Plenarprotokoll 17/177 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 177. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. Mai 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Gesetzentwurf zur Reform des Seehandelsrechts; weitere Fragen zur Kabinettssitzung Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ Herbert Behrens (DIE LINKE) Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ Herbert Behrens (DIE LINKE) Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 17/9517) Mündliche Frage 1 Gerd Bollmann (SPD) Ökologischer Vorteil von Mehrwegverpackungen gegenüber recycelten bzw. recycelbaren Einweggetränkeverpackungen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Gerd Bollmann (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Mündliche Frage 2 Gerd Bollmann (SPD) Maßnahmen der Bundesregierung zur -Reaktion auf die sinkenden Mehrwegquoten bei Getränkeverpackungen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Gerd Bollmann (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 3 Dr. Matthias Miersch (SPD) Vorlage der angekündigten Eckpunkte für das geplante Wertstoffgesetz Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Matthias Miersch (SPD) Mündliche Frage 4 Dr. Matthias Miersch (SPD) Umfang des derzeitigen Pfandschlupfs; Verringerung im Rahmen der anstehenden Überarbeitung der Verpackungsverordnung Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Matthias Miersch (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Mündliche Frage 5 Dirk Becker (SPD) Vorlage des gesetzlich geforderten Erfahrungsberichts zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz sowie eines Vorschlags zur Weiterentwicklung des Gesetzes Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dirk Becker (SPD) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 6 Dirk Becker (SPD) Pläne zur Einbeziehung des Gebäude-bestands in die verpflichtende Nutzung erneuerbarer Energien bei der Erzeugung von Heizwärme und Warmwasser sowie einer Umlage auf fossile Brennstoffe in das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dirk Becker (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Ulrich Kelber (SPD) Mündliche Frage 11 Frank Schwabe (SPD) Stellenwert von Kraftstoffen aus Teersanden und anderen Quellen im Rahmen der geplanten Kraftstoffqualitätsrichtlinie Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Frank Schwabe (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 9 Dr. Bärbel Kofler (SPD) Besetzung der B-4-Stelle für den Sachverständigenrat für Umweltfragen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Bärbel Kofler (SPD) Frank Schwabe (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Dr. Bärbel Kofler (SPD) Mündliche Frage 14 Michael Gerdes (SPD) Einschätzung von Bundesministerin Dr. Annette Schavan zu den Regelungen des neuen Wissenschaftsfreiheitsgesetzes Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Zusatzfrage Tankred Schipanski (CDU/CSU) Mündliche Frage 15 Michael Gerdes (SPD) Vorgaben für die Ressortforschungseinrichtungen des Bundes als Vorbildcharakter für das gesamte Wissenschaftssystem Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Zusatzfragen Michael Gerdes (SPD) Uwe Schummer (CDU/CSU) Mündliche Frage 16 René Röspel (SPD) Untergesetzliche Regelung des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Zusatzfragen René Röspel (SPD) Tankred Schipanski (CDU/CSU) Dr. Peter Röhlinger (FDP) Mündliche Frage 17 René Röspel (SPD) Wirksamkeit des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes ohne Beschlüsse des Bundestages und ohne Umsetzung der Länder Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Zusatzfragen René Röspel (SPD) Mündliche Frage 20 Swen Schulz (Spandau) (SPD) Berücksichtigung steigender Studienanfängerzahlen in der mittelfristigen Finanzplanung; geplante Änderungen im Bundesausbildungsförderungsgesetz Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Zusatzfragen Swen Schulz (Spandau) (SPD) Mündliche Frage 21 Swen Schulz (Spandau) (SPD) Sanierungs- und Modernisierungsbedarf an Hochschulen; Bereitstellung entsprechender Kompensationsmittel nach dem Entflechtungsgesetz Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Zusatzfrage Swen Schulz (Spandau) (SPD) Mündliche Frage 26 Agnes Alpers (DIE LINKE) Befassung des Deutschen Bundestages mit dem Deutschen Qualifikationsrahmen Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Zusatzfragen Agnes Alpers (DIE LINKE) Uwe Schummer (CDU/CSU) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 27 Agnes Alpers (DIE LINKE) Vereinbarungen zur Einordnung der Abschlüsse im Gesundheits- und Pflegebereich Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Zusatzfragen Agnes Alpers (DIE LINKE) Ralph Lenkert (DIE LINKE) Mündliche Frage 28 Dr. Sascha Raabe (SPD) Fehltage von Bundesminister Niebel bei Sitzungen des Bundeskabinetts; wahrgenommene Termine von Bundesminister Niebel an diesen Fehltagen Antwort Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär BMZ Zusatzfragen Dr. Sascha Raabe (SPD) Helga Daub (FDP) Mündliche Frage 29 Dr. Sascha Raabe (SPD) Entscheidung des Bundeskabinetts über die neue Ressortzuständigkeit für ODA-relevante Vorhaben Antwort Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär BMZ Zusatzfragen Dr. Sascha Raabe (SPD) Dr. Bärbel Kofler (SPD) Mündliche Frage 44 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaige Überwachung der Ein- und Verkaufspreise der Raffinerien im Rahmen der geplanten Markttransparenzstelle Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi Zusatzfragen Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 60 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Verbesserung der Haftbedingungen für -Palästinenser in israelischer Haft Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Mündliche Frage 61 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Unterstützung für das Programm „Parlamentarier unterstützen Parlamentarier“, insbesondere im Fall von Marwan -Barghuthi Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Mündliche Frage 66 Uwe Schummer (CDU/CSU) Schaffung von Verhandlungsmöglichkeiten auf Augenhöhe für die Dachverbände der ehrenamtlich kulturschaffenden Vereine zur Gestaltung der Tarifverträge der GEMA Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Zusatzfrage Uwe Schummer (CDU/CSU) Mündliche Frage 67 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gewährung des Ehegattensplittings für eingetragene Lebenspartnerschaften bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Gute Prognosen bestätigt: Mehr Wachstum und mehr Beschäftigung in Deutschland Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMWi Hubertus Heil (Peine) (SPD) Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) Michael Schlecht (DIE LINKE) Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) Michael Groschek (SPD) Karl Schiewerling (CDU/CSU) Anton Schaaf (SPD) Claudia Bögel (FDP) Max Straubinger (CDU/CSU) Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) Lena Strothmann (CDU/CSU) Nächste Sitzung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 7 Ute Vogt (SPD) Fortsetzung des Marktanreizprogramms für erneuerbare Energien und der nationalen Klimaschutzinitiative; Auswirkungen der Kürzungen auf kleine und mittlere Unternehmen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 3 Mündliche Frage 8 Ute Vogt (SPD) Nationale Umsetzung der geplanten EU-Bodenschutzrichtlinie Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 4 Mündliche Frage 10 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einbindung des BMU in die Kontaktaufnahme mit Brasilien zum Atomkraftwerk Angra 3 Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 5 Mündliche Frage 18 Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) Zustimmungsbedürftigkeit des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 6 Mündliche Frage 19 Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) Anhaltende Zielverfehlung bei den Stipendien nach dem Stipendiengesetz; geplante Anhebung der Förderquote für die Hochschulen vor diesem Hintergrund Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 7 Mündliche Fragen 22 und 23 Willi Brase (SPD) Effektivität der Förderung benachteiligter Kinder und Jugendlicher durch beauftragte private Stiftungen im Rahmen der geplanten lokalen Bildungsbündnisse Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 8 Mündliche Fragen 24 und 25 Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Kosten und Finanzierung einer flächendeckenden Verbesserung der Lehrerausbildung Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 9 Mündliche Frage 30 Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) Vorlage eines Konzepts zur Übertragung der humanitären Hilfe vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen-arbeit zum Auswärtigen Amt Antwort Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär BMZ Anlage 10 Mündliche Frage 31 Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) Jahresplanung der GIZ bezüglich der Anzahl der Entwicklungshelfer für 2012 Antwort Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär BMZ Anlage 11 Mündliche Frage 32 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Förderung von Anbaualternativen zu Koka in Form von Stevia in Bolivien, Kolumbien und Peru Antwort Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär BMZ Anlage 12 Mündliche Frage 33 Karin Roth (Esslingen) (SPD) Schwerpunkte des BMZ im Rahmen der Afrika-EU-Energiepartnerschaft und -Potenziale im Bereich der erneuerbaren Energien Antwort Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär BMZ Anlage 13 Mündliche Frage 34 Dr. Barbara Hendricks (SPD) Geplante Steigerung deutscher staatlicher Mittel für den Bildungsbereich in Afrika Antwort Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär BMZ Anlage 14 Mündliche Frage 35 Dr. Barbara Hendricks (SPD) Unterstützung der landesverträglichen Entwicklung der Infrastruktur in Entwicklungsländern mit wachsendem deutschen Tourismus unter Einhaltung der Sozial-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards Antwort Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär BMZ Anlage 15 Mündliche Frage 36 Stefan Rebmann (SPD) Unterstützung des Demokratieaufbaus in den Transformationsländern Nordafrikas aus Mitteln des Einzelplans 23 und Einschätzung des Demokratieprozesses in Ägypten aus entwicklungspolitischer Sicht Antwort Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär BMZ Anlage 16 Mündliche Frage 37 Stefan Rebmann (SPD) Rahmen und Umfang von Hilfen in der -Region Nordafrika aus den Mitteln des Entwicklungshaushaltes und/oder des -Europäischen Entwicklungsfonds für den Parteienaufbau bzw. für Programme für Parlamentsabgeordnete Antwort Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär BMZ Anlage 17 Mündliche Frage 38 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaige Absprachen auf dem Energiegipfel am 2. Mai 2012 Antwort Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Anlage 18 Mündliche Frage 39 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auf dem Energiegipfel am 2. Mai 2012 besprochene Lösungsansätze bezüglich Kosten und Subventionen zu Netzausbau, Speicherinvestitionen, Kraftwerksbau, Ausbau erneuerbarer Energien und Energieeffizienz Antwort Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Anlage 19 Mündliche Frage 40 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Belastungen der Verbraucher infolge der Lastabschaltprämie und weiterer Zeitplan für die Abschaltverordnung Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 20 Mündliche Frage 41 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorgaben des BMWi für das in Auftrag gegebene Gutachten zum Strommarktdesign/Kapazitätsmarkt Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 21 Mündliche Frage 42 Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterspeisung der Bilanzkreise im Februar 2011 und zukünftige Verhinderung solcher Gefahren Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 22 Mündliche Frage 43 Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Funktion, Aufgaben und Besetzung von Stellen für zwei Projektmitarbeiter nach dem Entwurf für ein Markttransparenzstellengesetz Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 23 Mündliche Frage 45 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verhinderung der Kreditvergabe an das ukrainische Atomkraftwerk-„Safety Upgrade-Program“ durch Euratom Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 24 Mündliche Frage 46 Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abrüstungspolitische Schlussfolgerungen aus den Investitionen deutscher Versicherer und Banken in Herstellerfirmen von Atomwaffen Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 25 Mündliche Frage 47 Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Reaktion der Bundesregierung auf die Androhung eines Präventivschlags Russlands auf Anlagen des NATO-Raketenabwehrsystems in Europa Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 26 Mündliche Frage 48 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Sicherheitspolitische Risiken für Europa in Anbetracht der russischen Drohungen gegen den Aufbau des NATO-Raketenabwehrschirms Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 27 Mündliche Frage 49 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Legitimität des jüngsten US-Drohnen-angriffs in Pakistan Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 28 Mündliche Frage 50 Klaus Hagemann (SPD) Aktueller Stand bei der östlichen Partnerschaft mit der Ukraine sowie aktueller Stand bei der Einrichtung eines Europäischen Fonds für Demokratie als Reaktion auf die Umbrüche im arabischen Raum Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 29 Mündliche Frage 51 Inge Höger (DIE LINKE) Pläne der NATO zur Ausbildung und -Finanzierung der afghanischen Sicherheitskräfte nach 2014 und Umfang der Beteiligung der Bundesrepublik Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 30 Mündliche Fragen 52 und 53 Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Menschenrechtslage in der Ukraine; Umgang mit der Ukraine im Hinblick auf die Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft 2012 Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 31 Mündliche Frage 54 Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaige Verlegung der Eishockey-Weltmeisterschaft 2014 von Belarus in ein anderes Land Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 32 Mündliche Frage 55 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Pläne für die zivile GSVP-Mission im Niger sowie für weitere EU-Missionen im Rahmen der EU-Sahel-Strategie Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 33 Mündliche Frage 56 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Konsequenzen aus der Erkundungsmission des Auswärtigen Amtes für die humanitäre Hilfe in der Sahelzone Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 34 Mündliche Frage 57 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einrichtung eines United Nations Emergency Peace Service, UNEPS; deutsche Zusagen im Rahmen des United Nations Stand-by Arrangement System, UNSAS Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 35 Mündliche Fragen 58 und 59 Heike Hänsel (DIE LINKE) Situation in Syrien; etwaiges Scheitern des Friedensplans von Kofi Annan Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 36 Mündliche Frage 62 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Existenz und Zusammensetzung eines ressortübergreifenden Ausschusses zu Fragen von Information und Kommunikation bezüglich Angelegenheiten der EU und der Rolle Deutschlands innerhalb der EU Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 37 Mündliche Frage 63 Andrej Hunko (DIE LINKE) Unterstützungsleistungen der EU für Renovierungen, Umstrukturierungen und Neubauten griechischer Abschiebehaftanstalten und dem damit verbundenen Aufbau neuer Polizeieinheiten und Polizeista-tionen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 38 Mündliche Frage 64 Andrej Hunko (DIE LINKE) Umstände der Tötung des deutschen Staatsangehörigen Samir H. durch eine US-Drohne im pakistanischen Waziristan; vorheriger Austausch deutscher Stellen mit US-Behörden über Samir H. und seine Familie Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 39 Mündliche Frage 65 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gesetzlicher Handlungsbedarf beim Beschäftigtendatenschutz vor dem Hintergrund der aktuellen Berichterstattung über den Missbrauch personenbezogener Daten bei der Aldi-Gruppe Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 40 Mündliche Frage 68 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Vorläufiger Rechtsschutz bei der Gewährung des Splittingtarifs bei eingetragenen Lebenspartnerschaften Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 41 Mündliche Frage 69 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Kontrollmöglichkeiten deutscher Finanzbehörden bei der Nachversteuerung im Rahmen des Steuerabkommens mit der Schweiz; Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Schweizer Behörden Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 42 Mündliche Frage 70 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Durchführung der Nachversteuerung nach dem Steuerabkommen mit der Schweiz bei Fehlen der entsprechenden Genehmigungsbescheinigung Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 43 Mündliche Frage 71 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Steuerliche Behandlung der sogenannten E-Zigarette Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 44 Mündliche Frage 72 Dr. Bärbel Kofler (SPD) Aufhebung der Haushaltssperre der Verpflichtungsermächtigungen beim internationalen Klima- und Umweltschutz des Sondervermögens Energie- und Klimafonds Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 45 Mündliche Frage 73 Frank Schwabe (SPD) Grundlage für die Annahme eines Preises von 10 Euro für ein CO2-Zertifikat im Jahr 2013 Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 46 Mündliche Frage 74 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen einer möglichen Verknüpfung der Vergünstigungen bei der Ökosteuer mit dem Nachweis einer jährlichen Energieeinsparung von 1 Prozent Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 47 Mündliche Frage 75 Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einrichtung einer europäischen Restrukturierungsbehörde für Banken Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 48 Mündliche Frage 76 Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Pläne für direkte Hilfen des Europäischen Stabilitätsmechanismus und der EFSF an Banken der Euro-Zone Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 49 Mündliche Fragen 77 und 78 Elke Ferner (SPD) Gründe und Kosten des Auftrags des BMAS an die Beratungsgesellschaft McKinsey & Company zur Erarbeitung von Vorschlägen zu Beitragsbemessung, Meldeverfahren und Beitragseinzug bei einer obligatorischen Alterssicherung von Selbstständigen Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 50 Mündliche Frage 79 Karin Roth (Esslingen) (SPD) Gesetzliche Ausgestaltung eines effektiven Mindestlohns gemäß Eckpunktepapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 51 Mündliche Fragen 80 und 81 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Maßnahmen zur Förderung der kleinen Küsten- und Kutterfischerei und damit auch der Krabbenfischerei; Perspektive eines Anstiegs der Krabbennachfrage Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 52 Mündliche Frage 82 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zulassung von Stevia als Lebensmittel in der EU Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 53 Mündliche Frage 83 Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Maßnahmen der Bundesregierung angesichts der aktuellen Krise am Milchmarkt und der massiven Preissenkungen für Molkereiprodukte durch mehrere Discounter Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 54 Mündliche Frage 84 Inge Höger (DIE LINKE) Einsatz deutscher Flottendienstboote im Rahmen nationaler Aufklärungsfahrten oder Fahrten im Kontext von Bündnisoperationen im Jahr 2012 Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 55 Mündliche Frage 85 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einsatz der Bordhubschrauber im deutschen Einsatzaufgebot für Atalanta zur Zerstörung von Piraterielogistik an Land Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 56 Mündliche Frage 86 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Regelungen der Conterganstiftung zur Information der Conterganopfer über die Arbeit der Stiftung Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 57 Mündliche Frage 87 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Konsequenzen aus der Internationalen Studie zu Leistungen und Ansprüchen thalidomidgeschädigter Menschen in 21 Ländern sowie dem Gutachten zur Klärung gedachter Ansprüche aus Arzneimittelhaftung bei Thalidomidschäden im Inland Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 58 Mündliche Frage 88 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zustandswerte für Autobahnen aus der Erhebung von 2009/2010 in den einzelnen Bundesländern Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 59 Mündliche Frage 89 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) An einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für den Straßenbau interessierte Bundesländer sowie ausgewählte Pilotstrecken Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 60 Mündliche Fragen 90 und 91 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kosten und Auswirkungen der Nutzung des alten Terminals A auf dem Flughafen Schönefeld als Regierungsterminal infolge der Verschiebung des Fertigstellungstermins des neuen Terminals Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Inhaltsverzeichnis 177. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. Mai 2012 Beginn: 13.00 Uhr Vizepräsident Eduard Oswald: Ich begrüße Sie sehr herzlich und wünsche uns allen einen schönen Nachmittag. Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Gesetzentwurf zur Reform des Seehandelsrechts. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Bundesministerin der Justiz, Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Bitte schön, Frau Ministerin. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz: Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Reform des Seehandelsrechts soll das weitgehend noch aus dem 19. Jahrhundert stammende deutsche Seehandelsrecht den Bedürfnissen der maritimen Wirtschaft im Jahre 2012 angepasst werden. Ziel ist, den Wirtschafts-, Rechts- und Justiz-standort Deutschland zu stärken. Das gilt besonders mit Blick auf Norddeutschland und seine wichtigen Häfen. Zu diesem Zweck sieht der Gesetzentwurf Folgendes vor: Wir strukturieren in unserem Handelsgesetzbuch, HGB – das ist also leicht zu finden –, das Seehandelsrecht. Wir schaffen aber auch überholte Institute ab. Manche stammen noch aus dem Mittelalter. Bei der sogenannten Partenreederei beispielsweise kommt es allein auf das Eigentum am Schiff an. Das ist mit den Entwicklungen im Gesellschaftsrecht nicht mehr in Einklang zu bringen. Wir wollen das Gesetz aber auch vereinfachen; denn es geht hier um verschiedene Verträge. Zu den Beförderungsverträgen gehören zum einen die Seefrachtverträge und zum anderen die Personenbeförderungsverträge. Hier werden deutliche Differenzierungen in Bezug auf die Übersichtlichkeit und Klarstellung geschaffen und Unsicherheiten, welche vertraglichen Regelungen noch gelten, beseitigt. Neben den Beförderungsverträgen gibt es noch die Schiffsüberlassungsverträge. Dazu zählen Schiffsmieten und Zeitcharterverträge. All das soll jetzt getrennt geregelt werden. Damit ist es für die Betroffenen übersichtlicher gestaltet. Zur Neuregelung gehört die Differenzierung zwischen Stückgutfrachtverträgen und Reisefrachtverträgen. Daneben wird die Personenbeförderung vertraglich geregelt. Ein wichtiger Punkt dieses Gesetzentwurfes ist: Mit unseren Haftungsregelungen orientieren wir uns an internationalen Übereinkommen. Das ist für den Standort Deutschland wichtig. Hätten wir hier ein von internationalen Standards abweichendes Recht, dann wäre es für die Reeder in Deutschland und für die Reeder, die den Haftungsregelungen in Deutschland unterworfen sind, von Nachteil. Es würde dann versucht werden, nicht das deutsche Recht anwenden zu müssen. Wir wollen uns nicht vom Recht anderer wichtiger Seerechtsnationen abkoppeln. Nach deutschem Recht sollen vor allem Beförderer nicht schlechter gestellt werden als Beförderer, die ausländischem Recht unterliegen. In einem weiteren Punkt nehmen wir eine Änderung vor: Wir halten nicht mehr am gesetzlichen Ausschluss der Haftung von Beförderern fest, wenn es um Schäden geht, die entweder von der Schiffsbesatzung bei der Führung oder der sonstigen Bedienung des Schiffes oder durch Feuer an Bord des Schiffes verursacht werden. Das ist ein Haftungsausschluss, der aus dem 19. Jahrhundert stammt und der sich heute wohl kaum noch rechtfertigen lässt. Daher machen wir Schluss damit, gerade im Interesse derjenigen, deren Güter mit Schiffen befördert werden. Auf europäischer Ebene gibt es die „EG-Verordnung von 2009 über die Unfallhaftung von Beförderern von Reisenden auf See“, die im Dezember dieses Jahres in Kraft tritt. Darin werden die Haftungsregelungen ebenfalls verschärft. Wie wichtig ein guter Schutz von Schiffspassagieren ist, hat der Unfall der „Costa Concordia“ gezeigt. Mit der Reform soll sichergestellt werden, dass das hohe Schutzniveau, das ab Ende dieses Jahres auf EU-Ebene gilt, auch für Schiffsbeförderungen zutrifft, die nicht unter die EG-Verordnung fallen, zum Beispiel bei innerstaatlicher Küstenschifffahrt oder der Binnenschifffahrt. Daher wünschen und hoffen wir, dass das sehr umfangreiche Gesetzentwurfspaket bis zum Ende dieses Jahres beraten und verabschiedet werden kann, sodass wir unser nationales Recht im Gleichklang mit den entsprechenden EU-Regelungen ausrichten können. Recht herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es liegt nun zu diesem Themenbereich, den Sie eben dargestellt haben, die erste Frage vor, und ich gebe das Wort Frau Kollegin Dr. Valerie Wilms. Bitte schön, Frau Kollegin Dr. Wilms. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Frau Ministerin, für Ihren Bericht. Ganz so euphorisch wie Sie bin ich an dieser Stelle jedoch nicht. Denn es gibt durchaus neue Regeln zum Thema Seehandelsrecht, zum Beispiel die Rotterdam Rules. Es wundert mich schon ein wenig, dass Sie diese Regeln nicht mit herangezogen haben. Es wäre da mehr möglich gewesen. Warum haben Sie die Rotterdam Rules nicht einbezogen? Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz: Im Bereich Seehandelsrecht gibt es viele international gültige Übereinkommen, so das ursprüngliche Übereinkommen, die Haager Regeln, und das Ergänzungsprotokoll, die Visby-Regeln. Mit den Rotterdam Rules haben wir uns natürlich intensiv beschäftigt, und zwar in den Beratungen, die von einer Sachverständigenkommission fünf Jahre lang vorbereitet wurden und die jetzt über ein Jahr lang intensivste Diskussionen mit allen Interessierten nach sich gezogen haben. Die Rotterdam Rules sind bis heute noch nicht in Kraft. Keiner weiß, wann sie in Kraft treten können. Der Zeitpunkt ist noch ungewiss. Insofern ist es sicherlich richtig, dass wir uns im Großen und Ganzen an dem aktuell geltenden internationalen Stand der Übereinkommen orientieren. Wir haben allerdings auch einige Punkte aus den Rotterdam Rules – wie gesagt, bis jetzt und auch absehbar nicht in Kraft – übernommen, zum Beispiel die elektronischen Beförderungsdokumente und einige andere Dinge. Insofern hatten wir diese Rules sehr wohl im Blick, haben uns aber nicht ausschließlich an ihnen orientiert. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Sie haben eine weitere Nachfrage? Bitte schön, Frau Dr. Wilms, Sie haben das Wort. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Nach meinem Wissensstand sind die Rotterdam Rules nunmehr von Spanien ratifiziert worden; 24 Staaten haben sie inzwischen unterzeichnet. Insofern ist es schon ein bisschen erstaunlich, dass Sie fünf Jahre dazu brauchen, das Ganze in Gang zu setzen, und es jetzt nicht schaffen, dass diese Rules von Deutschland ebenfalls unterzeichnet werden. Erläutern Sie mir doch bitte die Gründe für diese Vorgehensweise. Wer hat denn da im Hintergrund gedrückt? Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz: Es gibt weder im Hintergrund noch im Vordergrund jemanden, der gedrückt hätte. Wir haben uns daran orientiert, welche Auswirkungen die Regelungen, die wir jetzt im Seehandelsrecht verankern, auf den Standort Deutschland haben werden. Zeichnung der Rotterdam Rules heißt ja nicht, dass sie damit sofort in Kraft treten, sondern dazu ist eine Ratifizierung notwendig, die nach allem, was wir wissen, im Moment noch ungewiss ist. Wir wissen nicht, wann sie erfolgt. Wir müssen auch darauf achten, wie die Situation an anderen Standorten ist. Wir können doch nicht Regelungen, die eindeutig zu einer deutlichen Verschärfung der Haftung führen, bei uns in Kraft setzen, während sie noch nicht von allen Staaten ratifiziert worden sind. Damit würden wir die Reeder in Deutschland benachteiligen, weil die verschärften Regelungen in anderen Staaten noch nicht gelten. Wir müssen die Wettbewerbssituation und die Gefahr von Benachteiligungen im Blick behalten. Wir haben sehr wohl einige Aspekte der Rotterdam Rules in die umfangreiche Reform einbezogen. Aber das gilt nicht für alle Regelungen, insbesondere nicht für die, die eine Benachteiligung nach sich ziehen, weil sie nirgendwo sonst gelten. Das wäre im Interesse unseres Wirtschaftsstandortes zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht richtig. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Als nächsten Fragesteller habe ich unseren Kollegen Herbert Behrens. Herbert Behrens (DIE LINKE): Frau Ministerin, Sie haben vor einem Jahr den Referentenentwurf vorgelegt. Eben haben Sie den Begriff der Vereinfachung angeführt. Nebenbei bemerkt: Der Referentenentwurf umfasst 250 Seiten, aber gut. – Es hat nun ein Jahr gedauert, bis man so weit war, heute im Kabinett darüber zu beraten und einen endgültigen Vorschlag vorzulegen. Was hat sich in diesem Zeitraum substanziell verändert? Ist der Zeitraum von einem Jahr der Tatsache geschuldet, dass es wesentliche Überarbeitungen geben musste? Sie haben davon gesprochen, dass Sie sich in diesem Jahr mit Interessierten beraten haben. Ich würde gerne wissen, wer diese Interessierten sind. Es gab eben den Hinweis auf die Reeder, ich denke, diese Gruppe hat bestimmt eine Rolle gespielt. Ein weiterer Punkt. Haben Sie aufgrund der aktuellen Diskussion über die Sicherheit der Seewege in den Entwurf auch die Problematik aufgrund von Piraterie und die Gewährleistung von Sicherheit auf Passagierschiffen explizit eingearbeitet, was vor einem Jahr in der Form sicherlich noch nicht möglich gewesen ist? Vizepräsident Eduard Oswald: Das war die Frage des Kollegen Herbert Behrens. Bitte schön, Frau Bundesministerin. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz: Bevor wir diesen Entwurf heute im Kabinett beraten haben, gab es eine Erörterung zu diesem Thema – das ist so üblich –, und zwar mit allen Interessierten. Das ist auf der einen Seite die verladende Industrie, die Schiffe nutzt, um ihre Waren zu transportieren – hier geht es um Haftungsfragen –, das sind auf der anderen Seite diejenigen, die Schiffe – sei es durch Überlassung oder durch Eigentumserwerb – zur Verfügung stellen und damit für Risiken zu haften haben. Das betrifft aber genauso Landesjustizverwaltungen, alle interessierten Verbände und Institutionen, und zwar nicht nur Verbände aus dem Bereich der Wirtschaft. Alle sind zur Abgabe von Stellungnahmen aufgefordert worden und haben umfangreiche Stellungnahmen abgegeben. Dass es unterschiedliche Stellungnahmen zum Thema Ausgestaltung von Haftungen gibt, ist klar; denn wir verändern sie. Für Personenbeförderungen heben wir die bisher geltende Grenze bei verschuldensabhängiger Haftung auf etwas unter 500 000 Euro an. Für Güterbeförderungen haben wir uns geeinigt, den gesetzlichen Haftungsausschluss für nautisches Verschulden und Feuer zu beseitigen. Der verladenden Industrie ging es darum, eine möglichst scharfe Haftung von Reedern für den Fall zu schaffen, dass es zu Beschädigungen oder Unfällen kommt. All das zeigt: Es gibt sehr unterschiedliche Interessen, die zu Recht artikuliert werden. Aber wir haben gerade an dem genannten gesetzlichen Haftungsausschluss nicht festgehalten, weil das aus unserer Sicht überhaupt nicht mehr in die heutige Zeit passt. Der Gesetzentwurf befasst sich nicht mit Piraterie oder ähnlichen Themen. Wir haben für andere Fragen internationale Übereinkommen, die Gültigkeit haben, gerade wenn es um Ölhavarie oder andere Fälle geht. Wir haben in unserem Gesetzentwurf dazu keine weiteren Regelungen aufgenommen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Ich stelle fest, dass zu dem Gesetzentwurf zur Reform des Seehandelsrechts keine weiteren Fragen vorhanden sind. Damit kommen wir zu weiteren Fragen zur heutigen Kabinettssitzung. Gemeldet hat sich unsere Kollegin Frau Dr. Valerie Wilms. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Am Montag hat der Club of Rome seinen neuen Bericht vorgelegt: 2052: Eine globale Vorausschau. Es geht um die Grenzen des Wachstums. Dieser Bericht ist in der Presse heute und gestern ausführlich behandelt worden. Der erste Bericht des Club of Rome führte zum Erdgipfel 1992 in Rio de Janeiro. Die Bundeskanzlerin betont immer wieder gerne, dass Klaus Töpfer und Helmut Kohl den Rio-Prozess vorangetrieben haben. 20 Jahre später, im Juni dieses Jahres, findet die Nachfolgekon-ferenz in Rio statt. Dort werden die Weichen für die nächsten Jahre gestellt. Diese Weichenstellungen sind entscheidend für das Schicksal der Menschheit. Warum hat die Bundeskanzlerin als Vertreterin einer der wichtigsten Industrienationen der Erde ihre Teilnahme abgesagt? War diese Absage Thema der heutigen Kabinettssitzung? Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Ich gebe das Wort dem Staatsminister bei der Bundeskanzlerin. Bitte schön. Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Frau Kollegin, das war heute nicht Thema der Kabinettssitzung. (Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe auch gefragt, warum!) Vizepräsident Eduard Oswald: Nächste Fragestellerin ist Frau Kollegin Dagmar Enkelmann. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Seehandelsrecht scheint ein sehr spannendes Thema zu sein. Es gibt aber noch ein weiteres spannendes Thema – ich gehe jetzt von der See in die Luft –: Gestern ist erneut die Eröffnung des Willy-Brandt-Flughafens verschoben worden. Der Bund ist ebenfalls Eigentümer, nicht nur die Länder Berlin und Brandenburg. Hat sich das Kabinett heute mit der erneuten Verschiebung der Eröffnung beschäftigt? Hat es sich mit den Folgen dieser Verschiebung für den gesamten Luftverkehr beschäftigt? Vor allen Dingen möchte ich wissen: Hat sich das Kabinett mit der Frage beschäftigt, wer für die Mehrkosten aufkommt? Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Bitte schön, Herr Staatsminister. Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Frau Kollegin Enkelmann, der Umstand an sich ist vom Verkehrsminister in der Sitzung angesprochen worden. Die umfangreichen Fragen, die Sie an diese Verschiebung geknüpft haben, konnten bisher im Kabinett noch nicht geklärt werden. Zunächst sind die Länder gefordert. Vielleicht erkundigen Sie sich einmal bei der Landesregierung Brandenburg, an der Ihre Partei beteiligt ist. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Der Bund ist genauso Eigentümer! Also geht es den Bund etwas an! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Bund ist Miteigentümer! Da waren wir heute im Verkehrsausschuss weiter!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächste Fragestellerin ist unsere Kollegin Ingrid Hönlinger. Dann folgt der Kollege Volker Beck. Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – Wir hatten heute im Rechtsausschuss eine recht lebendige Diskussion über den Gesetzentwurf der Grünen zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlecht-liche Paare. Insbesondere ging es in der Diskussion um die Themen Steuerrecht und Adoption. In einer Tickermeldung von heute ist zu lesen, dass das Bundesjus-tizministerium einen Gesetzentwurf zu einer stärkeren Gleichstellung der Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare mit der Ehe vorlegen will. Einkommensteuer und Adoption sollen allerdings ausgenommen sein. Ich würde gerne wissen, welche Bereiche geregelt werden sollen und ob dies Thema der Kabinettssitzung war. – Danke. Vizepräsident Eduard Oswald: Herr Staatsminister. Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Das war nicht Gegenstand der Kabinettssitzung, Frau Kollegin. Die Justizministerin ist gerne zur sachlichen Beantwortung der Frage bereit. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz: Frau Kollegin, bei dem von Ihnen angesprochenen Entwurf geht es darum: Im Zusammenhang mit der Beantwortung einer Großen Anfrage zur eingetragenen -Lebenspartnerschaft wurde deutlich, dass in vielen Gesetzen Regelungen vorhanden sind, die nicht dem heutigen Rechtsstand „eingetragene Lebenspartnerschaft“ entsprechen. Es sollen entsprechende Korrekturen vorgenommen werden. Materiell-rechtliche Regelungen hinsichtlich des Steuerrechts, insbesondere des Einkommensteuerrechts, und der Adoption sind jedoch nicht enthalten. Zu dem letzten Punkt werden in der Koalition unterschiedliche Auffassungen vertreten. Bezüglich des anderen Punktes warten wir auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächster Fragesteller, wie angekündigt, Kollege Volker Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zum gleichen Thema, zum gleichen Gesetzentwurf. Ich finde es schön, dass unsere Große Anfrage zu einer Gesetzesinitiative aus Ihrem Hause führt, weil Sie endlich gemerkt haben, wo es überall klemmt. Erstaunlich finde ich, dass die größten rechtspolitischen Fragen in den beiden Bereichen Einkommensteuer- und Adop-tionsrecht nicht beantwortet werden. Das andere ist eher rechtsbereinigender Natur. Ich würde gerne wissen, welchen Status der Gesetzentwurf hat. Heute brüstet man sich in Agenturmeldungen mit diesem Vorstoß. Ist dieser Gesetzentwurf innerhalb der Bundesregierung abgestimmt? Warum war er nicht Gegenstand der Kabinettssitzung, um ihn von der Bundesregierung zu verabschieden? Pustet man einfach einen Referentenentwurf in die Öffentlichkeit, weil am 13. Mai 2012 Landtagswahlen sind, oder steht die Koalition dahinter? Warum verstecken Sie sich bei einer offensichtlichen Diskriminierung im Steuerrecht hinter dem Bundesverfassungsgericht? Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz: Sehr geehrter Herr Kollege, die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen haben in dem Bereich der eingetragenen Partnerschaft einiges auf den Weg gebracht. Das Gesetz zur Übertragung ehebezogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartnerschaften ist in Kraft getreten. Wir haben die Magnus-Hirschfeld-Stiftung geschaffen. Dies war ein einstimmiger Beschluss aller Fraktionen des Bundestages. Von dieser Regierung und den Koalitionsfraktionen ist all das gemacht worden, was von früheren Regierungen nicht gemacht wurde. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollen etwas zum Referentenentwurf sagen!) Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen, wenn wir in unserer Rechtsordnung Anpassungen vornehmen. Das ist, glaube ich, richtig. Wir werden einen Schritt nach dem anderen gehen. Natürlich gibt es bei einigen Punkten unterschiedliche Auffassungen. Die Punkte, zu denen es unterschiedliche Auffassungen gibt, können nicht – das ist klar – in eine gesetzliche Regelung gegossen werden. Aber das heißt nicht, dass nicht jeder in der -Koalition seine Auffassung und Haltung dazu hat. Es werden nicht irgendwelche Referentenentwürfe herausgepustet. Wir arbeiten an einem Gesetzentwurf. Es ist ganz normal, dass es etwas dauert, bis eine Kabinettsbefassung ansteht. Deshalb stand dieser Entwurf heute nicht auf der Tagesordnung. Vizepräsident Eduard Oswald: Kollege Volker Beck, Sie wollen nachfragen. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Ministerin, ich hatte Sie gefragt: Ist dieser Gesetzentwurf oder Referentenentwurf – ich weiß immer noch nicht, was es ist – abgestimmt zwischen den Häusern der Bundesregierung, oder muss diese Abstimmung noch erfolgen? Ist es also ein Vorschlag Ihres Hauses oder ein gemeinsamer Vorschlag der Bundesregierung? Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz: Man hat dann einen Vorschlag der Bundesregierung, wenn es einen Kabinettsbeschluss gibt. Ein Kabinettsbeschluss wird mit diesem Referentenentwurf vorbereitet. Das ist meine Aufgabe als Verantwortliche für das federführende Ressort. Weil wir uns selbst dazu verpflichtet haben, die entsprechenden notwendigen Rechtsanpassungen vorzunehmen, habe ich als die federführende Ministerin den Auftrag dazu. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also noch nichts geplant!) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Jetzt kommt eine Frage unseres Kollegen Herbert Behrens. Bitte schön. Herbert Behrens (DIE LINKE): Ich habe noch eine Nachfrage an Herrn Staatsminister von Klaeden. Es geht um die Befassung mit der Verschiebung der Eröffnung des Flughafens BER. Wenn Sie das Thema im Kabinett angesprochen haben, werden Sie dies sicherlich auch im Hinblick auf unsere Verantwortung dort – der Bund ist mit knapp einem Viertel an dem Flughafen beteiligt – getan haben. Insofern, denke ich, ist sicherlich mehr bei der Befassung mit diesem Thema herausgekommen. Der Hinweis, wir mögen uns bitte an die Länder wenden, wenn wir Auskünfte brauchen, reicht nicht. In welcher Weise hat sich das Bundeskabinett mit dem entstehenden Problem befasst, dass es unter Umständen Regressforderungen seitens einiger Firmen gibt, die sich am neuen Flughafen ansiedeln wollten und dies jetzt nicht pünktlich zum 3. Juni machen können, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, der uns erst nächste Woche mitgeteilt werden soll? Ich denke, dass bei der Erörterung dieses Themas ein bisschen mehr Verantwortung hätte gezeigt werden müssen. Ich erwarte, dass Sie etwas mehr darüber berichten. (Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Bei den rot-roten Landesregierungen! – Gegenruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Keine Ahnung von den Eigentumsverhältnissen!) Vizepräsident Eduard Oswald: Herr Staatsminister. Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Herr Kollege, es bleibt bei meiner Antwort, dass diese Frage vom Verkehrsminister angesprochen worden ist und dass die weiteren Fragen zu prüfen und zu untersuchen sind. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. Liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es darüber hi-naus sonstige Fragen an die Bundesregierung? – Das ist nicht der Fall. Ich beende somit die Befragung der Bundesregierung. Bis zum geplanten Beginn der Fragestunde ist noch etwas Zeit. Ich frage die Parlamentarischen Geschäftsführer: Können wir schon mit der Fragestunde beginnen? Es ist ja immer schwierig, erst zu unterbrechen und später weiterzumachen. Der erste Fragesteller, der Kollege Bollmann, ist anwesend. Sollen wir also jetzt mit der Fragestunde beginnen? (Zurufe: Ja!) Ich rufe also den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde – Drucksache 17/9517 – Ich rufe die mündlichen Fragen in der üblichen Reihenfolge auf. Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Gerd Bollmann auf: Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass Mehrwegver-packungen ökologisch vorteilhafter als recycelte bzw. recycelbare Einweggetränkeverkaufsverpackungen sind? Bitte schön, Frau Staatssekretärin, zur Beantwortung. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Bollmann, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Einschätzung der Bundesregierung zur ökologischen Vorteilhaftigkeit bestimmter Getränkeverpackungen beruht auf Ökobilanzuntersuchungen, die den einschlägigen nationalen und internationalen Normen entsprechen und vom Umweltbundesamt geprüft und bewertet worden sind. Diese Studien belegen die grundsätzliche ökologische Vorteilhaftigkeit von Mehrwegflaschen. Dabei erweisen sich Mehrwegflaschen aus PET jeweils als die ökologisch günstigste Verpackung. Einige Einweggetränkeverpackungen schneiden, vergleichbar mit Glasmehrwegflaschen, in den vorliegenden -Ökobilanzstudien gut ab. Deshalb sind in der Verpackungsverordnung ökologisch vorteilhafte Einweg-getränkeverpackungen von der Pfandpflicht befreit. Bei der Beurteilung der ökologischen Effekte einer Verpackung spielt das Recycling eine wesentliche Rolle. Es ist jedoch nicht allein ausschlaggebend. Vielmehr ist der gesamte Lebensweg einer Verpackung zu berücksichtigen. In der vergangenen Woche habe ich Ihnen Ihre schriftliche Frage zu diesem Thema beantwortet. In meiner Antwort habe ich bestätigt, dass die Bundesregierung davon ausgeht, dass das Recycling der im Pfandsystem sortenrein zurückgenommenen PET-Flaschen zur Verringerung negativer ökologischer Effekte aufgrund sinkender Mehrweganteile beiträgt. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Gerd Bollmann. Gerd Bollmann (SPD): Ich habe eine Zusatzfrage: Wenn die Bundesregierung der Ansicht ist, dass Mehrwegflaschen vorteilhaft sind, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um das Mehrwegsystem in Zukunft zu stärken? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es gibt verschiedene Wege, die wir gehen können. Erstens haben wir weitere Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben; eines wird im Jahre 2014 abgeschlossen sein. Zweitens ist das Thema Kennzeichnung und Transparenz wichtig. Vizepräsident Eduard Oswald: Kollege Bollmann, haben Sie eine weitere Nachfrage? (Gerd Bollmann [SPD]: Ich würde jetzt gern zu meiner nächsten schriftlich eingereichten Frage kommen!) – Vorher stellt noch unser Kollege Kelber eine Nachfrage. Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, verfolgt die Bundesregierung im Hinblick auf die Mehrwegquote bzw. die Quote ökologisch vorteilhafter Verpackungen eine bestimmte Zielgröße? Wenn ja, um welche Zielgröße handelt es sich? Werden Sie eine Evaluierung vornehmen, die zeigt, ob Sie in der Lage sind, diese Quote mit Ihren Instrumenten zu erreichen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Eine Evaluierung der Pfandpflicht haben wir bereits durchgeführt und 2010 Ergebnisse vorgelegt. Ergänzend wird gegenwärtig eine Ökobilanzstudie durchgeführt, die – um ganz korrekt zu sein – das UBA in Auftrag gegeben hat; an dieser Studie wird derzeit am Ifo-Institut in Heidelberg gearbeitet. Sie trägt den Titel „Prüfung und Aktuali-sierung der Ökobilanzen für Getränkeverpackungen“. Darin geht es um einen Vergleich sowie um die Entwicklung einheitlicher Bewertungsgrundsätze und metho-discher Vorgaben. Wir wollen den Mehrweganteil erhöhen. Dies ist unter anderem bei Bierflaschen bereits gut gelungen, bei anderen Getränkeverpackungen weniger. Wir meinen, dass mehr Transparenz für den Verbraucher hier besonders wichtig ist. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Ich rufe die Frage 2 unseres Kollegen Gerd Bollmann auf: Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung zusätzlich zur geplanten Kennzeichnungsverordnung ergreifen, um auf die weiterhin sinkenden Mehrwegquoten bei Getränkeverkaufsverpackungen zu reagieren? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Bollmann, die Bundesregierung verspricht sich von der vorgesehenen Kennzeichnungsregelung eine Verbesserung der Transparenz und damit eine Förderung der Mehrweganteile. Daneben wird die Information der Öffentlichkeit sowohl durch die Bundesregierung als auch durch Wirtschaftsbeteiligte und Umwelt- und Verbraucherverbände auch in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Grundlage der Überlegungen des Bundesumweltministeriums zur Förderung von ökologisch vorteilhaften Getränkeverpackungen ist die Studie der bifa Umweltinstitut GmbH aus dem Jahr 2010. Die Ergebnisse der Studie werden auch bei den Arbeiten zu der vorgesehenen Fortentwicklung der Verpackungsverordnung berücksichtigt. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Gerd Bollmann. Gerd Bollmann (SPD): Meine erste Nachfrage schließt sich hier direkt an. Da die gesetzlich vorgeschriebenen Quoten längst unterschritten sind: Denkt die Bundesregierung an Veränderungen im Gesetz, oder welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung hier anzupacken? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Eine Möglichkeit ist ja die Kennzeichnung. (Ulrich Kelber [SPD]: Die Frage ging über die Kennzeichnung hinaus!) Der damalige Bundesumweltminister Gabriel hat seinerzeit, im Jahr 2009, einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreitet. Er hat allerdings übersehen, dass dies ein kompliziertes Notifizierungsverfahren bei der Europäischen Kommission nach sich zieht. Wir versuchen jetzt, gemeinsam mit der Kommission Lösungen dafür zu finden, Transparenz und Deutlichkeit für den Verbraucher herzustellen. Hierzu wird es Vorschläge geben. Ich glaube, dass es das beste und wirkungsvollste Instrument ist, wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher am Point of Sale, also am Einkaufsort, ganz klar unterscheiden können, ob es sich um Einweg- oder Mehrwegverpackungen handelt. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Kollege Gerd Bollmann. Gerd Bollmann (SPD): Ungeachtet der Kennzeichnung ging meine Frage allerdings in diese Richtung: Wird die Bundesregierung gesetzliche Maßnahmen ergreifen, wenn die bereits heute deutlich unterschrittene Quote weiterhin unterschritten wird? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir glauben, dass eine Kennzeichnung und Klarheit die geeigneteren Schritte sind als die von der SPD mehrfach geforderte Lenkungsabgabe, die für uns kein geeigneter Schritt wäre. Vizepräsident Eduard Oswald: Zunächst eine Zusatzfrage des Kollegen Ulrich Kelber. Ulrich Kelber (SPD): Die letzte Antwort interpretiere ich als ein Nein. Sie planen also keine zusätzlichen Maßnahmen, auch wenn Sie das so nicht gesagt haben. Meine Frage vorhin, die Sie nicht beantwortet haben, war: Bleiben Sie bei den bisherigen Quotenvorgaben für Mehrweg- und für ökologisch vorteilhafte Verpackungen, oder hat sich die Bundesregierung neue quantitative Vorgaben gesetzt, ab denen sie weitere politische Maßnahmen ergreifen möchte? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es gibt keine neuen Quoten. Wir schrauben sie auch nicht nach unten. Erklärtes Ziel ist, den Anteil ökologisch vorteilhafter Mehrweggetränkeverpackungen zu erhöhen. Ich weise an dieser Stelle aber auch darauf hin, dass die Förderung dieser Verpackungen, auch soweit sie in der Verpackungsverordnung bereits angelegt ist, in Brüssel immer wieder gerechtfertigt werden muss. Wir wollen, müssen und werden darauf achten, dass wir diese Förderung nicht durch Brüssel gestrichen bekommen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nachfrage unseres Kollegen Ralph Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank. – Frau Staatssekretärin, Sie führten eben aus, dass Sie der Meinung sind, dass die Kennzeichnung ein ausreichendes Mittel ist. Ich würde jetzt gerne wissen, wie lange Sie dieser Meinung sein werden, da die Mehrwegquoten ja sinken, und wann für Sie der Punkt erreicht ist, neue Maßnahmen zu ergreifen. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Lenkert, es gibt eine Reihe von Vorschlägen, sowohl aus dem parlamentarischen Raum als auch von interessierten Verbänden, um die Quoten zu erhöhen. Ich sage noch einmal, dass uns die derzeitigen Quoten natürlich nicht zufriedenstellen. Trotzdem muss jede Einzelmaßnahme intensiv geprüft werden; denn ein Streit mit der Kommission über diese oder jene Lenkungswirkung kann dann schädlich sein, wenn die von uns eingeführte und durch die Verpackungsverordnung realisierte Förderung von Mehrwegverpackungen am Ende des Tages fortfällt. Deshalb sagen wir, dass wir mit Werbemaßnahmen, einer Kennzeichnungspflicht und Transparenz auf einem guten Weg sind. Alle Studien zu einer zusätzlichen Lenkungsabgabe haben zudem ergeben, dass diese nicht akzeptiert werden würde. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Wir kommen zur Frage 3 von unserem Kollegen Dr. Matthias Miersch: Wann wird das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit die angekündigten Eckpunkte für das geplante Wertstoffgesetz vorlegen? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Miersch, die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, nach der Verabschiedung des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes noch in dieser Legislaturperiode die Verpackungsverordnung fortzuentwickeln und eine einheitliche Wertstofferfassung einzuführen. Über den Sachstand wurde mehrfach in den Ausschüssen, auch durch meine Person, berichtet. Zusätzlicher Forschungsbedarf, der sich aus dem im vergangenen Jahr durchgeführten Planspiel ergeben hat, wird in Kürze abgearbeitet sein. Der Verlauf der Beratungen zum Kreislaufwirtschaftsgesetz hat bestätigt, dass es einer Lösung bedarf, die privatwirtschaftliche und kommunale Interessen sorgfältig austariert. Das Bundesumweltministerium strebt an, einen zielführenden, konsensfähigen Regierungsentwurf vorzulegen. Dabei wird es nicht darauf ankommen, ob dieser Entwurf nun eine Woche früher oder eine Woche später vorliegt. Es wird darauf ankommen, einen fairen Interessenausgleich zu ermöglichen und letztlich die erforderliche Zustimmung im Rechtsetzungsverfahren zu erlangen. (Michael Brand [CDU/CSU]: Auch im Bundesrat!) Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Dr. Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – So schwierig war die Frage nicht: Wir haben nach einem Zeitpunkt gefragt. Jetzt sagen Sie: Es ist nicht wichtig, ob der Entwurf eine Woche früher oder eine Woche später vorliegt. Wir haben nach den Eckpunkten und der Vorlage durch Ihr Ministerium – dafür sind Sie zuständig – gefragt. Wird das noch in dieser Legislaturperiode sein, die unterschiedlich lang sein kann? (Michael Brand [CDU/CSU]: Die Legislaturperiode geht bis September 2013!) Ich weiß nicht, welche Kenntnisse Ihr Haus hat. Aber könnten Sie es noch etwas präziser sagen: Wann werden Sie diese Eckpunkte vorlegen, damit der Deutsche Bundestag in der Ausführlichkeit, die Sie eben beschrieben haben, beraten kann? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir werden die Eckpunkte dann vorlegen, wenn wir einen größtmöglichen Konsens zwischen allen Beteiligten erreicht haben. Wir haben uns außerdem im Koalitionsvertrag verpflichtet, einen Entwurf in dieser Legislaturperiode vorzulegen. Das wollen wir auch erreichen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Kollege Dr. Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Heißt das, dass Sie diesen Konsens schon im Vorfeld erreichen wollen und dass Sie möglicherweise einen Entwurf zwar in dieser Legislaturperiode vorlegen wollen, aber den Deutschen Bundestag nicht mehr in die Lage versetzen wollen, diesen so wichtigen Gesetzentwurf zu verabschieden? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ziel ist der Abschluss der Gesetzgebung. Aber, Herr Kollege Miersch, wir erinnern uns beide gut an die -Diskussionen im zuständigen Bundestagsausschuss über einen Ausgleich zwischen den Interessen der Privatwirtschaft und denen der Kommunen, zwischen den Beteiligten im Bundestag und im Bundesrat. Im Bereich der Verpackungsentsorgung haben wir ein seit 20 Jahren bewährtes privatwirtschaftliches System. Zudem haben wir gerade ein neues Kreislaufwirtschaftsgesetz verabschiedet, wodurch es hier und da zu neuen Akzenten ge-kommen ist. Wir wollen und müssen uns jetzt die Zeit nehmen, zu einer Lösung zu kommen, die von allen Beteiligten gleichermaßen akzeptiert wird. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Jetzt kommen wir zur Frage 4 des Kollegen Dr. Matthias Miersch: Welchen Umfang hat der sogenannte Pfandschlupf derzeit, und welche Maßnahmen wird das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit angesichts der anstehenden Überarbeitung der Verpackungsverordnung ergreifen, um diesen zu verringern? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Miersch, zum Anteil der nicht eingelösten Pfandgelder liegen der Bundesregierung keine konkreten Erkenntnisse vor. Dies gilt sowohl für Einweg- als auch für Mehrweggetränkeverpackungen. Nach Aussagen von Marktteilnehmern liegt der Pfandschlupf bei bepfandeten Einwegverpackungen unterhalb von 4 Prozent des Pfandaufkommens. (Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist deutlich zu hoch!) Nicht eingelöste Einwegpfandgelder verbleiben nach Kenntnis der Bundesregierung bei den Pfandkontoführern innerhalb des DPG-Systems, also in der Regel bei den Abfüllern. Sie werden zur Finanzierung des Rücknahmesystems verwendet. Den Verbraucherinnen und Verbraucher steht in Deutschland ein flächendeckendes, einheitliches Rücknahmesystem für bepfandete Einweggetränkeverpackungen zur Verfügung, das offenbar für nahezu alle diese Verpackungen genutzt wird. Die Bundesregierung sieht keinen Anlass für zusätzliche Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Rückgabequote bei bepfandeten Einwegverpackungen. (Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Das kann vielleicht Mr. Dosenpfand besser beurteilen, Herr Trittin!) Vizepräsident Eduard Oswald: Bitte schön, Ihre Nachfrage, Kollege Dr. Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben eben gesagt, dass der Bundesregierung keine Erkenntnisse vorlägen. Meinen Sie nicht, dass man diesen Sachverhalt ändern und die Bundesregierung zumindest in die Lage versetzen sollte, darüber nachzudenken, ob man eine Steuerung vornimmt und, wenn ja, wie diese aussehen sollte, oder ist es aus Ihrer Sicht ausreichend, sich nur auf Verbandsangaben zu verlassen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Man steuert dann, Herr Kollege Miersch, wenn eine ganz deutliche Schieflage vorliegt. 4 Prozent Pfandschlupf erscheint nicht als eine solche Schieflage. Wir haben Zahlen aus einer bifa-Studie – zugegeben aus dem Jahr 2010, aber das ist noch nicht veraltet – bzw. aus einer Roland-Berger-Studie, wo man von einem jährlichen Aufkommen von 175 Millionen Euro ausgeht. Tatsächlich kann das auch noch niedriger liegen. Demgegenüber stehen die notwendigen Aufwendungen. Diese liegen sehr viel höher als das, was durch die 4 Prozent Pfandschlupf hereinkommt. Wir meinen also, es ist mehr als vertretbar, wenn sich das in diesem Bereich bewegt. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre weitere Nachfrage, Kollege. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben auch diese Frage wieder nett umschifft. Ich frage Sie, ob es nicht notwendig ist, dass sich der Bundesumweltminister Kenntnisse verschafft, um die Umweltpolitik zu gestalten, möglicherweise auch eigenständig, statt sich auf Verbandsangaben zu verlassen. Wie schätzen Sie dies ein? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich habe gesagt, dass wir permanent mit allen Beteiligten im Gespräch sind. Die Erkenntnisse, die uns vorliegen, Herr Kollege Miersch, bieten keinen Anlass zur Sorge. Ein Pfandschlupf von 4 Prozent bedeutet circa 1 Cent pro Gebinde. Wir meinen, das reicht nicht aus, um zu handeln. Wir glauben, dass das System erfolgreich ist. Ich weise noch auf etwas anderes hin: Im Gegensatz zu Mehrwegverpackungen haben wir für die Pfandeinwegverpackungen ein flächendeckendes System. Der Verbraucher kann tatsächlich überall abgeben. Bei Mehrweg, bei dem es eine sehr viel größere Vielfalt gibt, ist dies sehr viel schwieriger zu realisieren. Wir haben mit den hohen Rücknahmequoten etwas erreicht, das sicherlich so nicht erwartet worden war, und meinen, dass wir hierbei eine durchaus akzeptable Situation haben. Vizepräsident Eduard Oswald: Noch die Nachfrage unseres Kollegen Ulrich Kelber. Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, da eventuell auch der Gesellschaft für die Beseitigung der Flaschen, die nicht wieder im Pfandsystem landen, die also den Pfandschlupf verursachen, an anderer Stelle, zum Beispiel für die Säuberung der Landschaft, Kosten entstehen, frage ich Sie: Ist die Bundesregierung bereit, eine unabhängige Studie in Auftrag zu geben, um zu klären, ob die 4 Prozent, die Sie als Begründung nennen, nicht weiter zu prüfen, auch stimmen, oder verlassen Sie sich nur auf die Aussage der Lobby selbst? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Zwei Aussagen dazu, Herr Kelber: Erstens zeigen alle Studien und auch Umfragen, dass das Problem des Littering, also der Verschmutzung der Umwelt, seit Bestehen der in Rede stehenden Regelungen deutlich zurückgegangen ist. Das wird Ihnen jeder bestätigen. Zweitens. Wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher beim Erwerb einer Flasche ein Pfand von 25 Cent zahlen und dann, aus welchen Gründen auch immer, nicht bereit sind, sich dieses wiederzuholen, haben die Verbraucherinnen und Verbraucher an dieser Stelle, so muss ich es sagen, auch ein Stück Eigenverantwortung. Noch einmal: Die 4 Prozent Pfandschlupf, die bekannt sind, geben keinen Anlass zur Sorge. Hier ist jeder Verbraucher aufgefordert, den Weg zu einer der Abgabestellen zu gehen, die flächendeckend vorhanden sind. Das System ist auch einheitlich. Seit 2003 ist das so. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, damals noch durch Jürgen Trittin verursacht, hat sich das absolut professionalisiert. Wir meinen, dass weitere Abgaben und Zwangsmaßnahmen keine entsprechende Lenkungswirkung auf die Verbraucher hätten, die daran zudem auch kein Interesse haben. (Ulrich Kelber [SPD]: Sie hätten auch einfach „Nein“ sagen können! Das wäre das Gleiche gewesen!) Vizepräsident Eduard Oswald: Wir kommen nun zu Frage 5, gestellt von unserem Kollegen Dirk Becker: Aus welchen Gründen sah sich die Bundesregierung bisher außerstande, den bis Ende 2011 gesetzlich geforderten Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, EEWärmeG, vorzulegen, und wann beabsichtigt die Bundesregierung, in dieser Legislaturperiode einen Vorschlag für eine Weiterentwicklung des Gesetzes zu unterbreiten? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Arbeiten am Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz haben sich verzögert, da aufgrund der komplexen Sachzusammenhänge im Wärmemarkt und der schwierigen Datenlage bei dieser erstmaligen Erfahrungsanalyse ergänzende fachliche Forschungsarbeiten notwendig waren. Daher wird der Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz voraussichtlich Mitte 2012 dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden können. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege. Dirk Becker (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin, dass ein solcher Erfahrungsbericht vorgelegt werden muss, wissen wir seit 2009. Die Vorarbeiten sind frühzeitig einzuleiten gewesen. Ist es nicht vielmehr richtig, dass es erneut ein Problem in der Abstimmung zwischen Herrn Röttgen und Herrn Rösler gibt, dass es also erneut Probleme gibt, eine Abstimmung innerhalb der Bundesregierung vorzunehmen? Ist es in der Tat so, wie die FDP-Fraktion heute Morgen im Ausschuss angemahnt hat, dass Herr Röttgen selbst einfach nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten fristgemäß zu erledigen, und auf der Bremse steht? Das hat der Kollege Kauch heute Morgen im Umweltausschuss so unterstellt. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich war heute Morgen nicht im Umweltausschuss. (Dirk Becker [SPD]: Darum sage ich es Ihnen ja!) Ich kann also das, was Kollege Kauch gesagt hat, nicht kommentieren. Das würde ich von dieser Stelle aus -sowieso nicht tun. Ich sage Ihnen, dass wir dabei sind, einen solchen Erfahrungsbericht erstmalig zu erarbeiten. Es laufen noch Forschungsvorhaben. Sind diese abgeschlossen, präsentieren wir dem Deutschen Bundestag unseren Bericht, um danach in weitere Beratungen einzusteigen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Kollege Becker. Dirk Becker (SPD): Noch einmal konkret: Sie haben im Koalitionsausschuss vereinbart, dass dieser Bericht im zweiten Quartal vorliegen soll. In welcher konkreten Sitzungswoche wird er uns dann vorliegen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim -Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit: Herr Kollege Becker, die konkrete Sitzungswoche kann ich Ihnen nicht nennen. Wir peilen Mitte dieses Jahres an. Aber ich bin sicher, dass Sie alle so rechtzeitig informiert werden, dass im Ausschuss ausreichend Gelegenheit bleibt, über diesen Bericht ausführlich zu diskutieren. Vizepräsident Eduard Oswald: Eine Nachfrage unseres Kollegen Ralph Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin, Sie sprachen gerade davon, dass noch verschiedene Forschungsvorhaben notwendig sind, um den Erfahrungs-bericht vorlegen zu können. Könnten Sie uns darlegen, um welche noch nicht abgeschlossenen Forschungsvorhaben es sich handelt und wer sie durchführt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim -Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit: Wir haben verschiedene Modelle, Herr Kollege -Lenkert, wie wir den Ausbau der erneuerbaren Wärme sowohl im Gebäudebestand als auch im Neubaubereich vorantreiben können. Es gibt verschiedene Maßnahmen, die man ergreifen kann. Wir wollen sicherlich weiterhin beim System „fordern und fördern“ bleiben. Aber ich werde Ihnen erst dann konkret Auskunft geben können, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind. So war dies bei anderen Erfahrungsberichten üblich. So werden wir es auch dieses Mal halten. Vizepräsident Eduard Oswald: Wir kommen zu Frage 6, ebenfalls gestellt von unserem Kollegen Dirk Becker: Wie schätzt die Bundesregierung jeweils die Einbeziehung des Gebäudebestandes in die gesetzliche Verpflichtung zur Nutzung erneuerbarer Energien bei der Erzeugung von -Heizwärme und Warmwasser sowie die Schaffung eines haushaltsunabhängigen Förderinstruments auf der Basis einer -Umlage auf fossile Brennstoffe – sogenannte Wärmeprämie – in das EEWärmeG ein, und worauf stützt sie diese Einschätzung jeweils? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim -Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit: Herr Kollege Becker, die Bundesregierung wird die unterschiedlichen Instrumente zur zukünftigen Förderung von erneuerbaren Energien im Gebäudebestand auf Grundlage der Forschungsberichte zum Erfahrungs--bericht zum EE-Wärmegesetz prüfen. Vizepräsident Eduard Oswald: Da haben Sie jetzt ganz sicher eine Nachfrage. (Heiterkeit bei der SPD) Bitte schön, Kollege Dirk Becker. Dirk Becker (SPD): Ich hätte mehr Nachfragen, als Sie, Herr Präsident, mir genehmigen würden. Frau Staatssekretärin, meine Frage ist relativ konkret. Auch ohne Erfahrungsberichte wissen wir, dass wir das Ziel der Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien im Gebäudebereich ohne die Einbeziehung des Gebäudebestandes nicht erreichen werden. Daher ganz konkret: Herr Röttgen stellt sich hin und spricht ständig vom schlafenden Riesen Wärmemarkt, tut aber alles, um den Riesen schlafen zu lassen und nicht aufzuwecken. Wie sehen die Überlegungen und Planungen im BMU zur Erweckung dieses Riesen im Gebäudebestand konkret aus? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim -Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit: Zum Ersten werden wir über konkrete Maßnahmen sprechen, wenn der Erfahrungsbericht vorliegt. Zum Zweiten weise ich an dieser Stelle darauf hin, dass seit der Regierungsverantwortung von Rot-Grün zum Beispiel die Mittel für das Marktanreizprogramm – das ist nur ein Instrument – fast verdoppelt wurden. Ich finde, dass das eine handfeste Antwort auf die Frage ist, was geschehen muss. Es stehen deutlich mehr Mittel zur Verfügung als früher. Das ist schon einmal ein Hinweis darauf, dass wir den Grundsatz „fordern und fördern“ ernst nehmen. Diese Summe von nunmehr 366 Millionen Euro ist sehr eindrucksvoll. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Herr Kollege. Dirk Becker (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie drücken sich um die Antwort. Das Marktanreizprogramm, das bisher auf freiwilliger Basis Investitionen ermöglichen soll, wird bei weitem nicht ausreichen. Sie haben die Mittel für dieses Marktanreizprogramm reduziert, nicht erhöht. Sie haben bezüglich der Finanzierung weiter verunsichert. Entscheidend ist, dass die verpflichtende Nutzung auch für den Gebäudebestand gelten muss. Noch einmal ganz konkret: Wird die Bundesregierung das gemeinsam vereinbarte Ziel des Ausbaus von Wärme aus erneuerbaren Energien ernst nehmen und -damit auch den Gebäudebestand verpflichtend ins EE-Wärmegesetz aufnehmen, oder bleibt es wieder einmal bei den wolkigen Ankündigungen von Herrn Röttgen, und die Maßnahmen bleiben aus? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Becker, 366 Millionen Euro sind keine wolkige Ankündigung, sondern das ist eine handfeste Zahl. Es ist in harten Verhandlungen mit dem Bundes--finanzministerium gelungen, den Betrag, der im vergangenen Jahr nicht abgeschöpft wurde, vollständig in die Förderung zu überführen. Damit haben wir einen absolut hohen Bestand im Marktanreizprogramm. Das ist nicht wolkig, das ist handfest. Zu allen weiteren Maßnahmen, die wir ergreifen -werden, werden wir nach der Vorlage des Berichts, der sicherlich einen Überblick über mögliche Maßnahmen geben wird, mit den beteiligten Ressorts ins Gespräch kommen. Wir werden beim Fördern und Fordern bleiben. Klar ist, dass wir eine Mischung aus Maßnahmen – direkte Zuschüsse, zinsverbilligte Kredite, Ordnungsrecht – brauchen. Wie die gelagert und gewichtet sein werden, werden wir dann besprechen, wenn der Bericht vorliegt. Vizepräsident Eduard Oswald: Als Nächstes gibt es die Nachfrage unseres Kollegen Dr. Matthias Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben das Marktanreizprogramm jetzt angesprochen. Es wurden insgesamt viele Fragen gestellt, und Sie sagen immer wieder „in dieser Periode“, „in wenigen Wochen“ oder „nach Abwarten von Forschungsergebnissen“. Wir sind hier wieder in einem Bereich, wo es bei der bloßen Ankündigung bleibt. Ich möchte Sie – Stichwort Marktanreizprogramm – mit der Kritik des Sachverständigenrats für Umweltfragen konfrontieren, der die Reduzierung der Mittel für dieses Programm problematisiert hat. Wie stehen Sie zur Einschätzung Ihres Sachverständigenrats für Umweltfragen im Hinblick auf die Reduzierung der Mittel im Marktanreizprogramm? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Dem Sachverständigenrat für Umweltfragen ist offenbar entgangen, dass es dem Umweltministerium gelungen ist, vom BMF die Zusage zu bekommen, die -Restmittel aus dem vergangenen Jahr komplett zu übernehmen. Wir haben damit mehr Mittel als im letzten Jahr. Das mögen Sie jetzt kritisieren, ist aber Fakt. Es stehen mit 366 Millionen Euro mehr Mittel im Markt-anreizprogramm für die Förderung von Systemen zur Verfügung. Vizepräsident Eduard Oswald: Nachfrage unseres Kollegen Ralph Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin, es geht um die Einbeziehung des Gebäudebestandes bei der Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien. Ich würde gerne wissen, welche Förderinstrumente Sie vorsehen, um die Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien zum Beispiel über Wärmepumpen voranzutreiben. Es ist bekannt, dass man durch diese Nutzung mit 1 Kilowattstunde Energie 4 Kilowattstunden Heizenergie bereitstellen kann. Welche Programme sehen Sie vor, um dieses Potenzial zukünftig zu erschließen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Lenkert, ich bleibe bei meiner Aussage, dass wir über konkrete Maßnahmen – Förderprogramme, Höhen, Ordnungsrecht – dann sprechen, wenn ein Erfahrungsbericht vorliegt. Es geht hier nicht nur um Wärmepumpen, sondern auch um Solarthermie, um -Biomasse, um Wärmenetze und um die Gebäudehülle. Es handelt sich um eine Vielzahl von Maßnahmen. Ich bitte Sie, sich in Geduld zu üben, bis der Erfahrungs--bericht vorliegt. Vizepräsident Eduard Oswald: Jetzt ist unser Kollege Ulrich Kelber an der Reihe. – Bitte schön, Kollege Ulrich Kelber. Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat insbesondere kritisiert, dass das Marktanreizprogramm als Förderinstrument für erneuerbare Energien im Wärmebereich innerhalb von zwei Jahren fünfmal grundsätzlich verändert wurde: gestrichen, aufgestockt, wieder reduziert. Da Sie den Sachverständigenrat erwähnt haben: Der Sachverständigenrat ist ja im letzten Jahr ins Gespräch gekommen, als bekannt wurde, dass die Bundesregierung zur Aufsicht über den bisher unabhängigen Sachverständigenrat auf Vorschlag der FDP-Fraktion eine neue Stelle einrichten wollte. Es wurde damals bekannt, dass bereits eine Person aus der FDP-Fraktion für diese Stelle vorgesehen war. Meine Frage ist: Welche konkreten Entwicklungen gibt es im Besetzungsverfahren für diese damals eingerichtete Stelle, die vom Sachverständigenrat selbst abgelehnt worden ist? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kelber, jetzt haben Sie die Frage der Kollegin Kofler vorweggenommen. Ich werde sie trotzdem beantworten – vermutlich haben Sie sie gestellt, weil die Kollegin Kofler nicht anwesend sein kann –: Es sind bisher keine Schritte zur Besetzung der mit dem Bundeshaushalt 2012 ausgebrachten B-4-Stelle für den SRU erfolgt. Im Übrigen steht für uns die Unabhängigkeit des SRU überhaupt nicht infrage. Er behält seine Unabhängigkeit. Dies ist ein ganz klares Statement von dieser Stelle aus. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Die Fragen 7 und 8 der Kollegin Ute Vogt werden schriftlich beantwortet. Die Frage 9 der Kollegin Dr. Bärbel Kofler haben Sie eben in der Tat bereits beantwortet. Sollte Frau Dr. Kofler während der Beantwortung der Fragen zu diesem Geschäftsbereich noch kommen – denn wir haben ja etwas früher mit der Fragestunde begonnen –, würde ich ihre Frage noch aufrufen. Frage 10 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl wird schriftlich beantwortet. Ich rufe jetzt die Frage 11 unseres Kollegen Frank Schwabe auf: Welche Haltung hat die Bundesregierung im Rahmen der Diskussion um die Kraftstoffqualitätsrichtlinie zu Kraftstoffen aus Teersanden, und unterstützt die Bundesregierung eine differenzierte Behandlung von Kraftstoffen aus konventionellen und unkonventionellen Quellen? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Deutschland hat sich bei der Abstimmung im Ausschuss für Kraftstoffqualität am 23. Februar 2012 über den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Konkretisierung der Anforderungen von Art. 7 a der Kraftstoffqualitätsrichtlinie enthalten. Einer Zustimmung stand entgegen, dass zum Teil Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen des Kommissionsvorschlags gesehen wurden. Die Europäische Kommission hat angekündigt, dass vor der Übersendung des Vorschlags an den Rat eine Folgenabschätzung durchgeführt werden soll. Mit einer Befassung im Rat ist daher nicht vor Frühjahr 2013 zu rechnen. Vizepräsident Eduard Oswald: Erste Nachfrage, Kollege Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, ich darf aus der Fernsehsendung Report Mainz zum Thema Teersande zitieren: Mehrmals fragen wir beide Minister für ein Interview an. – Gemeint sind Herr Röttgen und Herr Rösler. – Zunächst erhalten wir keine Antwort. Wir haken nach und informieren das Umweltministerium darüber, dass wir den Minister in Brüssel am Rande des Umweltrates befragen wollen. Doch als Minister Röttgen ankommt, hat er für uns wieder einmal keine Zeit. Aus dem Wirtschaftsministerium kommt wenigstens ein Statement, man sehe ein -Risiko von Wettbewerbsnachteilen für Raffinerien. Das ist deutlich. Sieht das Bundesumweltministerium ebenfalls einen Wettbewerbsnachteil für Raffinerien? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Diese Fragestellung hat zwei Aspekte, Herr Kollege. Zum einen sind für uns die ökologischen Aspekte wichtig. Hier ist es so, dass auch die Kommission darauf hingewiesen hat, dass Teersande ökologisch von Nachteil sind. Auf der anderen Seite: Bevor man zu einer -Beschlussfassung kommt, gilt es, klarzustellen, dass es auch um Wettbewerbsfähigkeit geht. Hier können wir Bedenken nicht beiseitewischen. Deshalb haben wir uns enthalten. Die Kommission wird, wie ich es eben ausgeführt habe, eine Folgenabschätzung durchführen. Ich selbst, Herr Kollege Schwabe, habe auch im Ausschuss mehrfach auf die ökologischen Nachteile und Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Nutzung von Teersanden ergeben, hingewiesen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Kollege Frank Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, es ist ja mittlerweile üblich, dass sich Deutschland an solchen Stellen entweder enthält oder dagegen ausspricht. Sie haben richtigerweise gesagt, dass es innerhalb der Europäischen Union zu einer starken Verzögerung kommt, um zu diesem, wie ich jedenfalls finde, schlimmen Umweltfrevel eine klare Meinung zu entwickeln. Würden Sie Kommentierungen nachvollziehen können, die der deutschen Bundesregierung vorwerfen, dass sie dafür verantwortlich ist, dass die Europäische Union zu keiner klaren ablehnenden Haltung gegenüber diesem Einsatz von Teersandölen kommt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim -Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit: Einer solchen Einschätzung stimme ich selbstredend nicht zu. Vizepräsident Eduard Oswald: Zunächst hat der Kollege Dr. Matthias Miersch das Wort zu einer Nachfrage. Außerdem hat sich der Kollege Kelber zu einer Nachfrage gemeldet. Bitte schön, Kollege Dr. Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie sprechen von wettbewerbsrechtlichen Bedenken. Diese Debatte über die Teersande ist ja nicht neu. Hat der Bundesumweltminister bislang keine Gelegenheit gesehen, diese wirklich lange Diskussion dergestalt zu klären, dass er hier tatsächlich als -Umweltminister auftritt, um die auch von Ihnen -beschriebenen negativen ökologischen Auswirkungen endlich in den Mittelpunkt zu stellen? Warum hat er sich hier in einen Schlingerkurs begeben und ist offenbar wieder einmal vor dem Bundeswirtschaftsminister eingeknickt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich teile Ihre Einschätzung nicht, Herr Kollege Miersch, und weise sie auch zurück. Neben ökologischen Aspekten haben wettbewerbsrechtliche Aspekte eine Relevanz. Befürchtet worden war auch ein Übermaß an Bürokratie in Bezug auf Berichterstattungspflichten. Dem wird weiter nachgegangen. Noch einmal: Unsere Haltung, auch Bedenken hinsichtlich Wasserverbrauch, Entsorgung und dergleichen, haben wir mehrfach, auch im Ausschuss, Herr Kollege, dokumentiert; das ist nachlesbar. Vizepräsident Eduard Oswald: Nun ist Ulrich Kelber an der Reihe. Bitte schön, Kollege Ulrich Kelber. Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, wie ist es möglich, dass in Deutschland bei der Gewinnung von Strom aus nachwachsenden Rohstoffen die unterschiedliche CO2-Intensität berücksichtigt wird, bei der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen mit einem Mehrfachen hinsichtlich der CO2-Intensitäten – das sind besonders dreckige Energieträger, wie sie jetzt hier auch angesprochen wurden, nämlich Ölsande und Ähnliches – eine CO2-Relation aber nicht aufgestellt wird? Wird hier nicht mit zweierlei Maß gemessen, auch noch zuungunsten der umweltgerechteren Kraftstoffe? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kelber, wir sind sehr froh, dass wir in Bezug auf Biomasse für Strom und Biomasseeinsatz für Kraftstoffe Fortschritte erreichen konnten. Es war auf deutschen Druck möglich, hier Nachhaltigkeitskriterien zu definieren. Wir arbeiten auch weiter daran. Es braucht aber eben 27 Mitgliedstaaten und ein Abstimmungsverfahren. Da wünscht man sich manchmal, dass es schneller geht; es geht dann aber eben nicht schneller. 2013 werden wir hoffentlich zu einem Ergebnis kommen. Die Situation ist an der Stelle, wie sie ist; das mag man bedauern oder auch nicht. Vizepräsident Eduard Oswald: Nachfrage nun vom Kollegen Ralph Lenkert. – Ich höre gerade: Sie haben Geburtstag, Herr Kollege -Lenkert. (Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin: Herzlichen Glückwunsch!) Ihre Geschäftsführerin hat Ihnen ja gerade schon liebevoll gratuliert. Wir alle gratulieren Ihnen natürlich auch. (Beifall) Bitte schön, Herr Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin, Sie haben in der letzten Woche einen zusätzlichen Bürokratieaufwand beschlossen mit dem Ziel – das wird vermutlich verfehlt werden –, den Benzinpreis zu stabilisieren; es geht um die Meldepflicht für Tankstellen. Hier führen Sie aus, zum Schutz der Umwelt seien die Bürokratieaufwände zu hoch. Jetzt hätte ich gern einmal von Ihnen gewusst, wie hoch denn der Schutz der Umwelt angesiedelt sein muss, dass Sie dafür zusätzliche Bürokratieaufwände in Kauf nehmen. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Lenkert, es führt nicht weiter, wenn Sie jetzt zwei Sachverhalte miteinander vermischen. Das eine ist eine Angelegenheit, die wir in Deutschland selbst regeln können – zum Wohle der Verbraucherinnen und Verbraucher, die unter hohen Benzinpreisen leiden –; das andere sind Abstimmungsprozesse auf europäischer Ebene. Diese Prozesse mögen mühsam sein, sie mögen nicht so schnell gehen, wie man das möchte; wir haben aber – das habe ich auf die Nachfrage von Herrn Kollege Kelber noch einmal ausgeführt – auch schon zu Zeiten der Großen Koalition hinsichtlich der Nachhaltigkeit unter anderem von Biokraftstoffen Fortschritte erreicht. Man wünscht sich, auch in anderen Bereichen würde manches schneller gehen; wir haben aber hier gemeinsame Abstimmungsprozesse. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, Herr Kollege Lenkert, dass neben den Umweltaspekten Wettbewerbsaspekte nicht unter den Tisch fallen können. Man muss sie diskutieren. Wenn sie adressiert werden, dann werden sie auch diskutiert. Wir arbeiten jetzt an einer vernünftigen Lösung. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. Jetzt komme ich, wie versprochen, zur Frage 9 unserer Kollegin Dr. Bärbel Kofler zurück. Die Frage ist schon in gewisser Weise beantwortet worden, aber Sie sollten trotzdem die Chance haben, Frau Dr. Kofler, die Antwort zu hören. Die Schuld liegt nicht bei Ihnen; das Parlament war eben so schnell. Ich rufe also die Frage 9 unserer Kollegin Dr. Bärbel Kofler auf: Welche konkreten Entwicklungen gibt es im Besetzungsverfahren der im Bundeshaushalt 2012 beschlossenen Einrichtung einer neuen B4-Stelle für den Sachverständigenrat für Umweltfragen? Frau Staatssekretärin, seien Sie so nett, die Frage 9 zu beantworten. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das kann ich gern noch einmal tun, obwohl ich das bei der Beantwortung einer Frage von Herrn Kollegen Kelber schon einmal getan habe: Bisher sind keine Schritte zur Besetzung der im Bundeshaushalt 2012 ausgebrachten B4-Stelle für den SRU erfolgt. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Es sind keine Schritte erfolgt. Das ist ein bisschen verwunderlich. Haben Sie sich zumindest im Vorfeld mit dem Sachverständigenrat in Verbindung gesetzt? Ihre Kollegin, die Staatssekretärin Heinen-Esser, hat im Dezember letzten Jahres auf eine Frage, in der es um die Ausschreibung der Stelle ging, geantwortet, dass sich das Ministerium selbstverständlich zu allen Fragen, die die Ausschreibung dieser Stelle betreffen, mit dem Sachverständigenrat in Verbindung setzen wird. Gibt es wenigstens im Vorfeld dazu neue Erkenntnisse? Damals wurde vonseiten des SRU ganz deutlich gesagt, man bräuchte eigentlich administrativen Unterbau und nicht eine neue B4-Stelle. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es gibt dazu keine neuen Erkenntnisse. Vizepräsident Eduard Oswald: Noch eine Nachfrage? – Nein, im Moment nicht. Stattdessen kommt eine von einem Kollegen. Bitte schön. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, finden Sie es nicht zumindest ungewöhnlich, dass Sie sich, nachdem wir hier vor ungefähr einem halben Jahr eine große, auch öffentliche Debatte über die Sinnhaftigkeit dieser Stelle hatten und Sie dabei die Sinnhaftigkeit dieser Stelle gesehen haben, ansonsten hätten Sie sie ja nicht einrichten wollen, jetzt ein halbes Jahr später hier hinstellen und sagen: Es ist nichts passiert; es gibt auch keine neuen Erkenntnisse. Wäre es nicht sinnvoller, hier zu erklären: „Wir haben im letzten halben Jahr gemerkt: Es geht auch ohne diese Stelle; wir brauchen diese Stelle gar nicht“? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege, es war eine Entscheidung bzw. ein Beschluss aus dem Parlament heraus. Wenn das Parlament etwas mit Mehrheit beschließt, dann kann die Regierung nicht für sich beschließen, es anders zu machen. Es gibt das Haushaltsrecht, das Königsrecht des Parlaments; dem ist an dieser Stelle zu folgen. Vizepräsident Eduard Oswald: Nachfrage des Kollegen Dr. Matthias Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, können wir dann davon ausgehen, dass dieser viel diskutierte und hoch umstrittene Vorgang nach dem 12. Mai seine Fortsetzung findet und das Ministerium die Ausschreibung dieser Stelle einleitet? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Relevanz, Herr Kollege, ergab sich ja wohl weniger aus der Stelle als vielmehr aus der Befürchtung, dass die Unabhängigkeit des Sachverständigenrates (Dr. Matthias Miersch [SPD]: Ich habe eine Frage gestellt! – Zuruf von der LINKEN) in irgendeiner Weise gefährdet sein könnte. Diese Un-abhängigkeit ist nicht gefährdet. Wir schätzen die Un-abhängigkeit des SRU. Ich habe auch schon gesagt, dass bislang keinerlei Maßnahmen zur Einleitung eines Stellenbesetzungsverfahrens getroffen worden sind. Vizepräsident Eduard Oswald: Nachfrage unseres Kollegen Ulrich Kelber. Ulrich Kelber (SPD): Turnusgemäß wird das BMU ja in absehbarer Zeit neue Personen in den Sachverständigenrat für Umweltfragen berufen. Dürfen wir davon ausgehen, dass die Besetzung dieser politisch umstrittenen Stelle – der Sachverständigenrat hat sie ja als überflüssig bezeichnet und davor gewarnt, dass seine Unabhängigkeit gefährdet ist – erst nach der Umbesetzung des Sachverständigen-rates vorgenommen wird, da bis dahin die kritischen Stimmen aus dem Sachverständigenrat ausgeschieden sind? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege, die Neubesetzung steht ja zum 1. Juli an. Es geht nicht darum, kritische Stimmen wegzu-drücken – das mag Usus bei der SPD sein –; (Widerspruch bei Abgeordneten der SPD) bei uns ist das nicht der Fall. Wir werden darauf achten, dass der Sachverständigenrat für Umweltfragen uns weiterhin kritisch, fundiert und sachlich in Umweltfragen zur Seite steht. Ich bin auch sicher, dass angesichts der Öffentlichkeit alle Beteiligten darauf achten werden, dass in diesem Rat genügend Sachverstand, auch kritischer Sachverstand versammelt ist. Im Folgenden werden wir über weitere Dinge sprechen. Aber zu dem konkret in Rede stehenden Verfahren sind keine Maßnahmen eingeleitet worden. Vizepräsident Eduard Oswald: Jetzt habe ich noch die zweite Nachfrage der Frau Kollegin Dr. Bärbel Kofler. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Ich frage doch noch einmal nach, weil ich konkret wissen möchte: Wenn die Stelle bis zum 1. Juli besetzt werden soll, wie Sie ja gerade ausgeführt haben – – Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Nein, nicht die Stelle, Frau Kollegin; da widerspreche ich. Vielmehr wird der Sachverständigenrat zum 1. Juli neu besetzt. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Okay, also der Sachverständigenrat neu besetzt werden soll. – Formulieren wir es einmal so: Es soll also eine zusätzliche B4-Stelle geben. Ihre Kollegin hat gesagt, sie wollen sich vorher mit dem Sachverständigenrat ins Benehmen setzen. Sie haben auf die Frage des Kollegen Schwabe geantwortet, dass Sie natürlich den Wunsch der Mehrheit des Parlamentes umsetzen müssen. Nun frage ich mich: Wann machen Sie das denn? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin, wir sind in Gesprächen. (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Sie haben doch gesagt, es gibt keine Gespräche!) Ich werde aber an dieser Stelle über interne Gespräche keine Auskunft geben. Vizepräsident Eduard Oswald: Ich habe schon bekannt gegeben: Die Frage 10 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl wird schriftlich beantwortet. Bei den Fragen 12 und 13 der Kollegin Waltraud Wolff werden wir, nachdem die Fragestellerin nicht anwesend ist, so verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Somit kommen wir nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel zur Verfügung. Ich rufe nun Frage 14 unseres Kollegen Michael -Gerdes auf: Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Bundesministerin Dr. Annette Schavan (so vorgetragen vor der -Bundespressekonferenz am 2. Mai 2012), dass das neue Wissenschaftsfreiheitsgesetz im Wesentlichen Regelungen festschreibt, die bereits zuvor Bestandteil der Initiative „Wissenschaftsfreiheitsgesetz“ waren, und welche der im Rahmen des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes vorgesehenen Regelungen gehen über die bereits durch die Initiative „Wissenschaftsfreiheitsgesetz“ ermöglichten Freiräume für die im Gesetz genannten Wissenschaftsorganisationen hinaus? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Kollege Gerdes, der Entwurf für das Wissenschaftsfreiheitsgesetz baut auf den Erfahrungen der Phase I der sogenannten Wissenschaftsfreiheitsinitiative auf und erweitert die Handlungsspielräume für die Wissenschaftseinrichtungen deutlich. Bei dem Wissenschaftsfreiheitsgesetz wird es sich um eine auf Dauer angelegte Regelung mit Gesetzeskraft handeln. Das Gesetz ermöglicht im Bereich Haushalt eine Flexibilisierung über die bislang geltenden quantitativen Einschränkungen hinaus und regelt in den Bereichen Personal, Bau und Beteiligungen neue Flexibilisierungen und Beschleunigungstatbestände. Auch wird der Kreis der einbezogenen Einrichtungen deutlich erweitert. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage? – Dann die Nachfrage unseres Kollegen Tankred Schipanski. Bitte schön. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, welche Erfahrungen wurden denn in der ersten Phase der Wissenschaftsfreiheitsinitiative gesammelt, die in den jetzigen Gesetzentwurf faktisch aufgenommen werden? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Kollege Schipanski, die Erfahrungen haben gezeigt, dass sich flexible und auf die Besonderheiten von Wissenschaftsorganisationen angepasste Rahmenbedingungen letztlich leistungssteigernd für das gesamte Wissenschafts- und Forschungssystem auswirken und dass ein effektiveres und effizienteres Wirtschaften ermöglicht wird. Vor allem die Gestaltung im Bereich der Überjährigkeit und der Deckungsfähigkeit hat sich als sehr hilfreich erwiesen. Wir haben dem Haushaltsausschuss zu den Erfahrungen einen sehr positiven Bericht abgeben können. Vizepräsident Eduard Oswald: Ich rufe die Frage 15 unseres Kollegen Michael -Gerdes auf: Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Vorgaben für die Ressortforschungseinrichtungen des Bundes Vorbildcharakter für das gesamte Wissenschaftssystem haben sollten, und, falls ja, wie passt dies zu der Tatsache, dass die Ressortforschungseinrichtungen nicht unmittelbar von den Regelungen des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes profitieren sollen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Kollege Gerdes, die Einrichtungen des Bundes mit Ressortforschungsaufgaben stehen einerseits im nationalen und internationalen Wettbewerb aller Forschungseinrichtungen, unterliegen aber andererseits als in der Regel nicht selbstständige Behörden besonderen rechtlichen Grundlagen und unterscheiden sich insofern von den außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die wir mit dem Wissenschaftsfreiheitsgesetz eigentlich im Blick haben. Für die Einrichtungen des Bundes mit Ressortforschungsaufgaben strebt die Bundesregierung mit dem Wissenschaftsfreiheitsgesetz und den bisherigen Maßnahmen der Wissenschaftsfreiheitsinitiative entsprechende Flexibilisierungen in den Bereichen Haushalt, Personal und Bauverfahren an. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage. Michael Gerdes (SPD): Da muss ich jetzt einmal nachfragen: Inwiefern hat sich durch die Einführung des Wissenschaftsfreiheits-gesetzes eine Verbesserung ergeben, auch in Bezug auf meine erste Frage? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Wenn Sie die Frage nach der Verbesserung auf die Ressortforschungseinrichtungen beziehen – so habe ich Sie jetzt verstanden –, dann ist es so, dass durch einen ausdrücklichen Kabinettsbeschluss festgelegt worden ist, dass entsprechende Flexibilisierungsmaßnahmen für die Ressortforschungseinrichtungen angestrebt werden. Da wir bei den Ressortforschungseinrichtungen aber einen anderen Ansatz haben, weil sie unter Umständen nur zu einem Teil, manche nur zu einem geringen Teil, Forschungsaufgaben wahrnehmen, können die Regelungen nicht identisch mit denen der außeruniversitären Forschungseinrichtungen sein. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage. Michael Gerdes (SPD): Danke. Vizepräsident Eduard Oswald: Der Kollege Uwe Schummer möchte aber eine Nachfrage stellen. Uwe Schummer (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, ein wichtiges Instrument zur Flexibilisierung sind ja auch globale Haushalte. Inwieweit sind solche globalen Haushalte, die die Autonomie der Universitäten und der Forschungseinrichtungen insgesamt verbessern sollen, weiterzuentwickeln? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Kollege Schummer, vielen Dank für Ihre Frage. – In der ersten Phase der sogenannten Wissenschaftsfreiheitsinitiative haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich erste Elemente von Globalhaushalten bei den Forschungseinrichtungen leistungssteigernd ausgewirkt haben. Aufgrund dieser in der Praxis gemachten positiven Erfahrungen haben wir im Wissenschaftsfreiheitsgesetz vorgesehen, dass dieses in drei wichtigen Bereichen ausgeweitet werden kann: erstens im Bereich der Deckungsfähigkeit, zweitens im Bereich der Überjährigkeit der Haushaltsmittel von einem Haushaltsjahr in das nächste Haushaltsjahr und schließlich im Bereich der Stellenpläne, die nach dem Gesetzentwurf sogar entfallen können. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. Ich rufe Frage 16, gestellt von unserem Kollegen René Röspel, auf: Welche Regelungen des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes sind nach der Rechtsauffassung der Bundesregierung nicht untergesetzlich regelbar? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Nach Auffassung der Bundesregierung besteht für sämtliche Bestimmungen des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes ein gesetzliches Regelungsbedürfnis. Ich verweise hier auf den Entwurf zum Wissenschaftsfreiheitsgesetz und die entsprechende Begründung. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege René Röspel. René Röspel (SPD): Vielen Dank. – Sie bezeichnen im Gesetzentwurf als Phase I das, was bisher in der Wissenschaftsfreiheitsinitiative untergesetzlich geregelt wurde. Sie sprechen davon, dass dies in Phase II verstetigt werden soll. Sie sagten gerade, es gebe einen gesetzlichen Regelungsbedarf. Wie funktionierte das in den letzten vier Jahren untergesetzlich, wenn es nun eines Gesetzes bedarf, um beispielsweise die Maßnahmen der Überjährigkeit umzusetzen? Wenn das nicht so ist: Warum entfristen Sie nicht die jetzige Initiative, statt ein Gesetz zu machen? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Kollege Röspel, ein ganz wichtiges Element des Entwurfs des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes, der auf Vorschlag der Koalitionsfraktionen zu Papier gebracht worden ist, ist, die Autonomie, die Selbstverantwortung, die Freiheit in die Wissenschaftseinrichtungen zu geben, und zwar nicht zeitlich beschränkt, wie wir es in der Freiheitsinitiative als ersten Versuch gemeinsam gemacht haben. Wir wollen das vielmehr grundsätzlich ermöglichen, weil wir mit der zeitlich beschränkten Regelung gute Erfahrungen gemacht haben, und dies mit der breiten gesetzgeberischen Legitimation – nicht nur der Administration in der Regierung – durch das Parlament. Wenn der Deutsche Bundestag diesen Gesetzentwurf unterstützt und verabschiedet, unterstreicht er, dass es sich um ein gemeinsames Anliegen der Volksvertreter des Deutschen Bundestages handelt, um den Wissenschaftseinrichtungen mehr Freiheit, Autonomie und Verantwortung zu geben. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie haben die Möglichkeit der zweiten Nachfrage. Bitte schön, Kollege Röspel. René Röspel (SPD): Habe ich es richtig verstanden, dass diese Maßnahmen gesetzlich geregelt werden müssen? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: So ist es. Ich darf noch einmal wiederholen: Nach Auffassung der Bundesregierung besteht ein gesetzliches Regelungsbedürfnis bei den Bestimmungen des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes. Sie werden feststellen, dass wir bei der Formulierung des Gesetzentwurfs sehr genau sowohl auf die gesetzliche Regelung als solche als auch darauf geachtet haben, dass die Rechte des Parlaments ausdrücklich gewährleistet werden und sichergestellt ist, dass das Ganze dem Budgetrecht des Gesetzgebers, des Bundestages, nicht zuwiderläuft. Vizepräsident Eduard Oswald: Ich habe weitere Nachfragen. Zunächst der Kollege Tankred Schipanski. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, Sie haben richtig festgestellt, welche Vorteile eine gesetzliche Regelung hat. Sie haben dargestellt, wie das Parlament einbezogen wird. Meine Frage geht in folgende Richtung. Wir haben in diesem Gesetz vier große Teile: Haushalt, Personal, Beteiligungen und Bau. Welche Beschleunigungseffekte verspricht sich die Bundesregierung von dieser Gesetzesinitiative in diesen vier Bereichen? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Kollege Schipanski, wir haben neben der inhaltlichen Erweiterung im Wissenschaftsfreiheitsgesetz im Verhältnis zur ersten Phase tatsächlich Beschleunigungselemente eingebaut, weil wir festgestellt haben – ich glaube, das haben auch die Forschungspolitiker im Bundestag sehr intensiv beobachtet –, dass die Forschungseinrichtungen nicht nur in einem nationalen Wettbewerb, sondern auch in einem starken internationalen, globalen Forschungswettbewerb stehen. Beispielsweise kann es im Bereich der wissenschaftlichen Bauvorhaben von erheblicher Relevanz sein, ob man bei einem neuen Forschungsprojekt schnell ein neues Labor usw. bekommt oder ob dies erst zeitverzögert der Fall ist. Deswegen haben wir eine Beschleunigung der Bauvorhaben für Wissenschaftseinrichtungen vorgesehen. Das ist, glaube ich, ein wichtiges Element. Es gibt einen weiteren wichtigen Bereich, in dem wir Beschleunigungsmaßnahmen vorgesehen haben, nämlich den der Beteiligungen. Um zum Beispiel einen Know-how-Transfer aus den Forschungseinrichtungen in die praktische Wirtschaft hinein zu organisieren, wollen wir Ausgründungen oder bereits existierende Unternehmen in der Weise unterstützen, dass sich Forschungseinrichtungen daran beteiligen können. Hier haben wir eine entsprechende Beschleunigung vorgesehen. Vizepräsident Eduard Oswald: Nächste Nachfrage von unserem Kollegen Dr. Peter Röhlinger. Bitte schön, Kollege Dr. Röhlinger. Dr. Peter Röhlinger (FDP): Herr Staatssekretär, die Wissenschaft wartet auf das Wissenschaftsfreiheitsgesetz. Wir sind froh und dankbar, dass wir es nun endlich auf den Weg gebracht haben. Wenn es nach uns gegangen wäre, hätten wir das bereits im Jahr 2011 geschafft. Speziell die wissenschaftsspezifischen Beschäftigungsverhältnisse standen im Fokus der Wissenschaftseinrichtungen. Welche Ziele werden mit der wissenschaftsspezifischen Ausgestaltung von Beschäftigungsverhältnissen verfolgt? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Lieber Herr Dr. Röhlinger, wir nehmen intensiv wahr, dass es in den Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen in Deutschland einen harten Wettbewerb um die besten Frauen und Männer gibt. Das ist ein Wettbewerb, der international mit anderen Forschungseinrichtungen, aber auch zwischen Industrie und Wirtschaftsunternehmen auf der einen Seite und Forschungseinrichtungen auf der anderen Seite ausgetragen wird. Da die normalen Finanzierungs- und Lohnperspektiven im öffentlichen Dienst allerdings nicht immer den Möglichkeiten der Wirtschaft entsprechen bzw. gegenüber internationalen Wissenschaftsorganisationen zurückbleiben, haben wir im Wissenschaftsfreiheitsgesetz eine Veränderung vorgesehen, die sich im Wesentlichen so zusammenfassen lässt: Wenn Wissenschaftseinrichtungen Einnahmen oder Erlöse aus dem privaten Sektor – aus Drittmitteln, aus Wirtschaftserträgen, aus Spenden oder privaten Vermögen – haben, sollen sie in die Lage versetzt werden, diese Erlöse zu nutzen, um in Zukunft eine höhere Dotierung der qualifizierten Spitzenleute in Wissenschaft und Forschung realisieren zu können. Vizepräsident Eduard Oswald: Ich komme zur Frage 17, ebenfalls gestellt von unserem Kollegen René Röspel: Welche Regelungen des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes können ohne Umsetzung der Länder und/oder ohne Beschlüsse des Deutschen Bundestages wirksam werden? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Das Wissenschaftsfreiheitsgesetz trifft durchgängig Regelungen zur bundesseitigen haushaltsrechtlichen Flexibilisierung der für die Wissenschaftseinrichtungen geltenden Rahmenbedingungen. Diese Flexibilisierungen in den Bereichen Haushalt und Personal erfolgen dann nach Maßgaben des jährlichen Haushaltsgesetzes. Damit diese Flexibilisierungen für die Einrichtungen wirksam werden, bedarf es grundsätzlich nachfolgender Umsetzungsschritte der Zuwendungsgeber, insbesondere zur Anpassung der sogenannten Bewirtschaftungsgrundsätze der Einrichtungen. Dies erfolgt überwiegend in den gemeinsam von Bund und Ländern finanzierten Einrichtungen unter Beteiligung der Länder nach Maßgabe der jeweiligen einrichtungsspezifischen Regularien. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage. René Röspel (SPD): Ich entnehme der Äußerung, dass vonseiten der Bundesregierung offenbar keine Zustimmungspflichtigkeit vorgesehen ist. Wie kann ich mir das denn in den Einrichtungen vorstellen, die zu 50 Prozent vonseiten des Bundes finanziert werden und zu den anderen 50 Prozent vonseiten der Länder? Gelten dann diese Regelungen nur für den Bundesanteil, für den Länderanteil aber nicht? Oder ist es nicht auch notwendig, dass die Länder ihren Beitrag in gleicher Weise leisten und dann aber eine Zustimmungspflichtigkeit gegeben sein muss? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Der letzten Schlussfolgerung kann ich nicht zustimmen, weil es sich – wie ich gerade sagte – in erster Linie um bundesseitige haushaltsrechtliche Flexibilisierungsmaßnahmen handelt, die wir im Wissenschaftsfreiheitsgesetz des Bundes vorgesehen haben. Ich will Ihre Frage gerne ein Stück weit aufnehmen und noch einmal deutlich machen: Wenn wir in der weiteren praktischen Umsetzung der Flexibilisierung in den Bereichen Haushalt und Personal die entsprechende Beteiligung haben wollen, brauchen wir eine nachfolgende Umsetzung der Zuwendungsgeber. Ich habe es bereits angesprochen: Dabei geht es um die Bewirtschaftungsgrundsätze. Die Zuwendungsgeber sind gemeinsam gefordert, diese entsprechend umzusetzen. Die Anpassung der Bewirtschaftungsgrundsätze erfolgt unter Beteiligung der Länder; da haben Sie völlig recht. Hierzu gibt es ein Forum, in dem diese Fragen gemeinsam besprochen werden und das die Umsetzung sicherstellen wird: die GWK, die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage. Bitte schön, Kollege Röspel. René Röspel (SPD): Entnehme ich dieser Äußerung, dass die Möglichkeit besteht, dass die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz tatsächlich die Budgethoheit der Landesparlamente sozusagen übernimmt, weil sie im Rahmen eines gemeinsamen Bewirtschaftungsplans Entscheidungen trifft, die sich im Rahmen der Wissenschaftsfreiheitsinitiative bewegen? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Mir steht es nicht zu, Ihre Einschätzung zu kommentieren. Ich will Ihnen aber erklären, wie sich der -Sachverhalt darstellt. Es geht darum, dass in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz die Bewirtschaftungsgrundsätze entsprechend der Grundphilosophie des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes – Freiheit, Autonomie, Selbstverantwortung – geändert werden. Dies wird man gemeinsam im Miteinander zwischen Ländern und Bund vereinbaren, beispielsweise in den zuständigen Fachausschüssen der GWK für die MPG, für die DFG und im sogenannten FhG-Ausschuss. Im Bereich der Leibniz-Einrichtungen – Sie haben vorhin die 50/50-Finanzierung angesprochen – wird das rechtlich anders sein. Hier besteht die Besonderheit, dass der Vollzug der gemeinsamen Bund-Länder-Förderung grundsätzlich nach den Regelungen des jeweiligen Sitzlandes erfolgt, das heißt, die Grundlage ist das entsprechende Landeshaushaltsrecht. Umgekehrt heißt das – politisch gesprochen –: Wir als Bundesgesetzgeber – die Bundesregierung und, wenn der Bundestag das beschließt, das deutsche Parlament – möchten diese Freiheit und Autonomie im Bereich der WGL in deren Selbstverantwortung übertragen. Das wird aber nur dann der Fall sein, wenn entsprechende Umsetzungsmaßnahmen der Länder im Bereich der WGL erfolgen. Sie haben also die Möglichkeit, bei den Forschungspolitikern Ihrer Fraktion in den 16 Ländern für diese Freiheit und Selbstverantwortung zu werben. Vizepräsident Eduard Oswald: Ich habe zu dieser Frage keine weiteren Nachfragen. Die Fragen 18 und 19 der Kollegin Marianne Schieder werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 20 des Kollegen Swen Schulz auf: Inwieweit ist in der mittelfristigen Finanzplanung der Bundesregierung Vorsorge für steigende Ausgaben durch zusätzliche Studierendenanfängerzahlen getroffen, und welche Planung hat die Bundesregierung für Änderungen beim Bundesausbildungsförderungsgesetz? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Die Bundesregierung hat entsprechend ihren rechtlichen Verpflichtungen die nötige Vorsorge getroffen, um den steigenden Studierendenzahlen und den finanziellen Auswirkungen beim BAföG und beim Hochschulpakt im Haushaltsjahr 2013 vollständig Rechnung zu tragen. Für die Finanzplanung, bei der es sich um ein rein internes Planungsinstrument der Bundesregierung handelt, ist ausreichende Vorsorge für den Hochschulpakt unter den Gesichtspunkten Vorhersehbarkeit, Bestimmtheit und Etatreife eingestellt. Beim Hochschulpakt ergeben sich die tatsächlich fälligen Forderungen jeweils aus der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes am Ende des Jahres. Auf dieser Grundlage erfolgt entsprechend der aktuellen Studienanfängerzahl die Dotierung für das jeweils übernächste Haushaltsjahr gemäß der Abrechnungssystematik des Hochschulpakts. Die Vorsorge für das BAföG wird auf der Grundlage jeweils aktualisierter Prognosen von unabhängiger Seite vorgenommen. Vizepräsident Eduard Oswald: Die erste Nachfrage des Kollegen Swen Schulz. – Bitte schön. Swen Schulz (Spandau) (SPD): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Zunächst stelle ich eine Nachfrage zum Hochschulpakt. Sie haben gesagt, dass für das Jahr 2013 Vorsorge getroffen wurde. Das deckt sich mit der mittelfristigen Finanzplanung, in der Sie eine Aufstockung vorgesehen haben. Die mittelfristige Finanzplanung sieht aber vor, dass die Mittel ab 2014 wieder sinken werden. Die Planungen sehen eine Kürzung vor. Sie sagen, das sei eine rein interne Geschichte, eine rein interne Planung. Ich verstehe das jetzt so: Sie stellen in Aussicht, dass im Rahmen von Neuverhandlungen des Hochschulpakts deutlich mehr Mittel vorgesehen werden, als in der aktuellen mittelfristigen Finanzplanung skizziert. Sehe ich das richtig? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Kollege Schulz, die Bundesregierung stellt seit 2010 Jahr für Jahr ganz verlässlich erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung. Sie stellte jeweils mehr finanzielle Mittel zur Verfügung, als in der Finanzplanung vorgesehen waren. Auf der Grundlage der Schnellmeldung der Studienanfängerzahlen wurden die Mittel in der Vergangenheit bedarfsgerecht bereitgestellt. Ich glaube, daran sieht man sehr gut, dass sich die Bundesregierung nachgewiesenen zahlenmäßigen Veränderungen unmittelbar gestellt hat und ihren Beitrag hinsichtlich der Zurverfügungstellung der notwendigen Mittel geleistet hat. Ich will dies an einem Beispiel erläutern. Wir befinden uns im Haushaltsjahr 2012. Allein für das Haushaltsjahr 2012 sind insgesamt 607 Millionen Euro mehr für die Studierenden zur Verfügung gestellt worden, als in der ursprünglichen Finanzplanung für das Jahr 2012 vorgesehen waren. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre weitere Nachfrage, Kollege Schulz. Swen Schulz (Spandau) (SPD): Mit anderen Worten, Herr Staatssekretär: Die Finanzplanung ist Makulatur. Ich habe das zur Kenntnis genommen. Jetzt zum BAföG: Es gibt das Angebot der Bundes-regierung, mit den Ländern über mögliche Verbesserungen beim BAföG zu verhandeln. Welche Planungen hat die Bundesregierung diesbezüglich? Gibt es Gespräche mit den Ländern? Wie wird sich das finanziell auswirken? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Zum ersten Teil Ihrer Frage, der eine Bemerkung und keine Frage war, möchte ich feststellen, dass sich die -Finanzplanung an den Fakten orientiert, die zu dem Zeitpunkt, zu dem der Finanzplan aufgestellt wird, vorliegen. Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit ein hohes Maß an Flexibilität bewiesen – das war im Sinne der Hochschulen und der Studierenden –, indem sie bereit gewesen ist, sich auf die im Laufe der Jahre bzw. im Laufe eines Jahres verändernden Studienanfängerzahlen, die statistisch belegt sind, einzustellen und entsprechend höhere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Über das Thema BAföG befinden wir uns in Gesprächen mit den Bundesländern. Wir warten ab, wie die Bundesländer, die einen Teil der BAföG-Finanzierung übernehmen müssen, zu diesem Thema stehen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Ich rufe jetzt die Frage 21 unseres Kollegen Swen Schulz auf: Liegen der Bundesregierung Daten zum Sanierungs- und Modernisierungsbedarf – insgesamt aufgelaufener Bedarf sowie akuter Bedarf – an deutschen Hochschulen vor, und wie sind diese in ihre Einschätzung der notwendigen Kompensa-tionsmittel für 2014 bis 2019 nach dem Entflechtungsgesetz eingeflossen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über den allgemeinen Hochschulbau vor, die eine Einschätzung eines Sanierungs- oder Modernisierungsbedarfs erlauben. Über diese Daten verfügen die Länder. Das ist auch nicht verwunderlich, da es ausschließlich Aufgabe der Länder ist, hierfür Vorsorge zu treffen. Zur Frage der Höhe: Die Höhe der nach 2013 zur Aufgabenerfüllung noch angemessenen und erforderlichen Finanzierungsmittel wird Ergebnis des Bund und Ländern in Art. 143 c Abs. 3 des Grundgesetzes gemeinsam auferlegten Prüfauftrags sein. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage. Swen Schulz (Spandau) (SPD): Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, Sie haben gerade gesagt, dass Sie zwar keine Daten haben, dass sich aber Bund und Länder in irgendeiner Form über die künftige Höhe der Mittel einigen müssen. Wie gelingt es der Bundesregierung, sich eine Meinung zu bilden, wenn sie keine Daten hat? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Kollege Schulz, hier geht es um die Frage, wie nach 2013 eine bis jetzt geltende Grundgesetzregelung im Bereich der Kompensationsleistungen fortgeführt oder verändert wird. Ich gehe davon aus, dass die Bundesländer ihre Sicht der Dinge – belegt durch entsprechende Daten und Zahlen – in die Diskussion einbringen werden. Dann werden Bund und Länder darüber in ein konstruktives Gespräch kommen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage. Swen Schulz (Spandau) (SPD): Ich habe keine. Vizepräsident Eduard Oswald: Gut. – Damit gehen wir weiter. Die Fragen 22 und 23 des Kollegen Willi Brase und die Fragen 24 und 25 des Kollegen Dr. Ernst Dieter Rossmann werden schriftlich beantwortet. Ich rufe Frage 26 unserer Kollegin Frau Agnes Alpers auf: In welcher Form soll der Deutsche Bundestag mit dem Deutschen Qualifikationsrahmen, DQR, befasst werden, und welches Gremium soll nach dem Abschluss der Debatte um die Einstufung verschiedener Abschlüsse in den DQR abschließend über ein entsprechendes Regelwerk entscheiden? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Bundestagsabgeordnete Alpers, ich kann Ihnen dazu zurzeit nur sagen, dass darüber Beratungen stattfinden, es aber noch keine abschließende Meinungsbildung gibt, welches Gremium oder welche Gremien damit befasst werden. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Alpers. Agnes Alpers (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Rachel, vielen Dank, das war genau die Antwort, die wir schon in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage bekommen hatten. Diese liegt schon ein wenig zurück. Daher frage ich noch einmal ganz konkret nach, wie die Bundesregierung dies sieht. In den anderen europäischen Ländern ist es üblich, dass auch das Parlament involviert und an diesem Prozess der Entscheidungsfindung wesentlich beteiligt wird. Plant die Bundesregierung, das Parlament einzubeziehen und wesentliche Entscheidungen hier im Parlament zu treffen? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Kollegin Alpers, die Tatsache, dass sich meine Antwort mit der Antwort der Bundesregierung auf eine frühere Anfrage deckt, zeigt die Kontinuität und Stringenz der Antworten der Bundesregierung. Warum ist dem so? Wir haben keine rechtliche Vorgabe von europäischer Seite. Vielmehr gibt es eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rats zur Einführung des Europäischen Qualifikationsrahmens. Diese hat keinen rechtsverbindlichen Charakter und überlässt es insofern den Mitgliedstaaten, in welcher Form sie zu einer Meinungsbildung und Beschlussfassung kommen. Ich darf Ihnen vielleicht den aktuellen Stand des Prozesses erläutern. Bund und Länder, in dem Fall das BMBF und die Kultusministerkonferenz, haben sich auf eine sogenannte Bund-Länder-Koordinierungsgruppe DQR verständigt. Neben unserem Ministerium und der KMK gehören ihr das Bundeswirtschaftsministerium und auch die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder an. Neben diesem Gremium gibt es ein zweites Gremium, das sich aus Akteuren aus dem Bildungsbereich, Vertretern der Sozialpartner und Experten aus der Wissenschaft zusammensetzt. Dies ist der sogenannte Arbeitskreis DQR. Er befasst sich mit der detaillierten Ausgestaltung und auch mit der Frage, wie es weitergehen soll. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Agnes Alpers. Agnes Alpers (DIE LINKE): Die Beteiligung des Parlaments oder auch der Parlamente – ich beziehe jetzt einmal die Länder mit ein – ist, so haben Sie es gesagt, nicht rechtsbindend. Erstaunlich ist, dass sich die Bundesregierung, die Arbeitgebervertreter und die Arbeitnehmervertreter dafür ausgesprochen haben, das Abitur mit einer vollqualifizierenden Ausbildung gleichzusetzen. Hätte man nicht das Parlament beteiligen sollen? War es richtig, entgegen ganz Europa die Schulabschlüsse auszunehmen? Wie steht die Bundesregierung dazu, diesen Prozess weiter voranzutreiben und das Parlament und auch die Länderparlamente hier mehr mit einzubeziehen? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Kollegin Alpers, ich möchte mir Ihre Darstellung nicht in dieser Form zu eigen machen, bin aber in einem Punkt, glaube ich, nahe bei Ihnen. Ich finde, die Lösung, auf die sich die verschiedenen Partner verständig haben, dass das Abitur bei der DQR-Berechnung zunächst herausgelassen wird, ist gut. Denn letztlich handelt es sich beim Abitur um einen schulischen Abschluss, während sich der DQR auf die Frage der Mobilität auf dem Arbeitsmarkt bezieht. Wir haben bei diesem Prozess in der Vergangenheit darauf geachtet, dass es bei der Anerkennung nebenberuflicher Qualifikationen einen umfangreichen Austausch und eine intensive Beratung, auch mit den Sozialpartnern, gibt. Ich glaube, dass das gut ist. Denn die Lösungen, die hier vorgezeichnet werden, sollten später auch von den verschiedenen Seiten in den Betrieben unterstützt werden. Vizepräsident Eduard Oswald: Eine Nachfrage unseres Kollegen Uwe Schummer. Uwe Schummer (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, beim Europäischen Qualifika-tionsrahmen und beim Deutschen Qualifikationsrahmen hat sich das Parlament ja mehrfach mit Anträgen über die Fraktionsgrenzen hinweg befasst und Positionen formuliert. Eine entscheidende Position lautet, dass berufliche und akademische Ausbildung gleichwertig anzusehen sind. Es ist zu beobachten, dass es im europäischen Raum eine entsprechende Bewegung gibt. Ist der Schritt hin zur dualen Ausbildung insgesamt und zur Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung im Deutschen Qualifikationsrahmen gelungen? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Bundestagsabgeordneter Schummer, dies ist tatsächlich das gemeinsame Anliegen des Bundestages, vor allem der Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung. Bei der Beschreibung, die wir im DQR vorgenommen haben, ist dies gelungen. Ich will beispielhaft daran erinnern, dass wir die gleichwertige Zuordnung eines Meisterabschlusses und eines Bachelorabschlusses auf Niveau 6 des DQR vorgesehen haben. Ich glaube, dies ist ein deutliches Signal in dem Sinne, in dem Sie Ihren Wunsch geäußert haben. Vizepräsident Eduard Oswald: Eine Nachfrage unseres Kollegen Ralph Lenkert. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär, beim DQR und beim EQR, also beim Deutschen Qualifikationsrahmen und beim Europäischen Qualifikationsrahmen, geht es ja hauptsächlich um Mobilitätsfragen. Uns geht es aber auch um die Vergleichbarkeit. Wie wollen Sie die Vergleichbarkeit von Abschlüssen verbessern und voranbringen? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Bundestagsabgeordneter, gerade der DQR ist ein Instrument, das zur Transparenz beitragen soll. DQR und EQR werden natürlich nicht alle Fragen dieser Welt lösen. Aber: Der DQR ist ein Instrument zur Erhöhung der Transparenz, das zur besseren Orientierung und Vergleichbarkeit von Qualifikationen innerhalb des deutschen Bildungssystems, aber auch zwischen unterschiedlichen Bildungssystemen in Europa dienen soll. Insofern werden Gleichwertigkeiten, aber auch manche Unterschiede sichtbar werden. Vizepräsident Eduard Oswald: Ich rufe die Frage 27 unserer Kollegin Agnes Alpers auf: Welche besonderen Vereinbarungen gibt es zur Einordnung der Abschlüsse im Gesundheitsbereich, und auf welchem Niveau des DQR sollen die berufsfachschulischen Ausbildungen im Gesundheits- und Pflegebereich eingeordnet werden? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Abgeordnete Alpers, im Rahmen eines DQR-Spitzengesprächs am 31. Januar dieses Jahres haben sich Bund, Länder, Sozialpartner und Wissenschaftsorganisationen auf eine grundsätzliche Linie für die Einführung eines Deutschen Qualifikationsrahmens verständigt. Die Vereinbarung ist im entsprechenden Internetbeitrag zum DQR verfügbar; die Internetadresse stelle ich Ihnen gerne zur Verfügung. Hierin wird der Arbeitskreis DQR – auf ihn bin ich vorhin schon eingegangen – gebeten, die noch ausstehenden Zuordnungen vorzunehmen. Mit anderen Worten: Der Beratungsprozess dauert noch an; er ist noch nicht abgeschlossen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin. Agnes Alpers (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Rachel, dieser Prozess währt ja schon einige Zeit. Meine Fraktion und ich haben einige Fragen dazu und wollen, dass der Gesundheitsbereich nun endlich mit einbezogen wird. Häufig wurde darüber diskutiert, dass das Abitur nicht miteinbezogen worden ist und Abschlüsse in Teilbereichen des Gesundheitswesens in das Niveau 4 oder 5 eingeordnet werden sollen. Deshalb frage ich: Wann genau wird dieser Prozess abgeschlossen sein, damit es für diese Berufe tatsächlich eine verlässliche Aussage gibt? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Kollegin Alpers, der Diskussionsprozess wird dann abgeschlossen sein, wenn man sich nach inhaltlich überzeugenden Kriterien geeinigt hat. Das ist zurzeit noch nicht der Fall. Den weiteren Prozess werden wir ausgestalten. Wir werden jetzt nicht aufhören, sondern wir werden jetzt Erfahrungen mit dem DQR in der Praxis sammeln, und zwar hier bei uns in Deutschland und in Europa. In den Arbeitsgremien gibt es einen klaren Konsens darüber, dass in fünf Jahren eine Überprüfung, eine Evaluation, durchgeführt werden soll. In diesem Zusammenhang wird dann auch die Zuordnung der allgemeinbildenden Schulabschlüsse erneut aufgegriffen. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie haben die Möglichkeit der zweiten Nachfrage. Bitte schön, Frau Kollegin. Agnes Alpers (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Rachel, ich muss doch noch einmal ganz konkret nachfragen. Sie sagten jetzt: Wir wollen Erfahrungen sammeln. Wir wollen uns nach fünf Jahren noch einmal mit dem Abitur beschäftigen, dessen Einordnung wir ausgesetzt haben. Ich frage Sie nochmals: Hält die Bundesregierung es für sinnvoll, die anderen Berufe einzuordnen, den Gesundheitsbereich für die nächsten fünf Jahre aber auszuschließen? Es gibt viele, die konkret nach dem Zeitpunkt fragen. Beabsichtigen Sie in absehbarer Zeit, eine genaue Zuordnung der Gesundheitsberufe vorzunehmen? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Kollegin Alpers, ich kann Sie beruhigen: Es ist nicht vorgesehen, das erst in fünf Jahren zu machen, sondern das soll jetzt Teil des gesamten Verhandlungsprozesses sein. Ich kann das Ergebnis heute nicht vorwegnehmen. Man hat sich hier inhaltlich noch nicht geeinigt. Der Zeitraum von fünf Jahren bezieht sich auf die Gesamtbetrachtung. Die Überprüfung, ob die Einordnungen richtig waren, und zwar sowohl im nationalen Maßstab als auch im Vergleich zu anderen Ländern, wird man in fünf Jahren im Rahmen einer Evaluation durchführen. Vizepräsident Eduard Oswald: Der Kollege Ralph Lenkert hat noch eine Nachfrage. Bitte schön. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär, wie soll aus Sicht der Bundesregierung gewährleistet werden, dass landesrechtlich geregelte Ausbildungen im Deutschen Qualitätsrahmen bundeseinheitlich eingestuft werden? Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Wir haben für eine Vielzahl von Ausbildungsberufen und entsprechenden Qualifikationen Regelungen vorgesehen. Darauf können wir uns hier an dieser Stelle beziehen. Inwiefern sich die Länder mit ihren Regelungen mit einbringen werden, kann ich Ihnen im Moment nicht konkret beantworten. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. Wir sind am Ende des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz zur Verfügung. Ich rufe die Frage 28 unseres Kollegen Dr. Sascha Raabe auf: Trifft es zu, dass der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, mit 23 Fehltagen die Liste der bei Sitzungen des Bundeskabinetts abwesenden Bundesminister anführt, und welche Termine hat der Bundesminister Dirk Niebel jeweils konkret an den Tagen, an denen er nicht an der Kabinettssitzung teilgenommen hat, wahrgenommen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Bundesminister Niebel hat insgesamt an 76 der 100 Kabinettssitzungen seit Beginn dieser Legislatur-periode teilgenommen. Er war 21-mal durch Dienst-geschäfte und 3-mal durch Urlaub verhindert. Die -entsprechende Liste, auf der die Dienstgeschäfte verzeichnet sind, habe ich hier bei mir, und ich bin bereit, sie zur Einsichtnahme zu zeigen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Dr. Raabe. Dr. Sascha Raabe (SPD): Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung. Die Liste werde ich mir gerne anschauen. – Es ist so, dass der Minister seine spärliche Anwesenheit bei uns im Ausschuss oft damit begründet hat, dass er an Kabinettssitzungen teilnehmen muss. Jetzt hören wir, dass er im Vergleich zu anderen Ministern selten bei Kabinettssitzungen dabei ist. Es trifft zu, dass er mit seinen 23 Fehltagen die Liste der bei diesen Sitzungen abwesenden Bundesminister anführt. Meine Nachfrage lautet: Ist es auch richtig, dass das Bundesministerium noch nicht einmal einen einzigen Original-Tagesordnungspunkt aufgesetzt hat? In der Statistik von Herrn Pofalla steht zum Beispiel, dass der Außenminister schon 43 Tagesordnungspunkte angemeldet hat. Ähnliches gilt für den Finanzminister. Pofallas trockene Kabinettsbilanz lautet: Das BMZ hat noch gar keinen Tagesordnungspunkt aufgesetzt. – Ist das richtig, Herr Staatssekretär? Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Herr Abgeordneter, das ist überhaupt keine trockene Bilanz, sondern das Ganze ist einem anderen Aufgabenfeld geschuldet, das Bundesminister Niebel für die Bundesregierung und die Bundesrepublik Deutschland wahrzunehmen hat. Sein Dienstgeschäft besteht eben im Wesentlichen nicht darin, in Deutschland an Schreib-tischen oder Konferenztischen zu sitzen, sondern darin, im Rahmen der eigenen Projekte in den 50 Partnerländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit aktiv zu sein. Dort ist der Bundesminister dienstlich gefordert, die tatsächliche Umsetzung dieser Projekte selbst in Augenschein zu nehmen und zu kontrollieren. Zusätzlich muss er seine Arbeit darauf konzentrieren, für diese Projekte, die die Bundesrepublik Deutschland in den Entwicklungspartnerländern durchführt, in Deutschland zu werben. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Herr Kollege. Dr. Sascha Raabe (SPD): Es ist schon erstaunlich, dass es der Außenminister, der auch viel im Ausland unterwegs sein muss, schafft, öfter an den Sitzungen des Kabinetts teilzunehmen, und dass er schon 43 Tagesordnungspunkte aufgesetzt hat. Herr Staatssekretär, ist es nicht so, dass es gerade im -Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik ganz wesentlich auf die sogenannte -Kohärenz ankommt, das heißt, darauf, die Entwicklungspolitik mit der Handelspolitik, der Umweltpolitik und der Landwirtschaftspolitik abzustimmen? Aus meiner Sicht können Sie doch nicht sagen: Ein Entwicklungsminister in Deutschland braucht nicht an irgendwelchen Sitzungen teilzunehmen, sondern er muss im Ausland umherschwirren. Stimmen Sie mir nicht zu, dass es wichtig wäre, dass gerade der Entwicklungsminister mit seinen Kabinettskollegen dafür sorgen müsste, dass die Entwicklungs-politik abgestimmt wird und als Querschnittsaufgabe verstanden und umgesetzt werden kann? Er hat auch für ein Aufwachsen der ODA-Mittel zu sorgen. Hat denn Herr Minister Niebel konkret im Kabinett auf die Tagesordnung gesetzt, dass über die Hälfte der Abgeordneten das 0,7-Prozent-Ziel erreichen will? Mir drängt sich der Eindruck auf, dass Herr Niebel deshalb am meisten fehlt und nicht einen einzigen Tagesordnungspunkt aufgesetzt hat, weil er – das würde man normalerweise dann zu Recht denken – einfach keinen Bock hat. Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Diesen falschen Eindruck bei Ihnen, Herr Abgeordneter, möchte ich natürlich gerne zerstreuen; denn Dirk Niebel ist der erfolgreichste Entwicklungsminister aller Zeiten der Bundesrepublik Deutschland. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU– -Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welcher Hinsicht?) Dabei müssen Sie in Rechnung stellen, dass die ODA-Quote, über die Sie gerade gesprochen haben, zum ersten Mal 0,4 Prozent des Bruttosozialprodukts erreicht – sie war bis 2009 auf 0,35 Prozent gesunken – und dass wir auch im nächsten Jahr durch die Verantwortungsbereitschaft dieses Hauses im weiteren parlamentarischen Verfahren wieder einen weiteren Rekordhaushalt haben werden. Wir sind kein klassisches Gesetzgebungsministerium. Deshalb findet unsere Arbeit nicht im Bereich der so-genannten O-Tagesordnungspunkte statt. Für uns ist es im Gegensatz zum Außenministerium nicht sinnvoll, im Wege der Kurzreise nur die Hauptstädte, die man besser erreichen kann, anderer wichtiger Industrienationen zu besuchen. Sie wissen aus eigener Erfahrung und eigener Beteiligung an den Reisen, zu denen Dirk Niebel sehr oft viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag eingeladen hatte, dass diese natürlich ins Landesinnere führen. Wenn man die konkreten Projekte, die dort in großer und verdienstvoller Weise für die Bundesrepublik Deutschland gemacht werden, tatsächlich in Augenschein nehmen will, dann muss man ziemlich weit ins Landesinnere reisen und mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein, was die Reise schwierig werden lässt. Deshalb dauern diese Reisen einfach länger als normale Trips. Vizepräsident Eduard Oswald: Frau Kollegin Helga Daub hat eine Nachfrage. Helga Daub (FDP): Herr Staatssekretär Beerfeltz, ist es richtig, dass der Einzelplan 23 der größte investive Haushalt insgesamt ist, dass damit sehr viele Steuergelder bilateral und multilateral verteilt werden und es insofern selbstverständlich die Aufgabe des Ministers ist, sich vor Ort kundig zu machen, ob das Geld, das wir vergeben, ordnungsgemäß verwendet wird, und es auch durchaus im Sinne des Steuerzahlers ist, dass diese Reisen unternommen werden? Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Es ist in der Tat der zweitgrößte Investitionshaushalt der Bundesrepublik Deutschland. Von den etwa 6,3 Milliarden Euro Haushaltsmitteln dieses Jahres werden über 4,8 Milliarden Euro im Interesse der Bundesrepublik Deutschland direkt investiv ausgegeben, teilweise mit erheblichen zusätzlichen Hebelwirkungen durch eine bessere Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in Deutschland, aber auch mit der modernen mittelständischen Wirtschaft unseres Landes. Mit der finanziellen Zusammenarbeit hebeln wir Steueraufkommen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro um den Faktor 6 bis 7. Das heißt, für diese Zwecke kommen 7 bis 8 Milliarden Euro in den Partnerländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit an. In der Technischen Zusammenarbeit, insbesondere über die GIZ, erzeugen wir mit jedem eingesetzten Euro zusätzlich 1,4 Euro für die deutsche Exportwirtschaft. Das ist eine Win-win-Situation im Interesse von Werten, aber auch im Interesse des Landes. Vizepräsident Eduard Oswald: Ich rufe die Frage 29 des Kollegen Dr. Sascha Raabe auf: Trifft es zu, dass eine Entscheidung des Bundeskabinetts über die Zusammenfassung der Zuständigkeit für sämtliche deutschen ODA-relevanten (ODA: Official Development -Assistance, öffentliche Entwicklungszusammenarbeit) Vorhaben im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung bislang am Veto des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gescheitert ist, und wann ist mit einer Entscheidung über die neue Auf-gabenverteilung, darunter die Auslagerung der entwicklungsorientierten Not- und Übergangshilfe vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in das Auswärtige Amt, zu rechnen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Für die Bundesregierung beantworte ich die Frage mit drei Punkten: Erstens. Zur Verbesserung der Koordinierung der deutschen ODA-Leistungen befindet sich ein Vorschlag des AA und des BMZ aktuell in der Ressortabstimmung. Der Abstimmungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Deshalb bitte ich um Verständnis, wenn ich zu Einzelheiten wie der Positionierung einzelner Ressorts in dem Verfahren zurzeit nichts sagen kann. Zweitens. Die Zuständigkeitsverlagerung der zurzeit im BMZ beheimateten entwicklungsorientierten Not- und Übergangshilfe ist nicht Teil dieser Ressortabstimmung, sondern kommt aus der direkten Ressortvereinbarung zwischen AA und BMZ und ist eine Frage der Übertragung der Zuständigkeiten, um die Nothilfe effektiver als zu früheren Zeiten leisten zu können. Dabei werden bestimmte Punkte, Titel und auch Personal getauscht in der Überlegung, einerseits die Nothilfe aus einer Hand zu leisten und andererseits die übergangsorientierte Aufbauhilfe, also die mittelfristige Hilfe, ebenfalls aus einer Hand leisten zu können. Drittens. Sobald mit dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages Einvernehmen über die relevanten Punkte in der Vereinbarung hergestellt worden ist, können die darin enthaltenen Punkte einschließlich der genannten entwicklungsorientierten Not- und Übergangshilfe umgesetzt werden. Vizepräsident Eduard Oswald: Die erste Nachfrage, Kollege Dr. Raabe. Dr. Sascha Raabe (SPD): Herr Staatssekretär, ich glaube, an diesem Punkt zeigt sich genau das Dilemma, über das wir auch bei der vo-rigen Frage gesprochen haben. Dabei geht es um die Ressortabstimmung. Wenn man mit dem Umweltministerium eine sinnvolle Vereinbarung erreichen möchte, wäre es gut, die sogenannten ODA-anrechnungsfähigen Leistungen, also die Leistungen, die als offizielle Entwicklungszusammenarbeit zählen, im Bereich Klima- und Umweltschutz federführend und abgestimmt beim BMZ anzusiedeln. Aber darüber muss man mit dem Bundesumweltminister und den anderen Kollegen im Kabinett auch reden können. Wenn man nicht da ist, kann man das nicht im Kabinett. Herr Niebel sollte sich auf seinen Reisen – Reisen ist ja gut – auch einmal Klima- und Umweltschutzprojekte anschauen, das hat er ja vielleicht auch getan. Dann würde er sicherlich inhaltlich zu dem Ergebnis kommen, dass es sinnvoll ist, die entsprechenden Zuständigkeiten im BMZ anzusiedeln. Wenn er aber all seine Erkenntnisse, die er auf seinen Reisen gewinnt, dem Kabinett nicht mitteilen kann, weil er eben nicht da ist, dann ist das schwierig. Deswegen frage ich Sie, ob Sie es nicht für sinnvoll erachten, dass Herr Niebel – angesichts der vielen Reisen, die er Ihrer Meinung nach ständig unternehmen muss; weswegen er auch nicht an Kabinettssitzungen teilnehmen kann – die Erkenntnisse, die er dort gewinnt, auch seinen Kabinettskollegen mitteilt. Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Lieber Herr Raabe, allein an der Existenz dieser verdienstvollen Ressortvereinbarung zwischen Auswärtigem Amt und Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung können Sie erkennen, dass Dirk Niebel sehr wohl in der Lage ist, die Interessen und Werte Deutschlands in der internationalen Zusammenarbeit im Ausland zu vertreten, aber genauso am Kabinettstisch in Berlin; denn Sie können sich sicherlich leicht vorstellen, dass hinter einer solchen Ressortvereinbarung und einer solchen Ressortabstimmung sehr viel Arbeit steckt. Und ich habe ganz bewusst kein bestimmtes Ministerium genannt. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine weitere Nachfrage, Herr Raabe. Dr. Sascha Raabe (SPD): Sie haben im zweiten Teil Ihrer Antwort gesagt, dass die Zuständigkeiten für die entwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe sowie die humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt zusammengelegt werden sollen. Wenn wir uns als Abgeordnete, in der Regel in sitzungsfreien Wochen, Projekte anschauen – das haben Sie zu Recht betont –, dann erleben wir immer wieder, dass eine Abgrenzung sehr schwierig ist und dass es sehr sinnvoll ist, von Anfang an eine langfristige Hilfe aufzubauen. Wenn es zum Beispiel ein furchtbares Erdbeben in Haiti gegeben hat, dann macht es Sinn, gleich die mittel- und langfristige Entwicklung zu bedenken und nicht nur Zelte hinzustellen. Deswegen frage ich Sie, ob nicht der Minister selbst auf seinen Reisen, auf denen Sie ihn zum Teil begleitet haben, eher zu der Erkenntnis kommen müsste, dass beide Zuständigkeiten in das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und nicht in das Außenministerium gehören. Vielleicht kann Herr Niebel den Außenminister einmal bitten, einen seiner 43 oder 50 Tagesordnungspunkte für die Belange des Entwicklungsministers zu reservieren; denn nur wenn man einen Tagesordnungspunkt im Kabinett hat, kann man darüber reden. Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Es geht uns, Herr Abgeordneter, darum, hier eine bessere Koordinierung innerhalb der Bundesregierung herbeizuführen. Von der Vorgängerbundesregierung ist leider viel zu lange der Zustand geduldet worden, dass innerhalb des Aufgabenbereichs der Not- und Übergangshilfe in Katastrophensituationen unterschiedliche Stellen in der Bundesregierung für unterschiedliche Maßnahmen gleichzeitig zuständig waren. Um es in ein einfaches Bild zu fassen: Im Prinzip hat im Rahmen der Nothilfe im Katastrophenfall das Auswärtige Amt das Essen geliefert, während mein Ministerium, das BMZ, die dazu nötigen Teller oder Boxen zur Verfügung gestellt hat. Manchmal war das Essen zuerst da, während die Teller noch fehlten. Manchmal waren die Teller zuerst da, während das Essen fehlte. Das war kein haltbarer Zustand und lag nicht im Interesse der Bundesregierung. Wir versuchen nun, die Zusammenarbeit so zu bündeln und zu konzentrieren, dass das Bestmögliche für die Bundesrepublik Deutschland und für die Menschen in Katastrophensituationen herauskommt. Wir haben eine Möglichkeit gefunden. Alles, was die kurzfristige Entwicklung betrifft, macht das AA. Alles, was die mittel- bzw. langfristige Entwicklung einschließlich der Krisenprävention in Entwicklungsländern betrifft – die entsprechenden Zuständigkeiten werden zum Teil vom Auswärtigen Amt auf das BMZ übertragen, unter anderem auch die für UNICEF –, macht das BMZ. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Wir haben eine weitere Frage der Kollegin Dr. Bärbel Kofler. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Herr Staatssekretär, ich möchte an die Frage zur entwicklungsorientierten Not- und Übergangshilfe anknüpfen. Erlauben Sie mir aber eine Vorbemerkung: Bei all Ihren Antworten auf die Fragen des Kollegen Raabe haben Sie immer nur die Worte Außenwirtschaft und deutsche Interessen im Mund geführt. Ich hätte es schon schön gefunden, wenn Sie vom Entwicklungsministerium die Themen Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik in den Mittelpunkt gestellt hätten und nicht die deutschen Außenwirtschaftsinteressen. Herr Kollege Raabe hat zu Recht ausgeführt, dass bei der Not- und Übergangshilfe die Mittel- und Langfristplanung das Entscheidende ist und dass sie mit dem verknüpft wird, was am Anfang passiert. Jetzt sagen Sie, das AA macht in Zukunft die kurzfristige und das BMZ die mittel- und langfristige Arbeit. Ich frage Sie: Erstens. Was ist der Unterschied zur gegenwärtigen Situation? Zweitens. Warum erhält die Zuständigkeit das AA und nicht das BMZ? Denn die Mittel- und Langfristarbeit ist das Entscheidende, auch was die planerischen Ressourcen und die Kapazitäten bei der Gesamtarbeit anbelangt. Es ergibt doch Sinn, wenn dieses Ministerium die Gesamtplanung übernimmt und nicht das Ministerium, das die Kurzfristnothilfe am Anfang übernimmt. Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Ich darf festhalten, liebe Frau Kofler, dass ich das Wort Außenwirtschaftsförderung überhaupt nicht benutzt habe; das dürfte sich auch im Protokoll zeigen. Sehr wohl aber habe ich davon gesprochen, dass es im dringenden Interesse einer besseren Entwicklungszusammenarbeit ist, dass wir die Potenziale, die in der modernen mittelständischen Wirtschaft in Deutschland liegen, und die Potenziale, die im Engagement vieler ehrenamtlich tätiger Menschen in diesem Land liegen, besser zusammenbringen; denn der Staat allein wird die Entwicklungsziele der Bundesrepublik Deutschland, auch die früherer Regierungen, nicht erreichen können. Das wird nur gelingen, wenn wir gemeinsam mit mehr Zivilgesellschaft und mit mehr Wirtschaft zusätzliche Synergien schaffen. Katastrophen haben es an sich, dass sie nicht nur in Entwicklungsländern passieren, sondern überall auf der Welt eintreten können, sodass Nothilfemaßnahmen nicht nur in Entwicklungsländern notwendig sein können, sondern überall auf dieser Erde. Deshalb macht es Sinn, dass diese kurzfristige Nothilfe, die in den ersten drei oder vier Tagen versucht, gemeinsam mit vielen anderen Kräften auf dieser Welt die erste Not zu lindern, den Menschen zu helfen und sie mit Nahrungsmitteln und sauberem Trinkwasser zu versorgen, in der Hand des Auswärtigen Amtes gebündelt ist. Aber alles, was sozusagen ab Tag drei passiert, wobei das eine unscharfe Formulierung ist, dient dazu, nicht nur zu füttern, sondern einen Aufbau zu leisten, der tatsächlich zu einer Entwicklungsorientierung dort führt, nämlich in den 50 Entwicklungspartnerländern der Bundesrepublik Deutschland, die wir mit Vollportfolio haben. Es ist wichtig, dass die Maßnahmen, die die internationale Gemeinschaft leistet, mit Koordinierung des BMZ tatsächlich zu einer Aufbauleistung in den Entwicklungsländern führen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die Fragen 30 und 31 des Kollegen Lothar Binding, die Frage 32 des Kollegen Uwe Kekeritz, die Frage 33 der Kollegin Karin Roth, die Fragen 34 und 35 der Kollegin Dr. Barbara Hendricks und die Fragen 36 und 37 des Kollegen Stefan Rebmann werden schriftlich beantwortet. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Die Fragen 38 und 39 des Kollegen Hans-Josef Fell – Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes – werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Die Fragen 40 und 41 des Kollegen Oliver Krischer und die Fragen 42 und 43 der Kollegin Ingrid Nestle werden schriftlich beantwortet. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Ich rufe die Frage 44 der Kollegin Bärbel Höhn auf: Soll die geplante Markttransparenzstelle für den Benzinmarkt auch für die Überwachung der Ein- und Verkaufspreise der Raffinerien zuständig sein und, wenn nicht, warum nicht? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Danke schön, Herr Präsident. – Frau Kollegin Höhn, der von der Bundesregierung am 2. Mai 2012 beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas, das sogenannte Markttransparenzstellen-Gesetz, sieht vor, dass die einzurichtende Markttransparenzstelle neben dem Großhandel mit Strom und Gas auch den Handel mit Kraftstoffen beobachtet. Gegenstand der Datenerhebung der Markttransparenzstelle im Kraftstoffbereich sollen die Endverkaufspreise der Tankstellen sowie die Abgabepreise des Großhandels und der Raffinerien sein. Ziel ist es, unzulässige Verdrängungsstrategien wie zum Beispiel die Preis-Kosten-Schere ebenso wie missbräuchlich überhöhte Preise leichter aufdecken und verfolgen zu können. Die Einkaufspreise der Raffinerien – auch darauf zielte Ihre Frage ab – betreffen die Produktionsstufe der Mineralölwirtschaft und sollen nicht Gegenstand der Datenerhebung der Markttransparenzstelle sein. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Bitte schön, Frau Höhn, eine Nachfrage. Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herzlichen Dank. – Die grüne Bundestagsfraktion hat eine Studie in Auftrag gegeben, die belegt, dass momentan die hohen Energie- und Benzinpreise nicht nur durch den hohen Ölpreis, sondern vor allen Dingen deshalb entstehen, weil an den Raffinerien ein übermäßiger Gewinn gemacht wird; denn die Verkaufspreise sind im Verhältnis zu den Einkaufspreisen übermäßig hoch, wodurch ein ungewöhnlich hoher Gewinn erzielt wird. Warum wird von dieser Markttransparenzstelle nicht genau da eingehakt? Nur durch beide Informationen, Einkaufspreise und Verkaufspreise, bekommt man nämlich heraus, dass es sich um hohe Gewinne handelt, und kann etwas gegen die bestehende Monopolstruktur machen. Warum hat die Bundesregierung darauf verzichtet, die Einkaufspreise der Raffinerien zu untersuchen? Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin Höhn, wir wollen dieses Problem ganz konkret angehen. Durch die „Sektoruntersuchung Kraftstoffe“ des Bundeskartellamts wurde festgestellt, dass die vorhandenen Informationen nicht ausreichen. Wir sorgen deshalb dafür, dass mehr Informationen zum Bundeskartellamt gelangen. Schließlich wollen wir diesen Markt – ich habe Beispiele genannt, etwa die Preis-Kosten-Schere und anderes – beobachten. Was die Raffinerien angeht: Die Einstandspreise sind eigentlich bekannt; das sind Börsenpreise. Sie selbst sagen, dass Sie eine Untersuchung in Auftrag gegeben haben. Das ist mir bekannt. Wir werden natürlich beides ins Kalkül ziehen. Die Markttransparenzstelle hat einen ganz klaren Auftrag. Ich glaube, es ist richtig, dass ihre Aktivitäten darauf beschränkt bleiben. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine weitere Nachfrage, Frau Höhn? Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, ich habe eine zweite Nachfrage. – Die Wirtschaft beklagt, dass diese Markttransparenzstelle zu sehr viel Bürokratie führt, weil man sehr viele Daten weiterleiten muss. Ihr Ministerium ist ja ein FDP-Ministerium und will immer gegen Bürokratie sein. Deshalb gehe ich einmal davon aus, dass Sie sehr bewusst vorgegangen sind und sich über die preislichen Vorteile des Ganzen für den Markt im Klaren sind. Die Wirtschaft sagt außerdem, dass sie hohe Kosten hat, dass die Benzinpreise deshalb steigen und nicht sinken werden. Wer sorgfältig arbeitet, hat sicher auch untersucht – das werden auch Sie gemacht haben –, mit einer wie hohen Senkung der Benzinpreise zu rechnen ist. Wie teuer sind für die Wirtschaft aus Ihrer Sicht die zusätzlichen bürokratischen Aufwendungen? Worin besteht der positive Effekt für die Verbraucher? Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Frau Kollegin Höhn, was den Vorwurf des Bürokratieaufbaus angeht: Da wird mit völlig falschen Zahlen gearbeitet. Man tut so, als wenn auf das neue Feld plötzlich alles transferiert würde. Das stimmt so nicht. Wir werden keine neue Bürokratie aufbauen, sondern wir werden lediglich einen Mechanismus aufbauen, der es dem Kartellamt erlaubt, aufgrund einer soliden Zahlenbasis Untersuchungen durchzuführen. Selbstverständlich können wir heute nicht sagen, was genau das zur Folge hat. Sonst bräuchten wir das Ganze gar nicht zu tun. Wir schaffen keine zusätzliche Bürokratie. Wir haben übrigens auch mit den Verbänden geredet. Vieles ist zum Teil völlig falsch vermittelt worden. Beispielsweise -denken wir nicht daran, dass jetzt täglich oder stündlich Daten geliefert werden; dies soll vielmehr wöchentlich geschehen. Das ist gerade für die kleinen und mittelständischen Betriebe wichtig. Seitens dieser Betriebe wird uns inzwischen bestätigt, dass die entsprechenden Daten sowieso vorliegen und dass deren Übermittlung keines zusätzlichen Aufwandes bedarf. Denn zusätzlichen Aufwand wollen wir natürlich verhindern. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Es gibt den Wunsch nach einer weiteren Nachfrage. Bitte schön, Frau Haßelmann. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, Sie haben davon gesprochen, dass es keine übermäßigen bürokratischen Aufwendungen gibt. Könnten Sie uns sagen, was die Einrichtung dieser Stelle kostet und wie viele neue Stellen Sie dort schaffen? Das sollte transparent sein. Bisher haben Sie immer so getan, als wäre mit der Einrichtung der Markttransparenzstelle überhaupt kein weiterer Aufwand verbunden, als entstünde dadurch keine Bürokratie. Es stellt sich die Frage der Abwägung von Nutzen und Effizienz dieser neu einzurichtenden Stelle. Um das zu beantworten, muss man sich ein Bild darüber machen können, was im Wirtschaftsministerium vorgesehen ist. Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Da haben Sie völlig recht. Natürlich müssen wir zwischen Kosten und Nutzen sorgsam abwägen. Das tun wir auch. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich die nötigen Informationen jetzt nicht vorrätig habe; schließlich hat die Frage nicht auf diesen Komplex gezielt. Wir werden Ihnen diese Informationen selbstverständlich liefern. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Plus 1,2 Millionen Euro pro Jahr für Gehälter!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Sie haben Ihr Fragerecht schon erschöpft, Frau Kollegin Höhn. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe für den Staatssekretär geantwortet!) Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Ich hatte vorher schon betont: Die Zahlen, die in der Öffentlichkeit sind, beziehen sich auf das Ganze. Wir werden Ihnen die Zahlen gern liefern. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die Frage 45 der Kollegin Kotting-Uhl und die Frage 46 der Kollegin Brugger werden schriftlich beantwortet. Vielen Dank, Herr Staatssekretär Burgbacher. Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht zur Verfügung die Frau Staatsministerin Pieper. Die Frage 47 der Kollegin Brugger, die Fragen 48 und 49 des Kollegen Mützenich, die Frage 50 des Kollegen Hagemann, die Frage 51 der Kollegin Höger, die Fragen 52 und 53 der Kollegin von Cramon-Taubadel, die Frage 54 der Kollegin Marieluise Beck, die Frage 55 der Kollegin Keul, die Fragen 56 und 57 des Kollegen Koenigs sowie die Fragen 58 und 59 der Kollegin Hänsel werden schriftlich beantwortet. Ich rufe jetzt die Frage 60 des Kollegen Gehrcke auf: Wird sich die Bundesregierung gegenüber der israelischen Regierung für die Verbesserung der Haftbedingungen der -palästinensischen Häftlinge, insbesondere für die Freilassung der zum Teil seit Jahren ohne Anklage in Administrativhaft befindlichen Palästinenser, einsetzen und in diesem Zuge die Forderungen der 1 500 bis 2 000 palästinensischen Häftlinge, die sich in israelischen Gefängnissen im Hungerstreik befinden, nach Abschaffung der Administrativhaft, Verbesserung der Haftbedingungen und Durchsetzung internationalen Rechts der Gefangenen in Israel thematisieren? Bitte schön, Frau Staatsministerin. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, die Bundesregierung verfolgt die Lage der palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen, die sich seit dem 17. April dieses Jahres in einem Hungerstreik befinden, sehr aufmerksam. Die Deutsche Botschaft in Tel Aviv und das Vertretungsbüro in Ramallah erhalten hierzu umfassende Informationen seitens der israelischen Regierung, aber auch seitens der Palästinensischen Behörde sowie von Nichtregierungsorganisationen. Auch stehen sie hierzu in Kontakt mit anderen EU-Vertretungen. Die Bundes-regierung hat das Thema kürzlich mit der Israelischen Botschaft in Berlin aufgenommen. Bereits früher hat die Bundesregierung bilateral die umfassende Anwendung von Administrativhaft thematisiert und ihre Sorge dazu immer wieder zum Ausdruck gebracht. Die Lage der palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen sowie die umfassende Anwendung der Administrativhaft sind auch Gegenstand des EU--Israel-Dialogs. Zuletzt erfolgte eine Thematisierung im Rahmen des Assoziationsausschusses EU-Israel am 2. Mai 2012, was Ihnen sicher auch bekannt ist, Herr Abgeordneter. Die Europäische Union hat außerdem in mehreren Einzelfällen hungerstreikender Häftlinge gegenüber dem israelischen Außenministerium ihre Sorge über deren sich verschlechternden Gesundheitszustand, die konkreten Haftumstände, aber auch die umfassende Anwendung der Administrativhaft geäußert. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Nachfrage, Herr Kollege Gehrcke. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, ich bin erst einmal sehr dankbar für diese Informationen und dafür, dass die Bundesregierung sich in dieser Frage engagiert. Wir alle wissen, dass die Bundesregierung vermittelt hat – Gott sei Dank – bei der Freilassung des israelischen Soldaten Schalit. Das war ein wichtiger Schritt. Gleichzeitig sind ungefähr 1 000 palästinensische Häftlinge, vorwiegend aus dem Umfeld der Hamas, freigelassen worden. Was kann die Bundesregierung tun, um auch der Palästinensischen Autonomiebehörde und ihrem Präsidenten Abbas durch ein engagiertes und klares Vorgehen sowie durch Druck auf Israel deutlich zu -machen, dass auch andere Häftlinge jetzt umgehend freigelassen werden müssen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Ich sagte ja schon, Herr Abgeordneter, dass die Bundesregierung dazu immer wieder auch mit Demarchen auftritt. Die Bundesregierung hat natürlich ein großes -Interesse daran, dass weitere Häftlinge freigelassen werden. Uns ist die Menschenrechtssituation in den palästinensischen Gebieten sehr wichtig. Wir stehen in regelmäßigem Kontakt mit den Nichtregierungsorganisationen; das habe ich schon gesagt. Wir intervenieren regelmäßig mit dem uns zur Verfügung stehenden Instrumentarium gegenüber der israelischen Regierung. Es gibt Einzelmaßnahmen, die wir durchführen, Prozessbeobachtungen, die wir gemeinsam mit den EU-Partnern durchführen. Menschenrechtsfragen sind regelmäßig Gegenstand der Gespräche zwischen der Bundesregierung und der israelischen Regierung. Wir bringen das Thema regelmäßig auch auf EU-Ebene ein, wie ich schon erwähnt habe. Ich glaube, man muss in dem Fall einfach jetzt auch außenpolitisch deutlich machen, dass uns das Thema wichtig ist, dass uns Menschenrechtsfragen sehr wichtig sind und dass wir da vorankommen wollen. Ich glaube, wenn man diesen Druck aufrechterhält, wird man auch Weiteres erreichen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Weitere Nachfrage, Herr Kollege Gehrcke. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Darf ich Sie mit einer weiteren Frage ermuntern, es noch etwas konsequenter zu machen? Könnte die Bundesregierung nicht in ihrem Dialog mit Israel deutlicher machen, dass es eine große Stärke Israels wäre, wenn Israel selbst rechtsstaatliches Vorgehen – das ist gegenüber den Palästinensern in dieser Haft nicht gegeben –, Beachtung der Menschenrechte als Teil der demokratischen Entwicklung Israels an den Tag legte? Alles das – was man erfährt –, was dort abläuft, richtet sich aus meiner Sicht im Kern gegen Israel selber. Teilt die Bundesregierung diese Beurteilung? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Ich kann Ihnen nur versichern, Herr Abgeordneter, dass das Thema über das, was auf außenpolitischer Ebene schon geschehen ist und was ich Ihnen ja auch schon gesagt habe, hinaus auf Arbeitsebene, beispielsweise auf Referatsleiterebene, ständig, unter anderem auch mit dem Gesandten der Israelischen Botschaft, aufgegriffen und im Gespräch gehalten wird. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Dann kommen wir zur Frage 61 des Kollegen Gehrcke: Mit welchen Maßnahmen unterstützt die Bundesregierung das unter der Verantwortung des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages stehende Programm „Parlamentarier schützen Parlamentarier“, insbesondere in Bezug auf die Aktivitäten von Abgeordneten für die von ihnen betreuten Kolleginnen und Kollegen und insbesondere in Bezug auf Marwan Barghuthi? Frau Staatsministerin. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Das Programm „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ ist ein Programm des Deutschen Bundestages, wie Sie wissen, dessen fraktionsübergreifende Verabschiedung im Jahr 2003 von der Bundesregierung begrüßt wird. Die Bundesregierung, insbesondere das Auswärtige Amt über die deutschen Botschaften, stellt dem Deutschen Bundestag regelmäßig im Rahmen ihrer Möglichkeiten Informationen zur Lage von Personen zur Verfügung, die in das Programm aufgenommen wurden oder deren Aufnahme der Bundestag prüft. Auch unterstützen die deutschen Botschaften die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihren Auslandsreisen und Kontakten mit Parlamentariern des jeweiligen Gastlandes. Darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung weltweit auch im multilateralen Rahmen für die Achtung der Menschenrechte, demokratische Strukturen und die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze ein. Sie steht mit den -Regierungen, entsprechenden Nichtregierungsorganisationen, aber auch der Zivilgesellschaft in Kontakt. Auch die politischen Stiftungen seien an dieser Stelle erwähnt. Sie spielen hier eine wichtige unterstützende Rolle. Im Fall des Palästinensers Marwan Barghuthi hat das Deutsche Vertretungsbüro in Ramallah Abgeordnete des Deutschen Bundestages begleitet, die seine Angehörigen oder Mitglieder seines Abgeordnetenbüros getroffen -haben, um sich ein Bild von seiner persönlichen und professionellen Situation zu machen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Nachfrage, Herr Kollege Gehrcke? Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Dann frage ich einmal sehr direkt und sehr undiplomatisch, da Sie um den Kern der Frage etwas herumgegangen sind: Ich betreue im Rahmen dieses Programms Marwan Barghuthi. Bei jeder Reise nach Israel beantrage ich, ihn in der Haft besuchen zu können, was -eigentlich ganz normal ist. Wäre das Auswärtige Amt bereit, meine Initiativen, Marwan Barghuthi, nicht nur seine Familie oder sein Büro, direkt in der Haft zu besuchen und mit ihm zu reden – er ist ja auch einer der möglichen Präsidentschaftskandidaten der Palästinenser –, nachdrücklicher zu unterstützen? Die Auskunft vonseiten Israels, dass man nicht zulassen wird, dass der Fall Marwan Barghuthi zu einem internationalen Problem gemacht wird, kann ich nicht nachvollziehen. Er ist ein internationales Problem. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, Sie wissen, dass das Auswärtige Amt die Initiative des Bundestages unterstützt. Wir werden natürlich alles versuchen, um mit Ihnen gemeinsam die Menschrechtslage der dort Inhaftierten zu verbessern. Ich nehme Ihr Anliegen gerne auf, aber Sie wissen ja – nachdem Sie es schon mehrmals versucht haben –, wie schwierig es ist, das zu realisieren. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Ja, leider. – Vielleicht noch eine letzte Frage, wenn ich die stellen darf. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Bitte schön. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Wie beurteilt die Bundesregierung den Umstand, dass sich die Haftbedingungen von Marwan Barghuthi, nachdem er sich jetzt sehr kritisch über das Scheitern des Friedensprozesses – oder des sogenannten Friedensprozesses – geäußert hat, spürbar verschlechtert haben? Wird politisches Nichtwohlverhalten in diesem Sinne mit einer Verschlechterung der Haftbedingungen bestraft, und kann man das einfach so akzeptieren? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Sie wissen, dass es unser Anliegen ist, darauf hinzuweisen, dass wir das nicht akzeptieren, dass es auch zu den Menschenrechten gehört, für Inhaftierte die humanitären Maßnahmen einzuleiten, die sie brauchen. Des--wegen halten wir den Zusammenhang für nicht gerechtfertigt, den Sie beschrieben haben. Sie wissen, wie schwierig es ist, sich vor Ort über die Lage der Inhaftierten zu informieren. Selbst Nichtregierungsorganisationen haben keinen Zugang, was das alles noch einmal erschwert. Von daher ist es auch für uns nicht einfach, die Situation zu beurteilen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Die Frage 62 des Kollegen Sarrazin und die Frage 63 des Kollegen Hunko werden schriftlich beantwortet. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Die Frage 64 des Kollegen Hunko und die Frage 65 des Kollegen Dr. von Notz werden schriftlich beantwortet. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Max Stadler zur Verfügung. Es handelt sich hier um die Frage 66 des Abgeordneten Uwe Schummer: Wie will das Bundesministerium der Justiz, BMJ, den Dachverbänden der ehrenamtlich kulturschaffenden Vereine Verhandlungsmöglichkeiten auf Augenhöhe zur Gestaltung der Tarifverträge der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, GEMA, entsprechend den Vereinbarungen des Runden Tisches GEMA im BMJ ermöglichen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Herr Kollege Schummer, die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, allseits bekannt unter der Abkürzung GEMA, hat unter dem Eindruck der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ und unter dem Eindruck des Runden -Tisches des Bundesministeriums der Justiz mit den -Verwertungsgesellschaften die Kritik der letzten Jahren aufgegriffen und insbesondere im Bereich des ehrenamtlichen kulturellen Engagements Verbesserungen für diese spezielle Nutzergruppe erzielt. So unterhält die GEMA eine Vielzahl von Gesamtverträgen – am 1. Januar 2012 waren es 476 Gesamtverträge –, unter anderem mit bürgerschaftlich engagierten Vereinen und Verbänden. Zur Verbesserung der Transparenz hat die GEMA daneben einen Sozial- und Kulturtarif veröffentlicht. Darin sind alle Spezialtarife und Sondernachlässe dieses Bereiches zusammengefasst. Eine im Rahmen des Sozial- und Kulturtarifs veröffentlichte Gesamtvertragsliste trägt dazu bei, dass noch nicht gesamtvertraglich eingebundene Einrichtungen überprüfen können, ob -bereits mit einem für sie geeigneten Partner ein Gesamtvertrag abgeschlossen wurde. So ist es ihnen dann möglich, bei diesem Partner eine entsprechende Mitgliedschaft zu beantragen, um in den Genuss von Gesamtvertragsnachlässen zu gelangen. Das Bundesministerium der Justiz hat diesen -Entwicklungsprozess in den letzten Jahren fortlaufend begleitet und sieht insoweit im Moment keine Veranlassung, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Nachfrage, Kollege Schummer? Uwe Schummer (CDU/CSU): Ja. – Eine sinnvolle Maßnahme des Runden Tisches 2009 im Justizministerium war, die Dachverbände der ehrenamtlich geführten kulturtragenden Vereine wie Chöre und Musikvereine zu den Urheberrechtsgesellschaften einzuladen. Wir haben bei diesem Runden Tisch, bei dem ich selber dabei war, vereinbart, dass es unterhalb der Gesetzesebene Selbstverpflichtungen geben soll. So wurde beispielsweise in einem Kriterien--katalog festgehalten, wie die GEMA-Agenten vor Ort aufzutreten haben. Wäre es denkbar, diesen Runden Tisch mit den Dachverbänden der kulturtragenden Vereine und den Urheberrechtsgesellschaften nach drei Jahren noch einmal zu organisieren, um eine Revision im Hinblick darauf vorzunehmen, was an Selbstverpflichtungen umgesetzt worden ist und was nicht? Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Herr Kollege Schummer, Sie haben in der Tat verdienstvollerweise an diesem Runden Tisch, der im April 2009 stattgefunden hat, teilgenommen. Die Anregungen und Handlungsempfehlungen, die dort gegeben worden sind, sind umgehend umgesetzt worden, bzw. unser Ministerium war laufend in Kontakt mit der GEMA, um die Themen, die Sie auch jetzt wieder angesprochen haben, zu realisieren. Wenn es Bedarf geben sollte, dass man sich wieder zusammensetzt, können wir darüber nachdenken. Im Moment haben wir den Eindruck, dass die Empfehlungen von damals, die insbesondere auf mehr Transparenz beim Umgang der GEMA mit ihren Gesprächspartnern abgezielt haben, durchaus erfüllt sind. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich beende damit die Fragestunde. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Es ist noch nicht 15.35 Uhr! Da können Sie doch noch eine Frage zulassen!) – Herr Staatssekretär Kampeter ist da. Dann können wir noch eine Frage zulassen. Wir kommen somit noch zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht der Staatssekretär Steffen Kampeter zur Verfügung. Ich rufe die Frage 67 des Kollegen Volker Beck auf: Wie hat der Vertreter/die Vertreterin des Bundesministeriums der Finanzen in der Sitzung der Abteilungsleiter – Steuer – der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vom 28. Februar bis zum 1. März 2012 in Berlin bei dem dort gefassten Beschluss, bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingetragenen Lebenspartnern auf Antrag das Ehegattensplitting im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu gewähren, abgestimmt? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim -Bundesminister der Finanzen: Herr Präsident! Lieber Kollege Beck, ich beantworte die Frage wie folgt: Nach Inkrafttreten des Finanz--reformgesetzes zum 1. Januar 1970 hat man sich am 15. Januar 1970 auf Staatssekretärsebene in einer Bund-Länder-Vereinbarung auf ein Verfahren zur Lösung von Abstimmungsfragen verständigt. Die Entscheidungen werden danach auf Bund-Länder-Ebene in Koordinierungsgremien getroffen, die auf den drei Hierarchiestufen Referatsleiter, Abteilungsleiter und Finanzminister existieren. Der Bund besitzt in diesen Gremien kein Stimmrecht, Herr Kollege Beck. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Nachfrage, Herr Kollege Beck? – Bitte. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn dem so ist: Wie hat der Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen in der Sitzung dann deutlich gemacht, dass das BMF den Beschluss nicht mitträgt? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Die Sitzungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind nicht öffentlich. Niederschriften zum Abstimmungsverhalten enthalten lediglich Angaben zum zahlenmäßigen Ergebnis. Der Diskussionsverlauf – so verstehe ich Ihre Frage – ist nicht protokolliert. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie kommt es dann dazu, dass der Parlamentarische Staatssekretär Koschyk am 24. April 2012 auf eine Anfrage von uns gesagt hat, das BMF habe den Beschluss in der Sitzung nicht mitgetragen? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege Beck, der Bund beteiligt sich nicht an der Abstimmung. Die Möglichkeit des Bundes, auf Entscheidungen der Länder Einfluss zu nehmen, besteht darin, einer Entscheidung zu widersprechen. Dieser Widerspruch hat aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung auf der nächsthöheren Hierarchiestufe. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Zu einer weiteren Frage die Kollegin Haßelmann. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident, dass meine Frage noch zugelassen wird. Herr Staatssekretär Kampeter, die Bundesregierung widerspricht sich hier öffentlich. Sie haben gerade meinem Kollegen Beck erklärt, dass sich das Finanzministerium nicht dazu einlässt. Ihr Kollege, Staatssekretär Koschyk, hat auf unsere Anfrage hin für das Bundesfinanzministerium eine eindeutige Position dargelegt. Ich möchte deswegen von Ihnen wissen: Gibt es im -Finanzministerium zwei Auffassungen in dieser Frage? Zum anderen wurde die Position des Finanzminis-teriums bereits öffentlich dargestellt. Ich bitte Sie des-wegen, die Position des Finanzministeriums der Öffentlichkeit darzulegen, damit Ihr Beitrag nicht zur Verunklarung der Situation beiträgt. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Frau Kollegin Haßelmann, bei allem mir gebotenen Respekt: Ihre Frage und die darin enthaltenen Unterstellungen haben sehr zur Verunklarung der Situation beigetragen. Deswegen will ich wie folgt richtigstellen: In der Frage des Abgeordneten Beck ist nach einem Abstimmungsverhalten gefragt worden. Der Bund stimmt in den Gremien aber nicht mit ab. Deswegen kann ich zu seiner Frage nur sagen: Wir haben nicht abgestimmt. Zweitens habe ich darauf hingewiesen, dass die Einflussmöglichkeit des Bundes darin besteht, einem Beschluss zu widersprechen und dies auf der nächsthöheren Hierarchiestufe vorzutragen. Das habe ich hier – und da besteht kein Widerspruch zum Kollegen Koschyk – zum Ausdruck gebracht. Ich weise Ihre Unterstellung, es gäbe einen Widerspruch innerhalb der Bundesregierung, sogar in einem Haus, nämlich dem Finanzministerium, mit der Stärke meiner Stimme und der Kraft meiner Argumente entschlossen zurück. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Damit ist diese Frage beantwortet. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich unterbreche die Sitzung bis zum Beginn der Aktuellen Stunde. (Unterbrechung von 15.33 bis 15.34 Uhr) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Gute Prognosen bestätigt: Mehr Wachstum und mehr Beschäftigung in Deutschland Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler das Wort. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Regierungskoalition ist und bleibt der Garant für Wachstum, Wohlstand und Stabilität in Deutschland und in Europa. Wir sorgen weiter für Wachstum. Nach Rekordzuwächsen in den letzten beiden Jahren -erwarten wir trotz schwieriger Rahmenbedingungen 0,7 Prozent Wachstum für das Jahr 2012 und – noch besser – 1,6 Prozent im Jahr 2013. Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren und Rekordbeschäftigung, niedrigere Sozialversicherungsbeiträge, trotzdem höhere Renten sowie höhere Löhne und volle Auftragsbücher. All das zeigt: Wir trotzen den außenwirtschaftlichen Stürmen in Europa und auf den Weltmärkten. Mit uns bleibt Deutschland robust auf Wachstumskurs. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Herr Präsident, ich darf hier einmal die OECD zitieren, die vor wenigen Tagen festgehalten hat – Zitat –: Deutschlands Wirtschaftsleistung war in den vergangenen Jahren herausragend – seine Arbeitslosigkeit niedrig und sein Wachstum solide. Viele Länder schauen auf das Rezept, das diesen Erfolg erst möglich gemacht hat … Ja, wir sorgen durch starkes Wachstum für den Wohlstand der Menschen. Wir erinnern uns: Wie war es denn damals unter Rot-Grün? Damals galt Deutschland als „kranker Mann Europas“. (Zuruf von der FDP: So ist es!) Heute können wir stolz darauf sein, dass wir wieder Kraftzentrum und Wachstumsmotor in Europa sind. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und das alles trotz FDP!) Das ist ein Verdienst der Menschen, ein Verdienst der Unternehmen, aber auch ein Verdienst der Politik dieser Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP. Wenn wir bei Wachstum und Beschäftigung weiter vorangehen wollen, dann müssen wir die Weichen dafür richtig stellen. Der richtige Weg dazu ist eine konsequente Haushaltskonsolidierung; wir sind dabei schon sehr erfolgreich. Wir werden die Vorgaben des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts schon zwei Jahre früher als vorgegeben erfüllen. Aber damit geben wir uns nicht zufrieden. Wir kämpfen weiter für stabile Haushalte. Wir wollen die schwarze Null im Bundeshaushalt so schnell wie möglich erreichen. Damit unterscheiden wir uns von einer rot-grünen Schuldenpolitik, wie sie momentan in den Ländern betrieben wird. (Lachen bei Abgeordneten der SPD) Überall da, wo Rote und Grüne oder Grüne und Rote regieren, werden Schulden über Schulden gemacht, immer zulasten der nachfolgenden Generationen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Wir unterscheiden uns wohltuend von dieser Schuldenpolitik und stehen für langfristig stabile Haushaltskonsolidierung. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kennen Sie das Urteil aus NRW von gestern? – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie haben gerade die Verfassungsklatsche gekriegt!) Gleichzeitig brauchen wir natürlich Reformen. Das beste Beispiel hierfür ist die Regelung der Zuwanderung. Dadurch lösen wir eine wesentliche Wachstumsbremse. Erstmals gibt es in Deutschland ein System der gesteuerten Zuwanderung in den ersten Arbeitsmarkt, gestaffelt nach Qualifikation und Berufsgruppen und mit deutlich abgesenkten Gehaltsschwellen. Das hilft den Menschen, die zu uns kommen und einen Arbeitsplatz suchen. Das hilft aber auch den mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern, die Fachkräfte suchen. Diese Willkommenskultur ist ein wesentlicher Beitrag für mehr Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und in Europa. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Meine Damen und Herren von der Opposition, gelegentlich lese ich Interviews von Ihnen zur Energiepolitik. Konstruktives ist dort nicht zu finden, sondern lediglich Ideologie. Während wir gemeinsam daran arbeiten, die Netze auszubauen, (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo denn?) neue Kraftwerke zu errichten (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo denn?) und für Energieeffizienz zu kämpfen, (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo denn?) blockieren Sie da, wo Sie eigentlich Verantwortung tragen müssten, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Bestes Beispiel ist das hocheffiziente Kraftwerk in Datteln. Rot-Grün verhindert dieses Kraftwerk. Neue Netze, neue Leitungen – Rot-Grün verhindert. Selbst wenn es darum geht, erneuerbare Energien durch Pumpspeicherkraftwerke zu unterstützen, blockieren Grün und Rot. All das, was Sie in der Energiepolitik betreiben, ist wenig kons-truktiv und voller Ideologie. Vor allen Dingen denken Sie nicht eine einzige Sekunde an diejenigen, die all Ihre Ideen bezahlen müssen. Wir machen es anders. Wir denken auch an die 80 Millionen Menschen, an die 40 Millionen Haushalte, an die vielen Millionen Unternehmen, die all das bezahlen müssen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Energie sind wesentlich für die Wachstumskräfte in Deutschland. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gefällt dem Christian Lindner bestimmt überhaupt nicht! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir wollen den Lindner sehen!) Leider tragen Sie auch wenig zur Europapolitik bei. Als überzeugter Europäer, aber auch als Wirtschaftsminister halte ich fest: 60 Prozent unserer Exporte gehen nach Europa, 40 Prozent in die Euro-Zone. Deswegen haben wir ein Interesse daran, dass Europa stabilisiert wird. Die Krise, die wir derzeit erleben, ist eine Vertrauenskrise. Deswegen müssen wir alles dafür tun, Vertrauen zurückzugewinnen. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wollen Sie denn Vertrauen schaffen?) Jedem ist doch klar: An soliden öffentlichen Finanzen führt kein Weg vorbei. Deswegen kämpfen wir für den Fiskalpakt und stellen die klare Forderung: Dieser Fiskalpakt muss schnellstmöglich ratifiziert werden, und zwar ohne jede Änderung. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Der Präsident des Europäischen Parlaments – er ist Mitglied der SPD – ist gestern bei allen Fraktionen zu Gast gewesen (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Hervorragend!) und hat Sie aufgefordert, mit Parteitaktik und irgendwelchen Spielchen von Parteifunktionären Schluss zu machen und ein klares Bekenntnis für ein starkes, stabiles Europa abzulegen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist ein Gruß an Herrn Schäffler und Sie!) Wir legen dieses Bekenntnis ab. Sie sind dieses Bekenntnis den Menschen in Deutschland und Europa bisher schuldig geblieben. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Gleiches gilt für notwendige Reformen. Es macht keinen Sinn, einfach nur Geld in die Hand zu nehmen und schuldenfinanzierte Konjunkturpakete aufzulegen. Sie brauchen zuallererst sinnvolle Reformen und vernünftige Strukturen. Wenn Sie in nicht vorhandene Strukturen Geld hineingeben, dann versickert es ohne jede Wirkung. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Europäische Investitionsbank!) Deswegen müssen wir dabei bleiben: Die angefangenen Reformen müssen in allen europäischen Staaten fortgesetzt werden. Wir können nur hoffen, dass sich die Kollegen in Griechenland schnellstmöglich einigen und eine tragfähige Regierung bilden, um die notwendigen Reformen voranzubringen: Reformen auf dem Arbeitsmarkt zur Steigerung der Produktivität, Reformen in den sozialen Sicherungssystemen zur Senkung der Lohnzusatzkosten, Reformen in der Verwaltung, gegen Bürokratie, für mehr Effizienz und auch Fortschritte bei der Privatisierung. Das ist das richtige Rezept; die OECD weist zu Recht darauf hin. Wir brauchen auf der einen Seite solide Haushalte und auf der anderen Seite richtige Reformen, weil wir alle wissen, dass man Wachstum nicht kaufen kann, sondern dass man es sich durch Reformen hart erarbeiten muss. Das ist der richtige Weg für Deutschland und für Europa gleichermaßen. Darauf arbeitet diese Regierungskoalition hin. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Warum klatschen Sie eigentlich? Was hat er denn gesagt?) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt der Kollege Hubertus Heil von der SPD-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Hubertus Heil (Peine) (SPD): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Rösler, da Sie in NRW bei Veranstaltungen wahrscheinlich nicht so viel Publikum zusammenbringen, kann ich verstehen, dass Sie versuchen, vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen das Plenum des Deutschen Bundestages für eine Wahlkampfrede zu missbrauchen. (Widerspruch bei der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn Sie sich da mal nicht täuschen!) Zurück zur Sache. Reden wir über die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Herr Rösler, angesichts der Situation in Deutschland fände ich es angemessen, weder in Schwarzmalerei zu verfallen noch die rosarote Brille aufzusetzen, die Sie sich im Wahlkampf offensichtlich zugelegt haben. Tatsache ist: Deutschland ist bis dato besser durch die wirtschaftliche Krise gekommen als andere Staaten in Europa. Das ist aber vor allen Dingen das Verdienst von tüchtigen Unternehmern und fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in unserem Land. Ursächlich war auch der Mut der Vorgängerregierungen, den Sie nicht besitzen, Herr Rösler. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Den haben Sie doch längst verloren!) Ich will Ihnen deutlich sagen: Deutschland ist deshalb erfolgreicher als andere Staaten in Europa, weil wir nach wie vor eine breite Basis an industrieller Wertschöpfung haben, (Michael Groschek [SPD]: Richtig!) von der Grundstoffindustrie über die kleinen und mittelständischen Unternehmen bis zu den Hightechschmieden. (Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Ach, an die denken Sie auch?) Dazu haben Sie, Herr Rösler, allerdings keinen Beitrag geleistet, im Gegenteil. Der Vorteil der deutschen Volkswirtschaft, der darin besteht, dass sie wettbewerbsfähig ist, kann in der Krise, über die Sie vorhin viele Worte gemacht haben, auch zur Achillesferse unserer deutschen Wirtschaft werden. Sie haben die Zahlen genannt: 60 Prozent unserer Exporte gehen in die Europäische Union, 40 Prozent in die Euro-Zone. Deshalb können wir in Deutschland langfristig wirtschaftlich nicht erfolgreich sein, wenn es dem Rest Europas schlecht geht. Sie haben zu Recht gesagt, dass Staaten im Süden Europas Strukturreformen brauchen. Aber Sie wissen doch genauso gut wie wir: Strukturreformen brauchen Zeit, bis sie wirken. Was Deutschland und Europa jetzt brauchen – das ist auch im deutschen Interesse –, ist, (Max Straubinger [CDU/CSU]: Neue Schulden?) dass neben den Strukturreformen in den Krisenländern und den fiskalischen Auflagen ein Wachstumsimpuls gegeben wird. Wir brauchen wirtschaftliche Dynamik in Europa. (Beifall bei der SPD) Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas zum Thema Wachstum. (Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Was? Ich denke, die Grenzen des Wachstums sind erreicht! – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Reden Sie nicht von Wachstum, Herr Heil!) – Wissen Sie was? Sie von der FDP plakatieren Wachstum, haben aber keine Vorstellung davon, wie Sie Wachstum in Europa auf den Weg bringen können. Damit sind Sie zu einem Standortrisiko für Deutschland, zu einer Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung in Europa und in Deutschland geworden (Beifall bei der SPD – Lachen bei der FDP) Angesichts der Risiken, die die OECD genauso wie der IWF heute an die Wand malen – Herr Rösler, das kann ich Ihnen nicht ersparen –, dürfen wir uns nicht wegducken. Die Risiken haben etwas damit zu tun, dass diese Bundesregierung weder in der Lage ist, die Situation realistisch zu betrachten, noch in der Lage ist, Entschlossenheit an den Tag zu legen, wenn es darum geht, die Herausforderungen, vor denen wir jetzt stehen, zu bewältigen. Ich will Ihnen die Herausforderungen nennen: Es geht um die Frage, wie wir die Haushalte in Europa durch Wachstum in Ordnung bringen. Sie können die Haushalte der Krisenstaaten nicht ohne wirtschaftliche Dynamik konsolidieren. Das müssen Sie endlich einmal begreifen. Sie haben es noch nicht begriffen. Aber die Zeit wird über Sie hinweggehen; dessen bin ich mir sicher Sie haben über Energiepolitik gesprochen. Wer fährt denn gerade die Energiewende in Deutschland, die dringend notwendig ist, durch Unterlassen gegen die Wand? (Max Straubinger [CDU/CSU]: SPD-regierte Länder!) Wer ist denn verantwortlich dafür, dass wir beim Netzausbau, den wir in Deutschland brauchen, nicht vorankommen? (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wer hat denn kein Konzept für Investitionen in notwendige Reservekraftwerke? Das, was die Bundesnetzagentur Ihnen gestern und vorgestern ins Stammbuch -geschrieben hat, ist eine Versäumnisliste Ihrer Amtsführung, Herr Rösler. Sie sind nur in der Lage, sich mit Herrn Röttgen wechselseitig in dieser Regierung zu blockieren. Sie sind ein wirtschaftliches Standortrisiko für die Versorgungssicherheit im Bereich der Energiewirtschaft, auch wenn es um die Bezahlbarkeit der Energie für die Wirtschaft und die Verbraucher in diesem Land geht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Er hat lange gebraucht, den Satz auswendig zu lernen!) Wenn wir über die Frage der notwendigen wirtschaftlichen Dynamik in Europa reden und darüber, wie wir die notwendige Energiewende bewerkstelligen, die für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland erforderlich ist – übrigens auch in Nordrhein-Westfalen, einem starken Industrieland in Deutschland und Europa –, dann müssen wir auch über den Fachkräftebedarf sprechen. Was fällt Philipp Rösler in seiner kurzen Wahlkampfrede zum Thema Fachkräfte ein? Das Stichwort Zuwanderung. Das ist sehr erstaunlich. Ich sage Ihnen: Wir haben überhaupt nichts dagegen, dass wir in Deutschland auch darüber reden, dass dieses Land die Zuwanderung Hochqualifizierter braucht. Bevor wir das tun, hätten Sie aber ein Wort darüber verlieren können, dass wir inländische Potenziale haben, die wir nicht heben. 65 000 junge Menschen verlassen Jahr für Jahr unsere Schulen ohne Schulabschluss. (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Die meisten davon in SPD-regierten Ländern!) 1,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 30 Jahren haben keine berufliche Erstausbildung. Sie führen eine unsinnige Betreuungsprämie ein, eine Fernhalteprämie. Dadurch werden Frauen vom Arbeitsmarkt ferngehalten. Sie sollten etwas für eine höhere Frauenerwerbstätigenquote tun und für bessere Einstiegschancen junger Menschen, die es nicht so leicht haben. Wir müssen den demografischen Wandel in diesem Land bewältigen. Durch Ihre Politik läuft es aber auf einen tief gespaltenen Arbeitsmarkt hinaus: Auf der einen Seite werden immer mehr Unternehmen händeringend qualifizierte Fachkräfte suchen, und auf der anderen Seite geben Sie jungen Menschen keine Chance und halten Frauen vom Arbeitsmarkt fern. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Zahlen sprechen eine andere Sprache!) Das sind die Ergebnisse Ihrer Politik, Herr Rösler. Auch deshalb sind Sie ein Standortrisiko. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE] – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Fragen Sie in Spanien, was die für eine Jugendarbeitslosigkeit haben! 50 Prozent!) Herr Rösler, es macht wenig Sinn, mit Ihnen großartig darüber zu streiten; denn Sie sind in Fragen der Bewältigung der europäischen Krise, der Fachkräftesicherung und der Energiepolitik – das weiß die deutsche Wirtschaft – ein Totalausfall. Das wäre noch zu verschmerzen, wenn es in dieser Bundesregierung eine Führung durch das Bundeskanzleramt gäbe. Aber Frau Merkel duckt sich weg. Deshalb sage ich Ihnen trotz der erfreulichen Lage: Die wirtschaftlichen Herausforderungen dieser Zeit liegen noch vor uns. Aber es gibt keine Krisenbewältigung durch diese Bundesregierung. Frau Merkel wird zu einem wirtschaftlichen Standortrisiko und ihre Koalition auch. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht, Herr Heil!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat der Kollege Dr. Michael Fuchs von der CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Heil, ich habe mir erlaubt, die Titelseiten zweier englischer Zeitungen aus den letzten Jahren mitzubringen. (Der Redner hält ein Zeitungsseite hoch) Das war eine Titelseite der BusinessWeek im Jahre 2003. „The Decline of Germany“, der Niedergang Deutschlands. Das wird mit wem in Verbindung gebracht? Mit Gerhard Schröder und Rot-Grün. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Da haben Sie aber komische Kronzeugen!) Das andere war ein Titelblatt von The Economist: „Europe’s Engine“. (Der Redner hält ein Zeitungsseite hoch) Das größere Rad auf dem Titelbild soll Deutschland symbolisieren. Die Räder, die sich in Europa drehen, drehen sich dadurch, dass die deutsche Wirtschaft wieder läuft. Dafür können wir dankbar sein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo ist das Bild von Merkel?) Genau das zeigt die Situation, die wir gewollt und organisiert haben. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir haben die Reform durchgesetzt, nicht Sie!) Sie haben das nicht geschafft. Ich gebe fairerweise zu, dass einige Ihrer Reformen durchaus sinnvoll waren; aber davon wollen Sie gar nichts mehr wissen. Sie versuchen, sich wegzuducken. Sie tun so, als hätten Sie mit Hartz IV nie etwas zu tun gehabt. Das hören wir doch jeden Tag in Ihren Wahlkampfreden in NRW. Gehen Sie einmal hin und hören Sie zu. Sie gehen ja schon gar nicht mehr dorthin, weil Sie sich schämen. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nee, nee, nee! Ich war da schon unterwegs!) Wir wollen des Weiteren festhalten, dass Sie mit einem gemeinsamen Beschluss, den wir unter Schwarz-Rot gefasst haben, nichts mehr zu tun haben wollen. Wir beide haben mit für die Einführung der Rente mit 67 gekämpft. Nun tun Sie so, als sei das alles ganz anders gewesen. Nun wollen Sie davon nichts mehr wissen. Stehen Sie doch zu Ihren Beschlüssen, die vernünftig waren und die dazu geführt haben, dass Deutschland heute Europe‘s Engine ist. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich freue mich, dass wir es geschafft haben, als Erster aus der Krise herauszukommen, dass wir nach einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um 4,7 Prozent im Jahr 2009 bereits ein Jahr später, also im Jahr 2010, wieder 3,7 Prozent Wachstum verzeichnen konnten und im Jahr darauf 3 Prozent. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Dank Peer Steinbrück!) Im Jahr darauf haben wir also im Prinzip schon wieder den Status von vor der Krise erreicht. Das sind positive Zahlen. Freuen Sie sich doch mit uns, dass wir 41,2 Millionen Erwerbstätige in Deutschland haben; das hat es noch nie gegeben. So eine niedrige Arbeitslosenquote gab es noch nie. Unter Gerhard Schröder gab es 5 Millionen Arbeitslose, jetzt gibt es 2,8 Millionen Arbeitslose. Ich freue mich, dass wir – das ist für mich das Allerwichtigste – die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa haben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Darüber können wir uns alle freuen. Es gibt eigentlich nichts Schlimmeres, als wenn junge Menschen keine Hoffnung haben. Auch das Thema Schulabschluss müssen wir gemeinsam angehen. Wir müssen uns aber auch Gedanken machen, warum es gerade von diesen von Ihnen eben genannten Jugendlichen in einigen Bundesländern besonders viele gibt. Die meisten leben in Nordrhein-Westfalen; auch das gehört zur Wahrheit. Es ist richtig, dass es uns gelingen muss, in Deutschland die Wertschöpfungsketten zu erhalten, und zwar von der Kunststoffindustrie bis zu den Hightechprodukten, die unsere Industrie produziert. Dazu gehört eine vernünftige Energiepolitik. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sagen Sie mal Herrn Röttgen Bescheid!) Dazu gehört auch, dass das Denken in kleinen Nischen aufhört. Es kann nicht sein, dass beispielsweise in Baden-Württemberg die Grünen verhindern, dass ein weiteres Pumpspeicherwerk gebaut wird. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Nicht nur in Baden-Württemberg! Auch in Niedersachsen! – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat so einen Bart!) Dieses Speicherwerk ist dringend notwendig; wir brauchen es. In Niedersachsen wird von allen möglichen Gruppierungen verhindert – ich klopfe mir da selber an die Brust; denn auch von Parteifreunden von uns wird dies verhindert –, dass die Leitungen ausgebaut werden. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wer ist denn da an der Regierung? McAllister!) Wenn wir diese Energiepolitik wollen, dann müssen alle mitspielen. Es ist unsere Aufgabe hier im Parlament, nicht nur darüber zu reden, sondern auch dafür zu sorgen, dass diese Politik vor Ort umgesetzt wird. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sagen Sie das mal Herrn McAllister!) Da sind wir alle gefordert. Ich fordere Sie auf, mitzuhelfen. Hinsichtlich der Situation der deutschen Wirtschaft, verehrter Herr Bundesminister, bin ich nicht mit Ihnen einer Meinung; das ist einer der seltenen Fälle. Sie haben 0,7 Prozent Wachstum prognostiziert. Ich bin wesentlich optimistischer. Ich biete Ihnen eine Wette an. Ich sage, dass wir über 1 Prozent Wachstum haben werden, dass es bei 1,2 oder 1,3 Prozent liegen wird. Wir zwei können gerne wetten; ich stehe nachher dafür zur Verfügung. Ich will das auch begründen. Wir haben im März die höchste Exportquote unseres Landes in einem Monat verzeichnet: 98 Milliarden Euro; das hat es noch nie gegeben. Der Bundesverband Groß- und Außenhandel hat errechnet, dass wir in diesem Jahr voraussichtlich auf einen Gesamtexport von 1 124 Milliarden Euro kommen werden, also 1,124 Billionen Euro. Das sind 6 Prozent mehr als im letzten Jahr. Das ist die höchste Exportquote, die wir jemals hatten. Interessanterweise fließt davon mittlerweile deutlich mehr ins nichteuropäische Ausland. Das heißt, unsere cleveren Unternehmen haben die internationalen Märkte erschlossen. Darauf können wir stolz sein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsamen daran arbeiten, dass das so weitergeht! Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass dieses Wachstum nicht durch irgendwelche Kleinstaaterei in Gefahr gebracht wird! Wir müssen dieses Wachstum fortsetzen. Dann haben wir die Chance, den Menschen in Deutschland eine gute Perspektive zu geben. Auch denen geht es übrigens deutlich besser. So starke Lohnerhöhungen wie jetzt haben Sie in der rot-grünen Regierungszeit nie bekommen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege Michael Schlecht das Wort. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Oh! Jetzt wird schlecht geredet! Jetzt könnt ihr was erleben!) Michael Schlecht (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rösler, hinter Ihrer scheinbaren Erfolgsbilanz verbirgt sich die brutale Realität von schlechter Arbeit und von Lohnkürzungen. (Lachen bei der FDP – Max Straubinger [CDU/CSU]: Oh! Das war jetzt aber wirklich schlecht!) Seit dem Jahr 2000 sind rund 2,3 Millionen Vollzeitarbeitsplätze vernichtet worden. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Was? – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Wo denn?) Gleichzeitig sind etwas mehr als 4 Millionen „bad jobs“, schlechte Arbeitsplätze, entstanden. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Ach, Herr Schlecht, das glaubt Ihnen doch niemand mehr!) Es kam zu einer massiven Ausweitung von Teilzeitarbeit und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen in Gestalt von Minijobs und Leiharbeit. Außerdem müssen mittlerweile viel zu viele Menschen diese schlechten Jobs auch noch befristet machen. Dadurch ist die Durchsetzungskraft der Gewerkschaften geschwächt worden. Das Resultat: Seit 2000 kam es in Deutschland zu Lohnkürzungen um 4,5 Prozent. Das ist wirklich ein ungeheuerlicher Skandal. (Beifall bei der LINKEN) Dass Sie angesichts dessen ein so buntes Bild von den Perspektiven malen, ist wirklich abenteuerlich. Positive Perspektiven sind lediglich für Kapitalbesitzer und Unternehmer festzumachen. Die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und aus Vermögen sind seit dem Jahr 2000 um mehr als 30 Prozent gestiegen. Anscheinend sind Sie nur der Wirtschaftsminister für diese Menschen, aber nicht für die breite Masse der Bevölkerung. Das ist wirklich unglaublich. (Beifall bei der LINKEN) Nicht nur in dieser Hinsicht ist Ihre Wirtschaftspolitik für die breite Masse der Bevölkerung ein Desaster, sondern auch was die europäische Wirtschaftspolitik betrifft. Wir erleben seit zwei Jahren, dass Sie eine geradezu blutrünstige Kürzungspolitik (Lachen bei der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na, na, na!) und eine Austeritätspolitik nach Europa tragen. Diese Kürzungspolitik führt ins Desaster. (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Was muss man eigentlich geraucht oder getrunken haben, um so etwas zu erzählen? – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Herr Schlecht, mir wird schlecht!) Die Völker Europas stehen gegen diese Politik auf. Das haben insbesondere die Wahlergebnisse vom letzten Sonntag in Griechenland und in Frankreich gezeigt. (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Und in Schleswig-Holstein!) In Griechenland, wo diese Politik die breitesten Blutspuren hinterlassen hat, wird sie jetzt Gott sei Dank beendet, weil unsere griechische Schwesterpartei, die Linke in Griechenland, bei der Wahl zweitstärkste Partei geworden ist und kein Weg mehr an ihr vorbeiführt. Die Linke in Griechenland wird dafür sorgen, dass diese absolut brutale und menschenverachtende Politik beendet wird. Wir unterstützen, dass dieser Kurs durchgezogen wird. (Beifall bei der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Jawohl! All unsere Steuergelder für Griechenland! – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Wie kann man nur so an der Sache vorbeireden?) Wir brauchen in Europa keinen Fiskalpakt. Wir brauchen keine weiteren Austeritätsprogramme für andere Länder. Wir brauchen keinen weiteren Export der Agenda 2010. Es reicht, dass die Menschen hierzulande darunter leiden; auch dieser Zustand wird beendet werden. Was wir brauchen, ist ein Wachstumspakt für Europa. Er wird mittlerweile auch gefordert. Auf Ihrer Seite gibt es bereits erste Absetzbewegungen, auch von Kanzlerin Merkel. Es besteht inzwischen die Bereitschaft, auf bestimmte Forderungen einzugehen. Man wird sehen, inwieweit das überhaupt geht. Wir, die Linke, fordern einen europäischen Wachstumspakt in der Größenordnung von 360 Milliarden Euro, (Lachen des Abg. Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP] – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Und wer soll das bezahlen?) um diesen Kontinent wieder nach vorne zu bringen. Dieser Wachstumspakt soll aber nicht schuldenfinanziert sein; das ist ja Ihr Einwand. Unsere Schuldenbremse (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Ist die Wiedereinführung der Ostmark! 360 Milliarden Ostmark!) heißt Millionärs- und Milliardärsbesteuerung. Wenn wir in Europa eine konsequente Besteuerung von Millionären und Milliardären durchführen, (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: 360 Mil-lionen Ostmark!) dann können wir derartige Programme problemlos finanzieren und dann haben wir auch die Möglichkeit, die Verschuldung in Europa und in Deutschland, die natürlich auch viel zu hoch ist, abzubauen. Deswegen treten wir klar für diese Orientierung ein. Wie gesagt: Unsere Perspektive heißt „Millionärsbesteuerung“. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Jawohl!) Letzter Punkt. Über einen Wachstumspakt in Europa und auch in Deutschland hinaus brauchen wir knackige Lohnerhöhungen. Es gibt sogar einzelne Vertreter Ihrer Regierung, die in den Erkenntnisprozessen mittlerweile – man hat den Eindruck – nicht mehr so resistent sind wie Sie. Der Finanzminister Schäuble zum Beispiel hat jetzt immerhin gesagt, er unterstütze die Lohnforderungen der IG Metall, was er ausdrücklich damit begründet hat, dass damit ein Beitrag zum Abbau von Außenhandelsungleichgewichten in Europa geleistet werden soll. Das ist wirklich lobenswert. Das Problem ist nur: Wenn er wirklich konsequent wäre, dann müsste er auch unverzüglich dafür eintreten, die gesamten Prekarisierungen, die durch die Agen-da 2010 hervorgerufen worden sind, zu beseitigen, weil vor allen Dingen durch diese Prekarisierungen der entscheidende Beitrag dazu geleistet worden ist, in Deutschland zu einem atemberaubenden Lohndumping – die 4,5 Prozent habe ich eingangs erwähnt – zu kommen. Dies muss umgedreht werden, dies ist sozial ungerecht, und dies ist vor allen Dingen die entscheidende Ursache dafür, dass wir in Europa dieses dramatische Leistungsbilanzungleichgewicht haben. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt die Kollegin Kerstin Andreae von den Grünen. Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gute Zahlen sind gute Zahlen, aber Ihr Selbstlob ist fehl am Platz, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) weil Sie die großen Risiken, die wir haben, auf eine Art ausblenden, die schon atemberaubend ist. Ohne ein starkes Europa steht dieser deutsche Aufschwung auf tönernen Füßen. Die Zinsen sind zwar historisch niedrig, aber als Damoklesschwert schwebt die Frage über uns: Was ist, wenn sie steigen? Das würde automatisch gigantische Mehrbelastungen für den Haushalt in Milliardenhöhe bedeuten. Deswegen können Sie sich für eine Haushaltskonsolidierung nicht auf die Schulter klopfen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Sie sind ja gegen Haushaltskonsolidierungen!) Sie reden davon, dass Sie das Vertrauen in den europäischen Ländern wiedergewinnen wollen und dass uns die Situation in den Krisenländern nicht kaltlassen kann, im Übrigen auch ökonomisch nicht. Wir sind auf eine starke europäische Peripherie angewiesen. Insofern gebe ich Ihnen ja recht. Sie müssen aber sehen, dass die alleinige Orientierung des Fiskalpakts aufs Sparen falsch ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Michael Groschek [SPD] – Max Straubinger [CDU/CSU]: Also wieder mehr Schulden!) Wir Grünen sagen klar: Wir brauchen Haushaltskonsolidierung, wir brauchen Strukturreformen in den Ländern, und wir brauchen Investitionen. Wie sollen Länder, in denen die Jugendarbeitslosigkeit 50 Prozent beträgt, wie derzeit in Spanien, eine wirtschaftliche Perspektive erhalten? Wie sollen sie aus dieser Situation wieder -herauskommen? Alleine mit Sparen geht es nicht. Sie pressen sie aus wie eine Zitrone. Wir brauchen Konsolidierung, vernünftige Zukunftsinvestitionen und Strukturreformen. Drei Säulen! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Private oder öffentliche? – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Und wer bezahlt das?) Es geht hier nicht um Betonwachstum, also darum, neue Straßen und neue Autobahnen zu bauen, sondern um Zukunftsinvestitionen: erneuerbare Energien, Aufbau einer digitalen Infrastruktur, nachhaltige Landwirtschaft. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wer investiert da?) – Ich komme noch zu dem Geld. Warten Sie doch ab! In Europa werden jedes Jahr 400 Milliarden Euro für Ölimporte bezahlt. In südlichen Ländern kann der Aufbau einer Industrie für erneuerbare Energien funktionieren. Deshalb frage ich mich, warum Europa nicht in der Lage ist, diese Energiewende europäisch anzugehen, um diesen Ländern eine Perspektive für eine neue Art der Energieversorgung zu geben, sodass sie weg von diesen hohen Ölimporten kommen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Anton Schaaf [SPD] – Max Straubinger [CDU/CSU]: Sollen die Länder auf Atomkraft setzen?) Eine Schuldenkrise können Sie nicht mit mehr Schulden bekämpfen. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Sehr gut!) Aber: Stärken Sie die Europäische Investitionsbank, damit diese in der Lage ist, privates Kapital zu akquirieren! (Manfred Grund [CDU/CSU]: Wir stärken sie!) Flexibilisieren Sie die vorhandenen Strukturfonds, damit diese auch als Krisenstrukturfonds agieren können! Führen Sie endlich die Finanztransaktionsteuer ein! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Seit der Wahl in Frankreich hat sich da einiges geändert. Es gibt die Möglichkeit, an diese Geldströme heranzukommen. Gehen Sie in Europa gemeinsam gegen Steueroasen vor! Dass der Steuervollzug in den Ländern nicht funk-tioniert, liegt doch auch daran, dass der Kapitalflucht Tür und Tor geöffnet ist. Europa muss gemeinsam gegen Steueroasen vorgehen! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir haben Ihnen Angebote gemacht. Wir haben Ihnen gesagt: Lassen Sie uns im Rahmen der Ratifizierung und der Umsetzung des Fiskalpakts konkrete Gespräche führen. Lassen Sie uns ein gemeinsames Paket schnüren, damit wir das Vertrauen in Europa wiedergewinnen. Neben die Konsolidierung stellen wir Strukturreformen und wirtschaftliche Perspektive. Das ist das Signal, das Sie senden müssen, wenn Sie es ernst damit meinen, in -Europa wieder Vertrauen zu schaffen. Zum Schluss komme ich zu der Frage der guten Pro-gnosen. Herr Fuchs, Sie haben vom deutschen Motor in Europa gesprochen. (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Wollen Sie es noch einmal sehen?) – Das brauchen Sie jetzt nicht noch einmal zu zeigen. Das habe ich schon gesehen. So weit kann ich schon schauen. – Wenn wir Europa nicht stabilisieren und wenn Deutschland nicht ein hohes Maß an Verantwortung dafür übernimmt, Europa zu stabilisieren, (Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Machen wir doch! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das tun wir doch die ganze Zeit, Frau -Andreae!) den Aufbau eines sozialen Europas voranzubringen und die Energiewende in Europa voranzutreiben, dann wird das nichts mit dem Motor; (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: 211 Milliarden Verantwortung!) denn dann drücken wir die anderen an die Wand, dann meinen wir es mit einer Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion nicht ernst, sondern dann machen wir uns auf Kosten der anderen stark. Was wir machen müssen, ist, Europa als eine gemeinsame Aufgabe zu begreifen, gemeinsam weiterzuentwickeln, der Währungsunion eine Wirtschaftsunion an die Seite zu stellen. Wir haben damals von einer Wirtschafts- und Währungsunion gesprochen. Die Wirtschaftsunion fehlt. Diese müssen wir weiterentwickeln. – Der Pfad, den Sie im Augenblick begehen, ist zu eng, zu einseitig und wird nicht aus der Krise führen. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Für die FDP hat jetzt der Kollege Dr. Martin Lindner das Wort. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir wollen den anderen Lindner!) Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Lieber Herr Heil, Sie haben aufs Neue bewiesen, dass der letzte ernstzunehmende Wirtschaftspolitiker Ihrer Partei der damalige Wirtschaftsminister Wolfgang Clement war. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD) Deswegen nimmt es nicht wunder, das Wolfgang -Clement ausgerechnet in Nordrhein-Westfalen nicht für die SPD, sondern für Christian Lindner und die FDP Wahlwerbung macht. (Beifall bei der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ich wünsche gute Reise!) – Jetzt rufen Sie „Gerhard Schröder“ dazwischen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ich habe „gute Reise“ gesagt!) Auch er macht Wahlkampf, aber auch nicht für die SPD, sondern für Wladimir Putin. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – -Anton Schaaf [SPD]: Diese Wahl ist auch schon gelaufen!) Wir haben glänzende Zahlen, solides Wachstum, die geringste Arbeitslosenquote und steigende Löhne wie nie zuvor. Welch faktische Diskrepanz zu dem Ge-meckere, dem Gemäre, dem Miesmachen des deutschen Standortes, (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was haben Sie denn dazu beigetragen?) das wir seit zweieinhalb Jahren von der deutschen Opposition, vor allen Dingen von der linksradikalen deutschen Opposition hören. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was haben Sie denn getan, Herr Lindner?) Dies ist tatsächlich kein Grund, sich zurückzulehnen und die Schlafposition einzunehmen, (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Hört! Hört!) sondern das ist ein Auftrag, das Erreichte für die Zukunft zu erhalten und auszubauen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das stinkt ja vor Eigenlob!) Deswegen stehen wir für Wachstum wie keine andere Partei und keine andere Regierungskoalition in Deutschland. Wachstum ist uns Auftrag und Programm. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Aber, Frau Kollegin Andreae, das war es dann auch schon an Gemeinsamkeit. In der weiteren Zielsetzung unterscheiden wir uns. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das will ich hoffen!) Das, was Sie versuchen, ist, uns gescheiterte Konjunkturprogramme à la Solarförderung für Europa zu verordnen. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Lobbyisten-politik ist das!) Erst einmal werden durch Ihre Steuererhöhungsorgien 1 Million Arbeitsplätze vernichtet, durch Ihre zusätzliche Bürokratie weitere 500 000 Arbeitsplätze vernichtet, und dann werden durch die Subventionen für Ihre Klientel 400 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Das verstehen Sie unter Green Economy. Das ist aber auf keinen Fall der Weg, den wir beschreiten werden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mövenpick-Steuer!) Wir lehnen es ab, hier und auch in Europa zu einer lächerlichen Strohfeuerpolitik zu kommen, sondern wir müssen sehen, welches die Ursachen für Wachstumshemmnisse sind. Das ist – das haben wir heute gemeinsam im Wirtschaftsausschuss gehört – vor allen Dingen die Bürokratie. Das wäre ein Projekt für Europa, und zwar nicht nur die Formulare zu harmonisieren, sondern sich auch die Standards vorzunehmen und zu prüfen, ob all das, was aus Brüssel, aber auch aus Berlin kommt, wirklich notwendig ist. Das hat einen glänzenden Effekt. Denn erstens sparen sich zum einen die Unternehmen die Kosten, zum anderen spart sich aber auch die öffentliche Verwaltung Administrationskosten. Bürokratieabbau ist eine der zentralen Aufgaben für Europa, um zu Wachstum zu gelangen. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie ja gerade etwas Tolles geschaffen!) Der zweite Punkt ist – auch das möchte ich klarmachen –: Wir lehnen sinnvolle Förderung nicht ab. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!) – Nein. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Von Hotels!) Wir lehnen sinnvolle Förderung dort, wo sie investiv wirkt, nicht ab. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Betreuungsgeld!) Das ist eine wichtige Forderung, beispielsweise in der Forschungsförderung für Technologie. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Machen Sie doch mal etwas! Nicht einen Deut! – Garrelt Duin [SPD]: Wir warten!) Auch hier steht eine Vision für Europa bevor. Wir erkennen doch in Europa, dass unsere Chancen nicht in billiger Produktion liegen. (Klaus Barthel [SPD]: Ihr habt zweieinhalb Jahre Zeit gehabt! Was passiert denn jetzt? – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo ist denn die steuerliche Forschungsförderung?) Hier haben wir vielmehr die Chance, gemeinsam in Europa in Infrastruktur und insbesondere in die Forschungsförderung zu investieren. Das ist ein großes Projekt für Europa und für dieses Land. Darin liegt die Zukunft. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Vorwärts! Avanti!) Aber das lassen wir uns nicht in einen Gegensatz zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte stellen. Ich rede nicht von Nordrhein-Westfalen, sondern von der Hauptsorge aller Menschen und Unternehmen: dass die Überschuldung der öffentlichen Haushalte das zentrale Problem für Wachstum und wirtschaftliches Gedeihen in Europa ist. Die Menschen erkennen, dass die Überschuldung der öffentlichen Haushalte die Begrenzung und die Strangulierung jeder weiteren Entwicklung dieser Länder ist. Wir sehen gerade in Griechenland, in welche Zinsfalle die Griechen geraten sind und wie wenig Chancen sie noch haben, aus dieser Falle herauszukommen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Reden Sie doch mal über Irland!) Das ist uns Auftrag, zu Stabilität in Europa zu kommen. Dieser Verantwortung müssen insbesondere Sie gerecht werden. (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Sie ja nicht!) Sie, Rot und Grün, tragen eine besondere Verantwortung. Schröder, Fischer und Eichel: Das sind die Versager zu Beginn dieses Jahrhunderts in puncto Stabilität. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sie haben Griechenland hereingelassen. Sie haben die Stabilitätskriterien aufgeweicht. Sie stehen deswegen in einer besonderen Verantwortung. Deswegen werden wir Ihnen das keineswegs durchgehen lassen und akzeptieren, dass Sie sich nicht nur aus der Verantwortung schleichen, sondern auch noch mit den Populisten im In- und Ausland gemeinsame Sache machen, (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Klar! Jetzt sind wir wieder Volksverräter!) um Wachstum und Stabilität in einen Gegensatz zu stellen: zum Schaden dieses Landes, zum Schaden Deutschlands. Sie sind in der Pflicht, an unserer Seite mit unserer Bundesregierung für einen Stabilitäts- und Fiskalpakt zu streiten. Aus dieser Pflicht entlassen wir Sie nicht. Da werden wir Sie stellen. Sie haben hier mitzumachen, statt mit Populisten, egal wo, gemeinsame Sache zu machen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Grüßen Sie mal Herrn Schäffler, wenn Sie von Populisten reden!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat der Kollege Michael Groschek von der SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Michael Groschek (SPD): Herr Dr. Lindner, nachdem Herr Rösler geredet hat, habe ich mich gefragt, was sie ihm in den Tee getan haben. Nachdem Sie geredet haben, frage ich mich, ob es der Tee war oder die Spätlese. (Widerspruch bei der FDP – Manfred Grund [CDU/CSU]: Dafür sollten Sie sich entschuldigen!) Denn eine solche Rede zu halten und den Sozialdemokraten und anderen Demokraten im Saal vorzuwerfen, sie seien vaterlandslose Gesellen und würden irgendwelchen fremden Mächten dienen statt dem eigenen Volk, ist eine Unverschämtheit. Sie sollten sich dessen schämen, Herr Dr. Lindner. (Beifall bei der SPD) Wenn das der neue Stil ist, dann wird für die politische Kultur in diesem Haus nicht viel zu erwarten sein. Jetzt zu Ihren Vorwürfen. Zum Stichwort „Schulden“. Sparen alleine reicht nicht. Das hat nicht nur der Sogar-Sozialdemokrat Schulz, sondern auch Christine Lagarde gesagt. Das hat uns gestern auch eine ganze Kollektion im Handelsblatt vorgeführt. Denn es ist natürlich richtig, dass Sparsamkeit und Sparen angesagt sind, zugleich aber auch Investieren, um zu sehen, wie man solide Investitionen finanzieren kann. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deshalb wollen wir die Finanzmarkttransaktionsteuer, die Sie bislang nicht zustande bekommen haben. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Sie auch nicht!) Wenn wir darüber reden, wie es in Nordrhein-West-falen aussieht, dann können wir darüber reden, dass die Vorgängerregierung, die Rüttgers-FDP-Regierung, neunmal vom Landesverfassungsgericht eine Klatsche bezogen hat, die letzte jetzt, weil deutlich wurde: Sie haben die Kommunen abkassiert, um auf dem Rücken der Kommunen unrechtmäßig die deutsche Einheit zu finanzieren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sie als FDP sollten mit dem Vorwurf, auf Pump zu leben, ganz vorsichtig sein. Sie lassen sich einen Teil des Bundestagswahlkampfes offensichtlich auch mit Unterstützung der Bundestagsfraktion gestalten. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!) Für den Rest haben Sie nach eigener Auskunft 800 000 Euro Schulden gemacht, um den Wahlkampf zu finanzieren. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wir fragen uns: Wer muss denn diesmal diese offene Zeche für den Wahlkampf zahlen? Beim letzten Mal gab es Wiedergutmachung für die Mövenpick-Spenden. Jetzt fragen wir uns: Wo wird dies enden? Sie reden ständig über Investitionen und Industrie-politik. Dann sollten wir auch über die Energiepolitik sprechen. Die Energiewende ist bei Ihnen offensichtlich nicht angekommen. Eine gestaltete Energiewende könnte Arbeit und Umwelt schützen sowie mehr Arbeitsplätze schaffen. Das Gegenteil ist aber bei Ihnen der Fall. Kronzeugen Ihrerseits sind beispielsweise der Berater von Herrn Röttgen, Friedrich Merz. Er hat noch offenbart: Unter dieser Bundesregierung ist Planungssicherheit ein Fremdwort. – Die fehlende Planungssicherheit stellt bei der Energiewende eine Investitionsblockade dar. Wir brauchen aber das Gegenteil. Wir brauchen kein Blockieren, sondern ein Investieren. Das sichert Perspektiven für unser Land. (Beifall bei der SPD) Deshalb fordern wir einen Masterplan. Es gab einen Versuch, das Gegeneinander von Röttgen und Rösler im Kanzleramt aufzulösen. Herausgekommen ist nicht besonders viel. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die waren nicht eingeladen!) – Bei Herrn Röttgen handelt es sich um einen Wiederholungsfall. Er wird grundsätzlich nicht mehr eingeladen, habe ich das Gefühl. Energieintensive Industrien sind in Deutschland ein großer Beschäftigungs- und Umsatzfaktor: 875 000 Beschäftigte und 300 Milliarden Euro Umsatz. Die Aluminiumhütte in Voerde ist im Grunde ein Menetekel Ihrer verfehlten Energie- und Industriepolitik. Die Bundes-regierung verschläft die Energiewende und die notwendige Weichenstellung. Wir haben 2009 einen Sonderfonds für die Aluminiumindustrie errichtet, um die indirekten CO2-Kosten abzugelten. 40 Millionen Euro für diese Industrie liegen blockiert da, weil Sie sich nicht darum gekümmert haben, dass die EU-Kommission endlich grünes Licht für den Abruf dieser Mittel gibt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) 2008 gab es die Verabredung zur Kompensation der Belastungen im Emissionshandel. Bis heute haben Sie keine EU-Lösung hinbekommen. Herr Fuchs, Sie wissen, dass das eine sträfliche Vernachlässigung unserer industriepolitischen Interessen ist. Jetzt gibt es fast ein Lob für Herrn Dr. Rösler; denn er hat den Entwurf einer Verordnung auf den Weg gebracht, um eine angemessene Honorierung für zu- und abschaltbare Lasten zu gewährleisten. Auf Deutsch formuliert: Stromfresser als Netzstabilisatoren sollen für ihre gute Tat belohnt werden können. Was passiert aber? Dieser an sich vernünftige Ansatz liegt unbearbeitet auf dem Schreibtisch von Herrn Dr. Röttgen. Herr Dr. Röttgen wartet seit fünf Wochen darauf, dass aus einem Nein eine Alternative gemacht wird. Das mag typisch für ihn sein, darf aber nicht typisch für die Politik in Deutschland werden. (Beifall bei der SPD) Letzter Punkt. Sie haben ganz nebenbei die Solarindustrie angesprochen und so getan, als wäre das alles Spinnerei. Wir halten die Solarindustrie mit 130 000 Beschäftigten nicht für Spinnerei, sondern für einen wichtigen sozialen und wirtschaftspolitischen Faktor. Deshalb verstehen wir nicht, dass Sie viermal die Rahmenbedingungen für die Solarindustrie geändert und für Investi-tionsunsicherheit gesorgt haben. Herr Röttgen phrasiologiert darüber, dass die Solarindustrie in Deutschland keine Zukunft habe, weil in China Dumpinglöhne an der Tagesordnung seien. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Kommen Sie bitte zum Schluss. Michael Groschek (SPD): Wenn das so ist, bitte ich Sie, in China ein Stück weit mehr über fairen Wettbewerb zu diskutieren und dafür zu sorgen, dass diese Zukunftsindustrie in Deutschland nicht durch einen Federstrich unter die Räder kommt, sondern eine Perspektive erhält. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Groschek, bitte! Michael Groschek (SPD): Wir brauchen eine Industriepolitik und keine Deutschtümelei. (Beifall bei der SPD) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt der Kollege Karl Schiewerling von der CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Karl Schiewerling (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer ein erhebendes Gefühl, wenn man nach dem Generalsekretär der SPD Nordrhein-Westfalens hier im Deutschen Bundestag reden darf, Herr Groschek. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist der -Generalsekretär?) Ich darf Ihnen sagen: Das, was Sie vorgetragen haben, ist hoch spannend, es geht aber völlig daneben. Sie brauchen uns hier im Deutschen Bundestag und auch niemand anderem zu erklären, wie man mit Haushalten umzugehen hat. Es stimmt: Haushalte werden gerne vor Verfassungsgerichte gezerrt, auch in Nordrhein-Westfalen; (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Rüttgers!) aber noch nie hat eine Landesregierung eine solche Klatsche bekommen, dass ein laufender Haushalt gestoppt und verboten wurde, ihn umzusetzen. Das hat es noch nicht gegeben, Herr Groschek. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Groschek [SPD]: Ihren Haushalt! Den 2010er-Haushalt! Ihren Haushalt!) Dafür sollten Sie sich schämen, bis in die Eiszeit. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Den Rüttgers kennt er gar nicht mehr!) Ich will Ihnen einen zweiten Punkt nennen: Kommen Sie nicht und sagen, die Bundesregierung würde Mittel aus Europa nicht abrufen. Wie viel Geld hat die nordrhein-westfälische Landesregierung für den Ausbau der U-3-Betreuung noch nicht abgerufen? Sie ruft die Gelder nicht ab, weil sie es nicht geregelt bekommt. Aber hier werden Belehrungen erteilt. Ich halte das nicht für angebracht, Herr Groschek. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Ich will Ihnen noch einen dritten Punkt mit auf den Weg geben. Die Energiewende ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten. (Michael Groschek [SPD]: Keine Frage!) – Gar keine Frage. – Hier geht es darum, dass Bund, Länder und Kommunen vernünftig zusammenarbeiten. Keine Frage. Aber die SPD/Grünen-Regierung in Nordrhein-Westfalen hatte 20 Monate Zeit, ihre Hausaufgaben zu machen – und sie hat sie nicht gemacht. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Quatsch!) Sonst wären nämlich längst entsprechende Planungsvorhaben und andere Dinge auf den Weg gebracht worden. Das ist nicht der Fall. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Reden wir über die Bundesregierung!) Wir haben allen Grund, auf das, was sich in Deutschland entwickelt, stolz zu sein, wir haben allen Grund, auf die gute wirtschaftliche Entwicklung stolz zu sein. Wenn ich manchmal die Opposition höre, habe ich den Eindruck, in einem falschen Film zu sein. Fahren Sie einmal nach Spanien, nach Portugal, nach Griechenland, nach Israel, wo ich vor einigen Tagen war, oder in ein sonstiges Land. Die Menschen dort reiben sich verdutzt die Augen und fragen: Worüber streiten die in Deutschland eigentlich? (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote seit 20 Jahren, wir haben einen Aufwuchs an Beschäftigung. Menschen aus Portugal, Spanien, Griechenland und Italien kommen nach Deutschland, um hier Arbeit zu finden. Wie letztens festgestellt worden ist, kommen sie auch deswegen gerne zu uns, weil auf unserem Arbeitsmarkt wesentlich fairere Bedingungen herrschen als in anderen europäischen Ländern. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Liebe Frau Kollegin Andreae, weil uns niemand lobt – Sie haben gesagt, man dürfe sich nicht selbst loben; das will ich gerne beherzigen –, will ich Folgendes sagen: Wir haben 41,1 Millionen Erwerbstätige – so viele wie noch nie –, wir haben 28,6 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse – so viele wie noch nie –, und es sind 2011 718 000 neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse hinzugekommen, 422 000 davon in Vollzeit. Wir merken es auf dem Arbeitsmarkt, und wir merken es an den vollen Sozialkassen. 2005 haben wir noch gemeinsam beschlossen, der Deutschen Rentenversicherung ein Überbrückungsdarlehen zu geben. Heute haben wir eine Rücklage von 1,5 Monatsausgaben. Das beklage ich nicht, sondern darüber freue ich mich. Das ist beruhigend. Die Botschaft lautet: Wenn wir eine gute Beschäftigungslage haben, haben wir auch volle Sozialkassen und können unsere Verantwortung wahrnehmen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Der Punkt, über den ich mich besonders freue, ist, dass wir einen Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit haben. Ich sage es frank und frei: Die Arbeitsmarktreformen, die unter Rot-Grün unter Assistenz der Union und der FDP über den Bundesrat gemacht worden sind, haben ihre Früchte getragen. Wir stehen dazu und sagen: Ja, das war nicht angenehm, aber das war notwendig. Ich sage Ihnen voraus: Vor den Veränderungsprozessen, die wir hinter uns haben, stehen andere europäische Länder noch. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Deswegen wundert es mich überhaupt nicht, dass in Griechenland, Spanien und anderen Ländern eine große Unruhe ist; denn dort muss manches verändert werden. Leider hat der kleine Mann auf der Straße auszubaden, was andere politisch verbockt haben. Fehlerhafte Systeme haben dazu geführt, dass sich die Dinge so schlecht entwickelt haben. Ich kann nur hoffen, dass sie es gemeinsam mit uns schaffen; denn wir brauchen ein starkes und stabiles Europa, und wir brauchen ein gutes Miteinander in Europa. Was wir nicht brauchen können, ist ein Gegeneinander-Ausspielen. Deswegen stehen wir zu dem, wozu wir uns verpflichtet haben, nämlich mitzuhelfen, dass die Haushalte konsolidiert werden, dass die Schuldenpolitik eingedämmt wird und Kräfte freigesetzt werden, damit Menschen in Europa wieder Beschäftigung bekommen. Der Aufschwung, den wir erlebt haben und in dem wir mitten drin sind, erreicht Gott sei Dank nicht nur die Langzeitarbeitslosen, sondern auch die Älteren. Wenn es eine Zahl gibt, die besonders gut ist, dann ist es die Zahl der zusätzlich Beschäftigten unter den 55- bis 60-Jährigen. Auch bei den über 60-Jährigen ist eine deutliche Zunahme der Beschäftigung festzustellen. Wir hätten es nicht für möglich gehalten, dass eine solche Entwicklung in diesem Tempo abläuft. Darüber freuen wir uns. Wir bleiben bei den Strukturen, die wir beschlossen haben: Rente mit 67, und wir helfen den Menschen, in der Lage zu sein, entsprechend lange zu arbeiten. Das hat etwas mit Solidarität in der Gesellschaft zu tun. Ich hoffe, dass das, was wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben, jetzt seine Früchte trägt – zum Wohle der Menschen in unserem Land und in Europa. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt der Kollege Anton Schaaf von der SPD-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Anton Schaaf (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Karl Schiewerling, es stimmt: Die nordrhein-westfälische Landesregierung ist mit einem Haushalt vor dem Landesverfassungsgericht gescheitert. Sicherlich hatte das auch damit zu tun, dass wir uns auf die Fahne geschrieben haben, die verfehlte Politik der Vorgänger-regierung in Nordrhein-Westfalen, die Kommunen zugunsten des Landeshaushaltes ausbluten zu lassen, zu beenden. Wir haben den Kommunen geholfen und haben dafür eine Klatsche bekommen. Die Ursache dafür, dass wir den Kommunen helfen mussten, ist, dass ihr, CDU und FDP, verfassungswidrig den Kommunen das Geld aus der Tasche gezogen habt. Ihr habt das gemacht! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dafür habt ihr eine Klatsche vom Verfassungsgericht bekommen, und zwar zu Recht. Nun reden wir tatsächlich über Investitionen, die in den Kommunen nicht durchgeführt werden konnten. Dort fehlte real Geld, um Investitionen zu tätigen. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Kann es sein, dass die SPD-geführten Kommunen über ihre Verhältnisse gelebt haben!) Stichwort Beschäftigungspolitik: Es gehört sich, Redlichkeit zu praktizieren, und man hat nicht das Recht, sich in der Art und Weise hier aufzuregen, wie Sie es getan haben. Übrigens, was die Hausaufgaben angeht: Ich verweise auf die Rückstellungen für die WestLB und anderes, was in der Regierungszeit von Rüttgers hätte passieren müssen und dennoch nicht passiert ist. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Die war schon pleite, als Rüttgers noch nicht im Amt war!) Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen hat das dann nachholen müssen. Das ist genau der Punkt, an dem man seine partielle Vergesslichkeit bekämpfen sollte und seiner eigenen Verantwortung gerecht werden sollte. Man sollte sich davor nicht immer wieder drücken. (Beifall bei der SPD) Schauen wir uns an, wie das mit der Beschäftigung ist. Der Kollege Röttgen hat vor kurzem gesagt, er sei in der Lage, stante pede im Haushalt von Nordrhein-Westfalen 1,6 oder 1,7 Milliarden Euro einzusparen, und zwar im Wesentlichen über Kürzungen bei Personalkosten und Verwaltungsausgaben. Wir, die in Nordrhein-Westfalen unterwegs sind, wissen, dass alle Vorgängerregierungen, was die Senkung von Personalkosten angeht, einiges getan haben. Bei den Bezirksregierungen sind zum Teil nur noch 75 Prozent der Stellen besetzt. In den Ministerien arbeitet man personalmäßig an der Kante. Es gibt nur noch zwei große Blöcke, wo man massiv Personal einsparen kann – ehrlicherweise sollte man das als die eigene Form von Beschäftigungspolitik bezeichnen –, nämlich bei der Polizei und bei den Lehrerinnen und Lehrern. Herr Röttgen müsste sagen: Ich bin bereit, weniger Personal bei der Polizei und weniger Lehrerinnen und Lehrer zu finanzieren. Wenn er eine solche Beschäftigungspolitik machen will, um so 1,7 Milliarden Euro in NRW einzusparen, dann soll er es sagen. (Manuel Höferlin [FDP]: Machen Sie es doch in Rheinland-Pfalz!) Er sollte dies öffentlich tun, aber bitte schön vor dem nächsten Sonntag und nicht danach, wie man es bereits erlebt hat: Wahrheiten kommen einen Tag nach dem Wahlsonntag. Sich rechtzeitig zu äußern, das ist der entscheidende Punkt. In der gesamten Debatte ist mir nicht aufgefallen, was Sie, die Koalition, die Regierung und insbesondere Sie, Herr Minister Rösler, genau getan haben, damit wir hohe Wachstumsraten und gute Beschäftigungsquoten haben. Wenn man sich schon selber loben will, indem man hier eine Aktuelle Stunde mit diesem Titel anberaumt, dann sollte man mindestens zwei oder drei Beispiele nennen können, die belegen, was Sie zur Beschäftigungs- und Wachstumsförderung getan haben. Nichts, gar nichts haben Sie getan. Sie haben sich überhaupt nicht bewegt, und das war vielleicht auch besser so. Das ist doch der entscheidende Punkt. Was die Beschäftigungspolitik angeht, ging eben über den Ticker: Ein Regierungsmitglied, der Kollege Niebel, macht wirklich eine ordentliche Beschäftigungspolitik. Mittlerweile sind fünf von sechs Abteilungsleitern im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung FDP-Kollegen. Herr Niebel macht für FDPler eine herausragende Beschäftigungspolitik. (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: So was kennt ihr Sozis gar nicht, oder? – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So was hat es in Nordrhein-Westfalen nie gegeben!) Übrigens ist es mittlerweile so, dass sich der Personalrat in diesem Ministerium von der Personalpolitik mit Grausen abwendet. Das wollte ich zum Thema Beschäftigungspolitik gesagt haben. (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Sie schießen mit Katapulten aus Glasfabriken!) Wenn man so gute Zahlen, was Beschäftigung und Wachstum angeht – diese Zahlen kann man nun wirklich nicht negieren –, aufweisen kann, dann stellt sich die Frage: Wann, wenn nicht jetzt, investieren wir in die Reserve, die wir tatsächlich noch haben? Ich meine Investitionen in die Arbeitslosen, die meistens mit Mehrfachhemmnissen zu kämpfen haben. Wann, wenn nicht jetzt, da es gut läuft, investieren wir in diese Menschen, damit sie zukünftig eine Chance haben? Passiert ist bei Ihnen genau das Gegenteil: Beim Eingliederungstitel haben Sie massiv zugegriffen, um den Bundeshaushalt einigermaßen in den Griff zu bekommen. Das heißt, es gibt weniger Chancen für diejenigen Menschen, die in Langzeit-arbeitslosigkeit sind. Wann wollen Sie diese Menschen denn besonders an die Hand nehmen, wenn nicht in wirtschaftlich guten Zeiten wie jetzt? Und Sie philosophieren über qualifizierte Zuwanderung! Übrigens erklärt mir auch keiner – das ist relativ schwierig, finde ich –, wie man dann, wenn man ausschließlich aufs Sparen setzt, (Dr. Peter Röhlinger [FDP]: Machen wir nicht! Wachstum!) nicht nur national, sondern auch international, eigentlich Wachstum generieren will. Das ist mir nicht erklärlich. Wir sehen doch: Da, wo ganz besonders hart gespart werden muss – nämlich in Spanien, in Portugal, in Griechenland, in Italien –, geht die Wachstumsrate massiv herunter. Das ergibt keine Konsolidierung, sondern das ergibt am Ende genau das, was wir jetzt leider Gottes in Griechenland erleben. Das hat etwas damit zu tun, dass Sparen allein nicht ausreicht; wenn man das einfordert, muss man sich auch überlegen und aufzeigen, wie man denn in diesen Ländern wieder ein einigermaßen großes Wachstum zustande bringt, damit die Menschen überhaupt eine Chance haben. Das ist der Punkt, wo wir Sozialdemokraten sagen – das macht den feinen Unterschied an dieser Stelle aus –: Wir sind nicht gegen das Sparen, aber wir sind der Meinung, dass man zusätzlich auch investieren muss, damit man Wachstum generiert. (Beifall bei der SPD) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt die Kollegin Claudia Bögel für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Claudia Bögel (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mich doch über manche Rede hier sehr wundern. Ich trage einmal eine kleine Episode aus meinem Leben vor. Mein Sohn ist bei der deutschen Marine Offiziersanwärter und war vor zwei Jahren in Ghana. Als er wiederkam, sagte er mir: Mama, seitdem ich gesehen habe, wie es in Ghana zugeht, wie die Menschen dort in den Müllcontainern der deutschen Marine nach Essbarem suchen, widert mich das Stöhnen in Deutschland an. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was? Sie wollen Deutschland mit Ghana vergleichen?) Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, stöhnen kräftig mit getreu dem Motto „Only bad news are good news“. Selbst die Konjunkturprognose ist Ihnen noch nicht gut genug. Dabei hätten Sie sich während Ihrer Regierungsverantwortung solche Zahlen gewünscht. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wie in Ghana?) Ich möchte hier einmal an Ihre Verantwortung appellieren; denn Sie wissen ganz genau: Das Gegenteil ist der Fall. Die deutsche Wirtschaft wächst, sie ist robust, und unser Land steht gut da – im internationalen Vergleich und auch ganz für sich genommen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Für Europa sind wir nach wie vor der Stabilitätsanker und der Wachstumsmotor. Das ist eine gute Nachricht. Sie sollte uns anspornen, alles daranzusetzen, dass dies so bleibt. In einigen Zeitungen gibt es am Ende eine Rubrik: Zum Schluss kommt jetzt etwas Gutes. – Wir haben dafür gesorgt, dass die guten Nachrichten auf der ersten Seite stehen. (Beifall bei der FDP) Mein besonderes Augenmerk als mittelstandspolitische Sprecherin unserer Fraktion liegt auf dem Wachstumstreiber unserer Wirtschaft, dem Mittelstand; davon war eben schon mehrfach die Rede. Der Mittelstand steht wie kein anderer für den Erfolg der deutschen Wirtschaft. Auch weltweit gilt er als Vorbild. In Frankreich zum Beispiel ist „le Mittelstand allemand“ ein feststehender Begriff für ökonomische Potenziale. Mittelständische Unternehmen haben mit Fleiß, Erfindergeist und sozial verantwortlichem Handeln wesentlich zu der positiven Entwicklung beigetragen. (Beifall des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU]) Natürlich ging auch am Mittelstand die Finanzkrise mit all ihren Auswirkungen nicht spurlos vorbei, aber man hat Lehren aus der Krise gezogen. Viele Unternehmen haben ihre Eigenkapitalquote angehoben und sind somit nicht mehr von Kapitalgebern am Markt abhängig. Der Mittelstand bedient sich eines erfolgreichen Krisenmanagements. Die Bundesregierung hat die richtigen Impulse für das Erreichen einer stabilen wirtschaftlichen Situation gesetzt. Schon zu Beginn der Legislaturperiode haben wir durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz 24 Milliarden Euro Steuerersparnis erreicht. (Beifall bei der FDP – Zuruf von der FDP: Hau den Turbo rein! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zulasten der Kommunen!) Die Initiative der Bundesregierung „Auf den Mittelstand setzen: Verantwortung stärken – Freiräume erweitern“ greift die Impulse aus der Wirtschaft in den Bereichen „Fachkräfte“, „Innovationen“, „Gründungen und Unternehmensnachfolgen“, „Marktchancen im Ausland“, „Finanzierung“, „Energie- und Ressourceneffizienz“ sowie „Bürokratieabbau“ auf und setzt genau hier bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen an. Aus dieser Fülle an Themen möchte ich nur kurz einige Schwerpunkte herausgreifen: Stichwort „Innovationen“. Viele mittelständische Unternehmen sind so innovativ wie keine anderen Unternehmen. Sie sorgen dank ihrer hohen Kreativität und ihrer Fähigkeit zur Anpassung an veränderte Marktlagen für Wachstum und intensiven Wettbewerb. Rund 130 000 innovative kleine und mittlere Unternehmen bringen jedes Jahr neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt. Deutschland ist nach wie vor Innovationseuropameister vor Frankreich und der Schweiz. Um uns diesen Meis-tertitel zu sichern, muss es den mittelständischen Unternehmen ohne Einschränkung möglich sein, ihr Ent-wicklungs- und Innovationspotenzial frei zu entfalten. Subventionen sind Innovationskiller. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Stichwort Marktchancen im Ausland. Der Mittelstand hat mit über 300 000 Exporteuren einen wesentlichen Anteil an der hohen internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Viele davon sind Hidden Champions, mittelständische Unternehmen, die weltweit Weltmarktführer sind, aber keine große Aufmerksamkeit genießen. Nach wie vor gibt es jedoch zahlreiche Hindernisse bei der Ausfuhr von Waren und bei Direktinvestitionen. Wir werden deshalb unter anderem Handelshemmnisse weiter abbauen. Stichwort Unternehmensfinanzierung. Ein Kern-thema liberaler Wirtschaftspolitik ist die Unternehmensfinanzierung als Grundvoraussetzung für weiteres Wachstum. Daher legen wir unser spezielles Augenmerk auf die Kreditversorgung des Mittelstandes. Wir setzen uns dafür ein, dass die Mittelstandsfinanzierung ein attraktives Geschäftsfeld für die Banken bleibt, gerade im Hinblick auf Basel III. Wir werben verstärkt um Business Angels in Deutschland, die ihr Kapital, aber auch ihr unternehmerisches Know-how und ihre Netzwerke innovativen Gründern zur Verfügung stellen. Eine weitere wichtige Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Erfolge im Mittelstand – dies ist ein weiteres Stichwort – ist die Energie- und Materialeffizienz. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Denn angesichts der zunehmenden weltweiten Konkurrenz um Rohstoffe gewinnt das Thema für viele Mittelständler immer stärker an Bedeutung. Energie muss bezahlbar bleiben, damit auch die Arbeitsplätze in Deutschland bleiben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Mittelstand ist der Garant für einen nachhaltigen Aufschwung. Seine Leistungs- und Innovationskraft ist für uns alle unverzichtbar. Es gibt viele Themen, bei denen wir entsprechend gehandelt haben: Wir haben die Erbschaftsteuer krisenfest und mittelstandsfreundlich ausgestaltet. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss. Claudia Bögel (FDP): Wir haben in der Unternehmensteuerreform krisenverschärfende Regelungen beseitigt. Wir haben den Unternehmen zusätzliche Liquidität verschafft und sie von Steuerbürokratie befreit. Wir haben die Fortführung von Unternehmen im Insolvenzfall erleichtert. Ich könnte hier noch viele, viele Dinge aufführen, aber zum Schluss nur noch eines: Die Konjunkturpro-gnose ist gut, die Wirtschaft brummt. Und wer hat’s gemacht? Wir haben’s gemacht! Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt der Kollege Max Straubinger von der CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Max Straubinger (CDU/CSU): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Diese Bundesregierung sowie CDU/CSU und FDP können auf eine erfolgreiche Arbeit zurückblicken. Wir haben die seit langem niedrigste Arbeitslosigkeit – Kollege Schiewerling hat das bereits dargestellt – und vor allen Dingen weiterhin ein kräftiges Wirtschaftswachstum, obwohl die Weltwirtschaft eine kritische Phase durchlebt und insbesondere Europa unter der Schuldenkrise mancher Länder durchaus stöhnt. All das zeigt sehr deutlich: Deutschland ist die Wachstumslokomotive in Europa und vor allen Dingen auch der Stabilitätsanker in Europa dank unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel, aber darüber hinaus auch dank einer verlässlichen Politik, die wir für die Menschen in unserem Land und in Europa betreiben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Verehrte Damen und Herren, es ist auch mitentscheidend, dass weiterhin Akzente für positives Wachstum gesetzt werden. (Zuruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE]) Positives Wachstum kann man nur erreichen, indem die Bürgerinnen und Bürger entlastet und nicht zusätzlich belastet werden. (Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]) Darin liegt der große Unterschied zwischen den Regierungsfraktionen und der Opposition in diesem Hause. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Wir haben zu Beginn dieser Legislaturperiode die Bürgerinnen und Bürger kräftig entlastet; die Maßnahmen hatten einen Umfang von 26 Milliarden Euro, inklusive der Erhöhung des Kindergeldes, die wir durchgeführt haben, um damit die Familien in unserem Land zu stärken. Auch wenn Sie über die Verringerung der Mehrwertsteuer für Übernachtungen in Hotels lächeln, ist festzuhalten, dass das zu kräftigen Investitionen im Gastronomiegewerbe und in Hotelbetrieben geführt hat. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich bin Vertreter eines Wahlkreises, in dem es großartige Kuranlagen gibt. Die Hotelbesitzer haben kräftig investiert, sind dadurch weiterhin wettbewerbsfähig und können bessere Angebote für die Menschen und deren Gesundheit zur Verfügung stellen. (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Die SPD setzt sich nur für die Flusskreuzfahrtschiffe ein! Das ist euer Ding!) Kollege Schiewerling hat darauf hingewiesen, dass wir 2005 über 5 Millionen Arbeitslose zu verzeichnen hatten und dass deshalb unter Gerhard Schröder ein Umdenken einsetzte. Es wurde nach Reformen im Sozialbereich und darüber hinaus nach einer Entlastung der Bürgerinnen und Bürger gerufen. Das war letztendlich mit eine Grundlage dafür, dass es wirtschaftlich wieder aufwärtsgegangen ist. Das wurde in der Großen Koalition und jetzt in der bürgerlich-christlich-liberalen Koalition mit den nachfolgenden Beschlüssen fortgesetzt. Aber was Sie in den Oppositionsfraktionen jetzt betreiben, insbesondere Sie von SPD und Grünen, ist eine Rückabwicklungspolitik, mit der Sie sich bei den Menschen anbiedern wollen. (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Einschleimen!) Sie wollen die Rente mit 67 zurücknehmen, die unbedingt notwendig ist, auch unter dem Gesichtspunkt des Demografiewandels und der dadurch entstehenden Belastung der Bürgerinnen und Bürger. Sie wollen den Arbeitslosengeldbezug wieder verlängern. Dadurch haben die Menschen weniger Vermittlungschancen, was letztlich eine Verlängerung der Arbeitslosigkeit bedeutet. Sie wollen den Zusammenhang zwischen Fordern und Fördern wieder aufheben, (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wir machen das nicht!) indem Sie die Sanktionen in unseren Hartz-IV-Reformen schlechtreden. Meines Erachtens ist es aber notwendig, dass Menschen ohne Arbeit versuchen müssen, eine Arbeit aufzunehmen. Damit leisten sie ihren Beitrag für eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Das ist ganz entscheidend. Sie alle predigen mittlerweile unisono, (Anton Schaaf [SPD]: Ach Quatsch!) dass wir wieder Steuererhöhungen benötigen. (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie schon mal was von Haushaltskonsolidierung und Schuldenstand gehört?) Die Linken haben sich jetzt an den französischen Linken orientiert, die eine sogenannte Millionärsteuer von 75 Prozent fordern. Ich bin überzeugt, dass dies ein Programm ist, mit dem die Unternehmerinnen und Unternehmer und die Reichen in die Schweiz getrieben werden. Nach den aktuellen Meldungen in den Tageszeitungen stehen die französischen Gutverdienenden mittlerweile in der Schweiz Schlange. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Das zeigt deutlich, dass Sie es letztendlich nicht schaffen, ein gutes Programm zustande zu bringen. Anton Schaaf hat sich mit Nordrhein-Westfalen beschäftigt. (Anton Schaaf [SPD]: Mit Herrn Schiewerling habe ich mich beschäftigt!) Es ist schon bedeutsam, nochmals herauszustellen, dass Sie dort einen verfassungswidrigen Haushalt verabschiedet haben und dass im neuen Haushalt die Rückstellungen für die WestLB gar nicht vorhanden waren. Abgesehen davon, lieber Kollege Schaaf: Die WestLB war schon pleite, bevor Rüttgers seine Regierungstätigkeit begonnen hat. Man hatte es vielleicht noch nicht gemerkt; das muss man dabei auch sehen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Groschek [SPD]: Das war die Bayern LB!) Wenn Sie sagen, dass die Kommunen in Nordrhein-Westfalen nicht mehr leistungsfähig sind, dann müssen Sie schon unterscheiden: Die Stadt Düsseldorf ist leistungsfähig aufgrund der guten Arbeit des Bürgermeisters Herrn Erwin, der hier eine Privatisierungspolitik betrieben und die Stadt entschuldet hat. Andere Städte wie Oberhausen haben gedacht, sie müssten noch zusätzliche Kraftwerke kaufen, und haben nun kein Geld mehr für Kitaplätze. Es hat auch damit zu tun, welche Prioritäten in Haushalten gesetzt werden. Auch daran muss man denken, wenn gejammert wird: Wir haben kein Geld. Sie haben in Nordrhein-Westfalen die falschen Prioritäten gesetzt. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Deshalb werden Sie am Sonntag auch keine Mehrheit bekommen für eine solch liederliche Politik, wie Sie sie dort betrieben haben und auch weiterhin betreiben würden. Anzumerken ist auch noch: Unter Rüttgers wurden 8 000 neue Lehrerstellen geschaffen, wobei gleichzeitig die Anzahl der Stellen im gesamten öffentlichen Dienst um 1 600 Stellen verringert worden ist. Sie wollen sozusagen ein Gegenprogramm auf den Weg bringen. Das sind die klaren Unterschiede: Wir haben zukunftsweisende Konzepte, die für mehr Beschäftigung für die Menschen und mehr soziale Sicherheit sorgen – Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Kollege Straubinger. Max Straubinger (CDU/CSU): – und damit bessere Zukunftschancen für Junge und Alte in unserer Gesellschaft schaffen. In diesem Sinne bin ich überzeugt, dass wir die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin erhalten werden. Danke schön für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Anton Schaaf [SPD]: Selbst der Röttgen glaubt dir das nicht!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt der Kollege Heinrich Kolb von der FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gab in diesem Hause Zeiten, in denen die linke Opposition der Meinung war, Wachstum sei etwas Verzicht--bares, die Grenzen des Wachstums, so die Grünen, seien erreicht. Es sei allenfalls eine Randgröße. Ich freue mich, dass heute Konsens in diesem Hause besteht, dass Wachstum wichtig ist. Dafür gibt es mehrere Gründe: Wachstum ist wichtig, weil es einen Beitrag dazu leistet, die Haushalte der Staaten zu konsolidieren. Wachstum ist auch deshalb wichtig, weil es Arbeitsplätze schafft. Das wirkt zusammen. Das habe ich Ihnen in der Vergangenheit immer gesagt, ohne dass Sie mir geglaubt haben. (Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) – Herr Strengmann-Kuhn, ich merke, Sie zweifeln auch heute noch. Aber es muss doch auch Ihnen einleuchten: Wenn weniger Menschen auf staatliche Transfers angewiesen sind und wenn gleichzeitig mehr Menschen durch eigene Arbeit über Steuern einen Beitrag zum -Gemeinwesen leisten, dann ist das der Weg zu einem -soliden Staat. Das ist der Weg, den wir in den letzten -beiden Jahren beschritten haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!) Deswegen wollen wir auch weiter Wachstum schaffen. Ich bin hier mit Michael Fuchs einer Meinung. Ich steige in die Wette ein. Ich verstehe, dass der Bundeswirtschaftsminister sehr vorsichtig ans Werk geht und sagt: 0,7 Prozent Wachstum in diesem Jahr, 1,6 Prozent Wachstum im nächsten Jahr; das sind meine Zahlen. (Anton Schaaf [SPD]: Ein Zocker!) Aber ich bin mit Michael Fuchs der Meinung: Wir werden besser sein. Wir werden in diesem Jahr 0,9 Prozent und im Jahr 2013 2 Prozent erreichen können. Das ist nicht nur die Meinung von Fuchs und Kolb, sondern das sagen auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in diesem Land. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was wird aus Europa?) Dieses Wachstum zahlt sich aus. Es zahlt sich zum Beispiel für die Rentner aus. Die 20 Millionen Rentner in diesem Land bekommen zum 1. Juli dieses Jahres eine ansehnliche Rentenerhöhung. Obwohl wir die Rentenbeiträge zum 1. Januar 2013 voraussichtlich deutlich -absenken werden, werden die Rentenerhöhungen auch im nächsten Jahr für die Menschen respektabel und deutlich höher ausfallen, weil wir mittlerweile die Kürzungsfaktoren, Restanten aus früheren Regierungszeiten, abgearbeitet haben. Die Rentner können darauf hoffen, dass sie in Zukunft noch stärker am Wachstum beteiligt werden. Wir tun aber auch etwas für die jungen Menschen in diesem Land. Die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland – das kann man nicht oft genug betonen – liegt bei 5,7 Prozent. Das ist eine europäische Spitzenposition, die wir auch wahren und verteidigen wollen. Es gibt gute Gründe dafür, warum wir so stark sind: das duale Ausbildungssystem in Deutschland und die Flexibilität am Arbeitsmarkt. Ich sage Ihnen: Befristungen mögen im Einzelfall zwar ein Ärgernis sein, aber sie helfen jungen Menschen beim Eintritt in den Arbeitsmarkt, und sie verhindern, dass man nach der Ausbildung den Anschluss an die Arbeitswelt auf Dauer verliert. Deswegen warne ich davor, überzureagieren. Das gilt auch bei dem Thema Mindestlohn. Sie wissen, dass gerade junge Menschen noch nicht so produktiv sind wie ältere. Deshalb könnten sie besonders betroffen sein, wenn man einen Mindestlohn einführt. Denken Sie bitte in Zusammenhängen. Das Ganze wirkt miteinander. Dann werden sie auch besser verstehen, warum wir die Politik machen, die wir machen. Es ist eine Politik, die den Menschen dient, die im Interesse der Menschen liegt. Das ist etwas, was zunehmend deutlicher erkannt wird. Übrigens – das will ich sehr deutlich sagen –: Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit – Herr Schiewerling hat zu Recht darauf hingewiesen – ist für diese Regierung eine Erfolgsstory ohne Beispiel. Man muss aber -darauf hinweisen, dass das Land Nordrhein-Westfalen den geringsten Rückgang der Arbeitslosigkeit aller westdeutschen Bundesländer hat. (Zuruf von der CDU/CSU: Siehe da!) Wenn man den Kreis auf ganz Deutschland erweitert, dann muss man sagen: Es ist sogar der zweitniedrigste Rückgang insgesamt. Nur in Sachsen-Anhalt ist der Rückgang der Arbeitslosigkeit noch geringer gewesen als in Nordrhein-Westfalen. Ich bin der Meinung, dass solche Ergebnisse und solche Zahlen – Frau Andreae, Sie haben gesagt: Zahlen, Zahlen, Zahlen – ein Ausweis von Leistung sind. Wir haben Leistungen erbracht und brauchen uns gerade mit Blick auf das, was in den letzten zwei Jahren in Nordrhein-Westfalen unter Ihrer Regierung passiert ist, nicht zu verstecken. Ihre Politik in Nordrhein-Westfalen war offensichtlich nicht im Interesse dieses Landes. Deswegen ist es gut, dass die Menschen am Wochenende die Chance haben, in diesem Land darüber abzustimmen, (Michael Groschek [SPD]: Da sind wir einer Meinung!) wer in Zukunft Rahmenbedingungen für mehr Wachstum, mehr Arbeitsplätze und im Ergebnis höhere Löhne und Renten schaffen kann. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Als letzter Rednerin in dieser Aktuellen Stunde erteile ich das Wort der Kollegin Lena Strothmann von der CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Lena Strothmann (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in der Aktuellen Stunde schon über viele Themen -gesprochen, nur über das Handwerk wurde noch nicht geredet. Das Handwerk in Deutschland hat wieder goldenen Boden. Im Jahr 2011 stieg der Umsatz um 7,1 Prozent. Das Handwerk hatte mit 5 Prozent gerechnet, und diese Zahl wäre schon sensationell gewesen. Erreicht wurden über 7 Prozent, und wir konnten 25 000 neue Arbeitsplätze schaffen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) In diesem Jahr wird die deutsche Wirtschaft weiter zulegen. Wir alle kennen die Prognosen. Auch hier wird das Handwerk mit einem Wachstum von 1,5 Prozent wieder vorne liegen. Wenn ich die Berichte aus den Betrieben richtig verstehe, dann gehe ich davon aus, dass das Wachstum sogar noch höher ausfallen kann. Handwerk und Mittelstand sind die tragenden Säulen der deutschen Wirtschaft. Insbesondere das Handwerk schreibt in den letzten beiden Jahren eine wahre Erfolgsstory. Ich kann mich an Zeiten erinnern, in denen das -anders war. Über 5 Millionen Menschen sind heute in unseren Handwerksbetrieben beschäftigt. Der Umsatz beträgt bundesweit mehr als 450 Milliarden Euro. Wenn ich mit meinen Kollegen aus den Nachbarländern spreche, dann fragen die mich häufig: Wie macht ihr das -eigentlich? Natürlich ist die Konjunktur in den einzelnen Branchen und Gewerken unterschiedlich. Der Höhenflug im deutschen Handwerk gelingt dank der guten Lage in den Bau- und Ausbaugewerken, die fast 40 Prozent des Handwerks ausmachen. Es gibt derzeit eine hohe Nachfrage nach Bauleistungen. Diese Nachfrage sorgt für volle Auftragsbücher und ist ein Jobmotor. Das war viele Jahre lang anders. Auch die Ausbaugewerke berichten von einer guten Geschäftslage. Hier spielen besonders die Investitionen in die energetische Gebäudesanierung eine Rolle. Wir alle wissen: Die Gebäudesanierung bietet mit Abstand das größte Potenzial bei der Energieeinsparung. Deshalb war es wichtig, dass es bei den 1,5 Milliarden Euro für das Gebäudesanierungsprogramm bleibt. Wir haben damit ein richtiges Signal gesetzt, nämlich „Nicht reden, sondern handeln“. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Auch Sie sollten jetzt handeln, meine Damen und Herren von Rot-Grün. Bewegen Sie sich im Bundesrat bei der steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung. Die Menschen erwarten das. Viele planen Sanierungen ihrer Häuser, und nicht jeder will mithilfe eines KfW-Kredits sanieren. Viele zögern, weil sie noch auf die steuerliche Förderung warten. Die Menschen in unserem Lande wollen Planungssicherheit. Ich habe im Übrigen auch noch nicht gehört, wie Frau Kraft den Menschen und dem Handwerk in NRW ihre ablehnende Haltung im Bundesrat erklären will. (Michael Groschek [SPD]: Fragen Sie mal Ihren Handwerkspräsidenten!) Das zweite Jahr in Folge ist die Binnenkonjunktur für den wirtschaftlichen Boom in Deutschland verantwortlich. Nachdem in den letzten Jahren nur die handwerk--lichen Zulieferer für die Industrie vom Export profitierten, profitiert nun das Gesamthandwerk von einer guten Binnenkonjunktur. Das kann so weitergehen. Damit den Menschen mehr Geld von ihren Lohnerhöhungen und von der Bezahlung ihrer Überstunden bleibt, ist der Abbau der kalten Progression für uns unverzichtbar. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Das sind keine Steuergeschenke. Hierzu haben wir konkrete Maßnahmen verabschiedet. Das haben wir im Koalitionsvertrag verabredet, und wir haben es eingelöst. Auch hier muss jetzt der Bundesrat liefern. Damit der Aufschwung sich weiter verstetigt, brauchen wir gut ausgebildete Fachkräfte in unserem Land. Im Handwerk ist der Mangel an Fachkräften bereits spürbar. Ich war in den letzten Wochen in verschiedenen Betrieben unterwegs und konnte erfahren: In vielen Branchen fehlen schon junge Leute. Der Markt ist praktisch leergefegt. Deshalb brauchen wir junge Menschen, die wir zu Fachkräften ausbilden. Schon im letzten Jahr konnten 10 000 Lehrstellen im Handwerk nicht besetzt werden. Deshalb werben wir intensiv um den jungen Nachwuchs. Wir brauchen die jungen Leute als Fachkräfte, für Führungspositionen, als Betriebsgründer und auch für Betriebsübernahmen. Das Handwerk bietet -neben dem klassischen Ausbildungsweg – Lehrling, -Geselle, Meister – jedem jungen Menschen eine individuelle Karrierechance in 130 Berufen. Da ist sicher auch etwas für Realschüler und Gymnasiasten dabei. Ich fasse zusammen. Wir haben ein stabiles Wirtschaftswachstum, und das verdanken wir zum großen Teil unseren Betrieben und ihren engagierten Mitarbeitern. Eine weitere Voraussetzung dafür, dass es so bleibt, ist eine gute Fachkräftebasis, und zwar in allen Regionen, vor allem in den ländlichen Räumen, wo sich der demografische Wandel besonders bemerkbar macht. Wenn hier Bäcker, Fleischer und Elektriker erst einmal schließen, dann gibt es keine Nahversorgung, keine -Arbeitsplätze und keine Ausbildungsplätze mehr. Damit geht die Attraktivität verloren. Deshalb müssen wir uns in diesen Regionen besonders für gute Standortbedingungen für Handwerk, Mittelstand und Landwirtschaft einsetzen. Daran arbeiten wir im Augenblick. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 10. Mai 2012, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 16.56 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 09.05.2012 Beckmeyer, Uwe SPD 09.05.2012* Bender, Birgitt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 09.05.2012 Birkwald, Matthias W. DIE LINKE 09.05.2012 Bockhahn, Steffen DIE LINKE 09.05.2012 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 09.05.2012 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 09.05.2012 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 09.05.2012 Grindel, Reinhard CDU/CSU 09.05.2012 Grütters, Monika CDU/CSU 09.05.2012 Dr. Gysi, Gregor DIE LINKE 09.05.2012 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 09.05.2012 Krischer, Oliver BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 09.05.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 09.05.2012 Leidig, Sabine DIE LINKE 09.05.2012 Lindner, Christian FDP 09.05.2012 Mast, Katja SPD 09.05.2012 Meinhardt, Patrick FDP 09.05.2012 Nahles, Andrea SPD 09.05.2012 Dr. von Notz, Konstantin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 09.05.2012 Rix, Sönke SPD 09.05.2012 Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 09.05.2012 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 09.05.2012 Schneider, Ulrich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 09.05.2012 Tack, Kerstin SPD 09.05.2012 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 09.05.2012 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 09.05.2012 Dr. Westerwelle, Guido FDP 09.05.2012 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung der NATO Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Ute Vogt (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 7): Welche Anstrengungen unternimmt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, damit das Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien und die nationale Klimaschutzinitiative auch zukünftig fortgesetzt werden können, und wie bewertet das BMU die Kürzungen beim Marktanreizprogramm im Energie- und Klimafonds im Hinblick auf die Auswirkungen auf Arbeitsplätze, vor allem im Handwerk und in kleinen und mittleren Unternehmen? In den kommenden Jahren ist eine Fortsetzung des Marktanreizprogramms, MAP, und der nationalen -Klimaschutzinitiative vorgesehen. Die geltende mittelfristige Finanzplanung im Bundeshaushalt und im Sondervermögen Energie- und Klimafonds, EKF, sieht für das MAP und die nationale Klimaschutzinitiative eine Finanzausstattung bis 2015 vor. Über die Fortschreibung der Ansätze wird im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens bzw. des Verfahrens zur Aufstellung des Wirtschaftsplans des Sondervermögens EKF für das Jahr 2013 entschieden. Die 2012 im Wirtschaftsplan des EKF ursprünglich für das MAP veranschlagten Ausgaben in Höhe von 100 Millionen Euro stehen nicht zur Bewirtschaftung zur Verfügung. Anstelle dieser Ausgaben werden im Bundeshaushalt jedoch Ausgabereste in Höhe von 116 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Zusammen mit dem Ausgabeansatz aus dem Bundeshaushalt in Höhe von 250 Millionen Euro ergibt sich für das Jahr 2012 eine Gesamtsumme der Ausgaben in Höhe von 366 Millionen Euro. Damit stehen 2012 sogar mehr Ausgaben als in 2011, 352 Millionen Euro, zur Verfügung. Auswirkungen auf Arbeitsplätze infolge der Kürzungen im EKF sind somit nicht zu erwarten. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Ute Vogt (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 8): Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung angesichts des aktuellen Berichts der EU-Kommission „Die Umsetzung der Thematischen Strategie für den Bodenschutz und laufende Maßnahmen“ und des jahrelangen Bemühens um eine EU-Bodenschutzrichtlinie auf europäischer Ebene, um eine auch in Deutschland adäquat umsetzbare Lösung zu erreichen? Die Bundesregierung misst dem Bodenschutz und der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Böden eine sehr hohe politische Bedeutung bei. Sie hat daher in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, um spezielle Regelungen und Maßnahmen zum Schutz des Bodens in verschiedene Politikbereiche zu integrieren (unter anderem Gemeinsame Agrarpolitik, GAP, Biodiversitätsstrategie; vgl. auch Bodenschutzberichte der Bundesregierung: – http://www.bmu.de/bodenschutz/doc/2883.php – http://www.bmu.de/bodenschutz/downloads/doc/43715.php ). Die Bundesregierung lehnt jedoch weiterhin eine EUBodenschutzrahmenrichtlinie ab. Eine solche Richtlinie wäre nicht mit dem Prinzip der Subsidiarität vereinbar, wäre mit hohem Bürokratieaufwand verbunden und würde voraussichtlich unverhältnismäßig hohe Folgekosten bei der Umsetzung nach sich ziehen. Die Bundesregierung sieht auf europäischer Ebene die Vertiefung der Thematischen Bodenschutzstrategie ohne eine spezielle rahmengesetzliche Regelung zum Bodenschutz als zielführendes Instrument an. Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 10): Wie genau war das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, in die in der Antwort der Bundesregierung vom 30. Juni 2011 auf meine schriftliche Frage 29 zum Atomkraftwerksprojekt Angra 3 (Bundestagsdrucksache 17/6387) genannte Kontaktaufnahme mit Brasilien eingebunden – bitte insbesondere mit Angabe der betreffenden BMU-Beiträge dazu –, und hat das BMU in diesem Zusammenhang auf externen Sachverstand wie beispielsweise den der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit zurückgegriffen (gegebenenfalls bitte mit Angabe des Datums)? Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wurde von der Kontaktaufnahme mit Brasilien in Kenntnis gesetzt. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage der Abgeordneten Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 18): Wie begründet die Bundesregierung die Auffassung, dass das Wissenschaftsfreiheitsgesetz nicht zustimmungsbedürftig durch den Bundesrat ist, und entsprach die fachliche Einschätzung des Bundesministeriums der Justiz dieser Haltung der Bundesregierung? Im Grundgesetz, GG, ist abschließend geregelt, welche Fälle der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Weder die durch das Wissenschaftsfreiheitsgesetz ge--regelten Materien – die Haushaltswirtschaft des Bundes, Art. 109 Abs. 1 GG, sowie die Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG, – -unterfallen einer solchen Bestimmung noch ergibt sich dies aus anderen Regelungen. Daher bedarf das Wissenschaftsfreiheitsgesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates, was auch der Ansicht des Bundesministeriums der Justiz entspricht. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage der Abgeordneten Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 19): Wodurch erklärt sich die Bundesregierung die auch im zweiten Jahr anhaltende Zielverfehlung bei den Stipendien nach dem Stipendiengesetz, und wie rechtfertigt sie vor dieser Sachlage die von ihr angestrebte Anhebung der Förderquote für die Hochschulen? Das Deutschlandstipendium ist innerhalb kurzer Zeit erfolgreich gestartet. Bereits im ersten Jahr, 2011, beteiligten sich rund drei Viertel aller 388 Hochschulen in Deutschland am nationalen Stipendienprogramm. Die Tendenz ist steigend. Rund die Hälfte der teilnehmenden Hochschulen haben die Höchstförderquote für 2011 voll ausgeschöpft. Einige Hochschulen haben sogar deutlich mehr Stipendien eingeworben, als sie 2011 vergeben können. Auch in strukturschwachen Regionen konnten viele Hochschulen gute Erfolge erzielen. Insgesamt haben die Hochschulen Fördermittel für 5 551 Deutschlandstipendien eingeworben; es wurden damit über 10 Millionen Euro an privaten Mitteln für Stipendien mobilisiert. Damit leistet das Deutschlandstipendium schon jetzt einen wertvollen Beitrag zur Förderung von Begabung, zur Sicherung von Fachkräften und zur Stärkung der gesellschaftlichen Verantwortung für die Talente von morgen. Vor diesem Hintergrund kann die Bundesregierung die Behauptung nicht nachvollziehen, dass es beim Deutschlandstipendium eine „anhaltende Zielverfehlung“ gebe. Die im Stipendienprogramm-Gesetz vorgesehene und durch Verordnung festgelegte jährliche Höchstförderquote stellt eine Obergrenze dar, die sicherstellt, dass es bei der Vergabe von Stipendien kein Ungleichgewicht zwischen den Ländern gibt und der Aufwuchs deutschlandweit möglichst gleichmäßig erfolgt. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Obergrenze – zumal im Jahr des Programmstarts – von den verschiedenen Hochschulen in unterschiedlichem Maße ausgeschöpft wird. Ebenso liegt es in der Natur der Sache, dass verlässliche Aussagen zur Anzahl der im Jahr 2012 vergebenen Stipendien erst zum Jahresende 2012 möglich sind. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Fragen des Abgeordneten Willi Brase (SPD) (Drucksache 17/9517, Fragen 22 und 23): Durch welche Maßnahmen stellt die Bundesregierung sicher, dass bei den von ihr geplanten lokalen Bildungsbündnissen die mit der Förderung beauftragten privaten Stiftungen bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche nach objektiven Kriterien hinreichend identifizieren können, damit die Förderung wirklich bei den Bedürftigen ankommt? Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Kritik an den geplanten lokalen Bildungsbündnissen, sie stärkten durch die privaten Stiftungen eine weitere Privatisierung von Bildungschancen, anstatt direkt die Kindertagesstätten, Schulen und Berufsschulen zu fördern und damit die öffentlichen Bildungsinfrastrukturen zu stärken? Zu Frage 22: Förderinteressierte Verbände und Initiativen sind aufgefordert, in einem Konzept darzulegen, wie sie die Zielgruppe bildungsbenachteiligter Kinder und Jugendlichen zu erreichen beabsichtigen. Diese Konzepte werden durch ein vom BMBF einberufenes Expertengremium bewertet, und erst nach positivem Votum können die Förderinteressierten einen Antrag stellen. Ob die Ziele der jeweiligen Konzepte erreicht wurden, wird nach etwa zwei Jahren durch eine externe Evaluierung geprüft. Zu Frage 23: Bildungsgerechtigkeit ist nicht allein eine Aufgabe des Staates, sondern der ganzen Gesellschaft. Mit der geplanten Förderrichtlinie „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ unterstützt die Bundesregierung ehren- und hauptamtliches Engagement für bessere Bildungs-chancen. Gefördert werden konkrete außerschulische Maßnahmen, die auf lokaler Ebene von Bündnissen für Bildung getragen werden. In diesen Bündnissen schließen sich unterschiedliche Akteure – zum Beispiel Musik- und Sportvereine, Bibliotheken, Theater, Museen oder Jugendzentren – zusammen, um vor Ort benachteiligte Kinder und Jugendliche zu fördern. Für die Infrastrukturförderung von öffentlichen Bildungseinrichtungen, wie Kindertagesstätten, Schulen und Berufsschulen sind aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung die Länder zuständig. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) (Drucksache 17/9517, Fragen 24 und 25): Auf welcher empirischen Analyse gründet die Bundes-regierung die Annahme, dass eine flächendeckende Verbesserung der Lehrerausbildung mit etwa 50 Millionen Euro im Jahr (Aussage der Bundesministerin Dr. Annette Schavan am 20. April 2012) ausreichend finanziert ist? Welche Vorkehrungen im Bundeshaushalt und in der -Finanzplanung hat die Bundesregierung bisher getroffen, um die Finanzierung der Qualitätsoffensive für die Lehrerbildung sicherzustellen? Zu Frage 24: Die Bundesministerin hat vorgeschlagen, dass die Initiative von Bund und Ländern gemeinsam in den nächsten zehn Jahren mit bis zu 500 Millionen Euro unterstützt wird. Für eine flächendeckende Verbesserung der Lehrerausbildung sind nach wie vor die Länder zuständig. Bei der Qualitätsoffensive Lehrerbildung geht es um ein wettbewerbsorientiertes Verfahren zur Qualitätsverbesserung der Lehrerausbildung an ausgewählten Hochschulstandorten. Zu Frage 25: Die haushaltsmäßige Veranschlagung des Bundesanteils wird zu gegebener Zeit erfolgen. Anlage 9 Antwort des Staatssekretärs Hans-Jürgen Beerfeltz auf die Frage des Abgeordneten Lothar Binding (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 30): Wann legt die Bundesregierung ein Konzept für die Übertragung der humanitären Hilfe vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zum Auswärtigen Amt vor, und wo liegen die inhaltlichen Schwerpunkte? Der Außenminister und der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beabsichtigen nach Zustimmung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, Mittel aus Kapitel 2302 Titel 68720 an das Auswärtige Amt zu übertragen. Damit verbunden ist die Übertragung der Zuständigkeit für bislang durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geleistete kurzfristige humanitäre Hilfe an das Auswärtige Amt, insbesondere im Bereich der Nahrungsmittelnothilfe. Die Bundes-regierung kann dadurch Maßnahmen der humanitären Überlebenssicherung aus einer Hand leisten. Anlage 10 Antwort des Staatssekretärs Hans-Jürgen Beerfeltz auf die Frage des Abgeordneten Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 31): Trifft es zu, dass die Jahresplanung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH, GIZ, eine Planzahl von 850 Entwicklungshelferinnen und -helfern im Jahr 2012 vorsieht, was einen Rückgang um rund 200 Mit--arbeiter im Vergleich zu 2010 bedeutet, und kann die Bundesregierung bestätigen, dass rund 100 dieser Mitarbeiter gar keine Entwicklungshelfer, sondern Entwicklungsstipendiaten sind, die erheblich niedrigere Kosten verursachen und eigentlich getrennt erfasst werden müssten? Die Planzahl für das Jahr 2012 wurde nach einer Erörterung der Jahresplanung mit dem BMZ von 850 auf 863 erhöht. Die Planzahl von 863 Entwicklungshelfern basiert auf der Anzahl aller „operativen“ Entwicklungshelfer und der, über die GIZ eingesetzten, Fachkräfte im Zivilen Friedensdienst, ZFD, im Jahre 2010. In die Planzahl wurden die Fachkoordinatoren, die weltwärts-Betreuer, die Kurzzeit-EH, die Inlandsvorbereitung der Entwicklungshelfer und die Nachwuchsstipendiaten nicht integriert. Ältere Statistiken des DED hatten diese Differenzierung nicht vorgenommen und wiesen deshalb höhere Zahlen aus. Anlage 11 Antwort des Staatssekretärs Hans-Jürgen Beerfeltz auf die Frage des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 32): Inwieweit werden Anbaualternativen zu Koka in Form von Stevia in den Hauptanbauländern Bolivien, Kolumbien und Peru durch Deutschland gefördert, und ist hier eine Veränderung geplant? Im Rahmen der deutschen bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit werden derzeit in Peru und Bolivien Projekte der Alternativen Entwicklung durchgeführt. Inhaltliche Ansatzpunkte hierbei sind: Diver-sifizierung der Anbauflächen, Ernährungssicherung, Stärkung der Produzentenvereinigungen (Unterstützung in der Verarbeitung, Zertifizierung und Vermarktung), Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität sowie Nachhaltigkeit im Umgang mit den natürlichen Res-sourcen (Raumordnung, Forstmanagement). Zwei Vorhaben basieren zudem auf einem Frauenförderungsansatz. Die positiven Erfahrungen zu Stevia als alternatives Anbauprodukt werden von den projektführenden Verantwortlichen beobachtet. Die laufenden Projekte legen den Schwerpunkt jedoch auf die Förderung von Kakao, Kaffee sowie Forstwirtschaft. Grundsätzlich ist für den Ansatz einer integralen Entwicklung wichtig, eine möglichst breite Diversifizierung möglicher Anbauprodukte zu erreichen, dabei ist je Vermarktungsmöglichkeit neben den genannten Anbaugütern auch Stevia ein mögliches alternatives Produkt. Anlage 12 Antwort des Staatssekretärs Hans-Jürgen Beerfeltz auf die Frage der Abgeordneten Karin Roth (Esslingen) (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 33): Welche Schwerpunkte setzt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, im Rahmen der Afrika-EU-Energiepartnerschaft, AEEP – auch vor dem Hintergrund des vom 9. bis 11. Mai 2012 in Kapstadt stattfindenden First Stakeholder Forums der AEEP –, und wie beurteilt das BMZ die konkreten Potenziale der afrikanisch-europäischen Entwicklungszusammenarbeit im Bereich der erneuerbaren Energien bis 2030 (bitte die Potenziale für die einzelnen Energieträger angeben)? Die Bundesregierung, vertreten durch das BMZ, ist einer der beiden Ko-Vorsitzenden der europäischen Implementierungsgruppe der Africa-EU Energy Partnership, AEEP. Die AEEP ist eine von acht thematischen Partnerschaften im Rahmen der Joint Africa-EU Strategy. Das BMZ unterstützt als erstes Ziel, die Energiearmut in Afrika zu überwinden und den Energiezugang zu modernen und nachhaltigen Energiedienstleistungen für zusätzlich 100 Millionen Menschen in Afrika zu sichern. Zudem liegt ein weiterer Schwerpunkt in Afrika auf der Erhöhung der Energieeffizienz und der Nutzung der erneuerbaren Energien. Ziel ist es, die großen Potenziale der erneuerbaren Energien in Afrika im Rahmen der AEEP nutzbar zu machen und afrikaweit zu den gegenwärtigen Kapazitäten 10 000 Megawatt Wasserkraft, 5 000 Megawatt Windkraft, 500 Megawatt Solarenergie und eine Verdreifachung aller anderen erneuerbaren Energien hinzuzufügen. Anlage 13 Antwort des Staatssekretärs Hans-Jürgen Beerfeltz auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Hendricks (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 34): Hält die Bundesregierung an ihrer durch den Bundesminister Dirk Niebel am 9. Februar 2012 verkündeten Absicht fest, die deutschen bilateralen staatlichen Mittel, die für den Bildungsbereich in Afrika aufgewandt werden, vorbehaltlich der Zustimmung des Deutschen Bundestages, für das Jahr 2013 auf 137 Millionen Euro zu erhöhen, und kann die Bundesregierung sicherstellen, dass zur Finanzierung dieser geplanten Steigerung deutsche Mittel der Entwicklungszusammenarbeit für andere Bereiche, beispielsweise Gesundheit oder ländliche Entwicklung, nicht abgezogen werden? Das BMZ beabsichtigt, die von Bundesminister Niebel verkündete Absicht, die Zusagen für Bildung in Afrika im Jahr 2013 auf mindestens 137 Millionen Euro anzuheben, einzuhalten und diese Zahl voraussichtlich sogar zu übertreffen. Da für den Bundeshaushalt 2013 weder der Regierungsentwurf noch die parlamentarische Beschlussfassung vorliegt, können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine konkreten Angaben zur genauen Höhe der Zusagen machen. Angesichts des geplanten Mittelrahmens für Afrika, Afrika ist Schwerpunktregion und erhält rund 50 Prozent der regionalen bilateralen Mittel, gehen wir davon aus, dass dies nicht zulasten anderer, ebenfalls wichtiger Sektoren, wie den von Ihnen genannten, führt. Anlage 14 Antwort des Staatssekretärs Hans-Jürgen Beerfeltz auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Hendricks (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 35): Sieht die Bundesregierung es als ihre Aufgabe an, den wachsenden deutschen Tourismus in Entwicklungsländer mit Maßnahmen für die landesverträgliche Entwicklung der Infrastruktur zu unterfüttern, und setzt sie sich in diesem Zusammenhang gegen Zwangsenteignungen und Vertreibungen sowie für die Einhaltung international anerkannter Sozial-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards ein? Nachhaltigkeit und Verantwortung sind die Leitmotive für die entwicklungspolitische Befassung mit dem Thema Tourismus. Ziel ist ein nachhaltiger Tourismus, der in sozialer, kultureller, ökologischer und ethischer Hinsicht verträglich sowie wirtschaftlich erfolgreich ist. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt dabei unter anderem den Aufbau von Schutzgebieten sowie die Verbesserung der Infrastruktur dieser Gebiete und die Entwicklung und Verbreitung von Sozial- und Umweltstandards in der Tourismuswirtschaft. Die deutsche Unterstützung zielt auf die Stärkung von Menschenrechten und Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung vor Ort. Dies wird durch eine Prüfung menschenrechtlicher Wirkungen und Risiken im Vorfeld aller Neuvorhaben der deutschen bilateralen Entwicklungszusammenarbeit sichergestellt. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass Umsiedlungen – sofern sie erforderlich und nicht zu vermeiden sind – nur entsprechend internationaler Menschenrechtsstandards stattfinden. Anlage 15 Antwort des Staatssekretärs Hans-Jürgen Beerfeltz auf die Frage des Abgeordneten Stefan Rebmann (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 36): Inwieweit unterstützen die politischen Stiftungen den Demokratieaufbau in den Transformationsländern Nordafrikas aus den Mitteln des Einzelplans 23, und wie schätzt die Bundesregierung den Demokratisierungsprozess – insbesondere im Vorfeld der Wahlen in Ägypten – aus entwicklungspolitischer Sicht ein? Die politischen Stiftungen haben im Jahr 2011 circa 10,355 Millionen Euro in den Ländern Nordafrikas umgesetzt. Für 2012 sind circa 6,756 Millionen Euro an Festlegungen veranschlagt. Die Entwicklungen in den nordafrikanischen Ländern sind heterogen. Diese Unterschiede erfordern auch eine differenzierte entwicklungspolitische Antwort mit Maßnahmen, die die jeweilige Situation im Lande angemessen aufgreifen. Aus entwicklungspolitischer Sicht bewertet die Bundesregierung die Entwicklungen in der Region insgesamt als chancenreich. In der Zusammenarbeit mit Regierungsstellen und Akteuren der Zivilgesellschaft ist insgesamt eine noch stärkere Ausrichtung auf die Belange der Zielgruppen und auf die langfristigen Entwicklungsperspektiven der Länder Nordafrikas festzustellen. Somit hat die entwicklungspolitische Agenda in den Ländern an Bedeutung zugenommen. In der konkreten Zusammenarbeit in den Programmen in Nordafrika macht sich ebenfalls bemerkbar, dass sich Zielgruppen stärker zu Wort melden und ihre Interessen geltend machen. Der ägyptische Transformationsprozess befindet sich an einem kritischen Wendepunkt. Nach freien und überwiegend als korrekt bezeichneten Volkskammer-Wahlen gehören zu den großen Herausforderungen einer zukünftigen Regierung insbesondere die Wiederherstellung -eines Klimas des Vertrauens in den Demokratisierungsprozess, in die Sicherheit und Wiederbelebung der Wirtschaft. Dabei wird es darauf ankommen, dass Human-ressourcen möglichst umfassend genutzt werden und eine zivilgesellschaftliche Beteiligung an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ermöglicht wird. Hierzu wird die deutsche Entwicklungszusammenarbeit aktiv beitragen Anlage 16 Antwort des Staatssekretärs Hans-Jürgen Beerfeltz auf die Frage des Abgeordneten Stefan Rebmann (SPD) (Drucksa-che 17/9517, Frage 37): In welchem Rahmen und welchem Umfang gibt es in der Region Nordafrika konkrete Hilfen aus den Mitteln des Entwicklungshaushalts und/oder des Europäischen Entwicklungsfonds für den Parteienaufbau bzw. für Programme für Parlamentsabgeordnete? Mit ihren Bildungs-, Beratungs- und Dialogprogrammen gestalten die politischen Stiftungen einen umfangreichen Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch in der Region, siehe Antwort zu Frage 36, und fördern damit Demokratisierungsprozesse sowie gute Regierungsführung und Partizipationsmöglichkeiten für Akteure der Zivilgesellschaft. Im Rahmen der Projektarbeit der politischen Stiftungen in Nordafrika werden Parlaments-abgeordnete und politische Entscheidungsträger in diese Arbeit miteinbezogen. Eine direkte Finanzierung von Parteien, Abgeordneten oder Institutionen erfolgt nicht. Der Europäische Entwicklungsfonds ist für die AKP-Staaten bestimmt. Die Länder Nordafrikas erhalten hie-raus aber keine Förderung. Anlage 17 Antwort des Staatsministers Eckart von Klaeden auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 38): Wurden auf dem Energiegipfel von der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel am 2. Mai 2012 konkrete Absprachen -getroffen und, wenn ja, welche? Die Gesprächsteilnehmer vereinbarten, Möglich--keiten für eine Verbesserung der Informationslage hinsichtlich etwaiger Kraftwerksstilllegungen auszuloten. Die Bundesnetzagentur und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, BDEW, nehmen hierzu mit dem -Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Gespräche auf. Anlage 18 Antwort des Staatsministers Eckart von Klaeden auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 39): Welche Lösungsansätze bezüglich der Kosten und Subventionen zu Netzausbau, Speicherinvestitionen, Kraftwerksbau, Ausbau erneuerbarer Energien und Energieeffizienz wurden auf dem Energiegipfel am 2. Mai 2012 mit den beteiligten Unternehmen besprochen, und finden diese gleichzeitig die Unterstützung durch die Bundesregierung? Gegenstand des Informationsgesprächs waren Perspektiven des Kraftwerksbaus in Deutschland. In diesem Zusammenhang wurde das Thema „Kapazitätsmechanismen“ erörtert. Insoweit wurde ein weiterhin bestehender Prüfbedarf gesehen. Dies entspricht der Position der Bundesregierung. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 40): In welcher Höhe werden die Verbraucherinnen und Verbraucher durch die Lastabschaltprämie auf der Grundlage des in der Öffentlichkeit kursierenden Entwurfs einer Rechtsverordnung zu abschaltbaren Lasten in Form der Erhöhung der Netzentgelte durchschnittlich zusätzlich pro Jahr belastet  – bitte die Gesamtsumme sowie bezogen auf eine Kilowattstunde angeben –, und wie sieht der weitere Zeitplan für die Abschaltverordnung aus? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie befindet sich mit einem Entwurf einer Rechtsverordnung zu abschaltbaren Lasten nach § 13 Abs. 4 a Satz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes in der Ressortabstimmung. Einen Entwurf der Bundesregierung für eine Verordnung nach § 13 Abs. 4 a Satz 4 Energiewirtschaftsgesetz gibt es noch nicht. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 41): Welche konkreten Vorgaben – bitte einzeln aufschlüsseln – hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie als Auftraggeber für das Gutachten zum Strommarktdesign/Kapazitätsmarkt gemacht, die vom Auftragnehmer, dem Direktor des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln, EWI, Professor Dr. Marc Oliver Bettzüge, als „realitätsfern“ (siehe Energate-Meldung vom 27. April 2012) bezeichnet wurden, und hält sie diese Vorgaben entgegen den Aussagen des EWI-Direktors Professor Dr. Marc Oliver Bettzüge als -realistisch für das zukünftige Strommarktdesign? Vorgaben, wie sie die oben genannte Energate--Meldung nennt, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, BMWi, dem EWI nicht gemacht. Allerdings waren sich BMWi und EWI einig, im Bereich der Sicherheit der Versorgung mit Strom einen hohen Maßstab anzulegen. Das BMWi hält es auch -weiterhin für unverzichtbar, dass die inländische gesicherte Erzeugungsleistung jederzeit größer ist als die -inländische Jahreshöchstlast. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage der Abgeordneten Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 42): Wie erklärt die Bundesregierung die systematische Unterspeisung der Bilanzkreise im Februar 2011, und was plant die Bundesregierung, um diese oder andere Gefahren für die Versorgungssicherheit im nächsten Winter zu verhindern? Der Vorwurf systematischer Unterspeisungen von Bilanzkreisen ist der Bundesregierung nur mit Bezug auf den Februar 2012, nicht mit Bezug auf den Februar 2011 bekannt, vergleiche hierzu bereits die Antwort der Bundesregierung vom 27. April 2012 auf die Kleine Anfrage 17/8864, die im Folgenden teilweise wiedergegeben ist. Nach einer vorläufigen Auswertung der bislang den Übertragungsnetzbetreibern und der Bundesnetzagentur bekannten Daten lässt sich feststellen, dass die im Februar aufgetretenen Regelzonenunterspeisungen weder einzelnen wenigen Akteuren noch einem strukturell homogenen Bewirtschaftungsfehlverhalten zuzuordnen sind. Die bisherigen Detailauswertungen der Übertragungsnetzbetreiber, ÜNB, haben vielmehr gezeigt, dass es eine Vielzahl verschiedener Phänomene war, die in der Gesamtwirkung zu der im Februar aufgetretenen Netzsituation geführt haben. Für einige Phänomene, die sich auf die Gesamtsituation maßgeblich ausgewirkt haben, waren die im Februar vorherrschenden teilweise extremen Witterungsbedingungen in nicht unerheblichem Umfang mitursächlich. Ebenso zeigen erste Auswertungen der ÜNB, dass die – im Rahmen des zum Jahresbeginn 2012 eingeführten EEG-Marktprämienmodells, MPM, gestarteten – MPM-Bilanzkreise von ihren Bilanzkreisverantwortlichen noch nicht in der zu erwartenden Güte bewirtschaftet wurden, woraus ebenfalls witterungsbedingt nicht unerhebliche Abweichungen resultierten. Die Bundesnetzagentur wird das Ausgleichsenergiepreissystem gutachterlich untersuchen lassen. Dabei werden die Anreize des Ausgleichsenergiepreises für eine ausgeglichene Bewirtschaftung der Bilanzkreise im Vordergrund stehen. Darüber hinaus gibt die Bundesnetzagentur in ihrem Bericht zum Zustand der leitungsgebundenen Energieversorgung im Winter 2011/2012 Handlungsempfehlungen, die die Bundesregierung sorgfältig prüfen wird. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage der Abgeordneten Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 43): Welche Funktionen und Aufgaben sollen die Stellen für zwei Projektmitarbeiter, welche in dem Entwurf für ein Markttransparenzstellengesetz mit einem Betrag von rund 1,2 Millionen Euro für Gehälter über einen Zweijahreszeitraum für den Bereich der Kraftstoffbeobachtung angesetzt werden, erfüllen, und gibt es schon Pläne für die Besetzung dieser Stellen? Bei der Erhebung und speziellen Analyse von Daten aus dem Kraftstoffsektor handelt es sich um ein komplexes IT-Projekt, für dessen erfolgreichen Aufbau in der Startphase Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen benötigt werden, die über sehr fundierte IT-Kenntnisse mit besonderem Bezug zum Kraftstoffbereich verfügen. Zur Re-krutierung entsprechend qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Aufbauprojekt aus dem sehr knappen Angebot auf dem Arbeitsmarkt ist eine Ausschreibung der Stellen mit einer Vergütung zu den marktüblichen Tageshonorarsätzen erforderlich. Diese Finanzierung soll über Sachmitteltitel erfolgen. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 45): Welche Möglichkeiten und rechtliche Handhabe hat die Bundesregierung, um die Kreditvergabe für das ukrainische Atomkraftwerk „Safety Upgrade Program“ durch Euratom zu verhindern, und wird die Bundesregierung davon Gebrauch machen (bitte mit Begründung)? Derzeit prüft die EU-Kommission die Unterlagen für eine Kreditvergabe für das ukrainische Safety Upgrade Program, mit dem die Sicherheit der Kernkraftanlagen im Drittstaat Ukraine verbessert werden soll. Die EU-Kommission entscheidet über die Gewährung der Kreditvergabe eigenständig. Rechtsgrundlage hierfür ist der Beschluss 77/270/Euratom vom 29. März 1977 zur Ermächtigung der EU-Kommission, im Hinblick auf einen Beitrag für die Finanzierung von Kernkraftanlagen Euratom-Anleihen aufzunehmen, zuletzt geändert durch den Beschluss 94/179 Euratom vom 21. März 1994. Gemäß Art. 4 dieses Beschlusses unterrichtet die Kommission den Rat und das Europäische Parlament regelmäßig über die mit der Aufnahme und Bedienung der Euratom--Anleihen bzw. Euratom-Darlehen verbundenen Einnahme- und Ausgabevorgänge. Sie fügt dem Haushaltsplan jährlich eine Übersicht über ihre Anleihepolitik bei. Wann die EU-Kommission eine Entscheidung im konkreten Fall fällen wird, ist derzeit noch offen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage der Abgeordneten Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 46): Welche abrüstungspolitischen Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass zahlreiche deutsche Versicherer und Banken, darunter Landesbanken und die KfW Bankengruppe, in Herstellerfirmen im Bereich Atomwaffen investieren, und welchen Regelungsbedarf sieht sie diesbezüglich zur Erreichung des von ihr selbst erklärten Ziels der weltweiten nuklearen Abrüstung? Informationen über Investitionen deutscher Versicherer und Banken in sogenannten Herstellerfirmen von Atomwaffen liegen nicht vor. Versicherungs- und bankaufsichtsrechtlich werden Informationen über die hergestellten Produkte eines Unternehmens, in das Versicherer und Banken investieren, nicht abgefragt. Einschlägige Berichte von Nichtregierungsorganisationen können daher nicht bestätigt werden. Die Bundesregierung sieht hinsichtlich ihrer interna-tionalen Verpflichtungen im Bereich der Abrüstung und Nichtverbreitung keinen Regelungsbedarf. Die Bundesregierung hält eine nationale Regelung für deutsche Investitionen in Herstellerfirmen von Atomwaffen auch nicht für ein geeignetes Mittel zur Erreichung des von ihr selbst gesetzten Ziels der weltweiten nuklearen Abrüstung. Anlage 25 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 47): Wie reagiert die Bundesregierung auf die Androhung des Generalstabschefs Nikolai Makarow, dass auch ein Präventivschlag Russlands auf Anlagen des NATO-Raketenabwehrsystems in Europa ein möglicher Gegenschritt zum Aufbau des Systems sei (Der Tagesspiegel vom 4. Mai 2012)? Die NATO hat wiederholt unterstrichen, dass der durch die Allianz geplante Aufbau einer Raketenabwehr für das europäische Bündnisgebiet keine Bedrohung für das russische strategische Raketenpotenzial darstellt. Die geplanten Abfangkomponenten können mit Blick auf Geometrie und Telemetrie (Fernmessung) ein Abfangen russischer Atomraketen nicht durchführen. Zudem stehen dem die technischen Möglichkeiten moderner ballistischer Raketen und vor allem die Quantitäten der strategischen russischen Potenziale entgegen. Auch wenn dieses Argument aus Sicht der Bundesregierung offenkundig ist, so bleibt die Wahrnehmung der russischen Seite von Bedeutung. Daher setzt sich die Bundesregierung sowohl bilateral als auch im Rahmen des NATO-Russland-Rates aktiv dafür ein, ein gemeinsames Verständnis im Bereich Raketenabwehr zu entwickeln. Transparenzmaßnahmen, politische Garantien sowie praktische Kooperationsschritte können hierzu entscheidend beitragen. Dies hat der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, bei den Treffen des NATO-Russland-Rates auf Außenministerebene wiederholt deutlich gemacht. Zudem hat die Bundes-regierung zur Versachlichung der Auseinandersetzung im März 2012 eine gemeinsame (NATO und Russland) computergestützte Raketenabwehrübung ausgerichtet. An diese Bemühungen anknüpfend wird die Bundesregierung sich auch in Zukunft aktiv um eine Einigung bemühen. Anlage 26 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 48): Welche sicherheitspolitischen Risiken sieht die Bundesregierung für Europa in Anbetracht der russischen Drohungen, auch mit militärischen Maßnahmen gegen den Aufbau des NATO-Raketenabwehrschirms vorzugehen, und warum ist es nicht gelungen, Russland für einen kooperativen Ansatz beim Raketenabwehrschirm zu gewinnen? Die Bundesregierung wirbt gegenüber Russland und im Rahmen der NATO für einen pragmatischen Einstieg in die Zusammenarbeit im Bereich der Raketenabwehr mit dem Ziel einer zunehmenden Verschränkung der russischen und der NATO-seitigen Systeme. In diesem Kontext sieht die Bundesregierung im Einklang mit ihren Bündnispartnern die Koordinierung zweier Raketenabwehr-Kommandozentralen, einer russischen und einer der NATO, als den richtigen Ausgangspunkt an. Konkrete Vorschläge, insbesondere vonseiten der Vereinigten Staaten von Amerika über Koordinierungsmechanismen sowie über ein gemeinsames Frühwarn- und ein Datenaustauschzentrum, wurden von russischer Seite bislang als nicht ausreichend abgelehnt. Nach Auffassung der Bundesregierung ließen sich jedoch gerade auf diesem Wege schrittweise Vertrauen und Transparenz als Voraussetzung für weitere mögliche Integrationsschritte aufbauen. Dies hat der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, bei den Treffen des NATO-Russland-Rates auf Außenministerebene wiederholt deutlich gemacht. Zudem hat die Bundesregierung zur Versachlichung der Debatte im März 2012 eine gemeinsame, NATO und Russland, computergestützte Raketenabwehr-übung ausgerichtet. An diese Bemühungen anknüpfend wird die Bundesregierung sich auch in Zukunft aktiv um eine Einigung bemühen. Anlage 27 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 49): Hat sich die Bundesregierung gegenüber den USA hinsichtlich der Legitimität des jüngsten Angriffs der USA durch unbemannte Flugkörper, Drohnen, auf mutmaßliche Taliban in Pakistan, bei dem unter anderem ein deutscher Staatsbürger ums Leben kam, geäußert und, wenn ja, mit welchen Argumenten? Die Bundesregierung hat die Regierungen Pakistans und der Vereinigten Staaten von Amerika um Informa-tionen über den Drohnenangriff vom 9. März 2012 im südlichen Waziristan gebeten, über den der Spiegel in seiner Ausgabe vom 30. April 2012 berichtet. Antworten liegen bisher nicht vor. Die Frage der Legitimität von Drohnenangriffen ist Gegenstand des Dialogs, den die Bundesregierung auf unterschiedlichen Ebenen mit der US-Regierung führt. Anlage 28 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 50): Wie ist in Sachen Europäische Nachbarschaftspolitik der aktuelle Stand bei der östlichen Partnerschaft mit der Ukraine – jeweils unter Angabe der verplanten, der 2011 und 2012 ausgezahlten bzw. gegebenenfalls gesperrten Mittel insbesondere im „National Indicative Programme for Ukraine – Priority area 1: Good Governance and the Rule of Law“, das für den Zeitraum 2011 bis 2013 insgesamt bis zu 141 Millionen Euro vorsieht, sowie der Position der Bundesregierung zu möglichen Sanktionen und Mittelsperrungen – angesichts der Aussagen des Umsetzungsberichts vom Mai 2011 (KOM(2011) 303), wonach bereits zu diesem Zeitpunkt in zentralen Fragen Rückschritte zu verzeichnen waren, und wie ist der aktuelle Stand bei der südlichen Partnerschaft bei der Einrichtung eines Europäischen Fonds für Demokratie als Reaktion auf die Umbrüche im arabischen Raum – unter Angabe des Finanzvolumens, der dazu vorgenommenen Umschichtungen in der Finanzplanung, des Anteils der aktuell bereits gebundenen bzw. zugesagten Mittel am Gesamtvolumen des Fonds sowie der Voraussetzungen für Mittel aus diesem Fonds? Im Nationalen Richtprogramm 2011 bis 2013 wurden für die Ukraine drei entwicklungspolitische Prioritäten identifiziert. Hierfür sollten insgesamt 470 Millionen Euro bereitgestellt werden. Für die Priorität „Gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit“ waren 141 Millionen Euro vorgesehen, für „Nachhaltige Entwicklung“ 258 Millionen Euro. Die übrigen Mittel sollten der Förderung des EU-Ukraine-Assoziierungsabkommens dienen. Auf der Grundlage des Richtprogramms mit einem Volumen von 135 Millionen Euro wurden für 2011 vier Maßnahmen im jährlichen Aktionsprogramm festgelegt. Von diesen weist lediglich das Paket „Reform der öffentlichen Verwaltung“ in Höhe von 70 Millionen Euro Bezug zur Priorität „Gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit“ auf. Von den vorgesehenen 135 Millionen Euro wurden nach Angaben der EU-Kommission rund 115 Millionen Euro zurückgehalten. Für das Jahr 2012 liegen noch keine Aktionsprogramme vor. Die Bundesregierung verfolgt die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine in Bezug auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit großer Sorge. Sie hat, auch gemeinsam mit EU-Partnern, der ukrainischen Regierung ihre diesbezüglichen Erwartungen sehr deutlich kommuniziert. Die Frage von möglichen Sanktionen stellt sich derzeit jedoch nicht. Ein Großteil der im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik, ENP, vergebenen Mittel wird in Form von Budgethilfe gewährt. Die Bundesregierung setzt sich bei der Neuausrichtung der ENP nachdrücklich für eine verstärkt konditionierte Vergabe finanzieller Mittel ein, die unter anderem rechtsstaatliche Aspekte berücksichtigt und auch bessere Möglichkeiten von Mittelkürzungen bzw. -suspendierungen vorsieht. Das Statut der „Europäischen Demokratiestiftung“, „European Endowment for Democracy“ – EED, wird seit dem 2. Februar 2012 verhandelt. Einzelne Fragen sind noch zu klären. Die Stiftung soll durch freiwillige Beiträge der EU-Mitgliedstaaten und aus dem Europäischen Nachbar- und Partnerschaftsinstrument gespeist werden. Für das erste Jahr ist an ein Gesamtvolumen von 10 Millionen Euro gedacht. Eine Entscheidung über die Höhe eines deutschen Beitrags ist noch nicht gefallen. Anlage 29 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Drucksache 17/9517, Frage 51): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich der Pläne der NATO zur Ausbildung und Finanzierung der afghanischen Sicherheitskräfte – Polizei, Militär und Geheimdienste – nach 2014, und in welchem Umfang wird sich die Bundesrepublik Deutschland daran beteiligen? Ein Hauptziel des Afghanistan-Dossiers beim NATO-Gipfel in Chicago ist es, gemeinsam mit einer möglichst großen Anzahl von Partnern der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe für Afghanistan, ISAF, Einigung über eine gemeinsame Vorgehensweise bei der Ausbildung und Finanzierung der afghanischen Polizei und des afghanischen Militärs nach 2014 zu erzielen. Die Bundesregierung hat sich bei der Afghanistan-Konferenz in Bonn dazu verpflichtet, ab 2015 einen substanziellen Beitrag zur Finanzierung der afghanischen Sicherheitskräfte zu leisten. Die Bundesregierung be-absichtigt, sich auf dem NATO-Gipfel in Chicago auf -einen konkreten finanziellen Betrag zu verpflichten. Anlage 30 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Fragen 52 und 53): Geht die Bundesregierung weiterhin davon aus, dass die ukrainische Führung bestrebt ist, „sich der internationalen Öffentlichkeit anlässlich der Fußballeuropameisterschaft 2012 als weltoffener, europäischer, moderner und demokratischer Staat zu präsentieren“, was „sich auch positiv auf die Menschenrechtslage in der Ukraine auswirken“ könne (vergleiche die Antwort der Bundesregierung vom 21. März 2012 zu Frage 18 der Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Bundestagsdrucksache 17/9042), und, wenn nein, was hat sie dazu bewogen, ihre Einschätzung kurzfristig zu revidieren? Wann entscheidet die Bundesregierung angesichts der unterschiedlichen Äußerungen von Kabinettsmitgliedern zum Umgang mit der Ukraine als Kogastgeberland der EURO 2012 über offizielle Besuche von Europameisterschaftsspielen, die in der Ukraine ausgetragen werden, und von welchen politischen Kriterien macht sie diese Entscheidung abhängig? Zu Frage 52: Die Bundesregierung geht weiterhin davon aus, dass der ukrainischen Führung daran gelegen ist, sich der internationalen Öffentlichkeit anlässlich der Fußball-Europameisterschaft 2012 als weltoffener, europäischer, moderner und demokratischer Staat zu präsentieren. Dass dies aktuell nicht gelingt, bedauert die Bundesregierung zutiefst und hat dies wiederholt und auch im direkten Gespräch mit der ukrainischen Führung sehr deutlich kritisiert. Dessen ungeachtet ist die Bundesregierung überzeugt, dass sich die Tatsache, dass die ganze Welt in diesen Tagen auf die Ukraine schaut und Missstände offen angesprochen werden, auch positiv auf die Menschenrechtslage in der Ukraine auswirken kann. Zu Frage 53: Ob und wann welche Regierungsmitglieder an Spielen der Fußball-Europameisterschaft 2012 teilnehmen, wird kurzfristig im Lichte der aktuellen innenpolitischen Lage in der Ukraine entschieden. Anlage 31 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 54): Unterstützt die Bundesregierung angesichts der Äußerungen von Kabinettsmitgliedern über einen möglichen Boykott der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine und angesichts der dramatischen Menschenrechtslage in Belarus die vom Europäischen Parlament, von Menschenrechtsorganisa-tionen und der belarussischen Opposition geforderte Verlegung der Eishockey-Weltmeisterschaft 2014 von Belarus in ein anderes Land, und wird sie hierfür gegenüber den Eis-hockey-verbänden werben? Zur Frage einer Verlegung der Eishockey-Weltmeisterschaft 2014 steht die Bundesregierung in Kontakt mit dem Deutschen Eishockeybund und hat in diesen -Gesprächen auf die prekäre Menschenrechtslage in der Republik Belarus hingewiesen. Die Entscheidung über eine etwaige Verlegung der WM läge beim Eishockey-Weltverband. Die EU einigte sich in den Schlussfolgerungen des Rates für Auswärtige Beziehungen am 23. März 2012 darauf, die Internationale Eishockeyföderation und die Nationalen Eishockeyverbände über ihre schweren -Bedenken in Bezug auf die mangelnde Achtung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie durch Belarus ständig zu unterrichten. Anlage 32 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 55): Wie ist der gegenwärtige Planungsstand der zivilen GSVP-Mission – GSVP: Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik – im Niger, und welche weiteren EU-Mis-sionen sind im Rahmen der EU-Sahel-Strategie in Planung? Der Rat für Außenbeziehungen hat am 23. März 2012 das Krisenmanagementkonzept, CMC, für eine zivile Mission der Gemeinsamen Sicherheits- und -Verteidigungspolitik, GSVP, in der Republik Niger verabschiedet. Das Konzept sieht eine zivile Beratungs- und Ausbildungsmission der GSVP in Niger mit einem anfänglichen Mandat von zwei Jahren vor. Ziel ist es, einen Beitrag zum Fähigkeitenaufbau der nigrischen Sicherheitskräfte, insbesondere von Polizei, Nationalgarde und Gendarmerie zu leisten. Die Mission wird aber auch militärische Expertise beinhalten, um den Kontakt zu den Streitkräften aufzubauen und diese zu beraten. Aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage in der Region haben sich die EU-Außenminister in den Ratsschlussfolgerungen zu Mali und der Sahelregion vom 23. April 2012 darauf geeinigt, den Beginn der geplanten Mission zu beschleunigen. In einzelnen Bereichen soll die Mission nun bereits Ende Juli ihre Arbeit aufnehmen, statt wie bisher vorgesehen Anfang September. Zur Vorbereitung der Mission ist bereits seit Ende -April ein Polizeiexperte an der EU-Delegation in Niamey tätig. Zwei weitere Sicherheitsexperten werden Anfang Mai dort eintreffen. Vom 14. bis 25. Mai 2012 ist die Entsendung einer technischen Prüfmission des Europäischen Auswärtigen Dienstes, EAD, nach Niger geplant, deren Ziel die logistische Vorbereitung sowie die Erstellung eines Operationskonzepts, CONOPS, ist. Eine personelle Beteiligung Deutschlands an der technischen Vorbereitungsmission wird aktuell geprüft. Der Zeitplan des EAD sieht vor, dass sich die EU-Mitgliedstaaten bis spätestens 17. Juli 2012 auf eine Ratsentscheidung zur Entsendung der Mission, die -Nominierung des Missionsleiters und des restlichen Missionspersonals sowie auf ein Budget einigen. Neben der zivilen Mission in Niger sind derzeit keine weiteren GSVP-Einsätze im Rahmen der EU-Sahel--Strategie geplant. Anlage 33 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 56): Zu welchen Ergebnissen ist die Erkundungsmission des Auswärtigen Amts zur Überprüfung von Hilfsmaßnahmen und zur Präzisierung weiter gehenden Bedarfs in der Sahelzone gekommen, und welche konkreten Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus für ihre humanitäre Hilfe in der Region? Die vom Auswärtigen Amt in Abstimmung mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beauftragte, von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, GIZ, geführte Erkundungsmission hat Ende März/Anfang April 2012 in zwei getrennten Teams in die Republiken Niger und Tschad geführt und folgende wesentliche Ergebnisse erbracht: – Weitgehende Plausibilität der vorliegenden Lageberichte, insbesondere die erforderliche Differenzierung zwischen strukturellen Ursachen wie Armut, Unterentwicklung und Bevölkerungswachstum sowie ak-tuellen Sonderfaktoren wie Dürre, Rückkehrern aus Libyen und dem Konflikt im Norden Malis. – Fortschritte bei den Frühwarnsystemen und nationalen Notfallplänen der betroffenen Staaten selbst, etwa in Form strategischer Nahrungsmittelreserven. Entsprechend gilt für Geber, internationale Hilfe immer nur subsidiär zu leisten und sich an bestehenden Eigenanstrengungen zu orientieren. – Grundsätzlich gut funktionierende Koordinierung zwischen den humanitären Akteuren. Zugleich Bestätigung der Notwendigkeit enger Abstimmung zwischen Akteuren der Humanitären Hilfe mit denen der Entwicklungszusammenarbeit. – Relevanz der bislang von der Bundesregierung bereitgestellten Hilfsmittel. Vor allem der frühe Zeitpunkt – rund 10 Millionen Euro Ende 2011 und 12 Millionen Euro Mitte Februar 2012 – wird als erfolgreiche Lehre aus der Krise am Horn von Afrika 2011 bewertet. – Betonung fortbestehenden Hilfsbedarfes, verbunden mit der Empfehlung, Humanitäre Soforthilfe weiter mit mittelfristigen Maßnahmen wie Saatgutverteilung und Lösung struktureller Ursachen zu verbinden. Hinzu kommt der Hinweis, dass zusätzliche Hilfe kurzfristig gewährt werden muss, um Bedürftige im Rahmen der erwarteten „Spitze“ der Krise im Juni/Juli vor der nächsten Ernte zu erreichen. Auf Basis von Empfehlungen der Vereinten Nationen sowie der Ergebnisse der Erkundungsmission hat die Bundesregierung Anfang Mai 2012 entschieden, ihre Hilfe für die Sahel-Zone um weitere 15 Millionen Euro aufzustocken. Diese Mittel werden eingesetzt für Maßnahmen der: – Nahrungsmittelhilfe, 3 Millionen Euro, – Soforthilfe für Flüchtlinge und Binnenvertriebene, 2,5 Millionen Euro, sowie – entwicklungsorientierten Übergangshilfe, 9,5 Millionen Euro. Die Umsetzung wird durch das Welternährungsprogramm, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen sowie international erfahrene deutsche Nichtregierungsorganisationen erfolgen. Bereits am 17. April 2012 wurden die Ergebnisse der Erkundungsmission im Koordinierungsausschuss Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt vorgestellt und mit den wichtigsten Partnerorganisationen diskutiert. Anlage 34 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 57): Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die Einrichtung eines United Nations Emergency Peace Service, UNEPS, und welche konkreten Einzelzusagen hat sie im Rahmen des -United Nations Stand-by Arrangement System, UNSAS, gegeben? Auch die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass Friedenseinsätze der Vereinten Nationen, VN, nach ihrer Mandatierung durch den VN-Sicherheitsrat schneller als bisher einsatzfähig werden können. Sie unterstützt deshalb Reformansätze innerhalb des Systems der Vereinten Nationen wie die New Horizons-Initiative und den -Civilian Capacity Review des Sekretariats der Vereinten Nationen. Aus Sicht der Bundesregierung sind Initiativen wie der UN Emergency Peace Service höchstens in langfristiger Perspektive realistisch. Derzeit legen die Nationen, die Soldatinnen und Soldaten oder Polizeikräfte ins -Ausland entsenden, großen Wert darauf, sich die letzte Entscheidung über eine Beteiligung ihres Personals an multilateralen Friedenseinsätzen selbst vorzubehalten. Im zivilen Bereich unterhält das VN-Sekretariat Datenbanken mit kurzfristig verfügbaren Experten aller benötigten Fachrichtungen. Zur Verkürzung der Reaktionszeit für die Aufstellung von Friedensmissionen nach Erteilung eines Mandats durch den VN-Sicherheitsrat haben die VN jedoch 1994 das Planungssystem United Nations Stand-by Arrangements System, UNSAS, entwickelt. Im Rahmen dieses Instruments zeigen VN-Mitgliedstaaten militärische und zivile Mittel und Fähigkeiten an, die sie grundsätzlich den VN für friedenserhaltende Maßnahmen auf Anforderung und nach nationaler Zustimmung im konkreten Einzelfall bereitstellen wollen. Die Bundesregierung hat im Rahmen des UNSAS folgende militärische Fähigkeiten gegenüber den Vereinten Nationen zur grundsätzlichen Verfügbarkeit angezeigt: Taktisch-operative Land- und Lufttransportkapazitäten, Sanitäts- und Pionierkapazität, Fernmelde- und Sicherungskräfte, Marinestreitkräfte zur Seeüberwachung, Minenräumung und Aufklärung, Personal zur Stabs-unterstützung, Stabspersonal, anteilige Sicherungselemente sowie bis zu 20 Militärbeobachter und bis zu 25 Feldjägerkräfte. Die angezeigten Fähigkeiten müssen grundsätzlich binnen 30 Tagen, Feldjäger und Stabspersonal binnen 15 Tagen verlegebereit sein. Die Bundeswehr hat planerisch bis zu 1 000 Soldaten vorgesehen, ohne jedoch Kräfte verbindlich zu benennen. Bei der Entsendung von militärischem Personal wird selbstverständlich in jedem Fall geprüft, ob ein Mandat des Deutschen Bundestages im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes einzuholen ist. Anlage 35 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache 17/9517, Fragen 58 und 59): Ist die Bundesregierung der Meinung, wie bei der Unterrichtung in der letzten Sitzung des Unterausschusses „Vereinte Nationen, internationale Organisationen und Globalisierung“ des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages am 25. April 2012 durch einen Vertreter des Auswärtigen Amts geäußert, dass man in Syrien von „einem schleichenden Genozid“ sprechen kann? Vertritt die Bundesregierung die Position, wie bei der Unterrichtung am 25. April 2012 im Unterausschuss „Vereinte Nationen, internationale Organisationen und Globalisierung“ des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages durch einen Vertreter des Auswärtigen Amts geäußert, dass es bei einem Scheitern des Friedensplans von Kofi Annan auf keinen Fall zurück zu einem „Status ex ante“ kommen würde und „Assad weg müsse“? Zu Frage 58: Die Lage in Syrien ist nach Einschätzung der Bundesregierung nach wie vor besorgniserregend. Bisher sind der Gewalt des Assad-Regimes über 9 000 Menschen zum Opfer gefallen. Trotz Entsendung der vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einstimmig mandatierten Beobachtermission geht das Assad-Regime weiterhin gegen Oppositionelle vor und es gibt täglich weitere -Opfer. Der Sechs-Punkte-Plan des Sondergesandten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga, Kofi -Annan, wird nach wie vor nicht eingehalten. Es kommt jetzt darauf an, dem Assad-Regime endgültig Einhalt zu gebieten und es zur Einhaltung aller Verpflichtungen zu bringen. Nur dadurch kann weiteres Morden an Unschuldigen verhindert werden. Die Formulierung des Berichterstatters des Auswärtigen Amts in der – wohl gemerkt nicht öffentlichen – Sitzung des Unterausschusses „Vereinte Nationen, internationale Organisationen und Globalisierung“ wurde in diesem Zusammenhang verwendet, um den Ernst der Situation zu charakterisieren. Sie stellt keine völkerrechtliche Bewertung dar. Zu Frage 59: Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass dieser Konflikt politisch gelöst werden muss. Militärische Optionen liegen nicht auf dem Tisch. Voraussetzung für einen politischen Prozess ist ein Ende der Gewalt. Dafür müssen wir die verfügbaren Mittel ausschöpfen. Daher unterstützt die Bundesregierung die Beobachtermission der Vereinten Nationen. Am Ende dieses politischen Prozesses wird ein Machtübergang stehen müssen. Denn dies ist auch klar: Es wird keine Rückkehr zum Status quo ante geben. Eine Zukunft für Syrien mit Präsident Baschar -alAssad ist für die syrische Bevölkerung nicht denkbar – und für uns ebenso wenig. Die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat dies in einem gemeinsamen Schreiben mit dem britischen Premierminister David Cameron und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy am 18. August 2011 klargestellt. Diese Position wird auch von der Europäischen Union durch eine Erklärung ihrer Außenbeauftragten Lady Catherine Ashton mitgetragen. Die Formulierung „Assad muss weg“ wurde so vom Berichterstatter des Auswärtigen Amtes nicht verwendet. Anlage 36 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 62): Arbeitet innerhalb der Bundesregierung ein ressortübergreifender Ausschuss entsprechend § 20 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, GGO, zu Fragen von Information und Kommunikation bezüglich der Angelegenheiten der Europäischen Union und der Rolle Deutschlands innerhalb der Europäischen Union, und wie setzt sich dieser Ausschuss zusammen? Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, hat am 29. Februar 2012 ein Konzept für die Europa-Kommunikation vorgestellt. Es hat drei Schwerpunkte: Erstens. Werben um Vertrauen bei unseren europäischen Nachbarn, Zweitens. Eintreten für -Europa in der Welt. Drittens. Überzeugungsarbeit für Europa in Deutschland leisten. Ziel des Konzepts ist, angesichts der schwersten Bewährungsprobe des europäischen Projekts für „mehr Europa“ einzutreten. Dieser Ansatz ist in der Öffentlichkeit auf ein positives Echo gestoßen. Zur Umsetzung des Konzepts hat das Auswärtige Amt einen internen Lenkungsausschuss eingerichtet. -Innerhalb der Bundesregierung arbeitet das Auswärtige Amt eng mit dem Presse- und Informationsamt der -Bundesregierung, BPA, zusammen, das für die Europa-Kommunikation innerhalb Deutschlands federführend ist. Am 8. Mai 2012 hat sich der Planungsstab des Auswärtigen Amts bei einer Koordinierungsrunde im BPA mit den Vertretern der anderen Ressorts über Inhalte und Umsetzung des Europa-Kommunikation-Konzepts ausgetauscht. Diese Abstimmungen wird das Auswärtige Amt fortsetzen. Ein der Fragestellung entsprechender Ausschuss nach § 20 GGO wurde nicht eingesetzt. Anlage 37 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/9517, Frage 63): Welche weiteren Erkenntnisse hat die Bundesregierung anlässlich der Zuspitzung rassistisch motivierter Proteste und tödlicher Angriffe auf Migrantinnen und Migranten über die Unterstützung des Neubaus von 30 griechischen Abschiebegefängnissen durch die Europäische Union sammeln können (laut Berichten der Tagesschau sogar 50, für die demnach ehemalige Kasernen genutzt werden sollen; http://tinyurl.com/745xqq2), wozu sie in ihrer Antwort auf meine schriftliche Frage 7 auf Bundestagsdrucksache 17/9307 noch weitgehende Unkenntnis vortrug, dies aber wiederholt in griechischen Medien über Aussagen des griechischen Innenministers berichtet wird (http://tinyurl.com/cpxu6ch), und welche Mittel – bitte nach einzelnen Fonds auflisten – oder sonstigen Unterstützungsleistungen der EU werden jeweils für Renovierungen, Umstrukturierungen und Neubauten der Abschiebehaftanstalten und dem damit verbundenen Aufbau neuer Polizeieinheiten und Polizeistationen im gesamten Land bereitgestellt oder genutzt? Der griechische Minister für Bürgerschutz, Michaelis Chryssochoidis, berichtete zuletzt beim Rat der Innenminister am 26. April 2012 unter anderem auch vom geplanten Bau von Aufnahmeeinrichtungen für Personen, die illegal nach Griechenland eingereist seien und keinen Flüchtlingsschutz genössen. Es sei wichtig, für eine Unterbringung dieser Personen zu sorgen. Nach hiesigen Erkenntnissen wurde inzwischen eine Einrichtung mit bislang circa 220 Plätzen in Amygdaleza nahe Athen eröffnet. Die EU-Kommissarin für Innenpolitik, Cecilia -Malmström, begrüßte beim Innenrat die Anstrengungen Griechenlands bei der Reform des Asylsystems und des Migrationsmanagements und erklärte, dass hinsichtlich einer Förderfähigkeit der neuen Aufnahmezentren Griechenland nach Prüfung eine offizielle Antwort erhalten werde. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/9517, Frage 64): Über welche weiteren Erkenntnisse verfügt die Bundes-regierung hinsichtlich der Tötung des deutschen Staatsangehörigen Samir H. aus Aachen  insbesondere Ort und Zeitpunkt seines Todes, Tatwerkzeuge, Tatumstände, Täter  durch ein oder mehrere Geschosse einer US-Drohne im pakistanischen Waziristan, und inwieweit haben sich deutsche Stellen vor und nach dessen gewaltsamem Tod sowohl offiziell als auch inoffiziell mit Behörden der USA oder anderer Regierungen über Samir H. und seine Familie ausgetauscht (insbesondere über Reisetätigkeiten von Samir H. sowie seiner Frau und Tochter, ihren jeweiligen Aufenthaltsort, Geldtransfers von Konten der Familie, Kontaktpersonen, vermutete Tätigkeiten, weitere geheimdienstliche Erkenntnisse etc.)? Der Bundesregierung sind zwar Berichterstattungen der Presse zu dem Vorfall bekannt, jedoch ist die mutmaßliche Tötung des deutschen Staatsangehörigen -Samir H. bislang offiziell weder bestätigt noch widerlegt. Hinsichtlich des erfolgten Informationsaustauschs mit Behörden der USA oder anderer Regierungen verweise ich auf die bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages als Verschlusssache eingestufte und zur Einsichtnahme hinterlegte Hintergrundinformation. Soweit Anfragen Umstände betreffen, die aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig sind, hat die Bundesregierung zu prüfen, ob und auf welche Weise die Geheimhaltungsbedürftigkeit mit dem parlamentarischen Informationsanspruch in Einklang gebracht werden kann, BVerfGE 124, 161 [189]. Dies ist nur durch Hinterlegung der Information bei der Geheimschutzstelle des Bundestages möglich. Die Angaben zum nachrichtendienstlichen Informationsaustausch bedürfen der Einstufung als Verschlusssache nach der Verschluss-sachenanweisung, VSA, da ihre Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden würde. Der nachrichtendienstliche Erkenntnisaustausch mit anderen Staaten zu einzelnen Personen dient der Aufklärung von Vorgängen, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind und die nur im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit an die Bundesrepublik Deutschland weitergegeben werden. Die Veröffentlichung von Einzelheiten des Informationsaustausches würde diese vertrauensvolle Zusammenarbeit nachhaltig stören und unter Umständen zur Verwehrung von Informationen führen, die für die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland von Bedeutung sind. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Fra--gen des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 65): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung vor dem Hintergrund ihres eigenen Koalitionsvertrages („Wir setzen uns für eine Verbesserung des Arbeitnehmerdatenschutzes ein und wollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Bespitzelungen an ihrem Arbeitsplatz wirksam schützen“, Seite 106 des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und FDP von 2009) sowie ihres bis heute nicht umgesetzten Entwurfs für ein -Beschäftigtendatenschutzgesetz (dort insbesondere § 32 f BDSG-E) samt aktueller Kritik des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (Blogbeitrag des Bundesbeauftragten vom 30. April 2012) aus den aktuellen Berichten über den Missbrauch von personenbezogenen Daten bei der Aldi-Gruppe, bzw. hält sie den derzeit bestehenden rechtlichen Schutz der Beschäftigten vor Videoüberwachungen nun doch für ausreichend? Die Bundesregierung hat ihren Gesetzentwurf zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes am 25. August 2010 beschlossen. Der Gesetzentwurf ist in erster -Lesung am 25. Februar 2011 im Deutschen Bundestag behandelt worden und befindet sich noch in den parlamentarischen Beratungen. Im Hinblick auf die Medienberichterstattung über den Umgang mit personenbezogenen Daten bei der Aldi-Gruppe weise ich darauf hin, dass die datenschutzrechtliche Bewertung von Vorgängen im nichtöffentlichen Bereich allein den unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder obliegt. Die Bundesregierung -respektiert diese Aufgabenverteilung und nimmt deshalb zu solchen Vorgängen grundsätzlich keine Stellung. Soweit in diesem Zusammenhang die heimliche -Videoüberwachung von Beschäftigten angesprochen worden ist, weise ich darauf hin, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung ein generelles Verbot der heim--lichen Videoüberwachung von Beschäftigten vorsieht und insgesamt die heimliche Erhebung von Beschäftigtendaten durch den Arbeitgeber restriktiv regelt. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/9517, Frage 68): Stimmt die Bundesregierung mit dem Beschluss des Bundesfinanzhofs (III B 6/12) überein, wonach die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes bei der Frage der Gewährung des Splittingtarifs bei Eingetragenen Lebenspartnerschaften gewichtiger ist als eine mögliche Gefährdung der geordneten Finanz- und Haushaltsplanung durch die rückwirkende Besserstellung Eingetragener Lebenspartnerschaften, und sieht die Bundesregierung nach dem nun erfolgten Beschluss des Bundesfinanzhofs die Notwendigkeit zum Erlass eines klarstellenden Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen bezüglich der generellen Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in gleichgelagerten Fällen? Dem Bundesministerium der Finanzen ist der zitierte Beschluss des Bundesfinanzhofs nicht bekannt. Er wurde nach einer Auskunft des Bundesfinanzhofs bisher nicht veröffentlicht. Sobald er bekannt werden sollte, wird das Bundesministerium der Finanzen ihn eingehend prüfen und danach über das weitere Vorgehen entscheiden. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/9517, Frage 69): Welche Kontrollmöglichkeiten nach dem im September 2011 unterzeichneten und im April 2012 ergänzten Steuer-abkommen mit der Schweiz bestehen für die deutschen Finanzbehörden hinsichtlich der Prüfung auf Richtigkeit bei der Ermittlung und Abführung der Einmalzahlung – Nachver-steuerung –, und welche Sanktionsmöglichkeiten gegenüber den schweizerischen Behörden stehen den deutschen Finanzbehörden oder der Bundesregierung im Falle einer nicht korrekten Durchführung der Steuererhebung zu? Eine Überprüfung, ob die Nachversteuerung ordnungsgemäß vollzogen wurde, erfolgt durch die zuständige schweizerische Behörde. Diese führt nach Art. 37 des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens regelmäßig Kontrollen bei den schweizerischen Zahlstellen durch. Gegenstand dieser Kontrollen ist die Einhaltung aller sich aus dem Abkommen ergebenden Verpflichtungen der schweizerischen Zahlstellen. Sollte bei den Kontrollen festgestellt werden, dass schweizerische Zahlstellen gegen ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen verstoßen, ergeben sich daraus für sie Haftungs- und gegebenenfalls auch strafrechtliche Konsequenzen. Dies folgt zum einen aus dem Steuer-abkommen unmittelbar (Art. 33 Abs. 3 des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens) oder aus den von der Schweiz dazu zu erlassenden Haftungs- und Strafvorschriften (Art. 36 des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens). Im Übrigen wird die zuständige deutsche Behörde über die Resultate und wichtigsten Erkenntnisse der Kontrollen informiert und kann diese Ergebnisse ver-öffentlichen (Art. 37 Abs. 4 des deutsch-schweize-rischen Steuerabkommens). Zudem wird bei der in der Schweiz vorgeschriebenen jährlichen Prüfung der finanziellen Rechnungslegung von Finanzinstituten durch ein unabhängiges Revisionsunternehmen auch die Einhaltung von Rechtsvorschriften geprüft, die für die Rechnungslegung von Belang sind. In diesem Rahmen wird auch das deutsch-schweizerische Steuerabkommen bei der jährlichen Rechnungsrevision in Übereinstimmung mit den anwendbaren Prüfungsvorschriften zu beachten sein. Als weitere Sanktionsmöglichkeit steht nach Art. 44 des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens Deutschland die Kündigung dieses Steuerabkommens offen. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 17/9517, Frage 70): Wie ist nach dem im September 2011 unterzeichneten und im April 2012 ergänzten Steuerabkommen mit der Schweiz in den Fällen zu verfahren, in denen die betroffene Person nach Art. 7 Abs. 3 und 4 des Steuerabkommens die Genehmigung der Bescheinigung nicht erteilt, sodass in solchen Fällen die Überweisung der Einmalzahlung nicht vorgenommen werden kann, und erheben die schweizerische Behörde oder die Geldinstitute für die Durchführung der Nachversteuerung eine Gebühr, die zulasten des Steueraufkommens geht? Sofern die betroffene Person Einspruch gegen die Bescheinigung einlegt, muss sie darlegen, warum sie die Bescheinigung nicht genehmigen kann. Aufgrund dieser Angaben erfolgt eine Überprüfung des Vorgangs. Sollte die Überprüfung ergeben, dass eine zu hohe Einmalzahlung erhoben wurde, erfolgt eine Korrektur und die betroffene Person erhält eine geänderte Bescheinigung nach Art. 7 Abs. 3 des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens. Nach Abschluss der Überprüfung erfolgt die Überweisung der Einmalzahlung. Für die Durchführung der Nachversteuerung wird keine Bezugsprovision einbehalten, die zulasten des Steueraufkommens geht. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 17/9517, Frage 71): Wie sind die sogenannte E-Zigarette und der dort verwendete Wirkstoff Nikotin im Rahmen der Tabaksteuer zu behandeln, und sieht die Bundesregierung deren steuerliche Gleichbehandlung im Vergleich zur steuerlichen Behandlung der klassischen Zigarette gewahrt? Die Steuergegenstände im Bereich der Tabaksteuer sind in der Europäischen Union durch die einschlägige Richtlinie 2011/64/EU über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren verbindlich vorgegeben. Wesentliche Voraussetzung für eine Belastung von Produkten mit der Tabaksteuer ist, dass diese Produkte Tabak oder Tabakersatzstoffe enthalten. E-Zigaretten sind keine Steuergegenstände, da der darin verwendete Wirkstoff Nikotin im Sinne der EU-Richtlinie und des Tabaksteuergesetzes keinen Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung darstellt. Da beim Konsum einer E-Zigarette kein Tabak verwendet wird, ist eine Besteuerung allein aus Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung nicht erforderlich. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Antwort der Bundesregierung vom 29. Februar 2012 auf die Kleine Anfrage Ihrer Fraktion vom 10. Februar 2012 zur gesundheitlichen und rechtlichen Bewertung von EZigaretten verweisen. Auf die Frage 39, ob die Bundesregierung erwägt, eine Steuer auf E-Zigaretten einzuführen, und, falls ja, wie diese ausgestaltet sein soll, ist geantwortet worden, dass derzeit nicht erwogen wird, eine Steuer auf E-Zigaretten einzuführen. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Bärbel Kofler (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 72): Wann ist eine Aufhebung der Haushaltssperre der Verpflichtungsermächtigungen beim internationalen Klima- und Umweltschutz des Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ von der Bundesregierung geplant, und wie soll die konkrete Mittelverteilung zukünftig aussehen? Die Verpflichtungsermächtigung bei Titel 687 01, Internationaler Klima- und Umweltschutz, bei Kapitel 6092 wurde im parlamentarischen Verfahren zum Bundeshaushalt 2012 qualifiziert in Höhe von 900 Millionen Euro gesperrt. Die Aufhebung der Sperre bedarf der -Einwilligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages. Zum Inhalt einer möglichen Entsperrungsvorlage an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages laufen derzeit Gespräche innerhalb der Bundesregierung. Es ist mit einem zeitnahen Abschluss der Gespräche zu rechnen. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Frank Schwabe (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 73): Warum geht die Bundesregierung von einem Preis von 10 Euro je CO2-Zertifikat im Jahr 2013 aus, wenn viele Prognosen namhafter Analysten von einem deutlich tieferen Preis ausgehen? Die Bundesregierung hat ihre Annahmen zur Erlösentwicklung des Energie- und Klimafonds für 2013 bereits deutlich reduziert. Sie folgt damit zu einem gewissen Grad der Einschätzung der Analysten, die davon ausgehen, dass unter den gegebenen Rahmenbedingungen das Preisniveau der Jahre 2010/2011 nicht wieder erreicht wird. Allerdings wird auf europäischer Ebene inzwischen über die Rahmenbedingungen für den CO2Emissionshandel diskutiert. Auch wenn noch nicht eindeutig erkennbar ist, wie sich diese Diskussion und die weiteren Rahmenbedingungen entwickeln, hält es die Bundesregierung für vertretbar, für 2013 einen durchschnittlichen Preis von 10 Euro zu unterstellen und damit von einer leichten Erholung der Zertifikatspreise auszugehen. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 74): Welche zusätzlichen Kosten wären für die Wirtschaft zu erwarten, wenn die Vergünstigungen bei der Ökosteuer, wie vom Bundesministerium der Finanzen vorgeschlagen, in Zukunft an den Nachweis einer jährlichen Energieeinsparung von 1 Prozent geknüpft würden, und welche Entlastungen durch Kosteneinsparungen beim Energieverbrauch und verminderte Ökosteuerzahlungen stehen dieser Mehrbelastung gegenüber? Bei dem von Ihnen angesprochenen Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Finanzen handelt es sich um einen nicht ressortabgestimmten Referentenentwurf. Aussagen der Bundesregierung über den zu erwartenden Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft können deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht getroffen werden. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 75): Unterstützt die Bundesregierung die Einrichtung einer europäischen Restrukturierungsbehörde für Banken, um negative Rückkopplungseffekte zwischen Banken- und staatlicher Schuldenkrise durchbrechen zu können, wie es unter anderem die Ratsmitglieder der Europäischen Zentralbank Benoît Cœuré und Jörg Asmussen und der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgeschlagen haben (vergleiche beispielsweise www.ecb.int/press/key/date/2012/html/sp120420_2.en.html oder www.ecb.int/press/key/date/2012/html/sp120420.en.html oder das Jahresgutachten 2011/2012 des Sachverständigenrates, Nr. 263 ff.)? Das Durchbrechen negativer Rückkopplungseffekte zwischen Banken- und staatlicher Schuldenkrise bedarf kurzfristig umsetzbarer Maßnahmen. Dieses wird in -Europa durch konsequente Haushaltskonsolidierung und die Umsetzung der von der Europäischen Bankenauf-sichtsbehörde koordinierte Bankenrekapitalisierung verfolgt. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 76): Gibt es derzeit Beratungen auf EU- oder Euro-Zonen-Ebene, die darauf abzielen, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus bzw. die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität direkte Hilfen an Banken der Euro-Zone leisten kann, und, wenn ja, was ist die Position der Bundesregierung in diesem Zusammenhang? Sowohl der EFSF-Rahmenvertrag als auch der ESM-Vertrag, der sich gerade im Ratifizierungsverfahren befindet, sehen ausdrücklich vor, dass Finanzhilfen zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten in Form von Darlehen an einen Euro-Zonen-Mitgliedstaat bereitgestellt werden können. Eine unmittelbare Gewährung von Finanzhilfen an Finanzinstitute ist danach nicht vorgesehen. Eine Änderung dieser Verträge ist vonseiten der Bundesregierung weder notwendig noch beabsichtigt. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fragen der Abgeordneten Elke Ferner (SPD) (Drucksache 17/9517, Fragen 77 und 78): Trifft es zu, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Beratungsgesellschaft McKinsey & Company damit beauftragt hat, ein Konzept zu entwickeln, das unter anderem Vorschläge zu der Beitragsbemessung, dem Meldeverfahren und dem Beitragseinzug bei einer obligatorischen Alterssicherung von Selbstständigen beinhalten soll, und wie begründet die Bundesregierung die Notwendigkeit eines externen Konzeptes, obwohl die deutsche Rentenversicherung bereits eine jahrzehntelange Erfahrung in der Pflichtversicherung von Selbstständigen aufweist? Auf der Grundlage welcher Kriterien hat sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dafür entschieden, die Beratungsgesellschaft McKinsey & Company mit diesem Auftrag zu betrauen, und in welcher Höhe ist dieser Auftrag dotiert? Zu Frage 77: Die Bundesregierung erarbeitet derzeit einen Vorschlag für eine obligatorische Altersvorsorgeverpflichtung für Selbstständige mit der Wahlfreiheit, ob die -Altersvorsorgeverpflichtung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder durch private Vorsorge erbracht wird. Dabei ist eine der Zielsetzungen, eine gesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen, die die besonderen Bedingungen der verschiedenen Gruppen von Selbstständigen berücksichtigt und möglichst unbürokratisch und bei vertretbarem finanziellem Aufwand umsetzbar ist. Deshalb prüft das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für das Gesetzgebungsverfahren die technische und administrative Machbarkeit seiner Lösungsvorschläge. Hierbei stellen sich insbesondere Fragen zu vorhandenen oder aufzubauenden Meldewegen, zu einer IT-Architektur, zu datenschutzrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Aspekten, zu Schnittstellenfragen und Datenübergabeformaten. Darüber hinaus ist der Zeitpunkt für ein Inkrafttreten abzuschätzen als Grundlage für eine Budgetplanung und eine eventuelle Vergabe der IT-Implementierung. Hierfür bedient sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales externen Sachverstands, da solche Kenntnisse im Detail im Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht vorhanden sind und in kurzer Frist auch nicht aufgebaut werden können und mit der Altersvorsorgeverpflichtung für Selbstständige zudem Neuland betreten wird. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat deshalb das Beratungsunternehmen McKinsey & Company mit einer diesbezüglichen Machbarkeitsstudie beauftragt. Für die Machbarkeitsstudie werden die Erfahrungen der DRV Bund intensiv eingebunden, ebenso wie die Erfahrungen anderer Behörden und einschlägiger Verbände. Zu Frage 78: Die Bundesregierung verfügt über Rahmenverträge mit verschiedenen Dienstleistern zu Beratungsleistungen im sogenannten Drei-Partner-Modell, die Ergebnis eines öffentlichen, europaweiten Vergabeverfahrens sind. Das Bundesverwaltungsamt, BVA, stellt hierbei Beratungsleistungen in verschiedenen Losen für die Bundesverwaltung bereit. Auf der Internetseite des Bundesverwaltungsamtes befindet sich eine detaillierte Beschreibung der Beratungsleistungen und des Verfahrens im Drei-Partner-Modell. McKinsey & Company ist ein Dienstleister zur Erbringung von Beratungsleistungen im Bereich „Top-Management- und IT-Strategie-Beratung“. Dieses Los ist für den in Frage 77 angesprochenen Untersuchungsgegenstand einschlägig. Von Bedeutung ist hierbei die ausgewiesene Beratungskompetenz von McKinsey & Company im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Fragestellungen des Projekts, insbesondere welche vorhandenen Meldewege und IT-Verfahren für eine Erfassung der vorsorgepflichtigen Selbstständigen genutzt werden können bzw. welche Verfahren und IT-Strukturen für die Überwachung der Vorsorgepflicht gegebenenfalls neu zu implementieren wären. Die Vergütung für die Beratungsleistungen beträgt 880 950 Euro zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Karin Roth (Esslingen) (SPD) (Drucksache 17/9517, Frage 79): In welchen Branchen und Regionen liegen nach Kenntnis des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, BMAS, zum jetzigen Stand keine entsprechenden Tarifverträge vor, sodass der zur Regelung einer allgemeinen Lohnuntergrenze im -Eckpunktepapier der Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag vorgeschlagene und von der Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen begrüßte Mechanismus zur Fest--legung eines Mindestlohns greifen würde  bitte unter Angabe aller Branchen und Regionen, und wie müsste aus der Sicht des BMAS eine gesetzliche Regelung aussehen, die sicherstellt, dass keine Dumpingtarifverträge mit Scheingewerkschaften, wie beispielsweise der Tarifgemeinschaft Christ--licher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice-agenturen, CGZP, abgeschlossen werden, um so den geplanten außertariflichen Mechanismus zur Festlegung von Lohnuntergrenzen zu umgehen? In der Frage wird das in der vorletzten Woche veröffentlichte Eckpunktepapier der Arbeitsgruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Regelung einer allgemeinen verbindlichen Lohnuntergrenze angesprochen. Es ist nicht Aufgabe des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales oder der Bundesregierung, innerhalb von -Fraktionen des Deutschen Bundestags stattfindende bzw. abgeschlossene Diskussionen zu kommentieren. Grundlage des Handelns der Bundesregierung sind die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Fragen der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Fragen 80 und 81): Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen der Fischereiförderung über eine deutliche Senkung des Mindestförderbetrages von 20 000 Euro nachzudenken, damit die kleine Küsten- und die Kutterfischerei und damit auch die Krabbenfischerei in Zukunft in relevantem Maßstab an den Förder-mitteln der Fischereiförderung teilhaben können, und, wenn nein, warum nicht? Wie sieht die Bundesregierung die Perspektive eines Anstiegs der Krabbennachfrage, und in welcher Form wäre sie bereit, Maßnahmen zur Verbesserung der Marktsituation zum Beispiel durch den Aufbau von Verarbeitungskapazitäten oder eine Verbesserung von Marketingstrategien zu unterstützen? Zu Frage 80: Ein Mindestförderbetrag von 20 000 Euro im Rahmen der Fischereiförderung durch den Bund existiert nicht. In seinen Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Investitionen in der See--fischerei, IRS-BMELV, vom 20. Oktober 2010 (BAnZ Seite 3786 vom 11. November 2010) hat das BMELV die Höhe des Mindestbetrags der zuschussfähigen Gesamtausgaben für jede Einzelmaßnahme in der Kutterfischerei wie folgt festgesetzt: – 15 000 Euro für Fischereifahrzeuge ab 10 Meter Länge über Alles (LüA) bis unter 13 Meter LüA; – 30 000 Euro für Fischereifahrzeuge ab 13 LüA. Die vom BMELV angesetzten Mindestbeträge dienen der vernünftigen finanztechnischen Abwicklung der Förderung der Seefischerei mit Bundesmitteln und stellen sich nach Kenntnis der Bundesregierung bislang nicht als Ausschluss der Krabbenfischerei von der Fischereiförderung dar. Die Bundesländer können, soweit sie ihrerseits im Rahmen des Europäischen Fischereifonds, EFF, Maßnahmen kofinanzieren möchten, niedrigere Mindest--beträge ansetzen. So hat das Land Niedersachsen einen Mindestbetrag von 20 000 Euro förderfähige Investi-tionssumme festgesetzt. Zu Frage 81: Wie bereits in der Fragestunde des Bundestages am 19. Oktober 2011 dargestellt, ist der Krabbenmarkt in Deutschland wie auch in den anderen relevanten Erzeugerländern Niederlande und Dänemark seit Jahren durch ein Überangebot an Krabben bei gleichbleibender Nachfrage geprägt. Es bleibt weiterhin vornehmlich die Aufgabe der Erzeugerorganisationen, das Angebot marktgerecht zu steuern. In Deutschland sind die Krabbenfischer allein in acht Erzeugerorganisationen organisiert. Die durch die einzelnen Erzeugerorganisationen vermarkteten Mengen sind deshalb so gering, dass sie nur wenig Einfluss auf den Marktpreis haben. Die von den beiden Bundes--ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein forcierte Zusammenlegung der Erzeugerorganisationen in Deutschland in eine schlagkräftige Erzeugerorganisation wird von der Bundesregierung unterstützt. Dies fordert jedoch von den einzelnen Fischern die notwenige Disziplin, sich den Regelungen dieser zukünftigen Erzeugerorganisation unterzuordnen. Daneben sind die Erzeuger aufgerufen, gemeinsam mit dem Handel Vermarktungsstrategien zu entwickeln, um gegebenenfalls den Absatz ihrer Produkte zu steigern. Hierzu hat nach Kenntnis der Bundesregierung der Handel seine Bereitschaft erklärt. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 82): Teilt die Bundesregierung die positiven Aussagen zur Anbaualternative für Kokabauern in Bolivien in Form von Stevia, die im Artikel der Frankfurter Rundschau („Süßer als süß“, Frankfurter Rundschau vom 2. Mai 2012) gemacht werden, und wird sich die Bundesregierung vor diesem Hintergrund für eine baldige und vollständige Zulassung von Stevia als Lebensmittel in der Europäischen Union einsetzen? Alternativen zum Kokaanbau werden von der Bundesregierung grundsätzlich positiv beurteilt. Ob der Steviaanbau in Bolivien eine wirtschaftlich tragfähige Alternative ist, können und sollten die Landwirte vor Ort in erster Linie selbst beurteilen. Bereits im Dezember 2011 wurden mit der Verordnung (EU) Nr. 1131/2011 die aus der Steviapflanze -gewonnenen Steviolglycoside als Lebensmittelzusatzstoffe, Süßstoffe, zur Verwendung in bestimmten Lebensmitteln und unter definierten Verwendungsbedingungen zugelassen. In Bolivien angebaute Steviapflanzen könnten somit prinzipiell für die Gewinnung von Steviolglycosiden verwendet werden. Bei Steviolglycosiden handelt es sich um in der Steviapflanze natürlicherweise vorkommende süß schmeckenden Inhaltsstoffe. Diese tragen entscheidend dazu bei, dass ein besonderes Interesse an der Verwendung dieser Pflanze besteht. Auch hinsichtlich einer europäischen Zulassung der Steviablätter selbst als neuartiges Lebensmittel ist die Bundesregierung grundsätzlich aufgeschlossen, sofern die rechtlichen Anforderungen insbesondere an die Sicherheit erfüllt werden (siehe Verordnung (EG) Nr. 258/97). Bisher konnte eine solche EU-Zulassung aufgrund fehlender Daten zur Sicherheit nicht erteilt werden. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 83): Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung angesichts der aktuellen Krise am Milchmarkt und der massiven Preissenkungen für Molkereiprodukte durch mehrere Discounter ergreifen? Angesichts der starken Produktionsausweitungen entsteht derzeit Preisdruck auf den Märkten. Das war zu erwarten. Ich würde derzeit aber nicht von einer Krise sprechen. Und wir alle sollten uns hüten, eine Krise herbeizureden. Zurzeit wird die private Lagerhaltung von Butter von den Verarbeitungsunternehmen zur Marktentlastung genutzt. EU-weit liegen Anträge über circa 50 000 Tonnen vor. Das sind circa 20 000 Tonnen bzw. 71 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Die Intervention von Butter und Magermilchpulver, die seit dem 1. März 2012 eröffnet ist, ist von den Ver-arbeitungsunternehmen noch nicht genutzt worden. Zunächst sind also die ohnehin schon zur Verfügung -stehenden Instrumente zu nutzen. Sofern darüber hinaus erforderlich, würde die Bundesregierung an die Euro-päische Kommission herantreten, damit diese weitere Maßnahmen ergreift, zum Beispiel Eröffnung des Ausschreibungsverfahrens oder Ausdehnung des Interven-tionszeitraums über den August hinaus. Der von der Europäischen Kommission bis Ende 2012 zu erstellende Bericht über die Entwicklung des Milchmarkts und die sich daraus ergebenden Bedingungen für ein reibungsloses Auslaufen der Milchquote ist abzuwarten. Gegebenenfalls wird die Europäische Kommission Maßnahmevorschläge vorlegen. Eine Aussetzung der beschlossenen Quotenerhöhung um 1 Prozent sowie eine Einschränkung der Saldierung von Unter- und Überlieferungen werden abgelehnt. Dies würde die Quotenkosten für unsere Zukunftsbetriebe nur erhöhen. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Drucksache 17/9517, Frage 84): In welchen Regionen waren deutsche Flottendienstboote im Rahmen von „nationalen Aufklärungsfahrten“ oder Fahrten im Kontext von Bündnisoperationen bisher im Jahr 2012 im Einsatz? Bisher wurde im Jahre 2012 jeweils eine nationale Aufklärungsfahrt mit Ziel Mittelmeer und eine weitere in der Ostsee durchgeführt und beendet. Gegenwärtig befindet sich ein Flottendienstboot im Rahmen einer nationalen Aufklärungsfahrt ebenfalls im Mittelmeer. Die Boote waren und sind nicht in Bündnisoperationen eingebunden. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 85): Inwiefern sind die beiden Bordhubschrauber im gegenwärtigen deutschen Einsatzaufgebot für Atalanta in der Lage, für die Zerstörung von Piraterielogistik an Land eingesetzt zu werden? Die zurzeit im deutschen Einsatzkontingent Atalanta eingesetzten Bordhubschrauber sind zum Wirken gegen Piraterielogistik am Strand befähigt. Sie sind jeweils mit einem fest eingebauten schweren Maschinengewehr ausgerüstet. Der Einsatz mit Scharfschützengewehr ist ebenfalls möglich. Die Hubschrauber verfügen über Tag- und Nachteinsatzfähigkeiten. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/9517, Frage 86): Welche Regelungen gibt es in der Conterganstiftung für behinderte Menschen hinsichtlich der Beteiligung von stellvertretenden Mitgliedern des Stiftungsrates sowie des Rechts der von den Conterganopfern in den Stiftungsrat gewählten Vertreter, die Conterganopfer umfassend über die Arbeit der Stiftung zu informieren? § 1 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Stiftungsrates der Conterganstiftung für behinderte Menschen lautet: „Die ordentlichen Mitglieder des Stiftungsrates werden bei Abwesenheit durch die jeweiligen stellvertretenden Mitglieder vertreten. Die Einladungen zu den Sitzungen des Stiftungsrates an die ordentlichen Mitglieder gelten gleichzeitig als Einladungen an die jeweiligen Stellvertreterinnen und Stellvertreter. Ist ein ordentliches Mitglied an der Teilnahme verhindert, hat es die Einladung rechtzeitig an seine Stellvertreterin oder seinen Stellvertreter weiterzuleiten.“ Hieraus ergibt sich, dass die Stellvertretung in einer Stiftungsratssitzung eine reine Abwesenheitsvertretung ist. Darüber hinaus könnte der Stiftungsrat abweichend dazu in jedem Einzelfall beschließen, dass stellvertretende Stiftungsratsmitglieder der jeweiligen Sitzung beiwohnen können oder die Öffentlichkeit zugelassen ist. Hierzu bedürfte es jeweils eines ausdrücklichen Beschlusses. Unabhängig davon erhalten die stellvertretenden Stiftungsratsmitglieder wie die ordentlichen Mitglieder alle Einladungen zu den Stiftungsratssitzungen nebst Tagesordnungen und sämtlichen Anlagen sowie die Protokolle der Stiftungsratssitzungen, sodass sie umfassend beteiligt werden. § 6 der Satzung der Conterganstiftung für behinderte Menschen lautet: „Verschwiegenheitspflicht“. Die Mitglieder der Organe, der Kommissionen, die Geschäftsführung nach § 7 Abs. 6 ContStifG und die weiteren Beschäftigten der Geschäftsstelle haben über die Angelegenheiten, deren Vertraulichkeit durch Gesetz, Organbeschluss und besondere Anordnung vorgeschrieben ist, Verschwiegenheit zu bewahren, und zwar auch nach ihrem Ausscheiden bei der Stiftung. Die Pflicht zur Verschwiegenheit schließt auch die Geheimhaltung der Beratungsunterlagen und in Ausübung der Tätigkeit erlangter Kenntnisse ein und besteht nach Beendigung der Tätigkeit für die Stiftung fort. Wissenschaftliche Veröffentlichungen, aus denen die Angaben oder Umstände einzelner Personen weder unmittelbar noch mittelbar zu ersehen sind, unterliegen nicht der Verschwiegenheitspflicht.“ Sofern also ein entsprechender Beschluss des Stiftungsrates oder des Vorstandes der Conterganstiftung vorliegt, haben die Stiftungsratsmitglieder und die anderen in § 6 der Satzung genannten Personen Verschwiegenheit über die entsprechenden Angelegenheiten zu bewahren. Es ist für die Stiftungsratsmitglieder jedoch grundsätzlich zulässig, generell darüber zu informieren, welche Themen in einer Stiftungsratssitzung behandelt werden oder behandelt wurden. Über Ergebnisse darf hingegen nicht berichtet werden. Die contergangeschädigten Menschen werden über alle für sie relevanten Ergebnisse zeitnah auf der Webseite der Stiftung oder über Rundbriefe des Vorstandes informiert. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/9517, Frage 87): Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Internationalen Studie zu Leistungen und Ansprüchen thalidomidgeschädigter Menschen in 21 Ländern sowie dem Gutachten zur Klärung gedachter Ansprüche aus Arzneimittelhaftung bei Thalidomidschäden im Inland (siehe www.conterganstiftung.de)? Der Gesamtbetrag von rund 480 Millionen Euro, der von der Bundesrepublik Deutschland bisher an die Betroffenen geleistet wurde, wird von keinem anderen Land erreicht, das seinen Gesamtbetrag mitgeteilt hat. Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass dieser Betrag an rund 2 700 Betroffene weltweit ausgezahlt wird, während die anderen Länder Leistungen nur an einen Bruchteil der thalidomidgeschädigten Menschen ausschütten. Entsprechende Folgerungen hieraus werden derzeit geprüft. Die Bundesregierung prüft darüber hinaus zurzeit, inwiefern durch eine Änderung des Conterganstiftungsgesetzes Doppelleistungen der Conterganstiftung an thalidomidgeschädigte Menschen im Ausland oder an in Deutschland lebende ausländische Betroffene vermieden werden können. Unabhängig davon wird das vom Deutschen Bundestag beauftragte Forschungsprojekt „Wiederholt durchzuführende Befragungen zu Problemen, speziellen Bedarfen und Versorgungsdefiziten in Deutschland lebender contergangeschädigter Menschen“ Aufschluss über zusätzlich benötigte Hilfen der älter werdenden Betroffenen geben. Das zweijährige Projekt, das vom Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg durchgeführt wird, endet am 31. Dezember 2012. Bereits Ende Mai 2012 werden erste Ergebnisse vorliegen, die noch vor der parlamentarischen Sommerpause im Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorgestellt werden sollen. Die Bundesregierung schließt aus dem Gutachten zum einen, dass die Aussichten für die rechtliche und tatsächliche Durchsetzbarkeit der Ansprüche nach dem Arzneimittelgesetz gegen den Verursacher der Thalidomidschäden, die Firma Grünenthal GmbH, nicht gut gewesen wären. Zum anderen stehen sich die Betroffenen durch die Stiftungslösung, also die Auszahlung von Leistungen durch die Conterganstiftung, auch bei der Höhe der Beträge im Einzelfall erheblich besser. Nach dem Arzneimittelgesetz hätte sich im Durchschnitt lediglich ein Betrag von circa 50 000 Euro pro Geschädigtem oder pro Geschädigter ergeben, da die Haftung der Firma -Grünenthal GmbH der Höhe nach auf 120 Millionen Euro begrenzt ist bzw. wäre (§ 88 Arzneimittelgesetz). Vergleicht man diesen Höchstbetrag des Arzneimittelgesetzes mit dem bis heute durch die Conterganstiftung aufgrund des Conterganstiftungsgesetzes ausgekehrten Betrag, ist festzustellen, dass dieser bereits heute mehr als viermal so hoch ist. Bis zum 31. März 2011 (Stand des Gutachtens) wurde durch die Conterganstiftung ein Durchschnittsbetrag pro Berechtigtem von 202 160 Euro gezahlt. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 88): Wie fallen die Zustandswerte für Autobahnen aus der Erhebung von 2009/2010 für alle Bundesländer aus, die zumindest für den Freistaat Bayern bereits in dem Sonderheft Erhaltungsmanagement an Straßen in Bayern der Zeitschrift der Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau, Städtebau, Wohnungsbau, Straßen- und Brückenbau im August 2011 -veröffentlicht wurden, und wann wurden die Ergebnisse der aktuellen Erhebung über Zustandswerte für Autobahnen den Ländern mitgeteilt? Der Gesamtwert des Zustandes der Fahrbahnoberflächen der Zustandserfassung 2009/2010 für Bundesautobahnen fällt wie folgt aus: – 55,8 Prozent der Bundesautobahnen weisen einen -Zustandswert von 1,00 bis 1,49 auf. – 25,7 Prozent der Bundesautobahnen weisen einen -Zustandswert von 1,50 bis 3,49 auf. – 9,9 Prozent der Bundesautobahnen weisen einen -Zustandswert von 3,50 bis 4,49 auf. – 8,6 Prozent der Bundesautobahnen weisen einen -Zustandswert von 4,50 bis 5,00 auf. Die Erfassung des Zustandes der Fahrbahnoberflächen für die Autobahnen erfolgt getrennt in zwei -Ländergruppen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren, in diesem Fall in den Jahren 2009/2010. Sobald die Auswertung für eine Ländergruppe vorliegt, werden diese den entsprechenden Ländern bereits mitgeteilt, damit diese möglichst früh in der Erhaltungsplanung des Landes berücksichtigt werden können. Bayern gehörte zur Ländergruppe der Messungen von 2009 und hat deshalb die Ergebnisse bereits im Februar 2010 erhalten. Die bundesweite Auswertung erfolgt erst nach Abschluss der Messungen beider Ländergruppen. Diese liegt seit -Dezember 2011 vor. Die bundesweiten Ergebnisse der Erfassungskampagne 2009/2010 werden vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im folgenden Verkehrsinvestitionsbericht veröffentlicht. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Frage 89): Welche Bundesländer haben beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Interesse am Abschluss einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für den Straßenbau geäußert, und welche Pilotstrecken werden/wurden für eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung ausgewählt? Im Jahr 2011 wurden mit den Vertretern aller Bundesländer mögliche Überlegungen zu einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, LuFV, für Bundesfernstraßen ausführlich erörtert. Im Ergebnis wurde mit den Ländern vereinbart, alternativ zu einer LuFV gemeinsam sinnvolle Wege aufzuzeigen, die zum einen dem politischen Anliegen nach mehr Transparenz der steigenden Erhaltungsinvestitionen Rechnung tragen und zum anderen zu einem möglichst effizienten und zielorientierten Verwaltungshandeln führen. Konkrete Vorschläge für die Dokumentation von Erhaltungsmaßnahmen sowie für mögliche Zielvereinbarungen sollen hierbei am Beispiel von Pilotstrecken erarbeitet werden. Die einzelnen Pilotstrecken werden in Abstimmung mit den jeweiligen Bundesländern und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung noch konkret festgelegt. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Fragen der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/9517, Fragen 90 und 91): Welche Kosten entstehen dem Bund durch die Nutzung des alten Terminals A auf dem Flughafen Schönefeld als Regierungsterminal bis zur Fertigstellung des neuen Regierungsterminals zum Beispiel durch die Anmietung des Terminals bei der Flughafengesellschaft (bitte die Kosten pro Jahr aufschlüsseln)? Welche Auswirkungen hat die Verschiebung des Fertigstellungstermins des neuen Regierungsairports von 2014 auf 2016 auf die provisorische Nutzung des Terminals A und dessen Herrichtung, und werden deswegen weitere Investitionsmaßnahmen nötig? Zu Frage 90: Bis zur Fertigstellung des neuen Regierungsterminals erfolgt die Abfertigung ausländischer Staatsgäste und Regierungsflüge für den politisch-parlamentarischen Bereich durch die Anmietung des derzeitigen Terminals A des Flughafens Schönefeld. Mit der Flughafengesellschaft wurde am 24. Oktober 2011 ein entsprechender Mietvertrag geschlossen. Inklusive zusätzlich benötigter Parkplätze ergeben sich für die Nutzung des Terminals jährliche Mietzahlungen in Höhe von circa 1,6 Millionen Euro. Darüber hinaus entstehen Kosten für die Herrichtung der Interimsunterbringung im Terminal A in Höhe von circa 3,6 Millionen Euro. Zu Frage 91: Ob im Verlauf der längeren Nutzungsdauer des Terminals weitere Investitionen notwendig werden, ist derzeit nicht abzusehen. Anlagen 21024 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 177. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 9. Mai 2012 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 177. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 9. Mai 2012 21025 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 38. Sitzung – 4. April 2003 21048 21044 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 177. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 9. Mai 2012 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 177. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 9. Mai 2012 21043