Plenarprotokoll 17/167 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 167. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 21. März 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Nationales Reformprogramm 2012; sonstige Fragen Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Cajus Caesar (CDU/CSU) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Manfred Nink (SPD) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Kerstin Griese (SPD) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Klaus Breil (FDP) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Andrea Wicklein (SPD) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Manfred Nink (SPD) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Claudia Bögel (FDP) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Kerstin Griese (SPD) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Garrelt Duin (SPD) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Garrelt Duin (SPD) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 17/9001) Mündliche Frage 1 Kerstin Tack (SPD) Künftige Einhaltung der Bestimmungen zu den obligatorischen Beratungsprotokollen bei Finanzprodukten Antwort Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Kerstin Tack (SPD) Mündliche Frage 2 Kerstin Tack (SPD) Senkung überhöhter Dispositions- und Überziehungszinsen Antwort Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Kerstin Tack (SPD) Mündliche Frage 3 Elvira Drobinski-Weiß (SPD) Übrig gebliebene Lebensmittel beim Empfang der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Rahmen der Grünen Woche am 26. Januar 2012 Antwort Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfrage Elvira Drobinski-Weiß (SPD) Mündliche Frage 4 Elvira Drobinski-Weiß (SPD) Verschwendung von Lebensmitteln bei Empfängen und Veranstaltungen mit Verpflegung Antwort Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfrage Elvira Drobinski-Weiß (SPD) Mündliche Frage 6 Inge Höger (DIE LINKE) Vereinbarung zur Rüstungskooperation mit der pakistanischen Regierung und deren Streitkräfte Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Inge Höger (DIE LINKE) Dr. Rolf Mützenich (SPD) Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Manfred Grund (CDU/CSU) Mündliche Frage 9 Petra Crone (SPD) Einladung von Bundestagsabgeordneten zum Meinungsaustausch zwischen BMFSFJ und den Verbänden über das Eckpunktepapier zur Vorbereitung des Entwurfs eines neuen Pflegeberufsgesetzes Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Petra Crone (SPD) Markus Grübel (CDU/CSU) Mündliche Frage 10 Petra Crone (SPD) Fehlende Berücksichtigung der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie und fehlende -Abstimmung einer Finanzierungslösung zwischen Bund und Ländern im Eckpunktepapier zum neuen Pflegeberufsgesetz Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Petra Crone (SPD) Mündliche Frage 18 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Nichtduldung schwuler Schützenpaare durch den Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften e. V. Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 30 Karin Roth (Esslingen) (SPD) Ausbau der Neckarschleusen für 135 Meter lange Schiffe bis Plochingen Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Karin Roth (Esslingen) (SPD) Mündliche Fragen 46 und 47 Willi Brase (SPD) Anzahl und Zeitpunkt des Versands von Projektsteckbriefen an Wahlkreisabgeordnete durch das BMBF Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) Mündliche Frage 53 Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Preissenkende Wirkungen bei Benzin und Diesel durch die Umsetzung der am 4. März 2012 beschlossenen Änderung des Kartellrechts sowie weitere Maßnahmen für eine transparente und sozial gerechte Preisgestaltung Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Mündliche Frage 71 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abschalten der V-Leute in der NPD und Beweislage für einen NPD-Verbotsantrag Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 79 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vereinbarkeit der Einlegung des Vorbehalts gegen das Europäische Fürsorgeabkommen im Dezember 2011 mit Art. 19 der Wiener Vertragsrechtskonvention Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Zusatzfragen Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 80 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Rechtsgrundlage der Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für Staatsangehörige der Vertragsstaaten des Europäischen Fürsorgeabkommens bei Ausschluss von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Zusatzfragen Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD: Haltung der Bundesregierung zur Verwendung der Überschüsse in der gesetzlichen Krankenversicherung Dr. Karl Lauterbach (SPD) Johannes Singhammer (CDU/CSU) Harald Weinberg (DIE LINKE) Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Jens Spahn (CDU/CSU) Bärbel Bas (SPD) Daniel Bahr, Bundesminister BMG Steffen-Claudio Lemme (SPD) Willi Zylajew (CDU/CSU) Dr. Edgar Franke (SPD) Dr. Erwin Lotter (FDP) Rudolf Henke (CDU/CSU) Nächste Sitzung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 5 Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Vorlage von Untersuchungen zu einem möglichen Zusammenhang zwischen MAP und Morbus Crohn durch den Konsum von Produkten infizierter Rinder und vorbeugende Maßnahmen in den Mitgliedstaaten der EU Antwort Peter Bleser, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 3 Mündliche Frage 7 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Schlussfolgerungen des BMVg aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 2012 zur Durchführung eines Anerkennungsverfahrens bei Kriegsdienstverweigerern Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 4 Mündliche Frage 8 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kostenübernahme der Bundeswehr bei der Ausbildung auf das System LUNA in Saudi-Arabien Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 5 Mündliche Frage 11 Christel Humme (SPD) Abschluss der Prüfung zur Bereitstellung von Mitteln für den FrauenMediaTurm Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 6 Mündliche Frage 12 Christel Humme (SPD) Umsteuern in der Projektförderung des BMFSFJ Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 7 Mündliche Frage 13 Heinz Paula (SPD) Bedarf an Eigenmitteln im Rahmen von Bundesprogrammen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 8 Mündliche Frage 14 Sönke Rix (SPD) Anwendung des Jugendschutzgesetzes im Versandhandel Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 9 Mündliche Frage 15 Sönke Rix (SPD) Ahndung von Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz im Versandhandel Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 10 Mündliche Frage 16 Aydan Özo?uz (SPD) Vorlage des angekündigten Nationalen Aktionsplans im Bereich Jugendschutz, Partizipation, Medienkompetenz und Gewalt- und Suchtprävention Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 11 Mündliche Frage 17 Aydan Özo?uz (SPD) Ergebnisse der Überprüfung des Novellierungsbedarfs des Jugendschutzgesetzes Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 12 Mündliche Fragen 19 und 20 Siegmund Ehrmann (SPD) Förderung des Gabriele-Münter-Preises Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 13 Mündliche Frage 21 Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auszeit vom Beruf für Großeltern; Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Gesamtkonzept zur Demografiepolitik der Bundesregierung Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 14 Mündliche Frage 22 Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Geplante Ausweitung der Elternzeit auf Großeltern Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 15 Mündliche Frage 23 Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen der Einführung des geplanten Betreuungsgeldes auf die Frauenerwerbstätigkeit und den beschlossenen Ausbau der Kindertagesstätten Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 16 Mündliche Frage 24 Harald Weinberg (DIE LINKE) Aktuelle Pläne zur Praxisgebühr Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 17 Mündliche Fragen 25 und 26 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) In den vergangenen 20 Jahren zu grenzüberschreitenden Schienenverkehrsprojekten unterzeichnete Verträge sowie Kosten und Planungsstand bzw. Baufortschritt dieser Projekte Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 18 Mündliche Frage 27 Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auftraggeber, Auftragnehmer und Kosten der erneuten Wirtschaftlichkeitsprüfung des Elbe-Saale-Kanals Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 19 Mündliche Fragen 28 und 29 Gustav Herzog (SPD) Investition in weitere Liegeplätze an den Binnenwasserstraßen; Möglichkeiten zur Entsorgung von Müll und Altwasser Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 20 Mündliche Frage 31 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beginn der Finanzierung des Baus der 93 Grünbrücken aus dem Bundesprogramm Wiedervernetzung Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 21 Mündliche Frage 34 Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einsatz von Reboard-Kindersitzen in Pkw bei der Beförderung von Kindern mit einem Körpergewicht bis 15 Kilogramm Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 22 Mündliche Frage 35 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Anzahl barrierefreier Wohnungen in Deutschland Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 23 Mündliche Frage 38 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einstufung von drei zunächst nicht gemeldeten Ereignissen im Atomkraftwerk -Philippsburg 2; weitere meldepflichtige Ereignisse in deutschen Atomkraftwerken Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 24 Mündliche Frage 39 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Nutzung von Kavernenlagern für schwach- bis mittelradioaktive Abfälle an Atomkraftwerks- und Zwischenlager- bzw. Sammelstellenstandorten Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 25 Mündliche Frage 40 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Weitere Vergütung für neue Photovoltaikanlagen nach 2017 und Regelung des Vergütungsanspruchs ab 2014 Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 26 Mündliche Frage 41 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorgesehene Kürzungen bei den Forschungsmitteln für erneuerbare Energien aus dem Energie- und Klimafonds Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 27 Mündliche Frage 42 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beratungen zur Umsetzung der EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie mit Vertretern der kanadischen Regierung und/oder mit Vertretern der Mineralölindustrie in den vergangenen zwölf Monaten Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 28 Mündliche Frage 43 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Präsenz des Bundesumweltministers und Wahrnehmung der Termine bis zur Wahl des Landtags in NRW Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 29 Mündliche Fragen 44 und 45 Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) Versand von Projektsteckbriefen an Wahlkreisabgeordnete in dieser Wahlperiode durch das BMBF Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 30 Mündliche Frage 48 Michael Gerdes (SPD) Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch einseitige Information der Abgeordneten des Deutschen Bundestages Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 31 Mündliche Frage 49 Michael Gerdes (SPD) Bewertung des Fördervolumens für die gemeinsame Förderung von Modellprojekten zur Lehrerausbildung hinsichtlich des Ziels einer schnellen und flächendeckenden Verbesserung dieser Ausbildung Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 32 Mündliche Frage 50 Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Vorlage eines Konzepts zur gemeinsamen Förderung der Lehrerausbildung Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 33 Mündliche Frage 51 Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Finanzierung des Bundesanteils an der geplanten gemeinsamen Lehrerausbildungsförderung Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 34 Mündliche Frage 52 Klaus Hagemann (SPD) Zusätzlich an Hochschulen aufgenommene Studienanfänger im Rahmen der zweiten Phase des Hochschulpakts 2020 sowie geplante Aufstockung des Hochschulpakts 2020 Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 35 Mündliche Fragen 55 und 56 Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) Finanzierung einer Transfergesellschaft zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei der insolventen Drogeriemarktkette Schlecker Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 36 Mündliche Fragen 57 und 58 Lars Klingbeil (SPD) Gesetzliche Verankerung eines Warnhinweismodells bei mutmaßlichen Urheberrechtsverletzungen im Internet nach dem Scheitern einer freiwilligen Einführung im Rahmen des vom BMWi durchgeführten Wirtschaftsdialogs am 15. März 2012; dortige Einigung auf einen Maßnahmenkatalog gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 37 Mündliche Frage 59 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Vorlage eines innerhalb der Bundesregierung abgestimmten Plans zur Reduzierung der Bundeswehr in Afghanistan Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 38 Mündliche Frage 60 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Einfluss der Debatte über die beschleunigte Reduzierung insbesondere der US-amerikanischen und britischen Truppen in -Afghanistan auf die Entscheidung der Bundesregierung zur Reduzierung des deutschen Truppenkontingents Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 39 Mündliche Frage 61 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abzugsverlangen der afghanischen Regierung für alle NATO-Truppen bereits im Jahr 2013 Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 40 Mündliche Frage 62 Heike Hänsel (DIE LINKE) Konsequenzen für marokkanische Diplomaten nach der Festnahme eines mutmaßlichen marokkanischen Agenten in Berlin Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 41 Mündliche Frage 63 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaige Ablehnung von Visaanträgen syrischer Staatsbürger durch die deutschen Botschaften in Amman und Beirut Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 42 Mündliche Frage 64 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aufnahme syrischer Flüchtlinge aus der Türkei und dem Libanon sowie Behandlung verletzter Syrerinnen und Syrer in Deutschland Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 43 Mündliche Frage 65 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Situation syrischer Flüchtlinge in türkischen Aufnahmelagern; Hinwirken auf einen Zugang des UNHCR zu diesen Lagern Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 44 Mündliche Frage 66 Sevim Da?delen (DIE LINKE) Etwaiges militärisches Engagement der USA in Syrien; Ausschluss einer deutschen Beteiligung Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 45 Mündliche Frage 67 Sevim Da?delen (DIE LINKE) Beteiligung von EU-Staaten an der Abstellung europäischer Marinetruppen zur Sicherung der Straße von Hormus und vorgesehener Einsatzzweck Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 46 Mündliche Frage 68 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Planungsstand einer zivilen EU-Mission in der Sahelregion sowie deutsche Beteiligung Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 47 Mündliche Frage 69 Andrej Hunko (DIE LINKE) Existenz eines Vertrages zwischen dem BMI und einem Privatunternehmen zur Verwendung einer Software zum Versand von „Stillen SMS“; beteiligte Akteure Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 48 Mündliche Frage 70 Andrej Hunko (DIE LINKE) Deutsche Beteiligung an der Ausarbeitung der „Common responses to current challenges by Member States most affected by secondary mixed migration flows“; Ziel des Pilotprojekts am griechisch-türkischen Grenzfluss Evros Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 49 Mündliche Frage 72 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dauerhafte Abschaltung von V-Leuten in der rechten Szene Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 50 Mündliche Frage 73 Klaus Ernst (DIE LINKE) Straftaten Rechtsradikaler gegen in Deutschland lebende Griechen infolge von Ressentiments schürenden Äußerungen von Regierungsmitgliedern Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 51 Mündliche Frage 74 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Schlussfolgerungen aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Oktober 2011 zur Zwangsbehandlung für die Novellierung der Gesetzgebung Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 52 Mündliche Frage 75 Klaus Ernst (DIE LINKE) Abschreibungsverluste bei Sparkassen, Landesbanken und Banken mit Bundesbeteiligung im Zuge des griechischen Schuldenschnitts Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 53 Mündliche Fragen 76 und 77 Anton Schaaf (SPD) Rentenanwartschaften zur Zahlung einer Altersrente nach den Regelungen des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 54 Mündliche Frage 78 Jutta Krellmann (DIE LINKE) Anzahl der Unternehmensgründungen aus Rumänien und Bulgarien bundesweit im Jahr 2011 und Auswirkungen der hohen Zahl von Selbstständigen aus den mittel- und osteuropäischen Ländern auf die tarifgebundenen Beschäftigungsverhältnisse Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 55 Mündliche Fragen 81 und 82 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Versetzungen von Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit an andere Arbeitsorte und Klagen gegen eine Umsetzung im Rahmen des Urteils des Bundesarbeitsgerichtes zur haushaltsrechtlichen Befristung vom 9. März 2011 Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 56 Erklärung des Abgeordneten Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag des Bundesministeriums der Finanzen „Finanzhilfen zugunsten der Hellenischen Republik“ (160. Sitzung, Tagesordnungspunkt 1 b) Inhaltsverzeichnis 167. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 21. März 2012 Beginn: 13.00 Uhr Vizepräsidentin Petra Pau: Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Nationales Reformprogramm 2012. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Herr Dr. Philipp Rösler. Bitte, Herr Minister. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Vielen Dank für Ihre Präsenz. (Heiterkeit) Das Bundeskabinett hat heute das Nationale Reformprogramm 2012 beschlossen. Es reiht sich in die Aufgaben im Rahmen des Europäischen Semesters ein. Es ist eine Erfolgsbilanz der Menschen in Deutschland und eine Erfolgsbilanz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes. Damit ist es ein Stück weit das Ergebnis einer erfolgreichen Regierungsarbeit im Jahre 2011; denn nicht nur die Prognose für 2012 fließt dort ein, sondern auch die Umsetzung der Vorgaben aus dem Jahr 2011. Das Programm ruht auf breiten Schultern. Verbände, Sozialpartner und auch die Länder waren beteiligt. Nach dem heutigen Beschluss wurde es umgehend dem Parlament, dem Bundestag und auch dem Bundesrat zugeleitet. Es ist geplant, das Nationale Reformprogramm dann am 13. April der Europäischen Kommission vorzulegen. Bei diesem Programm muss man feststellen, dass Deutschland nach wie vor der Stabilitätsanker in der Europäischen Union ist. Wir leisten einen guten Beitrag zur Stabilität der wirtschaftlichen Verhältnisse im gemeinsamen Europa. Die Wachstumsprojektion für das Jahr 2012 liegt bei 0,7 Prozent. Diese Wachstumszahl ist deutlich größer als die Wachstumszahlen der meisten anderen Länder in Europa, und sie liegt damit auch weit über dem Schnitt. Wir leisten somit nicht nur einen Beitrag für den Wohlstand in unserem Land, sondern auch für den der europäischen Partner; denn sie profitieren von dem Wachstum in unserem Lande. Bei der Strategie „Europa 2020“ sind wir – auch das zeigt das Nationale Reformprogramm – sehr erfolgreich. Beispielsweise wurde die Beschäftigungsquote von 75 Prozent, die eigentlich erst für das Jahr 2020 geplant war, fast schon im Jahr 2010 erreicht. Wir investieren weiter in Bildung, Forschung und Technologie. Hier beträgt die Investitionsquote 2,82 Prozent. Vorgesehen ist im Rahmen der Strategie „Europa 2020“ ein Anteil von 3 Prozent im Jahr 2020. Trotz der Investitionen in Bildung und Forschung gelingt es auf der anderen Seite, die Haushalte weiter zu konsolidieren. Wir liegen weit unterhalb der Vorgaben der Schuldenbremse. Aufgrund des guten Wachstums wird es auch in den nächsten Jahren gelingen, die Nettokreditaufnahme mehr zu reduzieren als nach der mittelfristigen Finanzplanung der Vorjahre vorgesehen. Wir wollen auf diesem Weg weitergehen. Diese Erfolge zeigen, dass wir Vorbild für ganz Europa sein können. Wir haben beispielsweise die Defizitvorgabe in Höhe von 1 Prozent schon im letzten Jahr erreicht. Diese Vorgabe müssen alle europäischen Partner in den nächsten zwei Jahren erfüllen. Wir wollen aber nicht stehen bleiben; daher haben wir ein ehrgeiziges Aktionsprogramm für das Jahr 2012 aufgelegt. Wir wollen bei der Erleichterung der qualifizierten Zuwanderung voranschreiten. Wir wollen Reformen bei der Technologieförderung, beispielsweise durch mehr Wagniskapital. Wir wollen die Vorbildfunktion, die wir mit dem Nationalen Reformprogramm 2012 dokumentieren, in diesem Jahr und in den nächsten Jahren auf europäischer Ebene fortsetzen, um unseren Beitrag für ein stabiles, gemeinsames, starkes, auch wirtschaftlich starkes Europa zu leisten. Vielen Dank. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Herr Bundesminister. – Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. Das Wort hat der Kollege Cajus Julius Caesar. Bitte. Cajus Caesar (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Herr Minister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, Reformen bedeuten zum einen, die Vergangenheit zur Kenntnis zu nehmen und zu analysieren, und zum anderen, auf die Zukunft ausgerichtet zu fragen: Wie können wir erfolgreich sein? Herr Minister, teilen Sie meine Auffassung, dass es der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen ist, bei den Reformen den Bürokratieabbau an vorderster Stelle zu sehen und beispielsweise mithilfe von Normenkontrollrat und Experten den eingeschlagenen Weg weiterzugehen? Wir haben uns vorgenommen, 25 Prozent der Meldeformularien ad acta zu legen, wenn ich das so formulieren darf. Wir sind uns, glaube ich, darüber einig, dass die Bundesregierung hier auf dem richtigen Weg ist. Könnten Sie mir außerdem erläutern, wie dieser Weg beschritten werden soll? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Minister. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, vielen Dank für den Hinweis. In der Tat: Wachstumskräfte werden wir nur dann freisetzen können, wenn wir gerade diejenigen, die Wachstum möglich machen und die Leistung zeigen – die Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Lande –, von unnötiger Bürokratie befreien. Es ist das Ziel, auch mit Unterstützung des Normenkontrollrates, Bürokratielasten zu reduzieren. Das ist gelungen, unter anderem durch die Nichteinführung des großen Programmes ELENA im letzten Jahr. Dies wurde vor allem vom Mittelstand immer wieder gefordert, weil man Sorge hatte, durch dieses neue Verfahren in hohem Maße mit neuen bürokratischen Aufgaben belastet zu werden. Wir wollen auf diesem Weg voranschreiten, weil die Unternehmerinnen und Unternehmer durch weniger Bürokratie wieder mehr Zeit für die Ziele haben, deretwegen sie sich ursprünglich einmal selbstständig gemacht haben, nämlich um zu arbeiten, Geld zu verdienen sowie neue Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Es stehen konkrete Diskussionen an, zum Beispiel zum Thema E-Bilanz. Dabei geht es darum, ein Verfahren der elektronischen Datenübertragung von den Unternehmen zu den Finanzämtern zu etablieren, und zwar mit dem Ziel, Bürokratie abzubauen. Wir müssen das Augenmerk darauf legen, dieses Ziel so konsequent anzustreben, wie wir uns das als Regierungskoalition vorgenommen haben. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Manfred Nink. Manfred Nink (SPD): Schönen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, stimmen Sie mir zu, dass im grenzüberschreitenden Handel die Außenbilanzdefizite der einen Staaten zugleich den Außenbilanzüberschuss anderer Staaten, beispielsweise Deutschlands, darstellen? Wenn ja: Warum ist vor dem Hintergrund der Forderung der Bundesregierung an die Bilanzdefizitländer, zu sparen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und die Außenhandelsbilanz ins Reine zu bringen, der Saldo der Leistungsbilanz, so wörtlich im Entwurf, keine politische Zielgröße der Bundesregierung, mit der angestrebt wird, die von der EU geforderten makroökonomischen Ungleichgewichte einzugrenzen bzw. zu beseitigen? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Minister. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich will für die Bundesregierung ausdrücklich festhalten: Wir halten unsere Leistungsbilanzüberschüsse für sehr positiv. Diese helfen auch unseren europäischen Partnern; denn in unseren Exporten steckt ein großer Importanteil, um die 42 Prozent. Das heißt, unsere Exporte stärken unsere europäischen Partner insgesamt. Im Übrigen ist die Sache mit den Leistungsbilanzen innerhalb der Euro-Gruppe mit Sicherheit kein Nullsummenspiel. Ich glaube, es ist gut, wenn jedes Land daran arbeitet, möglichst stark zu sein und seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Dessen Ausdruck sind für uns die guten Leistungsbilanzüberschüsse. Wenn wir unsere Forderungen an unsere europäischen Partner, gerade an die Programmländer, darauf reduzieren würden, die Haushalte zu konsolidieren und nicht langfristig daran zu arbeiten, zu Überschüssen zu kommen, wie wir sie erzielen, dann wäre das falsch. Wir fordern, zunächst einmal die Hauptursache der Krise, die Verschuldung, in den Griff zu bekommen. Deshalb gibt es die harten Sparvorgaben, die Sparmaßnahmen und die Forderung, die Schuldenbremse in die jeweiligen nationalstaatlichen Verfassungen aufzunehmen. Auf der anderen Seite wollen wir aber auch die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Wenn das am Ende gelingt, wird man das, wie in Deutschland, anhand der Leistungsbilanzen feststellen können. Genau wie bei uns wird dann der Leistungsbilanzüberschuss ein Zeichen der guten Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in dem jeweiligen Mitgliedsland sein. Wir konzentrieren uns also auf beides: auf harte Sparvorgaben, aber auch auf Impulse für Wachstum in sämtlichen europäischen Programmländern. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt die Kollegin Kerstin Griese. Kerstin Griese (SPD): Lieber Herr Minister, bevor ich gleich eine Frage zu den Inhalten des Nationalen Reformprogramms stelle, will ich Ihnen eine Frage zur Erstellung des Nationalen Reformprogramms stellen. Die Idee der Strategie „Europa 2020“ ist, dass die Regierung nicht alles allein macht, sondern auf die Kooperation mit Sozialverbänden, kommunalen Spitzenverbänden usw. angewiesen ist. Deshalb sind Sie mit ihnen regelmäßig im Gespräch. Es gab auch Vereinbarungen, dass diese Spitzenverbände an der Erstellung des Nationalen Reformprogramms beteiligt werden. Warum haben Sie ihnen dann bloß zwei Tage Zeit gegeben, um Stellung zu nehmen? Ich darf mit Erlaubnis der Präsidentin einmal aus dem Schreiben der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände zitieren: Sie schreiben wörtlich, die sehr kurze Frist sei „äußerst ärgerlich“. Dem Deutschen Verein haben Sie zwei Tage Zeit gegeben, den kommunalen Spitzenverbänden einen Tag. So stelle ich mir die Zusammenarbeit mit den Spitzenverbänden nicht vor. Das ist auch nicht im Sinne der Strategie „Europa 2020“. Mit meiner Frage ist natürlich der Appell verbunden, das in Zukunft anders zu machen. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Sehr verehrte Frau Abgeordnete, ich habe eingangs erläutert, dass gerade dieses Nationale Reformprogramm auf breiter Basis beruht, dass wir dieses Programm mit allen betroffenen Verbänden und Organisationen, insbesondere mit den Sozialpartnern, besprochen und diskutiert haben. Offenbar war die Frist für die schriftliche Stellungnahme vergleichsweise kurz; das gibt jedenfalls der Brief wieder, den Sie zitiert haben. Die umfangreichen Gespräche, die wir selber mit den jeweils betroffenen Verbänden und Partnern, insbesondere den Sozialpartnern, geführt haben, waren sehr fruchtbar und erfolgreich. Sie haben gezeigt, dass wir das Nationale Reformprogramm in dieser Form gemeinsam erstellt haben und auch nach Europa tragen wollen; wir sehen es als gemeinsamen Beitrag zur Stärkung Europas insgesamt. Wie gesagt: Das waren sehr fruchtbare Gespräche mit allen betroffenen und beteiligten Verbänden. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Klaus Breil. Klaus Breil (FDP): Herr Minister Dr. Rösler, ich habe eine Frage zur Energiewende; entsprechende Maßnahmen sind Teil des Nationalen Reformprogramms. Wenn ich richtig gezählt habe, sind allein in diesem Programm 27 Maßnahmen aus den Bereichen Energie und Umwelt enthalten. Vielleicht können Sie dazu Näheres sagen. – Danke schön. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Minister. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Danke, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr Abgeordneter, in der Tat: Wenn man Wachstum als Grundpfeiler, als Ziel dieses Reformprogramms ansieht, dann muss die Energiepolitik darin einen wesentlichen Teil einnehmen. Die mittelständischen Unternehmen in Deutschland machen sich viele Gedanken über die künftige Energieversorgung, gerade aufgrund der Entscheidung zum Ausstieg aus der Kernenergie bis zum Jahre 2022. Hier spielt die Frage der Energiepreise eine große Rolle, insbesondere für die Unternehmen, die aufgrund ihrer Größe keine Strompreiskompensation, keine Netzentgeltbefreiung bekommen. Neben dem Ziel, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, die die Strompreise stabil halten, geht es um die Wachstumschancen, die die Energiewende zum Glück mit sich bringt, wiederum gerade auch für die mittelständischen Unternehmen. Ich möchte hier nur den Bereich der Energieeffizienz nennen. Besonders in der mittelständischen Wirtschaft gibt es Hoffnungen auf neue Märkte und neue Chancen im Bereich der energetischen Gebäudesanierung, sei es durch neue energetisch effiziente Produkte oder aber durch neue Dienstleistungen, angefangen bei der Beratung bis hin zum Bau. Dieser Teil nimmt im Nationalen Reformprogramm großen Raum ein, einmal weil dieser Bereich eine Grundlage für alle Unternehmen, für das Wachstum insgesamt schafft, aber eben auch, weil er einzelnen Branchen durchaus große Chancen eröffnet, einen wesentlich größeren Beitrag zum Wachstum zu leisten, als es bisher der Fall ist. Ich denke, das wird auch in Zukunft so sein. Es zeigt klar, dass wir die Energiewende als wirtschaftspolitische Chance betrachten, im Sinne von mehr Wachstum und Wohlstand in unserem Lande. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nicht immer so!) Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Dr. Rossmann. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Herr Minister, inwiefern trägt die Strategie „Europa 2020“ zum Wirtschaftswachstum bei, und zwar auch dadurch, dass mehr Menschen in Beschäftigung kommen, weniger in Armut sind und das Niveau der Bildung, der Qualifikation deutlich angehoben wird? Anders gefragt: Was sind die Maßnahmen dieser Bundesregierung, um zur Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen und zur Qualifizierung von mit nicht so guter Grundbildung ausgestatteten Menschen, von Menschen ohne elementare Bildung beizutragen? Wie fügen sich diese Maßnahmen der Bundesregierung in die europäische Gesamtstrategie ein? Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: In der Tat ist es auch im Rahmen der EU-2020-Strategie unser Ziel, für Beschäftigungsaufbau zu sorgen. Wir kamen im letzten Sommer in Meseberg mit den Sozialpartnern zu einem Gipfel zusammen, bei dem es um die Frage ging: Wie können wir die Sicherung von Fachkräften gewährleisten? Es wurde auch darüber diskutiert, wie wir ausbildungsschwache Jugendliche weiterqualifizieren können, damit sie eine Chance auf einen Ausbildungsplatz und in der Folge auch auf einen Arbeitsplatz erhalten. Wir haben uns auch über das Thema Langzeitarbeitslosigkeit Gedanken gemacht. Ich will darauf hinweisen – das bringt dieses Programm zum Ausdruck –, dass wir beim Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit in den letzten Jahren sehr erfolgreich waren. Neben dem Thema „ausbildungsschwache Jugendliche“ wollen wir das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ in den Vordergrund stellen. Hierzu gab es mehrere Initiativen; auch das Engagement der Kollegin aus dem Arbeitsministerium sei erwähnt. Hinzu kam die Frage: Wie kann man als ältere Arbeitnehmerin bzw. älterer Arbeitnehmer möglichst lange am Arbeitsleben teilnehmen. Ebenso wurde über das Ziel diskutiert – das will ich ausdrücklich erwähnen –, den Bereich qualifizierte Zuwanderung stärker zu fördern. Das war bei den Gesprächen im letzten Sommer Gegenstand der Forderungen zahlreicher Verbände. Im Aktionsprogramm, das Teil des Reformprogramms ist, haben wir einen Schwerpunkt auf die Verbesserung im Bereich der qualifizierten Zuwanderung gelegt. Zuwanderung soll verstärkt unter Berücksichtigung von Qualifikation und Berufsgruppe erfolgen. Zudem sollen deutlich abgesenkte Gehaltsschwellen gelten. Ich fasse zusammen: Wir fangen bei den ausbildungsschwachen Jugendlichen an. Wir machen weiter mit dem Bereich Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Förderung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Langzeitarbeitsloser. Gleichzeitig fördern wir den Zuzug von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland. Das positive Wachstum, das wir in den letzten Jahren erlebt haben, hatte positive Effekte auf dem Arbeitsmarkt. Das führt dazu, dass wir momentan über den Fachkräftemangel als Wachstumsbremse diskutieren. Sie gilt es zu lösen, um dem Ziel des Nationalen Reformprogramms gerecht werden zu können. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Andrea Wicklein. Andrea Wicklein (SPD): Sehr geehrter Herr Minister, wir sind uns einig, dass dem Mittelstand in Deutschland eine herausgehobene Bedeutung zukommt. Da ich diesen Aspekt in dem Na-tionalen Reformprogramm der Bundesregierung vermisse, geht meine Frage in folgende Richtung: Welche Maßnahmen planen Sie, um den Mittelstand weiterhin zu stärken? Ich habe zur Kenntnis genommen, dass das ZIM Erwähnung findet. Ich denke, dass es darüber hi-naus andere Fragestellungen gibt, zum Beispiel die Bereitstellung von Wagniskapital oder die Unterstützung von Existenzgründungen in diesem Bereich. Könnten Sie dazu noch einige Ausführungen machen? – Danke schön. Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Minister, Sie haben das Wort. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Präsidentin, vielen Dank. – Frau Abgeordnete, in der Tat wird das Wachstum getragen von den vielen mittelständischen Unternehmen, die wir in Deutschland haben. 99 Prozent aller unserer Unternehmen sind mittelständische Unternehmen. Das heißt, all die Beiträge, die wir zur Stärkung des Wachstums leisten, sind in aller-erster Linie Beiträge für den Mittelstand in Deutschland. Zu all dem zählen wir das eben angesprochene Thema Fachkräfte sowie das Thema Rohstoffversorgung, das das Thema Energieversorgung beinhaltet. Dabei müssen die materiellen Rohstoffe berücksichtigt werden. Sie haben das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand, kurz: ZIM, angesprochen. Es wird von den Unternehmerinnen und Unternehmern hervorragend angenommen. Es wird europaweit als Goldstandard der Innovationsförderung für den Mittelstand gelobt. Auf diesem Weg wollen wir weitergehen. Sie haben das Thema Wagniskapital angesprochen. Teil des Aktionsprogrammes für 2012 ist es, die Rahmenbedingungen für das Wagniskapital im Jahre 2012 zu verbessern. Wir müssen noch mehr tun. Es gilt, noch einige Hürden zu beseitigen, beispielsweise die Umsatzsteuerpflicht für das Management von Wagniskapitalfonds. Man muss darüber diskutieren, wie man es schafft, zu einer europäischen Gleichbehandlung zu kommen, um noch mehr Wagniskapital hierher, nach Deutschland, zu holen. Das ist für junge Unternehmen in der Gründungsphase, gerade für solche im innovationsstarken IT-Bereich, von grundlegender Bedeutung. Deswegen ist es neben der Neuregelung des Vorsteuerabzugs und anderen Fragen, die noch geklärt werden müssen, ausdrücklich unser Ziel, die Bedingung für Wagniskapital im Jahr 2012 zu verbessern, um so die Gründung von kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland zu fördern. Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor ich jetzt dem Kollegen Manfred Nink das Wort zur nächsten Frage gebe, mache ich sowohl die Kollegen Abgeordneten als auch die Mitglieder der Bundesregierung und auch Sie, Herr Bundesminister, auf unsere Regelung aufmerksam. Das rote Signal – wenn es denn aufleuchtet – besagt, dass die vorgesehene Frage- bzw. Antwortzeit überschritten ist. Nun hat der Kollege Nink das Wort. Manfred Nink (SPD): Herr Minister, die Langzeitarbeitslosigkeit wird seitens der Bundesregierung als Indikator für Armut und Ausgrenzungen angesehen. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020  640 000 Menschen aus diesem Dilemma herauszuführen; sie hat allerdings nicht eine einzige konkrete Maßnahme genannt, wie das geschehen soll. Können Sie uns heute Maßnahmen benennen, wie die Bundesregierung Kinder- und Altersarmut bekämpfen will? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Minister. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Abgeordneter, das ist eine kombinierte Frage nach Langzeitarbeitslosigkeit, Kinderarmut und Armut von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Vielleicht zunächst einmal zum Thema Langzeit-arbeitslosigkeit. Ich habe eben schon von den positiven Zahlen gesprochen. Einhergehend mit dem zunehmenden Wachstum, das wir in Deutschland haben, ist Beschäftigung aufgebaut worden. Insbesondere wurde Langzeitarbeitslosigkeit abgebaut. Der Weg für den ersten Arbeitsmarkt muss weiterhin sein, durch Wachstum weitere Chancen zu schaffen und damit auch Langzeit-arbeitslosen die Chance zu geben, in den ersten Arbeitsmarkt zurückzukommen. Zur Frage nach den schwächeren Jugendlichen: Ich habe vorhin angedeutet, dass wir auf dem Gipfel, den wir gemeinsam mit den Sozialpartnern durchgeführt haben, das Ziel formuliert haben, nach wie vor diejenigen weiterzubilden, die bisher keine Chance auf einen Ausbildungsplatz hatten, entweder weil sie keinen Abschluss haben oder aber weil sie einen so schwachen Abschluss haben, dass sie trotz der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt keine Chance auf einen Ausbildungsplatz haben. Wir haben gerade mit dem Handwerk über -gemeinsame Projekte gesprochen. Dabei ging es um überbetriebliche Lehrlingsunterweisungen und andere Fragen. Wir wollen uns weiterhin an schwächere Jugendliche wenden und ihnen durch eine verbesserte Ausbildungsfähigkeit eine Chance geben. Was ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angeht, haben wir zum Ausdruck gebracht, dass es keinen Sinn macht, diese vorzeitig aus dem Arbeitsleben zu entlassen. Im Gegenteil, es macht für Unternehmen eher Sinn, sie im Arbeitsleben zu halten; dies hat etwas mit Fortbildung und auch mit Gesundheitsmanagement zu tun. Das muss die Zielsetzung sein, um auch hier die Wertschöpfungskraft aller Generationen – angefangen von den ganz Jungen bis zu den Älteren – in unserem Lande nutzen zu können. Wir versuchen, bei der Langzeitarbeitslosigkeit eine Verbesserung zu erreichen, indem wir für Wachstum sorgen. Wie die Zahlen zeigen, wirkt sich das für die Chancen der Langzeitarbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt sehr positiv aus. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Claudia Bögel. Claudia Bögel (FDP): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Lieber Herr Minister, mit dem diesjährigen Nationalen Reformprogramm kann sich die Bundesregierung in Brüssel wirklich sehen lassen. Ich habe dazu eine Frage: Wie ist jetzt sichergestellt, dass auch die anderen europäischen Staaten ihre Verpflichtungen einhalten? Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank, Frau Abgeordnete. – Das Nationale Reformprogramm reiht sich in die Vorgaben des Europäischen Semesters ein. Es ist das erklärte Ziel der europäischen Staats- und Regierungschefs, noch viel stärker als bisher auf die Einhaltung der Vorgaben in nationalen -Reformprogrammen achtzugeben. Das gilt auch für die Vorgaben, die die Kommission den Mitgliedstaaten überträgt. Es ist das Ziel der Staats- und Regierungschefs – das ist ihre Aussage –, das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes zur Chefsache zu machen und dafür zu sorgen, dass die Aufgaben nicht nur aufgelistet werden, sondern dass eben auch nachgefragt wird, wie erfolgreich man gewesen ist. Das geschieht, um den jeweiligen Mitgliedstaaten bei der Weiterbetrachtung im nächsten Jahr für den Fall wieder neue Aufgaben aufzuerlegen, dass sie die Ziele, die sie sich in ihren nationalen Reformprogrammen selber gesetzt hatten, nicht erreicht haben. Im Übrigen ist es, glaube ich, wichtig, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen und die Aufgaben erfüllen, die uns gestellt werden. Gleichzeitig sollten wir zeigen, dass wir durch solide Haushalte und Wachstumseffekte unseren Beitrag für ein stabiles Europa leisten. Damit können wir, Deutschland, innerhalb ganz Europas eine Vorbildfunktion wahrnehmen. Vizepräsidentin Petra Pau: Eine weitere Nachfrage stellt die Kollegin Kerstin Griese. Kerstin Griese (SPD): Herr Minister, ich frage zu den Themen „Bekämpfung von Armut“ und „Bekämpfung von Arbeitslosigkeit“ nach. In der Tat ist es das Ziel der Strategie „Europa 2020“, dass 75 Prozent der Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren in Arbeit sind und dass die Zahl der von Armut betroffenen Personen europaweit um 20 Millionen sinkt. Mir stellt sich die Frage, warum sich die Bundesregierung allein auf das Thema Langzeitarbeitslosigkeit konzentriert und nicht einen umfassenden Begriff von Armutsbekämpfung wählt. Ich frage Sie auch, ob Sie mit Ihrer Einschätzung nicht falsch liegen. Die Arbeitslosigkeit ist insgesamt gesunken. Das freut uns alle. Auch wir sind der Ansicht, dass das viel mit dem zu tun hat, was sozialdemokratische Minister in den letzten Jahren gemacht haben. Die Langzeitarbeitslosigkeit sinkt aber nicht. Da haben wir immer noch ein erhebliches Problem. Daher ist es eher schwierig, Instrumente der Arbeitsmarktförderung zu streichen, die gerade Langzeitarbeitslosen eine Integration ermöglichen. In diesem Zusammenhang frage ich Sie auch, ob Sie meinen, dass die Einführung des Betreuungsgeldes dem Ziel der Strategie „Europa 2020“, nämlich Beschäftigung zu fördern und damit auch Frauen zu motivieren, möglichst zügig in den Beruf zurückzukehren, dienlich ist und ob sie diesem Ziel nicht eher zuwiderläuft. Sie wissen, dass die EU-Kommission das Betreuungsgeld als nicht förderlich kritisiert hat. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort, Herr Minister. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Unbestritten ist, dass nicht nur diese Bundesregierung, sondern auch die vorherige Bundesregierung Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ergriffen hat. Ich kann mich klar dazu bekennen, dass die Agenda 2010, die unter sozialdemokratischer Kanzlerschaft beschlossen wurde, jetzt Wirkung auf dem Arbeitsmarkt zeigt. Ich würde mir wünschen, dass die So-zialdemokraten genauso vehement für die mit der Agenda 2010 verbundenen Ziele und Maßnahmen eintreten. Ihrer Frage entnehme ich – so will ich das einmal wahrnehmen –, dass Sie dahinterstehen. Zu Ihrer Frage zum Betreuungsgeld. Ich habe eingangs erwähnt, dass wir ein klares Ziel verfolgen: Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich hoffe sehr, dass dieses Ziel bei der konkreten Ausgestaltung eines Gesetzentwurfs zum Betreuungsgeld zumindest nicht geschwächt wird – so will ich das einmal sagen –; denn es handelt sich an dieser Stelle ja um eine andere Zielsetzung: Es geht darum, Wahlfreiheit für die Eltern zu schaffen. Ich sage noch einmal: Das Ziel der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf darf dadurch nicht negativ beeinflusst werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Dr. Rossmann. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Herr Minister, eine Erkenntnis aus den vorliegenden Berichten und Strategien ist, dass die Binnennachfrage, die durch ausreichende Löhne und Einkommen abgesichert wird, sehr wichtig ist. Deshalb an dieser Stelle die Frage an Sie: Wann wird diese Bundesregierung einen abgestimmten Gesetzentwurf zu Mindestlöhnen vorlegen, damit wir diesbezüglich nachholen können, was in anderen europäischen Ländern als Teil dieser Strategie schon lange selbstverständlich ist und womit in anderen europäischen Ländern eine gute Wirkung erzielt wurde? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Minister. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Abgeordneter, in anderen Ländern gibt es in der Tat Mindestlöhne. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass diese Länder bezogen auf Wachstum und Wachstumserfolge nicht so erfolgreich sind wie Deutschland. Trotzdem haben Sie recht: Die Wachstumsprognose von 0,7 Prozent wird rein rechnerisch zu 100 Prozent auf die Binnennachfrage zurückgeführt. Die stärkere Binnennachfrage geht mit einem hohen Beschäftigungsaufbau Hand in Hand. Mit dem Beschäftigungsaufbau ist eine größere Lohnsumme verbunden, und damit wiederum sind weitere konjunkturelle Effekte im Bereich der Binnennachfrage verbunden. Insofern sehe ich dies vollkommen unabhängig von der Frage des Mindestlohns, die Sie angesprochen haben. Es ist vonseiten der Bundesregierung nicht geplant, einen gesetzlichen flächendeckenden, einheitlichen Mindestlohn auf den Weg zu bringen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage zu diesem Themenbereich stellt der Kollege Dr. Martin Neumann. Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP): Sehr geehrter Herr Minister, ich möchte eine Frage zur aktuellen Situation stellen. Das Kabinett hat heute die Eckwerte des Bundeshaushalts 2013 und des Finanzplans für die Jahre 2012 bis 2016 beschlossen. Müssen angesichts der ambitionierten Vorhaben im Rahmen des Aktionsprogramms 2012 für den EuroPlus-Pakt nicht auch die Eckwerte in gewisser Art und Weise angepasst werden? Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, in der Tat gehört die haushalterische Stabilität mit zu unserem Programm, zu dem Programm des Euro-Plus-Paktes, aber auch zu unserem eigenen Aktionsprogramm. Die Eckwerte unterstreichen die solide Haushaltsführung dieser Bundes-regierung, dieser Regierungskoalition. Wir liegen deutlich unter den Vorgaben der Schuldenbremse im Grundgesetz. Wir halten aber nicht nur die Vorgaben der Schuldenbremse ein, sondern unterschreiten auch unsere eigenen Vorgaben in der mittelfristigen Finanzplanung; wir unterschreiten die Vorgaben jeweils um 4 bis 5 Mil-liarden Euro. Das ist zum einen der soliden Haushaltsführung zu verdanken, zum anderen aber auch dem enormen Wachstum in den letzten beiden Jahren und dem starken, guten Wachstum in diesem Jahr; dieses darf gerne noch besser werden. Die Eckwerte müssen also nicht angepasst werden. Im Gegenteil: Sie sind Ausdruck der Gesamtstrategie, die sich im Nationalen Reformprogramm 2012 widerspiegelt. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Herr Minister. – Eine weitere Nachfrage zu diesem Themenbereich stellt der Kollege Duin. Garrelt Duin (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass zu einer erfolgreichen Politik für den Wirtschaftsstandort Deutschland gehört, dass wir unser Augenmerk auf die Kreditversorgung richten, dass wir mit unseren politischen Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass die Kreditversorgung sichergestellt ist. Ein kleines, aber doch wichtiges Instrument dabei sind die Bürgschaftsbanken. Die Bürgschaftsbanken hatten in der Krise die Möglichkeit, im Rahmen von Eigenvergabe etwas zu tun. Sie hatten einen größeren Spielraum und konnten Kredite in einer Höhe von bis zu 2 Millionen Euro absichern. Dies ist dann auf Kredite von bis zu 1 Million Euro zurückgefahren worden. Das Thema -Eigenvergabe wurde ganz abgehakt. Ihr Haus ist gemeinsam mit dem Bundesfinanzministerium zurzeit in Verhandlungen darüber, dies möglicherweise wieder zu verändern. Wie ist Ihre Position dazu? Sehen Sie es nicht auch so, dass es leicht wäre, diesen Handlungsspielraum wieder zu erweitern? Dies wäre vor allem im Sinne kleiner und mittelständischer Unternehmen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Sie haben gesagt, dass wir uns in Verhandlungen befinden. Grundsätzlich ist, glaube ich, unbestritten, dass wir es gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen leicht machen müssen, an Kredite zu kommen, damit sie sich unternehmerisch vergrößern können. Wir müssen auch den unternehmerischen Einstieg erleichtern. Es geht also um unternehmerisches Wachstum. Wir sind nicht nur bezüglich der Frage der Bürgschaftsbanken in Gesprächen. Wir sind auch mit der -Europäischen Kommission in Gesprächen; denn wir verfolgen immer das Ziel, dass es möglichst einfach sein soll, Kredite an den Mittelstand auszugeben. Wir diskutieren zum Beispiel über Basel III; da muss es aus unserer Sicht gerade für kleinere Banken andere Vorgaben geben als für große Geschäftsbanken. Das ist die Lesart auch meines Hauses. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist, dass wir versuchen, hier noch einmal zu verhandeln. Der Parlamentarische Staatssekretär Burgbacher versucht, im Namen der Bundesregierung auf europäischer Ebene in den Gremien zu Basel III zu erreichen, dass die Risikogewichtung für den Mittelstand verbessert wird. Wie gesagt: Die Kreditvergabe ist wesentlich, wenn es um Wachstumschancen unserer Unternehmen geht. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Dr. Rossmann. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Herr Minister, weil Sie ja für die ganze Bundesregierung sprechen, wollte ich bezüglich der Haltung der Bundesregierung zur Mindestlohndebatte nachfragen. Habe ich richtig verstanden, dass Sie eben gesagt haben, dass von dieser Bundesregierung kein Vorschlag ins Parlament eingebracht werden wird, durch den wir in Deutschland den Anschluss an Mindestlohnregelungen anderer europäischer Länder finden können, sei es über einen Gesetzentwurf zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, sei es über einen Kommissionsvorschlag oder anderes? Präzise nachgefragt: Sagen Sie für die Bundesregierung, dass es in dieser Legislaturperiode keine Gesetzesinitiative zum Thema Mindestlohn geben wird? Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich möchte darauf hinweisen, dass es in der Regierungsbefragung um die heutige Kabinettssitzung geht. Dort war dies überraschenderweise kein Thema. Ich möchte festhalten: Mir sind keine gemeinsamen Planungen hinsichtlich eines Gesetzentwurfs zur Einführung eines flächendeckenden, einheitlichen gesetzlichen Mindestlohns bekannt. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Garrelt Duin. Garrelt Duin (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, heute Morgen im Wirtschaftsausschuss hatten wir Vertreter der BDA zu Gast. Es ist noch einmal sehr deutlich geworden, dass die BDA gemeinsam mit dem DGB an der -Forderung nach einer gesetzlichen Regelung für die -Tarifeinheit festhält. Hat die Bundesregierung die Absicht, eine entsprechende Vorlage zu machen? Die Äußerungen der Bundeskanzlerin am vergangenen Wochenende, als sie mit Vertretern aller Spitzenverbände zusammen war, lassen das möglicherweise erkennen. Wie ist der Stand der Dinge? Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur Beantwortung. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter, es gab vor -genau einem Jahr nach den entsprechenden Gerichtsurteilen eine Diskussion über das Thema Tarifeinheit. Mehrere Modelle wurden diskutiert. Die Gespräche wurden dann aber eingestellt, nachdem Verdi zumindest eine Zeit lang aus der gemeinsamen DGB-Initiative ausgestiegen war. Aufgrund der Ereignisse im letzten Monat sind die Gespräche zwischen den betroffenen Ressorts Justiz, Arbeit und Wirtschaft wieder aufgenommen worden. Diese Gespräche sind bisher nicht abgeschlossen. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Herr Minister. – Weitere Fragen zu diesem Themenbereich liegen mir nicht vor. Der Kollege Volker Beck hat das Wort zu einer Frage zur heutigen Kabinettssitzung oder darüber hinaus. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe eine Frage an das Bundesministerium der Finanzen. Ich hoffe, dass Herr Kampeter anwesend ist. (Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär: Er kommt gleich!) Ich lese dazu aus der Website liberale.de vor: Bis das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich 2013 in dieser Frage – also der Einkommensteuer bei der Lebenspartnerschaft – endgültig entscheidet, wollen Bund und die Steuerverwaltung der Länder homosexuellen Lebenspartnerschaften bei der Inanspruchnahme des steuerlichen Ehegattensplittings vorläufigen Rechtsschutz gewähren. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist keine zulässige Frage!) Der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring sieht darin eine „kluge und praktikable Entscheidung“ der Steuerverwaltungen, Anträgen gleichgeschlechtlicher Paare auf Ehegattensplitting vorläufig stattzugeben. Die Bundesregierung hat mir letzte Woche auf eine schriftliche Frage zu diesem Thema geantwortet, das Bundesfinanzministerium wolle gegen diese Einigung der Länder Einspruch einlegen. Ich möchte die Bundesregierung fragen, wie der Stand der Willensbildung der Bundesregierung in dieser Frage ist, ob die Einigung der Länder, die Herr Döring bejubelt hat, jetzt so durchgeht oder ob tatsächlich Einspruch eingelegt wird – wenn ja, wann – bzw. schon eingelegt wurde. Vizepräsidentin Petra Pau: Das ist zwar keine Frage zur Kabinettssitzung; aber es gibt die Rubrik „Sonstige Fragen an die Bundesregierung“. – Wie ich sehe, kann und möchte die Bundesregierung darauf antworten. Bitte, Herr Staatssekretär. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich freue mich über die weite Auslegung der Geschäftsordnung, Frau Präsidentin. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das steht so in der Geschäftsordnung!) Ich möchte die Frage dahin gehend beantworten, Herr Kollege, dass Ihnen gegenüber der eben erfolgten schriftlichen Beantwortung der Frage noch kein neues Meinungsbild der Bundesregierung mitgeteilt werden kann. Sollte sich das ändern, werde ich unaufgefordert auf Sie zukommen. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich hatte gefragt: Haben Sie schon Einspruch eingelegt oder nicht? Das ist ja ein Tatbestand!) Vizepräsidentin Petra Pau: Wir sind hier nicht im Dialog, Kollege Beck. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Aber er hat nicht vollständig geantwortet!) – Sie wissen: Das können Sie an gegebener Stelle monieren und sich beschweren, wenn Sie durch die Art der Beantwortung durch die Bundesregierung beschwert sind. Ich beende die Befragung der Bundesregierung. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde – Drucksache 17/9001 – Ich rufe die mündlichen Fragen in der üblichen Reihenfolge auf. Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Peter Bleser zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 der Kollegin Kerstin Tack auf: Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen zu den obligatorischen Beratungsprotokollen bei Finanzprodukten künftig eingehalten werden? Bitte, Herr Staatssekretär. Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Danke, Frau Präsidentin. – Verehrte Frau Tack, im Wertpapierhandelsgesetz ist bereits vorgesehen, dass im Rahmen der jährlichen Prüfung der Verhaltensregeln, § 36 Wertpapierhandelsgesetz, vom Prüfer auf die Einhaltung der Vorgaben für Beratungsprotokolle zu achten ist. Über festgestellte Mängel hat der Prüfer die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, zu informieren. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht geht möglichen Verstößen gegen die Vorgaben für Beratungsprotokolle kontinuierlich nach. Derzeit gibt es zehn Bußgeldverfahren wegen möglicher Verstöße gegen die Vorgaben für Beratungsprotokolle. In zwei Fällen wurden Bußgeldbescheide erlassen, die -allerdings noch nicht rechtskräftig sind. Mit Einführung des Beraterregisters ab dem 1. November dieses Jahres wird die BaFin zusätzliche Hinweise auf Mängel bei der Anlageberatung erhalten. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Kerstin Tack (SPD): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär, herzlichen Dank. – Meine erste Nachfrage bezieht sich auf die -diversen Untersuchungen, die ergeben haben, dass sowohl die Produktinformationsblätter wie auch die Beratungsprotokolle nicht den Standards entsprechen und dringend einer Vereinheitlichung bedürfen. Die BaFin fordert die Bundesregierung geradezu auf, zu handeln. Ich möchte wissen: Plant die Bundesregierung, hier etwas zu regeln? Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ja, Bundesministerin Aigner hat die Verbände der Kreditwirtschaft, Verbraucher- und Anlegerschutzorganisationen sowie die BaFin zu einem Runden Tisch am 22. März dieses Jahres zum Thema Produktinforma-tionsblatt für Wertpapiere und Beratungsdokumentation eingeladen; dort werden auch diese Mängel besprochen. Außerdem hat die Bundesregierung auf Initiative der Frau Bundesministerin beschlossen, die Stiftung Warentest ab 2013 mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 1,5 Millionen Euro auszustatten, damit Finanzprodukte und ihr Vertrieb überprüft und die Verbraucher informiert werden können. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben die Möglichkeit zu einer zweiten Nachfrage. Kerstin Tack (SPD): Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär, ich entnehme Ihrer Antwort, dass Sie wohl reden wollen, aber nicht handeln wollen. Das ist interessant zu hören. Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf die Aussagen von Frau Aigner zu den verdeckten Testkäufen, die die BaFin im Rahmen der Kontrollen durchführen soll. Ich möchte gerne wissen, wann dies geschieht. Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundes--ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Kollegin Tack, Ihren Vorwurf muss ich zurückweisen. Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, mit welchen sehr wirksamen Mitteln die BaFin in der Lage ist, für die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen zu sorgen. Aus eigener früherer Erfahrung weiß ich, dass auch Vorstände auf entsprechende Hinweise sehr sensibel reagieren. Zu der zweiten Nachfrage möchte ich Ihnen hier zur Kenntnis geben, dass wir den Einsatz verdeckter Testkäufer für verfassungsrechtlich bedenklich halten. Die Bundesregierung prüft die rechtliche Zulässigkeit. Ich weise noch einmal auf das hin, was ich vorhin -gesagt habe: Die vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten sind sehr effizient. Ich bitte einmal, die Geduld zu -haben, die Wirkung dessen abzuwarten. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 2 der Kollegin Tack auf: Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die teilweise deutlich überhöhten Dispositions- und Überziehungszinsen einheitlich zu senken? Sie haben das Wort, Herr Staatssekretär. Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Verehrte Frau Tack, es bestehen bereits rechtliche Anforderungen an die Bemessung des Zinssatzes. Die Banken können die Zinsen nicht nach Belieben verändern. Verwenden sie vertragliche Zinsanpassungsklauseln, dann müssen sie bei einer erheblichen Veränderung der Refinanzierungsbedingungen, zum Beispiel einer Änderung der Leitzinssätze, den Zinssatz neu festsetzen, also auch Zinsermäßigungen vornehmen. Hierbei ist der Grundsatz der Anpassungssymmetrie zu beachten. Bei Erhöhungen und Senkungen müssen die gleichen Bedingungen gelten. Ergänzend wurden die Banken durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie im Jahre 2009 dazu verpflichtet, die Art und Weise der Anpassung des Sollzinssatzes in der vorvertraglichen Information und im Kreditvertrag anzugeben. Darüber hinaus hat das Bundesverbraucherministerium das Institut für Finanzdienstleistungen mit einer wissenschaftlichen Studie zu Dispozinsen und Ratenkrediten beauftragt. Die Ergebnisse werden noch vor der Sommerpause erwartet. In der Studie werden sowohl die Faktenlage hinsichtlich der Dispozinsen und rechtliche Fragen wie die Modalitäten der Zinsanpassung als auch verbraucherpolitische Aspekte untersucht. Die Ergebnisse bisheriger Untersuchungen der Stiftung Warentest zeugen von großen Unterschieden beim Zinsniveau, aber auch von einem vielfältigen Angebot, das den Verbrauchern zur Verfügung steht, sodass sie auch die Möglichkeit haben, auszuwählen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage. Kerstin Tack (SPD): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär, das ist insbesondere deshalb interessant, weil die Verbraucherministerin am 8. Februar 2012 in der Bild-Zeitung die Banken sehr ausdrücklich aufgefordert hat, die Zinssenkungen weiterzugeben, von denen sie selbst profitieren. Sie hat angemahnt, dass es hier einen dringenden Handlungs-bedarf gibt, und gesagt, dass sie sich dieser Sache annehmen will. Wie erklären Sie sich bei dem, was Sie der geneigten Öffentlichkeit eben kundgetan haben, diese Aussagen der Ministerin? Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Die Ministerin hat es sich zum Ziel gesetzt, den Verbrauchern unterstützend zur Seite zu stehen, wenn sich ein Fehlverhalten einiger zeigt. In diesem Sinne ist zu verstehen, dass sie die entsprechenden Institute mit öffentlichem Druck anmahnt, verbraucherfreundlich zu handeln. Mehr als ein Appell ist das nicht; aber auch ein solcher hat, wie wir wissen, nicht selten Wirkung. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Kerstin Tack (SPD): Wir gehen bei Frau Aigner in der Regel auch nicht von mehr als einem Appell aus. Wir wissen ja, dass in der Regel nicht wesentlich mehr folgt. Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf die Stiftung Warentest. In den vergangenen Jahren haben Sie ja die Mittel für die Stiftung um 3 Millionen Euro gekürzt. Sie geben ihr jetzt 1,5 Millionen Euro wieder und verkaufen das als großen Wurf. Ich möchte gerne wissen, was die Stiftung Warentest mit den von Ihnen zur Verfügung gestellten 1,5 Millionen Euro jetzt zusätzlich machen soll. Wird neben der Prüfung der Finanzprodukte, die Sie ja als Finanz-TÜV verkaufen, auch die Ausgestaltung der Bankverträge Teil dieses neuen Auftrags der Stiftung Warentest sein? Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Die Mittel, die die Bundesregierung der Stiftung Warentest erfreulicherweise und auf unsere Anregung hin zusätzlich zur Verfügung gestellt hat, sollen dazu verwendet werden, insbesondere den Verbraucher in Kenntnis zu setzen, welche Dienstleistungsangebote welche Konditionen und welche Folgen haben. Mit dieser Beratung wird sicher auch erreicht, dass sich die Marktbeteiligten um ein hohes Qualitätsniveau bemühen und dass diejenigen Produkte, die vielleicht nicht von vornherein das nötige Maß an Transparenz aufweisen, entsprechend bewertet und damit gekennzeichnet werden können. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen damit zur Frage 3 der Kollegin Elvira Drobinski-Weiß: Wie groß war beim Empfang der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Rahmen der Grünen Woche am 26. Januar 2012 die Menge der vom Buffet übrig gebliebenen Lebensmittel, und welcher weiteren Verwendung wurden diese Lebensmittel zugeführt, bei unterschiedlicher Verwendung bitte Auflistung? Bitte, Herr Staatssekretär. Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Danke schön, Frau Präsidentin. – Liebe Frau Elvira Drobinski-Weiß, es freut mich, dass Sie sich für dieses Thema so interessieren. (Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Das kann ich mir vorstellen!) Es ist grundsätzlich anzumerken, dass für das BMELV bei seinen Veranstaltungen zum einen der Grundsatz der sparsamen Verwendung der bereitgestellten Haushaltsmittel und zum anderen die Verpflichtung der Wertschätzung von Lebensmitteln gelten. Beides findet Anwendung bei der Mengenkalkulation des Speiseangebotes bei Empfängen und bei der Weiterverwendung der Speisen. Der zuständige Caterer kalkulierte die Mengen des Speiseangebotes bei dem Empfang vom 26. Januar dieses Jahres auf der Basis seines langjährigen gastronomischen Erfahrungsschatzes. Besonders zu berücksichtigen ist, dass sein Unternehmen Mitglied der Jeunes Restaurateurs Deutschland ist und er sich damit der Wertschätzung von Lebensmitteln besonders verpflichtet fühlt. Bei der weiteren Verwendung von Lebensmitteln, die bei Empfängen, Buffets etc. nicht verzehrt wurden, ist grundsätzlich zu beachten, dass präventiver Gesundheitsschutz von Menschen Vorrang vor einer weiteren Verwertung übrig gebliebener Lebensmittel hat. Deshalb kommt eine weitere Verwendung übrig gebliebener Lebensmittel für den menschlichen Konsum nur dann infrage, wenn sie hygienisch und sensorisch einwandfrei sind. Bereits in Verkehr gebrachte Ware, das heißt solche, die schon auf Buffets eingesetzt war, darf aufgrund der oben genannten Bestimmungen keiner weiteren Verwendung zugeführt werden. Nicht verwendete gekühlte Ware, die sowohl hygienisch als auch sensorisch einwandfrei und im Verlaufe des Empfangs noch nicht auf den Buffets eingesetzt war, war an den Folgetagen des Empfangs Bestandteil des Hallencaterings des BMELV-Standes. Im Übrigen, glaube ich, sind Ihnen die Verfahrensweisen bekannt. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Danke, Herr Staatssekretär Bleser. – Wenn ich mich recht entsinne, ist von dem, was vor allen Dingen an Speisen angeboten war, sehr viel übrig geblieben; das sage ich, auch wenn ich nicht bis zum Ende des Abends auf dem Empfang dabei war. Sie haben jetzt nicht explizit dargelegt, was dann mit dem Rest gemacht worden ist. Ich bitte dazu noch einmal um eine ganz direkte und konkrete Aussage. Kann es sein, dass auch dann, wenn es sich um einen angeblich erfahrenen Restaurateur handelt, möglicherweise von vornherein mit einer zu großen Menge pro angemeldeter Person gerechnet wird? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Danke schön, Frau Präsidentin. – Frau Kollegin, ich habe schon berichtet, dass es in der Einschätzung des Caterers liegt, welche Mengen bei der genannten vermuteten Besucherzahl angeboten werden sollen. Das ist im Vorhinein nicht immer kalkulierbar. Ich kann Ihnen aber versichern, dass die auf dem Buffet verbliebenen Speisen im Anschluss den Ausstellern zur Verfügung gestellt wurden und dass diese davon Gebrauch gemacht haben. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Es ist weniger eine Nachfrage: Wenn das dann tatsächlich so ist, dann wäre der Lebensmittelrest einer vernünftigen Verwendung zugeführt worden. (Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Genau!) Aber, wie gesagt, daran zweifle ich. Vizepräsidentin Petra Pau: Gut, das war eine Feststellung. Dann kommen wir zur Frage 4 der Kollegin Drobinski-Weiß: Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um bei Empfängen und Veranstaltungen mit Verpflegung die Verschwendung von Lebensmitteln möglichst gering zu halten und die dennoch übrig gebliebenen Lebensmittel einer sinnvollen und der Wertschätzung der „Mittel zum Leben“ entsprechenden Verwendung zuzuführen? Sie haben das Wort, Herr Staatssekretär. Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Präsidentin! Liebe Frau Kollegin, die Bundesregierung ist bei einer Vielzahl von Anlässen in sehr kleinem bis hin zu sehr großem Rahmen Gastgeberin. Aus dem Zuständigkeitsbereich des BMELV seien beispielhaft Messen und Ausstellungen, der Außenwirtschaftstag oder der Agrarministergipfel am Rande der Internationalen Grünen Woche genannt. Das Catering für solche Veranstaltungen orientiert sich – natürlich unter Beachtung der jeweils verfügbaren Haushaltsmittel – in jedem Fall an der Anzahl der zu erwartenden Gäste. Bei Ausschreibungen und Vertragsabschlüssen werden die Vertragspartner zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum gesundheitlichen Verbraucherschutz verpflichtet, die aus hygienischen Gründen einer weiteren Verwendung von Buffetresten zur menschlichen Ernährung sehr enge Grenzen setzen; das habe ich vorhin schon ausgeführt. Die Bundesregierung wird an weiteren Verbesserungen in diesem Bereich arbeiten. Dazu gehört es, Veranstalter für angemessene Portionsgrößen zu sensibilisieren. Es darf allerdings nicht verschwiegen werden, dass auch die Verbraucher – die Gäste sind schließlich auch Verbraucher – ihre Erwartungen, nämlich stets übervolle Buffets vorzufinden, kritisch überprüfen müssen. Zu den Maßnahmen, die im Rahmen des Tagungsmanagements des BMELV ergriffen werden, gehören neben einer teilnehmergerechten Menüauswahl und möglichst großer Flexibilität hinsichtlich der Menge auch eine klare Ausschilderung der Speisen, die Vermeidung großer Portionen sowie in Einzelfällen gegebenenfalls auch das Angebot der Mitnahme einzelner Speisen für die Rückreise. (Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Die Schlacht am kalten Buffet!) Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Das sind ganz neue Aussichten. Dass die Verpackung für das, was dann übrig bleibt, gleich mitgeliefert wird, wäre eine tolle Sache, Herr Bleser. Ich wollte jetzt noch fragen, welche Maßnahmen die zuständige Ministerin tatsächlich ergreifen wird. Wenn Sie aber zukünftig mit den verantwortlichen Caterern vereinbaren, dass die angebotene Menge reduziert wird – so habe ich Ihre Ausführungen verstanden –, dann bin ich mit dieser Antwort zufrieden. Ich denke, wir werden das Thema weiterverfolgen. Vielen Dank. Peter Bleser, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Darin sind wir einig. Vizepräsidentin Petra Pau: Gut. Der Herr Staatssekretär stellt fest, dass Sie an dieser Stelle einig sind. Die Frage 5 der Kollegin Dr. Kirsten Tackmann wird schriftlich beantwortet. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Christian Schmidt zur Verfügung. Ich rufe die Frage 6 der Kollegin Inge Höger auf: Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den genauen Inhalt der vom Bundesminister der Verteidigung, Dr. Thomas de Maizière, bei seiner Reise nach Pakistan abgeschlossenen Vereinbarung zur Rüstungskooperation mit der pakistanischen Regierung und deren Streitkräfte, und wird angesichts der inneren und regionalen politischen Situation nach Ansicht der Bundesregierung durch die vereinbarte Kooperation gegen das Verbot der Waffenlieferungen in Spannungsgebiete verstoßen? Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Präsidentin! Frau Kollegin, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Bei der kürzlich durch Minister de Maizière im Rahmen seines Besuchs in Pakistan unterzeichneten Vereinbarung zur bilateralen Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich handelt es sich um eine Absprache unterhalb der völkerrechtlichen Schwelle. Es ist ein sogenanntes Memorandum of Understanding, also eine Absprache ohne völkerrechtlich verbindlichen Charakter. Inhaltlich umfasst sie alle Themenfelder der in den vergangenen Jahren intensivierten bilateralen militärpolitischen und militärischen Kooperation, wobei Dialogforen auf Ebene der Inspekteure sowie die Teilnahme an Lehrgängen und Ausbildungsprogrammen den Schwerpunkt bilden. Der rüstungspolitische Anteil dieser Absprache beschränkt sich auf die im Antiterrorkampf notwendigen Bereiche, wie es darin heißt. Alle Maßnahmen wirken im Bereich Good Governance und zielen verstärkt auf die Rolle der pakistanischen Streitkräfte in der Demokratie. Die Absprache – das möchte ich sehr unterstreichen – bezieht sich ausdrücklich nicht auf die jeweiligen nationalen Regelungen für Rüstungsexporte – ich darf in diesem Zusammenhang ergänzen: neben den nationalen sind natürlich auch die europäischen Regelungen für Rüstungsexporte zu beachten – und lässt insbesondere die Notwendigkeit von gegebenenfalls zu treffenden Einzelfallentscheidungen über konkrete Vorhaben unberührt. Insofern sieht das Memorandum of Understanding ein Angebot zum Austausch vor; es stellt aber keine Veränderung der rechtlichen Lage im Hinblick auf Rüstungszusammenarbeit fest. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage, Kollegin Höger. Inge Höger (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Laut Agenturmeldungen sind eine vertiefte Kooperation der Streitkräfte beider Länder etwa bei der Terrorismusbekämpfung, regelmäßige Stabstreffen, die Teilnahme pakistanischer Offiziere an Lehrgängen und gegenseitige Manöverbeobachtung geplant. Ich habe folgende Nachfrage: Gab es schon bisher derartige Kooperationen und, wenn ja, in welchem Umfang, oder sind neue Kooperationen geplant? Wie ist es um die gegenseitige Teilnahme an Manövern bestellt? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Es handelt sich um einen Gesprächsaustausch – darüber spreche ich hier – und nicht um die Teilnahme an Manövern. Es hat bereits Kontakte gegeben, die mit dem besagten Memorandum of Understanding zusammengeführt werden sollen. Wir haben schon bisher die pakistanischen Streitkräfte unterstützt. Wir haben Ende 2010/Anfang 2011 Ausstattungshilfe geleistet. Wir haben 24 geländegängige Ambulanzfahrzeuge sowie eine HNO-Ausstattung geliefert. Zukünftig sind – Sie haben die Agenturmeldungen zitiert – Ausbildungsmaßnahmen vorgesehen. Ich bin im Augenblick nicht in der Lage, Ihnen zu benennen, wie viele Angehörige der pakistanischen Streitkräfte beispielsweise an einem ausländischen Generalstabslehrgang bereits teilgenommen haben. Ich möchte Ihnen das gerne schriftlich nachreichen. Ich gehe eigentlich davon aus, dass eine solche Zusammenarbeit bereits erfolgt ist. Gedacht ist darüber hinaus – konkret zur Anfrage – an eine Überlassung von aus der Bundeswehr auszusondernden Hubschraubern vom Typ Bo 105 zum Zweck des Verwundetentransports. Dabei ist angeregt worden, dass wir den pakistanischen Bedarf feststellen und die Rahmenbedingungen definieren – das alles befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium –, und das alles natürlich – darauf lege ich Wert – unter Beachtung der Regularien, die auf solche Maßnahmen angewendet werden müssen. Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor Sie das Wort zur zweiten Nachfrage bekommen, Kollegin Höger, mache ich noch einmal alle Beteiligten darauf aufmerksam, dass wir uns darauf verständigt haben – darin haben wir in den letzten Wochen auch eine gewisse Praxis erworben –, dass die Antwort auf die erste Frage zwei Minuten dauern darf und dass die folgenden Fragen wie auch die folgenden Antworten jeweils eine Minute in Anspruch nehmen sollen. Zur Unterstützung gibt es ein Lichtsignal, an dem ablesbar ist, wie weit man sein Zeitkontingent schon aufgebraucht hat. Spätestens wenn es rot aufleuchtet, sind wir im Minusbereich. Ihre zweite Nachfrage. Inge Höger (DIE LINKE): Herr Staatssekretär Schmidt, die USA und die NATO sprechen im Zusammenhang mit dem Krieg in Afghanistan häufig von AfPak, also der Region Afghanistan und Pakistan. Jetzt gibt es konkrete Überlegungen über einen Abzug aus Afghanistan. Inwieweit hängen die nun getroffenen Vereinbarungen mit Afghanistan damit zusammen, dass man die Grenzregion für den Abzug nutzen kann? Inwieweit kommt man der pakistanischen Regierung entgegen, obwohl es sich eigentlich um Lieferungen in ein Spannungsgebiet handelt? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Präsidentin, ich nehme Ihren Hinweis nicht nur zur Kenntnis, sondern werde ihn zukünftig auch berücksichtigen. Ich werde mir Zurückhaltung auferlegen, wenn es rot aufleuchtet. Verehrte Kollegin, bei der Thematik, die Sie angesprochen haben, geht es darum, dass wir den Abzug, also die Rückführung, im Wesentlichen über den Norden – genauso wie bisher die Zuführung von Material – organisieren. Wie Sie wissen, haben wir mit den benachbarten Ländern und der Russischen Föderation ein -Abkommen über schienengebundenen Transport abgeschlossen. Wir haben in Masar-i-Scharif einen leistungsfähigen NATO-Flughafen, der auch Lufttransporte -zulässt. Eine Kooperation im Hinblick auf die Rückführung von Gütern, Material und Personal bei Beendigung oder Reduzierung des ISAF-Einsatzes stand daher nicht im Mittelpunkt der erwähnten Gespräche und ist auch nicht Gegenstand des Memorandum of Understanding. Vizepräsidentin Petra Pau: Eine weitere Nachfrage stellt der Kollege Dr. Rolf Mützenich. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär, Sie haben mich zu der Frage, die ich Ihnen stellen möchte, veranlasst. Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder gehört, dass der Verteidigungsminister im Zusammenhang mit der Bundeswehrreform angeblich der deutschen Rüstungsindustrie zugesagt hat, im Ausland stärker für deutsche Rüstungsgüter zu werben. Kann ich davon ausgehen, dass der Verteidigungsminister in Zukunft bei derartigen Gesprächen mit ausländischen Besuchern und insbesondere dann, wenn er Auslandsreisen unternimmt, diese Zusage einhalten wird, oder würden Sie sagen, dass diese Meldungen nicht stimmen? Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort, Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, das, worauf Sie Bezug genommen haben, bewegt sich im Rahmen dessen, was rechtlich erlaubt ist. Der Bundesminister der Verteidigung ist ein -zufriedener Kunde der deutschen wehrtechnischen Industrie, jedenfalls in den allermeisten Fällen; er ist kein Handlungsreisender in Sachen Wehrtechnik. Vizepräsidentin Petra Pau: Eine weitere Nachfrage stellt die Kollegin Dr. Dagmar Enkelmann. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Zurück zu Pakistan. Sie haben über ausgesonderte Hubschrauber der Bundeswehr gesprochen. Welche weiteren Rüstungsgüter sind zur Lieferung nach Pakistan vorgesehen? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Kollegin, dieses Thema war in der Tat Gesprächsgegenstand. Es geht um auszusondernde, gegenwärtig noch im Gebrauch der Bundeswehr befindliche Hubschrauber. Das zeigt, dass perspektivisch darüber nachgedacht wird. Weitere Themen zur Ausgestaltung des MoU wurden nicht angesprochen. Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Grund hat eine weitere Nachfrage und bekommt dazu das Wort. Manfred Grund (CDU/CSU): Vielen Dank. – Ich würde gerne auf die Thematik des Abzugs der internationalen Streitkräfte aus Afghanistan – möglicher Termin 2014 – zurückkommen und auf die Verantwortung, die die Bundesrepublik für den Norden Afghanistans hat, und zwar nicht nur für die Kräfte der Bundeswehr, sondern als Führungsnation auch für andere Staaten, die dort mit ihren Soldaten und ihrer Ausrüstung vertreten sind. Nach dem, was ich gehört habe, beläuft sich allein die Zahl der Container, die dort aufgebaut worden sind, auf ungefähr 120 000. Hinzu kommen mehrere Tausend, vielleicht 20 000 Fahrzeuge, die im Falle des Abzugs zurückgeführt werden müssten. Wenn diese Zahlen stimmen, würde das bedeuten, dass ab jetzt pro Stunde drei bis vier Container zurückgeholt werden müssten, um 2014 mit dem Abzug fertig zu sein. Gibt es dafür eine konzeptionelle Planung? Stimmt die Information, dass die Länder, durch die gegebenenfalls Eisenbahntransporte geführt werden müssten, also die angrenzenden zentralasiatischen Staaten, die Entgelte zur Nutzung dieser Strecken erhöht haben, sodass zusätzliche Belastungen auf uns zukommen? Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Staatssekretär. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Sehr geehrter Herr Kollege Grund, es werden gegenwärtig Konzeptionen erarbeitet, um den zeitlichen und personellen Umfang, der für die Rückabwicklung und den Transport nötig ist, zu bewerten. Das gilt nicht nur für die Bundeswehr, sondern für alle ISAF-Kräfte auf -jeweils nationaler Ebene. Es werden sich sicher da oder dort Kooperationen ergeben. Die Frage, wer wohin in welchem Rahmen transportiert, ist noch nicht abschließend geklärt. Ich bedanke mich für den mit Ihrer Frage verbundenen Hinweis, dass man diese Aufgabe nicht leichtnehmen darf. Die Vorstellung, das sei in ein paar Wochen zu erledigen, ist völlig daneben. Das ist eine monumentale Aufgabe. Wer die Zeltstadt bzw. das Feldlager Masar-i-Scharif einmal besichtigt hat, kann sich einen Eindruck davon machen. Wir arbeiten an einer abgestimmten Konzeption. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Frage 7 des Kollegen Nouripour und die Frage 8 der Kollegin Keul werden schriftlich beantwortet. Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung. – Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Hermann Kues zur Verfügung. Ich rufe die Frage 9 der Kollegin Petra Crone auf: Aus welchem Grund lädt die Bundesregierung keine Bundestagsabgeordneten zum Meinungsaustausch zwischen dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und den Verbänden über das Eckpunktepapier zur Vorbereitung des Entwurfs eines neuen Pflegeberufsgesetzes? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Präsidentin! Frau Kollegin, ich will darauf gerne antworten. Im März 2010 ist eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit dem Ziel eingesetzt worden, Eckpunkte für ein neues Pflegeberufsgesetz zu erarbeiten. Die AG hat aus zwölf Personen bestanden, und zwar aus je zwei Vertretern des Bundesfamilienministeriums und des BMG und aus je vier Vertretern, die von der Arbeits- und So-zialministerkonferenz und der Gesundheitsministerkonferenz benannt wurden. Die Aufgabe dieser Bund-Länder-Kommission war es, Eckpunkte vorzubereiten, Erfahrungen aus Modellvorhaben auszuwerten und mit Experten einen Meinungsaustausch zu pflegen, um zu Ergebnissen zu kommen, wie ein solches Gesetz aussehen könnte. Deswegen sind zu der Veranstaltung am 19. März 2012 zunächst einmal Fachleute aus dem Vorfeld der Politik eingeladen worden. Wenn dieser Diskussionsprozess abgeschlossen ist, wird der politische Entscheidungsprozess eingeleitet und ein Referentenentwurf für ein neues Pflegeberufsgesetz erarbeitet. Es ist völlig selbstverständlich, dass dabei die Abgeordneten intensiv eingebunden werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Petra Crone (SPD): Danke schön, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär Kues, wann ist vorgesehen, die Parlamentarier mit einzubeziehen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ich habe ja gesagt, dass die Eckpunkte jetzt feststehen und wir zuletzt eine Veranstaltung am 19. März 2012, also in dieser Woche, hatten, die noch auszuwerten sein wird. Dann werden wir auch parlamentarisch darüber zu reden haben. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. Petra Crone (SPD): Inwieweit wurden Verbände, Gewerkschaften, Träger usw. mit einbezogen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Sie sind mit einbezogen worden. Zunächst einmal sind je vier Vertreter der Arbeits- und Sozialministerkonferenz und der Gesundheitsministerkonferenz mit einbezogen worden. Außerdem sind die für die Ausbildung in der Pflege zuständigen Experten, die verschiedene Modellvorhaben aus mehreren Ländern ausgewertet haben, mit einbezogen worden, um einen fachlichen Hintergrund zu bekommen. Vizepräsidentin Petra Pau: Eine weitere Nachfrage hat der Kollege Grübel. Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, wird die Berufsanerkennungsrichtlinie der Europäischen Union noch abgewartet, und wer ist federführend? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Die Berufsanerkennungsrichtlinie der Europäischen Union muss natürlich abgewartet werden, was die Konsequenzen angeht. Sie wird in die Überlegungen mit einbezogen. In dem Eckpunktepapier ist das, was in der -Berufsanerkennungsrichtlinie gefordert wird, bereits thematisiert worden. Federführend werden beide Ressorts sein. Wir hatten bislang die Regelung, dass BMFSFJ und BMG gemeinsam die Federführung übernehmen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 10 der Kollegin Petra Crone auf: Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass in den Beratungen zu den Eckpunkten die europäische Berufs-anerkennungsrichtlinie ignoriert und keine Finanzierungslösung zwischen Bund und Ländern abgestimmt wurde? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es gilt auch hier das, was ich zu Ihrer ersten Frage gesagt habe. Wir hatten eine Bund-Länder-Kommission, die auf Fachebene gearbeitet hat. Das, was in der Frage formuliert wird, nämlich dass die Berufsanerkennungsrichtlinie ignoriert worden sei, stimmt nicht. Die Berufsanerkennungsrichtlinie ist in den Eckpunkten berücksichtigt worden; dazu ist etwas gesagt worden. Es ist auch etwas zu den möglichen Finanzierungsvarianten der neuen Pflegeausbildung, zur Aufteilung der Finanzierung zwischen Bund und Ländern, gesagt worden. Ich glaube, es ist nachvollziehbar, dass die Arbeitsgruppe dazu keine Festlegungen getroffen hat. Das muss politisch entschieden werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Petra Crone (SPD): Gab es denn Differenzen zwischen Bund und Ländern zum Thema Finanzierung, und, wenn ja, wie weit lag man auseinander? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Sie können selbst erahnen, dass diese groß sind. Die Länder hätten es natürlich am liebsten, wenn der Bund alles bezahlt. Das kann aber nicht angehen, weil es hier eine Zuständigkeit der Länder gibt. Man wird sich im weiteren Verfahren über eine entsprechende Lösung verständigen müssen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. Petra Crone (SPD): Sie sprachen von einem Gesetzentwurf, Herr Staatssekretär. Wann ist mit der Vorlage zu rechnen? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ich gehe davon aus, dass wir im Laufe des Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen werden. (Petra Crone [SPD]: Welchen Jahres?) – Im Laufe dieses Jahres. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Fragen 11 und 12 der Kollegin Christel Humme werden schriftlich beantwortet wie auch die Frage 13 des Abgeordneten Heinz Paula. Auch die Fragen 14 und 15 des Kollegen Sönke Rix sollen schriftlich beantwortet werden, ebenfalls die Fragen 16 und 17 der Kollegin Özo?uz. Wir kommen damit zur Frage 18 des Kollegen Volker Beck: Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, wonach die Nichtduldung schwuler Schützenpaare durch den Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften e. V. ein Signal der Intoleranz ist, und teilt die Bundesregierung die Bedenken der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, ob die Satzungsänderung des Vereins mit dem Diskriminierungsverbot wegen sexueller Identität (insbesondere § 18 ff. des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes) im Einklang steht? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frau Präsidentin! Herr Kollege Beck, dazu gibt es eine öffentliche Stellungnahme seitens der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, die auch wir den Medien entnommen haben. Die Bundesregierung gibt zu dieser ersten Einschätzung der Antidiskriminierungsstelle keine Stellungnahme ab. Die Antidiskriminierungsstelle wird sich damit auseinandersetzen. Sie ist unabhängig. Es ist ihre Aufgabe, sich dazu zu positionieren und zu sagen, wie sie das Ganze rechtlich einschätzt, ob dieses Vorgehen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungs-gesetz verstößt. Dann werden auch wir uns dazu eine Meinung bilden. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dass die Bundesregierung keine Auffassung hat, finde ich etwas ungewöhnlich. § 18 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes regelt ja, dass die Mitgliedschaft oder Mitwirkung in Vereinigungen, „deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören oder die eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich“ – das wäre ja hier einschlägig – innehaben, diskriminierungsfrei zu erfolgen hat. Würden Sie mit mir übereinstimmen, dass das Verbot schwuler Schützenkönigspaare – das klingt vielleicht lächerlich, aber diese Verbände haben 400 000 Mitglieder; das ist also keine Marginalie – eine mittelbare oder unmittelbare Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität nach dem AGG darstellt? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Herr Beck, ich bitte um Verständnis, dass wir erst abwarten, bis die Antidiskriminierungsstelle überprüft hat, ob die Satzungsänderung gegen das Gesetz verstößt, und sich dazu öffentlich positioniert hat. Dazu kann ich persönlich eine Meinung haben. Es ist aber, wie ich finde, richtig, dass sich die Antidiskriminierungsstelle – wir hatten ja eine unabhängige Stelle gewollt – eine Meinung bildet und auch entsprechend aktiv wird. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also ist sozusagen Auffassung der Bundesregierung, dass sie keine eigenen Kompetenzen mehr im Bereich der Antidiskriminierungspolitik hat, weil diese auf die Antidiskriminierungsstelle übergegangen sind? So verhält es sich, glaube ich, rechtlich nicht. Sie müssten eigentlich eine Rechtsauffassung haben und diese auch dem Parlament gegenüber darlegen. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Herr Beck, Sie haben gerade das Gesetz sehr präzise zitiert. Ich kann das nur bestätigen. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kenne ich auch! Ich habe es ja geschrieben!) Ich denke aber, Sie wissen auch, dass wir gemeinsam aus guten Gründen die Regelung getroffen haben, dass die Antidiskriminierungsstelle unabhängig arbeiten soll. Ich fände es etwas unangemessen, wenn die Bundes-regierung, bevor hierzu eine Stellungnahme im Einzelnen abgegeben wird, auch im Hinblick auf die Satzung des Schützenwesens, eine Position beziehen würde. Sie wird jedoch eine Position beziehen, und Sie haben vielleicht meinen Bemerkungen entnommen, dass ich persönlich dazu auch eine Position habe. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Fragen 19 und 20 des Kollegen Siegmund Ehrmann werden schriftlich beantwortet wie auch die Frage 21 der Kollegin Tabea Rößner. Die Fragen 22 und 23 der Kollegin Beate Walter-Rosenheimer werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. – Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Frage 24 des Kollegen Harald Weinberg wird schriftlich beantwortet. Damit sind wir im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Jan Mücke zur Verfügung. Die Fragen 25 und 26 des Kollegen Dr. Anton Hofreiter werden schriftlich beantwortet wie auch die Frage 27 der Kollegin Dorothea Steiner sowie die Fragen 28 und 29 des Kollegen Gustav Herzog. Ich rufe die Frage 30 der Kollegin Karin Roth auf: Ist es richtig, dass der Ausbau der Neckarschleusen für 135 Meter lange Schiffe bis Plochingen von der Zusage der Landesregierung Baden-Württemberg, weiterhin zu dem Projekt zu stehen, abhängig ist, so wie es der Abgeordnete Markus Grübel erklärt hat, indem er behauptet (Eßlinger Zeitung vom 13. März 2012): „Ramsauer habe erklärt, die Voraussetzung dafür sei ein klares Bekenntnis der Landesregierung zum Ausbau bis Plochingen“, und, wenn ja, ist damit die Ankündigung von Bundesminister Dr. Peter Ramsauer hinfällig, den Neckarschleusenausbau nur bis Heilbronn zu finanzieren? Bitte, Herr Staatssekretär. Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Kollegin Roth, die Antwort lautet: Es ist richtig, dass ein klares Bekenntnis der Landesregierung zum Ausbau des Neckars bis Plochingen eine notwendige, jedoch keine hinreichende Voraussetzung für ein solches Projekt ist, auch weil weitere Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Finanzierbarkeit, erfüllt sein müssen. Die Spielräume für Investitionen in Bundeswasserstraßen sind begrenzt. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte. Karin Roth (Esslingen) (SPD): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Das ist ja schon lange bekannt. Mein Kollege Grübel, der heute auch hier ist, hat aber in einer Pressemitteilung behauptet, dass der Ausbau nur davon abhängt, dass die Landesregierung sich zu diesem Projekt bekennt. Er hat gesagt, dass er dem Herrn Minister Ramsauer das Projekt ans Herz gelegt hat. Das ist fein. Dann hat er allerdings hinzugefügt – ich zitiere –: Voraussetzung dafür ist ein klares Bekenntnis der Landesregierung zum Ausbau bis Plochingen. Das ist von der Landesregierung mehrmals erfolgt, sowohl vom Minister als auch von den Koalitionsfraktionen. Jetzt frage ich mich: Drückt sich Herr Ramsauer so schlecht aus, dass mein Kollege Grübel ihn missverstehen muss, oder ist es vielleicht so, dass die Antwort des Ministers davon abhängt, wer fragt? Ich frage Sie jetzt noch einmal: Beabsichtigt die Bundesregierung, so wie es in dem Vertrag des Bundes mit dem Land Baden-Württemberg vorgesehen ist, die Neckarschleusen bis 2025 bis Plochingen auszubauen? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Diese Frage möchte ich sehr gerne beantworten. Selbstverständlich hat sich Herr Bundesminister Dr. Ramsauer sehr klar ausgedrückt, (Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Offensichtlich nicht!) so wie er das immer tut. Daran habe ich gar keinen Zweifel. Die Antwort wurde schon mehrfach gegeben. Sie fragen ja relativ häufig in der Fragestunde nach diesem Projekt; auch ich selber hatte schon häufiger die Ehre, Ihnen Ihre Fragen dazu zu beantworten. Der Bund steht zu der Zusage, dass wir auch den -Neckarabschnitt zwischen Stuttgart und Plochingen ertüchtigen. Wir wissen, dass das mit Blick auf die Bundeswasserstraßen in Baden-Württemberg ein wichtiges Projekt ist. Aber klar ist auch: Es werden Prioritäten gesetzt. Deshalb habe ich vorhin gesagt, dass beispielsweise die Finanzierbarkeit eine notwendige Voraussetzung für einen solchen Ausbau ist. Nach den gesetzten Prioritäten müssen zunächst andere Strecken, auch entlang des Neckars, ausgebaut werden. Dazu gehört, wie Sie wissen, die Strecke zwischen Mannheim und Heilbronn. Diese ist für uns von größter Wichtigkeit. Ich gehe davon aus, dass wir zu gegebener Zeit, auch was den Ausbau der Schleusen bis Plochingen angeht, zu einem Ergebnis kommen werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Karin Roth (Esslingen) (SPD): Herr Staatssekretär, es ist kein Wunder, dass ich nachfrage; denn ich habe damals gemeinsam mit dem Staatssekretär Köberle als Staatssekretärin im zuständigen Bundesverkehrsministerium diese Vereinbarung geschlossen. Deshalb weiß ich auch, wie die Planungen aussehen und was vonseiten des Bundes zugesichert worden ist. Mich ärgert nur, dass im Land immer der Eindruck erweckt wird, es liege an der Landesregierung, dass diese Investitionen nicht geplant werden – übrigens natürlich in den Ausbau von Heilbronn bis Plochingen, nicht nur von Stuttgart bis Plochingen. In Bezug auf die Planungen – und wir reden nicht über Planungen bis 2013/14, sondern bis 2025 – kann der Herr Ramsauer dem Herrn Grübel nicht sagen, die grün-rote Landesregierung müsse sich dazu bekennen, wenn nicht einmal Sie hier heute bekennen, dass die Planungen weiterhin so bestehen, wie sie im Vertrag vorgesehen sind. Ich frage Sie jetzt noch einmal – deshalb bin ich heute hier –: Ist das, was Herr Ramsauer gegenüber Herrn Grübel gesagt hat, richtig oder nicht? Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Wie ich schon sagte: Alles, was Herr Minister Ramsauer zu diesem Thema geäußert hat, ist selbstverständlich richtig. (Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Aber was?) Sie wissen, dass wir gemeinsam vereinbart haben, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg auch die Planungen mit unterstützen soll. Diese Unterstützung muss natürlich gegeben werden, ansonsten werden wir nicht zu einer Investitionsentscheidung kommen. Wenn klar ist, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg dieses Projekt unterstützt und gemeinsam mit der Wasserstraßenverwaltung auch die Planungen mit vorantreibt, dann wird es möglich sein, diese Strecke auszubauen. Aber ich verweise noch einmal darauf, dass einige andere Bedingungen ebenfalls erfüllt sein müssen. Ich nenne unter anderem die Möglichkeit der Finanzierung im Rahmen der uns vom Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre Nachfragemöglichkeiten sind erschöpft. Die Frage 31 der Kollegin Cornelia Behm wird schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 32 des Kollegen Bartol auf. – Der Kollege Bartol ist offensichtlich nicht anwesend. Dann verfahren wir bei den Fragen 32 und 33 so, wie in unserer Geschäftsordnung vorgesehen. Die Frage 34 des Kollegen Stephan Kühn wird schriftlich beantwortet wie auch die Frage 35 des Kollegen Dr. Ilja Seifert. Damit sind wir beim Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Ich rufe die Frage 36 des Kollegen Manfred Nink auf. – Auch dieser ist nicht mehr anwesend. Wir verfahren also bei den Fragen 36 und 37 so, wie in unserer Geschäftsordnung vorgesehen. Die Fragen 38 und 39 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl werden schriftlich beantwortet wie auch die Fragen 40 und 41 des Kollegen Hans-Josef Fell und die Fragen 42 und 43 des Kollegen Oliver Krischer. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel zur Verfügung. Die Fragen 44 und 45 der Kollegin Marianne Schieder werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 46 des Kollegen Brase auf: Versendet das Bundesministerium für Bildung und Forschung Informationskurzbriefe zu Projektförderungen bzw. Projektsteckbriefe, und, falls ja, werden diese Briefe erst nach dem Beschluss über eine Förderung oder bereits im Vorfeld einer Förderzusage an Wahlkreisabgeordnete verschickt? Herr Staatssekretär Rachel, Sie haben das Wort zur Beantwortung. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Brase, ich kann Ihnen auf Ihre Frage antworten, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Abgeordneten des Bundestages grundsätzlich nicht vorab, sondern nach einer Bewilligung informiert. (Willi Brase [SPD]: Einverstanden!) Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage. – Sie verzichten? (Willi Brase [SPD]: Ja!) Dann kommen wir zur Frage 47 des Kollegen Brase: Wie viele dieser Projektsteckbriefe an Mitglieder des Deutschen Bundestages werden durchschnittlich pro Woche versandt, und wie viele Vollzeitstellenäquivalente entsprechen dem Arbeitsaufwand für das Verfassen und Versenden dieser Briefe? Bitte, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Sehr geehrter Herr Kollege Brase, mit Maßnahmen der Projektförderung setzt das BMBF den Regierungsauftrag der Koalitionsfraktionen um. Seit Frühjahr 2009 informiert das BMBF über besondere Vorhaben in Wahlkreisen, nachdem sie – das ist ein Bezug auf die vorherige Frage – bewilligt worden sind. Diese Information über besondere Vorhaben im Bereich der Projektförderung ist ein letztlich kleiner Teil der umfassenden -Kommunikation, die wir als Ministerium im parlamentarischen Raum anbieten und für die insgesamt eine angemessene Stellenausstattung zur Verfügung steht. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer Nachfrage. – Sie verzichten. Aber der Kollege Beck hat eine Nachfrage dazu. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich möchte nur wissen, welche Abgeordnete Sie bei einem bewilligten Projekt informieren. Sind das alle Abgeordnete, die in dem jeweiligen Wahlkreis kandidiert haben? Oder informieren Sie grundsätzlich alle Abgeordnete aller Fraktionen, die in der Nähe des Wahlkreises wohnen? Oder informieren Sie nur Abgeordnete der Koalition in dem jeweiligen Wahlkreis? Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Danke schön, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Beck, das Verfahren ist wie folgt: Nach der Bewilligung von Projektförderungen haben grundsätzlich alle Abgeordneten aller Fraktionen die Möglichkeit, sich über die Projektbewilligungen zu informieren. Dafür steht im Internet eine umfangreiche Datenbank zur Verfügung. Man findet sie unter der Adresse www.foerderkatalog.de. Sie ermöglicht allen Abgeordneten, egal welcher Fraktion oder welcher regionalen Herkunft, sich über sämtliche Projekte einzelner Bundesministerien, auch des BMBF, zu informieren. Auf dieser Seite erhält man Informationen über die Förderung in den Städten und Gemeinden und über die Empfänger. Darüber hinaus ist im April 2009 vereinbart worden, über Projektsteckbriefe genauere Informationen zu geben, weil es diesen Wunsch aus der damaligen Regierungskoalition gab. Diesem Anliegen wurde Rechnung getragen. Diejenigen, die danach gefragt haben, haben stets entsprechende Informationen erhalten. Zudem informieren wir auch die Landesregierungen über große Projekte, soweit sie regional betroffen sind. Dies geschieht natürlich unabhängig von der Zusammensetzung der jeweiligen Landesregierung. Das Kriterium hierfür ist, ob ein großes Projekt in ihrem Umfeld, zum Beispiel ein Spitzencluster, erfolgreich war. Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Albert Rupprecht hat ebenfalls eine Nachfrage. Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus, dass das Ministerium Fragen vonseiten der Parlamentarier beantwortet. Wir, die Unionsfraktion, haben zu Beginn der Legislaturperiode formuliert, dass wir es, neben der Möglichkeit, die Informationen im Internet einsehen zu können, für angemessen halten würden, eine schriftliche Information zu bekommen, wenn in unseren Wahlkreisen Fördermaßnahmen bewilligt wurden. Meine Frage an Sie ist: Haben Herr Brase und auch der Haushaltsberichterstatter der SPD, der Kollege Hagemann, die dieses Prozedere zum Thema machen, den Wunsch an das Ministerium geäußert, über Projektfördermaßnahmen in ihren Wahlkreisen schriftlich informiert zu werden? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Kollege Rupprecht, es ist tatsächlich so: Wir erhalten eine Vielzahl von Fragen von Abgeordneten aus den verschiedenen Fraktionen. Wir bemühen uns, sie umgehend zu beantworten. Bei Herrn Brase – das wird er mir nachsehen – habe ich das nicht im Kopf. Bei Herrn Hagemann kann ich mich noch erinnern. Herr Hagemann hat zu den in seinem Wahlkreis geförderten Projekten eine Anfrage gestellt. Sie bezog sich auf die Förderungen in seinem Wahlkreis und in einem Nachbarwahlkreis, die im Jahre 2010 erfolgt sind. Er hat 24 Stunden später eine ausführliche Zusammenstellung der gesamten Projekte erhalten. Auch sonst ist er jemand, der intensiv nachfragt. Allein im Jahr 2011 haben wir 57 Anfragen vom Abgeordneten Hagemann bekommen, die sich in 150 Einzelfragen aufgeteilt haben, die die Beamtinnen und Beamten des Ministeriums selbstverständlich gerne und ausführlich beantwortet haben. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Herr Staatssekretär. Die Fragen 48 und 49 des Kollegen Michael Gerdes werden schriftlich beantwortet. Die Fragen 50 und 51 des Kollegen Dr. Ernst Dieter Rossmann werden ebenfalls schriftlich beantwortet wie auch die Frage 52 des Kollegen Klaus Hagemann. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereiches und kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Ernst Burgbacher zur Verfügung. Ich rufe die Frage 53 der Kollegin Dr. Dagmar Enkelmann auf: Welche konkreten preissenkenden Wirkungen bei Benzin und Diesel erwartet die Bundesregierung durch die Umsetzung der am 4. März 2012 im Koalitionsausschuss beschlossenen, auf mehr Wettbewerb orientierten Änderung des -Kartellrechts, und erwägt die Bundesregierung weitere Maßnahmen wie zum Beispiel Veränderungen bei der Pendlerpauschale, um eine transparente und sozial gerechte Preisgestaltung von Benzin und Diesel zu erreichen? Bitte, Herr Staatssekretär. Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Verehrte Kollegin Enkelmann, mit der 8. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist geplant, das Verbot der sogenannten Preis-Kosten-Schere dauerhaft gesetzlich zu verankern. Danach dürfen zum Beispiel marktmächtige Mineralölunternehmen ihren mittelständischen Konkurrenten nicht länger Kraftstoffe zu einem höheren Preis liefern als zu dem, den sie selbst an ihren eigenen Tankstellen von den Endverbrauchern verlangen. Das Verbot erfüllt im Mineralölsektor eine ganz wichtige Funktion: Es verhindert unbillige Behinderungen kleiner und mittelständischer Unternehmen und stärkt damit den Wettbewerb. Sie haben auch nach der Entfernungspauschale gefragt. Die Entfernungspauschale ist eine verkehrsmit-telunabhängige Pauschale, die der Gesetzgeber losgelöst von den tatsächlichen Kosten in haushaltspolitisch vertretbarem Umfang festgelegt hat. Das heißt: Unabhängig davon, wie der Arbeitnehmer den Weg zu seiner regelmäßigen Arbeitsstätte zurücklegt – zu Fuß, mit dem Fahrrad, den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Pkw –, kann er 30 Cent je Entfernungskilometer als Werbungskosten ansetzen. Zwischen der Höhe der Benzinpreise und der Höhe der Entfernungspauschale besteht somit keine unmittelbare Verknüpfung. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Herr Kollege Burgbacher, ich hoffe, Sie können die Leute verstehen, die jetzt an die Tankstellen fahren und aufgrund der Preise mit Tränen in den Augen tanken. Die Preise, die sie dort zu zahlen haben, sind bald nicht mehr vermittelbar. Das Verbot, von dem Sie gesprochen haben, hilft offenkundig nicht. Mir liegt eine ganz aktuelle Meldung vor, die heute um 13.59 Uhr eingegangen ist: Eine Studie aus Hamburg belegt, dass in den letzten Jahren nicht die Bindung an die Rohölpreise zu den hohen Benzinpreisen geführt hat, sondern das Streben der Ölkonzerne nach Gewinnmaximierung. Insofern gibt es sehr wohl gesetzlichen Handlungsbedarf. Sehen Sie diesen gesetzlichen Handlungsbedarf, und wenn ja, wie will die Regierung diesen Bedarf ausfüllen? Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin Enkelmann, Sie wissen, dass sich das Bundeskartellamt sehr intensiv mit diesem Problem beschäftigt hat. Darüber wurde im Wirtschaftsausschuss ausführlich diskutiert. Die Gründe sind vielfältiger Natur. Hierzu gehören politische Unsicherheiten ebenso wie der Euro-Dollar-Wechselkurs. Ich habe Ihnen gesagt: Wir werden mit der 8. GWB-Novelle Änderungen vornehmen. Auch mir tränen die Augen, wenn ich an der Tankstelle bin. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Nur haben wir andere Einkommen!) Ich sehe das Problem; es macht aber überhaupt keinen Sinn, jetzt irgendwelche Schnellschüsse abzufeuern. Das Bundeskartellamt beschäftigt sich mit der Angelegenheit, ebenso das Ministerium. Wir wissen selbstverständlich, dass die Energiekosten insgesamt für unsere Wirtschaft ein ganz wesentlicher Faktor sind. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Lieber Kollege Burgbacher, wir beobachten diese Preisentwicklung seit Monaten. Hier geht es nicht um Schnellschüsse. In den letzten drei Monaten ist der Preis für Superbenzin im Schnitt um 11,3 Cent pro Liter gestiegen, aber nur 6,6 Cent davon beruhen tatsächlich auf gesteigerten Rohölpreisen. Ist das für die Regierung kein Grund zum Handeln? Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin Enkelmann, wir haben ja gehandelt, und zwar mit der 8. GWB-Novelle. Damit schaffen wir mehr Wettbewerb; denn das Problem ist, dass die mittelständischen Tankstellen, die Freien Tankstellen, benachteiligt sind. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Die Gewinne machen doch nicht die Tankstellen, die machen die Mineralölkonzerne!) Vizepräsidentin Petra Pau: Frau Kollegin Enkelmann! Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Die Verhältnisse werden sich erst dann ändern, wenn wir Wettbewerb in den Markt bekommen. Mit diesem Problem beschäftigt sich das Kartellamt; auch wir beschäftigen uns damit. In diesem Zusammenhang gibt es viele andere Vorschläge, beispielsweise das westaustralische oder das österreichische Modell. Wir haben aber inzwischen festgestellt, dass auch mit diesen Modellen große Risiken verbunden sind. Wir handeln, aber wir handeln verantwortlich. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Vom Handeln ist nicht viel zu merken!) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 54 der Kollegin Karin Roth (Esslingen) auf. Da diese nicht anwesend ist, verfahren wir, wie in unserer Geschäftsordnung vorgesehen. Die Fragen 55 und 56 des Kollegen Dr. h. c. Jürgen Koppelin werden schriftlich beantwortet wie auch die Fragen 57 und 58 des Kollegen Lars Klingbeil. – Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht die Staatsministerin im Auswärtigen Amt Cornelia Pieper zur Verfügung. Die Fragen 59 und 60 des Kollegen Dr. Rolf Mützenich sollen schriftlich beantwortet werden. Die Frage 61 des Kollegen Hans-Christian Ströbele soll ebenfalls schriftlich beantwortet werden wie auch die Frage 62 der Kollegin Heike Hänsel. Das gilt genauso für die Frage 63 des Kollegen Nouripour und die Fragen 64 und 65 des Kollegen Koenigs. Die Fragen 66 und 67 der Kollegin Da?delen sollen ebenfalls schriftlich beantwortet werden wie auch die Frage 68 der Kollegin Keul. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Herzlichen Dank, Frau Staatsministerin. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums des Innern. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Ole -Schröder zur Verfügung. Die Fragen 69 und 70 des Kollegen Hunko sollen schriftlich beantwortet werden. Ich rufe die Frage 71 des Kollegen Volker Beck auf: Wie – Zeitpunkt, Zahl, Parteiebene, welche der 19 Geheimdienste – wird die Abschaltung der V-Leute in der NPD im Einzelnen vor sich gehen, und wie schätzt die Bundesregierung die Beweislage für einen NPD-Verbotsantrag bezüglich der Hürden in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, tatsächliche Gefahr, ein? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Nach den Vorgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 18. März 2003 … müssen die staatlichen Stellen rechtzeitig vor dem Eingang des Verbotsantrags beim Bundesverfassungsgericht – spätestens mit der öffentlichen Bekanntmachung der Absicht, einen Antrag zu stellen – ihre Quellen in den Vorständen einer politischen Partei – in Bund und Ländern – „abgeschaltet“ haben … Hierüber wird am 22. März 2012 auf einer Sonder-sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder mit dem Bundesminister des Innern beraten. Unabhängig davon sind die verfassungsrechtlichen Anforderungen an ein erfolgreiches Parteiverbotsverfahren weiterhin hoch. Dies gilt insbesondere in Ansehung der Nachweisführung betreffend die frühere Quellenlage auf Vorstandsebene sowie hinsichtlich des Umgangs mit Material, das möglicherweise quellenbelastet ist. Da-rüber hinaus sind die sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergebenden Anforderungen zu beachten. Ein mögliches Verfahren muss daher mit großer Sorgfalt vorbereitet werden. Die Beweislage im Hinblick auf einen NPD-Verbotsantrag lässt sich erst nach Durchführung und Bewertung einer Materialsammlung konkret beurteilen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine erste Frage wäre zur Abschaltung von V-Leuten, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz oder von einem der anderen beiden bundesdeutschen Dienste geführt werden. Mit welcher Position wird denn der Bundesinnenminister in die Innenministerkonferenz gehen? Die Abschaltung von wie vielen V-Leuten, die der Bund in den drei Geheimdiensten führt, wird er in diesen Gesprächen anbieten? In welcher Weise soll das im Einzelnen geschehen? Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Der Bundesinnenminister geht mit der Position in diese Verhandlungen, dass auch die Dienste des Bundes ihre Quellen auf Führungsebene der NPD abschalten. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich hatte etwas präziser gefragt, aber sei es drum. Vielleicht haben deshalb heute so viele Leute keine Lust auf eine mündliche Beantwortung. – Die zweite Frage ist zu den hohen Hürden. Ich meine, das muss einem ernsthaft Sorge machen. Wenn man sich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Parteienverboten anschaut, dann sieht man, dass er verlangt, darzulegen, dass die zu verbietende Organisation eine tatsächliche, aktuelle Gefährdung der demokratischen, rechtsstaatlichen Verhältnisse eines Landes darstellt. Sieht denn die Bundesregierung aufgrund des gegenwärtigen Erkenntnisstandes bei den eigenen Diensten und aufgrund dessen, was sie im Bereich der Innen-ministerkonferenz diskutiert hat, gegenwärtig Anlass zu der Annahme, man könne diese Hürde mit dieser Beweislage nehmen, oder würde die Bundesregierung sagen, man müsse hier weiter abwarten, bevor man sich zu einem Verbotsantrag entschließt? Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur Beantwortung. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Wir befinden uns im Hinblick auf die Erfolgsaussichten eines möglichen Verbotsverfahrens in der Prüfungsphase. Da muss genau das berücksichtigt werden, was Sie eben gesagt haben: Es muss nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte plausible Beweise geben, dass die Partei ein hinreichendes, unmittelbar drohendes Risiko für die Demokratie darstellt. Das ist eine noch höhere Hürde als die, die die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorgibt. Das Bundesverfassungsgericht wird selbstverständlich die Rechtsprechung des EGMR mitberücksichtigen müssen, weil wir Vertragsstaat sind. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Frage 72 des Kollegen Hans-Christian Ströbele soll schriftlich beantwortet werden wie auch die Frage 73 des Kollegen Klaus Ernst. – Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Die Frage 74 des Kollegen Dr. Ilja Seifert wird schriftlich beantwortet. Damit sind wir beim Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Die Frage 75 des Kollegen Klaus Ernst soll schriftlich beantwortet werden. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel zur Verfügung. Die Fragen 76 und 77 des Kollegen Anton Schaaf werden schriftlich beantwortet wie auch die Frage 78 der Kollegin Jutta Krellmann. Ich rufe die Frage 79 des Kollegen Markus Kurth auf: Mit welcher Begründung hält die Bundesregierung die Einlegung des Vorbehalts gegen das Europäische Fürsorge-abkommen im Dezember 2011 mit Art. 19 der Wiener Vertragsrechtskonvention vereinbar, wonach ein Vorbehalt dann nicht angebracht werden kann, wenn dieser „mit Ziel und Zweck des Vertrags unvereinbar ist“? Bitte, Herr Staatssekretär. Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Herr Kollege Kurth, die Begründung ergibt sich schlichtweg bereits aus dem Vertragstext, hier aus Art. 16 Buchstabe b des Europäischen Fürsorgeabkommens. Die Möglichkeit nachträglicher Vorbehalte wegen nationaler Rechtsänderung ist dort eindeutig beschrieben. Wenn Sie möchten, lese ich Ihnen das noch vor. Wenn Sie das selber lesen möchten, dürfen Sie es selber gerne einmal nachschlagen. Vizepräsidentin Petra Pau: Möchten Sie eine Nachfrage stellen, oder soll ich den Staatssekretär zum Verlesen auffordern? Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, ich kann das selber nachlesen. – Ich halte die Antwort aber für nicht zufriedenstellend und möchte daher die Möglichkeit einer Nachfrage in Anspruch nehmen. Herr Staatssekretär, natürlich ist es möglich, einen Vorbehalt gegen bestimmte Regelungsbereiche einzulegen. Das ist in allen völkerrechtlichen Verträgen so geregelt. Aber wenn sich der Vorbehalt sozusagen gegen das Kernanliegen des Vertrages richtet – in dem Fall geht es um die Gewährung gegenseitigen Sozialschutzes –, dann wird im Grunde genommen der gesamte Vertrag ausgehöhlt und somit in gewisser Weise sinnentleert. Genau die Art von Vorbehalten, die sich gegen den Wesenskern eines Abkommens richten, sind nicht möglich – zumindest nach der Wiener Vertragsrechtskonvention, die so etwas wie die Geschäftsordnung der internationalen Verträge darstellt. Wie ist das also mit der Vereinbarkeit? Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Wir stellen mit der von uns eingeleiteten Maßnahme den Zustand wieder her, der zuvor in § 7 SGB II bereits bestanden hatte. Hierzu gab es mehrere Entscheidungen von Gerichten. In der Folge stellte man sich die Frage, wie weiterzuverfahren ist. Man hat sich dann dafür entschieden, den Zustand, der zunächst von Gesetzes wegen gewollt war, wiederherzustellen. Deshalb hat man die entsprechende Maßnahme ergriffen. Wir können Ihrem Vorhalt daher nicht folgen. Wir machen nichts anderes als das, was vorher bereits geregelt war. Wir mussten nur eine Runde durch den Gesetzesdschungel gehen, um wieder das gleiche Ergebnis zu erreichen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sprechen das an, was im Gesetz ursprünglich geregelt war und was Sie durch das Einlegen des Vorbehalts wiederherstellen. Aber es ist doch so: Das, was durch das Gesetz ursprünglich geregelt worden war, ist gemäß Bundessozialgericht mit dem Europäischen Fürsorgeabkommen nicht vereinbar. Das muss man einmal festhalten. Ihre Antwort darauf ist nun, dass Sie das Abkommen faktisch außer Kraft setzen. Wäre es in diesem Fall nicht ehrlicher oder direkter gewesen, das Europäische Fürsorgeabkommen aufzukündigen? Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Ich kann Ihren Ausführungen nicht folgen. – Es gab einen Rechtszustand, der durch die Gesetzgebung dieses Parlaments herbeigeführt wurde. Durch Gerichtsentscheidungen hat er eine andere Wendung genommen. Das ist aber reparabel. Jetzt wird wieder der Zustand herbeigeführt, der zunächst bestanden hat. Dieses Fürsorgeabkommen enthält noch eine ganze Reihe von sonstigen Vorschriften. Wir wollten wirklich nur die herausgreifen, die exakt diesen Punkt betreffen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 80 des Kollegen Markus Kurth auf: Auf welcher Rechtsgrundlage basiert die Annahme der Bundesregierung, für Staatsangehörige der Vertragsstaaten des Europäischen Fürsorgeabkommens kommen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Betracht, wenn sie von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und Sozialhilfe ausgeschlossen sind (Bundestagsdrucksache 17/8699, Antwort zu Frage 61)? Bitte, Herr Staatssekretär. Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Soweit Staatsangehörige aus Vertragsstaaten des Europäischen Fürsorgeabkommens aufgrund des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II keine Leistungen nach dem SGB II erhalten, sind jedenfalls Leistungen im Rahmen der unabweisbaren Hilfe analog § 1 a des Asylbewerberleistungsgesetzes denkbar. Die Begründung liegt darin, dass andernfalls die Betroffenen schlechter gestellt wären als Ausländer, die nicht Staatsangehörige von Vertragsstaaten des EFA sind und deren Einreise nur erfolgt ist, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu beziehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Asylbewerberleistungsgesetz nennt selber die Leistungsvoraussetzungen, die gegeben sein müssen, um das in Anspruch nehmen zu können. Arbeitsuchende aus den europäischen Nachbarstaaten – oder in dem Fall aus den Vertragsstaaten – finde ich jedenfalls nicht im Text des Asylbewerberleistungsgesetzes. Können Sie noch einmal genauer ausführen, worauf sich denn die Anspruchsgrundlage in dem Gesetz selbst bezieht? Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Sie haben hier vielleicht das kleine Wort „analog“ überhört. Deswegen möchte ich es noch einmal hervorheben. Es gibt, wie Sie wissen, immer wieder Gesetzesauslegungen im Hinblick auf deren Anwendung auf vergleichbare Fälle. Deswegen wird hier die Analogie benutzt. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie bewerten Sie denn vor diesem Hintergrund den Vermerk des Berliner Sozialsenators – ich glaube, es ist sogar eine Weisung –, der besagt, dass Leistungen nach dem Sozialhilfegesetz bzw. nach dem SGB XII infrage kämen? Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Das können wir nicht ausschließen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Fragen 81 und 82 der Kollegin Sabine Zimmermann werden schriftlich beantwortet. – Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Wir sind damit am Ende der Fragestunde. Ich unterbreche die Sitzung des Bundestages bis 15.30 Uhr. Wir fahren um 15.30 Uhr mit der Aktuellen Stunde zum Thema „Haltung der Bundesregierung zur Verwendung der Überschüsse in der gesetzlichen Krankenversicherung“ fort. Die Sitzung ist unterbrochen. (Unterbrechung von 14.48 Uhr bis 15.30 Uhr) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD Haltung der Bundesregierung zur Verwendung der Überschüsse in der gesetzlichen Krankenversicherung Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Kollegen Karl Lauterbach für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Dr. Karl Lauterbach (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Lage kurz zusammengefasst: Wir haben derzeit Überschüsse bei den Krankenkassen und im Gesundheitsfonds nicht dank der so guten Arbeit der Bundesregierung, (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Doch! – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Oh doch! Das haben Sie in Jahren nicht geschafft!) sondern dank der günstigen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Diese günstige Entwicklung haben wir, um das in Erinnerung zu rufen, den Arbeitsmarktreformen von Gerhard Schröder, die in diesem Hause beschlossen wurden, (Marco Buschmann [FDP]: Von denen Ihre Sozialpolitiker nichts mehr wissen wollen!) und unserer gemeinsamen Arbeit in der Großen Koalition zu verdanken. Diese Entwicklung hat aber wenig mit der derzeitigen Regierungsarbeit zu tun. Aufgrund dieser günstigen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, die zu deutlich mehr Vollzeitbeschäftigung geführt hat, -stehen die Krankenkassen dauerhaft wirtschaftlich besser da. Die Krankenkassen erwirtschafteten Überschüsse in Höhe von circa 10 Milliarden Euro. Im Gesundheitsfonds haben wir einen Überschuss von etwa 9 Milliarden Euro. Davon sind 3 Milliarden Euro Liquiditäts--reserve, und 2 Milliarden Euro entfallen auf den -Bundeszuschuss für die Kopfprämien, die derzeit nicht erhoben werden. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Welche Kopfprämien?) Das eigentliche Problem ist, dass die Regierung zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiß, was sie mit diesen Überschüssen machen soll. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Doch!) Die Partei, die hier angekündigt hat, für mehr netto vom Brutto zu sorgen, (Rainer Brüderle [FDP]: Das machen wir jetzt!) tut nichts, Herr Brüderle, um diese Mittel den Bürgern zukommen zu lassen. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Wir -haben sehr viel getan im Gegensatz zu Ihnen früher!) Wir bringen in Erinnerung, dass Sie der Ärzteschaft und der pharmazeutischen Industrie entgegengekommen sind. Aber der Bürger bekommt einfach nichts. Man muss sich das einmal vorstellen: Der Bürger bezahlt -einen Einheitsbeitragssatz, der auch noch zu hoch bemessen ist. Herr Brüderle, so etwas sollte man eigentlich eher von den Kollegen von der Linkspartei erwarten. Wozu brauchen wir 140 Krankenkassen, wenn ein Einheitsbeitragssatz genommen wird? Dieser Beitragssatz ist wettbewerbsfrei und zu hoch. Diese Vorschläge passen zur äußersten linken Hälfte dieses Hauses. (Rudolf Henke [CDU/CSU]: Da sitzen sie doch!) Mit Wettbewerb hat das nichts zu tun. Ich darf darauf hinweisen, dass der Ehrenvorsitzende der FDP in Schleswig-Holstein, Jürgen Koppelin, derzeit eine Unterschriftenaktion startet. Es wird gefordert, dass wenigstens die Praxisgebühr abgeschafft wird. (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das stimmt!) Stellen Sie sich das einmal vor: Der Ehrenvorsitzende der FDP in Schleswig-Holstein startet eine Unterschriftenaktion gegen den FDP-Minister Bahr und akklamiert damit, wenn Sie so wollen, der Linkspartei. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Was ist denn das für eine Argumentation?) Darf ich hier frei sprechen? – Das ist ein Armutszeugnis. Weshalb machen Sie schlicht und ergreifend nicht, was richtig ist? Sie wissen selbst, dass die Praxisgebühr keine Steuerungswirkung hat. Sie ist fiskalisch nicht wirksam, und sie ist bei Patienten und Ärzten unbeliebt. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Wer hat sie denn eingeführt? – Rainer Brüderle [FDP]: Ihr habt sie doch eingeführt! Das ist die Ulla-Schmidt-Gebühr!) – Sie ist von Horst Seehofer im Vermittlungsausschuss im Rahmen der Reform von 2003/2004 eingebracht worden. Ich selbst war damals in der Landesvertretung -Baden-Württemberg zugegen, als er diese Vorschläge eingebracht hat. Nicht jeder Vorschlag, der von Horst Seehofer eingebracht wird, ist automatisch falsch, aber das war ein Fehler. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Also, Sie haben dagegen gestimmt, oder wie?) Dieser Seehofer-Vorschlag wurde durchgesetzt. Diese Maßnahme hat sich jetzt als falsch erwiesen, weil es keine Steuerungswirkung gibt. Das haben wir damals alle nicht gewusst. (Marco Buschmann [FDP]: Die SPD war nie dabei!) Jetzt müssten Sie die Ehrlichkeit besitzen und dem Ehrenvorsitzenden Jürgen Koppelin folgen, Herr Bahr, und sagen: Das Ding muss weg! (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Sagen wir doch!) Die Praxisgebühr hat sich nicht bewährt; niemand will sie. Wir brauchen eine echte Reform, die dazu führt, dass die 140 Krankenkassen in einem Wettbewerb stehen. Wir müssen den Einheitsbeitragssatz abschaffen. Die Krankenkassen müssen hinsichtlich des Beitragssatzes miteinander im Wettbewerb stehen. Wir müssen auch die Zusatzbeiträge abschaffen. Wenn die Zusatzbeiträge wegfallen würden, könnten Sie, Herr Bahr, die Versicherten sofort um 2 Milliarden Euro entlasten. Ein So-zialausgleich wäre dann auch nicht mehr notwendig. Herr Brüderle, dies wären 2 Milliarden Euro Liquidität, die Sie an den Bürger weitergeben könnten. (Rainer Brüderle [FDP]: Natürlich!) Ich wiederhole es, damit Sie es richtig verstehen: Weg mit dem Zusatzbeitrag, den derzeit niemand will! Dann könnten Sie auch sofort auf den Sozialausgleich für den Zusatzbeitrag verzichten. Die Bürger hätten dann netto 2 Milliarden Euro mehr. Dann sollten Sie auch noch die Praxisgebühr abschaffen. Dies würde zu einer Entlastung um 1,8 Milliarden Euro führen. Das heißt, Sie könnten ohne Verlust an Versorgungsqualität und ohne Gefährdung der langfristigen Liquidität der Kassen die Bürger sofort um fast 4 Milliarden Euro entlasten; dies hätte auch noch eine Entbürokratisierung zur Folge. Als ehemaligen Wirtschafts--minister müsste Sie das doch interessieren. Jetzt als Fraktionsvorsitzender haben Sie die Kraft, auf Herrn Bahr einzuwirken. Sie sind aber offensichtlich hoffnungslos zerstritten. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Nein! Überhaupt nicht!) Ich höre, dass Sie als Fraktion uns im Prinzip gewogen sind. Die Fraktion scheint für die Abschaffung der Praxisgebühr zu sein. Herr Bahr ist unentschieden, und die CDU/CSU blockiert. Herr Koppelin führt eine Unterschriftenaktion durch. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das kommt in jeder guten Ehe vor, dass man unterschiedlicher Meinung ist!) Das ist ein Chaos ohne Ende. Das ist kein gutes Vorzeichen für die Endwahl, die Ihnen in NRW bevorsteht. Für diese kann ich Ihnen nur viel Glück und gute Reise wünschen. (Rudolf Henke [CDU/CSU]: Ach, es geht nur um Wahlkampf!) Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Johannes Singhammer für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Johannes Singhammer (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lauterbach, den meisten Menschen in Deutschland sind christlich-liberale Überschüsse in der gesetzlichen Krankenversicherung lieber als rot-grüne Schulden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Nichts könnte besser die erfolgreiche Arbeit dieser -Koalition dokumentieren als eine intensive Diskussion darüber, was mit den Rücklagen geschehen soll. Dies ist eine komfortable Debatte, geradezu eine Luxusdiskussion, die sich fundamental von dem Streit der letzten Jahrzehnte unterscheidet, in dem es meistens darum ging, wie Defizite, schwarze Löcher und hohe Risiken in der gesetzlichen Krankenversicherung in den Griff bekommen werden können. Es ist ein hart erarbeiteter Erfolg dieser Bundesregierung, der bei 70 Millionen Versicherten Vertrauen schafft. Noch vor zwei Jahren drohte ein Defizit von 11 Milliarden Euro. Wir haben beispielsweise im -Pharmabereich konsequente Sparmaßnahmen ergriffen, die nicht einfach waren. Alle unsere Sparpläne sind aufgegangen. Unsere geschickte Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik hat dazu geführt, dass die Einnahmen bei den Sozialversicherungen sprudeln. Deshalb hat sich das Blatt gewendet. Wir diskutieren nicht mehr, wie vor zwei Jahren, über 11 Milliarden Euro Miese. Vielmehr diskutieren wir heute darüber, wie wir mit mehr als 10 Milliarden Euro Rücklagen bei den gesetzlichen Krankenversicherungen und über 9,5 Milliarden Euro im Gesundheitsfonds umgehen. Das alles haben wir ohne Leistungskürzungen, ohne höhere Eigenleistungen der Versicherten, ohne -Abstriche beim Leistungskatalog und ohne Rationierung der medizinischen Leistungen – dies ist in anderen Ländern immer wieder zu beobachten – erreicht. Jetzt sage ich: Lasst uns mit diesen Rücklagen sorgfältig umgehen, sie hegen und pflegen. Es wäre falsch, jetzt folgende zwei Maßnahmen – über diese wird aktuell diskutiert – einzuleiten: zum einen den Ausgabenhahn aufzudrehen und zum anderen die Einnahmen zu verringern. Ich warne – das betone ich – vor einer -Abschaffung der Praxisgebühr. Die Praxisgebühr entlastet die gesetzliche Krankenversicherung um 2 Milliarden Euro im Jahr. (Zuruf von der LINKEN: Und belastet die Kranken!) Auch eine Absenkung der Beiträge wäre sofort spürbar. Allenfalls Rücklagen in Höhe von 2 Milliarden Euro für den vorgesehenen Sozialausgleich sind verkraftbar. Denn aller Voraussicht nach wird es in diesem Jahr mangels Zusatzbeiträgen keinen derartigen Sozialausgleich geben. Ich werbe dafür, dass wir die Kraft aufbringen, die Rücklage, die wir jetzt haben – das ist eine einmalige Chance –, als Reserve zu erhalten. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das will doch Herr Schäuble wieder nicht!) Bei der Pflege ist das gemeinsame Ziel aller Fraktionen in diesem Hause, eine Rücklage anzulegen, da wir diese aus demografischen Gründen brauchen, und zwar wegen der Verschlechterung des Verhältnisses zwischen denjenigen, die arbeiten und Geld verdienen, und denjenigen, die in Rente gehen. Deshalb, so meine ich, sollten wir auch mit Blick auf die Krankenversicherung symme-trisch handeln. Der Überschuss beläuft sich auf insgesamt 9,5 Milliarden Euro. Da die gesetzliche Reserve 3 Milliarden Euro beträgt, und der Sozialausgleich, den wir nicht brauchen, ein Volumen von circa 2 Milliarden Euro hat, geht es im Kern um einen Betrag von etwa 4,5 Milliarden Euro. Wir sollten die einmalige Chance, als Nukleus einer Vorsorgemaßnahme eine Rücklage zu bilden, nutzen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Tosender Beifall!) Was wir nicht brauchen, ist ein Zickzackkurs. Wir dürfen nicht zunächst den Geldhahn aufdrehen und -dadurch die Finanzen wieder in eine schwierige Situation bringen, um dann erneut harte Sparmaßnahmen zu ergreifen. Nein, wir wollen, dass die 70 Millionen -gesetzlich Versicherten in Zukunft keine Albträume haben müssen, sondern ruhig schlafen können, weil sie wissen: Die Finanzierung dieses wichtigen Bereichs der Sozialversicherung ist sicher, dauerhaft, nachhaltig und zukunftsfest. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Harald Weinberg für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Harald Weinberg (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Lauterbach, der Einheitsbeitragssatz, von dem Sie gerade sprachen, würde bei der von uns vorgeschlagenen solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung 10,5 Prozent betragen. Er wäre also rund 5 Prozentpunkte niedriger als der jetzige Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Sozialistische Versicherung! – Zurufe von der FDP: Oh! – Wie toll!) Das wäre in der Tat eine echte Reform und ein echter Fortschritt. (Beifall bei der LINKEN – Lars Lindemann [FDP]: Und welche Leistungen wollen Sie dann kürzen? Sagen Sie das doch auch mal dazu!) 70 Millionen Versicherte in diesem Land fragen sich: Was wird mit den Überschüssen gemacht? Das Geld – das ist schon gesagt worden – ist da. Man muss allerdings wissen, dass von den Rücklagen in Höhe von 20 Milliarden Euro 9 Milliarden Euro gesetzlich gebunden sind. Dieses Geld steht also nicht zur Verfügung. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, zu verfahren. Warum nicht den Steuerzuschuss kürzen? Erst einmal sollte man sich fragen: Wem gehört dieses Geld eigentlich? Nach unserer Auffassung gehört es ganz klar den Versicherten, den Patientinnen und Patienten. Es gehört nicht dem Finanzminister. (Beifall bei der LINKEN) Das will ich begründen. Eigentlich besteht zwischen uns allen Konsens, dass die Krankenkassen Leistungen erbringen, die nicht zu den ursprünglichen Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, die also nicht der Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten dienen. Diese Leistungen, zum Beispiel die kostenlose Mitversicherung der Kinder, sind zweifellos sinnvoll. Sie müssten aus Steuermitteln bezahlt werden. Die Bundesregierung ist schon vor Jahren zu der Erkenntnis gelangt, dass dafür jährlich etwa 14 Milliarden Euro aus der Staatskasse in den Gesundheitsfonds fließen müssen. Wenn ich mir nun anschaue, wie viel Schäuble und seine Vorgänger tatsächlich gezahlt haben, dann komme ich zu der mathematisch unstreitigen Erkenntnis, dass der Finanzminister zwar 2010 und 2011 in Summe 3 Milliarden Euro zu viel gezahlt hat – die er jetzt zurückhaben will –, dass er aber 2007, 2008 und 2009 insgesamt 29,8 Milliarden Euro zu wenig gezahlt hat. Das macht im Saldo 26,8 Milliarden Euro, die Herr Schäuble eigentlich im Soll ist – von den Vorjahren ganz zu schweigen. Wir brauchen einen verlässlichen Finanzminister, der seine Verpflichtungen erfüllt, auch im Hinblick auf den Gesundheitsfonds und die versicherungsfremden Leistungen. Wir brauchen aber keinen Finanzminister, der sich an Versichertengeldern vergreift, weil er die Reichen bei der Besteuerung schonen will; (Beifall bei der LINKEN) das ist das genaue Gegenteil einer soliden Finanzpolitik. Wir brauchen auch keinen Gesundheitsminister, der das mit sich machen lässt; das ist das Gegenteil einer soliden Gesundheitspolitik. Warum das Geld nicht als Reserve bei den Kassen -lassen? Diesen Vorschlag hat Herr Singhammer gerade gemacht. Auf diese Frage kann man die einfache Antwort geben: Ein Teil des Geldes muss auf jeden Fall im Fonds bzw. bei den Kassen bleiben, weil es als Rücklage gesetzlich gebunden ist. Wie wir aktuell beobachten können, unterliegt dieses Geld dann aber schnell dem Zugriff des Finanzministers. Ich denke, man muss schon naiv sein, zu glauben, dass er nicht spätestens im nächsten Jahr neue Ansprüche stellen wird. Insofern ist dies mit Sicherheit nicht der richtige Weg. Warum nicht den Beitragssatz senken? Es gibt andere, vor allen Dingen bei der Union, aber auch bei den Grünen, die die Senkung des Beitragssatzes fordern. Das klingt gut und danach, als würde man den Versicherten das Geld zurückgeben. Aber das ist ja nicht so; denn erstens käme auf diesem Weg nur die Hälfte bei den Versicherten an. Die andere Hälfte käme bei den Arbeitgebern an, obwohl sie jedes Jahr 9,5 Milliarden Euro weniger einzahlen als die Beschäftigten, weil wir ja keine paritätische Finanzierung mehr haben. Zweitens hat Schwarz-Gelb 2010 die solidarische Finanzierung der Krankenversicherung auf den Kopf gestellt. Seitdem gilt: Je niedriger der allgemeine Beitragssatz ist, desto höher werden künftig die Zusatzbeiträge, die Kopfprämien, ausfallen, und die zahlen die Versicherten alleine. Eine Beitragssenkung käme letztlich also in erster -Linie den Arbeitgebern zugute. Wenn man wirklich die Beitragszahler entlasten will, dann muss man das Prinzip, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils die Hälfte der Beiträge zahlen, wieder einführen. Es führt kein Weg daran vorbei. (Beifall bei der LINKEN) Was also tun? Unserer Meinung nach sollte man diejenigen, die in den letzten Jahren immer wieder mehr belastet wurden und ständig die Hauptlast von sogenannten Gesundheitsreformen getragen haben, nämlich die Patientinnen und Patienten, jetzt entlasten. Nicht nur, dass Leistungen gekürzt worden sind: Allein in den Jahren seit 2004 haben die Patientinnen und Patienten zu den bestehenden Leistungen zudem x Milliarden Euro an Zuzahlungen und Praxisgebühr geleistet. Die Linke will, dass dieses Abkassieren der Kranken ein Ende hat. (Beifall bei der LINKEN) Deshalb fordern wir in einem Antrag, über den wir morgen debattieren, die Abschaffung der Praxisgebühr, und wir werden sehen, wie sich die Einzelnen dazu verhalten. Es freut mich sehr, dass SPD und Grüne nun auch selbst Initiativen dafür ergriffen haben, die einst von ihnen eingeführte Praxisgebühr abzuschaffen. Ich gratuliere zu der späten Erkenntnis, dass diese Eintrittsgebühr beim Arzt einer der vielen Fehler der Agenda 2010 war. (Beifall bei der LINKEN – Steffen-Claudio Lemme [SPD]: Schon mal was vom Bundesrat gehört?) Es freut mich fast noch mehr, dass die FDP, aus welchem Grund auch immer, nun zum gleichen Ergebnis kommt; denn zusammen mit der Linken, die die Praxisgebühr schon immer abgelehnt hat, hätten wir damit eine Mehrheit im Bundestag. (Beifall bei der LINKEN – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Sehr zweifelhaft!) Ich höre aber, dass Sie nicht zustimmen wollen. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Was?) Dazu möchte ich eines sagen – weil meine Redezeit gerade abläuft, ist das auch fast mein letzter Satz –: (Michaela Noll [CDU/CSU]: Reicht auch!) Es handelt sich bei dem Antrag auf Abschaffung der Praxisgebühr – das will ich Herrn Lotter noch einmal deutlich sagen – nicht um Klamauk. Ich finde vielmehr, Klamauk ist es, wenn man beim Landtagswahlkampf in Schleswig-Holstein Unterschriften gegen die Praxisgebühr sammelt, hier in diesem Hause dann aber einem Antrag, mit dem diese Abschaffung möglich werden könnte, nicht zustimmt. Das ist Klamauk! (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: So ist es! Pure Heuchelei!) Noch besser wäre es, wenn alle Fraktionen unserem weiteren Antrag, nämlich dem, die Zuzahlungen zurückzunehmen, ebenfalls zustimmen würden. Ich befürchte: Leider wird das nicht der Fall werden. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der FDP: Da werden Sie recht haben!) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Christine Aschenberg-Dugnus für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Christine Aschenberg-Dugnus (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erinnere mich noch ganz genau an meine erste Rede in diesem Hohen Hause. Das war im Dezember 2009; es ist ja noch nicht so lange her. Wir haben damals über eine Neuausrichtung des Gesundheitssystems debattiert. Anlass dafür war unter anderem die Hinterlassenschaft jahrelanger sozialdemokratischer Gesundheitspolitik. Wir haben über ein drohendes Defizit in der GKV von rund 10 Milliarden Euro debattiert, das uns Ulla Schmidt hinterlassen hatte. (Zuruf von der SPD: Phantomschmerz! – Rainer Brüderle [FDP]: So war die Ulla!) Liebe Freunde, heute sprechen wir über ein Milliardenplus im Gesundheitssystem. Also, ich freue mich über die heutige Luxusdebatte. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Herzlichen Dank auch dafür, dass ausgerechnet Sie von der SPD den Nachweis führen, dass schwarz-gelbe Gesundheitspolitik genau das ist, was unserem Land so lange gefehlt hat. Vielen Dank dafür! (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, wir befinden uns in der wirklich schönen Lage, den Versicherten endlich etwas zurückgeben zu können, statt sie stärker an den Kosten zu beteiligen. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Warum tun Sie es denn dann nicht?) All das Geld, das bei den Kassen liegt, gehört nicht irgendwelchen Ministerien oder Politikern, (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Schäuble!) nein, verantwortlich dafür, dass die Kassen gut gefüllt sind, sind die Beitragszahler. Ihnen gehört dieses Geld. Deshalb sind sie es auch, die jetzt profitieren müssen. Genau darum wollen wir die Beitragszahler entlasten. (Beifall bei der FDP) Es gibt unterschiedliche Ideen dafür, wie wir das machen können. Ich sage Ihnen hier auch ganz klar: Die FDP will die Abschaffung der Praxisgebühr. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD]) Die Praxisgebühr wurde seinerzeit von Rot-Grün eingeführt, um die Zahl der Praxisbesuche zu senken. Diese Steuerungsfunktion hat die Praxisgebühr ganz offensichtlich nicht erfüllt. Sicher, die Praxisgebühr entspricht rund 2 Milliarden Euro zusätzlich. Aber das ist nur die halbe Wahrheit; denn die Praxisgebühr verursacht allein in den Arztpraxen rund 360 Millionen Euro Kosten pro Jahr. Auch das muss einmal gesagt werden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, wissen Sie eigentlich, was Sie damals eingeführt haben? (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das war der Seehofer! – Lars Lindemann [FDP]: Das war Vorsatz!) Mancherorts hört man, einige Patienten würden die 10 Euro als Flatrate begreifen. Steuerungsfunktion gleich null! Für die meisten Patienten in den Praxen vor Ort ist die 10-Euro-Abgabe pro Quartal aber einfach nur ein wiederkehrendes Ärgernis. Schlimm kommt es auch für diejenigen, die sich von der Praxisgebühr befreien lassen wollen. Sie müssen Belege sammeln, ihre Berechtigung zur Befreiung nachweisen und dann auf einen Bescheid warten. Wer die Praxisgebühr zahlt, will sie natürlich auch als besondere Belastung von der Steuer absetzen. Also noch mehr Bürokratie – dieses Mal beim Finanzamt! (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Völlig richtig!) Die Ärzte selbst müssen die Gebühr eintreiben. Übrigens habe ich nie begriffen, warum die Ärzte und nicht die Kassen, denen die Gelder hinterher zufließen, die Gebühr eintreiben müssen, Listen führen, wer bezahlt hat und wer nicht, hinterhertelefonieren, Mahnverfahren einleiten. Im Jahre 2010 waren es knapp 1,4 Millionen Mahnverfahren, die durch die Ärzte eingeleitet wurden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, das ist die Realität. Das ist das Ergebnis Ihrer Gesetzgebung. (Beifall bei der FDP – Sebastian Blumenthal [FDP]: Das muss aufhören!) So viel Bürokratie, ohne dass auch nur ansatzweise der gewünschte Steuerungseffekt erzielt wurde! Diesem Bürokratieaufwand wollen wir einen Riegel vorschieben. Bereits im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, „die Zahlung der Praxisgebühr in ein unbürokratisches Erhebungsverfahren“ zu überführen. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber nicht dasselbe, wie sie abschaffen zu wollen!) Meine Damen und Herren, gibt es eine schönere Entbürokratisierungsmaßnahme als die Abschaffung eines In-strumentes, das sich a) in seiner Funktion nicht bewährt hat und b) für alle Beteiligten einen erheblichen Bürokratieaufwand bedeutet? (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was denn nun? Unbürokratisch oder Abschaffen?) Nein. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das verstehe ich nicht! Weg oder nicht?) Deswegen plädiere ich ganz pragmatisch für die Abschaffung der Praxisgebühr. (Zuruf von der SPD: Und dann?) Denn – schön, dass ich das einmal sagen kann – wir können uns das leisten. Wir haben über die gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen hinaus immer noch einen ausreichenden Puffer. Das Gute an der Abschaffung der Praxisgebühr ist nämlich: Diese Summe ist absolut kalkulierbar, und zwar ganz im Gegensatz zu einer auch diskutierten Senkung der einkommensabhängigen Beiträge. Diese können wir weniger kalkulieren. Die Abschaffung oder zumindest die Aussetzung der Praxisgebühr ist die einzig logische Konsequenz aus der derzeitigen Situation der Krankenkassen. So können wir die Versicherten spürbar entlasten und allen Beteiligten sehr viel Bürokratie ersparen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Birgitt Bender für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden über Überschüsse in der gesetzlichen Krankenversicherung. Woher kommen sie? Zum einen sind sie Folge der guten Konjunktur, zum anderen Folge falscher Anreize, die diese schwarz-gelbe Koalition gesetzt hat. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Es ist doch so: In diesem System und auch bei Ihnen geht die Angst um, die Angst vor den Zusatzbeiträgen. Zunächst einmal haben die Krankenkassen Angst. Diese haben eine Art Schutzwall errichtet, weil sie gesehen haben, was mit den Kassen passiert, die solche Zusatzbeiträge erhoben haben: Ihnen rennen die Versicherten in Scharen davon. Also bemühen sich alle, ja nicht zu viel Geld auszugeben, um die Erhebung eines Zusatzbeitrages zu vermeiden. Das heißt, sie sparen bei der Prävention, bei der Reha und bei Mutter-Kind-Kuren. Sie investieren auch nicht in neue Versorgungsmodelle. Das heißt, sie horten Geld wie das Eichhörnchen Nüsse für den kalten Winter, um bloß keinen Zusatzbeitrag erheben zu müssen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Was ist mit den Pharmakosten?) Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist: Sie haben den Gesundheitsfonds über Beiträge üppig ausgestattet, bevor der Arbeitgeberbeitrag über den Mechanismus der Zusatzbeiträge eingefroren wurde, damit Zusatzbeiträge nicht so schnell nötig werden. Jetzt sehen Sie, dass es noch vor der Bundestagswahl zu Zusatzbeiträgen auf breiter Front kommen könnte: Huch, was wäre das ungünstig! Deswegen horten Sie das Geld im Gesundheitsfonds und verzichten zum Beispiel auf eine Beitragssatzsenkung; denn das würde dann zwingend zu den Zusatzbeiträgen führen. Das heißt, Sie haben Angst vor der eigenen Courage. Man könnte auch sagen: Sie sind politische Hosenscheißer! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wir begrüßen, dass es keine Zusatzbeiträge gibt. Aber Sie sollten sich zu den Konsequenzen Ihrer eigenen Politik bekennen. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Wir wissen, wo es herkommt!) Denn jetzt muss man doch annehmen, dass Sie noch Geld horten wollen, damit Sie eine Kriegskasse für den Wahlkampf haben. Das kann es wohl nicht sein. Jetzt komme ich zu der FDP. Sie hat in ihrem Überlebenskampf ausgeheckt, man könne jetzt die Abschaffung der Praxisgebühr verlangen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das fordern wir schon lange, Frau Kollegin!) – Sie selbst haben gesagt, Frau Kollegin, dass Sie im Koalitionsvertrag noch etwas ganz anderes unterschrieben haben. Damals ging es um eine unbürokratische Praxisgebühr. Jetzt heißt es: keine Praxisgebühr mehr. – Willkommen im Klub. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Sie haben wahrscheinlich nicht zugehört!) Aber wir Grünen wissen es schon lange: Die Praxisgebühr – das haben wir uns jüngst per Kleiner Anfrage von der Bundesregierung bestätigen lassen – nützt nichts. Sie ärgert alle, und man muss noch fürchten, dass sie sozial Benachteiligte vom Arzt fernhält. Deswegen wollen wir sie abschaffen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Wer hat sie denn eingeführt?) Der Unterschied zur FDP ist aber: Sie schreien jetzt, und wenn Sie das erreichen könnten, dann wären Sie froh. Aber Sie würden das Geld später über Zusatzbeiträge wieder bei den Versicherten abholen. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: So ein Quatsch!) Genau das wollen wir nicht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir wollen die Zusatzbeiträge abschaffen. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Warum haben Sie sie dann überhaupt eingeführt?) Wir wollen, dass die Kassen wieder entscheiden, welchen wohlgemerkt paritätischen Beitrag sie erheben. Dann werden einige die Beiträge auch senken und in der Tat Geld an die Versicherten zurückgeben, weil sie dann eine planbare Finanzierungslage haben. Wir wollen auch, dass die Praxisgebühr abgeschafft wird. Das lässt die jetzige Finanzlage aufgrund der Überschüsse zu. Mittelfristig wollen wir das aus den Zusatzeinnahmen finanzieren, die die Bürgerversicherung bringt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kurz gesagt: Bei der FDP reimt sich Abschaffung der Praxisgebühr auf Populismus. Bei uns steckt die Idee von Solidarität und nachhaltiger Finanzierung dahinter. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Deshalb hat Rot-Grün sie eingeführt! Das ist ja ein plötzlicher Sinneswandel!) Das ist grüne Politik. Sie setzt die richtigen Anreize. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Jens Spahn für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Jens Spahn (CDU/CSU): Liebe Frau Kollegin Bender, mit vollen Hosen lässt es sich gut stinken. Dieses Sprichwort fällt mir dazu ein. Dass es eine gute Art von Praxisgebühr und eine schlechte Art von Praxisgebühr gibt, wie Sie es dialektisch herleiten, ist eine besondere Erkenntnis. Eigentlich bin ich der SPD für diese Aktuelle Stunde dankbar. Allein das Thema ist bemerkenswert: Überschüsse in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ich verstehe die ganze Aufregung und Ihr Geschrei eben nicht. Eigentlich sind Überschüsse in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Anlass zur Freude, zeigen sie doch, dass das Ergebnis der Gesundheitsreform, die wir mit soliden Ansätzen, Berechnungen und Vorgaben endlich durchgeführt haben, richtig ist. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Die finanzielle Lage in der gesetzlichen Krankenversicherung ist nämlich so gut wie nie zuvor in den letzten zehn Jahren, in denen ich Gesundheitspolitik mache. Das hat zwei Gründe: Erstens ist die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland sehr positiv. Wir nehmen sie manchmal fast als selbstverständlich hin, obwohl sie so positiv ist, wie wir sie in den letzten 20 bis 30 Jahren nicht erlebt haben. Wir haben die höchste Zahl von Erwerbstätigen im Land und die niedrigste Arbeitslosenquote. Das führt dazu, dass auch die sozialen Sicherungssysteme in einer sehr guten finanziellen Lage sind. Das ist zwar nicht allein der Politik zu verdanken; es hat aber auch mit der Politik und den politischen Rahmenbedingungen zu tun. Insofern ist die gute Situation auch Ausfluss dessen, was wir in den letzten zwei Jahren gemacht haben. Zweiter Grund ist das sogenannte GKV-Finanzierungsgesetz, sind die Spargesetze, die wir gemacht haben. Sie erinnern sich: Wir haben für 2011 das größte -jemals zu erwartende Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung von bis zu 10 Milliarden Euro vor uns gehabt. Wir haben uns entschieden, ein Sparpaket bzw. ein Maßnahmenpaket zu machen, bei dem wir alle mit ins Boot holen, indem wir die Pharmaindustrie massiv mitbeteiligen und Apotheker, Großhändler, die Ärzteschaft und Krankenhäuser wie auch die Arbeitnehmer und Arbeitgeber miteinbeziehen. Wir wollten also ein Sparpaket schnüren, bei dem sich alle am Sparen beteiligen müssen und sollen. Sie haben übrigens damals geschrien: zu wenig, zu langsam; es hätte viel früher kommen und viel mehr sein müssen. Jetzt sehen wir: Es hat gewirkt. Wir sind erfolgreich. Das straft alle Ihre Bemerkungen von damals Lüge. Christlich-liberale Gesundheitspolitik ist solide, verlässlich und planbar, und sie hat gute Ergebnisse, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wir müssen aber ein bisschen aufpassen – insofern führen wir eine Art Luxusdebatte; der Begriff ist gar nicht so schlecht –, dass wir nicht übermütig werden. Das gilt auch für die Forderungen, die mittlerweile an vielen Stellen im Raum stehen. Da ist die Pharmaindustrie. Als ich vor kurzem an einer Podiumsdiskussion teilgenommen habe, hat Malu Dreyer, die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin, gesagt, wir sollten die Belastungen der Pharmaindustrie zurückfahren. Das war für mich eine interessante Erkenntnis. Herr Lauterbach fordert an verschiedenen Stellen, den Krankenhäusern wieder mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Von verschiedenen Leistungserbringern wird immer wieder die Forderung erhoben, wieder mehr Geld zu bekommen. Sie von der Linkspartei fordern sowieso in Ihren Anträgen ständig höhere Ausgaben. Andere fordern die ersatzlose Abschaffung der Praxisgebühr. Es ist übrigens ganz spannend, festzustellen, dass einige derjenigen, die die Abschaffung der Praxisgebühr fordern, bei anderen Gelegenheiten nach mehr Eigenbeteiligung und mehr Zuzahlung schreien. Wie das alles zusammenpassen soll, weiß ich nicht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Wir jedenfalls stehen für eine solide Finanzlage. Wir wollen die gute Finanzlage nicht gefährden. Die Rücklagen des Gesundheitsfonds sind im Übrigen nicht so groß, dass man sie als übermäßig bezeichnen könnte. Sie reichen insgesamt nur, um die Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung für wenige Tage zu decken. Jede gute Hausfrau und jeder gute Hausmann weiß, dass eine Rücklage für wenige Tage nicht besonders viel ist. Wir stehen für Solidität und wollen diese Rücklage für schlechte Zeiten erhalten. Wir sollten nicht annehmen, dass die Zeiten in Deutschland nicht schlechter werden könnten, wenn sich die Weltwirtschaft nicht mehr so gut entwickelt. Wir sollten diese Rücklage aufheben und so für solide Finanzen sorgen. Das ist unser Markenkern als Union. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Noch kurz eine Bemerkung zum Wettbewerb, den der Kollege Lauterbach angesprochen hat. Anders verhält es sich mit den Rücklagen der gesetzlichen Krankenkassen. Der Gesundheitsfonds verfügt über eine Rücklage in Höhe von etwa 9 Milliarden Euro. Diese sind für schlechte Zeiten; dafür sind sie da. Auch einzelne Krankenkassen verfügen über sehr hohe Rücklagen. Aber Krankenkassen sind keine Sparkassen. Diese Rücklagen sind – da haben Sie recht – das Geld der Versicherten. Der Wettbewerb, den wir bei Preis und Qualität wollen, findet über die Zusatzbeiträge, aber auch über die Ausschüttung von Prämien statt. Deswegen ist und bleibt unsere Erwartungshaltung, dass die Krankenkassen, die in der Lage sind, Prämien auszuschütten, dies im Interesse ihrer Versicherten tun, gerade damit Wettbewerb durch den Preis ermöglicht wird. (Beifall bei der CDU/CSU) Wir stehen als christlich-liberale Koalition für solide Finanzen. Wir stehen für Verlässlichkeit und Planbarkeit gerade bei den finanziellen Rahmenbedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Das ist auch für die Patienten wichtig; denn nur bei soliden Finanzen stehen ihnen in Zukunft vergleichbare Leistungen zur Verfügung. Wir stehen für einen Wettbewerb im Interesse der Versicherten. Darunter können wir einen Strich ziehen und sagen: Alles ist erreicht. Das ist Ausdruck erfolgreicher christlich-liberaler Gesundheitspolitik. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Bärbel Bas für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Bärbel Bas (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Spahn, ich habe Ihrer Rede sehr wohl gut zugehört. Solidität ist sicherlich wichtig; das halte ich für einen richtigen Standpunkt. Aber ich frage mich dann, was Ihr Gesundheitsminister macht. Er hat doch letztendlich die Debatte losgetreten, was mit den Überschüssen geschehen soll. (Beifall bei der SPD) Er hat doch die Krankenkassen angeblich aufgefordert, Prämien zu zahlen. Dabei könnte er selber als Gesundheitsminister – das wollen wir einmal festhalten – den Beitragssatz per Verordnung senken, wenn er meint, dass er zu viel in der Kasse hat. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Nein, Gesetz!) – Ja, aber das hätte er machen können, wenn er zu viel Geld hat und nicht weiß, was er damit machen soll, und vorschlägt, die Krankenkassen könnten Prämien zahlen. Sie wissen aber ganz genau, dass das Geld – das haben Herr Spahn und Herr Singhammer bestätigt – unter den Krankenkassen nicht gleichmäßig verteilt ist. Sie haben keine Beitragssenkung gefordert, weil Sie genau wissen, dass dann die Gefahr einer Erhebung bzw. Erhöhung von Zusatzbeiträgen besteht. Alle, die sich mit der Finanzpolitik im Gesundheitsbereich auskennen, wissen, dass es in einem Jahr ein Defizit geben, dass es aber ein Jahr später aufgrund der Entwicklung der Gesetze ganz anders aussehen kann. Auch hier hat Herr Singhammer vollkommen recht. Ich frage mich, warum der Gesundheitsminister das nicht erkennt und sich nicht freut, dass die Finanzlage ganz stabil ist. (Lars Lindemann [FDP]: Wir freuen uns doch!) – Eben nicht. – Sie rennen durch das Land und fordern den Finanzminister sogar auf, das Geld einzusammeln. Soll ich Ihnen sagen, welche Strategie dahintersteckt? Ich persönlich glaube, dass das mit Absicht geschieht, damit 2 Milliarden Euro für die Realisierung Ihrer wahlkampftaktischen Steuersenkungsfantasien freigesetzt werden. Um diese gegenzufinanzieren, holen Sie sich das Geld aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Das nenne ich eine ganz perfide Wahlkampfstrategie. (Beifall bei der SPD) Ich sage Ihnen auch: Die Wählerinnen und Wähler werden das bei den nächsten drei Wahlen honorieren; denn sie erkennen, dass das, was Sie hier betreiben, eine Spielerei auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Wir werden das Geld nämlich spätestens im nächsten Jahr und in den Folgejahren dringend brauchen können. Wenn die Rücklagen jetzt zu hoch sind, dann kann man die Gelder durchaus an andere Stellen im System lenken. Schauen wir uns die standardisierten Leistungsausgaben an. Wenn wir wirklich wollen, dass das Geld bei den Menschen ankommt, die schwer krank sind, und wenn wir wollen, dass die Kassen ihre Ausgaben an dieser Stelle bestreiten können, dann sollten wir an den Richtlinien zum Morbi-RSA arbeiten. Der Beirat hat Ihnen Vorschläge gemacht, wie das Geld dorthin gesteuert werden kann, wo es hingehört. Die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler zahlen nämlich ihre Beiträge dafür, dass die Kassen die Leistungen bezahlen können. Aber da wollen Sie nicht heran. (Beifall bei der SPD) Sie haben den Finanzminister aufgefordert, die 2 Milliarden Euro zu entnehmen. Ich sage ganz deutlich: Es ist eine unverantwortliche Politik, die Sie betreiben und die Sie im ganzen Land propagieren. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: So ein Quatsch!) Diese 2 Milliarden Euro waren für die Kopfpauschale gedacht, die Sie jetzt aber scheuen wie der Teufel das Weihwasser; sonst würden Sie den Beitrag senken. Sie haben Angst, dass die Kassen Zusatzbeiträge erheben müssen, was sich im Wahljahr negativ für Sie auswirken würde. Der Finanzminister hat sowieso schon seinen Kuckuck auf die 2 Milliarden Euro geklebt, Stichwort „Versorgungsstrukturgesetz“. Was durch das sogenannte Landärztegesetz an Belastungen auf uns zukommt, wissen wir heute noch gar nicht. (Zuruf von der FDP: Sind Sie dagegen?) – Ich bin nicht dagegen, aber Ihr Minister hat gefordert, Prämien auszuzahlen. Dafür aber haben wir kein Geld. Wir brauchen das Geld für andere Dinge. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Sie sollten Ihre Spielchen und Ihre Schein- und Schattendebatten, die Sie in Ihrer Koalition führen, sein lassen. Ich wäre dafür, dass die heutige Debatte der Schlusspunkt ist; denn wir werden das Geld noch dringend brauchen. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Ja, was denn jetzt?) Ich halte es für eine vernünftige und solide Politik, auf ein Beitrags-Jo-Jo zu verzichten. Man sollte vorausschauend agieren, das Geld im System, etwa zum Morbi-RSA, umlenken und etwas für die Patienten tun. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Herr Lauterbach sagt das Gegenteil!) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Bundesminister Daniel Bahr. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Daniel Bahr, Bundesminister für Gesundheit: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben eine Debatte, um die mich viele meiner Vorgängerinnen und Vorgänger sehr beneidet hätten. (Beifall bei der FDP) Dass ein Gesundheitsminister Überschüsse verteidigt und eine Diskussion erleben muss, was man mit den Überschüssen in der gesetzlichen Krankenkasse macht, haben meine Vorgängerinnen und Vorgänger nicht erlebt. Insbesondere die Vorgängerin von der SPD war in einer ganz anderen Situation. 2003, als Rot-Grün regiert hat, hatten wir einen Rekordschuldenstand in der gesetzlichen Krankenversicherung von über 8 Milliarden Euro. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Hört! Hört!) 2009, als die christlich-liberale Koalition die Verantwortung auch für die Gesundheitspolitik übernommen hat, drohte uns ein Defizit für das Jahr 2009 von 9 Milliarden Euro, für das Jahr 2011 sogar von 11 Milliarden Euro. Es ist Ihnen von SPD und Grünen gar nicht bekannt, dass man solide wirtschaften kann. Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen ist heute solide, die Menschen erleben Verlässlichkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deswegen ist es in der Tat eine Luxusdebatte, die wir hier führen. Ich muss über die eine oder andere Prognose, die hier geäußert wurde, schmunzeln. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass Herr Lauterbach mit seinem Institut vor einem Jahr, im März 2011, prognostiziert hat, dass die durchschnittlichen Zusatzbeiträge im Jahr 2012 bei 21 Euro und im Jahr 2013 bei 33 Euro liegen würden. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Ist das das Institut in Köln?) Ich will daran erinnern, in welcher Situation wir sind. Die Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung sind so solide, dass wir voraussichtlich keinen durchschnittlichen Zusatzbeitrag in diesem und auch nicht im nächsten Jahr erleben werden. Das spricht für diese -Koalition und die Verlässlichkeit von Schwarz-Gelb. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, merken selbst, dass Ihre Debatte gar nicht richtig zündet. Sie wissen selbst nicht einmal, was Sie von uns fordern sollen. Frau Bas empfehle ich, ihr eigenes Interview im Deutschlandradio von vor einem Monat nachzulesen. Sie selbst haben gesagt, dass auf die Rücklagen der Krankenkassen überhaupt nicht zugegriffen und die gute Wirtschaftslage nicht genutzt werden darf, um irgendwelche anderen Dinge zu finanzieren. Herr Kollege Lauterbach hat gerade die Abschaffung der Praxisgebühr gefordert. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Aha!) Die Kollegen von den Grünen sprechen in einem vielstimmigen Chor. Frau Bender fordert die Abschaffung der Praxisgebühr, Herr Trittin fordert eine Senkung der Beitragssätze, (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn die Kassen entscheiden könnten, wäre das automatisch!) und Frau Künast fordert, dass das Geld in das Finanzministerium transferiert werden soll. Sie wissen als Opposition selbst nicht, was aus Ihrer Sicht das Richtige ist. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deswegen sagen wir als Koalition: Die Menschen können sich darauf verlassen, dass wir für solide Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung sorgen, mit Augenmaß Entscheidungen treffen und dort, wo Spielraum ist, diesen Spielraum für die Entlastung der Versicherten und Patienten nutzen. Dazu tragen wir mit unseren Entscheidungen auch bei. Herr Lauterbach, Sie haben von Nordrhein-Westfalen gesprochen. Ich will hier keinen Wahlkampf machen. (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach nee!) Aber dass wir von SPD und Grünen keine Vorschläge dazu brauchen, wie man mit Finanzen umgeht, zeigt ein Blick nach Nordrhein-Westfalen, wo wir Schuldenkönige erleben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – -Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das wurde vom dortigen Verfassungsgericht attestiert. Der Überschussminister in der Gesundheitspolitik scheut den Vergleich mit den Schuldenkönigen in Nordrhein-Westfalen nicht. Ich verweise auch auf Ihre Haltung zu dem Versorgungsstrukturgesetz, mit dem wir richtige Entscheidungen zur Abwendung eines drohenden Ärztemangels treffen, weil wir gezielt Investitionen nutzen wollen, um die Versorgung der Menschen gerade in der Fläche zu verbessern. (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Ihre Reaktion zeigt mir, dass diese Kritik in Bezug auf Nordrhein-Westfalen Sie sehr zu treffen scheint. Das scheint ja ein wunder Punkt zu sein. Das Versorgungsstrukturgesetz zeigt, dass wir Entscheidungen treffen, um die medizinische Versorgung der Menschen in Deutschland deutlich zu verbessern, (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Sind Sie für oder gegen die Praxisgebühr?) ohne dabei den Blick dafür zu verlieren, dass dies auch alles finanzierbar und vor allem durch eine solide wirtschaftliche Lage der gesetzlichen Krankenversicherung gewährleistet sein muss. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Sind Sie jetzt für oder gegen die Praxisgebühr? Zur Sache!) Deswegen sagen wir auch, dass im Gesundheitsfonds in der Tat mehr Gelder liegen, als gesetzlich vorgeschrieben sind. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Dann schaffen Sie die Praxisgebühr ab!) Wir haben eine Liquiditätsreserve, die weit oberhalb der gesetzlichen Vorgaben ist. In der Vergangenheit wurden die gesetzlichen Vorgaben von Rot-Grün immer wieder aufgeweicht, wenn die wirtschaftliche Lage schwierig oder es politisch opportun war. Wir sorgen dafür, dass ein Puffer über die gesetzlich vorgegebene Reserve hinaus erhalten bleibt, (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Für oder gegen die Praxisgebühr?) weil wir wollen, dass die gesetzliche Krankenversicherung bei der nächsten Konjunkturdelle nicht gleich wieder in Probleme gerät, sondern solide finanziert ist, -damit die Menschen Planbarkeit im Bereich des Gesundheitswesens erfahren können. (Beifall bei der FDP – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Sind Sie dafür oder dagegen?) Zudem ist die Lage der Krankenkassen unterschiedlich. Wir haben Krankenkassen, die viel Geld auf dem Konto haben. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Dafür oder -dagegen?) Über 30 Krankenkassen könnten ihren Versicherten wahrscheinlich Prämien auszahlen, ohne dass es ihre -finanzielle Stabilität infrage stellt. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Zur Praxis-gebühr!) Neun Krankenkassen machen das derzeit, zahlen Prämien von bis zu 100 Euro pro Jahr an ihre Versicherten aus. Viel mehr Krankenkassen könnten das tun. Ich fordere deshalb diejenigen gesetzlichen Krankenkassen, die mehr Geld auf ihrem Konto haben als gesetzlich vorgeschrieben, auf, diesen Spielraum auch zu nutzen, damit wir Wettbewerb zwischen den Krankenkassen, der ja nötig ist, erleben (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Für die Praxis-gebühr?) und damit die Versicherten sehen, ob eine Krankenkasse mit den Pflichtbeiträgen solide gewirtschaftet und geringe Verwaltungskosten hat oder eben nicht solide gewirtschaftet hat. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen genau, dass das erfolglos ist!) Diesen Wettbewerb zwischen gesetzlichen Krankenversicherungen können wir im Interesse der Versicherten gut gebrauchen. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Könnten die Kassen selbst entscheiden, gäbe es Wettbewerb!) Deswegen fordern wir die gesetzlichen Krankenkassen auf, diesen Spielraum auch zu nutzen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Zur Praxisgebühr, Herr Bahr!) Darüber hinaus gibt es auch Spielraum für Leistungsverbesserungen. Und es gibt keine Begründung, warum gesetzliche Krankenkassen über die vorgegebenen Reserven von 0,25 Monatsausgaben hinaus häufig bis zu zwei und mehr Monatsausgaben auf ihrem Konto haben. Krankenkassen sind keine Sparkassen. (Beifall bei der FDP) Krankenkassen sollen das Geld der Versicherten für Leistungsverbesserungen einsetzen oder für eine Entlastung der Patientinnen und Patienten und der Versicherten. Das ist solide Politik, wie wir sie von den Krankenkassen explizit einfordern. Wenn es darüber hinaus Spielraum gibt, dann ist es doch berechtigt, im politischen Raum, im Bundestag, darüber zu diskutieren, ob eine Praxisgebühr, die ihren Sinn und Zweck, nämlich die Zahl der Arztbesuche zu reduzieren, nicht mehr erfüllt, noch gerechtfertigt ist oder ob man nicht zu besseren Lösungen, auch zu Entlastungen von Patientinnen und Patienten, kommen kann. (Beifall bei der FDP) Deswegen ist es berechtigt, dass diese Diskussion geführt wird. Ich sage auch klipp und klar: Der Auftrag laut Koalitionsvertrag ist es, die Praxisgebühr zu überprüfen. Die Koalition fühlt sich diesem Auftrag verpflichtet. Wir werden in diesem Jahr in Ruhe darüber debattieren, wie wir es besser machen können, was die Bürokratie angeht. Die unbürokratischste Regelung wäre sicherlich der Verzicht auf die Praxisgebühr. Aber alles hängt mit allem zusammen. Wir werden die Debatte zunächst in der Koalition führen und uns auf den Klamauk nicht einlassen, den die Linken oder die SPD hier mit Schauanträgen machen. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Die Unterschriftensammlung in Schleswig-Holstein!) Sie lenken mit Klamauk und Aktionismus davon ab, (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Was ist denn mit Schleswig-Holstein? Da ist der Klamauk!) dass Sie selbst nicht in der Lage sind, für solide Finanzen in der gesetzlichen Krankenversicherung, für ein planbares und verlässliches Gesundheitswesen zu sorgen. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: -Richtig!) Darauf fallen wir nicht herein, sondern wir treffen die Entscheidung nach kluger und ruhiger Beratung. Das werden wir innerhalb der Koalition machen. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Schleswig-Holstein! Wählerverarschung!) Die Entscheidungen stehen an. Wir werden dieses Jahr nutzen und in erster Linie dafür sorgen, dass die Menschen sich darauf verlassen können, dass die Gesundheitsversorgung auch in den kommenden Jahren gewährleistet ist und dann nicht schon wieder eine Einsparung vollzogen werden muss. Wenn es jedoch Spielraum gibt, werden wir ihn nutzen und damit eine Entlastung von Versicherten und Patienten gewährleisten; denn in erster Linie ist das Geld, das in der Krankenversicherung ist, das Geld der Beitragszahler, der Versicherten und Patienten. Für diese muss es verwandt werden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Steffen-Claudio Lemme für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Steffen-Claudio Lemme (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Bahr, Frau Staatssekretärin Mauz, ich muss zunächst einmal mit dem hier immer wieder aufgebauten Lügengebäude aufräumen und mit der immer wieder vorgebrachten Legende brechen, wir hätten 2009 ein Defizit in Höhe von 10 Milliarden Euro hinterlassen. Mir liegen aus dem Hause Bahr offizielle Statistiken vor – ich gebe sie Ihnen nachher auch gerne –: Danach endete das Jahr 2009 mit einem Einnahmeüberschuss in Höhe von 1,42 Milliarden Euro. (Beifall bei der SPD – Iris Gleicke [SPD]: Hört! Hört!) Sie bekommen das gleich direkt, um das entsprechend nachlesen zu können. Nun zur Debatte. Seit gut vier Wochen liegen die Prognosen auf dem Tisch: rund 20 Milliarden Euro Rücklagen bei den Kassen und beim Gesundheitsfonds bis einschließlich 2013. Das ist durchaus beachtlich. (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Kaum gibt es etwas zu verteilen, ziehen sich diejenigen die Spendierhosen an, die mit dem Rücken zur Wand stehen. Ja, ich meine Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP. (Lars Lindemann [FDP]: Wir machen das -immer dann, wenn die Kassen voll sind! – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Wir haben die Praxisgebühr ja nicht eingeführt!) Ich sage Ihnen: Ihre Strategie wird von den Versicherten durchschaut. Jetzt, wo Sie sich in politischer Bedrängnis befinden, versuchen Sie, die gesetzliche Krankenversicherung zur Melkkuh Ihres Wahlkampfes zu machen. Sie wollen das Solidarsystem damit weiter untergraben, aber das wird Ihnen nicht gelingen. Wir alle haben in den letzten zweieinhalb Jahren doch gesehen, wie Gesundheitspolitik mit schwarz-gelber Handschrift aussieht. (Zuruf von der CDU/CSU: Gut!) Ich nenne das Wichtigste hier noch einmal in Kürze: Erstens: Beitragserhöhung ohne den Versuch der Hebung von Effizienzreserven im System. Zweitens: Ausweitung der Regelung zu den Zusatzbeiträgen. Drittens: Entsolidarisierung der Finanzierung durch das Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge und durch Verabschiedung von der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung. Viertens: ein Versorgungsstrukturgesetz, das sich wesentlich nur an den Einkommen der Ärztinnen und Ärzte orientiert. Das ist die Bilanz Ihrer Politik, die vor allem die Schwächsten in unserer Gesellschaft am härtesten getroffen hat. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Stefanie Vogelsang [CDU/CSU]) Nun, wo sich die Debakel in Kiel, Saarbrücken und Düsseldorf bereits am Horizont abzeichnen, soll es mal eben ans Verteilen gehen. Sie sind doch diejenigen, die immer mit dem Damoklesschwert sinkender Einnahmen durch konjunkturelle Abkühlung drohen. Nun deutet sich am Horizont eine solche Situation an, und trotzdem wollen Sie am liebsten unsolide Politik machen. Ich gebe Ihnen völlig recht, wenn Sie sagen: Die Rücklagen gehören den Versicherten. – Ja, sie haben sie mit ihren Beiträgen aufgebracht. Da heißt es, mit Augenmaß an die Sache heranzugehen, die kommenden Jahre in den Blick zu nehmen und nicht nur auf die nächsten Wahltermine zu schauen. Denn was passiert, wenn sich die Einnahmesituation der gesetzlichen Krankenversicherung konjunkturbedingt verschlechtert? (Jens Spahn [CDU/CSU]: Ja, eben!) Wir alle wissen doch, dass Rücklagen in dieser Größenordnung bei jährlichen Gesamtausgaben von rund 186 Milliarden Euro schmelzen werden wie Butter in der Sonne. (Rudolf Henke [CDU/CSU]: Was denn jetzt? – Jens Spahn [CDU/CSU]: Ja, eben!) Und was droht den Versicherten im Falle von Defiziten? Richtig: Ihre unsolidarischen Zusatzbeiträge – mehr nicht. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Aber die Praxis-gebühr brauchen wir dann doch!) Meine Fraktion blickt mit Geschlossenheit in die Zukunft. (Lachen bei der CDU/CSU – Rudolf Henke [CDU/CSU]: Mit geschlossenen Augen! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie von der SPD widersprechen sich in drei Reden dreimal!) Statt an dem Hin und Her bei der Finanzierung festzuhalten, müssen wir zu echten Strukturreformen kommen. Unser Weg heißt: mehr Solidarität – und nicht weniger, wie es Ihr Weg ist. Unsere Bürgerversicherung wird ab 2013 echte Spielräume, aber vor allem mehr Gerechtigkeit schaffen. (Lachen der Abg. Christine Aschenberg--Dugnus [FDP]) Das schließt so unbeliebte Regelungen wie die Praxis-gebühr mit ein. Ich betone, dass wir als SPD auch in Zukunft an einer hausarztzentrierten Versorgung und der Lotsenfunktion der Allgemeinmediziner festhalten werden. Die bestehende Regelung zur Praxisgebühr, die wir im Übrigen der Haltung der Union im Vermittlungsausschuss zu verdanken haben, (Jens Spahn [CDU/CSU]: Immer sind es die anderen!) hat ihr ursprüngliches Ziel der Reduzierung der Zahl von Arztbesuchen und daraus folgender Einsparungen im System leider nicht erreicht und ist daher überholt. Für mich zählt in diesem Zusammenhang, dass diejenigen, die beispielsweise durch prekäre Beschäftigung nur über ein geringes Einkommen verfügen oder von Altersarmut bedroht sind, nicht davon abgehalten werden dürfen, zum Arzt zu gehen. Denn eines wissen alle genau: Werden Krankheiten verschleppt, schadet das nicht nur dem Patienten; vielmehr muss die Gemeinschaft der Versicherten die Kosten von möglichen Folgeerkrankungen tragen. Das können wir alle gemeinsam nicht wollen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Willi Zylajew für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Willi Zylajew (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst einmal festhalten, dass aus meiner Sicht kein vernünftiger Mensch die Aufgeregtheit der SPD bei diesem Thema verstehen kann. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Wir sind doch nicht aufgeregt!) Noch weniger ist zu verstehen, dass eine Fraktion, die jahrelang Verantwortung im Gesundheitswesen hatte, eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema anmeldet. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Wir sind doch die Ruhe selbst!) Halten wir nüchtern fest: Die Lohnnebenkosten liegen derzeit unter 40 Prozent, bei 39 Prozent. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Gerd Schröder!) – Das sehen manche in Ihrer Fraktion anders, Herr -Lauterbach. Werden Sie sich da einig, und dann sagen Sie uns Bescheid. – 39 Prozent ist die Zahl, die den Arbeitnehmer in erster Linie interessiert. Wir hatten schon Zeiten, in denen die Sozialversicherungsbeiträge bei 41 Prozent, also extrem hoch, lagen. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Helmut Kohl!) – Ich glaube, das ist eher die Zeit Ihres Kollegen Schröder und anderer gewesen, als Sie noch Berater in der Politik waren. Da hatten sie das erreicht, Herr Professor -Lauterbach. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Da war es -besser!) Die Kassen der Sozialversicherung waren trotz extrem hoher Beiträge leer, und sie waren nicht nur leer, sondern wir hatten Milliarden Schulden. Dafür gab es auch Gründe. Falsche politische Beratung war sicherlich eine Ursache. Außerdem wurde Systemausbeutung nicht verhindert. Es gab Fehlentwicklungen und Fehlanreize in Teilen dieser Branche. Darüber hinaus war auch die Arbeitslosenzahl eine andere; das gestehe ich Ihnen gerne zu. Werter Professor Lauterbach, Sie haben doch eben schon gehört, wie falsch Ihre Prognosen von vor einem Jahr waren. Ich vermute, Ihre heutigen sind auch nicht besser. Ich weiß nicht, auf welchen Apparat Sie da zurückgreifen können und zurückgreifen. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Kristall-kugel!) Aber hilfreich sind die Dinge aus meiner Sicht nicht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Gegenruf der Abg. Mechthild Rawert [SPD]: Spärlicher Beifall!) – Mit spärlichem Beifall komme ich auch zurecht. (Heiterkeit bei der CDU/CSU) Wir haben die meisten Dinge gegen Sie durchsetzen müssen. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: So ist es!) Wir haben letztendlich – Kollegin Bender, auch dies sollte man sagen, um deutlich zu machen, dass wir nicht horten – Überschüsse erwirtschaftet und brauchen keinen Sozialausgleich. Die Beiträge sind verkraftbar. Sie liegen bei 39 Prozent. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Mehr netto vom Brutto! – Gegenruf des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE]: Mehr „nutto vom Bretto“!) Damit können wir die Leistungen, die wir verbessert haben, verlässlich finanzieren. Wir können darüber hinaus auch noch überlegen, wie man in anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei der Haushaltsversorgung, zu Verbesserungen kommen kann. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wir brauchen dazu eine verlässliche Finanzierung. Diese ist gegeben, aber Sie wird von Ihnen attackiert. Kollege Lauterbach, wenn man Ihren Vorschlägen – also denen des Beraters Lauterbach, des Wissenschaftlers Lauterbach oder des Abgeordneten Lauterbach; die sind ja manchmal unterschiedlich – folgen würde, dann müssten wir uns den Kopf darüber zerbrechen, was wir im Falle von leeren Kassen tun. Da ist aber nicht nötig. Wie mir vorhin auffiel, sitzen heute Nachmittag auf der Zuschauertribüne besonders viele junge Leute. Diese erwarten von uns, dass wir Rücklagen bilden und Reserven ansparen. Sie erwarten, dass wir die Sozialversicherung (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Sie erwarten, ein gescheites Gesundheitssystem übernehmen zu können!) – richtig! – gescheit organisieren. Dazu gehört, dass die in diesem Bereich Tätigen vernünftig bezahlt werden und dass die Menschen die notwendigen Hilfen bekommen. All dies können wir schaffen, aber nur deshalb, weil wir eine richtige und vernünftige Politik machen und weil wir die Sozialversicherungssysteme so fahren, dass sie leistungsstark, wirtschaftlich stabil und auch effizient sind. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr gut!) In diesem Sinne wollen wir weiter arbeiten. Und da zerbrechen wir uns auch gern den Kopf darüber, was wir mit Überschüssen machen. Im Zweifelsfall lassen wir sie eine Zeitlang unangetastet. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Nein! Herr Schäuble will es haben!) Kollege Singhammer hat dazu sehr klar Position bezogen. Damit sind wir der Garant für eine vernünftige Sozialpolitik. Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – -Harald Weinberg [DIE LINKE]: Dann pfeifen Sie Ihren Finanzminister zurück!) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Edgar Franke für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Dr. Edgar Franke (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben schon gehört, wie hoch die Überschüsse sind. Aber wir haben auch – das fand ich interessant, Herr Singhammer und Frau Aschenberg-Dugnus – unterschiedliche Zahlen dazu gehört, wie die Situation vor zwei, drei Jahren aussah. Was Sie behaupten, ist wirklich eine Mär. Herr Minister, ich kann dem Kollege Lemme nur zustimmen – er hat auch mir das Papier, aus dem er zitiert hat, gegeben –: Vor zwei Jahren hatten wir in der GKV 2 Milliarden Euro Rücklagen und keine 10 Milliarden Euro Miese. Andere Zahlen sind einfach nicht wahr. (Beifall bei der SPD) Herr Singhammer, wem sind diese Rücklagen gerade in der gesetzlichen Krankenversicherung geschuldet? Wer hat dafür gesorgt? Diese Rücklagen sind durch die Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Regierung ermöglicht worden; (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: So ist es! Gerd Schröder! – Rainer Brüderle [FDP]: Die SPD kennt Schröder doch gar nicht mehr!) denn diese haben dafür gesorgt, dass wir so viel Beschäftigung haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Wir sind vielfach für diese Arbeitsmarktreformen kritisiert worden. (Rainer Brüderle [FDP]: Warum schämt ihr euch heute wegen der Reformen?) Aber sie sind die Ursache dafür, dass wir heute eine solch gute wirtschaftliche und Arbeitsmarktlage in Deutschland haben. (Rainer Brüderle [FDP]: Bekennt euch doch zu Schröder!) – Herr Fraktionsvorsitzender Brüderle, man darf Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Sie haben den Sachverhalt im Grunde genommen nicht richtig dargestellt. Was machen wir jetzt mit den Überschüssen? Ich habe einige Äußerungen mitgeschrieben. In der Debatte wurden vier Vorschläge gemacht: Der erste Vorschlag war, den Versicherten das Geld zurückzugeben. Der zweite Vorschlag war, den Beitrag zu senken. Der dritte Vorschlag war, die Praxisgebühr abzuschaffen, und der vierte Vorschlag war, alles so zu belassen, wie es ist. Der vierte Vorschlag wird von Teilen der Koalition favorisiert, vom Minister anscheinend auch. Aber das würde bewirken, dass Sie weiterhin nur Klientelpolitik für Ihre Leute machen. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Nein! Klientelpolitik für die Versicherten, für die -Patienten!) Das heißt, bestimmte Facharztgruppen würden Sie weiter beglücken. Das wäre die Konsequenz, wenn man das Geld im System belassen würde. Das Geld in Form von Prämien, die die Kassen zahlen müssten, den Versicherten zurückzugeben – das hat der Minister vorgeschlagen –, ist nicht realistisch. Denn die Kassen werden nichts auszahlen, weil sie Angst davor haben, Zusatzbeiträge zu erheben. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!) Was passiert denn, wenn eine Kasse Zusatzbeiträge verlangt? Diese Beiträge müssen von den Arbeitnehmern allein gezahlt werden; sie erscheinen nicht auf dem Lohnzettel. Das würde sofort zu Konsequenzen für die Kasse führen. Herr Minister, wenn man Wettbewerb will, dann müsste man politisch in eine ganz andere Richtung gehen: Man müsste die Beitragsautonomie der Kassen wiederherstellen, um wirklichen Wettbewerb zu erreichen. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen wir ja!) Das wäre vielleicht auch etwas für die FDP, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Eine Beitragssenkung von 0,1 Prozentpunkten entspricht 1 Milliarde Euro. Ich glaube, es ist nicht realistisch, hier zielgenau vorgehen zu können. Ich glaube, realistisch ist der Vorschlag, die Praxisgebühr wieder abzuschaffen. Das wäre ein Akt der Wiederherstellung der vollen Parität zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in der Krankenversicherung. Vielfach ist bereits gesagt worden, dass die Praxisgebühr nicht die Steuerungsfunktion hat, die sie haben sollte. Sie ist allein ein Finanzierungsinstrument; sie bringt knapp 2 Milliarden Euro. Es gibt aber auch andere Gründe für deren Abschaffung. Es sollen nicht nur Kranke und Einkommensschwache entlastet werden. Vor allen Dingen müssen wir – das hat Frau Aschenberg-Dugnus gesagt – die Bürokratie- und Verwaltungskosten bei den Ärzten abbauen. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das wusstet ihr aber schon, als ihr an der Regierung wart!) Insofern ist die Abschaffung der Praxisgebühr eine realistische Alternative. Sie ist allerdings nur dann eine Alternative – das sage ich an die Linken gerichtet –, wenn man das ordentlich und seriös gegenfinanziert. Wir brauchen eine Finanzierung, mit der die wegfallenden 2 Milliarden Euro kompensiert werden. Wir als Sozialdemokratinnen und So-zialdemokraten sagen: Wir müssen das gegenfinanzieren mit Beitragsautonomie, mit einer nominellen Parität, letztlich mit einer Bürgerversicherung, die bewirkt, dass wir mehr Einnahmen erzielen. Das ist der Weg. (Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Und wer bezahlt das?) Beitragsautonomie heißt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer denselben Beitrag zahlen. Bürgerversicherung heißt, dass alle grundsätzlich nach denselben Kriterien in ein System einzahlen, egal in welcher Versicherung sie sind. Das ist eine Form, mit der wir nachhaltig und zukunftsfähig eine Krankenversicherung finanzieren, die eine bessere Qualität hat und wirtschaftlicher ist. Selbst Herr Spahn, der gerade nicht anwesend ist, hat mehrfach in Interviews gesagt, dass er für die private Krankenversicherung in diesem Sinne keine Zukunft sehe. Die Bürgerversicherung ist eine Versicherung, die den Interessen der Patientinnen und Patienten am ehesten entspricht. Danke schön. (Beifall bei der SPD) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Erwin Lotter für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP) Dr. Erwin Lotter (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei den Kolleginnen und Kollegen der SPD ganz herzlich für die Gelegenheit bedanken, hier über die Erfolge der christlich-liberalen Gesundheitspolitik sprechen zu können. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Aus einem drohenden Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung von 11 Milliarden Euro bei der Regierungsübernahme vor zweieinhalb Jahren haben wir mit guter Gesundheits-, aber auch mit hervorragender Wirtschaftspolitik einen Überschuss von knapp 20 Milliarden Euro erzielt. Nur deshalb können wir diese Diskussion hier und heute überhaupt führen. (Beifall bei der FDP) Wie wollen wir nun mit den Überschüssen umgehen? Für uns ist eindeutig, dass wir die gute Lage der Kassen nicht dazu nutzen wollen, die Ausgaben zu erhöhen. Die Lage ist ja auch deshalb so gut, weil wir gespart haben. Also schauen wir uns lieber die Einnahmeseite an. Selbstverständlich – da sind wir uns alle einig – müssen wir Rücklagen bilden, im Gesundheitsfonds und bei den einzelnen Kassen. Die christlich-liberale Koalition steht auch im Gesundheitssystem für eine solide Haushaltspolitik. Deshalb müssen wir natürlich sinnvoll wirtschaften und langfristig planen. Dennoch gilt für uns der Grundsatz: Krankenkassen sind keine Sparkassen. (Beifall bei der FDP) Die erwirtschafteten Überschüsse der Krankenkassen stammen aus Beitragszahlungen und gehören den Ver-sicherten. Es gibt viele Möglichkeiten; wir werden sie jetzt in aller Ruhe diskutieren. Wir freuen uns auch auf Ihre Vorschläge. Eine Möglichkeit, die der Minister angeregt hat, ist die Prämienausschüttung von Kassen mit großen Reserven. Die Kassen sollen ihre Chance auf Teilnahme am Wettbewerb annehmen, um attraktiver zu werden und weitere Kunden anzuwerben. Über 9 Milliarden Euro haben sich als Überschuss im Gesundheitsfonds angesammelt. Davon ist ein Teil gesetzlich, auch als Mindestreserve, gebunden. Die gute Konjunktur und aktuelle Lohnsteigerungen werden mittelfristig für ein weiteres Ansteigen der Überschüsse sorgen. Damit haben wir genügend politischen Spielraum, um die von Rot-Grün im Jahr 2004 eingeführte Praxis-gebühr abzuschaffen. (Beifall des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD]) Herr Kollege Weinberg, jetzt aber mit einem Schaufensterantrag einen Keil in die Koalition treiben zu wollen, das bezeichne ich als Klamauk. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Der Antrag ist völlig ernst gemeint!) Wir können gerne auf sachlicher Ebene weiterdiskutieren. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Nein, er ist völlig ernst gemeint!) Es gibt gute Gründe für eine Abschaffung der umstrittenen Gebühr. Die Praxisgebühr ist eine unsoziale Vorkasse, von SPD und Grünen eingeführt. (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der FDP: Abkassieren, bevor es Leistungen gibt! – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Horst Seehofer!) Das mit der Einführung dieser zusätzlichen Krankenkassengebühr verbundene Ziel einer Steuerungswirkung wurde schlicht verfehlt. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Gurkentruppe!) Geblieben ist der bürokratische Mehraufwand. Die komfortable finanzielle Ausstattung der Kassen belegt, dass etwaige Mehreinnahmen aus der Praxisgebühr nicht generiert werden müssen. Die kosten- und zeitintensive Verwaltungsarbeit ist nicht zu rechtfertigen. Gute medizinische Leistung verlangt Zeit für den Patienten, nicht für seine „administrative Verarztung“. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Na also! Weg -damit!) Die Praxisgebühr ist den Menschen in Deutschland bei den momentanen Überschüssen in Milliardenhöhe nicht mehr vermittelbar. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Der bürokratische Aufwand ist gewaltig. Allein die Verwaltung und das Mahnwesen für die Praxisgebühr belaufen sich Schätzungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zufolge auf knapp 360 Millionen Euro, und das jährlich. Auch besteht bei sozial schwächer gestellten Bürgern die Gefahr der Krankheitsverschleppung mit hohen Folgen für die Solidargemeinschaft. Mit einer Abschaffung der Praxisgebühr entfielen umfangreiche bürokratische Regelungen zur Verwaltung von Ausnahmetatbeständen und Gebührenbefreiungen. (Beifall der Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD] und Harald Weinberg [DIE LINKE]) Dies wäre eine wirklich sinnvolle Maßnahme. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Weg damit! -Genau!) Sie entlastete nicht nur Ärzte und Kassen, sondern träte auch weitverbreitetem Unmut bei Patientinnen und Pa-tienten entgegen. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Ganz genau!) Ein Wort noch zur Bürgerversicherung, meine Damen und Herren von der linken Seite. Sie würden mit der Bürgerversicherung natürlich zunächst mehr Einnahmen generieren; (Mechthild Rawert [SPD]: Paritätisch und -gerecht!) aber die anstehenden Herausforderungen aufgrund der Demografie und des medizinischen Fortschritts werden Sie damit letztlich nicht finanzieren können. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit nachhaltiger Finanzierung schon, aber nicht mit Zusatzbeiträgen! Mit Zusatzbeiträgen kann man die demografische Entwicklung nicht finanzieren!) Was wird passieren, wenn die Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen? Es wird Wartelisten geben. Und was bedeutet eine Warteliste? Rationierung. Das steht am Ende Ihrer Bürgerversicherung: eine Rationierung im Gesundheitswesen, die kein vernünftig denkender Mensch wirklich will. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Als letztem Redner erteile ich Kollegen Rudolf Henke für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Rudolf Henke (CDU/CSU): Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich nenne die Gebühr, um die es hier geht, nicht Praxisgebühr, weil das die Suggestion verbreitet, dass es sich um Geld handelt, das primär den Praxen zugutekommt; es handelt sich aber vielmehr um eine Kassengebühr. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Das Ganze ist ein zweiter Inkassoweg. Ich habe in der Tat mein Problem mit der Sinnhaftigkeit eines zweiten Inkassoweges, weil ein solcher immer das Problem in sich birgt, dass die typische Einfachheit, die einen einzelnen Inkassoweg auszeichnet, entfallen könnte. (Beifall des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD]) – Sie wollen das ja abschaffen. – Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist mit der Zuzahlung bei den Arzneimitteln? Das ist ja auch ein eigener Inkassoweg. Was ist mit den Zuzahlungen im Krankenhaus? Das ist ebenfalls ein eigener Inkassoweg. Was ist mit den Zuzahlungen bei Kuren oder, wie es richtigerweise heißen muss, Rehabilitationsleistungen? Auch das ist ein eigener Inkassoweg. Müsste man, wenn man denn sagt „Wir wollen das alles weghaben“, nicht sogar den gesamten Zusatzbeitrag infrage stellen? (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Müsste man aus diesem Blickwinkel nicht sagen: „Die Opposition hat recht“? (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Ich finde das, wenn ich es von Freund zu Freund so sagen darf, ein bisschen inkonsequent. (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Fangen wir doch mal mit der Kassengebühr an!) Sie haben recht, wenn es um die Bürokratiekosten und die Frage geht, welche Steuerungswirkung die Gebühr hat. Der entscheidende Punkt ist aber doch – Herr Dr. Franke hat das ausgeführt –: Sie müssen eine Antwort darauf geben, was denn mit den 2,1 Milliarden Euro ist, die die Gebühr in die Kasse bringt. (Beifall der Abg. Karin Maag [CDU/CSU] – Iris Gleicke [SPD]: Bürgerversicherung!) Frau Bas hat gesagt: Das sind zu viel Mittel; wir brauchen dieses Geld. – Andere haben gesagt: Wir können es uns leisten. – Ich bin da nicht ganz so optimistisch. Machen wir uns doch einmal klar: Wenn man die 2 Milliarden Euro für den Sozialausgleich bei den Zusatzbeiträgen abzieht – man muss sie ja wohl herausrechnen, da die Mittel für einen anderen Zweck als für die reine Leistungsfinanzierung gedacht sind –, dann kommen wir auf einen Überschuss von 18 Milliarden Euro. Welche Ausgaben haben wir? Wir haben in der gesetzlichen Krankenversicherung Ausgaben im Umfang von über 180 Milliarden Euro. Das heißt: Wenn man addiert, was im Gesundheitsfonds und bei den Kassen auf den Konten ist, erkennt man, dass sich die Rücklagen in einer Größenordnung von gerade einmal 10 Prozent bewegen. Ja, wir haben eine gute ökonomische Situation in Deutschland, weil wir im Moment finanziell erfolgreicher und wirtschaftskräftiger sind als die Staaten um uns herum. Das ist ein Erfolg der christlich-liberalen Koalition, ein Erfolg des Kabinetts Merkel. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Wir haben ein Konjunkturhoch, keine Frage. Das haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland erarbeitet, die mit ihrem Fleiß und ihrer Leistung für den wirtschaftlichen Erfolg des Landes sorgen. Im Übrigen sind sie es, die das Geld in die Kassen der So-zialversicherung einzahlen, und zwar sowohl den Arbeitnehmerbeitrag als auch den Arbeitgeberbeitrag; denn auch der Arbeitgeberbeitrag wird durch die Leistung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwirtschaftet. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Aber was ist denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die Konjunktur wieder abkühlt? Schwächelt dann nicht auch die Einnahmebasis? Ich halte deswegen nichts von einem Forderungswettbewerb, auf welche Weise wir dafür sorgen können, dass sich die Finanz-reserven, die sich zuletzt gebildet haben, schnellstens wieder verflüchtigen. (Beifall der Abg. Karin Maag [CDU/CSU]) Es gibt noch andere Forderungen als nur die Forderung nach der Abschaffung der Kassengebühr. Da gibt es auch die Forderung, die etwa von der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg formuliert wird. Die Vertreterversammlung fordert eine Auszahlung des in den vergangenen Jahren erbrachten Sparbeitrages der Vertragsärzte zur Sanierung der Finanzen der Krankenkassen. Da gibt es die Forderung des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands, der vorträgt: Für 2012 zeichnet sich eine Unterfinanzierung im Personalbereich der Krankenhäuser ab, die wir konservativ mit 1 Milliarde Euro veranschlagen. (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann man ändern!) Da gibt es etwa die Forderung der Psychotherapeuten, die uns schreiben: Psychotherapeuten mahnen: Chance auf Sicherung und Verbesserung der Versorgung psychisch Kranker nicht vertun! Kassenreserven für die Versorgung! Da gibt es die Forderung der Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände, die da schreibt: Die GFB fordert, die GKV-Überschüsse zumindest in Teilen zur Förderung des fachärztlichen Nachwuchses in Praxen analog zur Förderung der hausärztlichen Weiterbildung … zu nutzen. Ich will Ihnen damit nur sagen: Die Debatte, die sich auf die Forderung bezieht, mit diesem Geld irgendetwas fiskal Aktives zu machen, ist nicht die einzige, die wir dann führen müssen. Wenn man meint, das Geld sei dafür da, um es in homöopathischen Dosen zurückzuzahlen, dann wird die Frage sein: Was ist denn mit der Leistungsqualität? Was diskutieren wir dann im Bereich der Leistungsfinanzierung? Deswegen sage ich: Täuschen Sie die Bürger nicht im Hinblick auf das Gewicht einer Rücklage, die bei gerade einmal 19,5 Milliarden Euro liegt; es ist weniger, als wir denken. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 22. März 2012, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 16.44 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 21.03.2012 Bellmann, Veronika CDU/CSU 21.03.2012 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 21.03.2012 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 21.03.2012 Bülow, Marco SPD 21.03.2012 Gloser, Günter SPD 21.03.2012 Groth, Annette DIE LINKE 21.03.2012 Hochbaum, Robert CDU/CSU 21.03.2012* Künast, Renate BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21.03.2012 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 21.03.2012* Lanfermann, Heinz FDP 21.03.2012 Luksic, Oliver FDP 21.03.2012 Lutze, Thomas DIE LINKE 21.03.2012 Menzner, Dorothée DIE LINKE 21.03.2012 Nahles, Andrea SPD 21.03.2012 Nord, Thomas DIE LINKE 21.03.2012 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 21.03.2012 Schäfer (Saalstadt), Anita CDU/CSU 21.03.2012 Senger-Schäfer, Kathrin DIE LINKE 21.03.2012 Thönnes, Franz SPD 21.03.2012 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 21.03.2012 Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 21.03.2012 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung der NATO Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/9001, Frage 5): Welche aktuellen Untersuchungen liegen der Bundesregierung zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Mycobacterium avium paratuberculosis, MAP, und Morbus Crohn durch den Konsum von Produkten infizierter Rinder durch Verbraucherinnen und Verbraucher vor, und welche vorbeugenden Maßnahmen bezüglich des Handels mit Produkten -infizierter Tiere/Bestände wurden in Mitgliedstaaten der EU getroffen? Wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse, die belegen, dass durch die Aufnahme des MAP-Erregers durch Lebensmittel beim Menschen Morbus Crohn verursacht, gibt es nicht. Dies war das Ergebnis einer vom Robert-Koch-Institut, RKI, und dem Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR, im Jahr 2003 gemeinsam erarbeiteten, umfassenden Literaturstudie. Auch ein nochmals im Jahr 2010 am Friedrich-Loeffler-Institut, FLI, durchgeführtes Expertengespräch, in dessen Vorfeld die Fachleute des FLI, des BfR und des Max-Rubner-Institut, MRI, erneut die aktuelle wissenschaftliche Fachliteratur zu diesem Thema geprüft haben, erbrachte keine anderen Erkenntnisse. Vor diesem Hintergrund sieht die Bundesregierung keinen Anlass für aktuelle Untersuchungen oder für die in der Frage angesprochenen Maßnahmen in Bezug auf den Handel mit tierischen Erzeugnissen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 7): Welche Schlüsse zieht das Bundesministerium der Verteidigung aus dem Urteilsspruch des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 2012, nach welchem aktive Berufs- und Zeitsoldaten des Sanitätsdienstes der Bundeswehr ebenso wie Wehrpflichtige und alle anderen Soldaten der Bundeswehr einen Anspruch darauf haben, dass das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben – früher: Bundesamt für den Zivildienst – ein Anerkennungsverfahren durchführt, wenn sie einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer stellen, und wie geht das Bundesministerium der Verteidigung zukünftig mit solchen Anträgen um? Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass aktive Berufs- und Zeitsoldaten des Sanitätsdienstes der Bundeswehr einen Anspruch darauf haben, dass ihre Anträge auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer inhaltlich geprüft und nicht wie bisher als unzulässig zurückgewiesen werden. Das Ergebnis einer solchen Prüfung hat das Gericht nicht vorweggenommen. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht die angefochtenen Urteile aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht Koblenz zurückverwiesen. Die Sachentscheidungen des Verwaltungsgerichts in beiden Verfahren bleiben abzuwarten. Darüber hinaus ist festzustellen, dass das Bundesverwaltungsgericht keine Aussage zur Qualifikation des Sanitätsdienstes der Bundeswehr als „waffenloser Dienst“ getroffen hat. Das Bundesministerium der Verteidigung ist daher im Einklang mit der Rechtsprechung weiter der Überzeugung, dass der Sanitätsdienst ein waffenloser Dienst ist. Unmittelbare Auswirkungen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Bundeswehr sind daher nach derzeitigem Verfahrensstand nicht zu erkennen. Der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr hat die Angehörigen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 2012 informiert. Das Bundesministerium der Verteidigung beabsichtigt im Übrigen, die Soldatinnen und Soldaten des Sanitätsdienstes der Bundeswehr einzelfallbezogen über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu informieren, soweit dies im jeweiligen Antragsverfahren sachdienlich ist. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 8): Welche Kosten hat die Bundeswehr bei der Ausbildung auf das System LUNA in Saudi-Arabien getragen? Zur Unterstützung der Firma EMT wurden im Januar 2011 drei deutsche Soldaten nach Saudi-Arabien entsandt. Mit Ausnahme der Dienstbezüge der drei abgestellten Soldaten hat die Firma EMT alle weiteren Kosten der Ausbildungsunterstützung übernommen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Christel Humme (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 11): Wann ist die in der Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Frage 111 auf Bundestagsdrucksache 17/8958 des Abgeordneten Rolf Schwanitz vom 7. März 2012 zum FrauenMediaTurm erwähnte Prüfung zur Bereitstellung von Mitteln abgeschlossen, und mit welcher Förderhöhe ist zu rechnen? Sobald hierzu ein neuer Sachstand vorliegt, wird das BMFSFJ darüber selbstverständlich informieren. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Christel Humme (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 12): Gibt es insgesamt ein Umsteuern in der Projektförderung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und ist mit der Kürzung bzw. Aufstockung von Mitteln anderer Projekte zu rechnen, bitte mit Beispielen erläutern? Nein, es gibt kein generelles Umsteuern in der Projektförderung des BMFSFJ. Vielmehr ergeben sich im Laufe eines Haushaltsjahres neue, nicht planbare finanzielle Spielräume, zum Beispiel dadurch, dass sich nicht alle Planungen der Haushaltsaufstellung oder nicht zu den jeweils geplanten Zeitpunkten realisieren lassen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage des Abgeordneten Heinz Paula (SPD) (Druck--sache 17/9001, Frage 13): Ist es zutreffend, dass bei Projekten im Rahmen des Bundesprogramms „Initiative Demokratie Stärken“ 10 Prozent an Eigenmitteln im Gegensatz zu 50 Prozent an Eigenmitteln bei Projekten beim Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ erforderlich sind, und wenn das so ist, beabsichtigt die Bundesregierung, die Regelung, wonach ein unterschiedlicher Bedarf an Eigenmitteln im Rahmen der beiden genannten Bundesprogramme benötigt wird, zu ändern? Es ist zutreffend, dass zur Finanzierung der Modellprojekte im Bundesprogramm „Initiative Demokratie Stärken“ eine Kofinanzierung in Höhe von mindestens 10 Prozent der Gesamtausgaben aufzubringen ist. Dazu können neben Eigenmitteln der Träger auch Mittel der Länder und Kommunen, anderer Bundesressorts sowie weitere Drittmittel hinzugezogen werden. Die Notwendigkeit der Kofinanzierung im Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ beschränkt sich auf den Programmteil Modellprojekte. Dort beträgt der zu erbringende Kofinanzierungs--anteil 50 Prozent. Auch hier können neben Eigenmitteln der Träger auch Mittel der Länder und Kommunen, -anderer Bundesressorts sowie weitere Drittmittel hinzugezogen werden. Nicht betroffen sind demgegenüber die Finanzierung der Einzelmaßnahmen im Rahmen der Lokalen Aktionspläne sowie die Tätigkeit der Beratungsnetzwerke. Hier fließen die Mittel 1 : 1 an die Träger, die vor Ort tätig werden. Eine Änderung der Kofinanzierungsanforderungen in den Bundesprogrammen „Initiative Demokratie Stärken“ und „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ ist im Rahmen der laufenden Förderperiode bis 2013/2014 nicht vorgesehen. Nach Abschluss der ersten Modellphase wird die Kofinanzierung durch Eigenmitten im Programm „Initiative Demokratie stärken“ überprüft und den sich gegebenenfalls aus der Evaluation ergebenen Erfordernissen angepasst. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage des Abgeordneten Sönke Rix (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 14): Welche Maßnahmen prüft die Bundesregierung, um das Jugendschutzgesetz im Versandhandel – sowohl für Trägermedien als auch für Alkohol- und Tabakprodukte – wirkungsvoll anzuwenden, und inwieweit sind der Bundesregierung diesbezügliche Verstöße bekannt? Derzeit werden die Vorschriften des Jugendschutzgesetzes von der Bundesregierung auf ihren Novellierungsbedarf hin überprüft. Festzustellen ist zunächst, dass die gesetzlichen Bestimmungen zum Versandhandel von Trägermedien eindeutig sind. Gewerbetreibende haben entsprechend der Begriffsdefinition des Versandhandels nach § 1 Abs. 4 des Jugendschutzgesetzes sicherzustellen, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt. Dies gilt: sowohl für jugendgefährdende Trägermedien gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 als auch gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 2 für Bildträger mit Filmen und Spielen, die nicht oder mit „Keine Jugendfreigabe“ gekennzeichnet worden sind, und deshalb nicht an Kinder und Jugendliche abgegeben werden dürfen. Jedoch fehlt eine entsprechende ausdrückliche Bestimmung zum Versandhandel bei den Abgabeverboten an Kinder und Jugendliche von branntweinhaltigen Getränken nach § 9 und von Tabakwaren nach § 10. Im Rahmen der Novellierung des Jugendschutzgesetzes wird deshalb eine Klarstellung geprüft, die sicherstellen soll, dass branntweinhaltige Getränke und Tabakwaren auch im Wege des Versandhandels nur an Erwachsene abgegeben werden. Zweiter Teil der Frage: Der Bundesregierung ist bekannt, dass die Abgabeverbote des Jugendschutzgesetzes nicht flächendeckend eingehalten werden. So hat der Evaluierungsbericht des Hans-Bredow-Instituts, der auf der Homepage des Instituts heruntergeladen werden kann, neben einer Novellierung -gesetzlicher Bestimmungen auch den Bedarf einer Optimierung des Vollzugs bereits bestehender Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen aufgezeigt. Auch die Presse greift von Zeit zu Zeit von ihnen recherchierte Verstöße gegen die Jugendschutzvorschriften auf und macht sie öffentlich. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage des Abgeordneten Sönke Rix (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 15): Ist der Bundesregierung bekannt, ob im Falle von Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz Versandhändler mit Geldbußen belegt wurden, und, wenn ja, wie oft? Die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des Jugendschutzgesetzes obliegt den in den Ländern zuständigen Behörden. Erkenntnisse zu Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 28 des Jugendschutzgesetzes liegen der Bundesregierung nicht vor. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Aydan Özo?uz (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 16): Wann wird die Bundesregierung den im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP angekündigten Nationalen Aktionsplan im Bereich Jugendschutz, Partizipation, Medienkompetenz und Gewalt- und Suchtprävention vorlegen, und welche weiteren Schritte hat die Bundesregierung seit der Benennung einer Agentur zum Jahreswechsel 2010/2011 in -Bezug auf die Einrichtung einer Kooperationsplattform un-ternommen (vergleiche Antwort der Bundesregierung zu Frage 66 auf Bundestagsdrucksache 17/4813)? Wie bereits in der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Effektivierung des Jugendschutzes“ (Drucksache 17/3725) erläutert, obliegen Kontrolle und Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes den Ländern. Insoweit hat die Bundesregierung keine Möglichkeit, eine länderübergreifende nationale Strategie zu implementieren und umzusetzen. Zur Umsetzung der im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarung werden darüber hinaus seit Herbst 2011 vielfältige Aktivitäten und Projekte des Jugendschutzes auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene für Akteure, Verantwortliche und alle Interessierten sichtbar gemacht und öffentlichkeitswirksam begleitet. Diese Initiative, die unter dem Motto „jugendschutzaktiv“ durchgeführt wird, verfolgt zwei wesentliche Ziele: Zum einen die bundesweite Bekanntmachung erfolgreicher Maßnahmen und Projekte und damit die Förderung eines konstruktiven und hilfreichen Erfahrungsaustausches der Akteure. Zum anderen die intensive Sensibilisierung für die Notwendigkeit eines wirksamen Schutzes von Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit bei allen Verantwortlichen und Beteiligten. Auch Eltern und Erziehende werden als wichtige Partner gestärkt. Die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend entwickelte Initiative stellt hierzu auf der Webseite www.jugendschutzaktiv.de eine Datenbank zur Verfügung, die einen umfassenden Überblick über erfolgreiche Projekte zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben bietet und die unmittelbare Vernetzung von Akteuren des Jugendschutzes unterstützt. Die Webseite bietet darüber hinaus umfangreiche -Informationen und Materialien rund um das Jugendschutzgesetz für Eltern, Erziehende, Fachkräfte und Gewerbetreibende. Die Bundesregierung führt jedoch bundesweite Projekte, Kampagnen und Initiativen durch mit dem Ziel, die konsequente Einhaltung der jugendschutzrechtlichen Bestimmungen zu fördern. So wirbt die Aktion „Jugendschutz: Wir halten uns daran!“ seit Jahren kontinuierlich mit Plakaten, Flyern und Aufklebern für die Einhaltung der jugendschutzrechtlichen Vorgaben im Einzelhandel und auf Veranstaltungen. Daneben stehen unter dem Motto „Jugendschutz konsequent umsetzen“ ein Film sowie ein Flyer mit praktischen Tipps und Anregungen insbesondere für Beschäftigte in Einzelhandel, Gastronomie und Tankstellengewerbe zur Verfügung. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Aydan Özo?uz (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 17): Welche konkreten Ergebnisse hat die im Februar 2011 (Bundestagsdrucksache 17/4813) und im Mai 2011 (Bundestagsdrucksache 17/5868) von der Bundesregierung angekündigte Überprüfung des Novellierungsbedarfs des Jugendschutzgesetzes ergeben, bzw. wann rechnet die Bundesregierung mit Ergebnissen dieser Überprüfung, bitte nach Maßnahmen aufschlüsseln? Die in den Drucksachen 17/4831 sowie 17/5868 -erläuterte Prüfung der Vorschriften des Jugendschutz--gesetzes ist noch nicht abgeschlossen. Sollte die Überprüfung einen Novellierungsbedarf ergeben, soll nach den Planungen des Bundesfamilienministeriums noch in diesem Jahr ein Gesetzentwurf vorgelegt werden. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Fragen des Abgeordneten Siegmund Ehrmann (SPD) (Drucksache 17/9001, Fragen 19 und 20): Mit welcher Begründung hat die Bundesregierung den renommiertesten Kunstpreis für bildende Künstlerinnen in der Bundesrepublik Deutschland, den „Gabriele-Münter-Preis“, der erstmals 1994 von der damaligen Bundesministerin für Frauen und Jugend, der heutigen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, verliehen wurde, bislang gefördert? Was hat sich an dieser Begründung insofern geändert, als diese Förderung einem Bericht der tageszeitung vom 13. März 2012 zufolge nunmehr eingestellt werden soll? Zu Frage 19: Der „Gabriele-Münter-Preis“ wird seit 1994 im dreijährigen Turnus ausgeschrieben und wendet sich an Künstlerinnen, die das vierzigste Lebensjahr erreicht haben. Damit trägt der Preis der Tatsache Rechnung, dass Frauen bei hoch dotierten Preisen noch immer unter-repräsentiert sind. Die Auslobung berücksichtigt besonders, dass bei gängigen Kunstpreisen und Stipendien eine Altersgrenze von 30 Jahren besteht und die Beteiligung von Künstlerinnen, die eine Familienphase hinter sich haben, kaum zulässt. Zu Frage 20: An dieser Begründung hat sich nichts geändert. Der „Gabriele-Münter-Preis“ soll aus Sicht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auch nicht eingestellt werden. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 21): Wie passt die Ankündigung der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Kristina Schröder, dass Großeltern leichter eine Auszeit vom Beruf nehmen sollen, in das Gesamtkonzept zur Demografiepolitik der Bundesregierung, die in ihrem erst im Oktober 2011 vorgelegten „Demografiebericht“ darlegt, dass „das vorhandene Arbeitskräftepotenzial optimal zu nutzen“ sei und eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von älteren Menschen angestrebt wird, um die Folgen des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt zu mildern? Zum Gesamtkonzept der Bundesregierung gehören neben der optimalen Nutzung der vorhandenen Arbeitspotenziale auch die Aktivierung der Potenziale der älteren Menschen, die Unterstützung ihrer Teilhabe am sozialen Leben sowie die Stärkung ihres bürgerschaftlichen Engagements. Die Sachverständigenkommission zum Achten Familienbericht hat vorgeschlagen, allen berufstätigen Großeltern einen Anspruch auf Elternzeit einzuräumen. Bislang ist der Anspruch auf Großelternzeit an sehr enge Voraussetzungen geknüpft. Mit der Einführung einer erweiterten Großelternzeit werden die Gestaltungsspielräume innerhalb von Familien erhöht. Junge Menschen können sich für Kinder entscheiden und werden mehr Möglichkeiten für die souveräne Gestaltung ihres Familienlebens erhalten. Familien werden durch die Zeitumverteilung zwischen den Generationen entlastet werden. Damit steht der Vorschlag der Kommission zur Weiterentwicklung der Großelternzeit in einer Linie mit den Maßnahmen der Bundesregierung zur Förderung des Engagements und zur Beteiligung von älteren Menschen. Nach Schätzungen des ifo-Institut München auf der Grundlage von Untersuchungen (SHARE – Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe – 2005/2007, ungewichtet) aus den Jahren 2005/2007 gibt es eine relevante Gruppe von Großeltern (mehrere Hunderttausend), die über 50 Jahre und berufstätig sind, Enkel haben und für die Betreuung räumlich verfügbar wären, und die potenzielle Zielgruppe einer Großelternzeit sein können. In ihrer Stellungnahme zum Achten Familienbericht hat die Bundesregierung festgestellt, dass sie die Vorschläge der Kommission prüfen wird, soweit sie im Einklang mit dem Ziel zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer stehen. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 22): In welchem Umfang plant die Bundesregierung die Ausweitung der Elternzeit auf Großeltern, und wie will die Bundesregierung eine Ausweitung der Elternzeit auf Großeltern finanzieren, ohne nach eigener Aussage zusätzliche finanzielle Mittel einzuplanen (vergleiche „Schröder will Großelternzeit einführen“, www.süddeutsche.de/politik/kinderbetreu ung-schroeder-will-grosselternzeit-einfuehren-1.1308497)? Die Bundesregierung prüft derzeit eine Ausweitung der Großelternzeit, das heißt des nach geltendem Recht bestehenden Anspruchs auf Elternzeit für Großeltern gemäß § 15 Abs. 1 a Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, BEEG, auf alle berufstätigen Großeltern, unabhängig vom Alter und der beruflichen Situation der Eltern des zu betreuenden Enkelkindes. Das Konzept wird so ausgestaltet, dass keine Mehrausgaben für die öffentliche Hand entstehen. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 23): Wie will die Bundesregierung gewährleisten, dass die Frauenerwerbstätigkeit im Zuge der Einführung des geplanten Betreuungsgeldes nicht sinkt, und inwiefern würde die Einführung des Betreuungsgeldes den beschlossenen Ausbau der Kindertagesstätten beeinflussen? Das Betreuungsgeld soll so konzipiert werden, dass es jungen Eltern im Zusammenwirken mit den übrigen Geld- und Infrastrukturleistungen der öffentlichen Hand bestmögliche Wahlfreiheit eröffnet. Die Erwerbsbeteiligung bzw. die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit der Eltern, insbesondere der Mütter soll durch das Betreuungsgeld nicht beeinflusst werden. Gemäß dem Beschluss des Koalitionsausschusses vom 6. November 2011 wird es beim Konzept des Betreuungsgeldes daher keine Anknüpfung an eine Nichterwerbsbeteiligung der Eltern geben. Vielmehr geht es darum, die Vielfalt der Familienbetreuungsgestaltung zu stärken und flexible Betreuungsmodelle zu unterstützen. Das Betreuungsgeld steht nicht im Gegensatz zum Ausbau der Betreuung in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege. Die Bundesregierung hält an dem Ziel eines bedarfsgerechten Ausbaus von Betreuungsangeboten für ein- und zweijährige Kinder ab August 2013 zusammen mit den Ländern und Kommunen fest. Die Bundesregierung hält ohne Abstriche ihre Zusage ein, den Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren bis 2013 mit 4 Milliarden Euro zu unterstützen. Damit werden die Länder in die Lage versetzt, den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr zu gewährleisten. Ab 2014 stellt der Bund den Ländern zusätzlich 770 Millionen Euro jährlich als finanzielle Unterstützung für die Betriebskosten der neuen Kitaplätze bereit. Anlage 16 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Frage des Abgeordneten Harald Weinberg (DIE LINKE) (Drucksache 17/9001, Frage 24): Was sind die aktuellen Pläne der Bundesregierung zur Praxisgebühr? Im Koalitionsvertrag der CDU, CSU und FDP ist vereinbart, dass die Erhebung der Praxisgebühr in ein weniger bürokratisches Verfahren überführt werden soll. Die Bundesregierung hat noch nicht abschließend über diese Fragen zur Praxisgebühr beraten. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Fragen 25 und 26): Zu welchen grenzüberschreitenden Schienenverkehrsprojekten hat die Bundesrepublik Deutschland mit ihren Nachbarländern in den vergangenen 20 Jahren Verträge unterzeichnet, und wie hoch sind jeweils die Kosten für diese Projekte? Wann wurden diese Verträge jeweils unterzeichnet, und wie ist der jeweilige aktuelle Planungsstand bzw. Baufortschritt? Die Angaben zu den Projekten sind nachfolgend – nach Verträgen geordnet – aufgeführt. In Bezug auf Projektkosten und -stände wird auf die jährlich erscheinenden Verkehrsinvestitionsberichte (bis 2007: Bericht zum Ausbau der Schienenwege) verwiesen. Der Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichtsjahr 2010 wurde dem Deutschen Bundestag vor wenigen Wochen zugeleitet; er wurde als Bundestagsdrucksache 17/8700 veröffentlicht. Zu unterscheiden ist zwischen Staatsverträgen (nachfolgende Nummern 1.–3.) und Ressortabkommen (Nummern 4.–11.). 1. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Kehl Datum: 14. März 2006 Strecke: Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Kehl 2. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über den Bau und die Instandhaltung von Grenzbrücken in der Bundesrepublik Deutschland im Zuge von Schienenwegen des Bundes, in der Republik Polen im Zuge von Eisenbahnstrecken mit staatlicher Bedeutung Datum: 26. Februar 2008 1. Strecke: Brücke bei Frankfurt (Oder) 2. Strecke: Neißebrücke bei Horka 3. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über eine Feste Fehmarnbeltquerung Datum: 27. August 2008 Strecke: Lübeck–Puttgarden 4. Vereinbarung zwischen dem Bundesminister für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland und dem Minister für Abrüstung, Wohnungsbau und Verkehr der Französischen Republik über die Schnellbahnverbindung Paris–Ostfrankreich–Südwestdeutschland Datum: 22. Mai 1992 1. Strecke: Saarbrücken–Mannheim (und weiter auf der Achse Mannheim–Frankfurt (Main)– Erfurt–Halle/Leipzig–Berlin, POS Nord) 2. Strecke: Kehl–Appenweier (und weiter auf der Achse Mannheim–Freilassing, POS Süd) 5. Vereinbarung zwischen dem Bundesminister für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland und dem Minister für Verkehr und öffentliche Arbeiten des Königreichs der Niederlande über die Verbesserung des deutsch-niederländischen Schienengüter- und Personenverkehrs Datum: 31. August 1992 Strecke: Oberhausen–Emmerich–Grenze D/NL 6. Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerium für Verkehrswesen der Tschechischen Republik und dem Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr der Republik Österreich über die Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung der Eisenbahnverbindung Berlin–Prag/Praha–Wien Datum: 7. Juni 1995 Strecke: Berlin–Dresden–Grenze DE/CZ 7. Vereinbarung zwischen dem Bundesminister für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland und dem Vorsteher des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiedepartements zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Zulaufes zur neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) in der Schweiz Datum: 6. November 1996 1. Strecke: Karlsruhe–Basel 2. Strecke: Stuttgart–Singen 3. Strecke: Ulm–Friedrichshafen–Lindau 4. Strecke: München–Lindau 8. Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerium für Verkehrswesen der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung der Eisenbahnverbindung Nürnberg–Praha/Prag Datum: 13. Oktober 1998 Strecke: Nürnberg–Schirnding–Grenze D/CZ 9. Vereinbarung zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der grenzüberschreitenden Eisenbahnstrecken im Donaukorridor Passau/Salzburg Datum: 22. November 1999 Strecke: Nürnberg–Passau–Grenze D/A 10. Abkommen zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen der Bundesrepublik Deutschland und dem Minister für Infrastruktur der Republik Polen über die Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung der Eisenbahnverbindungen Berlin–Warschau (Warszawa) (C-E 20) sowie Dresden–Breslau (Wroclaw) (E 30/C-E 30) Datum: 30. März 2003 1. Strecke: Hoyerswerda–Grenze D/PL 2. Strecke: Dresden-Neustadt–Görlitz–Grenze D/PL 3. Strecke: Berlin–Frankfurt (Oder)–Warschau 11. Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwickluing der Bundesrepublik Deutschland und dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie der Republik Österreich über den Ausbau der Eisenbahnstrecke Salzburg–Freilassing Datum: 10. Juli 2007 Strecke: Grenzbrücke bei Freilassing über die Saalach D/A Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage der Abgeordneten Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 27): Wer ist Auftraggeber und Auftragnehmer der erneuten Wirtschaftlichkeitsprüfung des Elbe-Saale-Kanals – auch als Saale-Seitenkanal bezeichnet –, und wie hoch sind die geplanten Kosten dieser neuen Studie und der vorangegangenen Studie von 2004? Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost hat im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die erneute Wirtschaftlichkeitsprüfung der Saale beauftragt. Auftragnehmer ist PLANCO Consulting GmbH. Die Kosten des in 2004 erstellten Gutachtens betrugen rund 82 000 Euro, die Kosten für das neue Gutachten betragen rund 5 000 Euro. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Fragen des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/9001, Fragen 28 und 29): Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage aus der Binnenschifffahrt, dass es keine ausreichenden Liegeplätze an den Binnenwasserstraßen gibt, und beabsichtigt die Bundes-regierung, in weitere Liegeplätze zu investieren? Hält die Bundesregierung die Möglichkeiten für die Binnenschifffahrt, Müll und Altwasser entlang der Binnenwasserstraßen ordnungsgemäß zu entsorgen, für ausreichend, oder sieht sie hier Handlungsbedarf, geeignete Ver- und Entsorgungsstellen an den Wasserstraßen zu schaffen? Zu Frage 28: Es ist richtig, dass in einigen Bereichen der Bundeswasserstraßen, in der Regel an den höher frequentierten Binnenwasserstraßen, zu wenig Liegeplätze für die Binnenschifffahrt existieren. Das Defizit befindet sich in der Regel an den höher frequentierten Binnenwasserstraßen und ist der Bundesregierung bekannt. Die vor Ort zuständigen Wasser- und Schifffahrtsdirektionen befinden sich im ständigen Austausch mit den Verbänden der Binnenschifffahrt und schreiben ihre Liegestellenkonzepte kontinuierlich entsprechend der sich stetig ändernden wirtschaftlichen und verkehrlichen Verhältnisse fort. Das Defizit an Liegeplätzen wird entsprechend der bundesweiten Priorisierung von Ersatz- und Neubaumaßnahmen an Bundeswasserstraßen sowie in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Ressourcen beseitigt. Zu Frage 29: Das am 1. November 2009 in Kraft getretene Übereinkommen über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt, CDNI, beinhaltet ein umfassendes Einleiteverbot solcher Abfälle und bestimmt, dass die Vertragsstaaten dafür Sorge tragen, dass ein entsprechendes Netz von Annahmestellen geschaffen wird. Deutschland hat diese Forderung im Ausführungsgesetz zum Übereinkommen vom 13. Dezember 2003 umgesetzt. Für häusliche Abwässer, nur Fahrgastschiffe mit mehr als 50 Fahrgästen und Kabinenschiffe mit mehr als 50 Schlafplätzen, ist festgelegt, dass die Betreiber von Stammliegeplätzen solcher Schiffe entsprechende Annahmestellen schaffen müssen. Hinsichtlich von Hausmüll legt das Ausführungsgesetz fest, dass die Betreiber von Häfen und gewerbsmäßig betriebenen, befestigten Umschlagstellen Annahmemöglichkeiten einzurichten haben. Zusätzlich besteht an vielen Schleusen die Möglichkeit, Hausmüll abzugeben. Das Abfallübereinkommen und sein Ausführungsgesetz sind keine schifffahrtsrechtlichen, sondern abfallrechtliche Vorschriften. Diese Regelungen unterfallen daher nicht der Bundesverwaltungskompetenz, weder nach Art. 89 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz noch nach Art. 89 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz, da es für Letzteres an einer gesetzlichen Zuständigkeitsübertragung auf den Bund fehlt. Aufgrund des Vorgenannten sieht der Bund für sich derzeit keine Handlungsnotwendigkeit. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 31): Was bedeutet die Festlegung im Bundesprogramm „Wiedervernetzung“ der Bundesregierung: „Mit der Umsetzung des Investitionsprogramms wird nach Abschluss der Bauprojekte aus dem Konjunkturpaket II begonnen“ in Anbetracht der Tatsachen, dass das Konjunkturprogramm II bereits Ende 2011 ausgelaufen ist, in 2012 keine Mittel für das Bundesprogramm in den Bundeshaushalt eingestellt wurden und für 3 der 18 im Rahmen des Konjunkturprogramms zugesagten Grünbrücken bis zum 28. Dezember 2012 noch nicht einmal die Zustimmung zur Finanzierung erteilt, geschweige denn der Bau begonnen wurde, konkret für den Beginn der Finanzierung des Baus der 93 vorgesehenen Grünbrücken, und wie viele Mittel plant die Bundesregierung nach Beginn der Umsetzung bzw. Finanzierung jährlich bereitzustellen? Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hatte der Finanzierung von 18 seitens der Auftragsverwaltungen der Länder vorgeschlagenen Grünbrücken im Rahmen des Konjunkturpakets II zugestimmt. Wegen der engen Vorgaben des Konjunkturpakets II konnten von den Ländern nur elf Maßnahmen realisiert werden. Von den sieben weiteren Maßnahmen wurden vier Maßnahmen aus Mitteln des Straßenbauplans realisiert; eine weitere Maßnahme wurde in das -Infrastrukturbeschleunigungsprogramm aufgenommen. Die ausstehenden zwei Maßnahmen sind noch vorrangig vor Beginn des Bundesprogramms Wiedervernetzung umzusetzen. Die Länder planen und bauen im Auftrag des Bundes. Sie sind somit an der Umsetzung des Bundesprogramms Wiedervernetzung maßgeblich beteiligt. Mittel zur Umsetzung des Bundesprogramms werden in den Um- und Ausbautiteln des Straßenbauplans in Abhängigkeit der jährlich insgesamt für den Bundesfernstraßenbau zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bereitgestellt. Die 93 genannten Abschnitte an Bundesfernstraßen sind hinsichtlich der Verbesserung der Vernetzungsmöglichkeiten zu prüfen. Es wird davon ausgegangen, dass dies in den meisten Fällen nur durch den Bau von Grünbrücken möglich sein wird, allerdings sind auch andere Maßnahmen denkbar, insbesondere in den Niederungsbereichen. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 34): Durch welche insbesondere rechtlichen Instrumente sollen die Pläne der Bundesregierung umgesetzt werden, dass bei der Beförderung von Kindern bis 15 Kilogramm in Pkw nur noch rückwärtsgerichtete Kindersitze, Reboard-Kindersitze, zum Einsatz kommen? Die technischen Rahmenbedingungen für die Beförderung von Kindern bis 15 Kilogramm in Pkw in rückwärts gerichteten Kinderrückhalteeinrichtungen, Reboard-Kindersitze, werden bei der Wirtschaftskommission für -Europa der Vereinten Nationen, UNECE, erarbeitet. Derzeit wird bei der Europäischen Kommission geprüft, ob für die verpflichtende Umsetzung dieser Anforderung in Europäisches Recht eine Anpassung der Richtlinie 91/671/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 über die Gurtanlegepflicht und die Pflicht zur Benutzung von Kinderrückhalteeinrichtungen in Kraftfahrzeugen (ABl. EG Nr. L 373 Seite 26) geändert durch die Richtlinie 2003/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. April 2003 (ABl. EU Nr. L 115 Seite 63) notwendig ist. Eine Entscheidung dazu wurde noch nicht getroffen. Da das weitere Vorgehen der Bundesregierung von dieser Entscheidung abhängt, kann zu den Planungen hinsichtlich der Umsetzung noch keine Angabe gemacht werden. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/9001, Frage 35): Wie viele von den laut Mikrozensus 2010 in Deutschland vorhandenen 40,5 Millionen Wohnungen, darunter 16,5 Millionen im selbstgenutzten Wohneigentum (siehe Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 15. März 2012), sind nach Kenntnis der Bundesregierung barrierefrei, und warum wurden bei der Erhebung der Daten zur Wohnsituation in Deutschland keine Daten zum Thema Barrierefreiheit erfragt? Über die Anzahl der barrierefreien Wohnungen gibt es in Deutschland keine amtliche Statistik. Zum einen liegt eine einheitliche Definition von Erfassungsmerkmalen barrierefreier Wohnungen aufgrund der föderalen Kompetenzverteilung für die Anwendung von Normen des barrierefreien Bauens in den Ländern nicht vor. Zum anderen hat der Gesetzgeber im Mikrozensusgesetz 2005 andere Merkmale vorgesehen. Aus verschiedenen Quellen lassen sich jedoch Informationen über den Umfang von barrierefreien/-armen Wohnungen ableiten. So hat das Kuratorium Deutsche Altershilfe, Köln – KDA – in seiner im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erstellten Studie „Wohnen im Alter“ durch Befragung von Seniorenhaushalten im Jahre 2009 ermittelt, dass etwa 570 000 Wohnungen, in denen Haushaltsmitglieder ab 65 Jahren wohnen, barrierefrei oder -arm sind. Im Rahmen des vom Bund geförderten KfW-Programms „Altersgerecht Umbauen“ wurden im Zeitraum 2009 bis 2011 darüber hinaus bei rund 82 500 Bestandswohnungen Barrieren abgebaut oder beseitigt. Anlage 23 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 38): Wie sind die drei zunächst nicht gemeldeten Ereignisse am 12. Mai 2009, 19. Januar 2010 und 17. Juni 2010 im Atomkraftwerk Philippsburg 2 seit der Antwort der Bundesregierung auf meine diesbezügliche schriftliche Frage 164 auf Bundestagsdrucksache 17/5016 mittlerweile eingestuft worden – bitte neben Kategorie- und INES-Einstufung auch mit Angabe, ob die Einstufung endgültig abgeschlossen ist oder noch ein Upgrade möglich ist –, und welche meldepflichtigen Ereignisse in deutschen Atomkraftwerken sind während des Leistungsbetriebs bei Instandhaltungen oder Durchführungen von Änderungen vorgekommen? Die Betreiberin des Kernkraftwerkes Philippsburg 2, die EnBW Kernkraft GmbH, EnKK, hat das Ereignis vom 12. Mai 2009 mit Datum vom 18. April 2011 in einer Meldung nach Kategorie N – Normalmeldung – und der Einstufung INES 0 gemeldet. Am 13. März 2012 hat die Betreiberin die zuständige Aufsichtsbehörde, das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, telefonisch darüber informiert, dass bei der Zusammenstellung von Unterlagen für einen Gutachter ein neuer Sachverhalt zu dem Ereignis am 19. Januar 2010 festgestellt wurde. Die Betreiberin hat darauf hin das Ereignis in die Katego-rie E, Eilmeldung, und nach INES in die Stufe 1 eingeordnet und mit Meldeformular vom 19. März 2012 schriftlich gemeldet. Das Ereignis vom 17. Juni 2010 wurde bislang nicht gemeldet. Eine Berichtigung einer Meldung nach der atomrechtlichen Meldeverordnung ist zulässig und kann gegebenenfalls erforderlich sein. Dies kann dann der Fall sein, wenn sich herausstellt, dass relevante Angaben oder die Einstufung des Ereignisses unzutreffend waren. Aufgrund der Nachricht über die Eilmeldung des Ereignisses vom 19. Januar 2010 sowie eines Gutachtens, das Anfang März vorgelegt wurde, wird die bisherige Bewertung aller Einstufungen derzeit vom Betreiber, der Aufsichtbehörde und dem Bundesumweltministerium überprüft. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit zur -Beantwortung der Frage ließen sich acht Ereignisse ermitteln, die während des Leistungsbetriebes bei Instandhaltungen oder Durchführungen von Änderungen aufgetreten sind. Davon waren sieben in der Kategorie N, INES 0 und eines in der Kategorie E, INES 1. Anlage 24 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 39): An welchen Atomkraftwerks- und Zwischenlager- bzw. Sammelstellenstandorten werden Kavernenlager für die Lagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen genutzt, und wie viele Fässer/Gebinde sind dort jeweils vorhanden? Der Bundesregierung liegt keine Übersicht über Kavernen in den Kernkraftwerken und deren Nutzung vor. Eine solche Information kann in der Kürze der für die Beantwortung einer mündlichen Frage zur Verfügung stehenden Zeit nicht beschafft werden. Auch die Zahl der möglicherweise noch dort gelagerten Abfallgebinde ist nicht bekannt. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, hat die Länder mit Schreiben vom 7. März 2012 darüber unterrichtet, dass es im Kernkraftwerk Brunsbüttel bei Umfüllarbeiten zu Schäden an einem Fass gekommen ist, das in einer Kaverne gelagert wurde. In diesem Schreiben wurden die Länder gleichzeitig um Berichte über vergleichbare Fälle gebeten. Die Berichte der Länder sollen im Rahmen des zuständigen Fachausschusses des Länderausschusses für Atomkernenergie im April 2012 erfolgen. In Zwischenlagern für radioaktive Abfälle und in Landessammelstellen sind solche Kavernen nach Kenntnis des BMUs nicht vorhanden. Anlage 25 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 40): Befürwortet die Bundesregierung, dass auch nach 2017 neue Photovoltaikanlagen eine Vergütung erhalten werden, und wie will die Bundesregierung ab 2014 einem Teil dieser Anlagen den Vergütungsanspruch entziehen, um einerseits zwischen geförderten Anlagen im Rahmen des von ihr vorgesehenen Ausbaukorridors, wie in § 64 h Abs. 3 des Kabinettsbeschlusses zum EEG-Änderungsgesetz – EEG: Erneuerbare-Energien-Gesetz – beschrieben ist, und andererseits nichtgeförderten sonstigen Anlagen eindeutig differenzieren zu können? Die Branche hat selbst angekündigt, dass einzelne Segmente ab 2017 keiner Förderung mehr bedürfen. Die Roadmap des Bundesverbandes Solarwirtschaft, BSW, nennt 2013 als Zeitpunkt für die Netzparität im Haushaltsstrombereich. Die Netzparität wurde im Haushaltsstrombereich aber bereits Anfang 2012 erreicht und im Gewerbebereich wird sie gegenwärtig erreicht. Die Netzparität ist somit deutlich früher eingetreten als von der Branche angegeben. Es ist daher nicht notwendig, Anlagen in Zukunft einen Vergütungsanspruch „zu entziehen“. Denn es ist davon auszugehen, dass es in -Zukunft bereits Vermarktungsmöglichkeiten geben wird, die attraktiver sind als die EEG-Vergütung. Somit werden sich Anlagen voraussichtlich auch freiwillig aus der EEG-Vergütung verabschieden. Anlage 26 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 41): Wie werden die Kürzungen bei den im Energie- und -Klimafonds enthaltenen Forschungsmitteln für erneuerbare Energien auf die einzelnen erneuerbaren Energieformen -aufgeteilt, und schließt die Bundesregierung aus, dass von den Kürzungen auch Forschungsmittel für die Photovoltaik betroffen sind? Im Energie- und Klimafonds wurden durch das Bundesministerium der Finanzen, BMF, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, BMELV, und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, bisher jeweils 50 Prozent des anteiligen Sollansatzes des Titels 683 01 – Forschung und Entwicklung, FuE, erneuerbare Energien – für 2012 zugewiesen. Verpflichtungsermächtigungen wurden in Höhe von 60 Prozent des Sollansatzes durch BMF zugewiesen. Es ist beabsichtigt, dem BMU zur Ausfinanzierung von Rechtsverpflichtungen weitere 33 Prozent des anteiligen Sollansatzes und allen Ressorts weitere 10 Prozent der Verpflichtungs-ermächtigungen zur Finanzierung dieses Aufgaben-bereichs zuzuweisen. Hierüber wird der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages in seiner heutigen Sitzung, 21. März 2012, beraten. Im Energie- und Klimafonds stehen somit für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien für BMU, BMELV und BMBF im Wirtschaftsplan 2012 voraussichtlich 20,02 Millionen Euro zur Verfügung. Eine Zuordnung für einzelne Förderbereiche ist in den Wirtschaftsplänen nicht erfolgt, so dass hier keine Angaben zu den Sollzahlen möglich sind. Die Mittel werden bedarfsgerecht und entsprechend der Mittelanforderungen eingesetzt. Es ist vorgesehen, die Forschungsförderung in den Folgejahren abhängig von den zur Verfügung stehenden Mitteln, der Entwicklung des Forschungsbedarfes in den Bereichen der erneuerbaren Energien und auf der Grundlage der beantragten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben fortzuschreiben. Anlage 27 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 42): Wie häufig haben sich in den vergangenen zwölf Monaten Vertreter der Bundesregierung mit Vertretern der kanadischen Regierung – einschließlich Vertretern kanadischer Provinz--regierungen – und/oder mit Vertretern der Mineralölindustrie getroffen, um über die Umsetzung der EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie zu beraten (bitte mit genauer Terminangabe und -jeweiligem Ergebnis des Gesprächs)? Die Bundesregierung versteht die Frage so, dass nach Gesprächen der Mitglieder der Leitung der Bundesressorts, (Bundesminister, Parlamentarische Staatssekretäre und Staatssekretäre, gefragt wird. Seit dem 15. März 2011 haben sich Vertreter der Bundesregierung neun Mal mit Vertretern der kanadischen Regierung getroffen, mit dem Ziel über die Umsetzung der EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie zu sprechen. Die Gespräche haben an folgenden Terminen stattgefunden: 29. April 2011 (2x); 6. Juni 2011; 11. Juli 2011; 18. Oktober 2011; 9. Dezember 2011; 26. Januar 2012; 8. März 2012; 13. März 2012 . Ergebnis der Gespräche war die Entgegennahme der Sichtweise der Gesprächspartner sowie teilweise die Übermittlung des Verfahrensstandes. Die Vertreter der Bundesregierung haben in den Gesprächen zum Ausdruck gebracht, dass seitens Deutschlands eine sach--gerechte, dem Klimaschutz dienende und praktikable Lösung angestrebt wird. Gespräche mit Vertretern der Mineralölindustrie mit dem Ziel, über die Umsetzung der EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie zu sprechen, haben nicht stattgefunden. Zusätzlich gab es Treffen zwischen Vertretern der -kanadischen Regierung oder der Mineralölwirtschaft und Vertretern der Bundesregierung zu anderen Themen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dabei ohne vorherige Ankündigung auch die Kraftstoffqualitätsrichtlinie zur Sprache kam. Anlage 28 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 43): Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Dr. Norbert Röttgen, bis zur Wahl des Landtags in Nordrhein-Westfalen in seiner Funktion als Bundesumweltminister nach heutigem Kenntnisstand wahrnehmen – bitte einzeln auflisten –, und wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass der für -zentrale Fragen der Energiepolitik federführende bzw. mitberatende Bundesumweltminister im Zuge von anstehenden -Beratungen und Entscheidungen – Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, EU-Energieeffizienzrichtlinie, Netzausbauplan, Endlagersuchgesetz usw. – präsent ist? Die Präsenz des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wird bei allen relevanten Themen auf politischer Ebene jederzeit durch Herrn Minister Dr. Röttgen, die Parlamentarischen Staatssekretärinnen Heinen-Esser und Reiche sowie durch Herrn Staatssekretär Becker gewährleistet. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Fragen der Abgeordneten Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) (Drucksache 17/9001, Fragen 44 und 45): Wie viele Informationskurzbriefe zu Projektförderungen bzw. Projektsteckbriefe – geordnet nach Fraktionszugehörigkeit und Jahr – hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung in dieser Legislaturperiode an Mitglieder des Deutschen Bundestages versandt? Werden diese Projektsteckbriefe an alle Mitglieder des Deutschen Bundestages, die den betreffenden Wahlkreis repräsentieren, verschickt, und erhalten alle betroffenen Abgeordneten die Informationen in gleicher Art und Weise? Zu Frage 44: Nach Bewilligung stehen den Abgeordneten aller Fraktionen Informationen zu Projektförderungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, BMBF, im Internet unter www.foerderkatalog.de zur Verfügung. Dieses System wird kontinuierlich erweitert, sodass die Recherchemöglichkeiten weiter verbessert werden. Auf Nachfrage stellt das BMBF zusätzlich allen Abgeordneten des Deutschen Bundestages Zusammenstellungen über laufende Projektförderungen im jeweiligen Wahlkreis zur Verfügung. Seit 2009, zur Zeit der Großen Koalition, stellt das BMBF den Mitgliedern der jeweiligen Regierungsfraktionen nach Bewilligung von Projekten regelmäßig Informationen zu besonderen Vorhaben zur Verfügung. Aufgeteilt nach Fraktionen wurden folgende Anzahl von Briefen mit Projektsteckbriefen versandt: Schreiben 2009: CDU/CSU 289, SPD 227, FDP 23; 2010: CDU/CSU 470, FDP 231; 2011: CDU/CSU 1 474, FDP 669. Zu Frage 45: Allen Abgeordneten des Deutschen Bundestages stehen Informationen über bewilligte Projektförderungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Internet unter www.foerderkatalog.de zur Verfügung. Auf Nachfrage erhalten alle Abgeordneten vom BMBF Zusammenstellungen über laufende Projekte in ihren Wahlkreisen. Seit 2009 informiert das BMBF die Mitglieder der jeweiligen Regierungsfraktionen zusätzlich über besondere Vorhaben in ihren Wahlkreisen, nachdem diese bewilligt worden sind. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Michael Gerdes (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 48): Wie bewertet das Bundesministerium für Bildung und Forschung die mögliche Kritik, dass aufgrund der einseitigen Information von nur einem und nicht von allen Mitgliedern des Deutschen Bundestages, die einen Wahlkreis repräsentieren, die Öffentlichkeitsarbeit von Mitgliedern des Deutschen Bundestages ungleich unterstützt und damit der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt wird? Nach Bewilligung stehen den Abgeordneten aller Fraktionen Informationen zu Projektförderungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, BMBF, im Internet unter www.foerderkatalog.de zur Verfügung. Dieses System wird kontinuierlich erweitert, sodass die Recherchemöglichkeiten weiter verbessert werden. Auf Nachfrage stellt das BMBF zusätzlich allen Abgeordneten des Deutschen Bundestages Zusammenstellungen über laufende Projektförderungen im jeweiligen Wahlkreis zur Verfügung. Die Information über besondere Vorhaben im Bereich der Projektförderung durch Projektsteckbriefe ist ein kleiner Teil der umfassenden Kommunikation in den parlamentarischen Raum. Insofern stehen allen Mitgliedern des Deutschen Bundestages Möglichkeiten zur Verfügung, die Förderungen des BMBF in ihren Wahlkreisen öffentlichkeitswirksam zu begleiten. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Michael Gerdes (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 49): Wie bewertet die Bundesregierung das in der Presse (Hamburger Abendblatt vom 12. März 2012) zitierte Fördervolumen von 16 Millionen Euro im Jahr für die gemeinsame Förderung von lediglich wenigen Modellprojekten zur Lehrerausbildung hinsichtlich des Ziels einer schnellen und flächendekkenden Verbesserung der Lehrerausbildung? Der Bericht im Hamburger Abendblatt geht zurück auf ein Papier der Arbeitsgruppe Bildung und Forschung der Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag. Hier werden die gegenwärtige Diskussion um die mögliche Gestaltung einer von Bund und Ländern getragenen Exzellenzinitiative Lehrerbildung aufgegriffen und Vorschläge zur Umsetzung einer solchen Initiative unterbreitet. Die Bundesregierung wertet das als einen wertvollen Beitrag, der die Diskussion bereichert und zur Meinungsbildung über eine mögliche Bund-Länder-Initiative zur Verbesserung der Lehrerbildung in Deutschland beiträgt. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 50): Welches konkrete Konzept verfolgt die Bundesregierung hinsichtlich der mit der Kultusministerkonferenz beabsichtigten gemeinsamen Förderung der Lehrerausbildung, und wann wird sie dem Parlament ein beratungsreifes Konzept vorlegen können? Für die Bundesregierung hat die Exzellenzinitiative Lehrerbildung das Ziel, im Rahmen eines wettbewerbs-orientierten Verfahrens – die Zusammenarbeit von Fachdisziplinen, Fachdidaktiken, Erziehungswissenschaften und schulpraktischen Elementen der Ausbildung zu verbessern, – die Inhalte der Ausbildung stärker aufeinander abzustimmen, – eine praxisorientierte Fachdidaktik zu fördern und – schulpraktische Elemente als immanente Bestandteile in der Lehrerausbildung zu verankern. Die Lehrerausbildung muss auf eine stärkere Verzahnung ihrer Ausbildungszeiten (Lehramtsstudium, Referendariat, Lernen im Beruf) setzen und die Besten eines Jahrgangs für den Beruf gewinnen. Zugleich bedarf es einer – länderübergreifenden Anerkennung von Ausbildungselementen und Abschlüssen in der Lehrerausbildung und einer – grundsätzlichen Verbesserung der Mobilität der Lehramtsstudierenden und der Lehrkräfte an den Schulen. Nachdem sich die Gremien der KMK mit einer möglichen, von Bund und Ländern getragenen Initiative zur Verbesserung der Lehrerbildung befasst haben, werden die Gespräche zwischen Bund und Ländern in der gemeinsamen Wirtschaftskonferenz fortgesetzt werden. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 51): In welcher Höhe hat die Bundesregierung im Einzelplan 30 – bitte mit Titelangabe – des Bundeshaushaltes für 2012 Mittel zur Finanzierung des Bundesanteils an der geplanten gemeinsamen Lehrerausbildungsförderung vorgesehen, und welche Ansatzentwicklung ist in der mittelfristigen Finanzplanung hierzu angelegt? Die haushaltsmäßige Veranschlagung des Bundesanteils wird zu gegebener Zeit im Rahmen der weiteren Verhandlungen und der Konkretisierung des Einzelplans 30 im Haushaltsverfahren erfolgen. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Druck-sache 17/9001, Frage 52): Wie viele der im Rahmen der zweiten Programmphase des Hochschulpaktes 2020 vereinbarten zusätzlichen Studien-anfänger – unter Angabe des voraussichtlichen Zeitpunktes des Erreichens der bislang vereinbarten Obergrenze und der Zahl der bislang vollständig, „spitz“, abgerechneten Studienanfänger, nach Bundesländern – sind bereits an Hochschulen aufgenommen, und inwieweit sieht die Bundesregierung im -Hinblick auf die aktuelle Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen durch die Kultusministerkonferenz vom Februar 2012 die Notwendigkeit, den Hochschulpakt 2020 – unter Angabe der dafür gegebenenfalls in der laufenden Finanzplanung und im vorgesehenen Eckwertebeschluss zum Bundeshaushalt 2013 getroffenen finanziellen Vorkehrungen – aufzustocken? Nach der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes sind für das Studienjahr 2011 – dem ersten Jahr der zweiten Programmphase – rund 153 500 zusätzliche Studienanfänger gegenüber dem Vergleichsjahr 2005 zu verzeichnen. Diese verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Länder: Baden-Württemberg 21 479 Bayern 35 240 Berlin 9 995 Brandenburg 1 972 Bremen 1 761 Hamburg 5 627 Hessen 10 717 Mecklenburg-Vorpommern 1 268 Niedersachsen 11 697 Nordrhein-Westfalen 38 583 Rheinland-Pfalz 6 496 Saarland 1 688 Sachsen 1 093 Sachsen-Anhalt 1 730 Schleswig-Holstein 2 407 Thüringen 1 831 Deutschland 153 584 Die zusätzlichen Studienanfänger werden entsprechend der vereinbarten Systematik nachlaufend ab 2013 abgerechnet. Eine baldige Überschreitung der im Hochschulpakt vereinbarten Obergrenzen für die zweite Programmphase, 2011 bis 2015, ist nicht zu erwarten. Die Bundesregierung sieht daher derzeit keine Notwendigkeit für weitere Verhandlungen über den Hochschulpakt. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Fragen des Abgeordneten Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) (Drucksache 17/9001, Fragen 55 und 56): In welcher Form ist die Landesregierung von Baden-Württemberg bisher bei der Bundesregierung wegen der insolventen Drogeriemarktkette Schlecker vorstellig geworden? In welcher Form könnte die Bundesregierung tätig -werden, um die Finanzierung der Transfergesellschaft und -Arbeitsplätze zu sichern? Zu Frage 55: Die Landesregierung Baden-Württemberg ist persönlich, schriftlich und telefonisch mit der Bundesregierung in Kontakt. Zu Frage 56: Bei Schlecker handelt es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten. Der zu deckende Finanzbedarf wird vom vorläufigen Insolvenzverwalter auf rund 70 Millionen Euro beziffert. Die Programmkredite der KfW sind für Unternehmen in Schwierigkeiten nicht zugelassen. Zudem gibt es im Umgang mit Finanzierungsanfragen von Unternehmen eine in der Vergangenheit regelmäßig geübte Praxis zwischen Bund und Ländern. Danach ist das Land, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, Ansprechpartner und Koordinator in Finanzierungsfragen zwischen den betroffenen Ländern. Hilfe durch den Bund kommt nur in Betracht, wenn die Bundesländer finanziell überfordert sind. Die Bundesregierung begrüßt deshalb, dass der Insolvenzverwalter mit dem Land Baden-Württemberg im Gespräch ist. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Fragen des Abgeordneten Lars Klingbeil (SPD) (Drucksache 17/9001, Fragen 57 und 58): Wie bewertet die Bundesregierung Gründe für das Scheitern einer freiwilligen Einführung eines Warnhinweismodells bei mutmaßlichen Urheberrechtsverletzungen im Internet im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, BMWi, durchgeführten Wirtschaftsdialogs am 15. März 2012, und wird sie – wie vom Parlamentarischen Staatssekretär Hans-Joachim Otto für diesen Fall angekündigt – an dem Vorhaben einer gesetzlichen Verankerung eines solchen Warnhinweismodells festhalten? Auf welchen konkreten Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen – Medienberichten zufolge ist von zehn Maßnahmen die Rede – hat man sich im Rahmen des Wirtschaftsdialogs am 15. März 2012 verständigt, und ist es dem Bundesministerium der Justiz zwischenzeitlich gelungen, auch das BMWi von den massiven (datenschutz-, europa- und verfassungs-)rechtlichen Bedenken gegen derartige Warnhinweismodelle – wie sie auch im Rahmen des Wirtschaftsdialogs vorgetragen wurden – zu überzeugen? Zu Frage 57: Über eine Versendung von Warnhinweisen durch Diensteanbieter gab es zwischen den am „Wirtschafts-dialog“ beteiligten Rechteinhabern und Diensteanbietern keinen Konsens. Auch zu einer Versendung von Warnhinweisen durch die Rechteinhaber selbst gab es unterschiedliche Meinungen. Die Bundesregierung wird die im Rahmen des Dialogs hierzu erfolgten Stellungnahmen in ihre weiteren Überlegungen mit einbeziehen. Zu Frage 58: Im Rahmen einer Tischumfrage gegen Ende des Wirtschaftsdialogs vom 15. März 2012 haben die Teilnehmer verschiedene potenzielle Maßnahmen für einen besseren Schutz des geistigen Eigentums im Internet, wie zum Beispiel eine breit angelegte Aufklärungskampagne unter Einbeziehung prominenter Künstler, genannt. Sie werden nun geprüft und sollen sodann Grundlage der weiteren Gespräche sein. Eine rechtliche Prüfung möglicher Warnhinweismodelle hat – je nach deren konkreter Ausgestaltung – insbesondere auch die Vereinbarkeit mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 10, 12 und 14 GG und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einzubeziehen. Anlage 37 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 59): Wann wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen innerhalb der Bundesregierung abgestimmten Plan zur Reduzierung der Bundeswehr in Afghanistan vorlegen? Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag in der Regel alle zwölf Monate einen Antrag zur Beteiligung deutscher Soldatinnen und Soldaten an der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan, ISAF, vor. In den letzten beiden Anträgen hat die -Bundesregierung eine Reduzierung des deutschen ISAF-Kontingents in Aussicht gestellt, „soweit die Lage es -erlaubt und ohne dadurch die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten oder die Nachhaltigkeit des Transi-tionsprozesses zu gefährden“. Die erstmalige Reduzierung wurde zum Jahreswechsel 2011/2012 wie angekündigt umgesetzt. Ziel der Bundesregierung ist es, auch zum Ende -dieses Mandatszeitraums die in Aussicht gestellte Reduzierung umsetzen zu können. Vor dem Hintergrund der auf dem NATO-Gipfel in Lissabon 2010 vereinbarten Transitionsstrategie und des Ziels, spätestens Ende 2014 die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte abgeschlossen zu haben, ist es Absicht der Bundesregierung, auch mit den zukünftigen Mandaten die weitere Anpassung des deutschen ISAF-Kontingents vorzunehmen. Anlage 38 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/9001, Frage 60): Welchen Einfluss hat die aktuelle Debatte über die beschleunigte Reduzierung insbesondere der US-amerikanischen und britischen Truppen in Afghanistan auf die Entscheidung der Bundesregierung zur Reduzierung des deutschen Truppenkontingents in Afghanistan? Die vergangene Woche in den Medien kolportierten angeblichen weiteren Truppenreduzierungen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens können von der Bundesregierung nicht bestätigt werden. Die Bundesregierung plant hinsichtlich des weiteren militärischen Engagements in Afghanistan so zu verfahren, wie ich es Ihnen in der Antwort auf Ihre erste Frage dargestellt habe. „Gemeinsam rein – gemeinsam raus“ lautet der einschlägige Grundsatz im Bündnis. Anlage 39 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 61): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Forderung des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai vom 15. März 2012, alle NATO-Truppen sollten sich aus den Dörfern und Regionen in ihre Stützpunkte zurückziehen und bereits 2013 die ganze Sicherheitsverantwortung an afghanische Einheiten übergeben, sowie aus dem Aussetzen der Friedensgespräche durch die Taliban am gleichen Tag, weil die USA unannehmbare Vorbedingungen stellen, und warum besteht die Bundesregierung entgegen diesem erklärten Abzugsverlangen der afghanischen Regierung trotzdem auf einer Fortsetzung der Kampfeinsätze der Bundeswehr mindestens bis Ende 2014 und jedenfalls einer Kampfpräsenz über 2014? Der afghanische Staatspräsident Hamid Karzai hat mit seinen Äußerungen vom 15. März 2012 lediglich bekräftigt, was bereits auf dem NATO-Gipfel in Lissabon im November 2010 beschlossen wurde: Die Sicherheitsverantwortung wird nach und nach an die afghanische Regierung übergeben. Der Prozess soll nach mit den afghanischen Partnern abgestimmten Planungen der NATO Mitte 2013 in allen Gebieten des Landes begonnen haben. Dies ist der strategische Konsens der Konferenzen von London, Kabul und Lissabon im Jahr 2010, welchen Präsident Karzai keineswegs infrage stellen wollte. Er hat dies durch seinen Sprecher bereits am 16. März 2012 klarstellen lassen. Auch die Bundesregierung steht weiterhin hinter diesem Konsens. Ein Zusammenhang zwischen den Äußerungen von Präsident Karzai und den in den Medien kolportierten Abbruch der Friedensgespräche durch die Taliban sieht die Bundesregierung nicht. Anlage 40 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksa-che 17/9001, Frage 62): Weshalb gibt es nach der Festnahme eines mutmaßlichen marokkanischen Agenten in Berlin (Quelle: Spiegel Online vom 15. Februar 2012) bisher keinerlei Konsequenzen für marokkanische Diplomaten und die marokkanische Botschaft, während nach der Festnahme von mutmaßlichen syrischen Agenten in Berlin vier syrische Diplomaten ausgewiesen wurden? Die Bundesregierung bewertet jeden Fall von mutmaßlicher Spionage einzeln und unabhängig voneinander. Hierbei spielen das Verhältnis zum betroffenen Land sowie insbesondere die Schwere der Vorwürfe eine Rolle. Anlage 41 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 63): Inwiefern trifft es zu, dass die deutschen Botschaften in Amman (Jordanien) und Beirut (Libanon) derzeit an sie gerichtete Visaanträge syrischer Staatsbürger ablehnen? Die Deutschen Botschaften in Amman und Beirut prüfen Visaanträge syrischer Staatsbürger nach Maßgabe der bestehenden visarechtlichen Bestimmungen. Das Auswärtige Amt hat seine Auslandsvertretungen nicht angewiesen, die Visumerteilung an Personen mit Wohnsitz in Syrien einzuschränken oder einzustellen. Anlage 42 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 64): Aus welchen Gründen nimmt die Bundesregierung keine syrischen Flüchtlinge aus der Türkei und dem Libanon auf und behandelt keine verletzten Syrerinnen und Syrer in Deutschland, und wie lässt sich diese Position mit den in Syrien anhaltenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vereinbaren? Nach dem Grundsatz des territorialen Asyls können Personen nur innerhalb des Bundesgebiets Schutz beantragen. In besonders gelagerten Einzelfällen ist die Erklärung von Aufnahmen aus dem Ausland möglich. Vor dem Hintergrund der Lage in Syrien wurden bereits einige syrische Schutzsuchende in Deutschland aufgenommen. Die Bundesregierung hat bereits die Aufnahme verletzter Syrerinnen und Syrer in Deutschland zu Behandlungszwecken geprüft und steht hierzu auch weiterhin mit humanitären Organisationen und dem Syrischen Nationalrat in engem Austausch. Im Fokus der humanitären Hilfe steht nach internationalen Standards jedoch die Hilfeleistung vor Ort. Hier ist die Bundesregierung bereits mit konkreten Projekten und weiteren Planungen aktiv. Anlage 43 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 65): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Situation der syrischen Flüchtlinge in den Aufnahmelagern in der Türkei, unter anderem in Bezug auf die Grundversorgung -sowie die medizinische und psychologische Betreuung der Flüchtlinge, insbesondere der Kinder, und inwiefern wirkt die Bundesregierung auf die türkische Regierung ein, dem -UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees – Zugang zu diesen Flüchtlingslagern zu gewähren sowie Unterstützung bei der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen zuzulassen? Das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen, UNHCR, beurteilt die Versorgung der syrischen Flüchtlinge in der Türkei durch die türkische Regierung und den Türkischen Roten Halbmond als ausreichend und angemessen. Es verfügt nach eigenen Angaben über Zugang zu den Flüchtlingslagern. Anlage 44 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Da?delen (DIE LINKE) (Drucksache 17/9001, Frage 66): Welche Hinweise, über eigene Erkenntnisse hinaus (siehe Antwort auf die mündliche Frage 89 auf Bundestagsdruck-sache 17/8828 vom 2. März 2012, in der es hieß, sie „verfügt über keine eigenen Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung“), hat die Bundesregierung darüber, dass die USA „ernsthaft ein mögliches militärisches Engagement in Syrien“ erörtern, darunter direkte Waffenlieferungen an die Opposition, eine Entsendung von Truppen zur Gewährleistung eines humanitären Korridors und einer „sicheren Zone“ für die Rebellen sowie, Schläge gegen das syrische Raketenabwehrsystem durchzuführen (vergleiche Washington Post vom 10. März 2012, www.washingtonpost.com/world/national-security/talk-of-military-aid-rises-as-hopes-fade-for-peaceful-syria-solution/ 2012/03/10/gIOAzis83R_story.html), und schließt die Bundesregierung eine Beteiligung an einer solchen Intervention aus? US-Präsident Barack Obama hat am 6. März 2012 öffentlich unilateralem militärischen Vorgehen eine Absage erteilt und betont, dass die US-Regierung gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft folgende Ziele verfolgt: Politische und wirtschaftliche Isolation der syrischen Regierung, humanitäre Hilfe und Unterstützung der Opposition. In einer Anhörung vor dem Verteidigungsausschuss des US-Senats am 7. März 2012 haben Verteidigungsminister Leon Panetta und Generalstabschef Martin Dempsey diese Linie unterstrichen. Sie bestätigten, dass im Pentagon auch militärische Optionen geprüft würden. Beide betonten allerdings ausdrücklich ihre Zweifel an der Möglichkeit, die Krise in Syrien militärisch zu lösen. Verteidigungsminister Panetta wies darauf hin, das ein militärisches Eingreifen von außen die Lage in Syrien weiter eskalieren lassen könnte. Die Bundesregierung verfügt über keine darüber hi-naus gehenden Hinweise, dass die USA ernsthaft ein militärisches Engagement in Syrien erörtern. Daher stellt sich für die Bundesregierung die Frage nach der Beteiligung an einer solchen Intervention nicht. Anlage 45 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Da?delen (DIE LINKE) (Drucksache 17/9001, Frage 67): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Beteiligung welcher EU-Mitgliedstaaten und den Einsatzzweck der Abstellung von „europäischen Marinetruppen“, welche gemäß der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. Februar 2012 zum Iran und zu seinem Nuklearprogramm (P7_TA-PROV(2012)0024) zur Sicherung der Straße von Hormus vor dem Hintergrund der EU-Sanktionen gegen iranische Ölexporte neben US-amerikanischen Marinetruppen abgestellt worden sein sollen und wonach „die militärische Lage in der gesamten Region auf die höchste Alarmstufe hochgestuft wurde“? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen, über die Entschließung des Europäischen Parlaments hinausgehenden Erkenntnisse vor. Anlage 46 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 68): Wie ist der aktuelle Stand der für den Sahel geplanten zivilen EU-Mission, und inwiefern und in welchem Ausmaß plant die Bundesregierung sich an dieser Mission zu beteiligen? Der Rat der Europäischen Union hat die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, -Catherine Ashton, am 1. Dezember 2011 beauftragt, die Planungen für einen Einsatz im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, GSVP, zur Stärkung der Sicherheitsstrukturen in ausgewählten Ländern der Region als Teil der EU-Sahel-Strategie voranzutreiben. Der Europäische Auswärtige Dienst, EAD, hat den EU-Mitgliedstaaten Anfang März 2012 ein Krisenmanagement-Konzept für eine zivile GSVP-Mission in der Republik Niger vorgelegt, das derzeit noch verhandelt wird. Es basiert auf einer Prüfmission, die der EAD im Januar 2012 in Niger durchgeführt hat, und sieht eine zivile Beratungs- und Ausbildungsmission mit einem anfänglichen Mandat von zwei Jahren vor. Nach gegenwärtiger Planung soll der Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen am 23. März 2012 das Krisenmanagementkonzept – als ersten Baustein einer GSVP-Mission – verabschieden. Eine personelle Beteiligung Deutschlands wird im Lichte der weiteren Ausplanungen geprüft werden. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/9001, Frage 69): Welche Hinweise kann die Bundesregierung zu den sich -widersprechenden Aussagen des Hamburger Senats (Druck--sache 20/3339) und der Bundesregierung, Antwort auf meine schriftliche Frage auf Bundestagsdrucksache 17/9002, machen, wonach gemäß dem Hamburger Senat das Bundesministerium des Innern einen Vertrag mit einem privaten Unternehmen zur Verwendung einer Software zum Versand von „Stillen SMS“ geschlossen hat, während die Bundesregierung die Existenz -eines solchen Vertrages verneint, und welche Akteure – etwa private Dienstleister, andere Behörden, Landeskriminalämter, Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen – sind jeweils in den Versand „Stiller SMS“ durch Bundesbehörden – Bundeskriminalamt, Zollkriminalamt, Bundespolizei, Geheimdienste – eingebunden? Mit der schriftlichen Frage, Arbeitsnummer 3/60 wurde nach Auffassung der Bundesregierung die Information begehrt, ob private Unternehmen mit der Versendung oder Auswertung von „Stillen SMS“ beauftragt wurden. Daher steht die Beantwortung der Frage nicht im Widerspruch zur Antwort der hamburgischen Senatsverwaltung, der die Frage nach Verträgen zur Softwarenutzung für die Versendung von „Stillen SMS“ zugrundeliegt. Im Übrigen verweise ich auf Antwort der Bundes--regierung zur Kleinen Anfrage zur computergestützten Kriminaltechnik bei Polizeibehörden, Bundestagsdrucksache 17/8544 vom 6. Februar 2012. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/9001, Frage 70): Mitarbeiter welcher deutscher Ministerien bzw. Behörden waren an der Prioritätensetzung und Ausarbeitung der informellen, als „Input“ bezeichneten „Common responses to -current challenges by Member States most affected by -secondary mixed migration flows“ beteiligt, und welches Ziel verfolgt das „Pilotprojekt“ am griechisch-türkischen Grenzfluss Evros, über das ein Vertreter der griechischen Regierung im Gemischten Ausschuss am Rande der 3 151. Tagung der Justiz- und Innenminister und -ministerinnen am 8. März 2012 in Brüssel referierte und das demnach im September 2012 beginnen soll? Am 7. März 2012 fand in Brüssel ein informelles Treffen der Innenminister von Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, der Niederlande, Schweden, Großbritannien zum Thema „Gemeinsame Antworten auf aktuelle Herausforderungen in besonders stark von sekundärer Migration betroffenen Mitgliedstaaten“ statt. Das Bundesministerium des Innern war an der inhaltlichen Vorbereitung dieses Treffens beteiligt. Bei dem „Pilotprojekt“ handelt es sich um den Aufbau eines ersten neuen Aufnahmezentrums im Norden Griechenlands mit dem Ziel, die Aufnahmebedingungen von Asylbewerbern zu verbessern. Die Einrichtung ausreichender Aufnahmekapazitäten ist Teil des nationalen griechischen Aktionsplans zur Asylreform und zum Migrationsmanagement. Das genaue Datum der Inbetriebnahme der Aufnahmeeinrichtung ist hier nicht bekannt. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9001, Frage 72): Aufgrund welcher geänderten Situation hat der Bundes-minister des Innern am 14. März 2012 – mit allen weiteren Länder-Innenministern der CDU und der CSU – entgegen seinem und deren früheren Widerstand nun beschlossen, V-Leute nur in NPD-Vorständen lediglich vorübergehend stillzulegen, jedoch nicht konsequenterweise sämtliche V-Leute unter -Mitgliedern der NPD sowie anderer rechter Organisationen dauerhaft abzuschalten, und teilt die Bundesregierung meine Auffassung, dass V-Leute in der rechten Szene erheblichen Schaden anrichten, etwa indem sie mit ihrem Lohn aus Steuergeldern rechte Kameradschaften und Umtriebe finanzieren? Der Bundesminister des Innern hat mit den Innenministern der unionsgeführten Länder Fragen zu einem möglichen NPD-Verbotsverfahren ausführlich erörtert. Um in verfahrensrechtlicher Hinsicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die Stellung eines Parteiverbotsantrages zu genügen, müssen alle staatlichen Stellen rechtzeitig vor Eingang des Verbotsantrags beim Bundesverfassungsgericht – spätestens mit der öffentlichen Bekanntmachung der Absicht, einen Antrag zu stellen – ihre Quellen in den Vorständen der Partei von Bund und Ländern abgeschaltet haben. Die Frage des Einsatzes von Quellen ist stets eine Frage der Abwägung. Es ist unstreitig, dass der Rückgriff auf Zuträger und Informanten aus einer extremistischen Szene Unwägbarkeiten mit sich bringt. Dennoch sind V-Leute im Zusammenspiel verschiedener offener und nachrichtendienstlicher Erkenntnismittel ein wichtiges und unverzichtbares Instrument der Sicherheits--behörden. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Klaus Ernst (DIE LINKE) (Druck-sache 17/9001, Frage 73): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Äußerungen von Regierungsmitgliedern, die dazu geeignet sind, -Ressentiments gegen Griechenland zu schüren, Rechtsradikale dazu ermutigen, Straftaten gegen in Deutschland lebende Griechinnen und Griechen zu begehen, und welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hierzu vor? Die Bundesregierung verwahrt sich gegen den Vorwurf des Fragestellers, Rechtsextremisten durch Äußerungen von Regierungsmitgliedern zumindest mittelbar zu Straftaten gegen in Deutschland lebende Griechen zu ermutigen. Im Übrigen liegen der Bundesregierung weder Erkenntnisse vor, die auf eine konkrete Gefährdung griechischer Staatsbürger oder griechischer Einrichtungen schließen lassen noch solche, die im Zusammenhang mit der aktuellen Finanzkrise in Griechenland auf eine -gestiegene abstrakte Gefährdung griechischer Interessen in Deutschland durch Täter aus dem Phänomenbereich der PMK-rechts hindeuten. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/9001, Frage 74): Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvR 633/11 vom 12. Oktober 2011), das insbesondere feststellt, dass „die medizinische Behandlung eines Untergebrachten … gegen seinen natürlichen Willen (kurz: Zwangsbehandlung) … in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit“ eingreift, vor dem Hintergrund von Art. 14 der UN-Behindertenrechtskonvention mit seiner Regelung, „dass das Vorliegen einer Behinderung in keinem Fall eine Freiheitsentziehung rechtfertigt“, für die Novellierung der Gesetzgebung, vorrangig des Unterbringungsgesetzes (UBG)? In der Entscheidung vom 12. Oktober 2011 hat sich das Bundesverfassungsgericht mit der Zwangsbehandlung von Insassen des Maßregelvollzugs in Baden-Württemberg befasst. Es hat festgestellt, dass die zugrunde -liegende landesrechtliche Vorschrift mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes unvereinbar ist. Das Gericht führt dazu aus, dass die Zwangsbehandlung eines Untergebrachten allerdings ungeachtet der besonderen Schwere des darin liegenden Eingriffs durch das grundrechtlich geschützte Freiheitsinteresse des Untergebrachten selbst gerechtfertigt sein kann. Dies gilt auch für eine Zwangsbehandlung zur Erreichung des Ziels des Maßregelvollzuges. Nach dieser Entscheidung sind Zwangsbehandlungen zur Erreichung des Vollzugsziels (Entlassungsfähigkeit) jedoch nur zulässig, wenn dem Untergebrachten krankheitsbedingt die Einsichtsfähigkeit fehlt . Die angesprochenen Unterbringungsgesetze fallen in die Zuständigkeit der Länder. Selbstverständlich verfolgt die Bundesregierung aufmerksam die vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung geführte Diskussion und die weitere Entwicklung der Rechtsprechung. Ob und wenn ja welche Folgerungen möglicherweise aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts über die unmittelbar angesprochene gesetzliche Regelung hinaus zu ziehen sind, wird sorgfältig zu analysieren sein. Soweit hier bekannt ist, prüfen einige Länder, zum Beispiel Baden-Württemberg, bereits Änderungs- und Ergänzungsbedarf für ihre jeweiligen Unterbringungs- bzw. Maßregelvollzugsgesetze. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Klaus Ernst (DIE LINKE) (Drucksache 17/9001, Frage 75): Wie hoch belaufen sich die Abschreibungsverluste deutscher Landesbanken, der KfW Bankengruppe, der sogenannten Bad Banks FMS Wertmanagement und der Ersten Abwicklungsanstalt, EAA, der Banken, an denen der Bund beteiligt ist, sowie öffentlich-rechtlicher Sparkassen im Zuge des griechischen Schuldenschnitts, bitte aufgeschlüsselt nach Banken sowie Volumen? Aufgrund des jüngst vereinbarten griechischen Schuldenschnitts werden die FMS Wertmanagement 3,1 Milliarden Euro und die Erste Abwicklungsanstalt 0,3 Milliarden Euro abschreiben. Diese Abschreibungen werden zum 31. Dezember 2011 vorgenommen. Bis zum 30. September 2011 hatten die FMS Wert-management 5,8 Milliarden Euro und die Erste Abwicklungsanstalt 0,5 Milliarden Euro an Risikovorsorge gebildet. Die KfW-Bankengruppe hat bis zum 31. Dezember 2011 Abschreibungen in Höhe von 182 Millionen Euro auf griechische Staatsanleihen vorgenommen. Zu den anderen von Ihnen aufgezählten Kreditinstituten kann ich Ihnen Folgendes mitteilen: Ein institutsübergreifendes Auskunftsersuchen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und Deutscher Bundesbank zum Griechenlandrisiko von Anfang März dieses Jahres zeigt, dass die zwölf Institute, die an der aktuellen Rekapitalisierungsübung der Europäischen Bankaufsichtsbehörde beteiligt sind, ihr Exposure in griechischen Staatsanleihen bis zum 31. Dezember 2011 um insgesamt 4,98 Milliarden Euro abgeschrieben haben. Da die vorliegenden Informationen aus der Aufsicht stammen, wäre eine weitergehende Aufschlüsselung nach einzelnen Instituten aufgrund der Vertraulichkeitsbestimmungen von § 9 Gesetz über das Kreditwesen, KWG, nur unter Beachtung der Geheimhaltungsvorschriften an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages möglich. Schließlich möchte ich darauf hinweisen, dass der Bundesregierung die von Ihnen erbetenen Informationen nicht für sämtliche Einzelinstitute vorliegen. Wie Sie wissen, gibt es in Deutschland zum Beispiel alleine über 400 öffentlich-rechtliche Sparkassen. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Fragen des Abgeordneten Anton Schaaf (SPD) (Drucksache 17/9001, Fragen 76 und 77): Welche Informationen liegen der Bundesregierung über die Verteilung nach Alter bei den Antragstellern und Antragstellerinnen auf Zahlung einer Altersrente nach den Regelungen des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto, ZRBG, zum Zeitpunkt der Antragstellung vor? Wie verteilen sich die Rentenanwartschaften – differenziert nach der Zahl der persönlichen Entgeltpunkte – bei den positiv beschiedenen Anträgen auf eine ZRBG-Rente seit dem Jahr 2002, und bei wie vielen Personen sind weitere Anwartschaften in persönlichen Entgeltpunkten aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorhanden? Zu Frage 76: Die Altersstruktur der Antragstellerinnen und Antragsteller auf Leistungen nach dem ZRBG stellt sich für die seit Juni 2009 von Amts wegen überprüften Fälle wie folgt dar: Alter in Jahren* Vorgänge in Prozent Unter 60 0,4 61 bis 65 4,1 66 bis 70 10,1 71 bis 75 23,8 76 bis 80 31,7 81 bis 85 18,1 86 bis 90 7,3 91 bis 95 3,4 Über 95 1,1 * Alter zum Zeitpunkt der Erstantragstellung – Differenz zwischen Antrags- und Geburtsjahr Für die bis zum Juni 2009 bewilligten Altersrenten mit ZRBG-Zeiten liegen Daten zur Verteilung nach Alter nicht vor. Zu Frage 77: Bei den seit Juni 2009 rund 23 000 im Überprüfungsverfahren bewilligten Altersrenten mit ZRBG-Zeiten ergibt sich folgende Verteilung der persönlichen Entgeltpunkte: Persönliche Entgeltpunkte Vorgänge in Prozent 0 bis unter 5 20,3 5 bis unter 10 48,6 10 bis unter 15 23,3 15 bis unter 20 6,1 20 bis unter 25 0,9 25 bis unter 30 0,2 30 bis unter 35 0,1 35 bis unter 40 0,1 40 bis unter 45 0,1 45 bis unter 50 0,1 50 und mehr 0,2 Eine Differenzierung der in den bewilligten Altersrenten enthaltenen persönlichen Entgeltpunkten danach, ob sie auf ZRBG-Sachverhalten oder anderen rentenrechtlich relevanten Sachverhalten beruhen, ist nicht möglich. Für die bis zum Juni 2009 bewilligten Altersrenten mit ZRBG-Zeiten liegen Daten zur Verteilung der Entgeltpunkte nicht vor. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage der Abgeordneten Jutta Krellmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/9001, Frage 78): Wie viele Unternehmensgründungen aus den Ländern Rumänien und Bulgarien hat es bundesweit 2011 gegeben, und wie bewertet die Bundesregierung daran gemessen die Aussage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Kurzbericht 24/2011, dass die hohe Zahl von Selbstständigen aus den MOE-Ländern – MOE: Länder in Mittel- und Ost-europa – zu einer Erosion tarifgebundener Beschäftigungsverhältnisse beitragen könnte? Der Bundesregierung ist die Zahl der Unternehmensgründungen von rumänischen und bulgarischen Staatsangehörigen im Jahr 2011 noch nicht bekannt. Darüber hinaus fehlt es vor allem an näheren Informationen darüber, in welchen Branchen und zu welchen Konditionen diese Personen ihre Leistungen anbieten. Die Bundesregierung hat daher auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in seinem Kurzbericht 24/2011 geäußerte Vermutung, die Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit durch Unionsbürger, speziell aus mittel- und osteuropäischen Staaten, könne zu einer Erosion tarifgebundener Beschäftigungsverhältnisse führen, den Tatsachen entspricht. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Fragen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE) (Drucksache 17/9001, Fragen 81 und 82): Wie viele vom Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur haushaltsrechtlichen Befristung vom 9. März 2011 betroffene Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit sollten in dessen Umsetzung an einen anderen Arbeitsort versetzt werden, und in wie vielen Fällen klagten Betroffene dagegen (bundesweit und nach Bundesländern)? Wie stellt sich bislang der Ausgang der Klagen von Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit gegen ihre Versetzung an einen anderen Arbeitsort im Zuge der Umsetzung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts zur haushaltsrechtlichen Befristung vom 9. März 2011 dar (bundesweit und nach Bundesländern)? Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit liegen hierzu zentral keine gesammelten Daten vor, sodass in der gegebenen Zeit eine Beantwortung nicht möglich ist. Es bedürfte hierfür einer umfangreichen strukturierten Abfrage bei den Regionaldirektionen der Bundesagentur für Arbeit. Anlage 56 Erklärung des Abgeordneten Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag des Bundesministeriums der Finanzen „Finanzhilfen zugunsten der Hellenischen Republik“ (Drucksachen 17/8730, 17/8731, 17/8735) (160. Sitzung, Tagesordnungspunkt 1 b) Ich habe an der oben genannten Abstimmung nicht teilgenommen. Anlagen 19842 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 167. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 21. März 2012 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 167. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 21. März 2012 19843 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 38. Sitzung – 4. April 2003 4 19860 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 167. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 21. März 2012 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 167. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 21. März 2012 19861