorgfältig in der Öffentlichkeit und auch in diesem Hause diskutieren müssen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. - Jetzt eine Nachfrage unseres Kollegen Volker Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, ich bin hellhörig geworden, als Sie davon gesprochen haben, dass wir neue rechtliche Regelungen zur Verbesserung der Urheberrechte im Netz brauchen, - Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Nein, das habe ich nicht gesagt. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): - oder dass Sie das erwägen. Deshalb wollte ich gerne wissen, was Sie erwägen. Denken Sie eher an ein Abrüsten im Internet im Sinne einer Pauschalvergütung, was es ja als Vorschlag gibt, oder wollen Sie die rechtlichen Instrumentarien zur Durchsetzung des Urheberrechts im Internet verschärfen, wie es zum Beispiel im Kapitel zum Schutz des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld des ACTA-Übereinkommens angelegt ist? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege Beck, ich habe nicht gesagt, dass wir rechtliche Maßnahmen brauchen. Ansonsten würden wir am 15. März gar nicht über einvernehmliche Regelungen reden. Ob wir Regelungen brauchen und in welche Richtung sie gegebenenfalls zielen, wird mit diesem Hause natürlich sorgfältig zu erörtern sein. Ich kann Ihnen aber schon jetzt definitiv sagen, weil das Bestandteil der Koalitionsvereinbarung ist, dass wir in keinem Fall irgendwelche Maßnahmen beschließen werden, die zu einer Sperrung von Internetanschlüssen oder zu einer Drosselung der Leistung führen würden. Das jedenfalls ist schon einmal ausgeschlossen. Alles andere wird sorgfältig erörtert. Sie wissen, dass es eine intensive Diskussion gibt. Das Ziel muss sein, zum einen die immer noch millionenfach vorkommende Internetpiraterie einzudämmen und damit die kulturelle Vielfalt - dieses Argument kennen Sie - zu sichern, ohne dabei zum anderen rechtsstaatliche Grundsätze und die Liberalität des Netzes zu gefährden. Das ist eine schwierige Aufgabe. Sie sind alle herzlich eingeladen, sich an der Diskussion über dieses Thema zu beteiligen und Vorschläge zu unterbreiten. Vizepräsident Eduard Oswald: Zunächst ist der Kollege Burkhard Lischka eingeladen, eine Nachfrage zu stellen. Bitte schön. Burkhard Lischka (SPD): Herr Staatssekretär, nun haben wir ja vor einigen Tagen - für viele kam das überraschend - die sogenannten ACTA-Proteste erlebt. Ein Vorwurf, der dort artikuliert wurde, war ja, dass Fragen des Urheberrechts hinter verschlossenen Türen ausgehandelt worden sind. Sie haben in Ihrer Antwort eben gesagt: Verbraucherschützer und Zivilgesellschaft können sich an uns wenden. Ich werde mich gern mit ihnen unterhalten. - Aber halten Sie es nach den Erfahrungen gerade zu ACTA in diesem sensiblen Bereich nicht für angebracht, dass Sie von sich aus auf Verbraucherschutzverbände und entsprechende Vertreter der Zivilgesellschaft zugehen und bewusst das Gespräch mit ihnen suchen? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Kollege Lischka, zum einen kann ich Ihnen versichern, dass ich persönlich und auch viele Kolleginnen und Kollegen meines Hauses ohnehin in einem ständigen Austausch mit Verbraucherschutzorganisationen -stehen. Wir sind momentan mehrmals wöchentlich auf Veranstaltungen, an denen verschiedene gesellschaft--liche Gruppen teilnehmen. Diese Diskussion findet also statt. Sie haben das Thema ACTA noch einmal angesprochen. Ich will jetzt gar nicht zu den Vorwürfen in der Vergangenheit Stellung nehmen. Wir haben jedenfalls Klarheit hinsichtlich ACTA und der diesbezüglichen Befürchtungen, die es in Teilen der deutschen Bevölkerung gibt, geschaffen. Der Europäische Gerichtshof ist von der EU-Kommission angerufen worden, um zu klären, ob es irgendwelche Rechtsverstöße gibt. Wir werden selbstverständlich auch über das Thema ACTA, darüber, ob durch ACTA in Deutschland überhaupt Rechtsnachteile drohen oder nicht, diskutieren. Es ist also keineswegs so, dass Sie jetzt die Befürchtung haben müssten, Sie würden vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Das sind alles komplexe Themen, die schrittweise abgearbeitet werden müssen. Ich sage auch Ihnen, was ich dem Kollegen Beck gesagt habe: Jeder von Ihnen ist eingeladen, auch zum Thema Urheberrecht in der digitalen Welt Vorschläge zu machen. Wir haben hier eine Hausaufgabe gemeinsam zu lösen. Ich sehe das nicht als eine parteipolitische oder allein regierungsmäßige Aufgabe an. Auch die Opposition des Hauses ist herzlich eingeladen, sich an dieser Diskussion weiterhin konstruktiv zu beteiligen. Vizepräsident Eduard Oswald: Deshalb hat sich der Kollege Dr. von Notz zu einer Nachfrage gemeldet. Bitte schön. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, würden Sie mir denn zustimmen, dass es auch ein Pro-blem sein kann, wenn durch eine Regelung wie ACTA bestehendes Recht manifestiert wird - Sie sprachen zu Recht die Frage an, inwieweit das Urheberrecht für die digitale Welt ergänzt oder reformiert werden muss -, dass sozusagen der Platz für diese Reformen gerade durch ein international bindendes Abkommen wie ACTA zugestellt werden kann? Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Lieber Herr Kollege von Notz, wir werden diese Diskussion zunächst einmal auf der Grundlage führen, die uns der Europäische Gerichtshof dazu geben wird, ob hier irgendwelche Rechtsverstöße - das meint insbesondere auch Grundrechtseingriffe - drohen. Ansonsten -mache ich Sie darauf aufmerksam, dass das ACTA-Übereinkommen ja keine Privatidee der deutschen Bundesregierung ist, sondern ein letztlich weltweites Abkommen. (Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] -[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) - Ja, die Bundesregierung war in dieser Sache gar nicht initiativ. Die Diskussion über ACTA werden wir noch führen müssen. Natürlich wird auch die von Ihnen aufgeworfene Frage eine Rolle spielen, also nicht nur die Frage, inwieweit ACTA Rechtsänderungen in Deutschland erfordert, sondern auch umgekehrt die Frage, inwieweit ACTA Rechtsänderungen in Deutschland verhindert. Diese Diskussion werden wir selbstverständlich führen. Auch da - ich wiederhole mich - will ich, dass eine sehr offensive Diskussion in Gang kommt, damit überhaupt nicht der falsche Eindruck entstehen kann, es gäbe hier Geheimverhandlungen oder Ähnliches. Der gesamte Deutsche Bundestag und die Zivilgesellschaft sind -eingeladen, sich an dieser Diskussion zu beteiligen. Das findet in großem Maße statt. Diese Diskussion führen wir mit Freude. Vizepräsident Eduard Oswald: Herzlichen Dank. - Die Frage 16 der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer wird schriftlich beantwortet. Damit, Herr Staatssekretär, sind wir am Ende Ihres Geschäftsbereichs. Ich komme zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht uns Frau Staatsminis--terin Cornelia Pieper zur Verfügung. Die Fragen 17 und 18 der Abgeordneten Heike -Hänsel werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 19 des Kollegen Dieter Dehm auf: Wie bewertet die Bundesregierung die Sicherheitslage in Libyen aktuell? Frau Staatsministerin, ich bitte um Beantwortung. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Die Bundesregierung, Herr Abgeordneter, bewertet die Sicherheitslage in Libyen als unübersichtlich und mit erheblichen Risiken behaftet. Bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Milizen finden vereinzelt weiterhin statt und sind jederzeit möglich. Aus diesem Grund hat das Auswärtige Amt eine Reisewarnung he-rausgegeben. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege Dr. Dehm. Dr. Diether Dehm (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, sind Ihnen Berichte in Medien oder von "Ärzte ohne Grenzen" bekannt, wonach 115 Folteropfer in staatlichen Gefängnissen und über 1 500 Häftlinge in Gefängnissen und ähnlichen Einrichtungen der Milizen einsitzen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Die Menschenrechtslage ist immer wieder Gegenstand der bilateralen Gespräche mit der Übergangsregierung in Libyen. Ich will daran erinnern, dass Bundes--außenminister Westerwelle am 8. Januar 2012 dazu -Gespräche geführt hat. Die libysche Regierung und der Nationale Übergangsrat haben sich bei dieser Gelegenheit erneut zum Schutz der Menschenrechte bekannt. Sie wissen, dass - auch auf deutsches Betreiben hin - die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, im Namen der EU auf die Überprüfung von Foltervorwürfen und das Ahnden entsprechender Taten gedrängt hat. Die Bundesregierung wird im Rahmen ihrer bilateralen Kontakte selbstverständlich weiterhin auf ein Ende von Folter und Misshandlungen drängen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Herr Kollege. Dr. Diether Dehm (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, es ist uns bekannt, dass der Bundesaußenminister bezüglich des Luftangriffs auf -Libyen sehr zurückhaltend war. Dennoch hat er nach dem Sturz Gaddafis sehr positive Signale in Richtung dieses sogenannten Übergangsrats gesendet. Ist es in unserem Sinne, dass heute ganze Stadtteile und Städte, die Gaddafi gegenüber loyal waren - vielleicht waren sie nicht mit den Segnungen unserer Medien vertraut -, erheblichen Repressalien ausgesetzt sind und dort massenhaft Morde stattfinden? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Ich will noch einmal deutlich machen, Herr Abgeordneter, dass sich die Situation, auch die Sicherheitslage, seit dem Sturz des Gaddafi-Regimes wesentlich verbessert hat. Aber - das wissen auch Sie - die Übergangs--regierung hat noch große Probleme mit der Überführung der Milizen in nationale Sicherheitskräfte. Es besteht regelrecht ein Sicherheitsvakuum. Der Übergangsregierung ist es bisher nicht gelungen, einen entscheidenden Einfluss auf die Milizen auszuüben. Der Aufbau der -nationalen Sicherheitskräfte kommt nur mühsam voran. Der Aufbau von Armee und Polizei wird dadurch behindert, dass nur ein Teil der Milizionäre bislang überhaupt bereit ist, sich diesen anzuschließen und zu einer zivilen Tätigkeit zurückzukehren. Aber die Übergangsregierung hat sich klar zu den Menschenrechten und zu einer Verbesserung der Sicherheitslage bekannt. Berücksichtigen Sie bitte, dass das Land die ersten Schritte hin zu einer demokratischen und zivilgesellschaftlichen Form macht. Sie können nicht erwarten, dass von heute auf morgen Veränderungen stattfinden. Unser Bestreben ist, dieses Thema - auch zusammen mit der Europäischen Union und dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen - immer wieder deutlich zu -machen und darauf zu drängen, Verbesserungen durchzusetzen. Vizepräsident Eduard Oswald: Es gibt weitere Nachfragen. Zunächst Frau Kollegin Kathrin Vogler. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Danke, Herr Präsident. - Frau Staatsministerin, Sie haben gerade gesagt, dass es eine Reihe von Milizen gibt, die sich weigern, ihre Waffen abzugeben. Dies wird auch in der Presse berichtet. Ein wesentliches Argument dieser Milizen ist - so habe ich das wahrgenommen -, dass sie ihre Unabhängigkeit nicht aufgeben wollen, bevor es ein frei gewähltes Parlament gibt. Wie schätzt die Bundesregierung das ein? Halten Sie es für möglich, in einer Situation, in der weite Teile des Landes von konkurrierenden Milizen kontrolliert werden und umkämpft sind und in der die Sicherheits- und Menschenrechtslage, vorsichtig formuliert, mehr als unbefriedigend ist, freie Wahlen durchzuführen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Die Bundesregierung wird alles daransetzen, die Durchführung von freien Wahlen zu unterstützen und zu begleiten. In der Tat ist es so, wie Sie gesagt haben, Frau Abgeordnete: Viele der Milizen, die sich im Zuge der Revolution in allen Regionen des Landes gebildet haben, bestehen noch und sind nicht bereit, in die nationalen -Sicherheitskräfte einzutreten. Das hat damit zu tun - so wird es auch von unserer Botschaft vor Ort eingeschätzt -, dass sich viele Milizangehörige mit der Waffe in der Hand ein größeres politisches und finanzielles Entgegenkommen vonseiten der Regierung versprechen, als sie es bislang erlebt haben. Ich will aber auch die Erfolge erwähnen. Es gibt bis zu 200 000 Milizionäre. Von ihnen sind vermutlich weniger als 40 000 für einen regulären Dienst angemeldet. Aber immerhin: Es bewegt sich etwas, und die Übergangsregierung ist sehr bemüht, die Sicherheitslage zu verbessern. Vizepräsident Eduard Oswald: Eine Nachfrage unseres Kollegen Niema Movassat. Niema Movassat (DIE LINKE): Danke, Herr Präsident. - Frau Staatsministerin, Sie haben gerade in zwei Antworten zwei widersprüchliche Aussagen gemacht. Sie haben einerseits gesagt, die Sicher-heitslage habe sich im Vergleich zur Situation vor dem Bürgerkrieg verbessert. Andererseits haben Sie gesagt, es gebe Milizen, die nicht bereit sind, sich der jetzigen Regierung, dem jetzigen Regime unterzuordnen. Was gilt nun aus Sicht der Bundesregierung? Haben wir eine Verbesserung der Sicherheitslage - obwohl es zahlreiche Milizen gibt, die bewaffnet sind, gegeneinander kämpfen und sich nicht der Regierung unterstellen -, oder haben wir eine Verschlechterung der Sicherheitslage? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung stellt fest, dass sich die Sicherheitslage im Vergleich zur Zeit des Gaddafi-Regimes verbessert hat. Es ist, glaube ich, auch die einmütige Meinung in diesem Hohen Hause, im Deutschen Bundestag, dass das so ist. Ich habe gesagt: Die Sicherheitslage hat sich verbessert, ist aber nicht zufriedenstellend. - Das sind zwei Beschreibungen der Situation, die sich ergänzen und sich nicht widersprechen. Natürlich ist die Sicherheitslage nicht zufriedenstellend; das hatte ich zu Anfang gesagt. Das hat aber seine Gründe; auch diese habe ich beschrieben. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Wir kommen nun zur Frage 20 unseres Kollegen Dr. Dieter Dehm: Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Analyse der International Crisis Group, wonach der regierende Nationale Übergangsrat nicht die Kontrolle über Libyen hat? Ich bitte um Beantwortung. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Nach Einschätzung der Bundesregierung, Herr Abgeordneter, hat die libysche Übergangsregierung derzeit noch nicht die Kontrolle über alle Sicherheitskräfte und Milizen im Land, wie ich schon sagte. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass es Aufgabe der Übergangsregierung ist, Wege zu finden, um die Milizen zu entwaffnen und deren Kämpfer entweder in neuen staatlichen Sicherheitsstrukturen oder im zivilen Sektor aufzunehmen. Zu diesem Zweck hat die Übergangs--regierung bereits Pläne entwickelt und entsprechende Angebote an die Angehörigen der Milizen gerichtet. Die Mission der Vereinten Nationen in Libyen, UNSMIL, hat unter anderem die Aufgabe, die libysche Regierung dabei zu unterstützen, die öffentliche Sicherheit wiederherzustellen und die Rechtsstaatlichkeit zu fördern. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine Nachfrage, Herr Dehm? - Bitte schön. Dr. Diether Dehm (DIE LINKE): Zwischen der Situation, dass weite Teile des Landes von Milizen terrorisiert werden, und den Möglichkeiten, freie Wahlen durchzuführen, gibt es einen Zusammenhang. Es ist schlechterdings schwer vorstellbar, dass in einer Situation, in der auf Menschen aus der Subsahara, die eine dunkle Hautfarbe haben, eine regelrechte Menschenjagd veranstaltet wird, freie, ungehinderte Wahlen stattfinden. Könnte daraus nicht eine Situation entstehen, in der es Milizen und Terroristen in der Hand haben, zu bestimmen, wann sich ein Volk souverän, parlamentarisch und demokratisch artikulieren kann? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung und auch die Europäische Union sehen die klaren Bemühungen der Übergangsregierung, in Libyen freie Wahlen stattfinden zu lassen. Libyen ist, wie Sie wissen, auf dem besten Weg dahin. Deswegen haben wir großes Vertrauen in die Übergangsregierung, dass sie diesen Weg weiterhin beschreiten wird. Ich will die Befürchtung zurückweisen, dass die Milizen die Bevölkerung und die Regierung terrorisieren, weil ich glaube, dass das nicht in jedem Fall die richtige Beschreibung der Situation ist. In der Tat ist es so, dass die Milizen, die sich im Zuge der Revolution gebildet haben, noch flächendeckend agieren. Diese Milizen üben in vielen Fällen weiterhin lokal die Macht aus und begründen dies mit dem Fehlen von nationalen Sicherheitskräften. Ich sprach bereits von dem Sicherheitsvakuum. Man kann aus dem Zustand, den wir heute sehen, aber nicht darauf schließen, dass Libyen keine Chance hat. Die Übergangsregierung wird jede Möglichkeit nutzen, damit es zu freien Wahlen kommen wird. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben keine weitere Nachfrage. - Frau Höger, bitte. Inge Höger (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, Sie sprachen vom Aufbau von Rechtsstaatlichkeit. Es gibt Berichte von Human Rights Watch, nach denen die Übergangsregierung Gesetze beschließt und diese teilweise nicht veröffentlicht. Ist der Bundesregierung bekannt, um welche Gesetze es sich dabei handelt? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Ich kann Ihnen im Moment keine konkreten Gesetze nennen. Ich denke, das müssen wir noch erörtern. Das kann ich Ihnen gerne nachliefern. Ich denke, über die Berichte von Human Rights Watch sollten wir weiterhin diskutieren; denn die Bundesregierung hat ein großes Interesse daran, die Menschenrechtslage in Libyen weiterhin zu beobachten und den Prozess der Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit in Libyen weiterhin zu begleiten. Ich werde bei meinem Besuch in Libyen am 12. März 2012 selbst die Möglichkeit haben, mit der Regierung in Tripolis darüber zu sprechen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt sind wir bei der Frage 21 des Kollegen Movassat: Wie viele von der Übergangsregierung kontrollierte Gefangenenlager in Libyen mit welcher Anzahl von Gefangenen sind der Bundesregierung bekannt? Frau Staatsministerin. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter Movassat, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat berichtet, dass insgesamt circa 8 500 Personen an rund 60 Orten inhaftiert sind. Der Bundesregierung liegen keine belastbaren Zahlen dazu vor, wie viele dieser Orte unter Kontrolle der Übergangsregierung sind. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Movassat, bitte. Niema Movassat (DIE LINKE): Danke, Frau Präsidentin. - Frau Staatsministerin, mit meiner Nachfrage würde ich gerne auf den Aspekt der politischen Gefangenen eingehen. Sind der Bundesregierung Zahlen über politische Gefangene bekannt? Wissen Sie etwas über deren Haftbedingungen, deren Verbleib und darüber, welche strafrechtlichen Vorwürfe gegen diese erhoben und ob sie gefoltert werden? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz spricht in der Tat, wie ich schon sagte, von 8 500 Inhaftierten. Darunter gibt es auch politische Gefangene. Es gibt eine Kommission für vermisste Personen, die seit der Gaddafi-Revolution für ungefähr 30 000 vermisste Personen in Libyen zuständig ist. Wir wissen, dass hier viele Fragen aus den Zeiten des Umschwungs in Libyen unbeantwortet sind und dass wahrscheinlich viele politische Häftlinge in den Gefängnissen von den Milizen gefoltert werden. Die Bundesregierung hat ein großes Interesse daran - das kann ich nur immer wieder betonen -, dass die Übergangsregierung die Zügel in die Hand nimmt und letztendlich nicht nur über diese Foltermaßnahmen Bescheid weiß, sondern auch gegen sie angeht und vor allen Dingen die Gefangenen in ihre Obhut nimmt. Ich sagte bereits, dass die Übergangsregierung zurzeit nicht in der Lage ist, das alles zu kontrollieren. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine weitere Nachfrage. Bitte sehr. Niema Movassat (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, Sie haben den Bericht von -Human Rights Watch angesprochen. Es gibt einen Bericht von Ärzte ohne Grenzen vom Januar 2012, demzufolge 115 Patienten behandelt worden sind, die unter anderem Spuren und Verletzungen von Folter aufwiesen. Human Rights Watch spricht, wie gesagt, von willkürlichen Verhaftungen und der Anwendung von Folter. Wann hat die Bundesregierung dies konkret gegenüber der libyschen Übergangsregierung zur Sprache gebracht, und was war die Antwort der libyschen Übergangsregierung darauf? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: In der Tat - ich hatte es bereits erwähnt - spricht die Bundesregierung nicht nur bilateral, sondern auch auf EU-Ebene und auf der Ebene der Vereinten Nationen ständig die Menschenrechtslage in Libyen an. Die Übergangsregierung hat geäußert, dass sie bemüht ist, alles zu tun, um Folter in den Gefängnissen abzustellen, und den Demokratisierungsprozess weiter voranzutreiben. Man hat sich auch klar zu den Menschenrechten bekannt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Eine Nachfrage des Kollegen Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Als Menschenrechtspolitiker machen mich die Berichte in Bezug auf die Folter besorgt, die wir bekommen, ohne das Ausmaß des Ganzen richtig bewerten zu können. Deshalb bitte ich Sie, uns zu schildern, was das Internationale Rote Kreuz dazu sagt, ob es freien Zugang zu allen Gefangenenlagern und Gefängnissen hat, und welche konkreten Initiativen die Bundesregierung ergriffen hat, um die libysche Seite bzw. die libyschen Seiten, wie man vielleicht präziser sagen muss, anzuregen, Maßnahmen zu ergreifen, damit die Folterproblematik abgestellt wird. Denn abstrakte Bekenntnisse zu den Menschenrechten reichen nicht aus. Wir müssen auch sehen, dass Menschen, die vielleicht als Helfer des vorherigen Regimes selber schreckliche Verbrechen zu verantworten haben, trotzdem den Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren frei von Folter haben. Dieser Gedanke scheint sich nicht überall durchgesetzt zu haben. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, in der Tat ist das auch ein Schwerpunkt der Bundesregierung in ihrer Menschenrechtsarbeit in Libyen. Sie wissen, dass derzeit vor allem der Umgang mit libyschen mutmaßlichen Gaddafi-Anhängern sowie den als Gaddafi-Söldnern verdächtigen Migranten aus Subsahara-Afrika in der Kritik steht. Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen, auf die Sie auch hingewiesen haben, berichten in der Tat von willkürlichen Verhaftungen durch Milizen, von Folter und Misshandlungen. Es ist aber auch zu sehen, dass in den vergangenen Wochen der Justizminister zunehmend Gefängnisse unter seine Kontrolle gebracht hat. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat ungehinderten Zugang zu den Gefängnissen. Aber, wie ich schon sagte, steht nur ein Teil der Gefängnisse unter staatlicher Kontrolle. Das macht das Ganze so schwierig. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Vogler, bitte. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, ich möchte noch einmal auf die eben erwähnten Berichte von Ärzte ohne Grenzen über die Folteropfer zurückkommen. Das hat die Organisation dazu gebracht, ihren Einsatz in Libyen zu beenden, weil sie nicht mehr humanitär wirken kann. Wenn die Menschen, die mit Folterspuren gebracht werden, nach dem Gesundpflegen nur weitere Folter zu erwarten haben, dann kann sie ihrem humanitären Auftrag nicht mehr entsprechen. Ist der Bundesregierung bekannt, ob es weitere deutsche oder internationale NGOs gibt, die in Libyen im humanitären Bereich gearbeitet und aus dieser Tatsache ähnliche Konsequenzen gezogen haben? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Das können wir nicht ausschließen, Frau Abgeordnete. Wir sind uns dieser Problematik bewusst, und wir werden sie bilateral auch immer wieder ins Gespräch mit der Übergangsregierung in Libyen bringen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Dagdelen. Sevim Dagdelen (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Staatsministerin Pieper, Sie haben gesagt, dass Sie auf EU-Ebene, aber auch bilateral immer wieder auf die neuen Machthaber wegen der Berichte, die sich wirklich schrecklich anhören, zugegangen sind. Vorhin haben Sie gesagt, dass man sehr bemüht ist, dass der Aufbau in Libyen nach rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsätzen erfolgt. In diesem Zusammenhang würde ich gerne wissen, ob und unter welchen Umständen die Bundesrepublik Deutschland sich an einer Sicherheitssektorreform in -Libyen beteiligen wird. Es ist sehr naheliegend, dass es eine SSR-Mission geben wird. Haben Überlegungen in diese Richtung stattgefunden? Falls ja, unter welchen Umständen wäre eine Beteiligung denkbar? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Wie Sie wissen, Frau Abgeordnete, ist das nicht nur ein Thema für die Bundesregierung, sondern auch für die Europäische Union und die Vereinten Nationen. Wir erwarten dazu einen Bericht mit einer Bestandsaufnahme. Den werden wir abwarten, und dann kann man weitere Schritte unternehmen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir kommen zur Frage 22 des Kollegen Movassat: Ist der Bundesregierung bekannt, welche Mitglieder der libyschen Übergangsregierung unmittelbar oder mittelbar an Kriegsverbrechen beteiligt waren, und wie geht sie mit diesen um? Frau Staatsministerin. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat die Behandlung der Situation in Libyen bereits im Februar 2011 an den Internationalen Strafgerichtshof verwiesen, der damit auch für Ermittlungen wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen zuständig ist. Bislang hat der Internationale Strafgerichtshof in diesem Zusammenhang drei Haftbefehle wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen erlassen, und zwar gegen den inzwischen verstorbenen Muammar al-Gaddafi, seinen Sohn Saif al-Islam al--Gaddafi sowie seinen früheren Geheimdienstchef al--Senussi. Das Verfahren gegen Muammar al-Gaddafi wurde am 22. November 2011 eingestellt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Movassat, bitte. Niema Movassat (DIE LINKE): Es geht natürlich um die Verletzungen von Menschenrechten durch die Übergangsregierung. Dafür gibt es verschiedene Beispiele. Was ist der Bundesregierung zum Beispiel über Vertreibungen der Zivilbevölkerung im Zusammenhang mit der Machtübernahme durch die Aufständischen bekannt? Ein Beispiel sei an dieser Stelle genannt: Die Stadt Tawergha wurde am 12./13. August 2011 durch die Aufständischen erobert. Infolgedessen wurden die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Stadt aus ihr vertrieben. Das ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ein Verstoß gegen Art. 49 des Genfer Abkommens über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten. Inwiefern ist der Bundesregierung bekannt, ob Mitglieder der libyschen Übergangsregierung daran beteiligt waren? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, Sie wissen so gut wie ich, dass Libyen sich in einer schwierigen Übergangsphase befindet und dass die Übergangsregierung nicht alleine die Grundlagen für den zivilen Neuaufbau und den Demokratisierungsprozess in der Zukunft schaffen kann. Das kann nur eine frei gewählte, durch das Volk legitimierte Regierung. Wir sollten froh sein, dass das Regime von Gaddafi, das die Zivilbevölkerung, wie wir alle verfolgt haben, terrorisiert hat, gestürzt ist. Wir sollten einmal zur Kenntnis nehmen, dass wir jetzt einen Prozess mit der Übergangsregierung in Libyen unterstützen können, der - Anfang Februar ist ein Wahlgesetz verabschiedet und eine Wahlkommission berufen worden - auf freie Wahlen in Libyen hinausläuft, die nach der Wahl einer verfassunggebenden Versammlung im Sommer 2013 stattfinden sollen. Diesen Prozess unterstützt die Bundesregierung nachhaltig. Wir verurteilen jeden Fall von Menschenrechtsverletzungen und Folter, der im Rahmen eines auch für die jetzige Übergangsregierung nicht immer kontrollierbaren Prozesses noch stattfindet. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Für eine zweite Nachfrage, Herr Movassat. Niema Movassat (DIE LINKE): Danke, Frau Präsidentin. - Frau Staatsministerin, die Menschen, die jetzt in den Foltergefängnissen in Libyen sitzen, werden sich natürlich über die Möglichkeit, zu wählen, sehr freuen. Das ist sicherlich das dringendste Problem von Menschen in Gefängnissen. Sie haben meine Frage leider zweimal nicht beantwortet. Deshalb versuche ich es jetzt noch einmal. Meine ursprüngliche Frage lautet: Ist der Bundesregierung bekannt, welche Mitglieder der libyschen Übergangsregierung unmittelbar oder mittelbar an Kriegsverbrechen beteiligt waren, und wie geht sie mit diesen um? Das ist eine ganz klare Frage, und ich bitte um eine Antwort. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Ich habe Ihre Frage bereits beantwortet, Herr Abgeordneter, genauso wie die Frage, wie viele Strafverfahren beim Internationalen Strafgerichtshof anhängig sind. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Vogler, bitte. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, da Sie die Frage des Kollegen Movassat dreimal nicht beantwortet haben, werden Sie sie mir auch nicht beantworten. Deshalb stelle ich eine andere Frage in diesem Zusammenhang. Ich möchte Sie fragen, ob nach Ansicht der Bundesregierung der Tod von Muammar al-Gaddafi - Sie haben ihn vorhin so schön "als verstorben" bezeichnet - hinreichend und entsprechend den Forderungen der Vereinten Nationen aufgeklärt ist. Ich möchte Sie bitten, Ihre Antwort zu begründen. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Ich hatte Ihnen bereits gesagt, dass der Internationale Strafgerichtshof drei Haftbefehle wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen erlassen hat. Ein Haftbefehl betraf Muammar al-Gaddafi. Sie haben hinreichend verfolgen können, wie Muammar al-Gaddafi ums Leben ge-kommen ist. Dass das weiterer Klärung bedarf, ist unbestritten. Trotzdem sollte man aus meiner Sicht nicht Kriegsverbrecher in den Vordergrund der politischen Diskussion über die Zukunft Libyens stellen. (Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Menschenrechte sind unteilbar!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Dagdelen. Sevim Dagdelen (DIE LINKE): Frau Staatsministerin Pieper, gehen wir davon aus, dass sich die Berichte bewahrheiten und die neuen Machthaber oder Mitglieder der Übergangsregierung sich an Kriegsverbrechen beteiligt haben oder involviert sind. Mich interessiert im Vergleich zu vorherigen Aktivitäten der Bundesregierung, ob die Bundesregierung dann zum Beispiel einen Antrag auf Überstellung vor dem Internationalen Strafgerichtshof stellen wird. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: In der Tat ist das so. Ich sage noch einmal, dass die Bundesregierung ein großes Interesse daran hat, dass alle Menschenrechtsfragen gelöst und dass Kriegsverbrecher im Einklang mit dessen Statut vor den Internationalen Strafgerichtshof gestellt werden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Damit sind wir bei Frage 23 des Kollegen Paul Schäfer: Mit welchen Mitteln unterstützt die Bundesregierung in Libyen die Beseitigung von Kampfmitteln und die Entwaffnung von Milizen, und wie viele Waffen konnten bislang eingesammelt werden? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Die Bundesregierung finanziert, Herr Abgeordneter Schäfer, den Aufbau des Libya Centre for Mine Action and Remnants of War, einer Behörde des libyschen Verteidigungsministeriums, die für Kampfmittelbeseitigung, Minenräumung und Kleinwaffenkontrolle zuständig ist, mit circa 750 000 Euro. Das Auswärtige Amt hat 2011 zudem Projekte der Kampfmittelbeseitigung und der Gefahrenaufklärung der libyschen Bevölkerung mit insgesamt 437 000 Euro gefördert. 2012 wird die Förderung des Projektes der Gefahrenaufklärung mit 162 000 Euro fortgeführt. Darüber hinaus unterstützte das Auswärtige Amt 2011 ein Projekt der Minen- und Kampfmittelräumung in Höhe von 614 617 Euro. Weitere Projekte mit einem Umfang von 750 000 Euro sind in Planung. Außerdem hat die Bundesregierung Unterstützung bei der Inspektion und der Sicherung von Chemiewaffenbeständen in Form von zwei Inspektionsflügen durch die Bundeswehr und Bereitstellung von Schutzausrüstung sowie Dekontaminationsgeräten geleistet. Wir sind darüber hinaus bereit, die Internationale Atomenergieorganisation bei der Sicherung hochradioaktiver Strahlenquellen zu unterstützen. Hierfür ist ein Betrag von 1,6 Millionen Euro bereitgestellt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Schäfer, Sie haben eine Nachfrage. Bitte sehr. Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Danke. - Frau Staatsministerin, Sie haben auf die Beiträge zur Minenräumung abgehoben. Das alles ist nicht zu kritisieren. Meine Frage bezog sich aber auch auf die Beiträge der Bundesregierung zur Entwaffnung der Milizen. Sie haben vorhin dazu gesagt, das sei Aufgabe des Nationalen Übergangsrats. Dieser habe Pläne zur Überführung der Milizen in die reguläre Armee -vorgelegt. Sie haben in diesem Zusammenhang von 200 000 Milizionären gesprochen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die künftige libysche Armee aus 200 000 Menschen besteht. Deshalb meine Frage: Drängt die Bundesregierung darauf, dass ein solcher Prozess der Entwaffnung und Demobilisierung des überwiegenden Teils dieser Milizen stattfindet, und ist sie bereit, diesen Prozess auch finanziell zu begleiten? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter Schäfer, Sie haben es eben schon bestätigt: Die Zuständigkeit für die Integration von Angehörigen der Milizen in den Staatsdienst oder in eine zivile Tätigkeit liegt bei der libyschen Übergangsregierung, die entsprechende Angebote gemacht hat. Da bisher nur ein kleiner Teil der Angehörigen von Milizen bereit war, diese Angebote anzunehmen, gestaltet sich das Einsammeln von Waffen schwierig. Deutschland hat deshalb die Resolution 2022 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 2. Dezember 2011 mit eingebracht, die die Aufgaben der VN-Mission UNSMIL um die Unterstützung der nationalen Anstrengungen zur Bekämpfung der Proliferation ergänzt. Das Einsammeln der Waffen ist noch nicht abgeschlossen. Belastbare Zahlen hierzu liegen nicht vor. Trotzdem will ich deutlich machen: Es handelt sich hier nicht um ein robustes Mandat der VN. Das heißt, es ist kein Entwaffnungsmandat. Das ist politisch auch nicht gewünscht. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben eine weitere Nachfrage? Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja. - Frau Staatsministerin, wir haben es mit einem doppelten Problem zu tun: zum einen mit der unkontrollierten Verbreitung der Waffen des alten Regimes und zum anderen mit der Zuführung neuer Waffen während der Kriegshandlungen, zum Beispiel durch die NATO und EU-Mitgliedstaaten, namentlich durch Frankreich. Meine Frage lautet: Haben Sie Kenntnis darüber, dass diese Staaten, wie zum Beispiel unser Bündnispartner Frankreich, darauf bestehen, dass diese Waffen zurückgegeben oder aufgekauft werden, und würden Sie gegebenenfalls solche Programme zur Entmilitarisierung unterstützen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Die Bundesregierung hat natürlich ein großes Interesse an der Bekämpfung der Proliferation der Waffen in Libyen. Sie wissen, dass mehrere Tausend tragbare Luftabwehrsysteme, deren Verbleib zum Teil ungeklärt ist, ein erhebliches Sicherheitsrisiko auch für die zivile Luftfahrt darstellen. Neben den eigenen Projekten engagiert sich Deutschland auch in der EU für Maßnahmen zur Sicherung von Waffen und Munition. Ich will ohne Einschränkung sagen: aller Waffen und aller Munition. Ich will ausdrücklich darauf hinweisen - das wissen auch Sie -, dass der Abrüstungsbeauftragte der Bundesregierung Libyen vom 19. bis 22. Februar besucht hat, um sich ein Bild von der auch von Ihnen beschriebenen Situation in Libyen zu machen. In diesem Zusammenhang gibt es übrigens eine sehr enge Zusammenarbeit mit den USA. Sie werden heute Abend noch die Möglichkeit haben, im Unterausschuss Ihre entsprechenden Fragen an den Abrüstungsbeauftragten der Bundesregierung zu stellen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Dagdelen? (Sevim Dagdelen [DIE LINKE]: Ich ziehe meine Frage zurück!) - Dann Herr Movassat. Niema Movassat (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, ich war gerade in Tunesien und bin vorher in Niger und anderen Ländern gewesen. Wir wurden immer wieder darauf hingewiesen, dass die libyschen Waffen, die jetzt über die Grenzen gebracht werden, ein sehr großes Problem für diese Staaten darstellen - einmal stärker, einmal weniger stark, aber auf jeden Fall ein Problem - und teilweise die Stabilität gefährden. Wie geht die Bundesregierung damit um? Wie unterstützt sie die Nachbarstaaten Libyens dabei, zu verhindern, dass Waffen ins Land kommen, die bisher stabile Staaten gefährden? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Ich finde es gut, dass Sie als Abgeordneter so wie auch der Bundesaußenminister und ich recht oft nach Nordafrika reisen, zum Beispiel nach Tunesien, das Sie eben genannt haben. Ich glaube, wir sollten alles daransetzen, um die Proliferation von Waffen einzudämmen. Die Bundesregierung jedenfalls wird alles tun, um einen guten und demokratischen Entwicklungsprozess in Libyen auf den Weg zu bringen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir kommen zur Frage 24 der Kollegin Vogler: Ist die Bundesregierung wegen der nicht zuletzt durch die Aussagen der Hilfsorganisationen Amnesty International und Ärzte ohne Grenzen bekannt gewordenen Folterungen und Misshandlungen von Gefangenen in libyschen Lagern bereits bei den libyschen Behörden vorstellig geworden, und welche weiteren Aktivitäten plant die Bundesregierung, um den Druck auf die libyschen Behörden zur Abstellung dieser Missstände zu erhöhen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Frau Abgeordnete Vogler, die Bundesregierung beobachtet die Menschenrechtslage in Libyen mit großer Aufmerksamkeit und bringt ihre Haltung dazu sowohl bilateral als auch in den Gremien der Vereinten Nationen und der EU kontinuierlich zum Ausdruck. Das sagte ich schon. Die Menschenrechtslage war unter anderem Gegenstand der Gespräche des Bundesaußenministers im Januar in Libyen. Die libysche Übergangsregierung und der Nationale Übergangsrat haben sich auch bei dieser Gelegenheit zum Schutz der Menschenrechte bekannt; das will ich noch einmal ausdrücklich betonen. Auch auf deutsches Betreiben hin hat die Hohe Vertreterin der Außen- und Sicherheitspolitik der EU, -Catherine Ashton, ihrerseits für die EU auf die Notwendigkeit der Überprüfung von Foltervorwürfen und des Ahndens entsprechender Taten gedrängt. Die Bundesregierung wird auch im Rahmen ihrer bilateralen Kontakte weiterhin aktiv auf ein Ende von Folterungen und Misshandlungen drängen. Ich kann es nur immer wieder wiederholen und betonen, dass dies der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen ist. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Vogler mit einer Nachfrage. Bitte. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, wir hatten über den Gegenstand dieser Frage schon im Zusammenhang mit anderen Fragen gesprochen. Mir wäre es wichtig, den Blick insbesondere auf die Situation der Flüchtlinge aus Subsahara-Afrika in Libyen zu richten. Wie bewertet die Bundesregierung deren Situation? Wie hat sie sich gegenüber der Situation unter dem Gaddafi-Regime verändert? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Ich hatte schon gesagt, dass sich die Sicherheitslage seit dem Sturz des Gaddafi-Regimes zwar wesentlich verbessert hat, aber nicht zufriedenstellend ist. Natürlich wird besonders kritisiert - das haben Sie, Frau Abgeordnete, gesagt, und das kritisiert auch die Bundesregierung in ihren bilateralen Gesprächen ständig -, dass insbesondere ehemalige Anhänger der Gaddafi-Regierung bzw. Gaddafi-Söldner sowie Migranten aus Subsahara-Afrika der Folter und Misshandlungen in Gefängnissen unterworfen sind. Die Bundesregierung hat das im Auge und wird alles daransetzen, dass die Übergangsregierung und auch die zukünftige Regierung die positive Überführung dieser Gefängnisse, die noch von den Milizen kontrolliert werden, die nicht in staatlichen Diensten stehen, vollziehen. Ich sagte es schon: Etwa 10 Prozent der Inhaftierten sind Ausländer. Zahlreiche Häftlinge wurden nicht an ihren früheren Aufenthaltsorten wiedergefunden. Das alles ist sehr beunruhigend. Das alles sehen wir. Auch die Übergangsregierung weiß das, und sie setzt alles daran, um die Lage zu verbessern. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie noch eine Nachfrage, Frau Vogler? Kathrin Vogler (DIE LINKE): Frau Präsidentin, ich habe noch eine Nachfrage. - Mich interessiert, ob die Bundesregierung Erkenntnisse darüber hat, ob schwarzafrikanische Flüchtlinge, denen es gelingt, Libyen zu verlassen und die auf dem Mittelmeer oder in den Nachbarländern aufgegriffen werden, nach Libyen zurückverbracht werden und ob es eine EU-interne Absprache mit den Nachbarländern gibt, wie mit diesen Flüchtlingen zu verfahren ist. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Es gibt keine konkreten Zahlen dazu, Frau Abgeordnete. Mir liegen keine Erkenntnisse darüber vor, die ich Ihnen jetzt hier vermitteln könnte. Ich sage aber noch einmal, dass der Prozess, der in Libyen stattfindet, auch für die Übergangsregierung sehr wichtig ist und dass die internationale Gemeinschaft, dass die Europäische Union, dass Deutschland und dass wir im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf eine Verbesserung der Lage der Flüchtlinge und der Situation der Inhaftierten in den Gefängnissen drängen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann rufe ich jetzt Frage 25 - diese ist ebenfalls von der Kollegin Vogler - auf: Haben internationale Hilfsorganisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, IKRK, freien und ungehinderten Zugang zu den libyschen Gefangenenlagern, und, falls nein, was unternimmt die Bundesregierung gegenüber den libyschen Behörden, um diesen Zugang durchzusetzen? Frau Staatsministerin. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete! Die Frage wurde mir bereits gestellt, und ich kann sie nur so beantworten, wie ich sie schon beantwortet habe: Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat freien und ungehinderten Zugang zu den libyschen Gefangenenlagern. Ich sagte es aber schon: Nicht alle Gefangenenlager stehen unter staatlicher Kontrolle. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Vogler. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Dann möchte ich noch einmal nachfragen, wie es denn um den Zugang zu nichtstaatlichen Gefangenenlagern bestellt ist und welche Anstrengungen die Bundesregierung gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der EU und den Vereinten Nationen unternimmt, um den Zugang auch zu den nichtstaatlichen Gefangenenlagern durchzusetzen. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Grundsätzlich hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz freien und ungehinderten Zugang zu allen Gefangenenlagern; aber der ist nicht bei allen ausreichend, weil - das sagte ich ja schon, und das ist Ihnen auch bekannt - nicht alle Gefängnisse unter der Kontrolle des Übergangsrats stehen. Die Bundesregierung wird alles daransetzen, dass sich auch die Möglichkeiten der Arbeit des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in der Frage, was den ungehinderten Zugang anbelangt, verbessert. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Vogler, haben Sie noch eine Nachfrage? - Nein. Dann sind wir bei Frage 26 der Kollegin Högl: Welche "verschärften Kontrollmaßnahmen" (vergleiche die Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf meine mündliche Frage 4 in der Fragestunde vom 30. November 2011, Plenarprotokoll 17/145) hat die Bundesregierung mit Wirkung vom 1. Januar 2012 eingeführt, um private Hausangestellte stärker gegen Ausbeutung durch ausländische Diplomateninnen und Diplomaten zu schützen, und welche weiteren konkreten Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung von privaten Hausangestellten hat die Bundesregierung in den letzten Monaten ergriffen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Frau Abgeordnete Högl, die Bundesregierung hat mit Wirkung vom 1. Januar 2012 neue Regeln für die Beschäftigung von privaten Hausangestellten in Kraft gesetzt, die den hiesigen diplomatischen Vertretungen mit Rundnote Nr. 34/2011 vom 1. Dezember 2011 kommuniziert worden sind. Gleichzeitig wurde das Arbeitsentgelt neu festgesetzt. Der von der Bundesregierung vorgegebene Muster-arbeitsvertrag zeigt Arbeitnehmern und Arbeitgebern bereits bei Vertragsabschluss klar ihre Rechte und Pflichten auf und verpflichtet die Arbeitgeber zur Einhaltung der deutschen Normen. Hinweise wie die Bekanntgabe der Arbeitszeiten durch Übergabe der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes an den Arbeitnehmer, die Verpflichtung zu Schutzmaßnahmen gemäß § 618 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die Fortzahlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts im Fall einer unverschuldeten Arbeitsunfähigkeit, infolge Krankheit oder gemäß den Bestimmungen nach dem Mutterschutzgesetz schaffen arbeits- und sozialrechtliche Klarheit. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Högl, eine Nachfrage? - Bitte sehr. Dr. Eva Högl (SPD): Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Herzlichen Dank auch an Frau Staatsministerin Pieper. Ich hatte danach ja schon einmal gefragt und auch eine Antwort des zuständigen Staatsministers bekommen. Ich knüpfe daran jetzt an. Vielen Dank, es handelt sich um eine erfreuliche Nachricht. Ich möchte ganz gern noch einmal auf Verdachtsfälle zu sprechen kommen. Wenn solche Verdachtsfälle auftreten, ist es ja schwierig, zwischen dem Immunitätsschutz der Botschaften und dem Recht der Angestellten, ordnungsgemäß behandelt zu werden, abzuwägen. Welche Möglichkeiten gibt es dann, zu handeln? Welche Möglichkeiten haben Sie, um in solchen Fällen Kontrollen vorzunehmen? Nach welchen Kriterien gehen Sie da vor? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Sie wissen ja, dass sich mit der Rundnote die Situation von privaten Angestellten in diplomatischen Vertretungen wesentlich verbessert hat. Hinzu kommt: Die -diplomatischen Vertretungen sind verpflichtet, der Bundesregierung die Einhaltung der vorgegebenen Regeln per Verbalnote zu garantieren. Die Bundesregierung hat sie darüber informiert, dass sie sich in Zukunft ausdrücklich vorbehält, bei Verstößen gegen ihre Vorgaben die Genehmigung zur Einstellung von privaten Hausangestellten zu verweigern. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine weitere Nachfrage? - Das scheint der Fall zu sein. Dr. Eva Högl (SPD): Ja, habe ich. - Damals hatte Ihr Kollege, Herr Dr. Hoyer, mir geantwortet, dass Sie vorhaben, diese neuen Regelungen, die Sie jetzt erlassen haben, auch mit den anderen EU-Mitgliedstaaten zu besprechen, um so gegebenenfalls zu gemeinsamen Regelungen zu kommen. Können Sie etwas dazu sagen, welche Gesprächskontakte Sie diesbezüglich mit anderen EU-Mitgliedstaaten haben und ob Sie sich weiterhin bemühen, auf europäischer Ebene vielleicht zu einheitlichen Regelungen zu kommen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: In der Tat ist es das Bestreben der Bundesregierung, dass wir auf EU-Ebene darüber sprechen und verhandeln und dass wir versuchen, zu einheitlichen Regelungen zu kommen. Sie müssen allerdings wissen, dass private Hausangestellte in diplomatischen Vertretungen in Deutschland nach hiesigem Tarifrecht bezahlt werden. Diese Tarife stimmen ja mit denen in anderen europäischen Staaten nicht überein. Hier muss es natürlich andere Regelungen geben. Aber das Ziel bleibt bestehen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Damit kommen wir zur Frage 27 der Kollegin Högl: Hat die Bundesregierung Elemente guter Praxis aus der Studie "Domestic Workers in Diplomats' Households" des Deutschen Instituts für Menschenrechte vom Juni 2011 übernommen bzw. eingeführt, und, wenn ja, welche der Elemente wurden neu eingeführt? Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort zur Antwort. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Abgeordnete Högl, eine Anzahl der in der Studie "Domestic Workers in Diplomats' Households" des Deutschen Instituts für Menschenrechte vom Juni 2011 enthaltenen Elemente guter Praxis werden von der Bundesregierung bereits seit Jahren angewendet. Hierzu zählen neben klaren Rahmenbedingungen für die Beschäftigung von privaten Hausangestellten, der Information über Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie der Festsetzung von Mindestarbeitslöhnen unter anderem auch die Vermittlung zwischen den Parteien bei Streitigkeiten, die Einleitung von diplomatischen Sanktionsmaßnahmen, die Dokumentation schwerwiegender Verstöße oder, wie ich schon sagte, der Austausch über gemeinsame Maßnahmen zum Schutz der privaten Hausangestellten auf europäischer Ebene. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Högl, eine Nachfrage, bitte. Dr. Eva Högl (SPD): Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Staats-ministerin, auch für diese Antwort vielen Dank. Ich habe eine Nachfrage. Wie gelangen bei Vorliegen von Verdachtsmomenten - diesen Punkt habe ich vorhin schon erwähnt - die Beschwerden der Hausangestellten zu den zuständigen Stellen? Diese Studie enthält den Vorschlag, einen unabhängigen Beschwerdemechanismus einzurichten. Ich weiß zwar, dass das nicht ganz unkompliziert ist. Ich halte es aber für eine gute Idee, den Hausangestellten eine solche Beschwerdestelle an die Seite zu stellen, damit die Regeln tatsächlich eingehalten werden. Wir alle wissen, dass die Hausangestellten unter erheblichem Druck stehen. Es ist ein großer Fortschritt, dass ihnen die Wahrung ihrer Rechte ermöglicht wird. Die Frage ist aber, wie ihnen dies ermöglicht wird. Was halten Sie von einem solchen unabhängigen Beschwerdemechanismus? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Über die Elemente guter Praxis in dieser Studie, nach der Sie gefragt haben, hinaus haben wir Anfang 2012 die persönliche Abholung von Protokollausweisen in Verdachtsfällen eingeführt, damit wir klärende Gespräche mit den privaten Hausangestellten führen können. Wir planen außerdem, Informationsveranstaltungen in Kooperation mit einer Nichtregierungsorganisation - es handelt sich um Ban Ying e. V.; Sie kennen sie wahrscheinlich - zu führen, die sich dem Schutz der Interessen der privaten Hausangestellten widmet, was ich für außerordentlich wichtig halte, um in Verdachtsfällen die richtigen Hinweise zu bekommen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Haben Sie eine zweite Nachfrage? Dr. Eva Högl (SPD): Ja, sehr gerne. - Frau Staatsministerin, ich möchte gerne noch ein Thema ansprechen, das zwar zu einem anderen Komplex gehört, das ich gleichwohl hier schon einmal einführen möchte. Die Internationale Arbeits-organisation hat im Juni ein wegweisendes Übereinkommen über menschenwürdige Arbeit von Hausangestellten verabschiedet; dies betrifft alle und nicht nur Diplomatenhaushalte. Haben Sie Hinweise darauf, dass auch damit die Rechte von Hausangestellten in dem Sinne, wie Sie es eben beschrieben haben, gestärkt werden? Sehen Sie in diesem Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation auch Anknüpfungspunkte, um das auch global umzusetzen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: In der Tat ist die Bundesregierung sehr aufgeschlossen gegenüber den wertvollen Hinweisen der Internationalen Arbeitsorganisation, die wir natürlich auch in Zukunft mit berücksichtigen werden. Frau Abgeordnete, wenn Sie mögen, kann ich Ihnen gerne die Dokumente zur Verfügung stellen, die wir den privaten Hausangestellten in den diplomatischen Vertretungen gemäß den entsprechenden Vorschriften und der Rundnote gegeben haben. Ich kann Ihnen diese Dokumente gerne aushändigen, damit Sie sehen, dass sie in Einklang mit den internationalen Bestimmungen stehen. (Dr. Eva Högl [SPD]: Herzlichen Dank! Sehr gerne!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Frage 28 der Kollegin Keul, die Frage 29 der Kollegin Cramon-Taubadel, die Frage 30 der Kollegin Zimmermann sowie die Frage 31 des Kollegen Ströbele werden schriftlich beantwortet. Wir kommen jetzt als Letztes noch zur Frage 32 der Kollegin Sevim Dagdelen: Wurde nach Auffassung der Bundesregierung durch die Stellungnahme des Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, wonach "die Verweigerung des Zugangs zu Atominstallationen ein weiterer Verstoß Irans gegenüber der IAEO und der internationalen Staatengemeinschaft" sei, (bewusst) eine auch von den Medien verbreitete Fehleinschätzung verstärkt, wonach es Ziel der jüngsten IAEO-Delegationsreise (IAEO: Internationale Atomenergie-Organisation) in den Iran gewesen sei, tatsächliche oder mutmaßliche -Atominstallationen - insbesondere die Militäranlage Partschin - zu inspizieren, obgleich der Delegationsleiter, Herman -Nackaerts, bereits vor der Abreise klarstellte, dass ihr Ziel nicht Inspektionen, sondern lediglich Gespräche hierüber sind (www.iaeo.org/newscenter/news/2012/visit-iran.html), welche dann auch stattfanden, und wie schätzt die Bundesregierung die Wirkung wiederholter Androhungen eines Krieges bzw. von Luftschlägen durch ihre Verbündeten auf die Bereitschaft der iranischen Führung ein, internationale Beobachter eine besonders auch für die iranische Luftabwehr relevante Militärbasis mit einem der größten Munitionsdepots und wichtigen Rüstungsstandorten inspizieren zu lassen und somit zu einer friedlichen Lösung des Atomstreites beizutragen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Frau Abgeordnete, Iran ist aufgrund einer Reihe von Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen rechtlich verpflichtet, vollständig und umfassend mit der Internationalen Atomenergie-Organisation zusammenzuarbeiten und bei der Aufklärung der offenen Fragen zu seinem Nuklearprogramm zu kooperieren. Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergie-Organisation hat Iran zuletzt am 18. November 2011 mit überwältigender Mehrheit nachdrücklich dazu aufgefordert, die geforderten Kriterien einzuhalten. Das Ziel der letzten Delegationsreise der IAEO nach Teheran war, bei der Klärung der offenen Fragen mit Iran Fortschritte zu erzielen. Hierzu hat die Delegation einen Besuch in der Anlage in Partschin verlangt. Diesen hat Iran verweigert. Damit hat Iran seine internationalen Verpflichtungen erneut verletzt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Dagdelen, eine Nachfrage? - Bitte schön. Sevim Dagdelen (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, das hört sich widersprüchlich an. Der Leiter der IAEO-Delegation, Herman Nackaerts, hat vor der Abreise klargestellt, dass ihr Ziel nicht Inspektionen sind, sondern lediglich Gespräche. Darüber hinaus interessiert mich, warum von Herrn Westerwelle in der Öffentlichkeit gesagt wurde: Es ging um Inspektionen der Militäranlage in Partschin. Das hat nicht stattgefunden. Das geht nicht usw. - Das kommt mir etwas aufgesetzt vor. Meines Wissens wurde 2003 der Verdacht geäußert, dass in Partschin eine Sprengkammer installiert worden sei, in der gegebenenfalls Zünder getestet werden könnten, die auch für Atomwaffen geeignet sein könnten. Darüber gibt es zwei sehr ausführliche Berichte über zwei sehr ausführliche Inspektionen in dieser Anlage, nämlich von 2004 und 2005. Deshalb interessiert mich jetzt: Was ist der Bundesregierung über den Verlauf und die Ergebnisse dieser Inspektionen aus den Jahren 2004 und 2005, über die Bedeutung der Militäranlage Partschin für die Landesverteidigung Irans und insbesondere über die Verteidigung gegen Luftangriffe auf Teheran und mögliche Gegenschläge im Falle eines Angriffs auf den Iran bekannt? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Frau Abgeordnete Dagdelen, Sie wissen wahrscheinlich, dass Iran bereits zweimal einen Besuch der IAEO in Partschin zugelassen hat. Es gibt geregelte Verfahren darüber, wie unter Wahrung der militärischen Vertraulichkeit diese Besuche durchgeführt werden können. Iran wusste bereits seit Januar 2012 von der Bitte der IAEO, Partschin zu besuchen. Damit wäre ausreichend Zeit gewesen, einen solchen Besuch von iranischer Seite vorzubereiten. Die IAEO hatte mit ihrem Besuchswunsch keine Inspektion von Partschin beabsichtigt, sondern wollte diesen Besuch als vertrauensbildende Maßnahme durchführen. Ich meine, damit hätte Iran seine Bereitschaft signalisieren können, substanziell bei der Aufklärung der offenen Fragen zu kooperieren. Eine umfassende technische Inspektion hätte in einem zweiten Schritt folgen können. Das ist nicht passiert. Die jüngsten Entwicklungen im iranischen Nukleardossier sind zutiefst besorgniserregend. Der Bundes-außenminister hat das immer wieder zum Ausdruck -gebracht. Iran baut im Widerspruch zu seinen internationalen Verpflichtungen insbesondere die Anreicherung auf 20 Prozent aus. Iran kooperiert unzureichend mit der IAEO. Trotzdem streben der Bundesaußenminister und die Bundesregierung weiterhin eine diplomatische Lösung der Nuklearfrage an. Das setzt aber voraus, dass der Iran ernsthaft bereit ist, auch mit den E3+3 über sein Nuklearprogramm zu verhandeln. Da ja in den Medien immer wieder ein militärisches Vorgehen zur Sprache kommt, will ich nur daran erinnern, dass ein militärisches Vorgehen unabsehbare Folgen, auch über die Region hinaus, haben würde. Deswegen lehnen wir es ab, uns an solchen Diskussionen zu beteiligen, und wollen Iran dazu zwingen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Deswegen haben wir uns auch seitens der EU für weitere Sanktionen gegen Iran starkgemacht. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie haben noch eine Nachfrage? - Bitte schön. Sevim Dagdelen (DIE LINKE): Es freut mich zu hören, dass die Bundesregierung an einer diplomatischen Lösung interessiert ist. Weniger besorgniserregend dürften die neuesten Informationen des US-Geheimdienstes sein. So etwas ist ja schon 2007 geschehen, als man erklärte, dass bis 2003 in Teheran womöglich an einem Atomwaffenprogramm gearbeitet worden sei, das aber, wie gesagt, 2003 schon eingestellt wurde. Jetzt ist die CIA wieder zu dem Schluss gekommen, dass es überhaupt keine ernstzunehmenden Belege und Hinweise auf ein Atomwaffenprogramm gibt. Ich fände es gut, wenn man das einmal zur Kenntnis nehmen würde. Wir sind völlig d'accord, dass die Kooperationsfähigkeit Teherans stärker ausgeprägt sein könnte. Eine Frage haben Sie mir aber nicht beantwortet. Ich habe danach gefragt, welche Kenntnisse die Bundesregierung über den Verlauf und die Ergebnisse der beiden ausführlichen Inspektionen in der Militäranlage Partschin 2004 und 2005 hat. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Frau Abgeordnete, wie ich schon sagte, hat es uns verwundert, dass der Iran keinen weiteren Besuch der Anlage in Partschin zugelassen hat. Sie wissen, dass IAEO-Besuche unter Wahrung der militärischen Vertraulichkeit durchgeführt werden. Aber ich will noch einmal betonen - weil Sie das unterstellten -, dass die Bundesregierung nachdrücklich an einer diplomatischen Lösung der Nuklearfrage interessiert ist. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Damit sind wir am Ende der Fragestunde. Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Auswirkungen der geplanten Kürzung der Solarvergütung von bis zu 32 Prozent auf die Energiewende und den Arbeitsmarkt insbesondere in Ostdeutschland sowie drohender Stillstand bei der EU-Energieeffizienzrichtlinie Als Erstem gebe ich das Wort dem Kollegen Rolf Hempelmann für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Rolf Hempelmann (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In der letzten Sitzungswoche haben wir uns hier zu einer Aktuellen Stunde getroffen. Das Thema war der monatelange Streit zwischen den beiden Ministern Herrn Rösler und Herrn Röttgen um die Themen Energieeffi-zienz und Photovoltaik. Die Medien hatten damals scharfe Kritik an der Bundesregierung geübt. Die erste Reaktion darauf war, dass sich Herr Röttgen, sozusagen demonstrativ, in die erste Reihe neben Herrn Rösler setzte, um deutlich zu machen: Ist doch alles gar nicht so schlimm, wir sind uns doch im Grunde einig. (Cajus Caesar [CDU/CSU]: Sind sie auch!) Es ist keine Überraschung, dass wir heute, eine Sitzungswoche später, wieder in einer Aktuellen Stunde zusammensitzen, um über das zu diskutieren, was man uns als "Einigung" vorgesetzt hat. In den Medien hat man erkannt, dass es - ähnlich wie damals die Show in der ersten Reihe - den Versuch gab, sozusagen federnden Schrittes, mit Showeffekten und Erfolgsrhetorik, diese Einigung als den ganz großen Wurf zu verkaufen. Aber diejenigen, die das ganz nüchtern als das beschrieben haben, was es ist, nämlich als einen Kuhhandel, haben es wohl eher getroffen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Kuhhandel besteht doch aus Geben und Nehmen!) Meine Damen und Herren, schauen wir uns doch genau an, was der Kern der Einigung ist. Bei der Photovoltaik, mit der ich mich im Moment nur kurz befassen will, weil das andere noch intensiver tun werden, geht es vor allen Dingen um einen radikalen Einmalschritt, um eine Absenkung der Vergütung um bis zu 32 Prozent. Die Opposition ist nicht grundsätzlich gegen Absenkungen bei der Photovoltaikförderung; das haben wir in der Vergangenheit mehrfach deutlich gemacht. Wir haben Konzepte vorgelegt, wie man das sukzessive, in vernünftigen Schritten, organisieren kann. Aber das, was hier passiert und auch schon vorher passiert ist, dass nämlich ständig radikale Absenkungen oder sogar der Ausstieg aus der Förderung nach dem EEG angekündigt werden, hat genau zu dem geführt, was wir vermeiden wollten: Es gab ein Dezemberfieber und damit Aufwüchse bei der Photovoltaik, die jedenfalls in dieser Form niemand wollte. Dann wird uns da noch etwas mit der Vokabel "Marktintegrationsmodell" verkauft: Der Eigenverbrauch soll auf 15 Prozent gesteigert werden. Das bedeutet im Klartext: Begrenzung der EEG-Vergütung auf 85 Prozent. Ich will gar nicht sagen, dass man darüber nicht reden kann. Aber es zeugt schon von Chuzpe, das als Marktintegrationsmodell zu verkaufen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Es ist also völlig klar, dass Sie auf genau diesem Feld, nämlich bei der Markt- und Systemintegration - da liegt die eigentliche Herausforderung bei den erneuerbaren Energien -, bisher völlig versagt haben. Das Einzige, was Sie getan haben, war die Einführung der optionalen Marktprämie. Sie läuft nach Auskunft aller Fachleute ins Leere. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Gut, dass Sie das nach zwei Monaten so umfassend beurteilen können, Herr Kollege!) Sie hat keine Wirkung, kostet aber viel Geld: eine halbe Milliarde Euro in einem Jahr. Insofern: Ja, die Vokabel "Marktintegrationsmodell" ist gut; aber sie trifft auf den von Ihnen vorgeschlagenen Sachverhalt nicht zu. Vielmehr trifft sie genau auf die Dinge zu, die Sie bisher nicht angegangen sind: nichts zum Thema Speicher, Wärmespeicher, nichts zum Thema Kombikraftwerke, virtuelle Kraftwerke, nichts zum Thema Solarthermie - auch sie kann eine Speicherfunktion übernehmen - und zu vielen anderen Fragen. Der zweite Komplex: Energieeffizienz. Ihre Überschriften klingen hervorragend. Sie sagen immer, wie wichtig Ihnen die Energieeffizienz ist, dass sie die tragende Säule bei der Energiewende sein soll. Nur, wenn man genau hinschaut, dann erkennt man: Das Einzige, was Sie zu der entsprechenden europäischen Richtlinie beizutragen haben, ist, dass Sie sie ablehnen und versuchen, sie zu verwässern, (Jens Koeppen [CDU/CSU]: Nein, nein, das stimmt nicht!) anstatt sich an die Spitze der Bewegung zu stellen - in einem Land, das eine Energiewende organisieren will, bei der es in besonderem Maße darauf ankommt, das System im Sinne von mehr Energieeffizienz umzugestalten. Genau an dieser Stelle versagen Sie. Bei dem, was Sie wollen, bleiben Sie nebulös und unklar. Nur bei dem, was Sie nicht wollen, bleiben Sie klar. Sie sagen nicht, welche Maßnahmen Sie ergreifen wollen. Sie verweisen nur sehr unkonkret auf einen noch zu erstellenden Ak-tionsplan zur Energieeffizienz. Sie verschieben also wieder einmal alles in die Zukunft. Sie nennen auch nicht die Marktakteure, die die Maßnahmen umsetzen sollen. Wie sollten Sie auch! Sie haben ja noch gar nicht die Maßnahmen genannt. Wir wissen also nicht, was Sie von den Netzbetreibern, den Energieanbietern und den Verbrauchern im Privatsektor wie in der Industrie künftig erwarten. Wie soll es in Deutschland eigentlich beim Thema Energieeffizienz weitergehen, aber auch beim Thema Energiewende, wenn Sie es immer nur bei Überschriften belassen? Sie wollen den Energiedienstleistungsmarkt entwickeln, aber Sie tun nichts dafür. Wir sehen nicht, wie es etwa bei intelligenten Stromzählern zum Rollout kommen soll, wie Sie bei intelligenten Netzen oder bei variablen Tarifen vorankommen wollen - alles Grundlagen eines solchen Energiedienstleistungssystems. Abschließend sage ich Ihnen, meine Herren: Ihre Einigung kommt spät, für Brüssel wahrscheinlich zu spät. Die Signale, die wir dort hören, deuten darauf hin: Man hat keine Lust mehr gehabt, auf diese Bundesregierung zu warten. (Frank Schwabe [SPD]: Ein Glück!) Deswegen wird es wohl so sein, dass die größte europäische Volkswirtschaft bei dieser zentralen Richtlinie ungehört bleiben wird - kein Kompliment für diese Bundesregierung. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Das Wort hat der Bundesminister Dr. Norbert Röttgen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich erneut für die Beantragung einer Aktuellen Stunde bedanken, (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Ach ja?) weil sie Gelegenheit zur Diskussion bietet - das schätze ich - und die Gelegenheit gibt, auf Argumente einzugehen. Herr Kollege Fell, ich habe damit gerechnet, dass Sie in der heutigen Debatte sprechen. (Zuruf des Abg. Hans-Josef Fell [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN]) - Ich wollte eher mein Bedauern ausdrücken. Aber wenn Sie schon nicht reden, dann möchte ich Sie als Ausdruck meiner Wertschätzung wenigstens zitieren, und zwar aus einer Rede, die Sie ziemlich genau vor zwei Jahren, am 25. März 2010, hier im Bundestag gehalten haben. Sie ist stellvertretend für die Beiträge der Opposition. Damals ging es um den ersten Vorschlag von mir, die Vergütung im EEG zu senken. Sie wissen, dass dem weitere Senkungen folgten. Nun möchte ich aus Ihrem Beitrag zu dieser Debatte zitieren, der damals - wie bereits erwähnt - ein repräsentativer Beitrag sowohl für die Meinung der Opposition als auch für die der Branche war. (Rolf Hempelmann [SPD]: Der ist aber wenig repräsentativ!) Gleichzeitig greifen Sie - "Sie" bin ich - heute mit der Vorlage der Novelle zum Erneuerbare-Energien-Gesetz massiv in die Erfolgsgeschichte der Solarwirtschaft ein. Sie wollen nach der zum Jahreswechsel erfolgten Senkung der Solarvergütung um etwa 10 Prozent nun zum Juli erneut um bis zu 16 Prozent senken und zu Beginn des nächsten Jahres noch einmal um circa 10 Prozent zulangen. Einnahmeverluste von mehr als 30 Prozent innerhalb eines Jahres kann keine Branche schadlos überstehen. Zusätzlich wollen Sie mit den besonders kostengünstigen Freiflächen auf den Äckern sogar ein ganzes Marktsegment völlig zum Erliegen bringen. Ich zitiere immer noch: (Frank Schwabe [SPD]: Kein eigener Gedanke! Wie wäre es mit eigenen Gedanken?) Alle diese Vorschläge sind hochgefährlich für die deutsche Solarwirtschaft. Ich zitiere weiter: Viele der jungen deutschen Solarfabriken haben bereits 2009 rote Zahlen geschrieben. ... Viele Experten befürchten, - das ist der letzte Satz, den ich zitiere - dass mit Ihren Vorschlägen zur Solarvergütung und zur Kürzung der Fotovoltaikforschungsmittel Zehntausende Jobs in den deutschen Solarfabriken gefährdet sind. Symbolische Werksschließungen und Protestkundgebungen der Belegschaft lassen Sie einfach kalt. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD) Das ist Ihr Beitrag von damals. Kollege Fell klatscht jedenfalls nicht. Das rechne ich ihm hoch an. (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Das war die Meinung der Grünen-Fraktion und der SPD-Fraktion; es war die Meinung der Branche, es war die Meinung der Mehrheit der Bundesländer. Was war die Realität? Tatsache ist: Zu Beginn des Jahres, für das Sie den Tod der Branche vorausgesagt haben - Sie alle, ich möchte mich nicht nur auf Herrn Fell beziehen -, (Rolf Hempelmann [SPD]: Tun Sie aber!) fing die Erfolgsgeschichte der Photovoltaik in Deutschland erst richtig an, und ich freue mich darüber, dass sie angefangen hat. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Sie fing erst an, der Tod war nicht eingetreten. Sie haben vorausgesagt, dass wir Jobverluste erleiden werden, aber das Gegenteil ist eingetreten. Wir konnten in den darauffolgenden Jahren 2010 und 2011 insgesamt 15 000 Megawatt Zubau von Photovoltaikanlagen verzeichnen. Das entspricht der Kapazität der 15 Großkraftwerke, die nach der Todesankündigung von SPD und Grünen in Deutschland gebaut worden sind. Das ist die Erfolgsgeschichte, die wir ermöglicht haben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Die Erfolgsgeschichte besteht darin, dass wir diese Technologie und die Wertschöpfung im Land halten, dass wir die Technologieführerschaft in der globalen Konkurrenz behaupten und gleichzeitig die Vergütungen senken, weil Kostensenkungen durch den Markt möglich sind. Die Bürgerinnen und Bürger, die Stromverbraucher, haben einen Anspruch darauf, dass sie das Geld bekommen; denn sie finanzieren die Renditen der anderen. Alles das, was der Markt hergibt, gehört den Verbrauchern und nicht einzelnen Investoren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es ist den Verbraucherinnen und Verbrauchern zurückzugeben und nicht wegzunehmen. Das ist der Erfolg. Es ist immer ein Unterschied, ob man die Energie-politik als ideologisches Projekt betrachtet oder ob es um die wirtschaftliche Kompetenz geht, die Energiewende zu vollziehen. Die liegt bei uns. (Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Das haben Sie bis auf den heutigen Tag noch nicht gelernt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Rolf Hempelmann [SPD]: Des-wegen haben Sie sich auch nur gezofft untereinander!) Das ist die politische Wahrheit in Deutschland. Die Erfolgsgeschichte geht weiter. In diesem Jahr ist der selbst produzierte Solarstrom preiswerter als der Strom aus dem Netz; es ist heute schon wirtschaftlich attraktiv, Solarstrom selbst zu produzieren; denn das ist preiswerter, als ihn zu beziehen. Das ist ein Erfolg. Herr Kollege Hempelmann, Marktintegration bedeutet übrigens, dass wir die Technologie so wettbewerbsfähig machen, dass die Vergütung immer weiter zurückgeht. Ich sage das hier sicher schon zum zehnten Mal, ich wiederhole es trotzdem: Als wir 5 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien hatten, konnte man die Branche auf Basis eines Subventionsgesetzes fördern. Jetzt haben wir aber 20 Prozent, und wir wollen 80 Prozent haben. Dieses Ziel können wir nicht auf Basis eines Subven-tionsgesetzes erreichen. Dafür braucht man Markt, Marktordnung und wettbewerbsfähige Technologien. Das ist der Ansatz, den wir verfolgen. Es geht um die Marktintegration. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wer für eine stärkere Nutzung der Photovoltaik ist, der muss das Vergütungssystem anpassen. Die Freunde von Subventionen im Bereich Photovoltaik, die den Markt ignorieren, sind die schlechtesten Freunde der Solarbranche in Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Sie helfen der Solarbranche nicht, weil sie an Einzelinteressen denken. Weil ich für die Nutzung erneuerbarer Energien bin und die Solartechnologie für eine Gegenwartstechnologie mit hohem Zukunftspotenzial, mit guten Exportchancen und einer großen technologischen Innovationsfähigkeit halte - sie hat alles Notwendige: hohe Investitionen und hohes Innovationspotenzial -, muss ich ganz nüchtern konstatieren - hoffentlich können wir diesbezüglich einen fachlichen Konsens erreichen -, dass wir uns ein drittes Jahr mit einem Zubau von sieben oder acht konventionellen Großkraftwerken im Bereich Photovoltaik nicht leisten können. Das Stromversorgungssystem in Deutschland hält das nicht aus. Darum müssen wir hier wirksam eingreifen. Die Maßnahmen, die wir vorschlagen, dienen dazu, dass die Photovoltaik dauerhaft ein integraler Bestandteil der Stromversorgung wird. Wer diese Branche wuchern lässt und nicht dafür sorgt, dass sie systemverträglich ist - angesichts der gegenwärtigen Zubauraten müssen wir sagen, dass das systemunverträglich ist -, der gefährdet die Stromversorgung und die Photovoltaikbranche gleich mit. Das muss verhindert werden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Darum unterbreiten wir diese Vorschläge: aus wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die das über ihre Stromrechnung finanzieren. Die normalen Einkommensbezieher, die Arbeitnehmer bezahlen das über ihre Stromrechnung. Deshalb ist es ökonomisch und sozial geboten, die Kostensenkungspotenziale zu nutzen. Wir tun das, weil im letzten Jahr die Stromgestehungskosten für Solarstrom um 30 Prozent gefallen sind. Das markiert - das ist fachlich ziemlich unbestritten - das vorhandene Kostensenkungspotenzial. Das realisieren wir, nicht durch einen generellen 30-Prozent-Schnitt, sondern wir fangen mit einer einmaligen Absenkung an. Darüber hinaus schlagen wir in der Tat ein neues Instrument vor, mit dessen Hilfe die gesunkenen Solarstromgestehungskosten stärker in den Markt eingebracht werden. Wenn wir das Nischenprodukt Solarstrom - das gilt generell für Strom aus erneuerbaren Energien - zu einem Massenprodukt, das der Grundversorgung dient, entwickeln wollen - das wollen wir, ich will es -, dann können wir den Strom nicht völlig unabhängig davon bezahlen, ob ihn irgendjemand braucht, ob er also am Markt nachgefragt wird. Nach dem jetzigen System wird jede Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Energien unabhängig von der Frage, ob diesen Strom irgendjemand braucht, bezahlt. Das geht auf Dauer nicht. Auf Dauer können wir nur Produkte bezahlen, die gebraucht werden. Da muss man einsteigen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Rolf Hempelmann [SPD]: Dafür tut ihr nichts!) Das ist das Marktintegrationsmodell. (Lachen des Abg. Rolf Hempelmann [SPD]) Wir sagen: 85 Prozent garantierte Vergütung bei den Dachanlagen. Es werden nicht mehr 100 Prozent garantiert vergütet, sondern nur noch 85 Prozent, weil es möglich ist, 15 Prozent entweder selbst zu verbrauchen - das ist nämlich preiswerter - oder direkt zu vermarkten. Das ist der Einstieg in eine wirksame Marktintegration. Diesen Ansatz werden wir weiterverfolgen. Die Photovoltaikbranche wird in Deutschland bleiben. Wir werden Technologieführer bleiben; wir wollen das. Wir werden Wertschöpfung im Land haben, aber wir werden die Branche nach und nach ins System inte-grieren. Noch eine Bemerkung zur Energieeffizienz. Ich will hier darstellen, was wir erreicht haben (Lachen des Abg. Rolf Hempelmann [SPD]) und wie wir jetzt in Europa verhandeln. Unser Konzept steht nämlich auf zwei Beinen. Erstens wollen wir den Bereich der erneuerbaren Energien entwickeln, und zwar in Richtung Marktintegration. Zweitens wollen wir mehr Energieeffizienz und mehr Energieeinsparung. Das ist das zweite Bein, das dazugehört. Darum ist es wichtig, dass wir die europäischen Potenziale nutzen. Wir setzen uns nun gemeinsam dafür ein, dass wir in Europa anspruchsvolle Effizienz- oder Einsparziele verfolgen: entweder 6,3 Prozent Effizienzsteigerung oder 4,5 Prozent Energieverbrauchsabsenkung jeweils in einem Dreijahreszeitraum. Das sind verbindliche, ehrgeizige konkrete Ziele. (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Die lachen sich doch alle schlapp in Europa! Sie blamieren sich doch!) Um diese Ziele zu erreichen, verpflichten wir die Mitgliedstaaten dazu, konkrete Maßnahmen und Aktionspläne vorzulegen, wobei diese unterschiedlich sind. Es macht nämlich einen Unterschied, ob die Maßnahmen in Rumänien oder in Deutschland angewendet werden. Wir wollen die nationalen Besonderheiten und den erreichten Stand an Effizienz berücksichtigen. Das ist ein zweiter Beitrag dazu, dass die Energiewende vorankommt. Die Energiewende ist ein ökonomisches und ökologisches Erfolgsmodell. Sie ist kein Selbstläufer, wie es Ihre Kritik vermuten lässt. Darum ist es gut, dass CDU/CSU und FDP diese Energiewende wirtschaftlich vernünftig gestalten. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Na herzlichen Glückwunsch!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt hat Oliver Krischer für Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Röttgen, dass Sie den Kollegen Fell hier minutenlang zitieren, adelt den Kollegen. Das ist in Ordnung, das ist gut. Was ich hier tun könnte, wäre, Sie zu zitieren, wie Sie die Atomkraft hochgejubelt haben, wie Sie jede EEG-Novelle abgelehnt haben, wie Sie die Erneuerbaren in Grund und Boden geredet haben. Sie haben diese Energiewende nicht verstanden. Was ist denn in den letzten Monaten passiert? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Wir haben einen Streit erlebt, bei dem man sich jetzt fragt, worum es eigentlich ging; (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das frage ich mich auch immer!) denn Herr Röttgen, der Umweltminister, ist zu 100 Prozent eingeknickt. Herr Rösler hat sich durchgesetzt. Es geht gegen Erneuerbare, es geht gegen Energieeffizienz. Das ist das Ergebnis dieses Streits. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht!) Es gehört schon Chuzpe dazu, sich hier hinzustellen und kampfgrün für die Energiewende zu reden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Meine Damen und Herren, bis vor kurzem habe ich ja geglaubt, Sie können es nicht. Wenn man aber den Streit erlebt hat und sich anguckt, was es in den letzten Monaten gegeben hat, dann kommt man zu dem Ergebnis: Sie wollen die Energiewende nicht. Sie wollen keine erneuerbaren Energien und keine Energieeffizienz. Sie wollen zurück zu Kohle und Atom. Das ist das Ergebnis. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Richtig ist, dass man die Vergütungen im Bereich Photovoltaik reduzieren muss, angepasst an die Entwicklung der Kosten. Aber was nicht geht, ist das, was Sie machen: Sie greifen in bestehende Verträge ein. Sie machen das Ganze rückwirkend. Sie sehen eine Verordnungsermächtigung vor, die das Parlament entmachtet. Das alles geht nicht. Ich habe immer gedacht, Schwarz-Gelb, die bürgerliche Koalition, sei wenigstens ein anständiger Kaufmann und greife nicht in die Verträge der Handwerker ein. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Anstand?) Aber ich erlebe das Gegenteil. Sie treiben Tausende von Handwerksbetrieben, die sich auf das verlassen haben, was hier beschlossen worden ist, in die Insolvenz. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Das müssen Sie den Leuten erklären. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist doch billiger Lobbyismus, den Sie hier betreiben! Sie vertreten hier Ihre Spender! Ihr seid billige Lobbyisten und sonst gar nichts!) - Nein, wir reden hier über den kleinen Handwerker, der überall im Lande diese Anlagen baut. Der hat investiert und sich darauf verlassen, dass es einen verlässlichen Weg gibt. Den machen Sie kaputt. Gerade Sie, Herr Lindner, müssen das Ihrer Klientel einmal erklären, da Sie immer davon sprechen, Sie seien für den Mittelstand. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Es geht um eure Klientel! Um eure Spender geht es! - Gegenruf des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das versteht Butter Lindner nicht!) Interessant ist, dass genau diese Kritik inzwischen auch aus Ihren Reihen kommt. Da laufen die Ticker ja schon über. Frau Hasselfeldt - ich sehe sie hier leider nicht -, die noch vor ein paar Wochen in einem Brief gefordert hat, man möge die Vergütungen kürzen, läuft jetzt durch Bayern und sagt: Verhindert diese Kürzungen! - Das ist doch die Irre Ihrer Politik: Vor Ort, da, wo es konkret wird, sind Sie dagegen, aber hier betreiben Sie das Gegenteil. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Sie sind ja ein Spezialist für die CSU, muss ich feststellen!) Beim Thema Energieeffizienz - das muss man leider sagen - ist es noch viel schlimmer; denn dieses Thema reduzieren Sie - das haben wir gerade bei Herrn Röttgen erlebt - nicht auf konkrete Maßnahmen, sondern auf -Lyrik und Sonntagsreden. Man muss sich vor Augen führen: Es war die Bundeskanzlerin, die 2007 Deutschland zum Energieeffizienzweltmeister machen wollte und mehr Energieeffizienz in der EU - minus 20 Prozent Energieverbrauch - durchsetzen wollte. Was war das Ergebnis? Deutschland steht beim Thema Energieeffizienz in Europa nur auf der Bremse. Herr Oettinger - er ist wahrlich kein Grüner - hat recht, wenn er an die Adresse der Bundesregierung sagt: Nur Eisbären zu knutschen, nützt nichts; man muss auch konkrete Maßnahmen ergreifen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hauptsache, er hat es nicht auf Englisch gesagt!) Wir erleben einen Wirtschaftsminister, der bei diesem Thema von Planwirtschaft und Sozialismus spricht. Das ist völlig absurd. Großbritannien, Frankreich, Italien, etliche Staaten der USA, zum Beispiel Kalifornien, New York und Texas, praktizieren solche Maßnahmen, wie sie in Art. 6 der EU-Richtlinie verankert sind. Texas als Hort des Sozialismus und der Planwirtschaft - das ist doch lächerlich, Herr Rösler. (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Froschperspektive!) Das Schlimme daran ist: Sie zerstören damit die Chancen deutscher Unternehmen. Unternehmen wie Bosch und Siemens würden davon profitieren, wenn wir uns mit konkreten Maßnahmen und ambitionierten Zielen in Europa durchsetzen würden. Aber Sie zerstören ihre Chancen. Das ist unverantwortlich mit Blick auf den Wirtschaftsstandort Deutschland und das Klima. Es führt auch zum Scheitern der Energiewende. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Ich glaube, dass Sie eines nicht verstanden haben. Sie haben gedacht: Es reicht, einmal Atomkraftwerke abzuschalten, dann kann man zur alten Welt zurückkehren. - So wird es aber nicht sein. Sie bewegen sich zurück zu Kohle und Atom und versuchen, den Ausbau von erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz zu verhindern. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist der falsche Weg. Dagegen werden wir uns wehren. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Cajus Caesar [CDU/CSU]: Bleiben Sie bei der Wahrheit!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Das Wort hat der Kollege Michael Kauch für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Michael Kauch (FDP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben das alles schon erlebt - der Umweltminister hat es deutlich gemacht -: Vor jeder Kürzungsrunde bei der Photovoltaik wurde der Tod der Branche ausgerufen, und das Gegenteil ist passiert. Es ist der Erfolg dieser Bundesregierung und dieser Koalition, dass die Solarvergütung seit unserem Regierungsantritt in etwa halbiert wurde und sich der Ausbau der Solarenergie trotzdem auf einem nie zuvor erreichten Niveau befindet. Das zeigt: Man kann auch mit weniger Geld viel erreichen. Man muss Branchen nicht möglichst viel Geld vor die Tür schütten, wie es die Grünen immer machen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Den Hoteliers zum Beispiel!) Die Anlagenpreise sind drastisch gesunken, und zwar schneller als die Vergütungen. Das Ergebnis davon ist: Da machen sich Leute die Tasche voll, (Beifall bei Abgeordneten der FDP) und zwar mit dem Geld aller Bürger in Deutschland; denn es ist Teil ihrer Stromrechnung. Es findet also eine Umverteilung von den Stromkunden zu den Investoren statt. Das kann man akzeptieren, solange sich die Renditen in einer vernünftigen Größenordnung bewegen. Aber die Renditen in den letzten Jahren waren sehr hoch. Dies führt dann zu einer sozialen Schieflage. Da machen sich genau die Leute die Tasche voll, die genügend Kapital haben, das sie investieren können. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Es ist spannend, wenn die SPD-Fraktion hier sagt: So kann man es nicht machen. Sie sagt aber nicht, wie man es machen soll. Das ist auch nicht verwunderlich. Die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Frau Kraft, sagt zum einen: Wir müssen aufpassen, dass die Kosten aus der EEG-Umlage unsere Industrie nicht gefährden. Man müsse sie davon befreien. Das kritisiert die SPD hier im Bundestag. Auf der anderen Seite sagt Frau Kraft, man müsse die Photovoltaik in einem vernünftigen Rahmen fördern. Das machen wir. Sie sollten vielleicht einmal mit Ihrer Ministerpräsidentin reden, Herr Hempelmann, dann könnten Sie etwas lernen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Rolf Hempelmann [SPD]: Ist das so?) Meine Damen und Herren, wir finden es gut, dass die Solaranlagen immer billiger werden. Das ist genau das, was man angesichts des technischen Fortschritts erwarten kann. Wir erwarten aber auch, dass diese Preisreduktion an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wird. Sie darf nicht bei bestimmten Gruppen in der Wirtschaft hängenbleiben. Sie muss bei den Verbrauchern ankommen. Deswegen machen wir diese Reform. Nun zu der Menge an Solaranlagen, in die wir investieren. Ich denke, dass die Grünen immer noch glauben: Immer mehr ist immer besser. Wir sind inzwischen aber in einer Situation, die erfordert, dass wir systemisch -denken. (Lachen des Abg. Rolf Hempelmann [SPD] - Rolf Hempelmann [SPD]: Fangt damit mal an!) Wir müssen uns fragen: Welcher vernünftige Mix an erneuerbaren Energien bringt Stabilität in unser Netz? Es braucht einen vernünftigen Mix aus Wind, Biogas und Solarenergie. Aber wir können nicht die Hälfte der Subventionen, die gezahlt werden, auf eine einzige Technologie konzentrieren, egal was dies im Hinblick auf die Netzstabilität bedeutet. Wir haben, weil es bei der Solartechnik zu Schwankungen kommt, Probleme mit dem Netz. Deswegen kann die Menge nicht in den Himmel wachsen. Die Solarbranche hat den Zielkorridor, der im Gesetz steht und den jeder in der Solarbranche kennen müsste, zwei Jahre hintereinander gebrochen, und zwar nicht um 10 oder 20 Prozent, sondern um das Doppelte. Dabei hat die schwarz-gelbe Koalition diesen Korridor im Vergleich zu der Zeit, in der SPD-Umweltminister Gabriel die Verantwortung trug, schon verdoppelt. Das heißt, der Ausbau, den wir im letzten Jahr zu verzeichnen hatten, war viermal so hoch wie der, den Herr Gabriel angestrebt hat. Die SPD braucht uns also nicht zu belehren, wie man erneuerbare Energien ausbaut. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Rolf Hempelmann [SPD]: Wieso? Ihr habt euer Ziel doch um das Vierfache verfehlt! Das war doch genau das, was ihr wolltet!) Die SPD sollte sich nicht in einen Wettbewerb mit den Subventionshubern von den Grünen begeben, sondern vielleicht einmal vernünftige Politik für die Verbraucherinnen und Verbraucher machen. Was den kritisierten Punkt im Hinblick auf den Eigenverbrauch betrifft, sage ich ganz deutlich: Wir fordern, dass 15 Prozent des Stroms, den die Anlage produziert, selbst verbraucht werden. Wer von Solarenergie als -dezentraler Energie redet, der kann doch nicht ernsthaft wollen, dass eine Anlage für teuer Geld den Strom ins Netz einspeist und der Produzent dann für billigeres Geld den Strom aus dem Netz bezieht. Das ist nicht das, was ich mir unter dezentraler Energieversorgung vorstelle. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ein solches Vorgehen ist im Übrigen erst recht nicht sinnvoll, wenn die Stromproduktion über eine Solar--anlage demnächst billiger ist als der Bezug von Haushaltsstrom. Wir können von den Anlagenbetreibern fordern, dass sie sich darüber Gedanken machen. Das ist möglich. Der Kollege Göppel, der nicht im Verdacht steht, ein großer Anhänger der Atomlobby zu sein - das unterstellen Sie ja immer gleich jedem -, hat eine Anlage, die ohne Speicher 30 Prozent schafft. Ich glaube, das, was der Kollege Göppel schafft, - Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege! Michael Kauch (FDP): - können viele Menschen in diesem Land schaffen. Insofern ist es gut, dass wir an dieser Stelle nicht nur fördern, sondern auch fordern. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Redezeit ist jetzt auch geschafft! - Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie schaffen aber keine 3 Prozent!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Kollege Ralph Lenkert hat jetzt das Wort für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Ralph Lenkert (DIE LINKE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Will diese Regierung die Energiewende? Wollen die Herren Rösler und Röttgen mit der erneuten Novelle zum Erneuerbare-Energien-Gesetz wirklich die Verbraucher schützen? (Zuruf von der LINKEN: Nein!) Die Einspeisevergütung sinkt zum 9. März dieses Jahres um über 20 Prozent. Ab Mai dieses Jahres wird sie dann monatlich um 15 Cent je Kilowattstunde verringert. -Damit fällt die Vergütung von Solarstrom aus neuen -Anlagen von etwa 21 Cent auf 17 Cent je Kilowattstunde. Laut Bundesregierung soll durch diese Kürzung der Zubau von Photovoltaikanlagen auf 3 Gigawatt -reduziert werden. Dann betrüge die Gesamtentlastung für die Stromkunden 660 Millionen Euro. Fast könnte man eine soziale Ader der Koalition vermuten - (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Nee, nee!) wenn da nicht die umgewälzten Strompreisrabatte für die Industrie wären. Nach einer Studie von arepo consult im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh! Oh! - Beifall bei der LINKEN - Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Sollten Sie mal lesen! Gute Studie!) müssen Bürgerinnen und Bürger, Handwerker und Unternehmen jährlich 3,25 Milliarden Euro für die Befreiung der Industrie von Netzentgelten und EEG-Umlage bezahlen. Der Staat verzichtet zum Wohle der Großunternehmen jährlich auf über 6,5 Milliarden Euro an Einnahmen aus der Ökosteuer und dem Handel mit CO2-Zertifikaten. Wir alle zahlen Monat für Monat 100 Euro mehr zugunsten der Industrie. Das belegt: Wenn Rösler und Röttgen die Verbraucher schützen wollten, dann müssten sie die Ausnahmen für die Industrie begrenzen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Bei Photovoltaikmodulen kommt es zu Preissenkungen. Die Preise für die Installation auf Dächern und Freiflächen sinken im Laufe der Jahre kaum, doch bei größeren Anlagen werden sie anteilig kleiner. (Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Genau!) Mit der Novelle wird deshalb gerade die Installation kleiner, dezentraler Photovoltaikanlagen unrentabel. (Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Skandal!) Nach der erneuten, plötzlichen und überzogenen Kürzung bei der Solarstromförderung kann niemand weitere Rösler-/Röttgen-EEG-Kapriolen ausschließen. Weder Herstellerunternehmen noch Investoren können so für die Zukunft planen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dirk Becker [SPD]) Den Solarfirmen brechen seit letztem Donnerstag Kunden, Finanzbeteiligungen und Kreditlinien bei den Banken weg. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Sie gehören offensichtlich nicht zur Industrie!) Wer neue Solaranlagen plante, weiß nicht mehr, wie es weitergeht. Wer profitiert davon? Es sind die großen Stromkonzerne, (Iris Gleicke [SPD]: Leider wahr!) weil der Ausbau der Solarstromerzeugung ausgebremst wird und so mehr Platz für konventionellen Strom im Netz bleibt. Dass dabei die einheimische Solarindustrie stirbt, wie die Solon AG, ist gewollt; denn diese liefert eben auch an Häuslebauer und Landwirte. Die asia--tischen Großhersteller bevorzugen dagegen auch große Kunden. Somit können RWE, Eon, EnBW und Vattenfall ihr Monopol auch in diesem Bereich sichern. Diese Regierung verdirbt die Energiewende. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) 120 000 Menschen arbeiteten 2011 in der Solarindustrie. In Thüringen wurden für neue Arbeitsplätze durchschnittlich 40 000 Euro an Fördermitteln gezahlt. (Iris Gleicke [SPD]: So ist das, ja!) Will man mit diesem Fördersatz 120 000 neue Ersatz--arbeitsplätze schaffen, so kostet dies 4,8 Milliarden Euro. Die Kosten für einen Arbeitslosen liegen bei 20 000 Euro je Jahr. Teile ich die 660 Millionen Euro an gestrichener Solarförderung durch die gefährdeten 120 000 Jobs, dann stelle ich fest: Diese Regierung -riskiert jeden dieser Arbeitsplätze für 5 500 Euro. Das ist volkswirtschaftliches russisches Roulette. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Die Solarbranche hat ihre Kosten in den letzten Jahren massiv gesenkt. Schon heute kostet Solarstrom weniger, als Sie und ich je Kilowattstunde bezahlen. (Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Dann braucht sie ja keine Subventionen mehr!) In fünf bis sieben Jahren wird Solarstrom billiger als Strom aus Windkraft sein. Spätestens in zehn Jahren wird Solarstrom preiswerter sein als Strom aus Gaskraftwerken. Solarstrom hat daneben einen praktischen -Vorteil: Den höchsten Stromverbrauch des Jahres in Südeuropa und anderen wärmeren Ländern gibt es im Sommer mittags bei strahlender Sonne, wenn alle -Klimaanlagen Höchstleistungen bringen. Preisfrage: Welche erneuerbare Energie liefert dann den meisten Strom? - Dieser Strommix deckte übrigens auch bei uns die Mittagsspitzen in diesem Winter ab. Damit von dieser positiven Preisentwicklung und den Vorteilen der Photovoltaik auch die einheimische Solarbranche profitiert, damit nicht zum zweiten Mal in 20 Jahren Teile Ostdeutschlands deindustrialisiert werden, schlägt die Linke folgende Maßnahmen vor: erstens die Einrichtung eines Programms zur sicheren Finanzierung der Solarunternehmen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau, zweitens die Unterstützung von Grund-lagenforschung zur Speicherung und Netzintegration von Solarstrom, drittens die Herstellung von zuverlässigen Rahmenbedingungen für die Solarbranche, (Zuruf von der LINKEN: Regierungs--wechsel!) viertens die Verlängerung der bis 31. Dezember 2011 befristeten Sonderregelung für Kurzarbeiter für die Solarindustrie und fünftens die Ergänzung des EEG um eine Förderung der Tagesspeicherung von Solarstrom. Die Linke will die Energiewende. Wir kämpfen für gute, zukunftsfähige Arbeitsplätze in der Solarindustrie - in Frankfurt, in Bitterfeld, in Thalheim, in Arnstadt, in Nürnberg, in Jena und an anderen Standorten. Wir wollen eine saubere, dezentrale Energieversorgung, bei der die Steuereinnahmen und Gewinne in den Kommunen bleiben und Menschen ihren Lebensunterhalt in Solar-firmen verdienen können. Dafür sind wir zur Zusammenarbeit bereit. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Kollege Thomas Bareiß hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Thomas Bareiß (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Lassen Sie mich nach den ersten beiden Reden von Rot-Grün doch noch einmal aus dem EEG-Erfahrungsbericht 2007 des damaligen Umweltministers Sigmar Gabriel zitieren. Damals hieß es wortwörtlich: Die Photovoltaik liefert bis dahin - bis 2020 - mit 8 bis 9 TWh Strom bereits einen nennenswerten Beitrag. Dabei geht der jährliche Anlagenzubau -gegenüber dem Jahr 2006 von 950 MWp auf 400 MWp im Jahr 2015 zurück. Wir sind bereits jetzt bei 12 TWh. (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Das liegt aber nicht an Ihnen! - Katja Mast [SPD]: Das liegt an Herrn Gabriel. Er hat es erfunden!) Das ist der Stand 2011. Wir haben 2009 3 800 MW zugebaut. Wir haben 2010 7 400 MW zugebaut. Wir haben 2011 7 500 MW zugebaut. Wir haben die Ziele, die Sie vor vier Jahren festgelegt haben, um das Zehnfache überschritten. (Beifall bei der CDU/CSU - Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Erfolg muss doch kaputtzukriegen sein! Oder was heißt das jetzt?) Insofern können wir bei Ihren Zielen schon allemal Vollzug melden. Wir haben das, was Sie bis 2020 erreichen wollten, schon heute geschafft. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie das ungeschehen machen, oder wie?) Jetzt geht es darum, die nächste Stufe einzuleiten. (Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, dann machen Sie es doch mal!) Dabei geht es darum, den quantitativen Zubau hin zu einem qualitativen Zubau zu entwickeln. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Qualitativ ist, wenn nicht mehr gebaut wird, oder wie?) Das ist die große Herausforderung, die wir in den nächsten Monaten anpacken müssen. Dazu kann ich gleich das nächste Zitat anführen. Das sehen wir nicht alleine so. Ihr Frank-Walter Steinmeier hat vor 22 Tagen Folgendes gesagt: ... die Förderung der Installation von Photovoltaik, von der deutsche Solarhersteller immer weniger profitieren, (stößt) erkennbar an die Grenzen der Wirtschaftlichkeit. (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Hört! Hört!) Das EEG war richtig und ist ein Katalysator der Energiewende. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir es innovativ weiterentwickeln müssen. Der Zubau der erneuerbaren Energien muss mit der Aufnahmefähigkeit des Stromnetzes synchronisiert werden. Genau das machen wir. (Rolf Hempelmann [SPD]: Genau das machen Sie doch nicht! Das heißt Systemintegration!) - Die Vorschläge der Bundesregierung, unter anderem auch im Bereich der Systemintegration, lieber Herr Hempelmann, sind der richtige Weg. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wir müssen jetzt Ihre Fehler korrigieren. (Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht sollten Sie mal Ihre eigenen Fehler korrigieren!) Lassen Sie mich zwei Zahlen nennen, die vielleicht interessant sind. Knapp 50 Prozent der Förderung für die -erneuerbaren Energien fließt in die Photovoltaik. Die Photovoltaik hat aber nur einen Anteil von 3 Prozent an der Stromversorgung. Wir müssen Ihren Förderbauch von 2007 abbauen. (Rolf Hempelmann [SPD]: Das ist auch Ihr Bauch! - Dirk Becker [SPD]: Waren Sie un-beteiligt?) - In den nächsten 20 Jahren kostet uns die Photovoltaik 65 Milliarden Euro. Das ist der Förderbauch von Sigmar Gabriel, den wir vor uns herschleppen müssen. 65 Mil-liarden Euro kostet uns die Photovoltaik in den nächsten 20 Jahren bei einem Anteil von nur 3 Prozent an der Stromversorgung. Das müssen wir angehen. Deshalb ist die Einmal-Degression der richtige Schritt. Wir müssen auch in den nächsten Monaten auf die Märkte reagieren. Deshalb brauchen wir auch einen Systemwechsel. Wir brauchen mehr Markt und mehr Wettbewerb. Nur so können sich die Photovoltaikhersteller zukünftig bei uns behaupten. Obwohl wir im letzten Jahr 7 500 Megawatt zugebaut haben, kommen nur noch 10 Prozent der Module aus Deutschland. Das sollte uns zum Nachdenken anregen. Wir müssen jetzt darauf achten, dass sich unsere Modulhersteller Schritt für Schritt dem Markt stellen können. Deshalb ist die vorgesehene Regelung richtig, dass künftig mindestens 10 bis 15 Prozent der Energie selbst vermarktet werden müssen und der Eigenverbrauch entsprechend gefördert wird. Das ist der eine Baustein, der jetzt vorliegt. Der andere Baustein ist der wichtige Bereich der Energieeffizienz. Energieeffizienz hat für uns oberste Priorität. (Rolf Hempelmann [SPD]: Das habt ihr aber gut geheimgehalten!) Auch wenn es in dieser Frage etwas länger gedauert hat, ist der vorliegende Vorschlag richtig. Denn wir haben uns klar zu einem Energieeffizienzziel auf europäischer Ebene bekannt. Wir verpflichten uns, die Ziele auch auf europäischer Ebene einzugehen. Aber wir sagen mit der gleichen Entschiedenheit, dass wir die Instrumente und Maßnahmen in unserem Land selber regeln wollen. Ich frage mich, welches Selbstverständnis Sie als Parlamentarier in Deutschland eigentlich haben. Wir müssen uns in diesem Haus darüber verständigen, welche Ziele wir ansetzen bzw. welche Maßnahmen wir umsetzen wollen. Das ist der richtige Punkt. (Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie wollen das doch mit der -Verordnungsermächtigung machen! - Rolf Hempelmann [SPD]: Per Regierungsverordnung!) Wir wollen ein gemeinsames Ziel auf europäischer Ebene. Die Maßnahmen diskutieren wir in diesem Hause. Deswegen ist es richtig, dass wir die Wahlfreiheit haben, bestimmen zu können, was wir wollen, und die Instrumente auch selber umsetzen können. Wir sind dabei auch erfolgreich. Wir haben im letzten Jahr den Energieverbrauch um 4,8 Prozent reduziert und trotzdem 3 Prozent Wirtschaftswachstum erzielt. Ich glaube, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Insofern wollen wir auch zukünftig auf Anreize setzen, nicht auf Zwang. In diesem Sinne werden wir die Energiewende erfolgreich, wirtschaftlich, sicher und bezahlbar gestalten. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Für die SPD-Fraktion hat jetzt Kollege Dirk Becker das Wort. (Beifall bei der SPD) Dirk Becker (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Röttgen, es ist natürlich leicht, heute Aussagen des Kollegen Fell und anderer aus dem Jahr 2010 zu zitieren. Um die Geschichte vollständig zu erzählen, muss man aber auch feststellen, dass wir die Vergütung von 2008 bis 2012 um 50 Prozent gekürzt haben. Das heißt, es gibt keine Endloskürzungsspirale, sondern man muss immer wieder von Neuem die Frage stellen, was noch verkraftbar ist. Es gibt heute viele Argumente vonseiten derer, die in den entsprechenden Branchen beschäftigt sind, die zumindest uns als Sozialdemokraten Anlass geben, genau hinzuschauen, ob man jetzt diesen Schritt in dieser Ausprägung gehen kann. Das müsste doch eigentlich auch für die Verantwortlichen in Ihrem Ministerium erkennbar sein. Man kann doch nicht einfach sagen, dass es immer so weitergeht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Herr Minister, wenn Sie mir kurz Ihre Aufmerksamkeit schenken könnten! Ich weiß, dass Sie das ungern tun, weil Sie nie zuhören, wenn die Opposition redet. (Iris Gleicke [SPD]: Dieser Mann schwatzt immer!) Sie haben im Jahr 2010 die Zahlen des Nationalen Aktionsplans für erneuerbare Energien nach Brüssel gemeldet und kommen selbst zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2020 52 000 Megawatt aus solarer Strahlungsenergie kommen sollen. Das waren auch Ihre Ziele. Davon ist heute kein Wort zu hören. Im Gegenteil, Sie spielen hier jetzt wieder den großen Retter der erneuerbaren Energien. Auch für uns Sozialdemokraten war immer ganz klar, dass wir den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben wollen. So schwierig die Umlageentwicklung ist: Die Ausbauzahlen zeigen den Erfolg der Erneuerbaren. Darüber darf man sich auch ein Stück weit freuen. Wir müssen aber natürlich auch sehen, wie wir die Entwicklung mit Blick auf die Umlagebelastung steuern. Wir haben in der Vergangenheit sehr wohl gesagt, dass wir einem Korridor zustimmen, und wir werden das auch jetzt tun. Aber es kann doch nicht sein - das hat mit Investitionssicherheit nichts zu tun -, dass Sie in der Breite neue Kürzungsschritte debattieren, obwohl die EEG--Novelle 2012 noch nicht einmal in Kraft getreten ist. So machen Sie den Markt kaputt, so verunsichern Sie Investoren. Das ist keine vorausschauende Energie- und Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Auch wenn das EEG kein Gesetz zum Zwecke der Wirtschaftspolitik ist - es ist ein Markteinführungs-instrument für erneuerbare Energien -, so hat es zu unserer großen Freude doch gerade in Ostdeutschland auch wirtschaftliche Impulse gegeben. Ich weiß, dass das EEG kein Schutzschirm zur dauerhaften Bewahrung von Arbeitsplätzen ist. Aber man muss doch auch ein bisschen Verantwortung für die geschaffenen Arbeitsplätze zeigen und bei der Rückführung der Vergütungen ein wenig Rücksicht darauf nehmen. Es darf keinen Schnellschuss geben, der diese Arbeitsplätze nachhaltig gefährdet. Ja, wir müssen die Umlage im Blick behalten. Aber auch die Arbeitsplätze insbesondere in Ostdeutschland sind uns wichtig und müssen bei der Entscheidung im Blick behalten werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Es gibt viele Projekte, die in der Planung bereits so weit vorangeschritten sind, dass, wenn die Kürzung in der vorgesehenen Form kommt, die hohen Vorlaufkosten nicht refinanziert werden können. Wenn es überhaupt so kommt, wie Sie vorschlagen, dann brauchen wir Übergangsregelungen - die Zusage gibt es -, damit begonnene Projekte nicht zum Ruin führen. Ich appelliere an Ihre Verantwortung für die getätigten Investitionen. Das große Risiko bei dieser Debatte ist, dass wir wieder einmal sehr emotional über die Kürzungsschritte reden. Der Teufel steckt im Detail. Wenn ich vom Teufel im Detail in Bezug auf diese Novelle spreche, dann meine ich zum einen das Marktintegrationsmodell und zum anderen die Verordnungsermächtigung zur Übertragung dieses Modells auf andere Branchen. Es handelt sich um eine Ermächtigung, die wir Parlamentarier dieser Regierung, dem BMWi und dem BMU unter Führung von Herrn Röttgen - Sie lachen, Herr Rösler; wir tun es auch -, erteilen sollen. Sie sollen die Verantwortung und die Kompetenz erhalten, künftig über die Frage zu entscheiden, wie viel Vergütung es für welche Technologie gibt, nach dem Motto: Kürzen wir doch einmal auf 85 oder auf 70. - Es kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass wir eine Kernregelungsschraube des EEG in Ihre Hände legen. Unser Vertrauen haben Sie nicht. Schon unter anderen Regierungen - auch in der Großen Koalition - gab es entsprechende Absichten. Wir haben bereits damals gesagt: Dies ist ein Kerninstrument des parlamentarischen Handelns, und es muss beim Parlament bleiben. Daher sagen wir Nein zu dieser Verordnungsermächtigung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Herr Röttgen, Sie haben Aussagen anderer Kollegen zitiert und bekennen sich jetzt ausdrücklich zu den Ausbauszenarien betreffend die erneuerbaren Energien, die die Gutachten enthalten, die Sie im Rahmen der Laufzeitverlängerung haben anfertigen lassen. Wir haben in den letzten Debatten mehrfach gefragt, Herr Röttgen: Sind diese Ausbauszenarien Bestandteil des Konzepts der Bundesregierung, und stellen sie die Ziele dar? - Sie haben gesagt: Nein, das sind wissenschaftliche Gutachten, die die Basis bilden. - Nun nehmen die Fraktionsvorsitzenden und Sie selbst immer Bezug auf diese Szenarien und sagen: Jawohl, das sind unsere Ziele. - Tatsache ist, dass Sie die Mechanismen entsprechend anpassen. Wer gibt uns die Garantie, dass das, was Sie nun bei der Solarenergie machen, morgen nicht auch bei anderen Energien, zum Beispiel bei der Windenergie, machen? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege! Dirk Becker (SPD): Sie haben Ihre Maske fallen lassen. Sie sind nicht der Umweltminister der Energiewende. Herr Röttgen, Sie sind kein Antreiber, sondern ein Getriebener, und zwar vom Wirtschaftsminister. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege! Dirk Becker (SPD): Mit Ihnen wird diese Wende nicht gelingen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Das Wort für die Bundesregierung hat Herr Dr. Philipp Rösler. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Frosch ist wieder da! - Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bremsklotz! - Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kermit!) Ich habe mir Ihre Redebeiträge angehört und kann feststellen: Weder in Ihren Beiträgen noch in dem Titel der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde kommen diejenigen, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frösche!) die all das bezahlen müssen, was Sie für eine bestimmte Branche lauthals fordern, mit einem einzigen Wort vor. Das zeigt deutlich, wie weit Sie sich von den Menschen entfernt haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ich halte weiter fest: Die Prognosen, die Sie im Jahr 2010 mit großen Krokodilstränen abgegeben haben, haben sich bereits als falsch erwiesen. Kollege Röttgen hat es vollkommen zu Recht zitiert. Sie haben damals bei dem großen Schnitt für die Solarvergütung gesagt: Das ist das Ende der Photovoltaikbranche. - Aber im Jahr 2011, nur ein paar Monate später, haben wir genau das Gegenteil erlebt. Es gab einen Rekordzubau im Bereich der Photovoltaik. Das müssen Millionen Kundinnen und Kunden, Millionen Haushalte, und Millionen mittelständische Unternehmen bezahlen. Ich finde es daher gerechtfertigt, an die Bezahlbarkeit von Energie zu denken. Wir tun es jedenfalls und orientieren uns nicht nur an den Interessen einer einzigen Branche, wie Sie das vorhin in Ihren Wortbeiträgen getan haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Selbstverständlich wollen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn? In Schottland vielleicht?) Heute liegt der Anteil dieser Energien bei 20 Prozent. Unser Energiekonzept sieht bis 2020 den Ausbau auf 35 Prozent (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen es doch deckeln!) und bis 2050 sogar auf 80 Prozent vor. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie denn?) Aber gerade angesichts dieser Zahlen ist klar: Der Ausbau muss bezahlbar bleiben. Das bedeutet, dass wir andere Instrumente als bisher brauchen. (Zuruf von der SPD: Vorwärtskommen durch rückwärtsgehen!) Denn es ist genauso ersichtlich: Wenn bei einem Anteil von 3 Prozent an der Stromproduktion über 7 Milliarden von den 14 Milliarden Euro der EEG-Umlage, also mehr als die Hälfte, für die Photovoltaikförderung draufgehen, dann ist das nicht wirtschaftlich, erst recht nicht bei einem geplanten Ausbau auf 35 bzw. 80 Prozent. Deswegen müssen wir zu einer besseren EEG-Förderung kommen, zumindest zu einer besseren als derjenigen, die Sie auf den Weg gebracht haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Sie tun immer so, als wäre die Förderung der erneuerbaren Energien Ihre Erfindung gewesen. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren immer nur dagegen! Das stimmt!) Ich erinnere daran, dass die Grundidee Anfang der 90er-Jahre im Zusammenhang mit dem Stromeinspeisegesetz entstanden ist und von der christlich-liberalen Koalition stammt. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Rolf Hempelmann [SPD]: Wer hat Ihnen das erzählt?) Es war richtig, die damalige Nischenbranche erneuerbare Energien mit Subventionen zu fördern. Aber jetzt haben wir einen Anteil von 20 Prozent, den wir massiv ausbauen wollen. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gegen den Willen der FDP!) Wenn wir künftig einen Massenmarkt haben, dann müssen dort natürlich Marktinstrumente eine Rolle spielen. Deswegen ist der erste Schritt, dass wir eine erfolgreiche Marktintegration schaffen, nämlich mit dem Marktinte-grationsmodell. (Rolf Hempelmann [SPD]: Wie schaffen Sie die denn?) Das ist die beste Voraussetzung für die Bezahlbarkeit von erneuerbaren Energien, gerade bei dem dramatisch starken Ausbau in der Zukunft im Rahmen der Energiewende. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ein weiterer Punkt ist die Energieeffizienz. Um es hier genauso festzuhalten: Wir bleiben natürlich bei dem Ziel, das wir uns auf europäischer Ebene gesetzt haben, nämlich eine Steigerung um 20 Prozent bis zum Jahr 2020. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie tun alles, damit es nicht erfolgreich wird!) Wir können mit dem Erreichten sehr zufrieden sein. Kollege Bareiß hat es deutlich gemacht. Die Zahlen sprechen für sich. Trotz eines wirtschaftlichen Wachstums in den letzten Jahren ist der Energieverbrauch in Deutschland gesunken. Das ist ein Erfolg auch unserer Politik für mehr Energieeffizienz in Deutschland. Darauf können wir stolz sein, und auf diesem Weg müssen wir gemeinsam voranschreiten, wenn es darum geht, die Energieeffizienz in Deutschland und in Europa zu verbessern. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Deswegen unterstützen wir die Kolleginnen und Kollegen auf europäischer Ebene bei dem Ziel, (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) eine Steigerung der Energieeffizienz von 20 Prozent bis zum Jahr 2020 zu erreichen. (Zuruf von der SPD: Das sehen die anders! - Rolf Hempelmann [SPD]: Das merken die aber nicht! - Weitere Zurufe von der SPD) - Holen Sie einmal ordentlich Luft, dann haben Sie eine kleine Pause! Dann werden Sie feststellen, dass wir das Ziel auf europäischer Ebene natürlich unterstützen. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es soll nicht verbindlich werden! Auf keinen Fall!) Aber wir fordern gleichermaßen (Rolf Hempelmann [SPD]: Dass keine Maßnahmen ergriffen werden, genau!) Flexibilität für die einzelnen Mitgliedstaaten auf dem Weg zum Erreichen dieses Ziels. Sie sprechen immer von verpflichtenden Maßnahmen. Was heißt denn "verpflichtende Maßnahmen"? Das sind am Ende Zwangsmaßnahmen. Sie wollen den Energieversorgern vorschreiben, (Rolf Hempelmann [SPD]: Wir reden von Maßnahmen!) jährlich die Energieproduktion um 1,5 Prozent zu senken. Das ist so, als wollte man einem Automobilkonzern vorschreiben, jedes Jahr 1,5 Prozent weniger zu produzieren. (Rolf Hempelmann [SPD]: Sagen Sie doch mal Ihre Maßnahmen!) Mit sozialer Marktwirtschaft hat eine solche starre Vorgabe definitiv nichts zu tun. Das ist in Wahrheit Planwirtschaft. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Texas!) Das kann man auf europäischer Ebene nicht akzeptieren. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Rolf Hempelmann [SPD]: Er versteht es einfach nicht! - Dirk Becker [SPD]: Und so etwas ist Minister!) Ich wundere mich immer wieder. Es geht dabei nicht um die großen Energieversorgungsunternehmen. Die werden es leichter haben, zu einer Reduktion von 1,5 Prozent zu kommen. Die brauchen nur eine Vereinbarung mit Großen zu treffen, und dann haben sie die Reduktion. Uns geht es um die vielen kleinen und mittelständischen Energieversorgungsunternehmen. Das sind über 1 000 Unternehmen in Deutschland, größtenteils auf kommunaler Ebene. Was Sie, Herr Hempelmann, fordern, wird von denen rundweg abgelehnt. Das zeigt, dass Sie mittlerweile Politik gegen die Kommunen in Deutschland machen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Rolf Hempelmann [SPD]: Völlig falsch!) Deswegen bleiben wir bei unseren Zielen. (Rolf Hempelmann [SPD]: Völlig daneben! - Frank Schwabe [SPD]: Deswegen sind Sie auch überall gegen Stadtwerke!) Im Übrigen gibt es noch nicht einmal eine Handvoll von Energieministerkollegen auf europäischer Ebene, die diese starren Vorgaben in irgendeiner Form unterstützen. Wir wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz. Wir wollen das durch bessere Produkte, bessere Dienstleistungen, durch Kraft-Wärme-Kopplung und durch die energetische Gebäudesanierung, wenn ich auch die erwähnen darf, erreichen. Wir haben darüber schon beim letzten Mal hier im Bundestag diskutiert. (Rolf Hempelmann [SPD]: Dann einigen Sie sich doch!) Sie hätten damals die Chance gehabt, im Bundesrat einer Einigung zuzustimmen. Die Wahrheit ist sehr konkret, Herr Hempelmann: Wieder einmal hat die Sozialdemokratie da versagt. Sie haben der energetischen Gebäude-sanierung nicht zugestimmt. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Rolf Hempelmann [SPD]: Es geht nicht um Zustimmung, sondern um Einigung! Dazu gehören zwei!) Das ist Politik gegen Energieeffizienz, gegen den Mittelstand, der händeringend genau auf diese Zustimmung der Länder wartet. (Rolf Hempelmann [SPD]: Ja, abnicken!) Deswegen halten wir fest: Wir kommen mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten voran. Es findet erstmalig eine Marktintegration statt. Wir arbeiten weiter an der Energieeffizienz. Ihre Glaubwürdigkeit wird sich daran messen lassen, ob Sie endlich im Bundesrat zustimmen oder nicht. Unabhängig von all den Reden, die Sie halten, können Sie im Bundesrat zeigen, ob Sie wie die Bundesregierung für Energieeffizienz sind oder nicht. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Das Wort für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Kerstin Andreae. Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Rösler, Sie stellen sich hier hin und sagen, die Strompreise seien das Problem und keiner spreche über die Verbraucher, die diese Strompreise zahlen müssten. Hallo?! Wer hat denn die Zahl der Unternehmen, die von der EEG-Umlage befreit sind, verzehnfacht? Wer hat denn Ausnahmen für Teile der Industrie bei den Netzentgelten gemacht? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Das ist doch der Grund für die hohen Strompreise. Hören Sie auf mit der Lüge vom teuren Solarstrom! Seien Sie ehrlich an dieser Stelle! Reden Sie nicht blödes Zeug im Hinblick auf die Strompreise! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Sie sind doch gerade dabei, eine der erfolgreichsten Industrien, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben, massiv zu beschädigen. Die Solarbranche konnte in den letzten Jahren Wachstumspotenziale verzeichnen, die Sie in dieser Größenordnung in anderen Industrien nicht nachweisen können. Jetzt verunsichern Sie Investoren. Sie gefährden Arbeitsplätze. Ihre Ministerpräsidenten - ich meine den einen in Sachsen-Anhalt und den anderen in Bayern - (Zuruf von der LINKEN: Thüringen!) sind ja schon zitiert worden. Sie sagen: So wollen wir das nicht haben. Das macht uns in Ostdeutschland die Solarindustrie kaputt. (Michael Kauch [FDP]: Bayern ist jetzt -Osten!) Sie machen hier nicht nur eine falsche Energiepolitik, sondern Sie machen hier auch noch eine falsche Indus-triepolitik. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Wir Grüne haben uns nie gegen die Absenkung der Vergütung ausgesprochen. Das haben wir nicht getan. (Michael Kauch [FDP]: Sie waren aber auch nie dafür!) Wir haben immer klare Zeitpläne und eine klare Degression vorgeschlagen. Wir haben allerdings auch gesagt, dass wir Augenmaß und vor allem Planungssicherheit als Ziele haben. Ihr Termin 9. März bedeutet doch, dass zwischen der Ankündigung des Gesetzes und dem 9. März 16 Tage liegen. Eine Dachanlage braucht mindestens zwei Monate. (Lachen bei der FDP) Eine Freiflächenanlage braucht mindestens sechs Monate. Was machen Sie denn jetzt mit jemandem, der gerade erst die Solaranlage bestellt hat? Wie reagieren Banken, wenn die ersten Unternehmen in die Insolvenz gehen? Institutionelle Anleger brauchen doch Sicherheit. Die Energiewende braucht privates Kapital, und das bedingt Planungs- und Investitionssicherheit. Wir fordern Sie daher hier auf: Weg mit dem 9. März! Machen Sie wenigstens einen vernünftigen Zeitplan, der Planungssicherheit garantiert. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Jetzt noch einmal zur Industriepolitik. Die deutschen Solarunternehmen haben es doppelt schwer. Sie müssen ständig mit dieser chaotischen schwarz-gelben Energiepolitik umgehen. Heute hü, morgen hott! Stop and go! Gas und Bremse! Ständig ändert sich irgendetwas, und gleichzeitig müssen sie auf einem immer schärfer werdenden Weltmarkt bestehen. Anstatt eine vernünftige Industriepolitik zu machen und zu sagen: "Ja, wir stellen uns vor die deutsche Solarindustrie, wir stellen uns vor die europäische Solarindustrie, und wir überlegen, wie sich diese Industriepolitik weiterentwickeln kann, und wir fördern Forschung und Innovation", veranstalten Sie ein absolutes Chaos. Innovation braucht Forschung. Forschung braucht Perspektive. Perspektive braucht Vertrauen, und Vertrauen braucht Planungssicherheit. So sähe Industriepolitik aus, die Sie an dieser Stelle machen müssten. Das von Ihnen veranstaltete Chaos hilft uns jedoch nicht weiter. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Zur Energieeffizienz. Die beste Energie ist die, die wir nicht verbrauchen, und die billigste Energie ist die, die wir nicht verbrauchen. So viel zu den Strompreisen. Nun liegt uns diese Energieeffizienzrichtlinie vor. Was aber machen Sie? Klare Maßnahmen werden durch irgendwelche nebulösen Ziele ersetzt. Ursprünglich war es so: Die Akteure waren die großen Energieversorger, und es wurde gesagt, dass diese jedes Jahr 1,5 Prozent einsparen müssen. - Das war wirtschaftspolitisch nicht nur deshalb sinnvoll, weil ein klares Einsparziel genannt wurde, sondern auch deshalb, weil sich für die Energieversorger neue Geschäftsfelder aufgetan haben. Was haben wir jetzt? Wir haben Ziele, aber keinen verbindlichen Akteur, und eingerechnet wird das, was sowieso schon gemacht wird; Stichwort "Kraft-Wärme-Kopplung". Dann erzählen Sie uns: Na ja, wenn wir drei Jahre lang von 1,5 Prozent ausgehen, dann können wir auch gleich 4,5 Prozent sagen. - Sie haben also nichts verstanden. Setzen Sie die Energieeffizienzrichtlinie forciert und engagiert um. Denn sie ist einer der entscheidenden Hebel dafür, dass wir im Hinblick auf Versorgung mit Energie und Strompreise auf den richtigen Weg kommen. Gehen Sie die Energieeffizienzrichtlinie so an, wie sie vorgeschlagen ist, aber handeln Sie nicht auf diese nebulöse Art und Weise. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Wir hatten heute Morgen schon im Ausschuss die Möglichkeit, mit Ihrem Staatssekretär über diese zwei Vorschläge zu sprechen. Wissen Sie, was wir inzwischen glauben? Herr Röttgen, das werfe ich Ihnen vor. Das tut mir wirklich - - (Zurufe von der FDP: Leid!) - Nein, es tut mir nicht nur leid, dass ich Ihnen das vorwerfen muss. Aber wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, die FDP hat sich mit diesem Wirtschaftsminister inzwischen darauf eingestellt, dass sie im Jahre 2013 nicht mehr in der Regierung sein wird. Sie baut ihre Oppositionsstrategie auf. Diese Oppositionsstrategie nimmt keine erfolgreiche Energiewende in den Blick; vielmehr braucht ihr den Misserfolg bei der Energiewende, damit ihr in zwei Jahren eure Oppositionsstrategie habt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir appellieren an die Union: Nehmen Sie Ihre Verantwortung für die Umsetzung der Energiewende wahr! (Rainer Brüderle [FDP]: Das ist ja -Verfolgungswahn!) Raus aus der Froschperspektive! Rein in die Verantwortung! Rein in die Energiewende! Das müssen Sie machen. Dafür sind Sie gewählt worden. Das haben Sie den Menschen versprochen. Also setzen Sie es auch um. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Maria Flachsbarth hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Solarbranche, aber auch wir haben ein Problem, und zwar mit dem eigenen Erfolg. Wer hätte das gedacht, auch von den früheren Umweltministern, die eben bereits genannt worden sind, dass in zwei aufeinanderfolgenden Jahren, nämlich 2010 und 2011, ein Zubau an installierter PV-Leistung in Höhe von 7,5 Gigawatt pro Jahr möglich ist? (Rolf Hempelmann [SPD]: Die Freude darüber hält sich aber in Grenzen!) Dieser Zubau ist einfach zu viel, weil er zu schnell kommt. Es gibt doch - das wissen wir alle - Probleme mit der Netzstabilität. Wir haben die große Sorge, dass es durch entsprechenden PV-Einfluss zu einem Blackout kommen könnte. Von daher bin ich dankbar, dass die Bundesregierung zugleich mit dieser Novelle das Problem aufgreift und die 50,2-Hertz-Problematik lösen will. Zu der Argumentation, PV sei ja im Moment gar nicht mehr so teuer, von daher könnten wir das ganz gut verkraften, möchte ich nur sagen: Allein der im letzten Jahr erfolgte Zubau kostet Jahr für Jahr 1,6 Milliarden Euro. Da hilft nichts. Man kann also wirklich nicht sagen, dass es sich dabei um Peanuts handeln würde. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Beides zusammen, die Befürchtung eines Blackouts und die hohen Kosten, die einfach anfallen - das müssen wir zur Kenntnis nehmen -, macht mir Sorge im Hinblick auf die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land. Diese müssen wir auf jeden Fall für unsere Energiewende, also den Umbau hin zu immer mehr erneuerbaren Energien, erhalten. Wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der atmende Deckel, den wir bislang hatten (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der atmende Deckel! Ist das eine neue Kücheneinrichtung, oder was?) und der an 2 500 bis 3 500 Megawatt ausgerichtet war, eben nicht funktioniert hat, obwohl sich die Vergütung für Solarstrom in den letzten vier Jahren fast halbiert hat. Das war angesichts des rasanten Verfalls der Modulpreise viel zu langsam. Dieser rasante Verfall der Preise liegt letztendlich überhaupt nicht in unserer nationalen Gesetzgebung begründet, sondern darin, dass in China und in Asien riesige Produktionskapazitäten aufgebaut worden sind, mit riesigen staatlichen Subventionen, gegen die wir überhaupt nicht ankommen, und darüber hinaus darin, dass die Nachfrage der internationalen Märkte zusammengebrochen ist. Das alles, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir nun von hier aus, aus dem Deutschen Bundestag heraus, überhaupt nicht beeinflussen. Deshalb ist es einfach falsch, wenn man sagt, dass wir durch Änderungen am EEG entweder Arbeitsplätze retten oder in Gefahr bringen könnten. Mit solchen Aussagen werden die Leute draußen einfach für dumm verkauft. Das stimmt einfach nicht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung jetzt drei Maßnahmen vorgeschlagen hat, um zu einem nachhaltigen Ausbau der Erneuerbaren, insbesondere der Photovoltaik, zu kommen. Eine Maßnahme ist die Einmalabsenkung, die, auf den ersten Blick betrachtet, weil sie sich in einer Größenordnung von 20 bis 30 Prozent bewegt, sicherlich heftig ist. Das ist überhaupt keine Frage. Aber wenn man in Erwägung zieht, dass es sich in Wirklichkeit um das Vorziehen der ohnehin zum 1. Juli geplanten Absenkung um 15 Prozent handelt, relativiert sich das Ganze schon wieder ein wenig. Man kann eben nicht sagen: Alles, was möglichst teuer ist, ist auch gut. Vielmehr müssen wir schauen, wie wir es möglichst effizient machen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es ist richtig, dass die Bundesregierung jetzt sagt: Für Anlagen über 10 Megawatt soll keine Vergütung mehr gezahlt werden; denn diese bringen die größten Netz-integrationsprobleme. Es ist auch richtig, dass wir den Bau von "Solarstadl" oder "Scheinscheunen" nun nicht mehr durch das EEG fördern. Auch hier gibt es nämlich ganz sicher Korrekturbedarf. Mit Blick auf die Marktintegration will ich sagen, dass die Frage, ob die Begrenzung der Vergütung für -Investoren eine Zumutung ist, durchaus berechtigt ist. Besitzer von Solaranlagen, die auf den Dächern von -Eigenheimen installiert sind, können durch Verhaltensänderungen einen Eigenverbrauch von 10 Prozent leicht realisieren. Ich wünsche mir, dass die Gewerbebetriebe und die landwirtschaftlichen Betriebe, die entsprechend größere Anlagen haben, jetzt tatsächlich in die Pötte kommen und schauen, was sie denn tun können, um ihren Eigenverbrauch zu steigern. Das halte ich für ein ausgesprochen gutes Signal. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Die Verstetigung wird gebraucht, damit nicht immer und immer wieder eine Schlussverkaufsrallye stattfindet. Bei all dem, was wir tun, müssen wir aber schauen, dass wir den Vertrauensschutz gewährleisten. Das bedeutet, dass die Investoren, die im Vertrauen auf die von uns verabschiedeten Gesetze Geld in die Hand genommen haben, sicheren Grund unter den Füßen haben. Deshalb muss es da zu Änderungen im Vorschlag der Bundes-regierung kommen. Wir müssen auch die Frage vernünftig überdenken, inwieweit wir als Parlamentarier das Gesetz - Stichwort "Verordnungsermächtigung" - in den eigenen Händen behalten können. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin mir ganz sicher, dass wir auf Grundlage dieser Novelle auch weiterhin einen dynamischen Zubau von Photovoltaikanlagen in Deutschland haben werden und dass die Photovoltaik auch zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten wird. Ich bin mir ebenfalls sicher, dass wir die selbst gesteckten Ziele - dazu gehört die Realisierung einer Leistung von 52 Gigawatt - erreichen werden. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wolfgang Tiefensee hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Wolfgang Tiefensee (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute erneut mit dem Thema Energiewende. Nach dem Verlauf der Diskussion kann ich resümieren: Es macht eigentlich keinen Spaß, ewig dieselben Dinge in Richtung Regierungsbank zu sagen, ohne dass es von dieser Seite eine vernünftige Reaktion gibt. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!) Sehr verehrter Herr Kollege Rösler, was nicht geht, ist, dass Sie in einer ernsthaft geführten Debatte, in der es um Energieeffizienz und um Solarstromförderung geht, der Opposition in denunziatorischer Weise vorwerfen, sie würde sich nicht um die Stromkunden, um den Mittelstand und um den vernünftigen Einsatz erneuerbarer Energien kümmern. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das stimmt doch! Sie beweisen es doch gerade!) Das geht so nicht. Wir erwarten, dass Sie die Vorschläge der Opposition konstruktiv aufnehmen, damit endlich die Energiewende stattfindet, die wir gemeinsam wollen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich will den Stand der Diskussion anhand einiger Punkte verdeutlichen. Herr Rösler und Herr Röttgen, die Energieeffizienzrichtlinie der EU-Kommission hat bisher nur dazu geführt, dass Sie - übrigens nach monatelangem Streit; wir haben es vor drei Wochen thematisiert - eine Stellungnahme auf den Tisch gelegt haben, die mit Blick auf das Gesamtkonzept besagt: Wir erwarten, dass es Aktionspläne für die Energieeffizienz gibt, in denen wir zukünftig die Maßnahmen verankern wollen. - Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Regierung, wo sind denn jetzt die Maßnahmen, über die wir diskutieren können und die sich in ein großes System einbetten? Erster Kritikpunkt. Es gibt kein Gesamtkonzept. Wie will man dann überhaupt vorangehen? Zweiter Kritikpunkt. Es gibt keine Kostensicherheit. In einigen Bereichen - ich greife beispielsweise die Elektromobilität und das Gebäudesanierungsprogramm heraus - gibt es nur einen Schlingerkurs. Sie haben die Förderung der Elektromobilität an den Erlös aus dem Zertifikatehandel gebunden. Der Finanzminister muss jetzt die Förderung für die nächsten Jahre auf 50 Prozent und die Höhe der Verpflichtungsermächtigungen auf 60 Prozent begrenzen. Wie soll sich denn eine Technologie, die im Mobilitätssektor die Effizienz vorantreiben könnte, entwickeln, wenn es diese Unsicherheiten gibt? Dritter Kritikpunkt. Die fehlende Planungssicherheit wurde schon mehrfach angesprochen. Sowohl die Großindustrie als auch der Mittelstand, aber natürlich ebenso die privaten Haushalte und die öffentliche Hand brauchen Planungssicherheit. Herr Röttgen, ich kann nicht verstehen, dass Sie einen Pappkameraden aufbauen und hier ausführen, dass die Opposition eine Degression der Subventionen verhindern wolle. Erst bauen Sie einen Pappkameraden auf, und dann fassen Sie einen entsprechenden Beschluss in der Öffentlichkeit. Es hat nie einen Zweifel daran gegeben, dass wir Subventionen intelligent zurücksteuern müssen; schließlich waren sie ein Markteinführungs-instrument. Also: Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Im letzten April haben wir unser Konzept vorgelegt. Lesen Sie es nach; dann können Sie sehen, was Planungs-sicherheit ist. Eine Partei wie die FDP, die so tut, als ob sie für den Mittelstand wäre, aber am Ende dazu beiträgt, dass im Mittelstand Verunsicherung herrscht, sollte umdenken, Herr Rösler, statt auf diejenigen einzudreschen, die vernünftige Vorschläge machen. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wer drischt hier auf wen ein?) Es hat keinen Sinn, von einer Seite der Allee zur anderen zu fahren. Wir brauchen vielmehr eine Verstetigung, eine Planungssicherheit, einen Vertrauensschutz für den Mittelstand. (Beifall bei der SPD) Das nächste Thema ist die Transparenz. Ich habe gehört, dass Sie über die Verordnungsermächtigung noch einmal nachdenken wollen. Es ist doch ein Unding, dass Sie den zentralen Gedanken der Festlegung der Förderung von der Entscheidung eines Verwaltungsgremiums abhängig machen wollen. (Patrick Döring [FDP]: Das haben Sie als Minister immer gemacht!) - Nein. - Das ist nicht nur eine Entmachtung des Parlamentes, sondern auch eine völlig unsachgemäße Entscheidung. Diese Entscheidung gehört hierhin. Wir bitten, das zu überdenken. (Beifall bei der SPD) Schließlich: Was tun Sie für die Kommunikation in Bezug auf die Energiewende, in Bezug auf die Energieeffizienz? Was für eine chaotische Diskussion erleben wir in der Öffentlichkeit? Es wird nur kommuniziert, dass sich die Ministerien streiten. Für die Akzeptanz in der Bevölkerung, in den öffentlichen Verwaltungen, in den Handwerksbetrieben und in der Industrie tun Sie nichts. Summa summarum: Sie gefährden die Umweltziele. Sie gefährden die Industriepolitik und die Politik für den Mittelstand. Sie gefährden Arbeitsplätze. Deshalb ist es an der Zeit, dass Sie ein Gesamtkonzept mit Maßnahmen vorlegen, die überprüfbar sind und die sich in den europäischen Kontext einordnen. Ich erwarte, dass Sie - hier spreche ich insbesondere Sie an, Herr Rösler; ich habe Sie in Leipzig vor Tausenden Unternehmern erlebt - endlich Ihre Arroganz und Ihren Zynismus in Bezug auf diejenigen fallen lassen, die das eingeleitet haben, auf dem Sie sich jetzt ausruhen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Klaus Breil hat das Wort für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Klaus Breil (FDP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute geht es um eine längst überfällige Anpassung der Solarförderung. Wir begrüßen die Einigung. An einer Stelle wollen wir allerdings nachbessern: Wir arbeiten daran, mehr Vertrauensschutz und längere Übergangsfristen zu schaffen. Wir wollen damit Investitionen, die die mittelständische Wirtschaft getätigt hat, sichern. Das haben Sie hoffentlich gehört, Herr Tiefensee. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) In Deutschland wurde allein in den letzten beiden Jahren eine Kapazität von rund 15 Gigawatt Photovoltaik neu installiert. Dieser gewaltige Zubau verursacht auch gewaltige Kosten, die der Verbraucher zu tragen hat. Ich meine zuerst diejenigen Verbraucher, die selbst kein Haus besitzen und mit ihrer Stromrechnung die Renditen der Besitzer von Photovoltaikanlagen sichern müssen. Es ist also das Gebot der Stunde und nicht weniger auch eine Frage sozialer Gerechtigkeit, die Kosten für den Zubau wirkungsvoll zu begrenzen. Zugleich werden wir dafür sorgen, dass die deutsche Photovoltaikindustrie auf dem Weltmarkt bestehen kann. Es ist zwar richtig, dass die Solarindustrie in Ostdeutschland, vor allem auch in Thüringen, sehr stark ist; allerdings leiden viele Branchen im Osten massiv unter den hohen Energiepreisen. Es droht, dass diese Branchen aus diesem Grund Personal abbauen und sogar aus Deutschland abwandern müssen. Es ist wahrscheinlich, dass ein weiteres Steigen der Energiepreise im Endeffekt mehr Arbeitsplätze kosten wird als die jetzt beschlossenen Förderkürzungen. Mit der hohen Förderung subventionieren wir ohnehin schon jetzt zum großen Teil Arbeitsplätze in China und nicht in Ostdeutschland. Ich will einmal deutlich machen, wie viele Menschen eigentlich direkt in der deutschen Photovoltaikindustrie und in der Installation tätig sind: Es handelt sich um 30 000 Vollzeitjobs. Das stimmt, auch wenn die Photovoltaikindustrie immer andere Zahlen in die Welt zu setzen versucht. Schließlich muss uns bekannt sein, wie viel uns die Photovoltaikförderung kostet und wie viel Strom am Ende produziert wird. Es geht um einen gesunden Blick auf das Verhältnis von Subvention zu Ergebnis: 2011 produzierte die Photovoltaikindustrie 19,5 Terrawattstunden Strom. Das sind lediglich 3,2 Prozent der Primärenergie zur Erzeugung von Strom in Deutschland. Das Ganze kostet uns Verbraucher 8 Milliarden Euro netto pro Jahr. Dieser Luxus bedeutet: Jede erzeugte Kilowattstunde Photovoltaikstrom kostet 41 Cent. Frau Andreae, als Wirtschaftspolitiker wissen Sie doch: (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Politikerin! So viel Zeit muss sein!) Es kommt auf ein gesundes Verhältnis von Kosten und Nutzen an. Sie wissen auch, dass die deutsche Industrie weltweit die höchsten Energiekosten hat. Deshalb sind Kostenentlastungen notwendig. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Aus diesem Grund passen wir jetzt mit einer einmaligen Absenkung die Vergütung an die gesunkenen Marktpreise der Anlagen - also Module, Wechselrichter und Installationen - an; wir tun nicht mehr und nicht weniger. Die Reaktion darauf war übrigens überwältigend. Die Tinte unter diesem Kompromiss zwischen BMU und BMWi war noch nicht trocken, da klingelte schon das Telefon Sturm. Photovoltaikverbände und Projektierer zeichneten ein Bild des Untergangs. Das Gegenteil wird der Fall sein, wie schon bei früheren Anpassungen bewiesen. Der Markt wird richtig reagieren und sich auf die neue Situation einstellen. Nur die Solarlobby hat das noch nicht erkannt; denn sie hat es versäumt, ihre Mitglieder über die absehbare Entwicklung von Preisen und Kosten hinreichend zu informieren, (Rolf Hempelmann [SPD]: Das machen die Zeitungen schon!) obwohl sie selbst wiederholt Bedenken über die schwindende Akzeptanz der Photovoltaikförderung äußerte. Falsch gehandelt haben auch weite Teile der Solarindustrie. Sie ruhte sich insbesondere in den Jahren satter Gewinne auf garantierten Vergütungssätzen aus, anstatt ausreichende Mittel in Forschung und Entwicklung zu investieren. Wir verfolgen übrigens auch das Ziel, bei einer Über- oder Unterschreitung des Zubaukorridors sofort Änderungen an der monatlichen Degression vornehmen zu können. Bei der hierfür angedachten Verordnungsermächtigung für das BMU im Einvernehmen mit dem BMWi fehlt mir allerdings noch die notwendige Beteiligung des Parlaments. Wir werden hier noch eine geeignete Lösung finden. Meine Damen und Herren, um die Photovoltaik näher an den Markt heranzubringen, wird künftig nur noch ein bestimmter Prozentsatz - 85 bis 90 Prozent der Strommenge - vergütet. Die nicht vergüteten Strommengen können entweder selbst verbraucht oder am Markt verkauft werden. Gleichzeitig fällt der Eigenverbrauchsbonus nach dem EEG 2012 weg. Die EEG-Kosten werden so weiter entlastet. Noch ein Wort zur EU-Effizienzrichtlinie. Deutschland hat seit Jahren einen rückläufigen Energieverbrauch und dennoch ein beachtliches wirtschaftliches Wachstum. Diese Entkopplung von Energieverbrauch und Wirtschaftswachstum haben nur wenige andere EU-Mitgliedstaaten geschafft. Natürlich bekennen wir uns zu dem Ziel, die Energieeffizienz bis 2020 um 20 Prozent zu steigern. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt hat Waltraud Wolff das Wort für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Thema geht es insbesondere um die Arbeitsplätze in Ostdeutschland. Deshalb, Herr Breil, hören Sie einmal gut zu; Sie können vielleicht noch etwas lernen. Das Solarmagazin Photon hat in seiner aktuellen Ausgabe Herrn Minister Röttgen zum "Solarfeind Nr. 1" erklärt. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Recht haben sie!) In einem offenen Brief hat die Redaktion in Gänze seinen Rücktritt gefordert und gefragt, für wie dumm er die Leute eigentlich hält. In den letzten Tagen habe ich viel mit Betriebsräten gesprochen. Ich kann Ihnen sagen: Die Leute im Land sind nicht dumm. Sie sehen ganz genau, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung bei der Photovoltaik einen Kahlschlag vornehmen will. Sie sehen auch, dass es hier um ihre Arbeitsplätze geht. Herr Minister Rösler, es wurde vorhin schon angesprochen: Keiner redet über die Verbraucher. Auch Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind Verbraucher. Ich rede über sie. In Sachsen-Anhalt hält sich Q-Cells, eines der ersten und größten Unternehmen der Branche, so gerade noch über Wasser. Herr Breil, die Angestellten - es geht um 1 650 Arbeitsplätze - produzieren dort zu 40 Prozent für den deutschen Markt, nicht für China; (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Aber das liegt doch nicht am EEG! Beim besten Willen nicht!) China produziert auch nicht für den hiesigen Markt. Diesen Markt, meine Damen und Herren, will die Bundesregierung trockenlegen. Ist das der Todesstoß nicht nur für Q-Cells? Fakt ist doch, dass jeder verlorene Arbeitsplatz in der Solarbranche auf das Konto der Herren Minister Rösler und Röttgen gehen wird. (Beifall bei der SPD und der LINKEN) Meine Damen und Herren, noch im August 2010 hat Herr Röttgen in Thüringen die "hochwertigen Arbeitsplätze" in der Solarindustrie gelobt. Seitdem wird die Photovoltaikbranche aber ständig ausgebremst. Was bedeutet der jetzige, der aktuelle Schritt? Der Zubau wird begrenzt. Herr Röttgen, Sie vernichten jetzt die Arbeitsplätze, die Sie noch 2010 hoch gelobt haben. (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Die Solarbranche ... schafft gerade in Ostdeutschland viele hochwertige Arbeitsplätze. So ließ sich Herr Röttgen noch im vorletzten Jahr zitieren; es ist auch ein Thema dieser Aktuellen Stunde. Es stimmt: 12 500 Arbeitsplätze sind es schon allein bei den PV-Herstellern im Solar Valley in Mitteldeutschland. In einem Standortgutachten zur Entwicklung in Ostdeutschland heißt es: 18,4 Prozent der Erwerbstätigen Deutschlands arbeiten im Osten der Republik; im Bereich der Photovoltaik sind es 32,6 Prozent, bei den industriellen Herstellern ganze 57,1 Prozent. Damit ist ganz klar belegt, dass die Photovoltaikbranche die zweitwichtigste auf dem ganzen ostdeutschen Arbeitsmarkt ist. (Beifall bei der SPD und der LINKEN - Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Aber das hat doch nichts mit dem EEG zu tun!) Nun kann man sich heute hier die Frage stellen: Wird das so bleiben? In Bitterfeld bangen die Mitarbeiter von Q-Cells. Bei First Solar in Frankfurt an der Oder gibt es ab morgen Kurzarbeit. Mein Herz ist bei den Kollegen in Frankfurt (Oder). (Beifall bei der SPD und der LINKEN) Betroffen sind 1 200 Mitarbeiter. Auch das sind Verbraucherinnen und Verbraucher. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist eine beschränkte Denkweise!) Auch bei Conenergy fängt man jetzt mit Kurzarbeit an; die ersten Mitarbeiter wurden sogar entlassen. Meine Damen und Herren, das EEG ist doch eine Erfolgsgeschichte. (Patrick Döring [FDP]: Wer bezahlt's? Das bezahlt jeder Stromkunde!) Die Erneuerbaren haben sich durchgesetzt. Es gibt erfolgreiche Technologien. Ostdeutschland hat hochqualifizierte Arbeitsplätze gewonnen. Aber diese Bundesregierung reißt alles ein. Die Zeche zahlen die Unternehmer, die auf Zukunft gesetzt haben, und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Beifall bei der SPD und der LINKEN) Herr Röttgen, Photon scheint recht zu haben: Als Umweltminister sollten Sie an dieser Stelle Ihren Hut nehmen. Anstatt auf diese Entwicklung stolz zu sein, setzen Sie hier die Axt an, zielen auf den Solarstrom und treffen damit den Klimaschutz und den Aufbau Ost. (Patrick Döring [FDP]: Lächerlich!) Meine Damen und Herren, zum Schluss vielleicht ein kleiner Blick in die Geschichte. Noch vor 100 Jahren beherrschte ein Land, das Großbritannien heißt, den Weltmarkt. Dann hat es in Deutschland Vorreiter gegeben. Vorhin ist Siemens angesprochen worden; es gab noch mehr Vorreiter. Sie haben es geschafft, die deutsche Wirtschaft durch Vordenken auf die Gewinnerstraße zu bringen und zum Exportweltmeister zu machen. Die Bundesregierung und die beiden Minister, die heute hier im Mittelpunkt stehen, führen diese Branche auf die Verliererstraße. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Oh Gott!) Es ist ein trauriger Tag, wenn es dabei bleibt. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt spricht Franz Obermeier für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Franz Obermeier (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Tagen wurde in Deutschland das Ergebnis einer Umfrage veröffentlicht, in der die Frage gestellt wurde: Welcher Fraktion im Deutschen Bundestag würden Sie die größte Problemlösungskompetenz zumessen? Das Ergebnis: Die SPD ist marginalisiert, und die Grünen spielen keine Rolle. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Warum sage ich das? Weil diese Aktuelle Stunde den einschlägigen Beweis dafür liefert, dass hier mit Argumenten gearbeitet wird, die alles andere als stichhaltig sind und die ausschließlich der Verwirrung unserer Bürgerinnen und Bürger dienen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Patrick Döring [FDP]) Ich möchte mich als Erstes mit dem Argument auseinandersetzen, dass die Novellen zum EEG, die diese Bundesregierung auf den Weg gebracht hat, die Ursache dafür sind, dass in Deutschland Arbeitsplätze in der Photovoltaikindustrie gefährdet sind. In den zurückliegenden zwei Jahren hatten wir einen Aufwuchs im Bereich Photovoltaik in einem Ausmaß, das wir volkswirtschaftlich nicht mehr vertragen. Deswegen muss jetzt korrigiert werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. -Patrick Döring [FDP]) Trotzdem haben wir uns gegen Ende vergangenen Jahres mit der Insolvenz von Solon auseinandersetzen müssen, und das, obwohl die Nachfrage nach Modulen in Deutschland so hoch war wie nie. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Ja, das stimmt!) Frau Kollegin Wolff, allein dieses eine Beispiel widerlegt Sie eindeutig: Die Ursache für den Niedergang der Solarbranche, den wir hoffentlich in Grenzen halten können, ist eben nicht der deutsche Markt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Nein, die Ursache sind der weltweite Wettbewerb und der Aufbau von Produktionsüberkapazitäten, insbesondere in China. Auch ich beklage die Tatsache, dass in China mit Mitteln gearbeitet wird, die wir als Anhänger der sozialen Marktwirtschaft nicht tolerieren können. Staatliche Subventionen für Produkte, die den Wettbewerb auf dem Weltmarkt verfälschen, das entspricht nicht unseren Vorstellungen. Lassen Sie mich ein paar Worte zur aktuellen Diskussion über den Vorschlag der Bundesregierung sagen. Natürlich werden wir über den Stichtag reden. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht ja schnell!) - Selbstversändlich werden wir über den Stichtag reden. - Es gilt das Struck'sche Gesetz: (Rolf Hempelmann [SPD]: Na also! - Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Noch kein Gesetz hat das Parlament so verlassen, wie es hineingekommen ist. Das ist das eine. Das andere ist (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie etwas zur Verordnungsermächtigung!) die Verordnungsermächtigung. (Zustimmung bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ich gebe ganz offen zu, dass ich mich furchtbar schwer damit tue, meine Meinung von 2008 und 2009 - damals haben wir schon einmal über dieses Thema gesprochen - zu ändern. Es gäbe zwar Gründe, weil zumindest in einem Ministerium mittlerweile mehr Sachverstand vorhanden ist; das will ich gerne zugestehen. Aber ich bin auch der Auffassung, dass das Parlament bei diesen Entscheidungen das Heft des Handelns in der Hand halten sollte. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zum Abschluss noch ein Wort zum Thema Eigenverbrauch. Die Regelung zur Eigenverbrauchsvergütung, die Minister Röttgen bei der vorletzten Novelle zum EEG eingeführt hat, war ein erster, für meine Begriffe richtiger Schritt. Wenn man das ganze System jetzt so umstellt, dass wir von der erzeugten Strommenge pauschal prozentual etwas abziehen, dann ist auch das eine Möglichkeit, vermutlich sogar eine bessere Möglichkeit als die freiwillige Inanspruchnahme. Wir werden die Energiewende so gestalten, dass sie volkswirtschaftlich verträglich ist, dass sie keinen besonderen Schaden anrichtet; denn wir haben die Gesamtverantwortung für die Volkswirtschaft in Deutschland. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sehr gut!) Wir sind mit dem Herzen nicht nur bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Photovoltaikindustrie, sondern bei allen Mitarbeitern in der gesamten deutschen Wirtschaft. Denen fühlen wir uns verantwortlich, und so werden wir Politik betreiben. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der letzte Redner in der Aktuellen Stunde ist der Kollege Jens Koeppen für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Jens Koeppen (CDU/CSU): Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche einmal, die Debatte zusammenzufassen: Es besteht Konsens - das habe ich festgestellt -, dass der Umbau der Energieversorgung nach wie vor eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist; darin sind wir uns einig. Ich möchte mich auf ein paar Kernaussagen dieser Debatte konzentrieren. Ich fange bei der Energieeffi-zienz an. Dieses Thema ist aus meiner Sicht ein bisschen zu kurz gekommen. (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Was sagen Sie als Brandenburger zu Ostdeutschland?) Wir wollen die Energieeffizienz steigern. Die Energie, die wir nicht verbrauchen, müssen wir nicht erzeugen. Ich glaube, das ist die beste Alternative. Auf diesem Gebiet müssen wir mehr tun. Wir geben auf europäischer Ebene pro Jahr 400 Milliarden Euro für Energieimporte aus. Wir wollen einen großen Teil dieses Geldes umschichten, damit nicht mehr so viele Energierohstoffe eingekauft werden müssen. Das entspricht unserem Energieeffizienzansatz. Wir wollen in Energieeffizienztechnologie investieren. Das spart Ressourcen, das schont die Umwelt, und das schafft vor allen Dingen Arbeitsplätze hier bei uns im Land. Darauf müssen wir mehr Wert legen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es gibt die ganz hervorragende und erfolgreiche Exportinitiative Energieeffizienz - die gibt es allerdings schon seit 2007 -: "Energieeffizienz - Made in Germany". Auf diesem Gebiet müssen wir noch ein bisschen mehr tun. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Breil [FDP]) Es wurde bereits gesagt, dass die Bezahlbarkeit der Energie an oberster Stelle steht. Das kann ich nur unterstützen. Energie darf kein Luxusgut werden. Die EEG-Umlage darf - das haben wir ins Konzept geschrieben - 3,5 Cent pro Kilowattstunde nicht überschreiten. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie muss gewährleistet bleiben. Hohe Energiepreise sind heutzutage die größte Wirtschaftsbremse. Weit vor den Personalkosten stehen die Energiekosten, und die müssen wir im Auge behalten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) In diesem Zusammenhang wurde hier immer wieder über Arbeitsplätze gesprochen. Ich möchte ganz deutlich sagen, dass wir die Arbeitsplätze auf keinen Fall gegeneinander ausspielen dürfen: auf der einen Seite die guten Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien und auf der anderen Seite die weniger guten im Bereich der Industrie. (Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Das machen Sie! Nur umgekehrt!) Wenn wir das machen, haben wir schon verloren. Uns sind alle Arbeitsplätze in Deutschland wichtig. Ich fordere Sie auf, unseren Kurs mitzutragen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Am meisten wurde hier darüber diskutiert, dass die Energieversorgung zum überwiegenden Teil durch die Nutzung erneuerbarer Energien erfolgen soll. Das heißt, dass wir das Zeitalter der erneuerbaren Energien gemeinsam beginnen wollen. Dazu brauchen wir aber Anreize und nicht Dauersubventionen. Das EEG - das ist jetzt, glaube ich, die fünfte Novelle - ist eine gute Idee, wenn es um Energieversorgung geht. (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Und was sagen Sie zu Ostdeutschland als Brandenburger?) Hier hatte ich aber immer wieder den Eindruck - vor allen Dingen bei Ihnen, den Sozialdemokraten -, dass es um enttäuschte Renditeerwartungen geht. Es geht um Vergütungssätze - hoch und runter. (Widerspruch bei der SPD) In den Diskussionen im Ausschuss geht es immer wieder um den NaWaRo-Bonus. Es geht um den Güllebonus und um die Maisquote; aber es geht nicht um Energieversorgung. Deswegen sage ich: Im Zusammenhang mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz muss es wieder um die Energieversorgung in Deutschland gehen. Dazu rufe ich Sie auf. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Was sagen Sie denn bitte schön zu Ostdeutschland als Brandenburger?) Wir brauchen bezahlbare, sichere Energie. Es muss auch wieder über Grundlasten gesprochen werden. Es muss über Lastmanagement gesprochen werden. (Rolf Hempelmann [SPD]: Macht ihr aber nicht!) Es muss über Regelenergie gesprochen werden. (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Und über Arbeitsplätze!) Es muss darüber gesprochen werden, wie dafür gesorgt werden kann, dass die Regelenergie bezahlbar bleibt. Es muss über Energietransporte gesprochen werden, über Netzausbau, über Speichertechnologie und nicht nur über den Bonus. Es kann einfach nicht sein, dass wir auf der einen Seite erneuerbare Energien, die überschüssig sind, exportieren und auf der anderen Seite teuren Kernenergiestrom aus Frankreich oder Temelin importieren. Das muss der Vergangenheit angehören. Wir wollen, dass das Ganze im Kontext gesehen wird. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - -Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Was sagen Sie als Brandenburger eigentlich zu Ostdeutschland?) Meine Damen und Herren, man sollte innovativ sein und nicht 20 Jahre lang blind einspeisen. Blind einzuspeisen, das bewirkt, dass Unternehmer satt und träge werden. Das EEG braucht viel stärkere Innovations-ansätze. Wir müssen es zu einem wahren Innovations-gesetz fortschreiben. Sie glauben doch nicht wirklich, dass Sie mit höheren Vergütungssätzen Arbeitsplätze sichern können. Arbeitsplätze bleiben nur dann erhalten, wenn Qualität und technologische Leistungsfähigkeit kaufentscheidend sind. Den Wettbewerb mit Asien werden wir nicht gewinnen, auch wenn wir die Vergütungssätze um 10 Cent erhöhen. Die Rendite durch den Verkauf chinesischer Module wird immer höher als die Rendite durch den Verkauf unserer Module sein. Das müssen wir doch endlich einmal begreifen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Das EEG muss die Branche zu Innovation ermuntern. Ein überhitzter Markt, ein überstürzter Umbau, extrem hohe Zubauraten und die ständige Jahresendrallye schaden der Branche. Die deutsche PV-Industrie muss mit Innovationen am Weltmarkt gehalten werden. Deswegen fordere ich Sie auf, diese Novelle zu unterstützen. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 1. März 2012, 9 Uhr, ein. Genießen Sie den Abend und die gewonnenen Einsichten. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 17.26 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 29.02.2012 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 29.02.2012 Binder, Karin DIE LINKE 29.02.2012 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 29.02.2012 Bracht-Bendt, Nicole FDP 29.02.2012 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 29.02.2012 Burchardt, Ulla SPD 29.02.2012 Friedhoff, Paul K. FDP 29.02.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 29.02.2012 Golze, Diana DIE LINKE 29.02.2012 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 29.02.2012 Humme, Christel SPD 29.02.2012 Kaczmarek, Oliver SPD 29.02.2012 Kelber, Ulrich SPD 29.02.2012 Keul, Katja BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 29.02.2012 Kipping, Katja DIE LINKE 29.02.2012 Körper, Fritz Rudolf SPD 29.02.2012 Korte, Jan DIE LINKE 29.02.2012 Luksic, Oliver FDP 29.02.2012 Marks, Caren SPD 29.02.2012 Menzner, Dorothée DIE LINKE 29.02.2012 Meßmer, Ullrich SPD 29.02.2012 Mücke, Jan FDP 29.02.2012 Nahles, Andrea SPD 29.02.2012 Nord, Thomas DIE LINKE 29.02.2012 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 29.02.2012 Pitterle, Richard DIE LINKE 29.02.2012 Pronold, Florian SPD 29.02.2012 Rupprecht (Weiden), Albert CDU/CSU 29.02.2012 Senger-Schäfer, Kathrin DIE LINKE 29.02.2012 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 29.02.2012 Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 3): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Höhe ausstehender Forderungen vonseiten der Firma ThyssenKrupp AG oder deren Tochtergesellschaften gegenüber dem griechischen Staat wegen der Bestellung bzw. Lieferung von U-Booten? Die U-Boot-Lieferungen der ThyssenKrupp-Gesellschaft Howaldtswerke - Deutsche Werft GmbH, HDW, an Griechenland basieren ausschließlich auf Privatrechtlichen Vereinbarungen. Zu diesen äußert sich die Bundesregierung nicht. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die -Fragen des Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 6): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine unzureichende wohnortnahe Versorgung mit Gütern des täg-lichen Bedarfs in dünner besiedelten, ländlichen Regionen insbesondere hinsichtlich der sozialen und ökologischen -Wirkungen, und welchen Stellenwert hat nach Ansicht der Bundesregierung die flächendeckende Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs bei der Rettung und Fortführung des Unternehmens Schlecker? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse über eine unzureichende wohnortnahe Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs. Auf Länderebene gibt es diverse Untersuchungen und Initiativen zur Nahversorgung. Wenn der stationäre Einzelhandel sich aus ländlichen Gebieten zurückzieht, gibt es alternative Angebots- und Versorgungsformen wie zum Beispiel mobile Händler, den klassischen Versandhandel, e-Commerce, Tankstellenshops, Wochenmärkte, Bauernmärkte, Hofläden, Nachbarschaftsläden und soziale Dienste. Die Bundes-regierung stellt keine hypothetischen Überlegungen zu eventuellen Förderanfragen von Unternehmen an. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 12): Wie sieht nach Einschätzung der Bundesregierung der Zeitplan für die Beratung der EU-Energieeffizienzrichtlinie auf EU-Ebene aus - hier insbesondere die Frage, ob die Bundesregierung darauf hinwirken wird, dass ein Beschluss noch während der dänischen EU-Ratspräsidentschaft erfolgt -, und liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, wie der deutsche Vorschlag von anderen EU-Staaten bewertet wird? Der Plan der dänischen Ratspräsidentschaft, den Kommissionsvorschlag für eine EU-Energieeffizienz-richtlinie innerhalb des laufenden Halbjahres zu verabschieden, ist ehrgeizig. Ob dies gelingen kann, wird maßgeblich von den anstehenden Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament abhängen. Diese haben noch nicht begonnen. Die Bundesregierung hat der dänischen Ratspräsidentschaft ihre Unterstützung für die geplante schnelle Verabschiedung zugesagt. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 13): Können nach dem neuen Konzept der Bundesregierung auch Einsparungen, die im Rahmen bestehender Programme - zum Beispiel des CO2-Gebäudesanierungsprogramms - durch bereits vor Inkrafttreten der EU-Energieeffizienzrichtlinie durchgeführte konkrete Maßnahmen - zum Beispiel Wärmedämmung eines Einfamilienhauses - erzielt wurden, auf die Zielerreichung des vorgeschlagenen 4,5-Prozent-Ziels zur Senkung des Energieverbrauchs bzw. des 6,3-Prozent-Ziels zur Steigerung der Energieeffizienz angerechnet werden, und, falls ja, bis zu welchem Jahr sollen bereits durchgeführte Maßnahmen rückwirkend auf die zukünftigen Einsparziele angerechnet werden können? Die Ausgestaltung der formulierten Ziele zur Energieverbrauchsminderung bzw. Energieeffizienzsteigerung im Detail wird die Bundesregierung im weiteren Verlauf der Verhandlungen auch im Dialog mit anderen Verhandlungspartnern auf EU-Ebene konkretisieren. Maßnahmen aus bereits existierenden Programmen, die nach Inkrafttreten der Richtlinie durchgeführt werden, fließen in jedem Falle ein. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 14): Auf welcher Grundlage basieren die beiden Energieeffi--zienzziele von einer Steigerung der Energieeffizienz von 6,3 Prozent innerhalb von drei Jahren bzw. der Senkung des Energieverbrauchs von 4,5 Prozent innerhalb von drei Jahren - bezogen auf eine jeweils vorlaufende Referenzperiode -, und wie passen diese Ziele in das von der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel 2007 formulierte Ziel der Steigerung der Energieeffizienz bzw. der Reduzierung des Primärenergie-verbrauchs um 20 Prozent bis 2020? Das Ziel zur Energieeinsparung von 4,5 Prozent innerhalb von drei Jahren beruht auf dem Kommissionsvorschlag (Art. 6 Abs. 1, 9), das Ziel zur Steigerung der Energieeffizienz um 6,3 Prozent innerhalb von drei Jahren auf dem Energieeffizienzziel der Bundesregierung. Die vorgeschlagenen nationalen verbindlichen Ziele -tragen zur Erreichung des indikativen EU-Ziels, die Energieeffizienz in der EU bis 2020 um 20 Prozent zu verbessern, bei. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 16): Wie viele Anträge auf sogenannte Hermesdeckungen sind seit dem 1. Januar 2007 ausschließlich aufgrund einer negativ verlaufenen Umweltprüfung des Exportgeschäftes abgelehnt worden, und wie viele sind trotz einer nicht völlig unbedenklichen Umweltprüfung im gleichen Zeitraum zustande gekommen (bitte jeweils Anträge mit Datum der Antragstellung, mit Angabe der Höhe des Antrags, des Ziellandes sowie des Datums der Ablehnung für die erste Teilfrage bzw. des Datums der Abwicklung für die zweite Teilfrage auflisten)? Die Gründe für die Ablehnung eines Antrags auf Übernahme einer Exportkreditgarantie - Hermesdeckung - sind in der Regel vielfältig. Die Nichteinhaltung von Umweltanforderungen kann hierzu gehören. Eine gesonderte Erfassung nach den Ablehnungsgründen erfolgt jedoch nicht. Es werden nur Lieferungen zu Projekten in Deckung genommen, bei denen das Ergebnis der Umweltprüfung erwarten lässt, dass das Projekt aus Umweltgesichtspunkten unbedenklich ist. Maßstab der Prüfung der Bundesregierung sind die internationalen Standards, wie sie in den Umweltleitlinien der OECD -Common Approaches - festgelegt sind. Anlage 8 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Druck-sache 17/8723, Frage 17): Hat sich die Menschenrechtslage in Libyen nach Auffassung der Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt gegenüber der Situation vor einem Jahr - Januar 2011 - eher verbessert oder verschlechtert, und wie begründet sie diese Bewertung? Aus Sicht der Bundesregierung sind in Libyen klare Verbesserungen in der Menschenrechtslage feststellbar. Die systematische Überwachung der libyschen Bevölkerung und daraus resultierende Repressionen durch Staatsorgane - wie unter dem Gaddafi-Regime - sind beendet. Es herrscht heute im Gegensatz zu früher Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit. Zudem besteht heute insgesamt eine größere Transparenz hinsichtlich der Menschenrechtslage in Libyen. Ausländische Menschenrechtsorganisationen und Medien haben ungleich bessere Möglichkeiten zu recherchieren als dies bis Anfang 2011 der Fall war. Damals hat häufig schon die Erlangung eines Einreisevisums ein unüberwindbares Hindernis dargestellt. Problematisch ist heute vor allem, dass es circa 8 000 Häftlinge gibt, die überwiegend willkürlich festgenommen wurden - und dass es für sie bislang keine geregelten Gerichtsverfahren und häufig keinen Rechtsbeistand gibt. Zudem gibt es Berichte über Folter und Misshandlungen von Gefangenen. Im Gegensatz zu früher ist die Zahl der Häftlinge bekannt und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat Zugang zu ihnen. Außerdem bekennen sich der Nationale Übergangsrat und die Übergangsregierung im Gegensatz zum -Gaddafi-Regime zur Einhaltung der Menschenrechte und der Vermeidung von Straflosigkeit. Die Effektivität des Regierungshandelns ist jedoch aufgrund fehlender gesamtstaatlicher Strukturen eingeschränkt, dies betrifft etwa die Kontrolle über die zahlreichen Milizen und -lokalen Selbstverwaltungen. Da viele Gefangene in den Händen von Milizen sind, vertritt die Bundesregierung den Standpunkt, dass die libysche Übergangsregierung weitere Anstrengungen unternehmen muss, um die Kon-trolle über alle Gefangenen in Libyen zu erlangen und somit die Einhaltung der Menschenrechte besser gewährleisten zu können. Anlage 9 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 18): Wie bewertet die Bundesregierung die Menschenrechts-situation von Migranten aus Subsahara-Afrika in Libyen im Vergleich zum Januar 2011 (bitte mit Begründung)? Die Menschenrechtslage von Migranten aus Subsahara-Afrika ist differenziert zu betrachten. Der weit überwiegende Teil von ihnen hat seit Anfang 2011 Libyen verlassen. Eine nicht näher bekannte Anzahl befindet sich unter den circa 8 000 Gefangenen in Libyen, weil sie verdächtigt werden, als Söldner für Gaddafi tätig gewesen zu sein. Für sie gelten die Einschränkungen wie in der Antwort zu Ihrer ersten Frage ausgeführt. Über die Zahl weiterer Migranten aus Subsahara-Afrika, die sich in Libyen aufhalten, liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Die Bundesregierung sieht das Risiko, dass diese möglicherweise einem Generalverdacht unterliegen, Söldner Gaddafis gewesen zu sein - und deshalb in Furcht vor Repressalien leben. Andererseits haben sie im Gegensatz zu Anfang 2011 bessere Aussicht auf Betreuung durch internationale Hilfsorganisationen wie das Hohe Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen, UNHCR, oder das Amt für humanitäre Hilfe, ECHO. Anlage 10 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 28): Inwiefern beteiligt sich die Bundesregierung konzeptionell, personell und finanziell an der Errichtung eines EU-Operationszentrums für das Horn von Afrika, und was erwartet sie von diesem Zentrum für die laufenden und geplanten EU-Missionen und -Operationen am Horn von Afrika? Der Rat für Auswärtige Angelegenheiten hat am 23. Januar 2012 die Aktivierung des EU-Operationszen-trums beschlossen. Derzeit werden die Einzelheiten der Aktivierung im Hinblick auf das GSVP-Engagement am Horn von Afrika noch beraten. Das Operationszentrum soll unter anderem den Zivilen Operationskommandeur der EU bei der operativen Planung und der Führung der möglichen zukünftigen GSVP-Mission zum regionalen Aufbau maritimer Kapazitäten, Regional Maritime -Capacity Building, sowie den Missionskommandeur der EU-Trainingsmission in Somalia, EUTM Somalia, in militärischen Fragen unterstützen. Zudem soll es die strategische Koordination zwischen EUTM Somalia und den anderen GSVP-Aktivitäten am Horn von Afrika verbessern. Die zivil-militärischen Synergien sollen gestärkt, die Verbindungen zur Operation EUNAVOR ATALANTA gehalten und der Austausch zwischen den Missionen und der Operation mit den Brüsseler EU-Strukturen erleichtert werden. Bei der Aktivierung des Operationszentrums handelt es sich um den ersten Schritt zur Umsetzung des Anliegens der Initiative des Weimarer Dreiecks zur Stärkung der zivil-militärischen Planungs- und Führungsfähigkeit der EU. Eine deutsche Beteiligung wird gemäß der während des Aktivierungsprozesses angeforderten Expertise zu prüfen sein. Anlage 11 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 29): Welche Anzeichen hat die Bundesregierung dafür, dass ihre Bemühungen, die Regierung Usbekistans zu einer Zustimmung zu einer IAO-Beobachtermission (IAO: Internationale Arbeitsorganisation) bei der Baumwollernte zu bewegen, dieses Jahr erfolgreicher sein werden als in den letzten Jahren, und aus welchen Gründen setzt sie sich nicht für eine Untersuchungskommission nach Art. 26 des IAO-Statuts ein? Usbekistan hat 2008 die Konventionen 138 und 182 der Internationalen Arbeitsorganisation, IAO, ratifiziert. 2011 konnte die örtliche Vertretung des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, UNICEF, erstmals unangekündigt Beobachtergruppen für die Baumwollernte punktuell in verschiedene Landesteile entsenden. Über die Ergebnisse ist die UNICEF in einen vertraulichen Dialog mit der usbekischen Regierung getreten. Usbekistan zeigt damit im Vergleich zu den Vorjahren eine erhöhte Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen mit Blick auf die Kinderarbeit, allerdings bislang auf die UNICEF begrenzt. Die Einsetzung einer Untersuchungskommission nach Art. 26 der IAO-Verfassung kann nicht von einem einzigen Mitgliedstaat allein, sondern nur vom Verwaltungsrat entschieden werden. Der Verwaltungsrat der IAO besteht aus 28 Regierungsvertretern sowie je 14 Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisation. Bislang hat es im Verwaltungsrat keine Mehrheit für die Einsetzung einer Untersuchungskommission gegeben. Der Einsetzung einer Untersuchungskommission geht in der Regel das Beschwerdeverfahren nach Art. 24 IAO-Verfassung voraus. Im Rahmen des noch laufenden Beschwerdeverfahrens ist gegenüber Usbekistan die Forderung nach Einladung einer IAO-Mission erhoben worden. Es ist vorgesehen, dass Usbekistan bei der nächsten Sitzung der Internationalen Arbeitskonferenz der IAO im Juni 2012 hierzu Stellung nimmt. Die Bundesregierung wird diese Forderung auch weiterhin gegenüber Usbekistan aufrechterhalten und mit Nachdruck für die Beseitigung von Kinderarbeit eintreten. Anlage 12 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 30): Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, dass deutsche Staatsbürger als Angestellte der italienischen Botschaft und Konsulate in Deutschland bei den am 5. März 2012 anstehenden Wahlen zur betrieblichen Arbeitnehmervertretung nicht wahlberechtigt sind, und, falls dem so ist, sieht die Bundesregierung politischen Handlungsbedarf, um für den betroffenen Personenkreis einen Zugang zur betrieblichen Mitbestimmung zu ermöglichen? Der Bundesregierung liegen keine diesbezüglichen Erkenntnisse vor. Ausländischen Botschaften und Konsulaten in Deutschland kommt eine besondere gesandtschaftsrechtliche Stellung zu, die sich aus den Wiener Übereinkommen über diplomatische und über konsularische Beziehungen, WÜD und WÜK, ergibt. Nach dem den Auslandsvertretungen zustehenden Recht auf innere Organisationsfreiheit aus Art. 7 WÜD ist der Entsendestaat bei der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse von Ortskräften gemäß Art. 41 WÜD bzw. Art. 55 WÜK lediglich an die Einhaltung der arbeits- und sozialrechtlichen Mindeststandards des Empfangsstaates und der übrigen einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen gebunden. In diesem Rahmen kann der Entsendestaat die Personalangelegenheiten seiner Missionen im Ausland eigenständig regeln. Wahlen zur betrieblichen Arbeitnehmervertretung sind für Ortskräfte aufgrund der besonderen gesandtschaftsrechtlichen Stellung der Mission nicht vorgesehen. Das deutsche Betriebsverfassungsgesetz findet insoweit keine Anwendung. Anlage 13 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 31): Welche Angaben macht die Bundesregierung zur derzeitigen Sicherheitslage in Afghanistan und zur Zuverlässigkeit der afghanischen Sicherheitskräfte sowie zu den Erfolgen bei der Gewinnung der Herzen der Afghanen angesichts der seit Tagen andauernden landesweiten Unruhen unter Parolen wie "Tod der NATO", "Tod den Ausländern" und des Überlaufens von Sicherheitskräften mit ihren Waffen zu den Demonstranten, nachdem die Bundesregierung noch in ihrem Sicherheitsbericht Ende letzten Jahres behauptet hatte, die Sicherheitslage sei besser geworden, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus diesen Ereignissen für ihre Prognose für Ende 2014, nach der dann die Sicherheitslage die vollständige Übergabe der Verantwortung für die Sicherheit im ganzen Land allein an die afghanischen Sicherheitskräfte erlauben werde? Die Verbrennung von religiösen Schriften durch Angehörige des US-Luftwaffenstützpunktes Bagram hat umgehend zu öffentlichen Klarstellungen und Bitten um Entschuldigung durch den Kommandeur der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe, ISAF, General Allen, den Sondergesandten der Vereinten Nationen, Jan Kubiš, den US-Verteidigungsminister, Leon Panetta, und auch durch US-Präsident Barack Obama geführt. Die US-Regierung hat eine eingehende Untersuchung des Vorfalls zugesichert. Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, hat nach Ausbruch der Proteste die Bestürzung der Bundesregierung über die anschließenden Gewalttaten, bei denen Afghanen und ISAF-Soldaten getötet und verletzt wurden, zum Ausdruck gebracht und öffentlich zu Mäßigung, Zurückhaltung und Gewaltlosigkeit aufgefordert, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Die Bundesregierung sieht aufgrund der jüngsten Gewalttaten in Afghanistan keine grundsätzliche Änderung der Sicherheitslage. Auch in der Vergangenheit hat es durch Ausschreitungen, Anschläge und in Einzelfällen auch durch die Hand fehlgeleiteter afghanischer Sicherheitskräfte Todesopfer und Verwundete gegeben. Das ist leider immer noch die Realität in Afghanistan: Der militärische wie zivile Einsatz dort ist und bleibt gefährlich. Wir haben hohen Respekt vor denen, die sich dieser Gefahr stellen, um ihren Auftrag zu erfüllen. Die Bundesregierung bleibt bei ihrer Einschätzung, dass sich die Lage in Afghanistan in den letzen Monaten insgesamt eher verbessert hat - auch wenn sich aktuell zeigt, dass die Lage fragil bleibt. Die afghanischen Sicherheitskräfte - das haben sie auch bei den genannten Zwischenfällen bewiesen - sind immer besser in der Lage, ihren Aufgaben gerecht zu werden. Der 2010 vereinbarte und zuletzt bei der Afghanistan-Konferenz in Bonn bekräftigte Zeitplan für die Übergabe der Sicherheitsverantwortung und den schrittweisen Abzug der Internationalen Schutztruppe bis 2014 steht nicht infrage. Anlage 14 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dagdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 33): Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Prüfung und Planung einer militärischen Intervention in den einzelnen NATO-Staaten - insbesondere USA, Türkei, Frankreich und Großbritannien - gegen Syrien bzw. über die Vorbereitung einer gemeinsamen militärischen Intervention der -Koalition "Freunde Syriens", zu der sich die USA, Großbritannien, Frankreich und die Arabische Liga nach dem Veto Chinas und Russlands im UN-Sicherheitsrat zusammengeschlossen haben, vor, die nach dem Vorbild der sogenannten Koalition der Willigen im völkerrechtswidrigen Krieg gegen Irak vorgehen soll, und über die bisherige Beteiligung des NATO-Mitgliedstaates Türkei an dem Bürgerkrieg in Syrien, die sich besonders durch die Bewaffnung, Ausbildung und Unterstützung einer Bürgerkriegspartei, der "Freien Syrischen Armee", kennzeichnet (vergleiche www.tagesanzeiger.ch/aus land/naher-osten-und-afrika/Blauhelme-und-Waffenlieferun gen/story/31275263?dossier_id=965)? Der Bundesregierung sind keine Planungen einer militärischen Intervention in Syrien durch NATO-Staaten bekannt. Die genannten Partner haben sich in einer Vielzahl von Gesprächen für eine diplomatische Lösung des Konflikts ausgesprochen. Die "Gruppe der Freunde des syrischen Volkes" hat sich am 24. Februar 2012 bei ihrem Treffen in Tunis ausdrücklich zum Ziel einer politischen Lösung der Krise in Syrien bekannt. Über die Bewaffnung, Ausbildung und Unterstützung der "Freien Syrischen Armee" liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 34): Auf welcher gesetzlichen Grundlage informiert das Bundesamt für Verfassungsschutz, BfV, ausländische Geheimdienste über Reisen einer Gruppe deutscher Staatsangehöriger als angebliche Terrorismusunterstützer ins Ausland, wie es der Schriftsteller Raul Zelik über eine Reisegruppe von 2005 nach Kolumbien berichtete (http://tinyurl.com/6ub2ek9), und inwiefern stellte die Bundesregierung in diesem Einzelfall, aber auch in anderen Fällen sicher, dass durch diese Praxis nicht Leib und Leben ihrer Staatsangehörigen gefährdet werden, zumal der damalige Chef des kolumbianischen Geheimdiensts DAS, mit dem das BfV kooperierte, als Hardliner gegen Linke und Unterstützer paramilitärischer Gruppen bekannt war, was letztes Jahr mit einer Verurteilung zu 25 Jahren Gefängnis geahndet wurde, da ihm nachgewiesen wurde, dass er in seiner Amtszeit den Todesschwadronen Listen zu ermordender Gewerkschafter zuspielte? Das Bundesamt für Verfassungsschutz, BfV, hat weder den kolumbianischen noch einen anderen auslän-dischen Nachrichtendienst im Wege des Austauschs personenbezogener Daten über die in der Frage erwähnte Reise einer Gruppe deutscher Staatsangehöriger nach Kolumbien informiert. Weder zur Person des Raul Zelik noch zu dessen Umfeld hat das BfV jemals personenbezogene Daten an den kolumbianischen Nachrichtendienst übermittelt. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage des Abgeordneten Alexander Ulrich (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 35): Inwiefern sind die Bundesregierung oder andere EU-Mitgliedstaaten durch den Ratsbeschluss vom 16. Dezember 2011 hinsichtlich der geplanten Ratifizierung des ACTA-Abkommens (ACTA: Anti-Counterfeiting Trade Agreement) eine rechtliche Verpflichtung zur Umsetzung von ACTA eingegangen, wie es am 10. Februar 2012 im Handelspolitischen Ausschuss von der EU-Kommission behauptet wurde, und welche internationale Verantwortung, wie es die EU-Kommission im Handelspolitischen Ausschuss ebenfalls vorträgt, ist nach Auslegung der Bundesregierung damit verbunden? Der Beschluss des Rates über die Unterzeichnung vom 16. Dezember 2011 genehmigt die Unterzeichnung des sogenannten ACTA-Abkommens im Namen der Europäischen Union. Eine rechtliche Verpflichtung zur Ratifikation des Abkommens ist damit weder für die Union noch für die Mitgliedstaaten verbunden. Die Zeichnung eines Übereinkommens führt zur Festlegung des authentischen Textes und zu der Verpflichtung, Ziel und Zweck des Vertrags nicht zu vereiteln. Nach Auslegung der Bundesregierung ist dies die internationale Verantwortung, auf die die Kommission im Handelspolitischen Ausschuss verwiesen hat. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Fra-gen 36 und 37): Wie ist die augenblickliche inhaltliche Position der Bundesregierung bezüglich des Anti-Counterfeiting Trade Agreement - auch vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung der Europäischen Kommission, das Abkommen durch den Europäischen Gerichtshof überprüfen lassen zu wollen -, und wie wird der weitere Ratifizierungsprozess in Deutschland in zeitlicher Hinsicht aussehen? Wird sich die Bundesregierung, die ja bereits vor geraumer Zeit der Friends-of-Transparency-Initiative beigetreten ist, gegenüber den Verhandlungspartnern für eine Offenlegung sämtlicher Dokumente, die im Zusammenhang der einzelnen Verhandlungsrunden erstellt wurden, einsetzen? Zu Frage 36: Das ACTA-Abkommen soll die weltweite Bekämpfung der Produktpiraterie verbessern, weil die unerlaubte Nachahmung von Produkten die deutsche Wirtschaft schädigt und Risiken für die Verbraucher hat. Bezüglich der Regelungen zum Internet hat ACTA allerdings Besorgnis und Widerstände in der Öffentlichkeit ausgelöst, die Beachtung verdienen. Einige Staaten haben bereits angekündigt, die Zeichnung bzw. das Ratifikationsverfahren auszusetzen. Auch im Europäischen Parlament gibt es eine Debatte über die Auswirkungen von ACTA. Die Europäische Kommission wird das Abkommen dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorlegen. Das Bundeskabinett hat am 30. November 2011 der Zeichnung von ACTA durch die Bundesrepublik Deutschland zugestimmt. Ein konkreter Zeichnungstermin und zeitliche Planungen zum Ratifikationsverfahren stehen derzeit nicht fest. Zu Frage 37: Deutschland hat sich zusammen mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union für eine Offenlegung der Verhandlungsdokumente eingesetzt (Friends of Transparency). Dies hat dazu beigetragen, dass die entscheidenden Dokumente zu ACTA offengelegt worden sind. Hierzu zählt die Veröffentlichung der Verhandlungstexte aus dem April 2010, vom 2. Oktober 2010 und vom 15. November 2010 sowie des endgültigen Vertragstextes vom 3. Dezember 2010. Eine weitere Offen-legung ist entsprechend der allgemeinen Praxis bei -Verhandlungen von Freihandelsabkommen nur im Einvernehmen mit den Beteiligten möglich. Die Wahrung der Vertraulichkeit entspricht der allgemeinen Praxis bei Freihandelsabkommen. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage der Abgeordneten Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 38): Wie begründet es die Bundesregierung, dass davon auszugehen ist, dass es, nachdem die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, in ihrer Videobotschaft zu ACTA vom 8. Februar 2012 gesagt hat, dass die Bundes-regierung keinen Gesetzgebungsbedarf zur Änderung des Urheberrechts sehe, den lange angekündigten sogenannten dritten Korb der Urheberrechtsreform nicht mehr geben wird? Die Bundesministerin der Justiz hat mit ihrer Erklärung vom 8. Februar 2012 lediglich zum Ausdruck gebracht, dass das Anti-Counterfeiting Trade Agreement, ACTA, keinen Gesetzgebungsbedarf für eine Änderung des Urheberrechtsgesetzes begründet. Eine Aussage zu dem sogenannten dritten Korb der Urheberrechtsreform war hiermit nicht verbunden. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen des Abgeordneten Burkhard Lischka (SPD) (Drucksache 17/8723, Fragen 39 und 40): Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das in der "Vergleichenden Studie über Modelle zur Versendung von Warnhinweisen durch Internet-Zugangsanbieter an Nutzer bei Urheberrechtsverletzungen" vorgeschlagene "vorgerichtliche Mitwirkungsmodell" als eine Kooperationsmöglichkeit anzusehen ist, die der Verpflichtung in ACTA entspricht, "Kooperationsbemühungen im Wirtschaftsleben zu fördern, die da-rauf gerichtet sind, Verstöße gegen Marken, Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte wirksam zu bekämpfen"? Wird die Bundesregierung im Rahmen des dritten Korbes zur Novellierung des Urheberrechtsgesetzes eine Regelung für ein solches Warnhinweismodell vorschlagen, und wann ist mit der Vorlage des dritten Korbes zu rechnen? Zu Frage 39: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat eine Studie zu den innerhalb der Europäischen Union diskutierten Modellen zur Versendung von Warnhinweisen in Auftrag gegeben. Diese Studie liegt nunmehr vor und soll die Grundlage für die weitere Diskussion zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet sein. Die Bundesregierung wird die Studie zunächst mit den im Wirtschaftsdialog beteiligten Rechteinhabern und Diensteanbietern erörtern. Dabei werden die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die europäische Rechtslage im Übrigen und verfassungsrechtliche Aspekte selbstverständlich berücksichtigt. ACTA enthält keine Regelungen zu Warnhinweisen oder Internetsperren. Es sind auch keine Verpflichtungen der Provider zur Kontrolle oder Filterung des Datenverkehrs vorgesehen. Die Bundesregierung wird keine Initiativen für Internetsperren bei Urheberrechtsverletzungen ergreifen. Zu Frage 40: Die Arbeiten an dem Referentenentwurf für ein Drittes Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft sind im Bundesministerium der Justiz noch nicht abgeschlossen. Daher kann auch noch keine Aussage über den Inhalt getroffen werden. Regelungen für ein Warnhinweismodell wird der Entwurf jedenfalls nicht enthalten. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage des Abgeordneten Ingo Egloff (SPD) (Drucksache 17/8723, Frage 41): Wie bewertet die Bundesregierung - vor dem Hintergrund, dass sich die Fraktion der CDU/CSU bereits für ein Warnhinweismodell bei Urheberrechtsverletzungen ausgesprochen und der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Hans-Joachim Otto Provider und Rechteinhaber aufgefordert hat, sich zügig auf ein praktikables Warnhinweismodell zu einigen, da sonst die Bundes-regierung in der Pflicht sei, eine gesetzliche Regelung vorzuschlagen, während die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, unter Berufung auf den Koali-tionsvertrag erklärt hat, dass es in Deutschland keine Sperrung von Internetzugängen wegen Urheberrechtsverletzungen und keine Warnhinweise geben werde - entsprechende Warnhinweismodelle sowie das vorgerichtliche Mitwirkungsmodell, und wird die Bundesregierung Initiativen ergreifen, um entsprechende Modelle umzusetzen? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat eine Studie zu den innerhalb der Europäischen Union diskutierten Modellen zur Versendung von Warnhinweisen in Auftrag gegeben. Diese Studie liegt nunmehr vor und soll die Grundlage für die weitere Diskussion zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet sein. Die Bundesregierung wird die Studie zunächst mit den im Wirtschaftsdialog beteiligten Rechteinhabern und Diensteanbietern erörtern. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen des Abgeordneten Siegmund Ehrmann (SPD) (Drucksache 17/8723, Fragen 42 und 43): Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass ein Warnhinweismodell bei Urheberrechtsverletzungen als verhältnismäßig anzusehen ist und dass ein solches Modell einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung von Rechtsverstößen leisten kann? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass bereits heute anstelle kostenintensiver Abmahnungen Warnhinweise verschickt werden könnten und dass es hierzu keiner Inpflichtnahme der Internetzugangsanbieter bedürfte, und welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, warum nicht bereits heute - wenn die Vermeidung von Abmahnungen das Ziel eines solchen vorgerichtlichen Mitwirkungsmodells sein soll - vor einer Abmahnung eine aufklärende Warnung verschickt wird? Zu Frage 42: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat eine Studie zu den innerhalb der Europäischen Union diskutierten Modellen zur Versendung von Warnhinweisen in Auftrag gegeben. Diese Studie liegt nunmehr vor und soll die Grundlage für die weitere Diskussion zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet sein. Die Bundesregierung wird die Studie zunächst mit den im Wirtschaftsdialog beteiligten Rechteinhabern und Diensteanbietern erörtern. Zu Frage 43: Die Bundesregierung teilt die Auffassung, dass der Rechteinhaber bereits heute anstelle der Abmahnung einen Hinweis an den Anschlussinhaber schicken könnte. Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse dazu, warum dies nicht geschieht. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen des Abgeordneten Martin Dörmann (SPD) (Drucksache 17/8723, Fragen 44 und 45): Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung aus dem kürzlich veröffentlichten Gutachten zu Warnhinweisen bei Urheberrechtsverletzungen ziehen, und wie bewertet sie die Ergebnisse der vergleichenden Studie hinsichtlich der Erkenntnisse und Auswirkungen entsprechender Modelle zur Aussendung von Warnhinweisen bei Urheberrechtsverletzungen durch Internetzugangsanbieter in anderen EU-Mitgliedstaaten? Wie bewertet die Bundesregierung das mit dieser Studie vorgeschlagene vorgerichtliche Mitwirkungsmodell aus rechtspolitischer Perspektive, und wie bewertet die Bundesregierung ein solches Modell im Hinblick auf seine verfassungsrechtliche und europarechtliche Vereinbarkeit? Zu Frage 44: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat eine Studie zu den innerhalb der Europäischen Union diskutierten Modellen zur Versendung von Warnhinweisen in Auftrag gegeben. Diese Studie liegt nunmehr vor und soll die Grundlage für die weitere Diskussion zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet sein. Die Bundesregierung wird die Studie zunächst mit den im Wirtschaftsdialog beteiligten Rechteinhabern und Diensteanbietern erörtern. Zu Frage 45: Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil zu Scarlet Extended (Rs C-70/10) entschieden, dass eine innerstaatliche Maßnahme nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist, wenn sie einen Internetzugangsprovider verpflichten würde, sämtliche Daten jedes einzelnen seiner Kunden aktiv und auf seine eigenen Kosten zu überwachen, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums vorzubeugen. Zugleich hat der EuGH in dieser Entscheidung wiederholt, dass es den nationalen Gerichten möglich bleiben muss, Vermittlern Maßnahmen aufzugeben, die nicht nur mittels ihrer Dienste bereits begangenen Verletzungen an Rechten des geistigen Eigentums beenden, sondern auch neuen Verletzungen vorbeugen. Diese Grundsätze der einen -Access-Provider betreffenden Entscheidung hat der EuGH in seiner Entscheidung Sabam (Rs. C-360/10) auch für Host-Provider bestätigt. Inwieweit die in beiden Entscheidungen entwickelten Grundsätze auf ein etwaiges vorgerichtliches Warnhinweismodell zu übertragen wären, hinge von der konkreten Ausgestaltung eines solchen Modells ab. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen der Abgeordneten Brigitte Zypries (SPD) (Druck-sache 17/8723, Fragen 46 und 47): Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass ein Warnhinweismodell bei Urheberrechtsverletzungen bzw. ein vor-gerichtliches Mitwirkungsmodell angesichts der damit einhergehenden Grundrechtseingriffe auf freiwilliger Basis im Rahmen einer Selbstregulierung umgesetzt werden könnte, oder teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass dies - sollte sich der Gesetzgeber tatsächlich dafür entscheiden - allenfalls auf gesetzlicher Grundlage erfolgen kann? Welche rechtlichen Vorgaben müssten nach Auffassung der Bundesregierung hierfür geschaffen oder geändert werden und in welcher Form? Zu Frage 46: Bereits im Zuge der Diskussion um die zunächst auf vertraglicher Basis zwischen dem Bundeskriminalamt und den Internetzugangsanbietern geplante Einführung von Sperren gegen kinderpornografische Seiten im Internet ist deutlich geworden, dass Beeinträchtigungen der von den Grundrechten geschützten Freiheitsbereiche auch im Verhältnis zwischen Privaten nicht ohne weiteres zulässig sind. Eine sogenannte Vertragslösung ohne gesetzliche Grundlage kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn eine Beschränkung durch Private auf einem der öffentlichen Gewalt zurechenbaren Verhalten beruht. Dies war bei den Sperrlisten der Fall, die das Bundeskriminalamt erstellen und auf deren Grundlage die Zugangs-anbieter Sperren errichten sollten. Ob dies für ein ohne staatliche Mitwirkung freiwillig zwischen Zugangsanbietern und Rechtsinhabern vereinbartes und durchgeführtes Warnhinweismodell, das ausdrücklich keine Internetsperren vorsieht, gleichermaßen gälte, hinge von der konkreten Ausgestaltung eines Warnmodells bzw. eines vorgerichtlichen Mitwirkungsmodells ab. Zu Frage 47: Die Bundesregierung wird zunächst die vergleichende Studie über Modelle zur Versendung von Warnhinweisen durch Internetzugangsanbieter an Nutzer bei Urheberrechtsverletzungen mit den am Wirtschaftsdialog beteiligten Rechteinhabern und Diensteanbietern erörtern und dann über weitere Schritte entscheiden. Davon hängt auch die weitere rechtliche Bewertung ab. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen des Abgeordneten Lars Klingbeil (SPD) (Drucksache 17/8723, Fragen 48 und 49): Wie bewertet die Bundesregierung die Notwendigkeit -eines Warnhinweismodells zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen bzw. eines vorgerichtlichen Mitwirkungsmodells, wie es die Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vorschlägt, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum -Beispiel in seiner Entscheidung "Scarlet Extended" (Rs. C-70/10), und teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ein solches Modell nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes europarechtswidrig wäre? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine derartige Inpflichtnahme von Internetzugangsprovidern als "Hilfssheriffs" auf eine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung hinausläuft, und ist die Bundesregierung der Auffassung, dass dies aus verfassungsrechtlicher Sicht zulässig ist? Zu Frage 48: Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil zu "Scarlet Extended" (Rs. C-70/10) entschieden, dass eine -innerstaatliche Maßnahme nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist, wenn sie einen Internetzugangsprovider verpflichten würde, sämtliche Daten jedes einzelnen seiner Kunden aktiv und auf seine eigenen Kosten zu überwachen, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums vorzubeugen. Zugleich hat der EuGH in dieser Entscheidung wiederholt, dass es den nationalen Gerichten möglich bleiben muss, Vermittlern Maßnahmen aufzugeben, die nicht nur mittels ihrer Dienste bereits begangenen Verletzungen an Rechten des geistigen Eigentums beenden, sondern auch neuen -Verletzungen vorbeugen. Diese Grundsätze der einen Access-Provider betreffenden Entscheidung hat der EuGH in seiner Entscheidung "Sabam" (Rs. C-360/10) auch für Host-Provider bestätigt. Inwieweit die in beiden Entscheidungen entwickelten Grundsätze auf ein etwaiges vorgerichtliches Warnhinweismodell zu übertragen wären, hinge von der konkreten Ausgestaltung eines -solchen Modells ab. Zu Frage 49: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Techno-logie hat eine Studie zu den innerhalb der Europäischen Union diskutierten Modellen zur Versendung von -Warnhinweisen in Auftrag gegeben. Diese Studie liegt nunmehr vor und soll die Grundlage für die weitere Diskussion zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet sein. Die Bundesregierung wird die -Studie zunächst mit den im Wirtschaftsdialog beteiligten Rechteinhabern und Diensteanbietern erörtern. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage der Abgeordneten Doris Barnett (SPD) (Drucksache 17/8723, Frage 50): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem Gutachten des Europäischen Gerichtshofes, EuGH, vom 8. März 2011, welcher zu dem Schluss kommt, ein geplantes EU-Patentgericht würde gegen europäisches Recht verstoßen, und welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, um dafür Sorge zu tragen, dass bei einer Errichtung des EU-Patentgerichtes der Sitz in Deutschland angesiedelt wird? Der Gerichtshof war in seinem Gutachten A-1/09 zu der Überzeugung gelangt, dass die ihm vorgelegte Fassung des Übereinkommensentwurfs nicht vollständig den Vorgaben des Unionsrechts entsprach. Die Kritik des EuGH betrifft im Wesentlichen eine Beeinträchtigung der Garantiefunktion nationaler Gerichte bei der Wahrung des Unionsrechts. Diese werde untergraben, wenn das zur Streitentscheidung berufene Fachgericht - wie seinerzeit geplant - als internationales Gericht unter Beteiligung von Drittstaaten ausgestaltet würde. Die an den Verhandlungen beteiligten Mitgliedstaaten beabsichtigen diesem Einwand des Gerichtshofes dadurch Rechnung zu tragen, dass das Europäische Patentgericht nicht - wie ursprünglich geplant als internationales Gericht mit Drittstaatenbeteiligung - sondern als gemeinsames Gericht ausschließlich der beteiligten EU-Mitgliedstaaten errichtet wird. Auf diese Weise soll das Gericht in die bestehende europäische Justizstruktur eingebunden werden. Unionsrechtliche Pflichten wie zum Beispiel die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nationaler Gerichte zur Auslegung des Unionsrechts durch den Gerichtshof gelten auch für das gemeinsame Europäische Patentgericht. Die Bundesregierung setzt sich in den Verhandlungen mit Nachdruck für München als Sitz der Zentralkammer ein, die nach deutschem Vorbild insbesondere für Patentnichtigkeitsverfahren zuständig sein soll. München ist als europäische Patenthauptstadt am besten als zentraler Sitz des Patentgerichts geeignet. Das Europäische Patentamt, das das EU-Patent erteilen soll, hat hier seinen Sitz. Die erforderliche Fachkompetenz der Richter und Anwaltschaft ist hier in besonderem Maße vorhanden. Auch Frankreich hat sich um den Sitz beworben (Paris). Eine Gesamteinigung hängt im Wesentlichen von dieser Sitzfrage ab. Die Bundesregierung wird sich weiterhin auf allen Ebenen für München als Zentralkammersitz einsetzen. Die dezentrale Struktur des Gerichts sieht vor, dass Patentverletzungsverfahren vor den in den Mitgliedstaaten angesiedelten Lokal- oder Regionalkammern geführt werden. Es ist davon auszugehen, dass auf die in Deutschland ansässigen Lokalkammern ein beträchtlicher Anteil am Gesamtvolumen der Streitigkeiten entfallen wird. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Fragen 51 und 52): Hat die Bundesregierung, beispielsweise aufgrund von Mitteilungen der portugiesischen Regierung, der Europäischen Zentralbank, des Internationalen Währungsfonds oder der EU-Kommission, Hinweise darauf, dass zusätzliche Unterstützung für Portugal oder eine Anpassung der bisherigen Hilfsmaßnahmen für Portugal notwendig werden könnten, und, wenn ja, seit wann? Hat der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, Mitgliedern der portugiesischen Regierung gegenüber Aussagen über die Haltung der Bundesregierung zu einer möglichen zusätzlichen Unterstützung für Portugal oder zu einer möglichen Anpassung der bisherigen Hilfsmaßnahmen gemacht? Zu Frage 51: Vonseiten der EZB, des IWF und der EU-Kommission wurde bislang die planmäßige Umsetzung der Vorgaben des Anpassungsprogramms bestätigt. Den Abweichungen beim Haushalt 2011 wurde durch strukturelle Maßnahmen im Haushalt 2012 Rechnung getragen. Ebenso liegt die portugiesische Regierung bei der Umsetzung von strukturellen Reformen des Haushaltsrahmens im Plan. Das Risiko fiskalischer Abweichungen wird somit verringert. Auch finanziert sich Portugal weiterhin mit kurzfristigen Papieren erfolgreich am Markt. Dementsprechend ist nach derzeitigem Stand von keinem zusätzlichen Programmbedarf auszugehen. Das Programm geht davon aus, dass Portugal sich ab Mitte 2013 wieder teilweise am Markt mit mittel- und langfristigen Papieren finanziert. Das derzeitige Renditeniveau der am Sekundärmarkt gehandelten portugiesischen Staatsanleihen ist anderthalb Jahre vor der geplanten Rückkehr an den Markt noch kein Indikator für die Erfolgsaussichten dieses Vorhabens. Vielmehr ist entscheidend, dass Portugal weiterhin die strukturelle Reform-agenda sowie die Konsolidierungsvorgaben der Troika strikt umsetzt. Dies wird letztendlich auch die Märkte überzeugen. Zu Frage 52: Sofern sich die Frage auf ein vom portugiesischen Fernsehsender TVI aufgezeichnetes Gespräch zwischen dem Bundesminister der Finanzen und dem portugiesischen Finanzminister am Rande des Treffens der Euro-Finanzminister am 9. Februar 2012 in Brüssel bezieht, weise ich ausdrücklich darauf hin, dass es sich hierbei um ein persönliches Gespräch handelte und diese Aufzeichnung zumindest als rechtlich problematisch einzuschätzen ist. Die in Rede stehende Videoaufzeichnung hat überdies eine Aussage sinnentstellend aus dem Zusammenhang gerissen: Es wurde in diesem Gespräch über ein allgemeines Verständnis in der Euro-Gruppe gesprochen und keine Aussagen über ein konkretes Programm für Portugal getroffen. Soweit ein Land seine Konsolidierungs-anstrengungen konsequent fortsetzt - und genau hierum hat der Bundesminister der Finanzen den portugiesischen Finanzminister gebeten - und ihre Programmverpflichtungen einhalten, so kann bei nicht absehbaren Schwierigkeiten von einer höheren Bereitschaft der anderen Mitgliedstaaten der Euro-Zone zu einer Hilfestellung - zum Beispiel im Sinne einer Programmanpassung - ausgegangen werden. Der Bundesminister der Finanzen hat dem portugiesischen Finanzminister indes keine Zusagen für ein zweites Anpassungsprogramm für Portugal gemacht. Portugal hat mehrfach erklärt, dass es kein zweites Programm brauchen wird oder beantragen will. Die am 27. Februar zu Ende gegangene Mission der Troika zur dritten Überprüfung Portugals bestätigte erneut den trotz eingetrübter Wirtschaftsentwicklung insgesamt planmäßigen Verlauf des Programms. Demzufolge gibt es keinen absehbaren Bedarf zur Anpassung der Programmziele. Bislang hat die Regierung durch die entschlossene Umsetzung der Maßnahmen gezeigt, dass sie sich den Programmzielen verpflichtet fühlt. Daher stellt sich die Frage nach einer Flexibilisierung der Programmziele derzeit nicht. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fragen des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 53): Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass die neuen Finanzhilfen für Griechenland über mindestens 130 Milliarden Euro nur ausgezahlt werden, wenn der zugesagte Schuldenschnitt aller Privatgläubiger einschließlich der Hedgefonds über mindestens 53 Prozent diesmal auch tatsächlich vollzogen wird, nachdem die Finanzhilfen für Griechenland vom Mai 2010 in Höhe von 110 Milliarden Euro weitgehend ausgezahlt wurden, ohne dass der damals fest vereinbarte Schuldenschnitt von 21 Prozent für Privatgläubiger bis heute realisiert wurde, und nachdem rechtsverbindliche schriftliche Zusagen bisher wieder nicht vorliegen und bis zu den Iden des März vermutlich nicht vorliegen werden, und aus welchen Gründen hält die Bundesregierung ausgerechnet deutsche Bundesminister - insbesondere den Bundesminister der Finanzen - für besonders geeignet, der griechischen Regierung und dem griechischen Volk ultimativ Auflagen anzukündigen und zu machen, wie das aufgezwungene radikale Sparpaket vor allem zulasten der sozial Schwachen in Griechenland durchgesetzt und dies sogar mittels EU-Verwalter und Sperrkonto abgesichert werden soll? Ein Schuldenschnitt von 21 Prozent ist im Mai 2010 nicht vereinbart worden. Griechenland hat am 24. Februar 2012 das offizielle Angebot zum Anleihetausch abgegeben. Bis zum 8. März 2012 haben die Anleihegläubiger nun Zeit, verbindlich ihre Teilnahme zu signalisieren. Am 9. März 2012 wird Griechenland dann gemeinsam mit der Euro-Gruppe beschließen, ob eine ausreichende Teilnahmequote erreicht wurde und der freiwillige Tausch durchgeführt wird. Ein erfolgreicher Abschluss des Anleihetausches ist eine notwendige Bedingung für eine Entscheidung über das zweite Hilfsprogramm für Griechenland. Die Auflagen des Hilfsprogramms werden von den Experten der Troika aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und Europäischer Kommission mit Griechenland ausgehandelt und nicht durch die Finanzminister der Euro-Zone. Erst im Anschluss an die Einigung zwischen Griechenland und der Troika haben dann auch die Finanzminister der EuroZone als Vertreter der Geber dem Maßnahmenpaket ihre Zustimmung signalisiert. Am 21. Februar 2012 haben die Finanzminister der Euro-Zone zusammen mit Griechenland zudem vereinbart, dass die Kontrollmechanismen im Rahmen des Programms intensiviert werden sollen. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 54): Mit welchen fiskalischen Belastungen durch den Sonderfonds für Finanzmarktstabilisierung, Soffin, infolge von -Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen bei der FMS Wertmanagement AöR nach der Einigung der Finanzminister zu einem Schuldenschnitt für Griechenland rechnet die Bundesregierung, und teilt die Bundesregierung weiterhin die Aussage des Bundesministers der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble: "Alle Maßnahmen, mit denen wir es Griechenland ermöglicht haben, für einige Jahre nicht die Finanzmärkte in Anspruch nehmen zu müssen und an der Gesundung seiner Wirtschaft zu arbeiten, haben den deutschen Steuerzahler bisher nichts gekostet" (Der Spiegel vom 15. August 2011)? Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Entwicklungen hat die FMS Wertmanagement bereits im vergangenen Jahr auf ihr Griechenland-Engagement von rund 9 Milliarden Euro eine Risikovorsorge von knapp 6 Milliarden Euro zum dritten Quartal 2011 gebildet. Die FMS Wertmanagement kann das Volumen der Abschreibungen auf ihr Griechenland-Engagement noch nicht endgültig beziffern: Hierfür müssen zunächst die finanziellen Auswirkungen der jüngst vereinbarten PSI-Bedingungen - die wichtigste ist ein Schuldenschnitt von 53,5 Prozent des Nominalvolumens - im Einzelnen berechnet und der Jahresabschluss 2011 finalisiert werden. Daran wird intensiv gearbeitet. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Abschreibungen erhöhen werden. Wie Sie wissen, ist der Sonderfonds für Finanzmarktstabilisierung, Soffin, ein Sonderfonds, gegenüber dem die FMS Wertmanagement einen Ausgleichsanspruch hat. Es muss daher ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass etwaige Kosten für den Steuerzahler erst bei der Endabrechung des Soffin festzustellen wären. Vorher kann hierzu keine abschließende Aussage getroffen werden. Die Verluste der FMS Wertmanagement haben bisher keine Auswirkungen auf den Haushalt gehabt. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 55): Welche Risiken sieht die Bundesregierung infolge der aktuell sinkenden Steuereinnahmen für die Einhaltung der Schuldenbremse auch vor dem Hintergrund der beabsichtigten Steuerentlastung durch das Gesetz zum Abbau der kalten Progression, und welcher Vorgang führte zu dem einmaligen Sondereffekt, der nach Berichten der Süddeutschen Zeitung vom 23. Februar 2012 das Steueraufkommen zunächst um 1,6 Milliarden Euro erhöht habe, der aber im Laufe dieses Jahres zu einer Rückerstattung in gleichem Umfang führe? Die Schuldenbremse ermöglicht eine nachhaltige und jederzeit konjunkturgerechte Finanzpolitik. Bei der Ermittlung der zulässigen Neuverschuldung werden über die Konjunkturkomponente die konjunkturbedingten Veränderungen von Einnahmen und Ausgaben berücksichtigt. Konjunkturbedingte Veränderungen von Einnahmen und Ausgaben führen somit zu entsprechenden zusätzlichen oder geringeren Spielräumen bei der Nettokreditaufnahme, NKA. Nach der außerordentlich positiven Haushaltsentwicklung im letzten Jahr werden wir auch mit dem Bundeshaushalt 2012 die zulässige Neuverschuldung deutlich unterschreiten und die Schuldenbremse zuverlässig einhalten (Soll-Nettokreditaufnahme: 26,1 Milliarden Euro; zulässige Nettokreditaufnahme gemäß Schuldenbremse: 40,5 Milliarden Euro). Dies gilt auch für den geplanten Nachtragshaushalt 2012. Darüber hinaus werden wir neue politische Prioritäten - ebenso in Einklang mit den Vorgaben der Schuldenbremse - bei den Eckwerten zum Bundeshaushalt 2013 und neuen Finanzplan bis 2016 berücksichtigen. Wie bereits für das vergangene Haushaltsjahr wird die Bundesregierung auch für den laufenden Haushalt und alle zukünftigen Haushalte die Konjunkturkomponente entsprechend der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung anpassen. Dadurch werden konjunkturbedingte Veränderungen, die sich insbesondere bei den Steuereinnahmen im Haushaltsvollzug ergeben können, im Rahmen der Schuldenbremse berücksichtigt. Der im Januar 2012 zu Mehreinnahmen von circa 1,6 Milliarden Euro führende Sondereffekt wird durch eine Ausschüttung im Konzernverbund verursacht. Betroffen sind hiervon die unter den nicht veranlagten Steuern vom Ertrag verbuchte Kapitalertragsteuer und der darauf entfallende Solidaritätszuschlag. Die auf eine Ausschüttung gezahlte Kapitalertragsteuer ist beim Empfänger der Ausschüttung auf die Körperschaftsteuerschuld anrechenbar, was zu einer entsprechenden Minderung des Körperschaftsteueraufkommens zuzüglich des darauf entfallenden Solidaritätszuschlags führt. Da diese Anrechnung erst im Rahmen der noch ausstehenden Veranlagung des Ausschüttungsempfängers erfolgt, erhöhte dieser Fall im Januar zunächst das Steueraufkommen insgesamt. Der Zeitpunkt der Erstattung ist unter anderem abhängig von der Abgabe der Steuererklärung durch den -Ausschüttungsempfänger. Aufgrund der Höhe der Erstattungsansprüche ist sehr wahrscheinlich, dass die Veranlagung noch im Jahr 2012 stattfindet. Damit würde das zu erwartende Jahressteueraufkommen insgesamt durch diesen Sonderfall nicht verändert, da den Mehreinnahmen im Januar entsprechende Mindereinnahmen später im Jahr gegenüberstehen. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Heinz Paula (SPD) (Drucksache 17/8723, Frage 56): Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die berufsspezifischen Risiken und Gefährdungen der langjährig Beschäftigten bei den Werkfeuerwehren in der chemischen Industrie vor, und inwieweit sind die Regelungen in Zusammenhang mit der Anhebung des Renteneintrittsalters auf die Situation dieser Berufsgruppe abgestimmt? Der Bundesregierung liegen keine speziellen Erkenntnisse über die berufsspezifischen Risiken und Gefährdungen bei den längjährigen Beschäftigten der Werkfeuerwehren in der chemischen Industrie vor. Vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung hat die Bundesregierung mit der schrittweisen Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre bis zum Jahr 2029 ein verbindliches Signal an die Gesellschaft und die Wirtschaft gesetzt, auf die -Potenziale der älteren Arbeiternehmer stärker zurückzugreifen. Die Schaffung einer vorzeitigen und abschlagsfreien Altersrente für die Beschäftigten bestimmter Berufsgruppen, beispielsweise der Feuerwehr, würde zunächst die beschlossene Anhebung der Altersgrenzen konterkarieren. Im geltenden Rentenrecht bestehen berufsbezogene Sonderbestimmungen nur zugunsten der Bergleute im Rahmen der knappschaftlichen Rentenversicherung. Dieser Versicherungszweig weist aber - nicht zuletzt auch wegen der besonderen Altersgrenze für Bergleute - ein spezielles Beitragsrecht auf. Neben einer höheren Beitragsbemessungsgrenze gilt auch ein höherer Beitragssatz. Die allgemeine Rentenversicherung kennt derartige Vergünstigungen nicht. Eine entsprechende Regelung wäre nicht mit dem Gedanken der Beitragsgerechtigkeit vereinbar. Sie würde dazu führen, dass zwar für alle -versicherungspflichtig Beschäftigten der gleiche Beitragssatz gilt, jedoch die Beschäftigten bestimmter Berufsgruppen durch eine vorzeitige Rentenzugangsmöglichkeit privilegiert würden. Es ist unbestritten, dass die tägliche Arbeit eines Beschäftigten bei der Feuerwehr besondere Anforderungen stellt. Es gibt aber auch weitere Berufsgruppen mit besonderen Belastungen, wie zum Beispiel Berufspiloten, Schichtarbeiter, Stahlarbeiter in der 1. und 2. Hitze, im Pflegedienst Beschäftigte usw. Die Prüfung derartiger Forderungen nach berufsgruppenbezogenen Lösungen führten stets zum Ergebnis, dass der Ausschluss vergleichbarer Personengruppen (Taucher, Berufskraftfahrer, Lokomotivführer und Ähnliche) kaum zu rechtfertigen wäre, sodass mit einer ständigen Ausweitung gerechnet werden müsste. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage des Abgeordneten Heinz Paula (SPD) (Drucksache 17/8723, Frage 57): Ist der Hinweis von kommunaler Seite zutreffend, dass bei der Personalkostenerstattung für städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern mit § 16 der Verwaltungskostenfeststellungsverordnung - in Kraft getreten zum 1. Januar 2012 - finanzielle Lasten für Versorgungsaufwendungen der Beamten vom Bund auf die Kommunen abgewälzt werden, und wie wird diese Änderung zulasten der Kommunen vonseiten des Bundes sachlich begründet? Die zwischen Bund, BA, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden abgestimmte Verordnung zur Fest-stellung der Gesamtverwaltungskosten der gemeinsamen Einrichtung (Verwaltungskostenfeststellungsverordnung - VKFV, BGBl I 2011, Seite 1714) regelt, nach welchen Maßstäben die Gesamtverwaltungskosten der gemeinsamen Einrichtung, die für die Berechnung des Finanzierungsanteils des Bundes nach § 46 Abs. 3 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) maßgeblich sind, zu bestimmen sind. Sie war erforderlich, da die Abrechnung der Verwaltungskosten für die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44 b SGB II anders als für die zugelassenen kommunalen Träger zuvor nicht einheitlich geregelt war. Die Verordnung soll eine einheitliche, für die Träger transparente und rechtssichere Praxis bei der Bestimmung der Gesamtverwaltungskosten ermöglichen. Grundsätzlich werden bei der Bestimmung der Gesamtverwaltungskosten der gemeinsamen Einrichtung die im Rahmen des gesetzlichen Auftrags entstehenden Ist-Kosten der beiden Träger Bundesagentur und Kommune nach dem SGB II berücksichtigt. Aus verwaltungsökonomischen Gründen wurde daneben unter anderem eine Pauschale für die Versorgungsaufwendungen der Beamtinnen und Beamten (§§ 7, 16 VKFV) bis zu 30 Prozent festgelegt. Diese Regelung erfolgte in Anlehnung an die seit April 2008 geltende Kommunalträger-Abrechnungsverwaltungsvorschrift zur Abrechnung der Verwaltungskosten durch die zugelassenen kommunalen Träger. Dieser Wert ist wiederum angelehnt an den vom Bundesministerium der Finanzen in seinem jährlich he-rausgegebenen Schreiben zur Berücksichtigung der Personal- und Sachkostensätze in dieser Höhe angeführten Richtwert für die Berücksichtigung der Versorgungsaufwendungen für Beamtinnen und Beamte. Um insbesondere die Auskömmlichkeit der Pauschalen zu überprüfen, wurde in § 21 VKFV vorgesehen, die Umsetzung der Regelungen der VKFV mittels eines Monitorings zu begleiten. Die Ergebnisse des Monitorings sollen in einen Bericht münden, der basierend auf den Daten des Jahres 2012 erstellt wird. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Fragen der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm (SPD) (Drucksache 17/8723, Fragen 58 und 59): Welche Position vertritt die Bundesregierung in den Verhandlungen auf EU-Ebene zur Überarbeitung der Modernisierungsrichtlinie (2003/51/EG) in Bezug auf gesetzliche Offenlegungspflichten für Unternehmen hinsichtlich der sozialen und ökologischen Bedingungen entlang der Produktions- und Lieferketten, insbesondere vor dem Hintergrund der im ARD-Magazin Monitor vom 2. Februar 2012 erschienenen Aussagen der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Dr. Ursula von der Leyen, dass Diskussionen mit der EU-Kommission geführt werden, "für welche Bereiche es Berichtspflichten geben soll", und dass die Bundesministerin für den Dialog "offen" sei? Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus der Mitteilung der EU-Kommission "Eine neue EU-Strategie (2011-14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR)" (KOM(2011) 681 endgültig) gezogen, und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, damit Unternehmen ihrer Verantwortung entlang der Produktions- und Lieferketten verstärkt nachkommen? Zu Frage 58: Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich die aktuelle CSR-Initiative der Europäischen Kommission und ist an einem konstruktiven Fortgang der Umsetzung einer europäischen CSR-Strategie interessiert. Auf der Grundlage des im Oktober 2010 verabschiedeten Nationalen Aktionsplans CSR setzt die Bundesregierung auf das Primat der Freiwilligkeit von CSR-Aktivitäten und spricht sich vor diesem Hintergrund gegen neue gesetzliche Berichtspflichten zu nichtfinanziellen (das heißt sozialen und ökologischen) Informationen im Rahmen von CSR aus. Solche gesetzlichen Berichtspflichten würden eine Abkehr vom Prinzip der Freiwilligkeit bedeuten und wären mit erheblichem Bürokratieaufwand insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland, aber auch für alle anderen Unternehmensgruppen verbunden. In Gesprächen mit der Europäischen Kommission ist vereinbart worden, dass zunächst vonseiten der Europäischen Kommission eine Konkretisierung der Pläne erfolgen soll und dabei die berechtigten Belange der Unternehmen zu berücksichtigen sind. Im Sinne der von Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen gegenüber der Presse dargelegten Absicht einer offenen Diskussion mit der Europäischen Kommission hat die Bundesregierung keine Vorfestlegung von Kriterien zur Beurteilung getroffen. Insoweit wird vonseiten der Bundesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt dazu auch kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf gesehen. Zu Frage 59: Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich die aktuelle CSR-Initiative der Europäischen Kommission und unterstützt die Stärkung gesellschaftlich verantwortungsvoller Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility, CSR). Das soziale Engagement von Unternehmen im Hinblick auf Lieferketten kann insbesondere darin zum Ausdruck kommen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fair behandelt und beteiligt und in der internationalen Wertschöpfungskette die Menschenrechte geachtet werden. Mit dem Nationalen Aktionsplan CSR will die Bundesregierung verantwortungsbewusste Unternehmen unterstützen, nachhaltiges Wirtschaften in die Breite tragen und Transparenz herstellen, damit Verbraucher und Verbraucherinnen CSR einfordern bzw. belohnen und sich die Marktkräfte dadurch im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung besser entfalten können. Im Übrigen verfügt Deutschland über weitreichende rechtliche Regelungen zu sozial- und ökologischen Standards, wie beispielsweise die ILO-Kernarbeitsnormen und das Kioto-Protokoll. Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung zur Umsetzung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen verpflichtet. Diese enthalten Grundsätze und Maßstäbe für gute Praktiken auch im Bereich der Produktions- und Lieferketten im Einklang mit dem geltenden Recht und international anerkannten Standards. Die Beachtung der Leitsätze durch die Unternehmen beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und hat keinen rechtlich zwingenden Charakter. Allerdings können einige Fragen, die unter die Leitsätze fallen, auch auf der Ebene des nationalen Rechts oder internationaler Verpflichtungen geregelt werden. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 60): Wird die Bundesregierung unter der Voraussetzung, dass der Bundesrat dem am 23. Februar 2012 im Bundesratsausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz beschlossenen Antrag zur Übergangsfrist für bestehende Kleingruppenhaltungen bei Legehennen ebenfalls zustimmt, diesen Beschluss in einer Verordnung umsetzen? Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Oktober 2010 sind die Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zur Kleingruppenhaltung von Legehennen ab dem 1. April 2012 nicht mehr anwendbar. Die resultierende Rechtslage ist für die Vollzugsbehörden wie für die betroffenen Tierhalter nicht befriedigend und schwächt den Tierschutz. Vor diesem Hintergrund begrüßt die Bundesregierung die Bemühungen des Bundesrates, zu einer Lösung zu kommen. Der erwähnte Antrag begegnet jedoch erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Bundes-regierung appelliert daher an den Bundesrat, dem Antrag in der vorliegenden Form im Interesse des Tierschutzes nicht zuzustimmen. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/8723, Frage 61): Hat der im Februar 2011 vom Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Gerd Müller in der Antwort zu der schriftlichen Frage 59 auf Bundestagsdrucksache 17/4813 der Abgeordneten Cornelia Behm, Bündnis 90/Die Grünen, angekündigte Runde Tisch zur Aquakultur inzwischen stattgefunden und, falls ja, mit welchem Ergebnis? Am 29. und 30. Juni 2011 fand unter Leitung des BMELV der "Runde Tisch Aquakultur" statt. BMELV kam damit der Bitte des Präsidenten des Bundesmarktverbandes der Fischwirtschaft, BMV, im Rahmen des -fischereipolitischen Gesprächs des BMV an Frau Bundesministerin Aigner nach. An dem Gespräch nahmen die Bundesressorts BMELV und BMU, die Fischereireferenten der Länder und Vertreter der betroffenen Fischerei-, Umwelt- und Naturschutzverbände teil. Schwerpunkt der Diskussion waren alle die Aquakultur berührenden Themen, wie unter anderem die Ver-besserung der Rahmenbedingungen für die Aquakultur, Fragen des Tierschutzes, Fischseuchenfragen und insbesondere die Rolle der Aquakultur im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik. Konkrete Beschlüsse wurden nicht gefasst. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 62): Welche weiter gehenden Überlegungen oder Absprachen wurden zur Beschaffung von weiteren High-Altitude-Long-Endurance-Imagery-Intelligence-Drohnen "HALE IMINT" für den NATO-Verband Alliance Ground Surveillance angestellt bzw. getroffen, wie es die Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 17/8893 in einem Nebensatz vorträgt, und -inwiefern wäre bei der beabsichtigten Stationierung in -Sigonella/Sizilien hierzu die Bewilligung der italienischen Regierung einzuholen, zumal es sich nach Angaben der Bundesregierung um eine "nationale Beistellung" handelt, die Drohnen also von der Bundeswehr stationiert und betrieben werden? Alliance Ground Surveillance, AGS, soll aus einem NATO-eigenen Anteil, dem sogenannten AGS Core, bestehen und gegebenenfalls durch Aufklärungsergebnisse, die durch nationale Aufklärungsmittel gewonnen werden, ergänzt werden. Im Rahmen dieser Ergänzungsoption beabsichtigt Deutschland, AGS Core durch eine interoperable nationale Beistellung von HALE IMINT zu ergänzen. Hierbei handelt es sich lediglich um Planungen. Eine konkrete Beschaffungsentscheidung steht derzeit nicht an. Es gibt bisher keinerlei Überlegungen, eine solche nationale Beistellung im Ausland zu stationieren. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 63): Welche Unterstützungsleistungen hat das European Air Transport Command, EATC, für die NATO-Operation Unified Protector in welchem Zeitraum erbracht, und welchen Anteil hatte die Bundeswehr daran? Das European Air Transport Command, EATC, hat für die NATO-Operation Unified Protector koordinierende und logistische Unterstützungsleistungen für die Partnernationen Belgien, Frankreich und Niederlande während des Konflikts erbracht. Das EATC hat diese Partnernationen durch Planung und Führung von insgesamt circa 360 Missionen unterstützt. Dabei wurden insgesamt circa 4 160 Flugstunden durchgeführt. Die logistische Unterstützung zum Transport von alliierten Passagieren und Fracht durch Lufttransportkräfte der Bundeswehr erstreckte sich auf 30 Missionen mit insgesamt circa 520 Flugstunden, das bedeutet einen Anteil von circa 8 Prozent an den einzelnen Missionen bzw. circa 13 Prozent an den Flugstunden. Keiner dieser Flüge führte jedoch in das Einsatzgebiet über Nord-afrika. Der Anteil der Bundeswehr an der Planungs- und Führungsleistung des EATC ist nicht unmittelbar zu berechnen. Von den derzeit 181 Dienstposten im EATC besetzt die Bundeswehr 72 Dienstposten. Dies entspricht einem Anteil von circa 40 Prozent. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Heidrun Dittrich (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 64): Wie stellt sich die Belegungsstatistik - Zugänge, Entlassungen und Todesfälle - in den Jahren 1950, 1955, 1960, 1965 und 1970 in deutschen Kinderheimen - Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische Republik zusammen - dar, und welche Gründe für die Todesfälle sind der Bundesregierung bekannt (inklusive Todesfälle von Kindern, die aus Heimen in Krankenhäuser gebracht wurden und dort verstorben sind)? Der Bundesregierung liegen weder eine Belegungsstatistik mit diesen Informationen noch statistische Angaben zu Todesfallzahlen noch Informationen zu Gründen für mögliche Todesfälle in der stationären Heim-unter-brin-gung der Bundesrepublik Deutschland bzw. der DDR in den hinterfragten Zeiträumen vor. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Heidrun Dittrich (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Frage 65): Wie viele Anträge für den "Fonds Heimerziehung" wurden bislang gestellt, und wie stellt sich deren Aufschlüsselung nach abgeschlossenen, abgelehnten und unbearbeiteten -Vorgängen dar (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Der Fonds "Heimerziehung in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1949 bis 1975" ermöglicht eine niedrigschwellige und unbürokratische Umsetzung der Fondsziele gegenüber den betroffenen ehemaligen Heimkindern. Die Betroffenen stellen keine Anträge, auf die sie dann Bescheide erhalten, sondern es werden unmittelbar in den Anlauf- und Beratungsstellen Vereinbarungen über den notwendigen Hilfebedarf geschlossen. Diese werden dann durch die Fondsverwaltung nur noch auf Schlüssigkeit geprüft. Nach erfolgter Prüfung werden die benötigten finanziellen Mittel entweder zur Finanzierung des Hilfebedarfs zur Verfügung gestellt oder als entschädigungsähnliche Leistung zum Ausgleich der Folgen nicht bezahlter Sozialversicherungsbeiträge in der Rentenversicherung ausbezahlt. Aktueller Sachstand: Derzeit liegen der Fondsverwaltung 21 Vereinbarungen von Anlauf- und Beratungsstellen vor: 20 Verein-barungen aus Niedersachsen und eine Vereinbarung aus Hessen. In zwei Fällen sind positive Schlüssigkeits--prüfungen erfolgt; die übrigen Vereinbarungen befinden sich noch in Bearbeitung. Abgelehnte Vereinbarungen gibt es keine. Nach Rückfrage in den regionalen Anlauf- und Beratungsstellen sind aktuell in jedem Bundesland zwischen 80 und 140 Vereinbarungen für konkrete materielle -Bedarfe in Bearbeitung. Insgesamt befinden sich damit bundesweit derzeit circa 1 300 Vorgänge in der Bearbeitung. Aufgrund der unterschiedlichen Bearbeitungsstände in den Bundesländern ist eine genaue Aufschlüsselung nicht möglich. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 66): Wann plant die Bundesregierung, nachdem sie am 28. Februar 2012 in Genf im Rahmen des High Level Segment des UN-Menschenrechtsrates an der Unterzeichnerzeremonie teilgenommen hat und nachdem die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Kristina Schröder, im Rahmen dessen für Deutschland das Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention, die Individualbeschwerde betreffend, unterzeichnet hat, einen Gesetzentwurf zur Ratifizierung dieses Zusatzprotokolls in den Deutschen Bundestag einzubringen? Frau Bundesministerin Dr. Kristina Schröder hat gestern gemeinsam mit dem Deutschen Botschafter und Ständigen Vertreter bei den Vereinten Nationen in Genf, Herrn Dr. Hanns Heinrich Schumacher, das neue Fakultativprotokoll zur VN-Kinderrechtskonvention für Deutschland unterzeichnet. Nach der nun erfolgten -Unterzeichnung wird die Bundesregierung das Verfahren zur Ratifizierung einleiten. In diesem Zusammenhang wird auch über einen konkreten Zeitplan entschieden werden. Anlage 40 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/8723, Fragen 67 und 68): Welche Erfahrungen und Ergebnisse gibt es aus Sicht der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem im Sommer 2009 verabschiedeten Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus für Menschen mit Behinderung, und inwieweit sieht die Bundesregierung hinsichtlich der Ausweitung auf Einrichtungen nach § 107 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sowie des betroffenen Personenkreises und der Nachjustierung von Durchführungsbestimmungen Änderungs- bzw. Ergänzungsbedarf? Wie viele Menschen mit Behinderung haben seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus für Menschen mit Behinderung entsprechende Assistenzleistungen beim Aufenthalt im Krankenhaus, in Rehaeinrichtungen sowie bei stationären Kuren in Anspruch genommen, und welche Mehrkosten waren damit für die öffentliche Hand verbunden? Zu Frage 67: In einem Expertengespräch des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages, 34. Sitzung am 23. März 2011, Ausschussprotokoll 17/34, wurde von den anwesenden Experten mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass die praktische Durchführung des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30. Juli 2009 Änderungsbedarf aufgezeigt habe. Insbesondere sei die pflegerische Versorgung der Pflegebedürftigen, die ihre Pflege durch von ihnen selbst beschäftigte besondere Pflegekräfte organisieren, während eines Aufenthalts in einer stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nicht ausreichend sichergestellt. Eine entsprechende Ausweitung der Assistenzpflege auf stationäre Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen bedürfte einer Änderung der bisherigen Rechtslage. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an denkbaren Varianten einer entsprechenden Anpassung. Zu Frage 68: Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, in welchem quantitativen Ausmaß Menschen mit Behinderungen, die ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen, nach Inkrafttreten des Assistenzpflegebedarfsgesetzes entsprechende Assistenzleistungen nach dem Fünften, Elften und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch beantragt und in Anspruch genommen haben und welche Mehrkosten damit für die öffentliche Hand verbunden waren. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Fragen 69 und 70): Wohin und mit welchen Zielen hat der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, in dieser Legislaturperiode dienstliche Auslandsreisen unternommen? Wie teuer waren diese Reisen, und wie hoch ist das Budget für solche Reisetätigkeiten der politischen Leitung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung? Zu Frage 69: Die Aufgaben eines Regierungsmitglieds in einer parlamentarischen Demokratie beschränken sich nicht nur auf die Führung eines Ressorts, sondern werden auch wesentlich durch die Repräsentation der Bundesrepublik Deutschland im In- und Ausland geprägt. Diese Aufgabe ist notwendigerweise mit der Durchführung von Dienstreisen verbunden. Insbesondere mit Auslandsdienstreisen werden auch diplomatische, politische und kulturelle Beziehungen zu anderen Staaten der Welt gepflegt. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat eine Außenwirtschaftsstrategie entworfen. Ein Ziel der Strategie ist es, im ständigen Dialog mit der Wirtschaft die Eigeninitiativen von Unternehmen im Ausland aktiv zu begleiten und politisch zu unterstützen. Die für diese Märkte relevanten Zielländer sind insbesondere Brasilien, China, Indien, die Golfstaaten mit den Vereinigten Arabischen Emiraten. Es liegt zudem im besonderen Interesse von Herrn Bundesminister Dr. Ramsauer, persönlich an den turnusmäßigen Räten der Europäischen Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister in Brüssel oder Luxemburg, den Informellen Ministerräten im Land der jeweiligen Ratspräsidentschaft und den Regierungskonsultationen mit Frankreich, Italien, Polen, Russland, Spanien, Israel und Indien teilzunehmen. Aber auch zu den europäischen Nachbarn in Wien, Budapest, London, Den Haag oder Prag werden intensive Kontakte gepflegt. Weitere Auslandsreisen führten Herrn Bundesminister Dr. Ramsauer seit seinem Amtsantritt am 28. Oktober 2009 Jahren in die Vereinigten Staaten, die Türkei, die Islamische Republik Afghanistan und die Mongolei. Zu Frage 70: Die reisekostenrechtlichen Regelungen für die Mitglieder der Bundesregierung sind in § 12 Abs. 4 und 5 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Bundesregierung (Bundesministergesetz) und in den dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen des Bundesministeriums der Finanzen enthalten. Ausgabemittel für Dienstreisen der politischen Leitung des Bundesministeriums sind im Bundeshaushalt nicht gesondert veranschlagt oder ausgewiesen. Im Kapitel 1201 - Titel 52701 werden die Dienstreisen (sowohl für In- und Ausland) aller Beschäftigten veranschlagt und abgerechnet. Der jährliche Sollansatz wurde in den Jahren 2009 bis 2011 überschritten. Die Gründe dafür liegen in der verstärkten bilateralen Zusammenarbeit der Ressorts (hier: auf Fachebene) für den weiteren Auf- und Ausbau partnerschaftlicher Beziehungen. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/8723, Frage 71): Rechnet die Bundesregierung mit der Zulassung der Technik der sogenannten LL-Sohle (Low Noise, Low Friction) bis zur Einführung eines lärmabhängigen Trassenpreissystems zum Fahrplanwechsel 2012/2013, und welche Maßnahmen ergreift sie, um diesen Termin zu halten? Der internationale Eisenbahnverband UIC hat im Jahr 2005 der Anwendung von LL-Sohlen an Güterwagen des internationalen Verkehrs zugestimmt. Die Gültigkeit der Entscheidung wurde zunächst befristet und zuletzt bis zum 30. Juli 2012 verlängert. Die Bundesregierung erwartet eine Verlängerung der Entscheidung, die auch zukünftig eine Umrüstung von Güterwagen mit LL-Sohlen ermöglicht. Darüber hinaus erwartet die Bundesregierung auch alsbald die endgültige Zulassung der LL-Sohlen. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/8723, Frage 72): Wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Schienenbonus noch vor der parlamentarischen Sommerpause 2012 vorlegen und, wenn nein, warum nicht? Der Koalitionsvertrag sieht die stufenweise Absenkung des Schienenbonus mit dem Ziel der Abschaffung vor. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat zur Umsetzung dieses Ziels aktuell kein Gesetz vorgesehen, sondern eine Änderungsverordnung zur Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), deren Entwurf sich derzeit in der Hausabstimmung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung befindet. Anlage 44 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 73): Was unternimmt die Bundesregierung, um die Bayerische Staatsregierung dazu zu bewegen, der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt, NW-FVA, doch noch die Daten und Zahlen zu liefern, die sie aus Bayern braucht, um das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben "Natürliche Waldentwicklung als Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NWE5)" im Auftrag der Bundesregierung abschließen zu können? Die Frage der Datenbereitstellung zu dem Vorhaben "Natürliche Waldentwicklung 5 Prozent" soll sowohl auf der nächsten Länderarbeitsgemeinschaft-Naturschutz- (LANA)-Sitzung am 15./16. März 2012 in Lüneburg wie auf der nächsten Forstchefkonferenz, FCK, am 19./20. April 2012 in Nordrhein-Westfalen behandelt und der Freistaat Bayern erneut um Unterstützung gebeten werden. Anlage 45 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die -Fragen der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 74): Welche gemeinsamen Erklärungen, Vereinbarungen oder Ähnliches wurden kürzlich zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kasachstan im Nuklearbereich abgegeben bzw. getroffen - insbesondere in Bezug auf Ressourcen, -Abfallstoffe, Technologien oder Forschung; gegebenenfalls bitte mit Angabe des betreffenden Bundesministeriums und Datums -, und welche derartigen Erklärungen, Vereinbarungen oder Ähnliches wurden nach Kenntnis der Bundesregierung kürzlich zwischen Kasachstan und deutschen Wirtschaftsvertretern abgegeben bzw. getroffen? Die im Rahmen des Arbeitsbesuches des kasachischen Präsidenten Nasarbajew am 8. Februar 2012 in Berlin unterzeichneten Regierungsvereinbarungen betreffen nicht den Nuklearbereich. Nach Kenntnis der Bundesregierung trifft dies auch auf alle am 8. Februar 2012 im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unterzeichneten 45 Wirtschaftsvereinbarungen zu. Anlage 46 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 75): Wie sieht das Arbeitsprogramm der Reaktor-Sicherheitskommission, RSK, für die weiteren Untersuchungen und die Erarbeitung neuer Sicherheitsanforderungen nach der ersten RSK-Stellungnahme zum Stresstest der deutschen Atomkraftwerke aus, das die RSK seit letztem Sommer bis dato verfolgt hat, und wie ihr entsprechendes weiteres Arbeitsprogramm (bitte differenzierte Angaben nach Themen-/Arbeitsbereichen mit Terminplan und kurzer Erläuterung machen)? Die Reaktor-Sicherheitskommission hatte in ihrer ersten Stellungnahme vom Mai 2011 eine Robustheitsbewertung der Kernkraftwerke für ausgewählte wesentliche Aspekte vorgelegt. Danach hat sie zunächst das Ziel verfolgt, ihre anlagenspezifische Sicherheitsüberprüfung aufgrund nachgereichter Unterlagen zu aktualisieren. Ende 2011 wurde dann festgestellt, dass die nachgereichten Unterlagen eine Überarbeitung der RSK-Sicherheitsüberprüfung nicht rechtfertigen würden. Die RSK führt daher derzeit ausschließlich zu den Forschungsreaktoren eine anlagenspezifische Bewertung entsprechend ihrer Vorgehensweise bei der Sicherheitsüberprüfung der Kernkraftwerke durch. Anlagenübergreifend führt die RSK seit dem Herbst 2011 Beratungen zu den Themen durch, die sie im Rahmen ihrer Sicherheitsüberprüfung als besonders relevant identifiziert hat. Hierzu zählen beispielsweise ein langfristiger Stromausfall, ein Ausfall der Kühlwasserversorgung, Erdbeben, Hochwasser oder eine anlageninterne Überflutung. Besonderes Augenmerk liegt auch auf den anlageninternen Notfallmaßnahmen, die bei Eintritt eines Unfalls größere Freisetzungen radioaktiver Stoffe verhindern oder mindern sollen. Aufgrund thematischer und personeller Überschneidungen sowie der hohen Arbeitsbelastung der RSK-Mitglieder insgesamt können konkrete Terminpläne für die einzelnen Themenbereiche nicht aufgestellt werden. Die RSK plant jedoch ihre abschließende Stellungnahme zu den genannten Fragestellungen im Herbst 2012 zu verabschieden. Anlage 47 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 76): Werden analog zur angekündigten Absenkung der Grenzwerte für die radioaktive Belastung von Lebensmitteln in -Japan auch die EU-Grenzwerte herabgesetzt, und wenn dies nicht automatisch geschieht, wird sich die Bundesregierung für deren Anpassung nach unten auf das neue japanische -Niveau einsetzen? Der Bundesregierung liegen Informationen vor, nach denen das japanische Gesundheitsministerium plant, die derzeit in Japan geltenden Vorsorgegrenzwerte für Nahrungsmittel deutlich herabzusetzen. Im Einzelnen ist eine Verringerung für allgemeine Lebensmittel auf ein Fünftel, für Milch und Milchprodukte auf ein Viertel und für Trinkwasser auf ein Zwanzigstel der derzeit geltenden Werte vorgesehen. Die Änderung soll in Japan ab April gelten. Die Anpassung in Europa geschieht nicht automatisch, sondern bedarf eines formellen Verfahrens zur Änderung der europäischen "Durchführungsverordnung zum Erlass von Sondervorschriften für die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln, deren Ursprung oder Herkunft Japan ist, nach dem Unfall von im Kernkraftwerk Fukushima" (derzeit geltende Fassung vom 21. Dezember 2011). Eine Änderung wäre, wie auch bisher, verbindlich für alle EU-Mitgliedstaaten. Eine Absenkung der Grenzwerte analog zum Vorgehen in Japan wird derzeit von der EU-Kommission diskutiert. Da aus radiologischer Sicht keine Bedenken gegen eine solche Vorgehensweise bestehen, spricht sich die Bundesregierung für eine Angleichung der europäischen Grenzwerte an die vorgesehenen japanischen Werte aus. Damit wird gesichert, dass im internationalen Handel nach einheitlichen Maßstäben agiert wird. Die Bundesregierung wird diese Position in die Beratungen bei der EU-Kommission einbringen. Die Bundesregierung stützt sich in ihrer Bewertung auf folgende Quellen: Die aktuelle (Stand 31. Dezember 2011) von der EU-Kommission vorgelegte Zusammenfassung der Messergebnisse der Mitgliedstaaten sagt aus, dass von etwa 2000 analysierten Nahrungsmittelproben aus Japan und etwa 400 Fischproben aus der Pazifik-region insgesamt rund 20 Proben messbare Ergebnisse zeigten, von denen lediglich 3 Proben die Höchstwerte überschritten. Dabei handelte es sich um grünen Tee, der an der Außengrenze der EU angehalten wurde. Deutschland hat bisher 264 Proben vermessen (206 Produkte aus Japan und 58 Fischproben aus den pazifischen Fanggebieten). Alle Messwerte lagen im Bereich der natürlichen Strahlenbelastung und waren damit unkritisch. Anlage 48 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 77): Wie beurteilt die Bundesregierung die angekündigte Absenkung des Grenzwertes für die innere Strahlenbelastung von 5 Millisievert pro Jahr auf 1 Millisievert pro Jahr in -Japan, und welche Grenzwerte gelten in Deutschland? In Auswertung der umfangreichen Lebensmittelüberwachungen in Japan schätzen die japanischen Behörden derzeit eine mittlere Strahlendosis für den Verzehr belasteter Produkte in der Höhe von 0,04 Millisievert pro Jahr für eine Person in Japan ab, also eine Strahlenbelastung weit unterhalb des derzeit geltenden Dosiswertes. Das gilt nach Angaben der japanischen Behörden auch für besonders sensitive Personengruppen, zum Beispiel für Säuglinge und Schwangere. Die Bundesregierung sieht die Absenkung der zulässigen Strahlendosis auf 1 Millisievert pro Jahr, die bei Ableitung der Grenzwerte zugrunde gelegt wird, als gerechtfertigt an. In Deutschland ist das Gefahrenpotenzial durch radioaktiv kontaminierte Lebensmitteln die aus Japan importiert wurden, äußerst gering. Die vorgeschriebenen Kontrollen bei der Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte aus Japan zeigten, dass nur in sehr wenigen Fällen eine messbare Kontamination nachgewiesen wurde. In Deutschland gibt es keine Grenzwerte für einen zulässigen Gehalt von Radioaktivität in Lebensmitteln. Gemäß Strahlenschutzverordnung ist der Zusatz von radioaktiven Stoffen zu Lebensmitteln und Futtermitteln grundsätzlich nicht gestattet. Für Situationen nach kerntechnischen Unfällen gelten jedoch europaeinheitliche Sondervorschriften, wie die Verordnungen zur Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte nach dem Unfall in Tschernobyl und nach dem Unfall in Japan, die in ihrer Gültigkeit jedoch zeitlich begrenzt sind. Anlage 49 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragen des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Fragen 78 und 79): Soll die jährliche Absenkung des Ausbaukorridors in Höhe von 400 Megawatt für Photovoltaikanlagen über 2017 hinaus fortgeführt werden und, falls ja, wie hoch wäre der Ausbaukorridor dann im Jahr 2020? Mit welchen Vermarktungserlösen rechnet die Bundesregierung für Strom aus Photovoltaikanlagen in den nächsten 20 Jahren, und wie hoch sind dieses Jahr insgesamt die Vergütungsabsenkungen für Photovoltaikanlagen der Größenordnung größer als 10 bis zu 30 Kilowatt (bitte Angabe zwischen reiner Vergütungsabsenkung sowie unter Berücksichtigung eines Vermarktungsanteils von 10 Prozent ohne Eigenverbrauch differenzieren)? Zu Frage 78: Der Gesetzentwurf beschreibt den Ausbaukorridor nur bis zum Jahr 2017 und lässt den weiteren Verlauf offen. Zu Frage 79: Die Vermarktungserlöse hängen davon ab, welche Direktvermarktungsmodelle durch die Akteure entwickelt werden. Möglich ist die direkte Belieferung von Haushalten, Gewerbe, Industrie mit Solarstrom oder der Verkauf an der Börse. Die Erlöse in diesen verschiedenen Marktsegmenten reichen von derzeit 23 ct/kWh als Preis für den durchschnittlichen Haushaltsstrom (ohne Grundpreis) bis zu etwa 6 ct/kWh als durchschnittlicher Börsenpreis. In welchem Umfang Möglichkeiten zur Direktvermarktung genutzt werden, wird durch den Markt und die Marktteilnehmer bestimmt. Die genaue Entwicklung ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, weshalb eine Quantifizierung derzeit nicht möglich ist. Die Vergütungsabsenkung für Photovoltaikanlagen mit einer Größe von 10 bis 30 kW zum 9. März 2012 im Vergleich zum 1. Januar 2012 beträgt rund 32 Prozent. Wird ein Anteil von 90 Prozent des Strom-ertrags mit 16,5 ct/kWh vergütet und 10 Prozent des Stromertrags an der Börse mit etwa 6 ct/kWh verkauft, beträgt die Absenkung 37 Prozent. Wird ein Teil des Stroms selbst genutzt, fällt die Vergütungsabsenkung geringer aus, da der Strompreis sowohl im Haushalts-bereich mit 23 ct/kWh als auch im landwirtschaftlichen Bereich mit etwa 18 bis 20 ct/kWh bereits deutlich über der Vergütung für die Netzeinspeisung liegt. Mit zunehmendem Eigenverbrauch steigt die Rendite des Anlagenbetreibers daher an. Die Vergütungsabsenkung von 32 Prozent kann teilweise kompensiert werden. Die Regelung sorgt also dafür, dass in Zukunft Anlagen zunehmend dort realisiert werden, wo eine rentable Nutzung des Stroms erfolgen kann. Die ungeregelte Einspeisung fernab von Stromverbrauchern wird unattraktiver. Anlage 50 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 80): Mit welcher Begründung hat die Bundesregierung den Vorschlag der EU-Kommission vom 4. Oktober 2011 zur Umsetzung des Art. 7 a der Kraftstoffqualitätsrichtlinie, welcher eine Berücksichtigung der Lebenszyklustreibhausgasemissionen von Kraftstoffen vorsieht, im Komitologieverfahren nicht unterstützt, und welche Position wird die Bundesregierung bei den weiteren Verhandlungen zur Umsetzung in diesem Punkt der Richtlinie vertreten vor dem Hintergrund ihrer eigenen Klimaschutzbemühungen und des weiterhin offenen Ausgangs nach der Überweisung an den EU-Umweltrat? Deutschland hat sich bei der Abstimmung im Ausschuss für Kraftstoffqualität am 23. Februar 2012 über den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Konkretisierung der Anforderungen von Art. 7 a der Kraftstoffqualitätsrichtlinie enthalten. Einer Zustimmung stand entgegen, dass zum Teil Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen des Kommissionsvorschlags gesehen wurden. Die Bundesregierung wird sich für eine sachgerechte, praktikable und dem Klimaschutz dienende Lösung einsetzen. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/CSU) (Drucksache 17/8723, Frage 81): Wann werden die Beratungsstellen für Beratungsleistungen im Rahmen der "Bildungsprämie" - Erstveröffentlichung am 2. Dezember 2011 - zertifiziert, damit die beschlossenen Prämiengutscheine durch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger eingelöst werden können? Im Dezember 2011 hat die zweite Förderphase der Bildungsprämie begonnen - Laufzeit bis 30. November 2013 -, für die gemäß zuwendungsrechtlicher Bestimmungen eine Neubewilligung der Beratungsstellen notwendig ist. Circa 600 Beratungsstellen haben einen Förderantrag gestellt, 432 Stellen wurden bereits bewilligt. Bevor die bewilligten Beratungsstellen Gutscheine ausgeben können, müssen sie unter anderem verschiedene Erklärungen wie zur Qualifikation der Beraterinnen und Berater sowie zum Datenschutz abgeben. Eine tagesaktuelle Übersicht mit Kontaktdaten der Beratungsstellen in seiner Nähe findet jeder Antragsteller im Internet. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Fragen des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/8723, Frage 82): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der aktualisierten "Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen 2012 bis 2025", die die Kultusministerkonferenz, KMK, am 10. Februar 2012 veröffentlicht hat und die allein für die Laufzeit der zweiten Phase des Hochschulpaktes bis 2015 von zusätzlichen 357 000 Sudienanfängern ausgeht bzw. von rund 749 000 in der Zeitspanne 2011 bis 2020, und wann wird die Bundesregierung gemäß dem Beschluss der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz vom 29. März 2011, der auf der Konferenz der Regierungschefinnen und der Regierungschefs der Länder mit der Bundeskanzlerin am 9. Juni 2011 in Berlin ausdrücklich begrüßt wurde, weitere Gespräche mit den Ländern aufnehmen, um eine Ausweitung des Hochschulpaktes nach Maßgabe der oben genannten aktualisierten KMK-Prognose auf den Weg zu bringen? Bund und Länder haben in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz beschlossen, dass sie für den Fall, dass die zusätzlichen Studienanfänger der zweiten Programmphase die vereinbarten 320 540 bis 334 940 zusätzlichen Studienanfänger übersteigen, rechtzeitig Gespräche zu sich daraus ergebenden Folgerungen aufnehmen werden. Bisher hat das Statistische Bundesamt die Schnellmeldung für das Studienjahr 2011 veröffentlicht. Demnach sind rund 153 500 zusätzliche Studienanfänger zu verzeichnen. Eine baldige Überschreitung der im Hochschulpakt vereinbarten Obergrenze für die Jahre 2011 bis 2015 ist derzeit nicht zu erwarten. 19154 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 161. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 161. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19155 Deutscher Bundestag - 15. Wahlperiode - 38. Sitzung - 4. April 2003 4 19190 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 161. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 161. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 29. Februar 2012 19191