Plenarprotokoll 17/200 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 200. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. Oktober 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: 10. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik; weitere Fragen Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Dr. Rolf Mützenich (SPD) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Christoph Strässer (SPD) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Annette Groth (DIE LINKE) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Erika Steinbach (CDU/CSU) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Katrin Werner (DIE LINKE) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Ute Granold (CDU/CSU) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Ullrich Meßmer (SPD) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI Marina Schuster (FDP) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA Manfred Grund (CDU/CSU) Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Steffen Bockhahn (DIE LINKE) Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 17/11094) Mündliche Frage 1 Ralph Lenkert (DIE LINKE) Umsetzung des Bundestagsbeschlusses zur Vorlage eines nationalen Entsorgungsplans Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Ralph Lenkert (DIE LINKE) Dorothée Menzner (DIE LINKE) Mündliche Frage 2 Ralph Lenkert (DIE LINKE) Zeitpunkt der Vorlage eines nationalen Entsorgungsplans Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Ralph Lenkert (DIE LINKE) Dorothée Menzner (DIE LINKE) Ute Vogt (SPD) Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Steffen Bockhahn (DIE LINKE) Ulrich Kelber (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Mündliche Frage 3 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Telefonkonferenzen im Jahr 2010 auf Abteilungsleiterebene zwischen BMU und Atomaufsichtsbehörden Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 4 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Glaubwürdigkeit der vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben aufgrund nicht -dokumentierter Vorgespräche des BMU mit dem späteren Unterauftragsnehmer Dr. Bruno Thomauske Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ute Vogt (SPD) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 5 Gerd Bollmann (SPD) Erneutes Absinken der Mehrwegquote für Getränkeverpackungen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Gerd Bollmann (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) Mündliche Frage 6 Gerd Bollmann (SPD) Verordnung über Hinweispflichten des Handels bezüglich Mehrwegquoten für Getränkeverpackungen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfrage Gerd Bollmann (SPD) Mündliche Frage 10 Frank Schwabe (SPD) Mitnahmeeffekte der Energiewirtschaft durch kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Frank Schwabe (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Mündliche Frage 11 Frank Schwabe (SPD) Bewertung des von Bundesminister Peter Altmaier vorgelegten 10-Punkte-Plans Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Frank Schwabe (SPD) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 12 Dr. Matthias Miersch (SPD) Mögliche Umgestaltung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von einer festen Einspeisevergütung zu einem Quotenmodell Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Matthias Miersch (SPD) Frank Schwabe (SPD) Marco Bülow (SPD) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ute Vogt (SPD) Mündliche Frage 13 Dr. Matthias Miersch (SPD) Bestandteile der EEG-Umlage 2013 Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Matthias Miersch (SPD) Ute Vogt (SPD) Frank Schwabe (SPD) Mündliche Frage 14 Dr. Bärbel Kofler (SPD) Beteiligung des Deutschen Bundestages an der Plattform Erneuerbare Energien Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Bärbel Kofler (SPD) Mündliche Frage 15 Dr. Bärbel Kofler (SPD) Systemintegration des Stroms aus erneuerbaren Energien durch eine beschleunigte Direktvermarktung und Marktintegration Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dr. Bärbel Kofler (SPD) Ute Vogt (SPD) Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Soziale Situation der Kinder in Deutschland verbessert in Zeiten christlich-liberaler Regierungspolitik Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) Hubertus Heil (Peine) (SPD) Sibylle Laurischk (FDP) Diana Golze (DIE LINKE) Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Eckhard Pols (CDU/CSU) Christel Humme (SPD) Pascal Kober (FDP) Swen Schulz (Spandau) (SPD) Frank Heinrich (CDU/CSU) Nächste Sitzung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 7 Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Stärkung bzw. Reform des Emissionshandels Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 3 Mündliche Frage 8 Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erhöhung des europäischen Klimaziels auf 30 Prozent Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 4 Mündliche Frage 9 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorschlag der EU-Kommission zum Backloading von CO2-Emissionszertifikaten Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 5 Mündliche Frage 16 Ute Vogt (SPD) Kostengünstige und zeitnahe Integration des Stroms aus erneuerbaren Energien in das Stromnetz Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 6 Mündliche Frage 17 Ute Vogt (SPD) Wahrung der Interessen der Stromverbraucher gemäß § 40 Erneuerbare-Energien-Gesetz angesichts der zu erwartenden Begünstigungen für Unternehmen bei der EEG-Umlage Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 7 Mündliche Frage 18 Marco Bülow (SPD) Pläne zu einer grundsätzlichen Neuregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 8 Mündliche Frage 19 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausbauziel bei erneuerbaren Energien bis 2020 Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 9 Mündliche Frage 20 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Definition des Begriffs Ausbaukorridor Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 10 Mündliche Frage 21 Klaus Hagemann (SPD) Forschungspolitische Zielsetzungen der Helmholtz-Alberta-Initiative Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 11 Mündliche Frage 22 Klaus Hagemann (SPD) Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse nach dem neuen Anerkennungsgesetz Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 12 Mündliche Fragen 23 und 24 Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) Umsetzung des Gutachtens des Umweltbundesamtes vom August 2012 zum Erdgas-Fracking Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 13 Mündliche Frage 25 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorteile eines fokussierten Kapazitätsmarktes für die Stromverbraucher gegenüber dem geplanten Kraftwerksstilllegungsverbot Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 14 Mündliche Frage 26 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Inkrafttreten der Lastabschalt-Verordnung und Maßnahmen zur Erschließung der -Potenziale von Lastverschiebungen beim Stromverbrauch Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 15 Mündliche Frage 27 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abruf bisher nicht verwendeter Mittel aus dem Strukturfonds zugunsten von wachstums- und beschäftigungsfördernden Investitionen Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 16 Mündliche Fragen 28 und 29 Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kennzahlen zur Definition mittelständischer Unternehmen Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 17 Mündliche Frage 30 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erarbeitung von Kriterien für die Anwendung der Menschenrechtsklausel in Verträgen der EU mit Drittstaaten Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 18 Mündliche Frage 31 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Stärkung der Zusammenarbeit zwischen dem UN-Sicherheitsrat und dem Internationalen Strafgerichtshof Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 19 Mündliche Frage 32 Andrej Hunko (DIE LINKE) Aufklärung des Hergangs der Beendigung einer Protestaktion am 15. Oktober 2012 in der nigerianischen Botschaft in Berlin durch polizeiliche Amtshilfe Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 20 Mündliche Frage 33 Andrej Hunko (DIE LINKE) Finanzielle Unterstützung für Neubau bzw. Sanierung griechischer Abschiebegefängnisse und anderer Aufnahmeeinrichtungen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 21 Mündliche Frage 34 Niema Movassat (DIE LINKE) Vereinbarungen mit Frankreich hinsichtlich eines Militäreinsatzes in Mali Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 22 Mündliche Frage 35 Niema Movassat (DIE LINKE) Strategietreffen in Bamako zur Lösung der Krise in Mali Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 23 Mündliche Frage 36 Inge Höger (DIE LINKE) Beteiligung Deutschlands an dem amerikanisch-israelischen Manöver „Austere Challenge“ Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 24 Mündliche Frage 37 Sevim Da?delen (DIE LINKE) Etwaige Destabilisierung der Lage in der Elfenbeinküste Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 25 Mündliche Frage 38 Sevim Da?delen (DIE LINKE) Mögliche Rechtsänderungen infolge des Rahman-Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 5. September 2012 Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 26 Mündliche Frage 39 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Evaluierungsberichte über Maßnahmen der von deutschen Polizistinnen und Polizisten durchgeführten internationalen Polizeikooperationen Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 27 Mündliche Frage 40 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Einsatz deutscher Polizisten im Emirat Katar Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 28 Mündliche Frage 41 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dramatische Zustände in Einrichtungen zur Aufnahme von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 29 Mündliche Fragen 42 und 43 Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen der im Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vorgesehenen Zahlungs- und Abnahmefristen Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 30 Mündliche Frage 44 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Im Bundeshaushalt 2013 vorgesehene militärische oder polizeiliche Aus- bzw. Fortbildungshilfen oder Ausstattungshilfen Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 31 Mündliche Fragen 45 und 46 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Regelung der Ausführung von Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz im Fall der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und der DBU Naturerbe GmbH Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 32 Mündliche Frage 47 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Offerte einer Steuer-Daten-CD an das Bundesland Rheinland-Pfalz Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 33 Mündliche Frage 48 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Ausweitung des Abrufs eines Sperrvermerks durch Finanzbehörden auf die Kirchensteuererhebung und datenschutzrechtliche Bedenken Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 34 Mündliche Frage 49 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Rolle des Europäischen Parlaments bei der Prüfung nationaler Haushaltspläne nach Aufwertung des EU-Währungskommissars Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 35 Mündliche Fragen 50 und 51 Manfred Kolbe (CDU/CSU) Rentenbezüge des amtierenden EZB-Präsidenten Mario Draghi aufgrund seiner früheren Tätigkeit als italienischer Zentralbankpräsident Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 36 Mündliche Frage 52 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Finanzielle Ausstattung eines etwaigen Solidaritätsfonds für die Euro-Zone Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 37 Mündliche Frage 53 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Fiskalische Multiplikatoren als Grundlage der Konjunkturprognosen der aktuellen Programme auf EU-Ebene Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 38 Mündliche Frage 54 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zulassung von Fluorchinolon-Präparaten für die Geflügelbehandlung in den USA und in Deutschland Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 39 Mündliche Fragen 55 und 56 Gustav Herzog (SPD) Anzahl der seit 2007 erteilten Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprüfung laut § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und Bewertung durch die Bundesregierung Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 40 Mündliche Frage 57 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einsatz von Elektroreizgeräten bei Diensthunden des Kommandos Spezialkräfte und Handlungsbedarf Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 41 Mündliche Frage 58 Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einschätzung des Statistischen Bundesamtes und des Normenkontrollrates zu den Kosten für Kommunen durch Einführung des Betreuungsgeldes Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 42 Mündliche Frage 59 Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verzögerte Bereitstellung von Bundesmitteln für die Länder zur Deckung zusätzlicher Betriebskosten für neu geschaffene Kitaplätze Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 43 Mündliche Frage 60 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erfüllungsaufwand der Kommunen bei einer möglichen Einführung des Betreuungsgeldes Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 44 Mündliche Frage 61 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Finanzhilfen des Bundes an die Länder für weitere Kinderbetreuungsplätze und Bedingungen zur Auszahlung der Mittel Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 45 Mündliche Fragen 62 und 63 Florian Pronold (SPD) Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen vor dem Hintergrund der Studie „Das bessere Donaukonzept“ Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 46 Mündliche Fragen 64 und 65 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Definition und statistische Erfassung des Begriffs „Stau auf Bundesautobahnen“ Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 47 Mündliche Frage 66 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Teilnehmerkreis und Initiativen zur Förderung des von Bundesminister Ramsauer vorgeschlagenen Runden Tisches zur Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS 200. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. Oktober 2012 Beginn: 13.00 Uhr Vizepräsidentin Petra Pau: Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: 10. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Bundesminister des Auswärtigen, Herr Dr. Guido Westerwelle. Bitte, Herr Minister. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf darauf aufmerksam machen, dass das Kabinett heute einen sehr umfangreichen 10. Bericht der Bundesregierung über die gemeinsame Menschenrechtspolitik verabschiedet hat. Es ist Ihnen bekannt, dass dieser nicht der Bericht eines Ressorts ist, sondern dass es natürlich eine Querschnittsaufgabe ist. Das heißt, dass auch die unterschiedlichen Ressorts -sowohl innen- als auch außenpolitisch zu Haltung, den Aktionen und den notwendigen Maßnahmen zur Menschenrechtspolitik beigesteuert haben und wir vom Auswärtigen Amt dies koordiniert haben. Der Menschenrechtsbericht stellt die zentralen Entwicklungen in der deutschen und in der internationalen Menschenrechts-politik für den Zeitraum vom 1. März 2010 bis zum 29. Februar 2012 dar. Er verdeutlicht die zentrale Rolle der Menschenrechte in der Außen- und in der Innenpolitik der Bundesregierung. Die Bundesregierung betrachtet den Einsatz für Menschenrechte als ein zentrales Politikanliegen, innen- wie außenpolitisch. Wir wollen eine interessengeleitete, vor allen Dingen aber auch eine werteorientierte Außenpolitik. Es gibt aus unserer Sicht keine menschenrechtsfreien Politikbereiche. Das ergibt sich schon aus den vorgestellten Aktivitäten: Einsatz für die Religionsfreiheit – Sie alle wissen, dass das leider in den letzten Jahren an Dringlichkeit und an Bedeutung zugenommen hat –, aber auch der Einsatz für Kinder- und Frauenrechte, der Schutz von Menschenrechtsverteidigern – das sehe ich selber als besonders wichtig an; wenn man etwas für Menschenrechte tun will, muss man gerade auch die Menschenrechtsverteidiger schützen und ihre Arbeit unterstützen –, die Verhinderung von Menschenhandel, der Einsatz für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und die Bekämpfung von Diskriminierungen. Der Bericht greift auch aktuelle politische Entwicklungen auf, zum Beispiel den Umbruch in der arabischen Welt – ich habe auf das Thema der religiösen Pluralität bereits hingewiesen –, aber auch das deutsche Engagement im Sicherheitsrat zu dem wichtigen Anliegen „Kinder in bewaffneten Konflikten“, das heißt, den besseren Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten durch die internationale Staatengemeinschaft zu gewährleisten. Hinzu kommt – hier darf ich mich beim Deutschen Bundestag über alle Fraktionsgrenzen hinweg bedanken – die Unterstützung für die von Deutschland aus initiierte Kampagne für ein universelles Menschenrechtslogo. Es ist sehr verbreitet – ich sehe, Herr Kollege Strässer, Sie haben es angesteckt – und hat international eine erfolgreiche Bewegung und Unterstützung ausgelöst. Der Bericht wird ergänzt durch ein Länderkapitel. Dort werden die menschenrechtlichen Entwicklungen in circa 70 Staaten aufgezeigt und die Maßnahmen zur Förderung von Menschenrechten vor Ort vorgestellt. Es ist uns allen bekannt, dass Menschenrechtspolitik Ausdauer und Hartnäckigkeit verlangt, manchmal ein klares Auftreten in der Öffentlichkeit, sehr oft auch ein leises, aber deswegen nicht minder engagiertes Vorgehen. Der Einsatz für Menschenrechte erfordert gelegentlich schmerzhafte, aber unvermeidbare Abwägungen. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Ein integraler Bestandteil des Berichts ist der Aktionsplan Menschenrechte der Bundesregierung. Das ist ein Aktionsplan, der auf eine Initiative des Deutschen Bundestages zurückgeht. Sie finden ihn jetzt hier umgesetzt. Er zeigt die Prioritäten für die Arbeit der Bundesregierung in den nächsten zwei Jahren auf. Der Entwurf dieses Aktionsplans wurde mit Vertretern des Deutschen Instituts für Menschenrechte und des Dachverbandes der deutschen Menschenrechtsorganisationen, Forum Menschenrechte, erörtert. Dieser Austausch hat sich – das hat mir Markus Löning als Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe bestätigt – als sehr nützlich erwiesen. Wir wissen, dass die Menschenrechtspolitik nicht nur von der Regierung, sondern auch von vielen Institutionen, national wie international, wahrgenommen und -getragen wird. Dazu zählen die Ministerien, die Parlamente, rechtsstaatliche Träger, natürlich auch die Menschenrechtsinstitutionen bis hin zu Gewerkschaften, Unternehmen und Interessenverbänden, vor allem aber auch die Zivilgesellschaften. Dass wir die Zivilgesellschaften durch unsere Politik stärken, ist ganz offensichtlich. Mit diesem Menschenrechtsbericht wollen wir zum Dialog einladen. Frau Präsidentin, das soll als Einführung – wie ich hoffe, in der von Ihnen gesetzten Zeit – genügen. Vizepräsidentin Petra Pau: Herzlichen Dank, auch für die Einhaltung der Zeit. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. Die erste Frage stellt der Kollege Volker Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bundesaußenminister, ich komme gerade – genauso wie die Vizepräsidentin – von der Einweihung des Denkmals für die unter dem nationalsozialistischen Regime ermordeten Sinti und Roma. In dem UPR-Bericht für Deutschland gibt es mehrere Empfehlungen zur Verbesserung der Situation von Roma in Deutschland. Bei meiner kursorischen Überprüfung Ihres Berichts, der uns erst seit wenigen Minuten vorliegt, habe ich zwar gelesen, dass sich Deutschland dafür einsetzt, dass in der EU die Programme zur Verbesserung der Situation der Roma unterstützt werden. Im nationalen Teil habe ich jedoch keine Silbe darüber gefunden, inwieweit die Bundesregierung bislang den Forderungen aus Genf an die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf eine Umsetzung nachgekommen ist. Die Bundeskanzlerin hat anlässlich der Einweihung eine sehr gute Rede zu den Konsequenzen gehalten, die ein solches Gedenken an die Sinti und Roma für die Politik haben muss. Vielleicht ist auch deshalb der Bundesinnenminister zu der Gedenkveranstaltung gar nicht erst gekommen. Hoffentlich haben diese guten Worte irgendeine Konsequenz, zum Beispiel was die Situation von Roma-Flüchtlingen aus Serbien und Mazedonien betrifft. Wir müssen endlich begreifen: Wenn Menschen fliehen, weil sie nicht wissen, wie sie über den Winter kommen sollen, weil sie kein Dach über dem Kopf, kein Wasser, keinen Strom, keine Heizung haben und weil die Lebensmittelversorgung nicht gesichert ist, dann kann das nicht einfach mit Abschottungs- und Abschiebungsrhetorik abgehandelt werden, wie das der Bundesinnenminister in den letzten Wochen getan hat. Ich möchte von Ihnen ganz konkret wissen: Welche Empfehlungen aus dem UPR-Bericht zur Verbesserung der Situation der Roma hat die Bundesregierung seit 2009 umgesetzt, und welche wird sie in dieser Wahl-periode noch umsetzen? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Minister. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege, zunächst einmal teile ich Ihre Einschätzung, dass die Bundeskanzlerin soeben eine sehr gute Rede gehalten hat. Ich habe sie zwar nicht verfolgt, bin aber generell dieser Auffassung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es schockiert mich, dass Sie das nicht inhaltlich prüfen!) – Lassen Sie es doch gut sein. Das war doch erkennbar eine ironische Bemerkung. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Was? Das war nicht ernst gemeint? Ist ja unerhört! Das bekommen Sie nicht mehr geradegebogen!) Vizepräsidentin Petra Pau: Überwiegend hat jetzt der Herr Minister das Wort. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Frau Präsidentin – das ist doch auch eine Freude –, ich fange noch einmal von vorne an. (Heiterkeit) Zunächst einmal teile ich Ihre Auffassung, dass die Frau Bundeskanzlerin soeben eine sehr gute Rede gehalten hat. Zum Zweiten, Herr Kollege, kann ich Ihren auch von Sorge getragenen Äußerungen mit allem Ernst zustimmen, was die Lage von Roma und Sinti angeht. Wie Sie wissen, habe ich mich als Außenminister damit in Gesprächen vor allen Dingen mit zwei EU-Mitgliedstaaten befasst. Es ist aber nicht so, als reagierte die Bundesregierung auf die zum Teil sehr schwierige Lage von Roma und Sinti lediglich mit Abschieberhetorik, wie Sie es formuliert haben. Das kann ich nicht erkennen. Im Gegenteil: Unsere Politik ist umfassend angelegt. Die Verbesserung von Bildungschancen und die Integration von Roma und Sinti sind zentrale Anliegen der Innenpolitik der Bundesregierung, zu der ich als Außenminister nicht weiter Stellung nehmen kann. Aber ich kann -Ihnen versichern, dass wir in jedem Fall auf eine sorgfältige Prüfung von einzelnen Familienschicksalen Wert legen. Was aber nicht geht, ist, dass Menschen unter dem Vorwand, Asyl zu beantragen, nach Deutschland kommen und damit uns, aber auch die Länder, aus denen sie kommen, in erhebliche Schwierigkeiten bringen, obwohl diese Menschen, wie die Anerkennungsquote zeigt, offenkundig nur sehr geringe Aussichten haben, als Asylbewerber anerkannt zu werden. Insofern denke ich, dass die Art und Weise, wie wir mit Roma und Sinti verfahren, verantwortungsvoll und auch angemessen ist. Wir nehmen die Belange der Menschen, aber auch die außen- und innenpolitischen Belange unseres Landes wahr. Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Beck, ich nehme Ihren Wunsch nach einer weiteren Frage in die bereits sehr umfangreiche Liste von Fragestellern auf. Die nächste Frage stellt der Kollege Rolf Mützenich. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Wenn ich mir die Freiheit nehmen darf, würde ich mich gerne bei Herrn Löning, dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundes-regierung, für seine Arbeit bedanken, insbesondere für seine Stellungnahmen, die wir größtenteils unterstützen. Herr Minister, ich möchte Ihnen gerne die Gelegenheit geben, kurz präzisere Ausführungen zum Stellenwert der Menschenrechte und insbesondere zu ihrer Berücksichtigung bei Rüstungsexporten zu machen; denn die Bundeskanzlerin hat am Wochenende nach meiner Einschätzung eine kleine Veränderung vorgenommen. Es soll nun offensichtlich ermöglicht werden, mehr Rüstungsgüter an Länder zu liefern, selbst wenn diese keine Sicherheitsleistungen erbringen können. Da würde ich schon gerne die Frage der Menschenrechte ansprechen. Der zweite Aspekt betrifft die Situation der Menschenrechte in Russland: Welche Bedeutung hat das Thema ganz konkret bei den deutsch-russischen Regierungskonsultationen Anfang nächsten Monats? Vielleicht können Sie sich auch dazu einlassen – die Bundeskanzlerin hat es über ihren Sprecher schon getan –, wie Sie die Äußerungen des Koordinators für die deutsch-russische zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit, Schockenhoff, bewerten. Der dritte Aspekt in diesem Zusammenhang: Wir alle machen uns riesengroße Sorgen um die humanitäre Situation und damit auch um die Menschenrechte in Syrien bzw. in den Flüchtlingslagern. Wie kann insbesondere die Situation der betroffenen Menschen verbessert werden, vielleicht im Rahmen einer breiteren Flüchtlings-politik der EU unter Beteiligung der Bundesregierung? Vielen Dank. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Frau Präsidentin, wie viel Zeit habe ich denn? Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben eine Minute. – Mit Ihrer Frage geben Sie mir die Gelegenheit, Herr Minister, auf Folgendes hinzuweisen: Die erste Frage des Kollegen Beck ist etwas -ausführlicher ausgefallen, da durch ein Versehen im Präsidium das Lichtsignal nicht eingeschaltet wurde. Ansonsten gilt – das als Erklärung für diejenigen, die dem folgen, was wir hier im Moment diskutieren –, dass es in dem Moment, in dem begonnen wird, eine Frage zu stellen, ein optisches Signal gibt. Wenn das Signal auf Rot umschaltet, dann ist die Minute für die Fragestellung abgelaufen. Gleiches gilt für die Antwort: Wir lassen dem Herrn Minister und den nachfolgenden Mitgliedern der Bundesregierung bei der Beantwortung Unterstützung durch das optische Signal zuteilwerden. Sollten sie dies nicht beachten, erlaube ich mir, nach einer gewissen Zeit einzuschreiten. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Frau Präsidentin, ich danke Ihnen für diesen technischen Hinweis. – Herr Kollege Mützenich, ich betrachte es allerdings als Ding der Unmöglichkeit, Ihre Frage zu Waffenexporten, zur Russlandpolitik und zu Syrien innerhalb von zwei Minuten befriedigend zu beantworten. Deswegen werde ich Sie, wie ich befürchte, an einigen Stellen ratlos zurücklassen müssen. Was Ihre erste Frage zu den Waffenexporten angeht, Herr Kollege: Es gibt keine Veränderung der Waffen-exportpolitik der Bundesregierung. Es bleibt dabei, dass wir unsere Waffenexportpolitik natürlich nach den Regeln betreiben, die es nicht erst seit kurzem gibt, sondern die sich seit langen Jahren bewährt haben und von vielen Bundesregierungen befolgt wurden. Was das zweite Thema angeht, zu Russland: Hierzu hat sich bereits der Sprecher meines Amtes geäußert, und zwar noch am selben Tag, als die infrage stehenden Äußerungen aus dem russischen Außenministerium über die Nachrichtenagenturen gelaufen sind. Ich kann dazu nur noch einmal sagen: Herr Kollege Schockenhoff ist ein bewährter und anerkannter Kollege des Deutschen Bundestages, und es gibt aus unserer Sicht keinen Grund für derartig zugespitzte Vorwürfe, wie sie über Agenturen verbreitet worden sind. Herr Kollege Schockenhoff wird seine Tätigkeit fortsetzen, und er hat dabei die Rückendeckung nicht nur der Bundesregierung, sondern selbstverständlich auch des Auswärtigen Amtes. So hat sich der Regierungssprecher bereits geäußert, und so hat sich auch – bereits vor dem Wochenende – der Sprecher meines Hauses dazu eingelassen. Die Frage zu Syrien ist – wie ich sehe, blinkt das Signal bereits rot, Frau Präsidentin – am schwierigsten zu beantworten. Dieses Thema hat zumindest zwei große bedeutungsvolle Aspekte: zum einen die Lage der Menschen in Syrien und zum anderen die schwierige Abwägung im Hinblick auf die Gefahr eines Flächenbrandes für die gesamte Region. So beklagenswert und traurig die Menschenrechtslage in Syrien ist, so wichtig es ist, den Menschen in Syrien zu helfen, so notwendig ist es auch, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern alles in der Außenpolitik dafür tun, dass aus dem syrischen Konflikt kein Flächenbrand in der gesamten Region entsteht. Diese Gefahr ist sehr real und ist in den letzten Wochen und Tagen noch einmal deutlich gestiegen. Das bezieht sich nicht nur auf die Konfliktlage an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien – Sie sind Außenpolitiker und kennen das sehr genau –, sondern auch auf die Lage, die durch die große Zahl von Flüchtlingen entstehen kann, die dankenswerterweise in Jordanien versorgt werden, und leider darauf, dass dieser Konflikt durch Gewalt auch in den Libanon gebracht werden kann. Deswegen ist beides notwendig: der Schutz der Menschen und ihrer Menschenrechte, aber auch nach besten Kräften die Verhütung und die Verhinderung eines Flächenbrandes, bei dem ein Land nach dem anderen in Brand gesetzt werden könnte. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Christoph Strässer. Christoph Strässer (SPD): Herzlichen Dank für die sehr zeitnahe Vorlage des Berichts. Ich halte das für ein gutes Zeichen. Ich möchte mich dem Dank an Herrn Löning ausdrücklich anschließen, auch für die gute Zusammenarbeit in den letzten Jahren. Wir haben seit 2008 ein Thema auf der Tagesordnung, das etwas mit dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Menschenrechtsschutz zu tun hat. Es geht um die Ratifizierung des Zusatzprotokolls zum Vertrag über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Bei erster Durchsicht des Berichts finde ich – auch in Teil D, in dem es um den nationalen Aktionsplan geht – hierzu keinerlei Äußerungen. Wir sind 2009 – das war auch verständlich – von Ihnen informiert worden, das brauche alles seine Zeit, damit es gut werde. Jetzt sind weitere drei Jahre ins Land gegangen, und wir sehen keinerlei Fortschritte. Ich bitte Sie, darzulegen, welche Position die Bundesregierung zu diesem Thema hat und wann mit der Vorlage eines Ratifizierungsvertrages hier im Deutschen Bundestag zu rechnen ist. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege, dazu kann ich Ihnen derzeit keine zeitlichen Angaben oder Ankündigungen machen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir unverändert um eine Lösung bemüht sind. Aber ich kann Ihnen heute keinen Zeitpunkt dazu ankündigen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Annette Groth. Annette Groth (DIE LINKE): Danke schön. – Herr Minister, Sie haben kurz den Menschenhandel erwähnt. Als Berichterstatterin des -Europarats für Menschenhandel liegt mir dieses Thema sehr am Herzen. Als ich den Bericht der Bundesregierung gelesen habe, habe ich eine Region vermisst. Das ist der Sinai. UN-Flüchtlingskommissar Guterres hat neulich im Ausschuss für Menschenrechte und im AwZ die Situation auf dem Sinai als das größte weltweite Flüchtlingsdrama bezeichnet. Mir liegt ein erschütternder Bericht über Menschenhandel auf dem Sinai vor – hier ist die Rede von Flüchtlingen zwischen Leben und Tod –, der auch in Ihrem Haus diskutiert wird; ich habe eben mit einem Beamten aus dem AA gesprochen. Ich habe diesen Bericht Herrn Löning zugeleitet. Die Lage ist sehr dramatisch. Menschen werden aus Flüchtlingslagern im Sudan gekidnappt, auf den Sinai gebracht, teilweise mehrmals verkauft, um dann von Verwandten Lösegeld zu erpressen. Bei uns spielt dieses Thema leider nur eine marginale Rolle. In Norwegen zum Beispiel wird fast jeden Tag in sämtlichen Medien darüber berichtet. Beispielsweise gibt es einen eritreischen Flüchtling, dessen vier Kinder sich auf dem Sinai befinden. Jetzt wird Geld gesammelt, um sie freizukaufen. Es ist fürchterlich, über die Folterungen zu lesen. Ich möchte wissen: Ist Ihnen das bekannt? Was wird die Bundesregierung tun, um Menschenrechtsverletzungen wie Folter zu stoppen? Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Frau Kollegin, ich kann Ihnen beim besten Willen nicht sagen, an welcher Stelle des fast 300 Seiten umfassenden Berichts der Bundesregierung genau das Problem des Menschenhandels, das natürlich alle Regionen betrifft, aufgeführt wird. Das erwarten Sie sicherlich auch nicht von mir. Natürlich ist es ein zentrales Anliegen. Deswegen habe ich es in den wenigen Bemerkungen meiner Einführung angesprochen. Ansonsten muss ich Ihnen sagen – ohne auf Einzelheiten Ihrer Hinweise einzugehen –: Die Situation auf dem Sinai beunruhigt uns in vielerlei Hinsicht einschließlich der Gefahr, dass dort Terroristen geschult und ausgebildet werden bzw. Rückzugsgebiete finden. Es hat Berichte über Organhandel gegeben. Menschenrechtsrelevante Themen wie Menschenhandel, den Sie zu Recht ansprechen, spielen eine Rolle. Es gibt Entführungen. Ich kann Ihnen versichern, dass das Thema Lage auf dem Sinai von mir persönlich in zentralen Gesprächen mit den betreffenden Regierungen und Präsidenten der Region angesprochen wurde. Ich werde in der Öffentlichkeit nicht über alles berichten können – Sie wissen, dass diese Gespräche eine gewisse Vertraulichkeit verlangen –, aber ich kann Ihnen versichern, Frau Kollegin, dass dieses Thema von mir persönlich an relevanter Stelle angesprochen worden ist; denn wir haben ein massives gemeinsames Interesse daran, dass sich die Lage auf dem Sinai stabilisiert. Wir werden vielleicht nicht in politischen Bewertungen, was die gesamte Region angeht, übereinstimmen – das ist in Bezug auf den Nahostfriedensprozess oder die gesamte Politik im Mittleren und Nahen Osten nicht zu erwarten –, aber ich kann Ihnen versichern: Das Thema wurde von mir an relevanter Stelle angesprochen. Ich nenne hier aber weder Ross noch Reiter, weil es sich gegenüber den Gesprächspartnern als unklug erweisen würde. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Kollegin Erika Steinbach hat das Wort zur nächsten Frage. Erika Steinbach (CDU/CSU): Herr Außenminister, zunächst einmal bedanke ich mich dafür, dass sich die Bundesregierung des Themas Menschenrechte so intensiv annimmt. Das haben uns die letzten Jahre deutlich gemacht. Auch ich möchte den Bereich Menschenhandel ansprechen; denn in diesem Bereich wird heutzutage mehr Geld verdient als mit dem Drogenhandel. Deutschland ist nicht nur Transitland, sondern auch Zielland von Menschenhändlern. Inwieweit verzahnen Sie auf Regierungsebene Außen- und Innenpolitik? Mir scheint eine solche Verzahnung nötig zu sein. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Frau Kollegin, wir belegen mit diesem ressortübergreifenden Menschenrechtsbericht, vor allen Dingen aber mit dem Aktionsplan, dass es sich dabei um eine vernetzte Politik handelt. Ich danke Ihnen für die freundlichen, anerkennenden Worte. Ich sage das in aller Bescheidenheit: Die Menschenrechtspolitik hat für diese Bundesregierung eine sehr hohe Bedeutung, und zwar nicht nur in der Außenpolitik, sondern auch in allen anderen Bereichen. Wir sind bei diesem Thema ressortübergreifend sehr sensibel, vor allen Dingen natürlich in den Bereichen, in denen Außen- und Innenpolitik zusammentreffen. Ich habe, wie ich es dem Kollegen Beck bereits gesagt habe, nur Gutes über die Zusammenarbeit zwischen dem Innen- und dem Außenministerium zu berichten, gerade beim Thema Menschenrechte. Es gibt natürlich immer Fragen – das liegt in der Natur des Zuschnitts dieser Ämter –, bei denen das eine Ressort qua Amt ganz besonderen Wert auf die Sicherheit legen muss und zu denen das andere Ressort Vorschläge einbringen kann. Mein Eindruck ist, dass diese vernetzte Politik so betrieben wird, wie man das von der Regierung erwarten kann. Der vorliegende Bericht ist ein fast 300 Seiten starkes Dokument, das zeigt, dass es eine vernetzte Menschenrechtspolitik gibt und es keinen Unterschied zwischen dem Engagement für die Einhaltung der Menschenrechte im Ausland und der Menschenrechtspolitik im Inland gibt. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Angelika Graf. Angelika Graf (Rosenheim) (SPD): Herr Minister, ich möchte an dieser Stelle nahtlos anschließen. Ich war gestern Abend beim Festakt des Behandlungszentrums für Folteropfer hier in Berlin. Dieses Zentrum leistet seit 20 Jahren eine sehr segensreiche Arbeit, was die Behandlung von Menschen betrifft, die aufgrund von Folter traumatisiert sind. Ich habe mir den Bericht, so schnell es ging, auf genau dieses Thema hin angeschaut. Ich habe herausgefunden, dass sich die Ausführungen zur Bekämpfung der Folter im 9. und 10. Bericht im Wesentlichen gleichen. Sie sind, denke ich, ernüchternd, was den nationalen Präventionsmechanismus betrifft. Im 9. Bericht stand dazu, dass Sie die personelle und finanzielle Ausstattung prüfen wollen. Jetzt, zwei Jahre später, heißt es, dass die Praxisberichte vorliegen und die Ausstattung überprüft wird. Ich kann nicht ganz verstehen, warum Sie zugelassen haben, dass der Leiter der Bund-Länder-Kommission zurückgetreten ist. Er ist aus Protest zurückgetreten, weil er die für seine Arbeit erforderliche Ausstattung nicht bekommen hat. Ich frage Sie als Minister: Warum wird ein bekannter Missstand überprüft, wenn keine Konsequenzen aus dem Missstand gezogen werden? Welche Erklärung haben Sie als Außenminister dafür, dass wir in anderen Ländern gegen die Folter kämpfen und diese auffordern, Mechanismen gegen Folter einzurichten, im eigenen Land aber keinen Schwerpunkt auf dieses Thema legen? Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Frau Kollegin, in Ihrer Frage schwingt ein Vorwurf an die Bundesregierung mit, den ich nicht teile. Ich glaube, dass die Bundesregierung kohärent verfährt: Engagement im Ausland und Unterstützung der Kräfte im Inland, die sich zum Beispiel zivilgesellschaftlich gegen Folter engagieren. Ich kann hier keine Defizite erkennen. Ich lege großen Wert darauf, dass dies beim Aktionsplan berücksichtigt wird. Sie haben gesagt, dass Sie die Berichte verglichen haben. Ich kann jetzt nicht mit Ihnen darüber diskutieren, ob sich die Worte oder Formulierungen gegen Folter ähneln. Es spricht aber vieles dafür, dass sich die Formulierungen zum Thema Kampf gegen Folter weltweit ähneln; denn das ist ein Anliegen, das sich nicht von Regierung zu Regierung oder von Periode zu Periode verändert. Deshalb spricht viel dafür, dass bei diesem Thema die Kontinuität gewahrt wird. Ich kann keine Defizite seitens der Bundesregierung erkennen, auch nicht, was die Politik gegen Folter angeht, weder im Inland noch im Ausland. Ich kann das nicht erkennen. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie etwas zu dem Rücktritt!) – Nein, ich kann dazu keine Erklärungen abgeben. Das tue ich hier auch nicht. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der war politisch begründet!) Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor ich das Wort der Kollegin Katrin Werner gebe, ein Hinweis an alle Kolleginnen und Kollegen: Im Augenblick habe ich noch zehn Wortmeldungen vorliegen. Es ist mir möglich, wenn großes Interesse an diesem Thema besteht – das ist zweifellos der Fall –, die Dauer der Befragung zu verlängern. Dann wird die nachfolgende Fragestunde verkürzt. Ich habe vor, alle zehn Wortmeldungen zuzulassen. Das Wort hat nun die Kollegin Katrin Werner. Katrin Werner (DIE LINKE): Vielen Dank. – Herr Minister, ich möchte an das anschließen, was meine Vorrednerin gesagt hat. In Teil A des Berichts, also dem Abschnitt zu Deutschland, findet sich die Erkenntnis, dass zu wenig Mittel bereitgestellt werden. Wir hatten im Ausschuss Änderungsanträge zu diesem Haushaltstitel eingebracht, in denen wir um eine Erhöhung der Mittel gebeten haben. Diese wurden abgelehnt. Insofern stellt sich, wenn Sie es sogar im Bericht festhalten, die Frage: Wie wollen Sie daran etwas ändern, außer dem mit Programmen entgegenzuwirken? Ein weiterer Abschnitt – ich möchte mich nur auf Teil A beschränken; der Bericht wurde uns ja erst vor zwei Stunden vorgelegt – befasst sich mit Menschenrechten in Deutschland. Ich habe beim Überfliegen des Berichts gesehen, dass Sie dem Thema Armut in Deutschland zwei Seiten widmen. Kein einziges Mal wird Altersarmut erwähnt. Sie kündigen den vierten -Armuts- und Reichtumsbericht an, der zumindest als Entwurf schon seit Wochen vorliegt. Aus diesem geht ja klar hervor, dass jeder fünfte Deutsche von Armut und Ausgrenzung bedroht ist. Insofern fehlen mir präzisere Angaben in Ihrem Bericht dazu. Sie gehen auf einer Seite auf die Alleinerziehenden ein – auch ein sehr wichtiges Thema, wie ich finde. Weiter hinten im Bericht steht, dass Sie eine Initiative starten wollen und die Ämter bei der Anwendung des Kinder- und Jugendhilferechts in Menschenrechtsfragen unterstützen wollen. Über die Situation der Länder und Kommunen haben wir ja schon im Ausschuss gesprochen: Die Länder und Kommunen – die Kommunen sind die kleinste, aber wichtigste Einheit – sind immer mehr von Finanzproblemen bedroht und mussten in den letzten Monaten gerade im sozialen Bereich Kürzungen vornehmen, weil sie dem Entschuldungsfonds beigetreten sind. Vor diesem Hintergrund ist doch die Umsetzung -Ihrer Erkenntnisse überhaupt nicht mehr möglich. Wie wollen Sie das also schaffen? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Minister. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Zunächst einmal, Frau Kollegin, möchte ich auf eines hinweisen: Es wurde jetzt zum zweiten Mal gesagt, dass Sie den Bericht erst vor zwei Stunden bekommen haben. Das ist kein Wunder; denn wir haben ihn erst vor -zweieinhalb Stunden in der Regierung beschlossen. Es handelt sich natürlich um einen umfangreichen Bericht. Dieser muss von Ihnen erst einmal im Detail gelesen werden. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das Thema für hier angemeldet!) – Das ist auch völlig in Ordnung. – Ich stelle nur fest, dass das Thema – ich glaube, für uns alle – wichtig ist und dass hier nichts zurückgehalten wird. Wir haben den Bericht also heute Morgen im Kabinett beschlossen, und wir haben ihn Ihnen dann unverzüglich zugeleitet. Natürlich handelt es sich um ein sehr komplexes Thema. Daher ist es für Sie, aber auch für alle anderen schwierig, schon jetzt alle Details des Berichts, der etwa 300 Seiten umfasst, zu kennen. Ich will dies nur sagen, weil ich sehr viel Wert darauf lege, dass hier nicht der Misston einer Missachtung Ihrer Arbeit stehen bleibt. Dafür habe ich dem Deutschen Bundestag viel zu lange als Abgeordneter auf der Oppositionsseite angehört. Nun zu Ihrer Frage. Sie sagen, es würden zu wenig Mittel eingesetzt. Das kann ich nicht erkennen. Ich glaube, dass die im Haushaltsansatz vorgesehenen Mittel ausreichend sind, um unsere Menschenrechtspolitik vernünftig fortzusetzen. Wenn man in einem bestimmten Bereich tätig ist, hat man immer das Bedürfnis, dass dort noch mehr Mittel eingesetzt werden. Das ist verständlich. Das geht auch mir in meinem Ressort gelegentlich so. Aber wir alle haben einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Staatsfinanzen in Deutschland wieder ausgeglichen werden bzw. stabil bleiben. Deswegen ist dies immer in einem Zusammenhang zu betrachten. Das kann ich Ihnen dazu antworten. Vielleicht noch ein Nachsatz. Bitte erlauben Sie mir eines: Ich würde Ihnen gerne meine Gedanken zum Thema Altersarmut vortragen – ich hätte dazu eine ausführliche Meinung –, aber als Außenminister bitte ich Sie um Verständnis, dass Sie diese Fragen im Ausschuss, wenn Sie den Bericht beraten, mit dem zuständigen -Kollegen besprechen. Ich bin immer in der Versuchung, dass ich gewissermaßen universell zu Themen antworte, die nicht zu meinem Geschäftsbereich gehören. Aber wie sagt man so schön? Diese Zeit ist für mich vorbei. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Ute Granold. Ute Granold (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Herr Minister! Zunächst einmal herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. Ich möchte zwei Punkte ansprechen: die Religionsfreiheit und den Menschenhandel. Im Zusammenhang mit dem Thema Religionsfreiheit bedanke ich mich ausdrücklich für Ihr Engagement für den Schutz der religiösen Minderheiten, insbesondere der Christen. Sie waren mehrfach in den Staaten des arabischen Frühlings, in Ägypten, im Irak. Herzlichen Dank dafür. Meine Frage bezieht sich auf Syrien; Sie hatten ja vorhin darüber gesprochen. Von dort gehen tagtäglich erschreckende Meldungen über verfolgte und ermordete Christen ein. Die Situation dort ist ganz schlimm. Vielleicht können Sie angesichts dieser Meldungen sagen, wie man hier sofort und konkret vonseiten der Bundes-regierung, aber auch der EU helfen könnte. Das Zweite ist das Thema Menschenhandel; hier geht es mir insbesondere um die Zwangsprostitution. Sie -haben sich im Menschenrechtsrat in Genf diesem Thema gewidmet. Es ist ja aufgrund der Blockbildung des Menschenrechtsrates sehr schwierig, gemeinsame Entscheidungen und Resolutionen auf den Weg zu bringen. Diese Blockbildung wurde, was das Thema Menschenhandel und gerade auch Zwangsprostitution angeht, durch die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und den Philippinen aufgebrochen. Wie wir von der Kollegin Steinbach gehört haben, ist Ziel- und Transitland Deutschland. Meine Frage: Kann Deutschland das eingeschlagene Vorgehen auf weitere Staaten erweitern, um diesem Problem des Menschenhandels besser gerecht zu werden? Auch an dieser Stelle herzlichen Dank für das Engagement im Menschenrechtsrat und auch dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Herrn Löning; er ist ganz wichtig für uns. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Vielen Dank, Frau Kollegin, auch für die anerkennenden Worte an Herrn Löning. Ich möchte Ihnen auch von meiner Seite aus sagen: Die Zusammenarbeit ist hervorragend, und ich bin sehr froh, wie Herr Löning als -Menschenrechtsbeauftragter diese Arbeit macht. Das, was ich in Genf gesagt habe – ich glaube, Sie waren damals dabei, als ich meine Rede gehalten habe –, gilt unverändert; das ist ein ganz zentrales Anliegen für uns. Man stellt sich das bei uns gelegentlich nicht so ernst und so dramatisch vor, weil wir weit weg von -solchen Fragen sind, jedenfalls was die unmittelbare -Betroffenheit angeht; aber sie sind dringlich. Dieses gesamte Thema – vielleicht haben Sie es verfolgt – ist uns auch während der Zeit unserer Präsidentschaft im -Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sehr wichtig gewesen. Ich komme nun zu dem ersten Thema, das Sie an-gesprochen haben. Hinsichtlich der Dringlichkeit, die Sie in Ihrer Frage zum Ausdruck gebracht haben, sehe ich es genauso. Ich wünschte, ich könnte Ihnen widersprechen und Ihnen eine andere Lagebeurteilung geben. Wir haben nicht nur in Syrien, sondern auch in vielen Ländern, in denen ein Umbruch bereits stattgefunden hat, ein Kernanliegen, nämlich Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Aber wir sagen: Zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zählt ausdrücklich auch die religiöse Pluralität. Der Schutz von Religionen ist ein ganz zentrales Anliegen nicht nur dieses Hauses, sondern auch der Bundesregierung. In Syrien finden wir folgende Situation vor: Es gibt in diesem Land eine große Mehrheit an Sunniten – sie -machen mehr als zweit Drittel der Bevölkerung aus –, es gibt ungefähr 13, 14 Prozent Alawiten – vielleicht etwas mehr – und eine etwas geringere Zahl von Christen, -vielleicht 12 Prozent. Darüber hinaus gibt es dann noch ungefähr 2 Prozent Schiiten, die nicht Alawiten sind. Dies muss man wissen, wenn man verstehen will, warum die Bundesregierung die Oppositionskräfte in Syrien so drängt – das habe ich auch am vorletzten Wochenende getan, als ich in Istanbul gewesen bin –, eine gemeinsame Plattform zu schaffen. Die Opposition muss sich auf eine gemeinsame Plattform verständigen. Diese -gemeinsame Plattform sollte nicht nur das berechtigte Verlangen nach der Ablösung des Assad-Regimes verbinden, sondern eben auch das Eintreten für und das klare Bekenntnis zur religiösen Pluralität, zur Gewährleistung religiöser Toleranz. Übrigens wird es nur möglich sein, den Erosionsprozess in Syrien zu beschleunigen, wenn diejenigen, die im Augenblick noch zögern, ob sie sich an der Transformation beteiligen sollen, das Gefühl und die Gewissheit -haben, dass auch sie und ihre Familie mit ihrem Glauben in einem neuen Syrien einen geschützten und geachteten Platz haben. Das ist ein zentrales Anliegen. Wenn Sie so wollen, ist das auch ganz harte Realpolitik, um die es hier geht. Der Schutz der religiösen Pluralität muss deutlich gewährleistet werden, weil nur so ein Erosionsprozess in dem Regime beschleunigt werden kann. Frau Präsidentin, wenn ich das noch sagen darf, weil es sich wirklich um eine Kernfrage handelt: Die Christen dort – Sie wissen, dass ich selber Christ bin – haben große Angst und große Sorge. Deswegen achte ich auch sehr genau darauf, mit wem von der Opposition wir zusammenarbeiten. Mehr will ich dazu nicht sagen, ich will es nur andeuten: Ich möchte nicht, dass wir – egal wo; ich sage das ganz allgemein – Kräfte unterstützen, die am Schluss, nachdem sie vielleicht erfolgreich gewirkt haben, ihrerseits religiöse Pluralität missachten und eher fundamentalistische, extremistische Einstellungen in ihrem Land verankern. Das ist eine Kernfrage, die, denke ich, uns alle bewegt. Deswegen – das ist manchmal nicht so klar verständlich – gehen wir bei der Zusammenarbeit mit bestimmten Oppositionskräften, nicht nur in Syrien, sehr maßvoll und sehr überlegt vor. Der Schutz der religiösen Pluralität ist ganz entscheidend. Ich spreche übrigens ungern von religiösen -Minderheiten; für mich sind das Teile der Gesellschaft, gewachsene Teile der Gesellschaft. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Ullrich Meßmer. Ullrich Meßmer (SPD): Erlauben Sie mir, Herr Minister, dass ich noch einmal auf die Frage der WSK-Rechte zurückkomme und auf die Umsetzung der VN-Richtlinien zur Einhaltung der Menschenrechte auch in der Wirtschaft, und zwar konkret die Umsetzung der Ruggie-Richtlinien. Die Europäische Kommission hat – das liegt wohl in Ihrem -Zuständigkeitsbereich – die Mitgliedstaaten aufgefordert, bis Ende 2012, also noch dieses Jahr, einen nationalen Aktionsplan zur Umsetzung vorzulegen. Ich weiß nicht, ob ich das übersehen habe; deshalb frage ich: Ist damit zu rechnen, dass dieser nationale Aktionsplan in diesem Jahr noch kommt, dann entsprechend beraten wird und in Kraft gesetzt werden kann? Oder wie stellt sich das Außenministerium die Umsetzung dieser Vorgabe vor? Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege, ich danke Ihnen zunächst einmal für Ihre Frage. Aus dem Stegreif kann ich sie Ihnen nicht beantworten, ich kann Ihnen keine Auskunft zum genauen Stand der Verhandlungen geben. Ich bin aber gerne bereit, das schriftlich nachzutragen. Vizepräsidentin Petra Pau: Nun stellt der Kollege Volker Beck seine angekündigte zweite Frage. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In gewisser Weise ist es die erste Frage. Sie, verehrter Herr Minister, haben nämlich nicht wirklich in der Sache geantwortet. (Zurufe von Abgeordneten der CDU/CSU und von der Regierungsbank) – Mit Verlaub: Keine Zwischenrufe von der Regierungsbank! – Sie haben nicht darauf geantwortet, was sich aufgrund des UPR-Berichts an der Roma-Politik ändern wird. Ich bitte Sie auch, zu beantworten, warum sich Deutschland als einziges Land der Europäischen Union weigert, die von der Kommission geforderte Roma-Strategie für Deutschland aufzulegen. Zum Schluss eine Frage – Sie können sie eigentlich mit Ja oder Nein beantworten –: Sind Sie meiner Auffassung, dass man Roma – unabhängig von der Frage einer politischen Verfolgung – nicht zurückschieben kann in eine Situation ohne Heizung, ohne Dach über dem Kopf, in der die Grundlagen einer menschenwürdigen Existenz also definitiv nicht gegeben sind? (Zuruf von der FDP: Fragen Sie das mal in -Baden-Württemberg!) Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Minister. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege, Sie stellen die Frage jetzt dem Außenminister. Sie wissen – Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich befrage die Bundesregierung. Sie können Herrn Bergner einspringen lassen. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Ich kann die Frage gerne auch weitergeben. Die Usancen sind aber doch eigentlich so, dass man versucht, auch etwas zu seinem Bereich zu sagen. Ich verstehe ja, dass Sie die Debatte heute noch einmal bringen möchten. Aber ich habe den Eindruck, dass der Hintergrund Ihrer Frage ein sehr innenpolitischer ist. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um den UPR-Bericht!) Ich muss Ihnen zum Ersten sagen: Ich teile die Unterstellungen nicht, die in Ihrer Frage zum Ausdruck kommen. Zum Zweiten kann ich Ihnen nur sagen: Dass die Bundesregierung sich weigern würde, die Rechte und die Umstände für Roma und Sinti entsprechend zu gestalten und zu verbessern, das kann ich beim besten Willen nicht erkennen, weder außenpolitisch noch innenpolitisch. So viel sei mir gestattet zu sagen. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass Sie sich da engagieren, kann ich auch nicht erkennen! Da stimme ich Ihnen zu!) Vizepräsidentin Petra Pau: Wir sind in der Fragestunde. Weiteren Vertretern der Bundesregierung steht es frei, zu antworten, wenn sie es wollen. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Ich bin gerne bereit. – Ich kann auch nichts zu den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern in solchen Fragen sagen. Es gehört sich nicht, dass der Außenminister dazu Stellung bezieht. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich stelle jetzt die Frage: Gibt es auf der Regierungsbank weiteren Bedarf, zu antworten? Ansonsten fahren wir fort. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Ich gebe es gerne weiter. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Bergner. Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Beck, ich bin etwas verwundert, dass Sie hier behaupten, die Bundesregierung hätte sich an der Roma-Strategie der Europäischen Union überhaupt nicht beteiligt. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um eine nationale Roma-Strategie! – Gegenruf der FDP: Jetzt sei doch mal ruhig!) Wir haben eine sogenannte Paketlösung vertreten, und es besteht Übereinstimmung – übrigens auch mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma –, dass wir Sinti und Roma bei unseren Bemühungen um eine Integration von Zuwanderern nicht selektiv behandeln, sondern hier die Instrumente der allgemeinen Integrationspolitik anwenden. Insofern ist mir der Hintergrund Ihrer Frage, ehrlich gesagt, nicht verständlich. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glaube ich! Lesen Sie die europäischen Dokumente!) Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage an den Außenminister stellt nun die Kollegin Marina Schuster. Marina Schuster (FDP): Vielen Dank. – Zunächst einmal möchte ich ganz persönlich Ihnen für die Vorlage des Berichts und auch für den Einsatz für Menschenrechte und Markus Löning für seine Arbeit danken. Schon der Entwurf des Aktionsplans wurde mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte und mit dem Dachverband, dem Forum Menschenrechte, diskutiert. Zu diesem Aktionsplan möchte ich eine Frage stellen. Wir erleben bei vielen Reisen, dass Menschenrechtsverteidiger – Sie haben sie auch in Ihrer Einführung erwähnt – sehr bedroht sind. Ich möchte gerne wissen, was sich die Bundesregierung vornimmt, um den Schutz von Menschenrechtsverteidigern zu verbessern – auch an den deutschen Botschaften. Zum zweiten Bereich. Deutschland kandidiert für einen Sitz im UN-Menschenrechtsrat. Ich begrüße das sehr. Mich würde interessieren, was man sich vornehmen und welche Schwerpunkte man setzen würde, sollte es mit dem Sitz klappen. Vielen Dank. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Frau Kollegin, das Thema Menschenrechtsverteidiger ist ganz erheblich. Ich habe entsprechende Gespräche schon geführt, bevor ich in die Regierung gekommen bin. Das Allerwichtigste ist dabei in bestimmten Ländern, offen gestanden, dass diese Gespräche so geführt werden, dass sie nicht öffentlich werden. Das wird in einer parlamentarischen Demokratie, wo alles öffentlich sein und öffentlich besprochen werden sollte, manchmal schwer verstanden. Es ist aber offensichtlich wichtig, mit Menschenrechtsverteidigern zusammenzuarbeiten, ohne sie gleich in eine größere Öffentlichkeit zu bringen, weil das ihre Arbeit in ihren eigenen Ländern sehr erschweren würde. Überall da, wo es nötig ist, also nicht nur in einigen Ländern, die aufgeführt worden sind – Sie finden in dem Bericht übrigens zum Teil detaillierte Ausführungen dazu –, haben wir zum Schutz der Menschenrechtsverteidiger wirklich eine Menge getan. Ich kann Ihnen versichern – das wissen auch die Kollegen –: Manche Lösung ist möglich geworden, weil wir es nicht öffentlich gemacht haben. Das ist immer die Krux: Wenn Sie Regierungsmitglied sind, dann müssen Sie mit bestimmten öffentlichen Äußerungen zurückhaltend sein, um die Sicherheit von Einzelnen und die Sicherheit ihrer Familien nicht zu gefährden. Ich kann Ihnen aber sagen: Es gibt einen klaren, umfassenden Ansatz und eine klare Priorität für alle Auslandsvertretungen, die es betrifft. Zum zweiten Teil Ihrer Frage, der Kandidatur für den UN-Menschenrechtsrat. Über diese Kandidatur wird am 12. November 2012 in der Vollversammlung der Vereinten Nationen entschieden. Es gibt fünf Kandidaten für drei Plätze. Deutschland ist ein Kandidat, und wir haben wirklich starke Mitbewerber. Wir waren einmal, nämlich unmittelbar nach der Gründung, im Menschenrechtsrat vertreten. Danach haben wir ausgesetzt, weil wir gesagt haben: Es sollen auch andere einmal diese Aufgabe übernehmen. Jetzt bewerben wir uns erneut. Das ist ein Wettbewerb, den man nicht unterschätzen darf. Wir betrachten das für uns – ich denke, wir alle im ganzen Land – natürlich als eine Sache, bei der wir ein gutes Profil haben und auch sehr viel Respekt und ein großes Ansehen genießen. Das gilt für die anderen Länder, um die es hier geht, aber auch. Ich will jetzt keine einzelnen Länder nennen, aber es handelt sich um auch bei der internationalen Gemeinschaft angesehene Kandidaten. Das wird eine schwierige Sache. Wir haben mit zwei Initiativen, glaube ich, etwas gezeigt, was viele in der Welt überzeugt hat. In Deutschland nicht viel beachtet worden ist unser Einsatz für die Rechte von Kindern in bewaffneten Konflikten. Darüber hat es hier wenig öffentliche Diskussionen gegeben; das ist aber ein Meilenstein gewesen, auch für die Arbeit im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Dieser Einsatz ist hoch anerkannt worden, auch von Völkern und von Staaten außerhalb unseres europäischen Kontinents. Das ist eine ganz wichtige Sache. Vielleicht haben einige Kollegen bei dieser Aktion mitgemacht, bei der wir Kinder ermunterten, etwas für ihre Altersgenossen zu tun; denn es ist zum Teil unvorstellbar, welche Schilderungen man in diesem Zusammenhang zu hören bekommt. Dann geht es auch um die Erweiterung unseres Menschenrechtsbegriffs. Auf den ersten Blick denken wir bei Menschenrechten an die politischen Rechte. Aber zu den Menschenrechten gehört zum Beispiel auch das Recht auf Wasser. Der Zugang zu Wasser, die Wasserversorgung – in unseren Breitengraden kaum vorstellbar – ist auch ein Menschenrecht. Sie sehen also: Wir gehen mit einem sehr breiten Verständnis von Menschenrechten an diese Debatte heran. Weil wir ein sehr umfassendes, breites Verständnis haben, das weit über das, was bisher besprochen worden ist, hinausgeht, glauben wir, sind wir ein guter Kandidat für einen Sitz im Menschenrechtsrat. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Marieluise Beck. Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister, auch ich möchte vor allen Dingen dem Beauftragten danken. Ich weiß, dass das Leben von Beauftragten nicht immer sehr angenehm ist. Es stehen nicht nur die deutsch-russischen Regierungskonsultationen an, sondern zeitgleich auch der Petersburger Dialog. Ihr Haus finanziert diesen Petersburger Dialog mit einer beträchtlichen Summe. Wir alle wissen, dass der Abbau von Bürgerrechten in Russland in einer dramatischen Geschwindigkeit zunimmt. Erst gestern ist das Hochverratsgesetz verschärft worden. Es gibt im Lenkungsausschuss des Petersburger Dialogs eine Differenz über die Frage, wie Russland gegenüberzutreten sei, ob eher in einer offenen Kontroverse oder eher an der Haltung orientiert, dass man die russische Seite nicht kränken bzw. so stark kritisieren, weil man sie damit überfordert, also nicht demütigen oder beleidigen dürfe. Ist Ihr Haus bereit, als gestaltender Teil des Lenkungsausschusses diejenigen, die für eine kontroverse Haltung eintreten – es soll ja um die Begegnung der Zivilgesellschaften gehen –, zu stärken und Ihre Mitarbeiter und Ihr Haus auch in dieser Weise im Lenkungsausschuss arbeiten und Vorgaben machen zu lassen? Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Frau Kollegin, ich will hier nicht zu einer Diskussion im Lenkungsausschuss Stellung beziehen. Aber ich nehme Ihre Frage zum Anlass, Ihnen eine allgemeine Antwort darauf zu geben, weil ich auf die konkreten Diskussionen im Lenkungsausschuss hier nicht Bezug nehmen möchte, auch weil ich nicht alle Diskussionsbeiträge im Lenkungsausschuss des Petersburger Dialogs kenne, nicht kennen kann. Meine allgemeine Bemerkung lautet: Bei diesem Dialog kommt es darauf an, um was es sich handelt und in welcher konkreten Situation bestimmte Sachen beschlossen werden. Ich bin bei meinem letzten Besuch in Moskau im Sommer, bei dem es überwiegend um die Frage von Syrien gegangen ist und bei dem wir versucht haben, eine Politikänderung Russlands im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen herbeizuführen, natürlich auch auf andere Themen eingegangen: die Lage von Nichtregierungsorganisationen, auch von ausländischen, sowie die Lage von Stiftungen und ihr Wirken in Russland. Die Auseinandersetzung darüber hat in der Pressekonferenz mit Sergej Lawrow öffentlich stattgefunden, weil ich das für notwendig erachtet habe. Ich will Ihnen ein weiteres Beispiel nennen. Ich habe die Urteile in dem Verfahren gegen die Mitglieder der Gruppe Pussy Riot öffentlich kritisiert. Das ist in solchen Fällen nicht die Regel, aber in diesem Fall hielt ich das für angemessen. Selbst wenn man akzeptiert, akzeptieren wollte, dass dies ein Verstoß gegen russisches Recht ist, so sind doch das Strafmaß und die Urteilsfindung sicherlich nicht über jeden Zweifel erhaben. Diese Fragen haben wir öffentlich angesprochen. Generell – das kann ich Ihnen sagen – geht es darum, dass wir die Balance halten: Auf der einen Seite müssen wir nachdrücklich für die Interessen der Zivilgesellschaft und der Menschenrechte in Russland eintreten, auch durch den Rechtsstaatsdialog, der Teil der Modernisierungspartnerschaft zwischen Russland und Deutschland ist; darauf lege ich großen Wert. Auf der anderen Seite muss man sich vor Augen führen, dass man nichts erreicht, wenn man sich im Inland, weil es dort entsprechenden Beifall gibt, öffentlich so scharfkantig äußert, dass man dann als Gesprächspartner nicht mehr angenommen wird und nichts mehr wirklich bewegen kann. Das ist die Balance, um die es geht. Es ist leider – das habe ich am Anfang gesagt – eine schwer zu findende Balance, eine schwer zu treffende Abwägung zwischen der Öffentlichkeit und der Diskretion. Beides muss man zur rechten Zeit tarieren. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Tom Koenigs. Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke sehr, Frau Präsidentin. – Herr Minister, ich habe gerade gelesen, was Sie im Bericht, der ja dankenswerterweise in ausführlicher Form pünktlich vorliegt, zum Kosovo schreiben. Da schreiben Sie, dass die Strategien zur Integration von Roma, Ashkali und der sogenannten Ägypter noch einer engagierten Umsetzung bedürfen. Jeder, der dort war, weiß, das ist in der Tat der Fall. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Sie meinen, im Kosovo? Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Kosovo, ja. – Sie sagen, WSK-Rechte sind dort nicht gegeben, und zwar am allerwenigsten für Roma, Sinti und Ashkali. Ich möchte den heutigen Tag, an dem sehr schöne Reden gehalten worden sind, doch dazu -nutzen, Sie zu bitten – das liegt auch in Ihrer Zuständigkeit –, die Bewertung des Kosovo bezüglich der Rücksendemöglichkeiten von Roma und Sinti noch einmal zu überprüfen. Von diesen befinden sich noch 12 000 in Deutschland; davon sind mehr als die Hälfte Kinder. Die sind sechs, sieben oder zwölf Jahre in Deutschland und schulisch integriert. Sie fallen dort ins Nichts. Der Protest dagegen in Form eines Zwischenrufs wurde übrigens auch bei der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma, das nicht weit vom Reichstag entfernt ist, mit Beifall bekundet. All das passt nicht zusammen. Wir haben da eine größere Verantwortung. Ich würde Sie bitten, diesem etwas geschönten Länderbericht noch einmal nachzugehen und ihn vielleicht so abzufassen, dass die Bundesländer Roma und Ashkali nicht mehr in den Kosovo abschieben. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Minister. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Das ist ja eine Bitte oder ein Appell an die Bundesregierung gewesen. Ich nehme diesen Appell und Ihre Bitte oder Ihre Aufforderung natürlich auch mit. Sie wissen aufgrund Ihrer Erfahrung aber auch – Sie sind ja nicht erst seit gestern in diesem Hause –, dass dies eine sehr, sehr schwierige Frage ist. Auf der einen Seite haben wir berechtigte Interessen wahrzunehmen. Auf der anderen Seite müssen wir natürlich auch humanitäre Interessen und Anliegen entsprechend abwägen. Ich kann und will hier nicht zum Vorgehen einzelner Bundesländer Stellung beziehen. Ich kann Ihnen, was Außenpolitik angeht, nur sagen: Sie können ganz sicher sein – wenn Sie sich bei den Kollegen des Auswärtigen Ausschusses informieren, die sich mit diesem Bereich ja auch besonders befassen, wird man Ihnen das bestä-tigen –, dass das Thema Roma und Sinti und deren Schicksal von mir in all diesen Gesprächen immer angesprochen wird bzw. mit eingebracht wird; denn wir haben ein ähnliches Interesse daran. Erinnern Sie sich bitte einmal an die Debatte, die zwar nicht den Kosovo betroffen hat, aber die im letzten Jahr noch vor den französischen Präsidentschaftswahlen stattgefunden hat. Sie wissen, dass wir uns entsprechend eingebracht haben. Deswegen nehme ich das jetzt als Appell mit, möchte aber zu den einzelnen Gesprächen mit den Bundesländern nicht Stellung beziehen. Sie können sicher sein, dass dies ein ganz zentrales Anliegen ist, um das wir uns außenpolitisch kümmern. Sie wissen, dass ich selbst im Kosovo gewesen bin und auch Gespräche dort geführt habe. Das ist ein Thema, das immer auf der Tagesordnung steht. Da können Sie ganz sicher sein. Das betrifft übrigens nicht nur den Kosovo; das will ich noch einmal betonen. Jeder hier weiß, dass es auch um Länder geht, die der Europäischen Union angehören. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Herr Minister. – Ich habe noch zwei Wortmeldungen, bei denen mir signalisiert wurde, dass es um andere Themen geht. Also, voraussichtlich sind Sie im Moment nicht mehr gefragt. – Herzlichen Dank. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Das halte ich für eine Zuspitzung, die ich zurückweise. (Heiterkeit) Vizepräsidentin Petra Pau: Schauen wir mal. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen: Vielen Dank. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich mache aber gleich darauf aufmerksam, liebe Kolleginnen und Kollegen und sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank: Ich habe im Angesicht des sehr wichtigen Themas alle unsere Regeln außer Kraft gesetzt, was Restriktionen bezüglich der Frage- als auch der Antwortzeit betrifft. Ich denke, das war im Interesse aller. Ab jetzt sollten wir wieder auf die verabredeten Zeiträume zurückkommen. Das Wort zu einer Frage hat der Kollege Manfred Grund. Manfred Grund (CDU/CSU): Auf der Tagesordnung der Kabinettssitzung vom heutigen Tag stand auch das Thema Nebentätigkeiten und die daraus erzielten Einkünfte, wobei natürlich auch das Thema Ehrenamt insbesondere im Sportbereich zu berücksichtigen ist. Meine Frage an die Bundesregierung ist: Zu welchen guten Ergebnissen bzw. Beschlüssen ist man beim Thema Ehrenamtspauschale und Übungsleiterpauschale gekommen? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatsminister. Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Frau Präsidentin! Herr Kollege Grund, das ist zutreffend. Die Bundesregierung hat heute einen Gesetzentwurf zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts verabschiedet. Dieser Gesetzentwurf soll die Rahmenbedingungen für steuerbegünstigte Institutionen und bürgerschaftliches Engagement deutlich verbessern. Dazu gehören Änderungen im Einkommensteuerrecht, bei der Abgabenordnung und im Zivilrecht. Zu den von Ihnen angeführten Punkten will ich nur sagen, dass die Übungsleiterpauschale von 2 100 auf 2 400 Euro und die Ehrenamtspauschale von 500 auf 720 Euro angehoben werden soll. Sozialrechtliche Regelungen sollen entsprechend angepasst werden. Weiter ist vorgesehen, die Umsatzgrenze für sportliche Veranstaltungen von 35 000 auf 45 000 Euro zu erhöhen. Das entlastet insbesondere Sportvereine mit einem hohen Anteil Ehrenamtlicher. Dazu gehört die Ausdehnung einer ganzen Reihe von Zeiträumen, in denen Zuschüsse, Beiträge, Spenden und sonstige Einnahmen verwandt werden können. Das gilt sowohl für Stiftungen als auch für Vereine. Denn die häufig zu eng gefasste Verpflichtung, die Mittel zeitnah einzusetzen, führt dazu, dass den Vereinen und Stiftungen die Möglichkeit genommen wird, diese Mittel sinnvoll einzusetzen. Auch dazu hat es eine entsprechende Lockerung gegeben. Ich will die Gelegenheit nicht versäumen, dem Bundestag und insbesondere den Koalitionsfraktionen ganz herzlich für diese Initiative zu danken, die von der Bundesregierung jetzt umgesetzt worden ist. Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Frage in diesem Teil der Tagesordnung stellt der Kollege Steffen Bockhahn. Steffen Bockhahn (DIE LINKE): Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin. – Ich möchte die Bundesregierung zu Folgendem fragen: Wir wissen seit Anfang dieses Jahres, dass 27 Mitglieder dieses Hohen Hauses durch das Bundesamt für Verfassungsschutz in ihrer Arbeit besonders sorgfältig beobachtet werden. Es war zugesichert worden, dass bereits vor einem halben Jahr eine neue Richtlinie zum Verfahren vorgelegt werden sollte. Diese ist bisher nicht vorgelegt worden. Es hätte letzte Woche die Möglichkeit gegeben, sie dem zuständigen Gremium zur Kenntnis zu geben, was wiederum nicht erfolgt ist. Stattdessen habe ich dann am Wochenende und auch am Anfang dieser Woche vom Bundesinnenminister Äußerungen zu diesem Thema wahrnehmen dürfen. Nun frage ich mich: Handelt es sich um eine Einzelmeinung des Ministers, was ich mir kaum vorstellen kann, oder gibt es etwa doch eine abgestimmte Position der Bundesregierung, und, wenn ja, wann soll sie dem Bundestag bzw. den zuständigen Gremien des Bundestages endlich zur Kenntnis gegeben werden? Vizepräsidentin Petra Pau: Wer antwortet für die Bundesregierung? – Bitte, Herr Staatsminister. Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Herr Kollege, ich kann den in Ihrer Frage enthaltenen Sachverhalt jetzt so nicht bestätigen, aber auch nicht dementieren, und bitte Sie, die Frage schriftlich beantworten zu dürfen. (Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Natürlich!) Vizepräsidentin Petra Pau: Dann halten wir das so fest, dass die Antwort schriftlich nachgereicht wird. Ich beende die Befragung der Bundesregierung und mache darauf aufmerksam, dass wir diese um 27 Minuten verlängert haben. Diese Zeit wird mit der folgenden Fragestunde verrechnet, sodass wir in dem für die Tagesordnung vorgesehenen Zeitplan bleiben. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde – Drucksache 17/11094 – Die Geschäftsbereiche werden in der üblichen Reihenfolge aufgerufen. Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit. Zur Beantwortung der Fragen steht die Par-lamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Ralph Lenkert auf: Warum wird der Beschluss des Deutschen Bundestages auf Bundestagsdrucksache 14/7840 zu Abschnitt IV achter Absatz, „nationaler Entsorgungsplan“ der Bundesregierung, nicht umgesetzt? Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Präsidentin! Herr Kollege Lenkert, nach Beschluss des Bundestages vom 14. Dezember 2001 soll in jeder Legislaturperiode ein nationaler Entsorgungsplan vorgelegt werden. Darin sollen der Sachstand, das weitere Vorgehen und ein Zeitplan für die Entsorgung und Endlagerung radioaktiver Abfälle dargestellt werden. Bislang wurde noch kein Entsorgungsplan vorgelegt. Grund dafür war die ausstehende Klärung der Frage des langfristigen Verbleibs der abgebrannten Brennelemente und hochradioaktiven Abfälle. Den aktuellen Sachstand zur Entsorgung hat die Bundesregierung bereits im Bericht zum „Gemeinsamen Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle“ dargestellt. Dieser Bericht wurde am 31. August 2011 dem Präsidenten des Bundestages übersandt und ist auf den Internetseiten des Bundesumweltministeriums veröffentlicht. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Kollegin Staatssekretärin. – Ist es nicht so, dass man, wenn man radioaktive Abfälle sicher verwahren will, einige Punkte im Vorfeld klären muss, die in einem Plan enthalten sein sollen? Ich nenne zum Beispiel: Rückholbarkeit bzw. Nichtrückholbarkeit, die Kriterien für Lagerstandorte, Klärung der Frage, ob wärmeentwickelnder radioaktiver Müll zusammen mit anderem Müll, zum Beispiel mit gasentwickelndem radio-aktiven Müll, in einem Lager gelagert werden soll. Diese Fragen zu beantworten, sollte doch zumindest seit 2001 für die aktuelle und die bisherigen Bundesregierungen möglich sein; denn das ist die Grundlage für die Planung des Baus eines Endlagers. Sie sollen immer den aktuellen Stand der Planung vorlegen. Deshalb meine Nachfrage: Wie weit sind Ihre Überlegungen in diesem Fall gediehen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Lenkert, die Bundesregierung hat sich längst dafür entschieden, schwach wärmeentwickelnde und stark wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle getrennt zu lagern. Wie Sie wissen, befinden wir uns gerade gemeinsam mit den Bundesländern in einem Prozess, ein Verfahren zur ergebnisoffenen Erkundung zu entwickeln und ein Endlagersuchgesetz auf den Weg zu bringen, das sich an wissenschaftlichen Kriterien orientiert. Ich erhoffe mir von diesem Prozess nicht nur die Klärung eines über Jahrzehnte umstrittenen Sachverhalts, sondern auch die Klärung einer wichtigen Frage für unser Land. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Meine zweite Nachfrage betrifft das parlamentarische Verständnis. Es gibt einen gültigen Beschluss des Deutschen Bundestages. Dieser gültige Beschluss des Deutschen Bundestages muss nach meinem Verständnis von der Bundesregierung umgesetzt werden. Sie selbst haben gesagt, Sie hätten diesen Beschluss bisher nicht umgesetzt. Ich stelle jetzt hier die Frage: Wann will die Bundesregierung ihrer Verpflichtung gegenüber dem Parlament und gegenüber der Bevölkerung nachkommen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Lenkert, ich weise noch einmal darauf hin, dass der Beschluss aus dem Jahr 2001 stammt (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Dann wird es aber Zeit!) und weder in der 15. noch in der 16. Legislaturperiode ein Konzept vorgelegt wurde. Das resultiert daraus, dass bislang kein abgestimmtes Konzept zur Entsorgung entwickelt werden konnte. Wir legen den Bericht dann vor, wenn wir das neue Endlagersuchgesetz tatsächlich auf den Weg bringen können; denn dann liegt tatsächlich ein vernünftiges Konzept vor. Wir sind allerdings von der Europäischen Union gehalten, bis 2015 der Europäischen Union zu berichten. Wir werden diesen Termin selbstverständlich einhalten. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist ja nicht zu fassen!) Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin Dorothée Menzner das Wort. Dorothée Menzner (DIE LINKE): Danke, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, Sie sprachen eben an, dass dieses offensichtlich sich in Arbeit befindende Endlagersuchgesetz auch zu einer Befriedung eines Konflikts beitragen soll, der den meisten hier im Hause hinlänglich bekannt ist. Ich stelle in dem Zusammenhang die Frage, was der Bundesregierung die Sicherheit gibt, dass solch ein Gesetz, das nicht mit der Bevölkerung, nicht mit Bürgerinnen und Bürgern und nicht mit Sachverständigen diskutiert wird, zu einer Befriedung des Konfliktes führen wird, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die in Rede stehenden Verpflichtungen der Bundesregierung nicht abgearbeitet werden. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Menzner, das ganze Verfahren ist so angelegt, dass wir ein neues, transparentes und partizipatives Suchverfahren für Endlager anstreben. Jeder einzelne Schritt wird mit dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat abgestimmt. Es gibt also eine Einbeziehung des Parlamentes und des Bundesrates sowie – bei jedem Schritt – der Bürgerinnen und Bürger vor Ort und transparente Kommunikation. Niemand kann am Ende des Tages sicher sein. Sicher ist momentan nur, dass die Opposition einen gemeinsamen Konsens verweigert. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen dann zur Frage 2 des Kollegen Lenkert: Wann ist in der 17. Legislaturperiode mit der Vorlage des nationalen Entsorgungsplans zu rechnen? Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Lenkert, die Richtlinie 2011/70/EURATOM des Rates fordert, dass die Bundesregierung bis zum 23. August 2015 ein nationales Entsorgungsprogramm vorlegt. Die Arbeiten hierzu haben begonnen und können erst in der nächsten Legislaturperiode abgeschlossen werden. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist ein Tempo dieser Regierung!) Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Lenkert, Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Frau Staatssekretärin, ich entnehme jetzt Ihrer Antwort, dass Sie Anforderungen der Europäischen Union höher einstufen als Anforderungen des Deutschen Bundestages; denn Sie halten den Termin, den die Europäische Union setzt, für wichtiger als den Termin, den die Mehrheit des Deutschen Bundestages gesetzt hat, und zwar 2001. Ich möchte von Ihnen wissen, ob Sie der Meinung sind, dass es wichtiger ist, den Behörden in der Europäischen Union zu folgen als den Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Diese Unterstellung, Herr Lenkert, weise ich zurück. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das war eine Frage! Also, so eine Arroganz!) Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Frau Staatssekretärin, ich möchte noch einmal feststellen: Seit über 40 Jahren wird in der Bundesrepublik Deutschland Atomkraft zur Energiegewinnung genutzt. Ich stelle jetzt anhand Ihrer Antworten fest: 40 Jahre lang wurde diese Technik genutzt, und man hat sich keine Gedanken darüber gemacht, wie eine Entsorgung aussehen soll und aussehen könnte. Im Gegenteil: Man produziert noch bis 2022 in diesen Anlagen atomaren Müll und hat bis heute noch nicht einmal einen Plan oder ein abgestimmtes Konzept, wie man damit umgehen will. Aus meiner Sicht ist das verantwortungsloses Handeln. Ich frage Sie nochmals: Wann wollen Sie diesen verantwortungslosen Zustand endlich definitiv beenden und mit einer Energiegewinnung Schluss machen, die ein solches Problem hervorruft? Wenn Sie dieses Ende nicht herbeiführen könnten, müssten Sie eigentlich alle Atomkraftwerke schließen, weil Sie keinen Entsorgungsnachweis haben. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Lenkert, die Mehrheit des Deutschen Bundestages und des Bundesrates hat ganz klar beschlossen, dass die Nutzung der Kernenergie in Deutschland mit dem Jahr 2022 beendet ist. Aber noch weit über das Jahr 2022 hinaus wird uns die Problematik der Entsorgung von atomaren Abfällen beschäftigen. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wohl wahr! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Die beschäftigt uns heute schon! – Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Neueste Erkenntnisse!) Selbst wenn wir heute abschalten würden, müssten wir dieses Problem lösen. Diese Bundesregierung ist die erste, die ein Konzept und ein Gesetz vorgelegt hat, diskutiert mit allen Beteiligten, auch den Ländern, in denen ja irgendwann einmal irgendwo ein Standort für die Lagerung von Atommüll sein muss. Diese Bundesregierung hat ein Verfahren angestrebt, das es so nicht gab, um in einem ganz breiten Konsens eine große energie-politische und am Ende auch gesellschaftliche Frage nicht nur zu beantworten, sondern auch zu befrieden. (Jens Ackermann [FDP]: So ist es!) Ich hoffe sehr, dass die Tür zu einem gemeinsamen Endlagersuchgesetz noch nicht zugeschlagen ist. Vizepräsidentin Petra Pau: Eine Nachfrage stellt nun die Kollegin Dorothée Menzner. Dorothée Menzner (DIE LINKE): Frau Staatssekretärin, wenn ich Sie richtig verstehe, nimmt diese Bundesregierung für sich in Anspruch, die erste zu sein, die sich auf den Weg macht, sich Gedanken über die dauerhafte Verwahrung des in 40 Jahren angefallenen Mülls zu machen. Sie sprachen eben von „irgendwann irgendwo ein Standort“. Verstehe ich es richtig, dass Sie damit implizieren, dass der Entsorgungsnachweis für bereits bestehende Anlagen, die seit teilweise 40 Jahren Müll verursachen, nicht geführt werden kann? Ich frage das auch vor dem Hintergrund, dass wir erleben mussten, dass eine Anlage, die teilweise für die Genehmigung Grundlage war, nämlich die Asse, nach Meinung aller Fraktionen, zumindest im Niedersächsischen Landtag, havariert ist. Sehe ich es also richtig, dass Genehmigungen wegen fehlendem Entsorgungsnachweis zurückgezogen werden müssten? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Menzner, frühere Bundesregierungen haben sich auch mit der Frage beschäftigt, mal mehr und mal weniger intensiv und vor allem bislang ohne Erfolg; denn es ist so, dass wir für hochradioaktive Abfälle bislang keinen Standort haben, wo wir ohne massive Proteste, Unterstellungen und hochpolitische Begleitung ein Endlager überhaupt bauen und nutzen könnten. Dies hat die Bundesregierung zum Anlass genommen, mit den Beteiligten ins Gespräch zu kommen und gemeinsam zu eruieren, welche Schritte denn überhaupt akzeptiert würden, um ergebnisoffen und transparent zu verfahren, am Ende des Tages aber auch mit einer Lösung vor die Bürgerinnen und Bürger treten zu können. Wir gehen hier von einer wirklich weißen Landkarte aus. Wir wollen wissenschaftlich untersuchen. Wir haben dafür viele Vorschläge gemacht – bis hin zu Institutionen. Es ist jetzt auch an der Opposition und an den Bundesländern, zu sagen, ob sie diesen Weg gemeinsam gehen wollen. Ich hielte es für verantwortungsvoll, wenn man nicht nur den Ausstieg aus der Kernenergie, sondern auch den Einstieg in eine sichere Entsorgung, wie gesagt, des hochradioaktiven Abfalls endlich schaffen würde; für „Konrad“ sind die Dinge ja so weit geklärt. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat nun die Kollegin Vogt das Wort. Ute Vogt (SPD): Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt, dass mit dem ehemaligen Umweltminister Jürgen Trittin und dem ehemaligen Umweltminister Sigmar Gabriel zwei Vertreter der derzeitigen Oppositionsparteien zugesichert haben, dass es weitere Gespräche gibt, und dass wir auf Arbeitsebene bereits mit diesen Gesprächen zum Endlager-suchgesetz begonnen haben, und sind Sie bereit, Ihre Vorwürfe, die Opposition würde dieses Vorhaben blockieren, zurückzunehmen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich bin nicht bereit, das zurückzunehmen, weil, nachdem es schon ein persönliches Gespräch des Bundes-umweltministers mit den von Ihnen genannten Personen gegeben hatte, auch die Arbeitsebene nicht weitergekommen ist; denn all das, was dann seitens der Regierung verändert wurde, wurde am Ende wieder infrage gestellt. Es ist wirklich bedauerlich, dass es doch nicht – zumindest kann man sich des Eindrucks nicht völlig erwehren – um eine Lösung des Problems, sondern ums Hinhalten geht. (Jens Ackermann [FDP]: Leider wahr!) Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin Kotting-Uhl das Wort. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, sind Sie bereit, erstens zur Kenntnis zu nehmen, dass sich bis zu der Initiative aus Baden-Württemberg – abgesehen von Niedersachsen – nie ein Bundesland, auch kein CDU-geführtes Bundesland, bereit erklärt hat, sein Land für eine Endlagersuche zu öffnen, und dass von daher eine vergleichende Endlagersuche erstmals möglich wurde mit der Initiative aus Baden-Württemberg, nachdem dort ein Regierungswechsel stattgefunden hatte und ein grüner Ministerpräsident diese Initiative starten konnte? Sind Sie bereit, zweitens zur Kenntnis zu nehmen, dass für einen Konsens eine abstimmungsfähige Vorlage da sein muss, dass Umweltminister Altmaier es den Sommer über versäumt hat, eine solche Vorlage vorzulegen, um mit einer abstimmungsfähigen Grundlage zu einem weiteren Gespräch einladen zu können, und diese Sache so lange verzögert hat, bis sie in greifbarer Nähe des niedersächsischen Landtagswahlkampfs war? (Jens Ackermann [FDP]: Unsinn!) Wir alle wissen und auch ein ehemaliger Parlamentarischer Geschäftsführer weiß ganz genau, wie schwierig es in einer solchen Gemengelage ist, Fragen wie die in einem Endlagersuchgesetz ergebnisoffen und sachlich zu diskutieren. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich freue mich darüber, dass der baden-württembergische Ministerpräsident nicht nur einen deutlichen Schritt auf uns zugekommen ist, sondern auch gesprächsbereit war. Umso bedauerlicher war es dann, dass offenbar andere handelnde Führungspersonen bei den Grünen den schon versprochenen Konsens wieder gelöst haben. Deshalb dringe ich darauf, dass es dazu kommt, dass man die Papiere, die vorliegen, die ausformuliert sind, bei denen immer wieder auch im Sinne der Wünsche von SPD und Grünen nachgearbeitet wurde, zumindest abnickt; die Beschlussfassung findet ja dann im Deutschen Bundestag mit all seinen Verfahren und dann auch im Bundesrat mit all seinen Verfahren statt. Aber das kann ich nicht erkennen, weil – da wiederhole ich das, was ich der Frau Kollegin Vogt gesagt habe – auch die letzte Runde leider ergebnislos verlief. (Jens Ackermann [FDP]: Ja, das liegt an euch da!) Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Bockhahn hat das Wort. Steffen Bockhahn (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, Sie haben vorhin davon gesprochen, dass diese neue Debatte in einem breiten konsensualen und partizipativen Verfahren geführt werden soll. Das kann ich natürlich nur begrüßen. Die Kollegin Vogt hat dann auf den auf Arbeitsebene bereits begonnenen Dialog hingewiesen, der durch die Bundesregierung nach meiner Kenntnis auch initiiert worden ist. Nun frage ich mich ganz besorgt, ob meine Informationen stimmen, dass dieser partizipative breite Dialog ohne die Linke geführt wird. Das frage ich mich nicht nur, weil wir immer gerne mitspielen wollen und auch etwas zu sagen haben und auch von 5 Millionen Menschen in diesem Land gewählt sind, sondern auch deswegen, weil eine Landesumweltministerin in der Bundesrepublik Deutschland von der Linken gestellt wird, nämlich in Brandenburg, wie Sie wissen. Auch Brandenburg müsste doch diesem Verfahren zustimmen, damit es tatsächlich das ist, was Sie vorhin beschrieben haben. Wenn dem so ist, wie ich befürchte, würde ich mich natürlich darum sorgen, warum das so ist. Dazu hätte ich gerne eine Antwort von Ihnen. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich kann Ihren Anlass zur Sorge deshalb nicht verstehen, weil ich an den Gesprächen teilgenommen habe und mehrfach Frau Kollegin Tack auch höchstpersönlich im BMU begrüßt habe. Vizepräsidentin Petra Pau: Dann hat der Kollege Kelber das Wort. Ulrich Kelber (SPD): In der Fragestunde darf man sicherlich ausweichend antworten, aber nicht falsch antworten. (Jens Ackermann [FDP]: Man sollte auch nicht falsch fragen!) Ist es nicht vielmehr so, dass es seit Ende Juni, als das Treffen zwischen Bundesumweltminister Peter Altmaier und der Opposition stattgefunden hatte, bei dem zugesagt wurde, alternative Formulierungen für vier umstrittene Punkte in der Endlagersuche zu finden, bis Anfang Oktober weder neue Formulierungen noch Treffen gab? Oder können Sie an dieser Stelle, an der Sie gerade gesagt haben, es sei auf der Arbeitsebene nicht weitergegangen, ein einziges Gespräch oder eine einzige E-Mail oder ein einziges Telefonat konkret benennen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kelber, wir haben sehr wohl eruiert, was möglich ist. Wir haben permanent Gespräche geführt. (Ulrich Kelber [SPD]: Ganz konkret jetzt!) Herr Kollege Kelber, das Treffen, das dann stattgefunden hat – zunächst haben sich Herr Altmaier, Herr Trittin und Herr Gabriel persönlich getroffen –, hat keine Lösung gebracht, ebenso das letzte Treffen nicht. Die Zwischenzeit haben wir genutzt, um die Texte so auszuformulieren, wie es gefordert war. Jetzt liegt etwas auf dem Tisch, Herr Kollege Kelber. Jetzt ist es tatsächlich an Ihnen, entweder Ja zu sagen oder aber sich in den Wahlkampf zurückzuziehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Nachfrage zur Frage 2 des Kollegen Lenkert stellt nun der Kollege Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben eben wieder ausweichend geantwortet. Ich will Sie fragen, ob Sie bestätigen können, dass drei Monate lang keinerlei Gespräche stattgefunden haben, dass Sie am letzten Mittwoch von dieser Stelle aus auf meine Frage, wann denn mit etwas zu rechnen sei, geantwortet haben, Sie könnten nicht bestätigen, dass es noch in diesem Jahr sei, und dass parallel dazu das BMU eine Entwurfsfassung übersendet hat, bei der zu 98 Prozent nichts verändert worden ist, also in keiner Weise auf die Forderung der Opposition, die seit langer Zeit bekannt war, eingegangen worden ist. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Miersch, dann haben wir offensichtlich eine unterschiedliche Wahrnehmung der Ereignisse. Sie haben in der letzten Woche gefordert, wir sollten endlich etwas schicken. Das haben wir nicht nur gemacht; das ist Ihnen sogar ausformuliert zugegangen. Das Ergebnis war, dass auch die Ausformulierungen und das, was auf expliziten Wunsch von Rot-Grün neu hineingekommen ist, wieder nicht ausgereicht haben und wieder infrage gestellt wurden. Knackpunkte sind zum Beispiel das infrage kommende Institut und die Frage, wer welche Verantwortung übernehmen soll. Ich kann hier nicht erkennen, dass es ernsthaft einen Versuch der Einigung gibt. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 3 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl auf: Wann genau (Datum bitte) fanden laut den heute noch vorhandenen – insbesondere digitalen – Informationen im Kalendersystem, in den Wochenplänen etc. der Abteilung RS im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit, BMU, im Jahr 2010 Telefonkonferenzen auf Abteilungsleiterebene zwischen dem BMU-Abteilungsleiter RS und den zuständigen Abteilungsleitern der Atomaufsichtsbehörden der damals noch fünf Bundesländer mit in Leistungsbetrieb befindlichen Atomkraftwerken zu Sicherheits-, Nachrüstfragen, Laufzeiten oder Ähnlichem statt, und welche Kalenderdaten derartiger Telefonkonferenzen im Jahr 2010 lassen sich aufgrund anderer noch vorhandener digitaler Informationen in der Abteilung RS, wie beispielsweise Einladungsschreiben, E-Mail-Verkehr etc., eruieren? Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Kotting-Uhl, aus den in der Frage aufgelisteten noch vorhandenen Informationsquellen ergeben sich für das Jahr 2010 neben dem bereits genannten Termin am 8. September 2010 keine weiteren Termine von Telefonkonferenzen auf Abteilungsleiterebene zwischen dem Bund und den zu diesem Zeitpunkt fünf Bundesländern mit im Leistungsbetrieb befindlichen Kernkraftwerken zu den in der Frage genannten Themen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann frage ich: Gab es persönliche Gespräche statt Telefonkonferenzen? Es wäre relativ ungewöhnlich, wenn vor einer so wichtigen Entscheidung, wie sie damals im Herbst 2010 anstand, nämlich die Laufzeitverlängerung, keinerlei Gespräche stattgefunden hätten. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das kann ich weder bestätigen noch dementieren. Ich kann Ihnen auch die Teilnehmer an möglichen Gesprächen nicht sagen. Das müsste ich nachreichen. Es wird gesprochen, wir führen aber keine Auflistungen jeglicher Treffen und Besprechungen. Das kann ich Ihnen aber gerne nachreichen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gibt es im BMU schriftliche Vermerke über solche Gespräche oder über die besagte Telefonkonferenz, die einzige, die stattgefunden hat? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir haben keine systematische Erfassung von Telefonkonferenzen. Vizepräsidentin Petra Pau: Damit kommen wir zur Frage 4 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl: Sieht die Bundesregierung die vorläufige Sicherheitsanalyse Gorleben, VSG, aufgrund der nicht dokumentierten Vorgespräche des für Gorleben zuständigen Referatsleiters und BMU-Abteilungsleiters RS mit dem späteren VSG-Unterauftragnehmer Dr. Bruno Thomauske im ersten Halbjahr 2010 mit einem Glaubwürdigkeitsproblem behaftet (bitte mit Begründung), und hat das BMU vor dem Hintergrund der oben genannten nicht dokumentierten Vorgespräche jemals die vergaberechtliche Korrektheit der Unterauftragsvergabe an Dr. Bruno Thomauske geprüft (gegebenenfalls bitte mit Begründung oder Ergebnis)? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich möchte in meiner Antwort auf die Antwort der Bundesregierung auf Ihre Kleine Anfrage vom 22. August 2011 auf Bundestagsdrucksache 17/6817 verweisen, insbesondere auf die Antworten zu Ihren Fragen 9, 10 und 17. Wir meinen, dass wir alles ausführlichst beantwortet und nichts hinzuzufügen haben. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich finde es nicht befriedigend, wenn Sie meinen, Sie hätten nichts hinzuzufügen. In dieser Frage haben Sie mir damals den Teil, ob die Bundesregierung die VSG aufgrund der nicht dokumentierten Vorgespräche des für Gorleben zuständigen Referatsleiters und BMU-Abteilungsleiters RS mit dem späteren VSG-Unterauftragsnehmer, Dr. Bruno Thomauske, mit einem Glaubwürdigkeitsproblem behaftet sieht, nicht beantwortet. Deswegen erlaube ich mir, Ihnen diese Frage heute noch einmal zu stellen. Ich wollte sicherstellen, dass ich persönlich anwesend sein kann; denn bei einer mündlich gegebenen Antwort kann man – und diese Gelegenheit nehme ich jetzt wahr – noch einmal nachfragen, was mir schriftlich nicht möglich war. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich verstehe den Kern Ihrer Frage nicht. Fragen Sie nach der Glaubwürdigkeit von Herrn Thomauske? Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben die Möglichkeit, das der Frau Staatssekretärin zu erklären. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich möchte das ganz gerne präzisiert haben. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Sache ist relativ einfach. Im Februar, März 2010 gab es informelle, nicht dokumentierte Gespräche – das habe ich von der Bundesregierung bestätigt bekommen – zwischen Abteilungsleiter Hennenhöfer, aber auch anderen Mitarbeitern der Abteilung RS, und Herrn Thomauske. Damals war von der vorläufigen Sicherheitsanalyse für Gorleben offiziell noch nichts bekannt. Sie war sozusagen im Entstehen. Dann wurde am 22. Juni 2010, also drei Monate später, die Firma von Herrn Thomauske gegründet. Am 1. Juli 2010 erhält Herr Thomauske den Unterauftrag, ungefähr die Hälfte der Aufträge für die VSG zu übernehmen. Der Eindruck drängt sich auf, dass in diesen informellen Gesprächen die Vorlagen für die VSG, die Überlegungen, überhaupt erst geboren wurden bzw. daran gearbeitet wurde und sozusagen Herr -Thomauske seinen eigenen Auftrag schon einmal vorbereitet hat. Dieser Eindruck drängt sich auf. Deshalb frage ich nach der Glaubwürdigkeit. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Zwei Dinge dazu. Zum einen dienen informelle Gespräche auch der Meinungsbildung in einem Ministerium. Daran ist tatsächlich nichts Außergewöhnliches. Zum anderen hätte sich die vorläufige Sicherheitsanalyse Gorleben dann überholt, wenn wir zu einem Endlagersuchgesetz kämen – (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt nicht die Frage!) – doch, das ist es schon –, (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Glaubwürdigkeit ist die Frage, Frau Staatssekretärin!) weil wir dann ergebnisoffen erkunden wollen. Noch einmal: Zu informellen Gesprächen können wir keine Auskunft geben und geben wir keine Auskunft. Vizepräsidentin Petra Pau: Haben Sie noch eine zweite Nachfrage? Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann frage ich anders: Können Sie denn ausschließen, dass Herr Thomauske die VSG zusammen mit den BMU-Beamten konzipiert hat und anschließend dem BMU über die GRS, die beteiligt ist, zu verstehen gegeben hat, dass er einen Unterauftrag an der VSG erhalten soll? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin, an der Erarbeitung dieser Analyse waren insgesamt 80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die GRS und viele Projektpartner beteiligt. Ihre Vermutung kann ich so nicht bestätigen. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin Ute Vogt das Wort. Ute Vogt (SPD): Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt, dass Herr Bruno Thomauske in sach- und fachkundigen Kreisen im Bereich der Atomwirtschaft und -forschung den Beinamen „Pannen-Bruno“ trägt? Halten Sie es vor diesem Hintergrund tatsächlich für verantwortbar, ihn mit der vorläufigen Sicherheitsanalyse zu betrauen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Vogt, ich kann nur schwer nachvollziehen, was Sie hier vortragen. Herr Thomauske war immerhin von 1983 bis 2003 im Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter beschäftigt. Ich halte Herrn Thomauske für einen anerkannten Experten. Die von Ihnen vorgebrachten Bezeichnungen finde ich in der Tat beleidigend. Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Krischer hat eine weitere Nachfrage. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, mich würde in diesem Zusammenhang Folgendes interessieren: Hat es denn eine BMU-interne Überprüfung zur Vergabe der VSG-Verträge gegeben und, wenn ja, mit welchem Ergebnis? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich kann Ihnen hier nur allgemein mitteilen, dass wir uns an die Vergaberichtlinien halten und dass mir nichts Gegenteiliges bekannt ist. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 5 des Kollegen Gerd Bollmann auf: Wie will die Bundesregierung auf die in der „Bekanntmachung der Erhebung der Bundesregierung bezüglich des Anteils der in Mehrweggetränkeverpackungen sowie ökologisch vorteilhaften Einweggetränkeverpackungen abgefüllten Getränke in den Jahren 2004 bis 2010 gemäß § 1 Abs. 2 der Verpackungsverordnung“ (Az.: WA II 6 – 30114-5/1, Kabinettssache: Datenblatt-Nr.: 17/16089) veröffentlichte Erhebung, nach der die Mehrwegquote für Getränkeverpackungen erneut gesunken ist, reagieren? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Bollmann, die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher zu erhöhen und so die ökologische Konsumentenverantwortung zu stärken. Insbesondere muss die Unterscheidbarkeit von bepfandeten Ein- und Mehrweggetränkeverpackungen verbessert werden. Damit soll es den Verbraucherinnen und Verbrauchern erleichtert werden, eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen, die ihre ökologischen Ansprüche zum Ausdruck bringt. Nachdem sich der vom damaligen Bundesumweltminister Gabriel verfolgte Ansatz einer Kennzeichnung der Getränkeverpackung selbst mit den Begriffen „Einweg“ und „Mehrweg“ als europarechtlich problematisch erwiesen hat, prüft die Bundesregierung derzeit Möglichkeiten einer Regelung, die Hinweispflichten am Ort der tatsächlichen Abgabe vorsieht. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Gerd Bollmann (SPD): Frau Staatssekretärin, dies wird jetzt aber schon seit drei Jahren geprüft. Es gibt eigentlich niemanden, der gegen diese Kennzeichnungspflicht wäre. Warum kommt man also hier überhaupt nicht weiter? Sieht die Bundesregierung über die Kennzeichnungspflicht hinaus weitere Möglichkeiten, den Mehrweganteil zu stabilisieren? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Bollmann, dem ist nicht ganz so. In der Tat hatte Bundesumweltminister Gabriel seinerzeit noch im Wahlkampf angekündigt, für eine solche Regelung einzutreten. Die von ihm vorgeschlagene Regelung ist dann aber in einem langwierigen Verfahren von der Kommission zurückgewiesen worden. Wir haben dann wiederum ausgelotet, was von der Kommission im Hinblick auf die Freiheit des Wettbewerbs und auf die Warenverkehrsfreiheit überhaupt als zulässig angesehen wird. Daraufhin haben wir einen modifizierten Vorschlag entwickelt, um den Mehrweganteil zu steigern. Jetzt sind wir im Gespräch mit den beteiligten Kreisen, zum Beispiel dem Handel, aber auch den Umweltverbänden, um eine solche Kennzeichnung am Point of Sale, also am Abgabepunkt, zu eruieren. Ich halte es für richtig, alle beteiligten Kreise zu informieren und für eine solche Lösung zu gewinnen. Hier wäre wiederum nicht der Hersteller eines Getränks derjenige, der die letzte Verantwortung trägt, sondern der Handel. Daher muss man mit dem Handel darüber sprechen, welche Möglichkeiten es hier gibt. Den Gesprächen habe ich allerdings auch entnommen, dass die Umweltverbände mit einer solchen möglichen Lösung ebenfalls sehr gut leben könnten. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Gerd Bollmann (SPD): Die Frage ging noch weiter: Sehen Sie über die Kennzeichnungspflicht hinaus weitere Möglichkeiten, den Mehrweganteil zu stabilisieren? Denn dies wäre dringend notwendig. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ja, da haben Sie recht, Herr Kollege Bollmann. Wir sind bei Bier und Biermischgetränken nun zwar bei einer Mehrwegquote von 88 Prozent, nachdem sie zuvor auf 68 Prozent gefallen war. Aber insbesondere bei den Erfrischungsgetränken geht der Mehrweganteil zurück. Ich habe den Gesprächen – übrigens auch mit den Verbraucherschutzorganisationen – entnommen, dass sich die Verbraucherinnen und Verbraucher, auch wenn sie sich das Etikett auf der Flasche genau ansehen, nicht sicher sind, was sie tatsächlich in der Hand haben bzw. kaufen: Einweg oder Mehrweg. Deshalb glauben wir: Man sollte direkt am Verkaufsort darauf hinweisen und damit dem Kunden die Möglichkeit geben, sich für eine Verpackungsart zu entscheiden. Zu welchem Produkt der Kunde am Ende greift, können wir nicht beeinflussen. Aber er soll zumindest wissen, welches Produkt er in der Hand hält. Ob man darüber hinaus weitere Dinge machen kann, bleibt abzuwarten. Wir würden gern versuchen, erst einmal diesen Schritt zur Verbesserung der Transparenz, der noch von Bundesumweltminister Gabriel angekündigt war, umzusetzen. Dann können wir die Wirksamkeit dieser Maßnahme überprüfen. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer Nachfrage hat der Kollege Kelber das Wort. Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, nachdem Sie gerade erläutert haben, welches Verfahren Sie in den letzten drei Jahren geprüft haben und dass Sie nun in Gespräche eingetreten sind, frage ich Sie: Haben Sie einen Zeitplan, der festlegt, bis wann Sie eine Regelung verabschieden und in Kraft setzen wollen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir würden gerne bis zum Ende des Jahres zu einem Abschluss kommen und sind deshalb mit den Ländern in Gesprächen, inwieweit sie einer solchen Regelung zustimmen könnten. Vizepräsidentin Petra Pau: Eine weitere Nachfrage stellt nun die Kollegin Wolff. Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): Frau Staatssekretärin, es stimmt mich ein wenig skeptisch, dass Sie vorhin dem Kollegen Bollmann gesagt haben, Sie seien dabei, zu prüfen, ob an der letzten Abgabestelle, sprich: Handel, die Kennzeichnung von Mehrwegverpackungen erfolgen soll. Wenn der Handel dafür verantwortlich ist, dann werden Mehrkosten auf den Handel zukommen, und ich befürchte, dass die Kosten dann wieder auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abgewälzt werden. (Jens Ackermann [FDP]: Wieso? Gibt doch Pfand!) Wie ist Ihre Einschätzung dazu? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Wolff, jetzt amüsiert mich Ihre Sorge doch ein wenig. Ja, am Ende des Tages muss jemand etwas tun, wenn die Mehrwegquote erhöht werden soll. Da der Weg der Kennzeichnung auf der Flasche bzw. Verpackung EU-rechtlich nicht zulässig ist – das wurde im Verfahren und in Schriftwechseln dokumentiert –, braucht es sozusagen einen anderen Ort des Geschehens. Das ist am Ende der Ort, wo der Verbraucher das Produkt erwirbt. Wir wollen die Belastungen für den Handel schon so gering wie möglich halten. Deswegen sprechen wir auch mit dem Handel. Es kann aber nicht sein, dass die Hinweise so gestaltet werden, dass letztlich niemand wahrnimmt, ob er nun zu Einweg oder Mehrweg greift. Es muss am Ende einen klugen Kompromiss geben; aber hier scheint eine Bereitschaft zu bestehen, das Problem gemeinsam anzugehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen damit zur Frage 6 des Kollegen Gerd Bollmann: Wie soll eine mögliche Verordnung über Hinweispflichten des Handels aussehen? Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Bollmann, Ziel einer möglichen Verordnung sollte sein, die Verbraucherinnen und Verbraucher am Ort ihrer Kaufentscheidung klar und eindeutig zu informieren, ohne den Handel mehr als unbedingt nötig zu belasten; das habe ich gerade schon in der Antwort auf die Frage von Frau Wolff gesagt. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage. Gerd Bollmann (SPD): Meine Frage dazu: Wie soll eine mögliche Verordnung über Hinweispflichten aussehen? Wie will man ihre Durchsetzung handhaben? Will man also den Handel praktisch zwingen, Mehrweg- und Einweggetränkeverpackungen getrennt aufzustellen? Und wenn so etwas geplant ist: Wann sollte eine solche Verordnung verabschiedet werden? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die genaue Ausgestaltung, Herr Kollege, besprechen wir gerade mit dem Handel. Aber unser Ziel ist es, die Kennzeichnung „Einweg“ und „Mehrweg“ unübersehbar nahe bei den entsprechenden Produkten anzubringen. Ob dies im Supermarkt durch eine Kennzeichnung am Regal oder durch eine getrennte Aufstellung geschieht, das wird sich zeigen. Für uns ist wichtig: Die Kennzeichnung muss deutlich und unmissverständlich sein, und am Ende muss die Verordnung auch durchgesetzt werden. Sprich: Man wird am Ende des Tages auch darüber sprechen müssen, wie man reagiert, wenn nichts geschieht. Es ist nämlich mehr als eine freundliche Empfehlung. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage? – Sie verzichten. Die Fragen 7 und 8 des Kollegen Ott werden schriftlich beantwortet, wie auch die Frage 9 der Kollegin Bärbel Höhn. Ich rufe die Frage 10 des Kollegen Frank Schwabe auf: Wie hoch sind die Mitnahmeeffekte, Windfall Profits, der Energieversorgungsunternehmen seit dem Beginn des Emis-sionshandels in Deutschland, und um welchen Betrag könnte der Preis pro Kilowattstunde Strom in den vergangenen Jahren und aktuell im Jahr 2012 niedriger sein, falls diese kostenlos erhaltenen CO2-Zertifikate nicht dem Stromkunden in Rechnung gestellt worden wären? Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, die Bundesregierung führt selbst keine Berechnung von Mitnahmeeffekten oder theoretisch möglichen Strompreisen durch. Eine solche Berechnung würde eine umfassende Kenntnis aller jeweils preissetzenden Grenzkraftwerke sowie aller sonstigen den aktuellen Strompreis bildenden Faktoren voraussetzen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, wäre es nicht notwendig, sich in eine solche Richtung zu bewegen und in diesem Bereich bessere Kenntnisse zu erlangen? Denn wir führen ja eine Debatte darüber, welche Belastung es für die Menschen in diesem Lande aufgrund der steigenden Energiepreise gibt, und wir denken darüber nach, wie man für eine Entlastung sorgen kann. Der Herr Umweltminister hat RWE durchaus gelobt und andere Unternehmen aufgefordert, die Erhöhung der EEG-Umlage und andere Erhöhungen nicht weiterzugeben. Wäre es da nicht sinnvoll, zu wissen, was es in den letzten Jahren an Zusatzgewinnen durch den Emissionshandel gegeben hat, um die Argumentationskraft des Ministers zu stärken? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, es gibt durchaus Institute, die mit Zahlen operieren und Schätzungen abgeben. Ich sage noch einmal: Die Bundesregierung führt keine Berechnungen dieser Art durch. Dass es Mitnahmeeffekte gegeben hat, haben wir übrigens auch schon damals gemeinsam in der Großen Koalition festgestellt. Ich kann Ihnen, wie gesagt, keine konkreten Zahlen nennen; sie würden im Schätzbereich liegen. Das können Institute machen; die Bundesregierung will dies aber nicht tun. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, ganz zweifellos hat es diese Mitnahmeeffekte schon vorher gegeben. Sie haben Institute angesprochen, die entsprechende Untersuchungen vorgenommen haben. Mir liegen zum Beispiel Zahlen vor, die zeigen, dass es für die Jahre 2005 bis 2012 Mitnahmeeffekte in Höhe von 35 Milliarden Euro gegeben hat. Hätte man diesen Betrag als Entlastung an die Stromkunden weitergereicht, hätte der Strompreis in dieser Zeit um 1 Cent pro Kilowattstunde niedriger gelegen. Auch für dieses Jahr gibt es einen Mitnahmeeffekt in Höhe von etwa 2,9 Milliarden Euro, was ungefähr 0,6 Cent ausmacht. Sieht die Bundesregierung diese Zahlen als plausibel an? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diese Zahlen einer breiteren Öffentlichkeit mitzuteilen und damit den Druck auf Energieversorger zu erhöhen, Mitnahmeeffekte auch an die Stromkunden weiterzugeben? Das würde die Strompreise entsprechend erträglicher gestalten. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Studie des Öko-Instituts aus dem Jahr 2011 ist der Bundesregierung bekannt. Das Öko-Institut hatte die vier großen Energieversorger plus Evonik untersucht. Man ist auf diese Größenordnung gekommen. Allerdings ging es dort nicht – so habe ich es verstanden – um die Zusatzerträge aufgrund der kostenlosen Zuteilung der Zertifikate, sondern um den Vergleich mit einer Situation ohne Emissionshandel. Da wir aber den Emissionshandel haben, handelt es sich hierbei nur um eine theoretische Diskussion. Sie haben aber völlig recht: Windfall Profits – in welcher Höhe auch immer; aber vermutlich mehr, als uns allen lieb ist – sind generiert worden, was zu einer Erhöhung des Strompreises geführt hat. Insofern ist Ihre Analyse vollkommen richtig. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer Nachfrage hat der Kollege Miersch das Wort. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, wir sind uns doch einig, dass die Windfall Profits zu unnötigen Erhöhungen der -Energiepreise für Verbraucher und Unternehmen in unserem Land geführt haben. Ist es angesichts dieser Tat-sache nicht Aufgabe des Bundesumweltministeriums, schleunigst und spätestens in diesen Wochen an einer Gegenstrategie zu arbeiten und Vorschläge zu unterbreiten, damit solche ungerechtfertigten Gewinne nicht mehr gemacht werden? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Gegenstrategien sind eingeleitet. Gegenstrategie Nummer eins ist, dass es keine kostenlose Zuteilung mehr für die Erzeuger geben wird. Gegenstrategie -Nummer zwei ist, aus dem Emissionshandel überhaupt wieder einen Handel zu machen, also der Tonne CO2 wieder einen Preis zu geben, der marktrelevant ist. Auch daran wird gearbeitet. (Jens Ackermann [FDP]: Sehr gut!) Vizepräsidentin Petra Pau: Eine weitere Nachfrage stellt der Kollege Kelber. Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie hatten völlig zu Recht berichtet, dass Sie in Ihrer früheren Funktion als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU gemeinsam mit mir beklagt hatten, – Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das waren noch Zeiten, Herr Kollege. Ulrich Kelber (SPD): – dass die Energiekonzerne die kostenlos zugeteilten Zertifikate ihren Kundinnen und Kunden trotzdem in Rechnung gestellt haben. Gedenkt die Bundesregierung denn beim Übergang in den Emissionshandel ab 2013 – ab dann müssen die Zertifikate von den Energiekonzernen bezahlt werden – in irgendeiner Form, zum Beispiel durch die Beauftragung des Bundeskartellamtes, eine Überprüfung durchzuführen und dafür zu sorgen, dass den Kundinnen und Kunden diese Kosten nicht ein zweites Mal in Rechnung gestellt werden, was durchaus zu befürchten ist, mit der Begründung, man müsse diese Zertifikate ja jetzt bezahlen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kelber, Sie wissen so gut wie ich, dass eine direkte Einflussnahme nicht möglich ist. Was aber möglich ist, ist eine offensive Kommunikation in Bezug auf dieses Phänomen. Da die Zertifikate beim ersten Mal kostenlos zugeteilt und die Verbraucher trotzdem belastet wurden, können die beim zweiten Mal anfallenden Kosten nicht eingepreist werden. Unsere Anstrengung richtet sich vor allem darauf, die Kosten für die Bürgerinnen und Bürger in erträglichem Rahmen zu halten. Nicht umsonst hat Bundesumweltminister Altmaier eine Stromsparinitiative gestartet, die eine erste kleine Antwort darauf sein soll. (Ulrich Kelber [SPD]: Und das Kartellamt?) – Mir ist nicht bekannt, dass eine derartige Prüfung geplant ist. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 11 des Kollegen Frank Schwabe auf: Wie bewertet der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Peter Altmaier, die Umsetzung seines am 16. August 2012 vorgelegten 10-Punkte-Plans bis zum heutigen Tag? Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, Bundesumweltminister Peter Altmaier hat am 16. August 2012 unter dem Titel „Mit neuer Energie – 10-Punkte-Programm für eine Energie- und Umweltpolitik mit Ambition und Augenmaß“ sein Arbeitsprogramm vorgelegt. Er benennt, unterteilt in zehn Schwerpunkte aus dem gesamten Spektrum der Ressortzuständigkeit, die aus Sicht des Ministers -vordringlichen Aufgaben und Projekte bis zum Ende der Wahlperiode. Das Bundesumweltministerium und die anderen beteiligten Ressorts arbeiten intensiv an der Umsetzung des Programms, die schon nach zwei Monaten auf einem guten Weg ist. Die folgenden Beispiele mögen dies belegen. So hat das Bundesumweltministerium seine personelle Kompetenz mit Blick auf die Energiewende verstärkt. Erstmals wurden sämtliche Fragen, die in diesem Zusammenhang relevant sind, in einer eigenen Unter-abteilung zusammengefasst. Darüber hinaus macht -Bundesminister Altmaier die Themen Bürgerbeteiligung und Transparenz zu einem Schwerpunkt der politischen Arbeit. Er hat daher im Bundesumweltministerium eine eigene Unterabteilung „Gesellschaftspolitische Grundsatzfragen, Bürgerbeteiligung“ eingerichtet, die sich -intensiv mit allen damit zusammenhängenden Fragen beschäftigt. Dem Bundesumweltminister geht es weiterhin um eine stärkere Koordinierung der Energiewende, um die damit verbundenen Maßnahmen und beteiligten Akteure. Die laufenden Aktivitäten sollen besser aufeinander abgestimmt werden, um so gezielt, schrittweise und anhand von klaren Prioritäten den Umstieg der Energieversorgung hin zu erneuerbaren Energien zu gestalten und dabei eine sichere und bezahlbare Stromversorgung zu gewährleisten. Diesem Ziel dient auch sein Verfahrensvorschlag zur Neuregelung des EEG, den der Minister am 11. Oktober vorgelegt hat. Ende August 2012 haben sich das Bundesumwelt-ministerium und das Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam auf eine Haftungsregelung bei der Anbindung von Offshorewindparks und die Einführung eines verbindlichen Offshorenetzplans verständigt. Die Bundes-regierung hat bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen und in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Bundesumweltminister Altmaier hat außerdem die Stromsparinitiative „Klimaschutz – Energieeffizienz zahlt sich aus“ gestartet, um die Energieeffizienz zu -fördern. Am 9. Oktober 2012 trafen sich auf seine Ein-ladung hin im Rahmen dieser Initiative alle relevanten Akteure zu einem Runden Tisch. Gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium, dem DIHK und dem ZDH wurde am 1. Oktober 2012 die „Mittelstandsinitiative Energiewende“ der Öffentlichkeit vorgestellt und auf den Weg gebracht. Minister Altmaier bemüht sich zudem intensiv um eine fraktions- und länderübergreifende Lösung hinsichtlich der Auswahl eines Endlagerstandortes für -wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle; das haben wir gerade ausführlich behandelt. Hierzu hat er am 17. Oktober seinen Vorschlag für ein Standortauswahlgesetz an alle Beteiligten versandt. Das ist ein Ausschnitt der bisherigen Bilanz des 10-Punkte-Programms. Es tut mir leid, dass die Antwort länger gedauert hat. Vizepräsidentin Petra Pau: Dann kommen wir zur ersten Nachfrage. Frank Schwabe (SPD): Ich weiß nicht, ob auch ich jetzt mehr Zeit habe, um die Dinge aufzuführen, die alle nicht umgesetzt worden sind. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD) Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das müssen Sie die Frau Präsidentin fragen. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, das, was Sie benannt haben, betrifft in erster Linie Umstrukturierungsmaßnahmen, Treffen, die stattgefunden haben, und Öffentlichkeitskampagnen. Das ist ja alles ganz interessant, aber: Herr Altmaier hat im August einen 10-Punkte-Plan vorgelegt, den er mit dem Titel „Mit neuer Energie“ überschrieben hat. Einige dieser zehn Punkte sind sehr allgemein überschrieben, zum Beispiel mit „Perspektive 2030“. Es ging wohl darum, ein Stück weit Tatkraft zu suggerieren. Mein Eindruck ist allerdings, dass die Dinge, die dort konkret benannt worden sind – vielleicht war es sehr mutig von ihm, Daten zu nennen –, nicht umgesetzt worden sind. Ich nenne als Beispiel den zweiten Punkt „Neuer Schwung für Klimaschutz“. Dort steht: „Ziel ist eine abgestimmte Haltung der Bundesregierung bis Ende September“ zu der Reform des Emissionshandels in der Europäischen Union. – Die abgestimmte Haltung kann ich nicht sehen. Den dritten Punkt „Nukleare Entsorgung im Konsens regeln“ haben Sie schon angesprochen. Dort heißt es: Vorlage eines Endlagersuchgesetzes bis Ende September und Verabschiedung bis Ende dieses Jahres. Ich sehe nicht, wie es dazu kommen soll. Zum Thema Wertstofftonne steht dort: Im September werde ich eingehende Gespräche mit allen Beteiligten führen, – die mag es gegeben haben – auf deren Grundlage dann im 2. Halbjahr 2012 ein Gesetzentwurf vorgelegt werden soll, dessen Verabschiedung bis Ostern 2013 möglich erscheint. Zu Letzterem: Wird es einen solchen Gesetzentwurf zur Wertstofftonne geben? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Auch an diesem Gesetzentwurf arbeiten wir weiterhin, Herr Kollege Schwabe. Wir brauchen dazu nicht nur den Deutschen Bundestag, sondern auch den Bundesrat. Das 10-Punkte-Papier war nicht so angelegt, dass man in vier Wochen alles erledigen wollte. Der Minister, das Umweltministerium, aber auch die Bundesregierung werden weiter daran arbeiten, alle Punkte möglichst bis zum Ende der Legislaturperiode abzuschließen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich bitte darum, das optische Signal nicht nur wahrzunehmen, sondern auch darauf zu reagieren. – Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, das ist ja alles interessant. Mir ist schon klar, dass man das nicht alles in vier Wochen machen kann. Wenn man aber Daten benennt und sich damit öffentlich produziert, dann muss man sich am Ende auch an diesen Daten messen lassen. Ich kann nur feststellen – ich sage das noch einmal –: Die konkreten Festlegungen – davon gab es in diesem 10-Punkte--Programm nur wenige – wurden nicht umgesetzt. Ich will noch einen weiteren Punkt nennen: Im siebten Punkt geht es um das Fracking. Diesbezüglich steht in dem 10-Punkte-Programm: Das BMU, das Bundesumweltministerium, strebt an, „Fracking in Trinkwasserschutzgebieten zu verbieten“ und „eine größtmögliche Beteiligung und Prüfung der Umweltverträglichkeit vorzuschreiben“. Ich habe Sie schon in der letzten Woche danach gefragt – ich weiß nicht, ob es heute eine andere Antwort gibt –: Gibt es eine Vorlage für einen solchen Gesetzentwurf, und wann? Wird es überhaupt eine Vorlage noch bis zum Ende der Legislaturperiode geben? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Der Bundesumweltminister hat klargemacht, dass ihm der Trinkwasserschutz und die Beteiligung der -Öffentlichkeit bei Fracking-Projekten wichtig sind. Ich habe Ihnen schon in der letzten Woche gesagt, dass, da jetzt die beiden Gutachten vorliegen, am 3. Dezember 2012 ein großer Workshop mit internationaler Beteiligung stattfinden wird, auf dem Experten zusammenkommen werden, um uns den nötigen Input zu geben. Der Minister hat auch noch einmal klargemacht, dass er zusammen mit dem Wirtschaftsministerium an einer Lösung arbeitet. Der Teil Trinkwasserschutz/Wasserhaushaltsgesetz liegt nur im Bundesumweltministerium. Wir sind diesbezüglich in Gesprächen mit den Koalitionsfraktionen, um eine Lösung zu finden. Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Krischer hat eine weitere Nachfrage. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, wenn ich mir die umfassende Aufzählung der Initiativen, Ideen und Konzepte von Herrn Altmaier anschaue, die Sie jetzt gerade sehr plastisch wiedergegeben haben, habe ich fast den Eindruck, dass Herr Altmaier plant, Ilse Aigner als Ankündigungsminister dieser Bundesregierung abzulösen. Denn umgesetzt ist in der Tat sehr wenig. Zum Fracking – Kollege Schwabe hat es angesprochen – macht man jetzt einen Kongress. Seit zwei Jahren hören wir, dass an dem Thema gearbeitet wird. Ich erwarte nicht mehr, dass in dieser Legislaturperiode noch etwas dazu vorgelegt wird. Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen – auch dies hat Herr Altmaier angekündigt –: Herr Altmaier möchte die Bürgerinnen und Bürger finanziell am Netzausbau beteiligen. Auch diese Initiative wurde groß angekündigt. Sein Kabinettskollege Herr Rösler, der fachlich dafür zuständig ist, hat gesagt, dass er eine Bürgerbeteiligung am Netzausbau nicht für erforderlich hält. Deshalb meine Frage: Wann können wir mit einem Konzept von Herrn Altmaier rechnen, das aufzeigt, wie die Bürgerinnen und Bürger am Netzausbau beteiligt werden? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Krischer, ich möchte zuallererst Ihrem Eindruck entgegentreten, von diesen zehn Punkten sei nichts umgesetzt. Ich habe versucht, Ihnen einige der Punkte näherzubringen. Insbesondere die „Mittelstandsinitiative Energiewende“ ist, wie ich finde, ein großer Erfolg. Dabei geht es uns darum, vor allem zusammen mit dem Mittelstand die Energiewende voranzutreiben. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am Netzausbau ist, wie ich finde, eine Idee, die es wert ist, weiterverfolgt zu werden. Denn wir merken ja, dass der Netzausbau nicht nur aufgrund langer Genehmigungsverfahren, sondern vor allem aufgrund des Widerstandes der Bürgerinnen und Bürger stockt und nicht in dem notwendigen Maße voranschreitet. Eine grundsätzliche Überlegung, auf welche Art und Weise und mit welchen Instrumenten die Bürgerinnen und Bürger beteiligt -werden könnten, finde ich richtig. Aber auch hier ist es so, dass ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, der der vertieften Bearbeitung bedarf. Das kann und macht das Bundesumweltministerium nicht allein, das muss am Ende des Tages innerhalb der Regierung geschehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Eine weitere Zusatzfrage stellt die Kollegin Haßelmann. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, Ihren Ausführungen ist ja zu entnehmen, dass bislang nichts Konkretes vorliegt. Wenn Sie sagen, dass Sie glauben, dass das eine Idee sein könnte, die man weiterverfolgen könnte, dann ist die Häufigkeit des Konjunktivs in Ihrer Antwort nicht mehr zu überbieten. Deshalb lautet meine Frage, die ich in Anknüpfung an die vorherigen Fragen der Kollegen stelle: Wann genau möchte Herr Altmaier zu diesem Thema etwas Konkretes vor-legen, oder beschränkt sich die weitere Arbeit darauf, einen Plan anzukündigen, dann aber innerhalb der Bundesregierung einen Streit zwischen dem Wirtschafts- und Umweltministerium darüber zu führen, wie man in der Frage vorankommt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Haßelmann, ich finde es wichtig, dass auch Bundesminister eine politische Debatte mit Ideen und Vorschlägen begleiten, um möglicherweise fest-gefahrene Situationen zu überwinden und überhaupt erst einmal ein Angebot zu machen, über das man diskutieren kann. Bislang verläuft der Netzausbau in Deutschland langsam; es ist ein anstrengender Prozess. Auch Gesetze, die zu einer Beschleunigung hätten führen -sollen, hatten nicht den gewünschten Effekt; dies war übrigens schon zu Zeiten der Großen Koalition so. Man muss also konstatieren, dass wir die Beschleunigung bisher nicht in ausreichendem Maße erreicht haben. Ich finde es sehr richtig, dass sich Politiker, Parlamentarier und demzufolge auch Bundesminister mit Ideen zu Wort melden, die eine gesellschaftliche und politische Debatte anstoßen und vielleicht zu Lösungen führen, um den Netzausbau zu beschleunigen. Gleichzeitig machen wir das, was der Gesetzgeber zu tun hat. Der Offshorenetzplan ist eine sehr konkrete Maßnahme, die wir mit Blick auf den Netzausbau auf den Weg gebracht haben. Der Netzentwicklungsplan ist jetzt in Bearbeitung. Das sind sehr konkrete Schritte. -Darüber hinaus müssen wir uns aber über zusätzliche Maßnahmen Gedanken machen, um den Netzausbau am Ende des Tages zu beschleunigen. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen damit zur Frage 12 des Kollegen Dr. Matthias Miersch: Wie beurteilt die Bundesregierung die Umgestaltung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, EEG, weg von festen Einspeisevergütungen hin zu einem Quotenmodell, wie es im Verfahrensvorschlag des Bundesministers Peter Altmaier zur Neuregelung des EEG als Prüfauftrag formuliert wurde, im Hinblick auf die weiteren Prinzipien einer Reform des EEG, insbesondere Technologieoffenheit und Planungssicherheit? Bitte, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Miersch, ein wesentliches Prinzip für eine Reform des EEG ist die intensivere Integration der erneuerbaren Energien in den Strommarkt und die stärkere Nutzung wettbewerblicher Prozesse. Vor diesem Hintergrund hat Bundesminister Peter Altmaier in seinem Verfahrensvorschlag zur Neuregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes neben der Ausweitung der Marktprämie und der Prüfung weiterer Maßnahmen zur Marktintegration auch eine Prüfung möglicher Reformmodelle in Aussicht gestellt. Dies schließt die Prüfung der Eignung zum Beispiel von Ausschreibungs- und Quotenmodellen mit ein. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, meine Frage schließt sich ein bisschen an alle Baustellen an, die wir vorher erörtert haben und bei denen auch nichts passierte. Jetzt gibt es Vorschläge des Bundesumweltministers. Es gibt Rufe aus der Regierungskoalition, das EEG gänzlich infrage zu stellen. Wann beabsichtigen Sie denn, innerhalb der Bundesregierung zu einem Ergebnis zu kommen, wie nun mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz weiter verfahren werden soll? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Miersch, wir haben allein in dieser Legislaturperiode drei Novellen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vorgelegt. Dr. Matthias Miersch (SPD): Ich wollte jetzt in die Zukunft fragen, nicht in die Vergangenheit. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Nun ja, der erste Vorwurf war ja, wir hätten hier nichts gemacht. Das weise ich erst einmal zurück. Zweitens haben wir bei kleineren Novellen, die einen bestimmten Bereich betrafen, zum Beispiel die Photovoltaik, lange gebraucht. Am Ende konnten die Ziele, die das Umweltministerium vorgegeben hat, in dem Verfahren von Bundestag und Bundesrat gar nicht erreicht werden. Der Erfolg des Erneuerbare-Energien-Gesetzes versetzt uns in die Situation, mit mittlerweile 25 Prozent -erneuerbarem Strom im Netz nicht nur umzugehen, sondern ihn integrieren zu müssen. Es braucht eine umfassende Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Diese Novelle ist aber ohne die Beteiligung von Bundestag und Bundesrat nicht möglich. Deshalb gilt es auch hier, Vorschläge zu unterbreiten und mit allen Beteiligten im Gespräch zu bleiben, um am Ende zu einer Lösung zu kommen; denn eine Lösung anzukündigen und dann zu keiner Lösung zu kommen, treibt am Ende den Ausbau und damit den Strompreis weiter in die Höhe. Vizepräsident Eduard Oswald: Dr. Miersch, Ihre zweite Nachfrage. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, das ist genau das Problem, das wir die ganze Zeit über in Ihrer Politik beobachten. Deswegen frage ich Sie noch einmal nach der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vor dem Hintergrund des vom Bundesumweltminister Altmaier problematisierten Konzepts des Quotenmodells: Beabsichtigt die Bundesregierung, noch in dieser Wahlperiode eine Novelle des EEG vorzulegen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir werden in Absprache mit den Koalitionsfraktionen Vorschläge unterbreiten. Ob es am Ende des Tages tatsächlich zu einer Lösung kommen wird, hängt nicht nur von der Mehrheit in diesem Deutschen Bundestag ab, sondern auch vom Bundesrat. Vizepräsident Eduard Oswald: Wir haben hier noch eine weitere Nachfrage. – Kollege Frank Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, die Lage im Hinblick auf Bundestag und Bundesrat als Verfassungsorgane ist uns durchaus bekannt. Das entlässt Sie aber nicht aus einer Antwort auf die Frage, ob Sie als Bundesregierung eine solche Novellierung anstreben. Was der Bundesrat dann machen wird, muss man sehen. Aber streben Sie eine Novellierung in dieser Legislaturperiode an, ja oder nein? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Schwabe, der Bundesumweltminister hat ja gerade einen Verfahrensvorschlag gemacht, um eine -Novelle überhaupt in Gang setzen zu können. Eine so umfangreiche Novelle – wir sind uns einig, dass es eben nicht mehr reicht, an kleinen Fördergrößen herumzuschrauben; vielmehr bedarf es einer grundsätzlichen Überlegung, ob man zur reinen Förderung auch eine Verantwortung der erneuerbaren Energien und, wenn ja, auf welchem Wege mit in ein Gesetz schreibt – kann tatsächlich nicht so einfach und auch nur per Vorschlag in den parlamentarischen Raum und in die Diskussion gegeben werden. Der Verfahrensvorschlag des Ministers diente dazu, eine Diskussion über die Notwendigkeit einer Novelle und über die Schritte zu induzieren. In der Plattform Erneuerbare Energien werden ja parallel zu der Diskussion im Deutschen Bundestag Mittel und Wege erörtert, wie wir erneuerbare Energien markt- und wettbewerbsfähig machen können und in den allgemeinen Strommix im Netz integriert bekommen. Inwieweit am Ende eine Lösung steht, hängt tatsächlich nicht nur von dieser Bundesregierung ab, sondern auch von dem Willen des gesamten politischen Raums, zu einer Lösung zu kommen, die verhindert, dass der Strompreis explodiert. Vizepräsident Eduard Oswald: Es gibt noch die Nachfrage unseres Kollegen Marco Bülow. Marco Bülow (SPD): Vielen Dank. – Frau Staatssekretärin, Entschuldigung, dass ich noch einmal nachfrage; aber ich möchte das ein bisschen dezidierter haben. Natürlich hängt das, was letztlich beschlossen wird, immer von den verschiedenen Personen und auch vom Bundesrat ab. Aber die Verbände, die Wirtschaft insgesamt muss zukunftsfähig planen können. Sie ist darauf angewiesen, dass der Rahmen für die Gesetze ungefähr wie abgesteckt bleibt. Wenn Sie von einer umfassenden Reform sprechen – und nicht nur von den Reformen, wie sie in den letzten Jahren vonstattengegangen sind –, interessiert es also nicht nur uns als SPD-Fraktion sehr, ob Sie anstreben, in bestimmten Bereichen oder vielleicht sogar umfassend auf ein Quotenmodell umzusteigen. Das wäre ein ganz anderes Modell, das brächte einen vollkommen anderen Geist in das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wir wollen wissen, ob das Umweltministerium ein solches Quotenmodell anstrebt und, wenn ja, in welchen Bereichen. Das ist unsere wichtigste Frage. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Bülow, es gibt keine Vorfestlegung auf ein Quotenmodell. Der Minister hat ein mögliches Quotenmodell genannt, weil andere es in die Diskussion eingebracht haben. Vizepräsident Eduard Oswald: Wir haben noch eine weitere Nachfrage. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, ich möchte noch einmal nach dem Quotenmodell fragen. Wir nehmen zur Kenntnis, dass ein Teil der Bundesregierung – der Teil, der hier vorne sitzt – ein Quotenmodell favorisiert. Ihrer Aussage konnte ich entnehmen, dass Herr Altmaier kein Quotenmodell vorschlägt. Nun hat die Bundesregierung etwas mit Steuern zu tun. Was Sie uns erläutert haben, läuft darauf hinaus, dass Sie sagen: Wir diskutieren jetzt mal und schauen dann, was passiert. – Ich hatte bisher immer gedacht, Regierungen machen auch konkrete Vorschläge. In dem Papier von Herrn Altmaier befinden sich gewisse Andeutungen. Unter anderem wird davon gesprochen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien unter den Ländern abgestimmt und dass er gesteuert und begrenzt werden muss. Kann ich davon ausgehen, dass Herrn Altmaier für die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zwar kein Quotenmodell für Deutschland, aber ein Quotenmodell mal 16, also für die 16 Bundesländer, und – so kann man die Ausführungen auch verstehen – je nach Bundesland auch noch für einzelne Energiearten vorschwebt? Vizepräsident Eduard Oswald: Das war die Frage unseres Kollegen Oliver Krischer. – Bitte schön. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Nein, Herr Kollege Krischer, da missinterpretieren Sie den Vorschlag des Ministers. Was mit Koordinierung gemeint ist, ist allerdings offensichtlich: Wenn man die Pläne der einzelnen Bundesländer zum Ausbau der erneuerbaren Energien übereinanderlegt, kommt man insgesamt zu Zielen, die weit jenseits der Planung nicht nur dieser Regierung, sondern auch vorheriger Regierungen, ja sogar sehr ambitionierter Bundestagsfraktionen liegen. Wenn man die reinen Ausbauziele für Windenergie oder Photovoltaik oder die Nutzung von Biomasse betrachtet, muss man sich schon fragen, ob die Rahmenbedingungen, die nötig wären, um diese Menge Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz zu integrieren, zu verbrauchen und ein entsprechendes Lastmanagement und Speicher aufzubauen, in dieser kurzen Zeit überhaupt geschaffen werden können. Unsere Überzeugung ist: Hier braucht es ein gemeinsames Verständnis von Zielen und von Ausbaukorridoren, was keine Quotierung bedeutet. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie soll das denn gehen?) Gemeinsame Überzeugung muss beispielsweise sein, dass die Verwirklichung der Pläne für die Windenergie bedeuten würde, dass 60 Prozent über dem Bedarf produziert werden würde. Dass teuer Strom erzeugt wird, der überhaupt nicht gebraucht wird, kann nicht in unserem Interesse sein. Wir müssen schon miteinander dafür sorgen, dass das System volkswirtschaftlich in der Balance bleibt. Vizepräsident Eduard Oswald: Als Nächstes hat auch unsere Kollegin Frau Britta Haßelmann noch eine Nachfrage. – Bitte schön. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin, Sie haben gerade meinem Kollegen Oliver Krischer beschrieben, dass Sie die unterschiedlichen Ausbaustände in den einzelnen Bundesländern bei den verschiedenen Energieträgern stören. Sie wollen das jetzt ausgleichen. Wie wollen Sie das denn machen, außer durch das, wozu die Kollegen Miersch und Krischer gerade nachgefragt haben, nämlich durch eine Begrenzung und die Vorgabe einer Quote? Sie haben doch gerade den Vorgang umschrieben, ihn nur nicht so genannt. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Einen Vorgang zu umschreiben und am Ende ein Modell vorzuschlagen, Frau Kollegin Haßelmann, sind zwei verschiedene Sachen. Gerade weil wir den Ländern nicht vorschreiben wollen und können, ambitionierte Ziele auf dem einen oder anderen Wege zu erreichen, muss man am Ende des -Tages zusammenkommen – das wird beim nächsten Treffen der Bundeskanzlerin mit den Vertretern der Bundesländer ja auch geschehen –, um die Ziele zu harmonisieren; denn alle Beteiligten eint ja wohl der Wille, die erneuerbaren Energien weiter auszubauen und diesen Ausbau ambitioniert fortzusetzen. Dafür ist aber eine gewisse Koordination notwendig. Diese Koordination endet übrigens nicht beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Das geht weiter bezogen auf die Stromtrassen und andere Projekte. Ich glaube einfach, dass wir hier lernen müssen, viel intensiver als bisher miteinander zu sprechen und Projekte abzustimmen, um die Energiewende am Ende erfolgreich zu gestalten. Vizepräsident Eduard Oswald: Es gibt noch eine Nachfrage unserer Kollegin Frau Ute Vogt. Ute Vogt (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin, Sie haben jetzt bei der Beantwortung verschiedenster Fragen mehrfach die Wendung „am Ende des Tages“ verwendet. Können Sie uns sagen, welchen Zeitraum Sie damit konkret meinen, insbesondere bezogen auf die Antwort auf die letzte Frage? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Vogt, der Zeitrahmen, den ich meine, bemisst sich an den Ausbauzielen – bis 2020, bis 2030 und bis 2050 –, die die Bundesregierung in ihren Szenarien vorgelegt hat. Im Jahre 2050 beispielsweise sollen 80 Prozent des benötigten Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen werden und im Netz sein. An diesem Szenario orientieren wir uns. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. Ich rufe jetzt die Frage 13 unseres Kollegen Dr. Matthias Miersch auf: Welche Zahlen (absolut und prozentual) liegen der Bundesregierung zu den einzelnen Bestandteilen der EEG-Umlage 2013 vor, und zu welchem Anteil tragen die Komponenten reine Förderkosten, Rückgang der Börsenstrompreise, besondere Ausgleichsregelung und industrieller Eigenverbrauch, Nachholeffekt 2012, Direktvermarktung und Liquiditätspuffer zum Anstieg der Umlage von 2012 auf 2013 bei? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Miersch, die Antwort ist sehr lang, detailliert und komplex. Ich präsentiere sie Ihnen jetzt und schlage vor, dass ich sie in jedem Fall schriftlich nachreiche. Die Bestandteile sind, grob skizziert, wie folgt: Reine Förderkosten. Die Kernumlage beträgt 4,187 Cent je Kilowattstunde. Hier gibt es einen Anstieg um rund 0,9 Cent je Kilowattstunde. Rückgang des Börsenpreises. Wäre der Börsenpreis konstant geblieben, so ergäbe sich 2013 rechnerisch eine um etwa 0,12 Cent je Kilowattstunde geringere EEG-Umlage. Besondere Ausgleichsregelung. Würde auch auf den privilegierten Letztverbrauch eine EEG-Umlage erhoben, so könnte diese um etwa 1 Cent je Kilowattstunde niedriger sein. Gegenüber 2012 ist dies ein Anstieg um 0,37 Cent je Kilowattstunde. Dieser Anstieg ist vor allem auf die steigenden EEG-Differenzkosten zurückzuführen. Industrieller Eigenverbrauch. Auf selbst erzeugten und verbrauchten Strom wird die EEG-Umlage nicht erhoben; das ist bekannt. Das gilt auch unabhängig davon, ob es sich um eine industrielle KWK-Anlage oder um privaten PV-Strom handelt. Würde die EEG-Umlage auch auf die industrielle Eigenstromerzeugung erhoben, so könnte sie etwa 0,6 Cent je Kilowattstunde niedriger sein. Dann haben wir 2012 den Nachholeffekt. Der Umlageanteil aus dem Ausgleich des EEG-Kontos zum 30. September 2012 beträgt 0,67 Cent je Kilowattstunde. Das ist wiederum ein Anstieg um 0,49 Cent je Kilowattstunde. Direktvermarktung. Die Belastung der EEG-Umlage durch die Managementprämie im Rahmen der Marktprämie liegt für die 2013 direkt vermarktete Strommenge unter 0,1 Cent je Kilowattstunde. Das Grünstromprivileg als weitere Direktvermarktungsoption, das die Umlage 2011 noch erheblich belastet hat, hat 2013 keinen nennenswerten Effekt mehr, da sie kaum noch in Anspruch genommen wird. Das Letzte ist die Liquiditätsreserve. Der Umlageanteil der Liquiditätsreserve beträgt 0,418 Cent je Kilowattstunde. Gegenüber 2012 ist das ein Anstieg um 0,319 Cent je Kilowattstunde. – Aber ich sehe, Sie haben die Antwort offenbar schon vorliegen. (Dr. Matthias Miersch [SPD]: Nein, nein!) Vizepräsident Eduard Oswald: Das war eine komplexe Frage. – Die erste Nachfrage, bitte schön, Dr. Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): So gut sind meine Drähte in das BMU nicht, dass ich die Antwort schon hätte. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das glaube ich jetzt nicht. Dr. Matthias Miersch (SPD): Insofern vielen Dank für diese detaillierte Aufschlüsselung. – Ich habe eine Nachfrage, Frau Staatssekretärin: Würden Sie mir darin recht geben, dass man unter dem Strich sagen kann – das waren jetzt ganz viele Zahlen –, dass die Erhöhung der EEG-Umlage nur zum Bruchteil direkt mit dem Ausbau der Erneuerbaren, also mit der gestiegenen Einspeisevergütung, zu tun hat und dass viele andere Faktoren, von denen Sie eben gesprochen haben, den Anstieg mit beeinflusst haben? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Nein, nicht nur. „Bruchteil“ trifft es nicht, aber „Teil“ trifft es sehr wohl. Die EEG-Umlage besteht aber nun einmal tatsächlich – das ist übrigens auch gewollt – aus diesen vielen kleinen Bestandteilen. Auch über das Thema Liquiditätsreserve kann man sprechen. Hier ist beim letzten Mal offenbar zu wenig angesetzt worden: Die EEG-Ausgleichskonten waren zuletzt mit über 2 Milliarden Euro im Minus. Auch da braucht man einen Ausgleich. Man kann aber schon sagen, dass ein erheblicher Anteil – auch beim Kontenausgleich – auf den Ausbau der erneuerbaren Energien zurückgeht, gerade auch auf die Photovoltaik, die alle unsere Erwartungen hinsichtlich der erfolgten Ausbauzahlen übertroffen hat. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, diese Frage stelle ich in einer Stunde, in der über den Ticker geht, dass ein Mitglied der Koalitionsfraktionen, Herr Vaatz, den Atomausstieg jetzt auch öffentlich wieder infrage stellt. Er hat auch damals schon nicht mitgestimmt, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Ist es nicht angezeigt, dass das Bundesumweltministerium in einer solchen Phase deutlich macht, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien sozial verträglich und ökonomisch sinnvoll gestaltet werden kann, dass die Hebel dafür vorhanden sind und dass die Kosten der alten Technologien Atom, Kohle und Gas nur durch politische Entscheidungen einigermaßen in Schach gehalten werden konnten? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Miersch, der Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie ist beschlossen. Das Datum steht fest: 2022. Das ist Gesetzeslage, und die Bundesregierung hält sich an Gesetze. So viel zum ersten Punkt. Zum zweiten Punkt. Hier nenne ich eine weitere Zahl: Die Photovoltaik hat nach wie vor einen Anteil von über 50 Prozent an der Kernumlage. Wir konnten das durch eine gesenkte Einspeisevergütung abmildern. Aber trotzdem ist der Ausbau immer noch sehr hoch. Das zeigt: Wir müssen neben preisdämpfenden Elementen im EEG auch darauf achten, dass Einzeltechnologien in ihren Korridoren bleiben. Das haben wir unter anderem in der letzten PV-Novelle gemacht, bei der wir gesagt haben: Wenn im Jahr 2020/2022 eine Leistung von 52 Gigawatt durch Photovoltaik erreicht wird, dann ist die PV so weit, ohne Subventionen, ohne die EEG-Förderung klarzukommen. Ich glaube, es sind wichtige Marktsignale, hier dämpfend zu wirken. Vizepräsident Eduard Oswald: Wir kommen zu den weiteren Nachfragen. Zunächst Frau Kollegin Ute Vogt. Ute Vogt (SPD): Frau Staatssekretärin, in Bezug auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz erleben wir derzeit eine mit sehr hohem Mitteleinsatz gestartete Kampagne der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und auch des BDEW. Beide haben sich auf das EEG eingeschossen und überziehen nicht nur Abgeordnetenbüros, sondern auch Plakatwände und Werbeseiten der Zeitungen mit viel Geld und unterschiedlichsten Werbemitteln mit einer Kampagne gegen das EEG. Wenn Sie als Ministerium, wie Sie ja erläutert haben, zum EEG stehen: Was tut die Bundesregierung, um solchen polemischen Kampagnen entgegenzutreten? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Vogt, wir können als Bundesregierung – und werden das auch nicht tun – nicht jede Kampagne qualifizieren, bewerten und Einbestellungen vornehmen. Wir haben eine klare politische Botschaft; ich glaube, das ist das Wichtigste. Die klare politische Botschaft lautet: Wir wollen den Ausbau erneuerbarer Energien. Wir halten an unseren Ausbauzielen fest. Die Novelle des EEG dient dazu, eine Marktfähigkeit der erneuerbaren Energien, die übrigens immer im Gesetz angelegt war, zu erreichen. Bis dahin allerdings, Herr Kollege Miersch – das sage ich gewissermaßen rückwirkend –, braucht es schon noch einen Anteil an anderen Energieträgern, wie zum Beispiel flexiblen Gaskraftwerken; sonst kommen wir da ins Schleudern. Wir brauchen einen klugen Mix. Unsere Positionierung in der Bundesregierung ist klar. Nicht umsonst wollen wir auch einen internationalen Renew-ables Club gründen. Das ist vielleicht ein weiteres Argument, um noch mehr Länder davon zu überzeugen, dass es richtig ist, auf erneuerbare Energien zu setzen. Vizepräsident Eduard Oswald: Nächste Nachfrage unser Kollege Frank Schwabe. Frank Schwabe (SPD): Frau Staatssekretärin, da es schwierig ist, von Ihnen Auskunft über die Vorhaben für die Zukunft zu bekommen, indem Sie konkret benennen, was Sie dort vorhaben und bis wann Sie es vorhaben, will ich es noch einmal kurz mit der Vergangenheit versuchen. Ich habe gelesen, dass Herr Umweltminister Altmaier in Bezug auf seinen Vorgänger, Herrn Röttgen, irgendwo gesagt hat – ich sage es einmal mit meinen Worten –, dass er im Ministerium kein Konzept zum EEG gefunden hätte. Wie darf man das denn eigentlich verstehen? Ist es so gemeint, dass Herr Altmaier findet, dass Herr Röttgen eigentlich die Aufgabe gehabt hätte, eine solche Weiterentwicklung vorzulegen, und dass Herr Röttgen damit auch ein Stück weit für gestiegene Energiepreise verantwortlich ist? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Schwabe, Bundesminister Altmaier schätzt die Arbeit, die Kollege Röttgen und auch seine Vorgänger im Amt geleistet haben, und baut auf dieser auf. Er muss die Dinge aber weiterentwickeln, weil dies notwendig ist. Das tut der Umweltminister mit allem Engagement und Gewicht. (Frank Schwabe [SPD]: Gewicht vor allen Dingen! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: „Gewicht“ war gut!) Vizepräsident Eduard Oswald: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zur Frage 14 unserer Kollegin Dr. Bärbel Kofler: Weshalb ist der Deutsche Bundestag weder institutionell noch personell an der Plattform Erneuerbare Energien beteiligt, und weshalb erhält er keine Protokolle und Berichte aus den Arbeitsgruppen der Plattform? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Kofler, die Plattform Erneuerbare Energien besteht aus drei Arbeitsgruppen und einem Steuerungskreis. Die Beratungen des Steuerungskreises wie der drei Arbeitsgruppen werden auf Fachebene unter der Beteiligung von Wissenschaftlern geführt. Über die Zwischenergebnisse und Ergebnisse wird das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit dem Parlament umfassend berichten. Der Bericht der Plattform soll eine fachliche Basis bilden, auf der der notwendige politische Dialog aufbauen kann. Gegenwärtiges Ziel ist es, auf der Grundlage der Vorarbeiten der Arbeitsgruppen im Steuerungskreis einen Gesamtbericht zu verabschieden, der die Sitzung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten am 2. November dieses Jahres vorbereitet. Es ist beabsichtigt, diesen bislang noch nicht fertiggestellten Gesamtbericht vor der Sitzung am 2. November allen Ministerpräsidenten zur Verfügung zu stellen. Die Veröffentlichung dieses Berichtes, der der Meinungsbildung der Ministerpräsidenten dienen soll, wird nach diesem Termin erfolgen. Es ist beabsichtigt, alle abgestimmten Berichte dann auch im Internet zu veröffentlichen. Insgesamt ist es das Ziel von Herrn Minister Altmaier, das gesamte weitere Verfahren zur Weiterentwicklung des EEG unter Einbeziehung aller wesentlichen Akteure zu entwickeln, wie er es in seinem Verfahrensvorschlag ausgeführt hat. Hier spielt das Parlament eine bedeutende Rolle. Nicht zuletzt hat Herr Minister Altmaier die Gründung einer persönlichen Beratergruppe angeregt, in der das Parlament vertreten sein soll. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Dr. Kofler. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin. – Sind Sie als Parlamentarische Staatssekretärin nicht mit mir der Meinung, dass das Parlament in die laufenden Beratungen der Plattform Erneuerbare Energien einbezogen werden müsste, und können Sie mir sagen, warum diese Transparenz im Bundesumweltministerium nicht hergestellt wird, es aber bei vergleichbaren Vorhaben zum Beispiel im Bundeswirtschaftsministerium zumindest einen Beirat gibt, der die energie- oder wirtschaftspolitischen Sprecher der Fraktionen einbezieht? Sie haben vorhin auf eine Nachfrage des Kollegen Schwabe zu Frage 12 mit einem Bezug auf die Ergebnisse der Plattform Erneuerbare Energien geantwortet. Sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass zu der nötigen Transparenz auch gehört, Fragen der erneuerbaren Energien mit dem Parlament zu diskutieren? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Auf jeden Fall wird jede Änderung eines Gesetzes nicht nur im Parlament diskutiert, sondern sie muss hier auch nach allen Regeln beraten werden. Das werden wir auch tun. Ungehindert der Parlamentsrechte, die ich gerade auch als Parlamentarische Staatssekretärin noch einmal bekräftigen möchte, ist es einer Regierung unbenommen, sich zusätzliche Beratung zu holen. Noch einmal: Ihrer Anregung – Sie haben gerade dargelegt, was im Wirtschaftsministerium üblich ist – will der Minister mit einer persönlichen Beratergruppe, der Parlamentarier angehören sollen, dann auch nachkommen. Um gleich der Frage vorzubeugen: Ich weiß nicht, wen und wann er einlädt, aber er wird sicherlich in der gebotenen Offenheit auf das Parlament zukommen. Vizepräsident Eduard Oswald: Trotzdem hat die Frau Kollegin Dr. Kofler noch weitere Fragen. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Das wäre natürlich schon eine Frage gewesen. Aber danke, dass Sie gleich gesagt haben, Sie wissen es nicht. Es wäre schon spannend, zu erfahren, wann diese Beratergruppe tagen soll. Nach den Pressemitteilungen des Bundesumweltministeriums vom Mai dieses Jahres arbeitet die Plattform Erneuerbare Energien ja seit fünf Monaten. Angesichts der Bedeutung dieses Themas ist es nicht ausreichend, nur Ergebnisse bekannt zu geben. Man sollte vielmehr, denke ich, das Parlament aktiv in den Dialog und in den Beratungsprozess einbeziehen. Das ist eigentlich das Problem, um das es geht. Wir warten also nicht nur auf einen Endbericht, sondern auch darauf, in die Arbeit mit einbezogen zu werden. Noch einmal die Frage: Sind Sie als Parlamentarische Staatssekretärin nicht der Meinung, dass die Einbeziehung des Parlaments in die Arbeit das Entscheidende wäre? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Jede Regierung hat das Recht und die Möglichkeit, eigene Beratergremien und Gesprächsforen einzurichten. Am Ende des Tages, Frau Kollegin, bleibt ein Gesetz Parlamentsangelegenheit. Das ist das Wichtige – das hat das Parlament bei der letzten EEG-Novelle auch sehr selbstbewusst gesagt –, und dabei wird es auch bleiben. Den Fraktionen des Deutschen Bundestages ist es unbenommen, sich eigenen Rat zu holen und eigene Foren zu bilden. Auch das ist üblich. Vizepräsident Eduard Oswald: Ich sehe keine weitere Nachfrage. Damit kommen wir zu Frage 15 ebenfalls unserer Kollegin Dr. Bärbel Kofler: Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die von vielen Akteuren aus der konventionellen Energiewirtschaft und von Teilen der Bundesregierung geforderte beschleunigte Direktvermarktung und Marktintegration von Strom aus erneuerbaren Energien nicht notwendigerweise zu einer System-integration dieses Stromes führen und damit unnötige Kosten für die Stromverbraucherinnen und Stromverbraucher generieren, weil die Systemintegration durch zusätzliche Anreize erreicht werden muss, und, wenn nicht, wie begründet sie das? Bitte schön, Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Präsident! Frau Kollegin, die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die durch die Marktprämie geförderte Direktvermarktung die Anlagenbetreiber stärker als in der Vergangenheit an den Markt und seine Preissignale herangeführt hat. Dieses Modell wirkt sich im Grundsatz positiv auf die Bedarfsgerechtigkeit der Bereitstellung von Strom aus erneuerbaren Energien aus, indem die Betreiber Anreize zum Beispiel zur Abriegelung bei stark negativen Strompreisen bzw. zur Nutzung zusätzlicher Flexibilitätsoptionen erhalten. Daneben stehen zusätzliche Vermarktungsoptionen, beispielsweise im Bereich der Regelenergiemärkte, offen. Die Regelung der optionalen Marktprämie ist allerdings erst seit Jahresbeginn in Kraft. Insofern muss den beteiligten Marktakteuren die notwendige Zeit eingeräumt werden, um das Instrument zu erproben, Kommunikationsstrukturen anzupassen und notwendige Lern-effekte zu erzielen. Die konkreten Wirkungen und eventuelle Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Marktprämie werden derzeit wissenschaftlich untersucht. Durch die Managementprämienverordnung wird die Managementprämie als Teil der Marktprämie ab dem Jahr 2013 gegenüber der bislang vorgesehenen Höhe nicht nur abgesenkt, sondern auch im Interesse einer besseren Systemintegration differenziert. Die Absenkung für 2013 beträgt im Falle der Fernsteuerbarkeit der Anlage durch den Direktvermarkter 0,25 Cent je Kilowattstunde gegenüber den sonst geltenden 0,35 Cent je Kilowattstunde. Die differenzierte Absenkung gilt -sowohl für Bestandsanlagen als auch für Neuanlagen. 2014 und 2015 wird die Differenzierung dann weiter auf bis zu 0,2 Cent je Kilowattstunde aufgebaut. Vizepräsident Eduard Oswald: Frau Kollegin Dr. Kofler, bevor Sie zu einer Nachfrage kommen, weise ich darauf hin, dass wir in fünf -Minuten zur Aktuellen Stunde überleiten werden. Jetzt die erste Nachfrage. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Ich darf zur Managementprämie nachfragen. Ich interpretiere Ihre Worte so, dass Sie die Management-prämie zukünftig absenken wollen, weil Sie als Regierung erkannt haben, dass es bei der Managementprämie zu hohen Mitnahmeeffekten kam. Ist diese Interpretation richtig? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir haben die Anpassung schon im Kabinett vorgenommen. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Ja oder nein? Ist es richtig? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ja. Es brauchte eine Anpassung. Das haben wir nie bestritten; wir haben vielmehr sehr schnell gehandelt. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie haben noch eine zweite Nachfrage, da ich dieses Nachhaken nicht als eigene Frage gezählt habe. Dr. Bärbel Kofler (SPD): Das ist sehr nett von Ihnen, Herr Präsident, danke. – Ich verstehe Sie richtig: Sie haben ein Gesetz, das zum Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist, bereits korrigiert, weil Sie selbst die Fehlanreize dieser gesetzlichen Vorgabe, zumindest was die Managementprämie betrifft, erkannt haben? Wie ist denn Ihre Einschätzung als Regierung, was die Marktprämie als Ganzes anbelangt? Es ist nicht alles Markt, worauf „Markt“ steht. Inwieweit wird mit der Managementprämie der Wettbewerb gefördert? Oder kommt es nur zu Mitnahmeeffekten, insbesondere von größeren Anbietern? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: In der Tat hat die Nachfrage nach der Prämie die -Erwartungen übertroffen. Ziel der Großen Koalition war es aber, nicht nur Instrumente zu finden, um erneuerbare Energien marktfähig zu machen, sondern auch Anreize für die Anbieter zu entwickeln, den Strom selbst zu vermarkten, um aus dem Fördersystem herauszukommen. Wir haben uns am Ende auf die Marktprämie geeinigt, die zwei Elemente, unter anderem die Management-prämie, hat. Bei der Managementprämie haben wir -Korrekturen vorgenommen. Den Grundgedanken, dass sich Strom aus Erneuer-baren mithilfe der Marktprämie am Markt bewähren muss, halte ich für richtig. Dieses Ziel wollen wir weiter verfolgen. Gegebenenfalls muss man Anpassungen in der Höhe vornehmen. Ihre Vermutung, dass es sich bei den Mitnahmeeffekten um wenige und große Unternehmen handelt, kann ich nicht teilen; denn der Run auf diese Prämie ist groß. Die Nachfrage nach diesen -Modellen ist ebenfalls groß. Das zeigt, dass auch die Produzenten der erneuerbaren Energien die Förder-kulisse verlassen und sich dem Markt nähern wollen. Vizepräsident Eduard Oswald: Eine Nachfrage unserer Kollegin Ute Vogt. Ute Vogt (SPD): Frau Staatssekretärin, meine Frage bezieht sich auf den letzten Teil Ihrer Antwort. Können Sie uns sagen, welche Anbieter diese Direktvermarktung nutzen, ob das auch eine Option für die privaten Stromproduzenten ist oder ob diese Option nur von demjenigen in Anspruch genommen werden kann, der eine entsprechende Strommenge produziert? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Das betrifft die Produzenten von Strom aus Windenergie und aus Biomasse, aber auch aus Photovoltaik. Ich kann Ihnen konkrete Unternehmen jetzt nicht nennen. Ich weiß nicht, ob wir entsprechende Unterlagen haben oder ob man das herausfinden kann. Im Bereich der Windenergie und der Biomasse ist das auf jeden Fall ein beliebtes Modell, ich kann das aber auch für die Photovoltaik bestätigen. Vizepräsident Eduard Oswald: Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir ein neues Themenfeld aufmachen, möchte ich mit Blick darauf, dass wir wie angekündigt in einer Minute mit der Aktuellen Stunde beginnen, die Fragestunde schließen. Wir verfahren mit den restlichen Fragen nach der Geschäftsordnung. Ich darf mich bei allen Fragestellern und allen anderen Anwesenden herzlich bedanken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt rufe ich den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Soziale Situation der Kinder in Deutschland verbessert in Zeiten christlich-liberaler Regierungspolitik Erster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der CDU/CSU Dr. Peter Tauber. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat, es hat sich etwas verändert in Deutschland. Das gilt ganz besonders für die Situation von Kindern und Jugendlichen in diesem Land. Bei allen Diskussionen, die wir führen – tagtäglich, in den Ausschüssen –, ist es ganz gut, zwischendurch einmal zu schauen: „Wo stehen wir denn?“, um vielleicht auch auf das, was noch nicht gut ist, zu fokussieren. Dazu gehört aber auch, dass man sich die Zeit nimmt, anzuschauen, was sich positiv verändert hat, etwa um Entwicklungen zu bestärken und um Menschen Mut zu machen. Denn darum muss es ganz besonders gehen: dass wir denjenigen, die Kinder haben, Mut machen und ihnen sagen, dass sie nicht alleingelassen werden. Darüber hinaus geht es darum, dass wir denjenigen, die sich die Frage stellen, ob es sich lohnt, in diesem Land -Kinder zu kriegen, ein deutliches Zeichen geben: Ja, natürlich; es gibt wenige Länder auf dieser Erde, in denen junge Menschen solche Rahmenbedingungen wie in Deutschland finden. – Wir versuchen in unserer politischen Arbeit alles, damit sich diese Rahmenbedingungen dort, wo sie noch nicht gut sind, weiter verbessern. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Bei allen spannenden Diskussionen, die wir über Statistiken und Zahlen immer wieder führen, möchte ich eine Zahl nennen, die das aus meiner Sicht besonders veranschaulicht: Die Zahl der Kinder unter drei Jahren, die auf Hartz IV angewiesen sind, ist von 435 000 auf 367 000 zurückgegangen. Sie ist immer noch viel zu hoch; aber das ist ein Rückgang um 15,6 Prozent. Das ist ein Ergebnis der besseren Situation am Arbeitsmarkt und auch vieler anderer Hilfssysteme, die wir aufgebaut haben. Die geringe Jugendarbeitslosigkeit kann man nennen. Wir haben die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in ganz Europa. Während sie andernorts steigt, ist sie in Deutschland um 14 Prozent gesunken. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Die zurückgegangene Zahl der Schulabbrecher kann man nennen. Sie liegt bei 6 Prozent und hat sich damit fast halbiert. Auch bei Kindern ausländischer Herkunft ist sie von 20 Prozent auf 14 Prozent zurückgegangen. Dazu beigetragen hat zum Beispiel das Programm „Schulverweigerung – Die 2. Chance“. Das Bundeskinderschutzgesetz kann man nennen ebenso wie das Nationale Zentrum Frühe Hilfen, die -verbesserte Zusammenarbeit verschiedener staatlicher Institutionen, das Unterbinden von Jugendamt-Hopping, den Einsatz von Familienhebammen – 30 Millionen Euro stellen wir dazu zur Verfügung – und die Hausbesuche zur besseren Einschätzung der Lebenssituation von Kindern. Auch das ist ein echter Erfolg in dieser -Legislaturperiode. Übrigens ist auch das ein Punkt, bei dem man sehen kann, dass es ganz gut ist, wenn die Opposition einmal über ihren Schatten springt und an zwei, drei Stellen sagt: Ja, das haben wir zusammen gemacht, und das war vielleicht nicht alles verkehrt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Das Bildungs- und Teilhabepaket gehört sicherlich zu den Punkten, die besonders umstritten sind. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ein bürokratisches Monstrum! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Zu Recht! – Patrick Meinhardt [FDP]: Daran hat die SPD massive Mitschuld!) – „Zu Recht“? Ich habe erst vor kurzem gelesen, dass der rote Senat in Hamburg die eigene Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes explizit lobt. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die machen das Beste aus dem Kram!) Er sagt: Wir machen das richtig gut, das funktioniert auch alles, und das kommt gut an bei den Kindern und Jugendlichen. – Insofern reden wir da nicht so sehr über das Grundsätzliche, sondern vor allem darüber: Wie kann man das Ganze effizient machen? Wie können wir dafür sorgen, dass das, was wir dort an Unterstützungsleistungen – von Zuschüssen zu Klassenfahrten über die Finanzierung von Nachhilfe – auf den Weg gebracht -haben, möglichst bürokratiearm bei den Betroffenen -ankommt. Das Thema Kinderbetreuung ist hier und dort, auch in diesem Hohen Hause, durchaus ein kontroverses. Es wird nämlich immer mit einer anderen familienpolitischen Maßnahme verknüpft, über die wir morgen noch diskutieren werden: über das Betreuungsgeld. Trotz -Kooperationsverbot hat der Bund hier 4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Wir stellen jetzt noch einmal 580 Millionen Euro zur Verfügung. Wenn Sie die Blockadehaltung an zwei oder drei Stellen mal aufgeben würden – an die Adresse der Sozialdemokraten muss man das immer mal wieder sagen –, würde das noch ein bisschen reibungsloser laufen. (Beifall bei der CDU/CSU) Ab dem Jahr 2014 werden wir die Kommunen in jedem Jahr mit 845 Millionen Euro unterstützen, um einen dauerhaften Betrieb der Kitas zu ermöglichen. Auch das ist eine Leistung und keine Selbstverständlichkeit. (Beifall bei der CDU/CSU) Man kann auch die „Offensive Frühe Chancen“ -nennen, mit der in über 4 000 Kitas Sprachförderung und Integration verbessert werden können. 400 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung. Man muss an dieser Stelle aber eines sagen – damit will ich schließen –: Ich habe im Schwerpunkt über materielle Maßnahmen gesprochen, mit denen Kindern und Jugendlichen Teilhabe in dieser Gesellschaft ermöglicht werden soll. Das ist auch richtig und wichtig. Das ist das zentrale Steuerungselement, das wir haben, weil wir Rahmenbedingungen institutioneller und struktureller Art vorgeben. Die Wahrheit ist aber auch – das zeigen aktuelle Umfragen –, dass Kinder sich Eltern als Vorbilder wünschen. Das heißt, wir müssen uns auch darum kümmern, dass wir Menschen befähigen, Kinder an die Hand zu nehmen und ihnen zu helfen, in dieser Gesellschaft selbstbestimmt großzuwerden; denn es gibt auch diese Armut: Mangel an Liebe. (Christel Humme [SPD]: Aber nicht nur!) Diesen Mangel können wir nicht politisch beheben, und die Liebe können wir auch nicht verordnen. Deswegen muss man, wenn man über die Situation von Kindern und Jugendlichen in diesem Land redet, sagen: Man muss vor allem denen danken, die tagtäglich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten – in Schulen, in Kinderbetreuungseinrichtungen, in Vereinen, im Ehrenamt –, und ganz besonders den Eltern, die ihre Aufgabe so ernst nehmen, dass sie ihren Kindern selbstständig alles mit auf den Weg geben, was diese brauchen, ohne nach dem Staat zu fragen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Dr. Peter Tauber. – Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege Hubertus Heil. Bitte schön, Kollege Hubertus Heil. (Beifall bei der SPD) Hubertus Heil (Peine) (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anmeldung der Aktuellen Stunde unter diesem Titel und die Rede meines geschätzten Vorredners kann ich nur mit einem Wort bezeichnen. Meine Damen und Herren von der Koalition, wenn wir über Kinderarmut in Deutschland sprechen und Sie sich hier einen peinlichen Akt der Selbstbeweihräucherung leisten, dann kann ich das nur zynisch finden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP) Was wir hier erleben – – (Max Straubinger [CDU/CSU]: Was war denn bei euch? 5 Millionen Arbeitslose und Kinder in Armut! So war es bei SPD und Grünen! – Gegenruf von der SPD: Getroffene Hunde -bellen! – Weitere Zurufe) Vizepräsident Eduard Oswald: Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Kollege Hubertus Heil hat das Wort. Hubertus Heil (Peine) (SPD): Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Dann reden wir mal über die Sache! Tatsache ist: Wir haben eine demografische Entwicklung, die dazu führt, dass es weniger Kinder in diesem Land gibt, und Sie feiern sich dafür, dass durch diesen statistischen Effekt weniger Kinder in der Armutsfalle hocken. Tatsache ist: Ja, wir haben drei Jahre Aufschwung gehabt, eine gute konjunkturelle Entwicklung. Dafür haben wir die Grundlagen geschaffen, nicht Sie. Aber Sie können doch nicht so tun, als sei man auf dem besten Weg, Kinderarmut in diesem Land als Problem zu lösen! Wenn Sie für solche Aktuellen Stunden, um sich selbstbeweihräuchernd auf die Schultern zu klopfen, immer irgendwelche Statistiken heranziehen, dann lesen Sie doch auch einmal Ihre eigenen Berichte, zum -Beispiel den Bildungsbericht der Bundesregierung! Ich zitiere: In Deutschland gehören 20 Prozent der Jugendlichen zu den Bildungsverlierern. Jeder fünfte Schüler ist ein schwacher Leser und kann Texte nicht ausreichend verstehen. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Vor allem in den SPD-regierten Ländern, nicht in Bayern!) Der Bildungsbericht nennt dafür auch Gründe. Fast jedes dritte Kind in Deutschland wächst in sozialer, -finanzieller und kultureller Risikolage auf. – Das ist -Kinderarmut, meine Damen und Herren! (Sibylle Laurischk [FDP]: Sie sind doch in den Ländern zuständig! – Patrick Meinhardt [FDP]: Was ist in Ihren Ländern? – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist SPD--Bildungspolitik!) Lesen Sie den Armuts- und Reichtumsbericht – Ihren eigenen Armuts- und Reichtumsbericht! – und versuchen Sie nicht, den Menschen etwas vorzumachen! -Lesen Sie den Armuts- und Reichtumsbericht! Ja, es ist richtig: Wir reden nicht über die Armut in Bangladesch oder in Afrika, sondern über eine Armut gemessen am mittleren Lebensstandard unserer Gesellschaft in einem reichen Land; gar keine Frage. Wir reden über materielle Armut, vor allen Dingen dadurch, dass Eltern wenig Geld verdienen, obwohl sie arbeiten. Wir reden natürlich auch darüber, dass es eine Armut an Lebenschancen und Perspektiven gibt. Die soziale Herkunft entscheidet in Deutschland stärker als in anderen entwickelten Ländern über die Bildungs- und Lebenschancen von Kindern. Das, meine Damen und Herren, lässt sich auch nicht durch eine noch so schöne Selbstbeweihräucherung dieser Bundesregierung vom Tisch wischen. Deshalb sage ich noch einmal: Sie sollten hier ein Jahr vor der Bundestageswahl nicht Reden halten, mit denen Sie sich selbst beweihräuchern, sondern Sie sollten das tun, was Sie tun können. Sie könnten beispielsweise einen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland einführen, damit Kinder nicht erleben müssen, dass ihre Eltern Vollzeit arbeiten, aber von der Arbeit nicht leben können. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Diana Golze [DIE LINKE] – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP) Herr Präsident, muss man sich in diesem Parlament als Heuchler bezeichnen lassen, wenn man anderer Meinung ist als dieser Kollege? Vizepräsident Eduard Oswald: Herr Kollege, Sie – – Hubertus Heil (Peine) (SPD): Ich finde, das ist eine Art der Sprache, die nicht in Ordnung ist. Sie zeigt eher Ihre Nervosität und Ihr schlechtes Gewissen, weil Sie nicht das Richtige gegen Kinderarmut tun. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Jemand, der anderer Meinung ist als Sie, ist ein Heuchler. Das halte ich für ein interessantes Demokratieverständnis einer Partei, (Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Sie sind heute aber peinlich dünnhäutig! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Erst austeilen und dann nicht einstecken können!) die gestern noch gesagt hat, dieses unsinnige Betreuungsgeld werde sie nie mitmachen, und heute vor dem Koalitionspartner eingeknickt ist. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Fernhalteprämie von Frauen vom Arbeitsmarkt und von Kindern von den Bildungschancen ist das, was Sie in der Realität organisieren. Sie verschlimmern die soziale Spaltung zulasten von Kindern in diesem Land, (Patrick Meinhardt [FDP]: Sie sind ein -Spalter!) weil Sie den Mindestlohn verweigern und Maßnahmen gegen den Missbrauch von Zeit- und Leiharbeit verhindern. Ich sage Ihnen eines: Die Armut von Kindern ist in erster Linie der Erwerbsarmut der Eltern geschuldet. Da könnten Sie etwas tun. Das tun Sie aber nicht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sie könnten mehr für die frühe und individuelle Förderung von Kindern tun, indem Sie in die frühe und individuelle Förderung von Kindern mehr investieren, anstatt diese unsinnige Herdprämie auszureichen. (Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Peinlich dünnhäutig sind Sie! – Sibylle Laurischk [FDP]: Absolut polemisch!) Meine Damen und Herren, eine Bundesregierung, die in diesem Bereich wirklich nicht vorankommt und eine Statistik heraussucht, die möglicherweise etwas mit konjunkturellen und demografischen Effekten zu tun hat, aber nichts mit der Arbeit dieser Bundesregierung, muss auch im Interesse der Kinder dieses Landes im nächsten Jahr dringend abgelöst werden. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Hubertus Heil. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dieser Debatte geht es auch um die Zukunft der Kinder. Das sollten wir bei unserer Diskussion berücksichtigen. Auch bei den Zwischenrufen sollte man immer in sprachlicher Hinsicht Vorbild sein. Dies will ich entsprechend zu manchem Zwischenruf sagen. Nächste Rednerin ist unsere Kollegin Sibylle Laurischk für die FDP-Fraktion. Bitte schön. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Sibylle Laurischk (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir führen diese Aktuelle Stunde durch, weil die Bertelsmann-Stiftung festgestellt hat, dass – durchaus als Ergebnis der Arbeit dieser Bundesregierung – die Kinderarmut zurückgeht. Das ist eine Feststellung, die uns eigentlich alle freuen sollte. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Es gibt überhaupt keinen Anlass, hier zu Polemik zu neigen. Das ist einfach festzustellen. (Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Herrn Heil wäre es lieber, wenn mehr Kinder arm wären! Dann könnte er sie besser bevormunden!) Natürlich kann man die Situation von Kindern immer noch weiter verbessern. Daran arbeiten wir. Wir führen hier keinen Wahlkampf, (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ach nein?) wie es mir bei meinem Vorredner zu sein scheint, sondern arbeiten weiter am Thema. Zu Beginn dieser Legislaturperiode haben wir bereits das Kindergeld erhöht. Daran denken wir schon nicht mehr. Im Verständnis dieser Bundesregierung war das aber ein Signal, (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) das bei den Menschen auch angekommen ist. Mir hat eine Bürgerin gesagt: Das ist ein Signal für uns. Wir können dieses Geld durchaus brauchen. – Es ist für eine Familie ein Unterschied, ob das Kindergeld wie jetzt 184 Euro im Monat beträgt oder wie in den früheren Jahren weniger. Außerdem haben wir die Bildungs- und Teilhabemöglichkeiten für Kinder im Hartz-IV-Bezug verbessert und damit ebenfalls ein klares Signal gesetzt. Bildung ist uns wichtig; denn Bildung ist der Maßstab dafür, wie eine Gesellschaft ihren Wohlstand entwickeln kann und wie sie Zukunft gerade für Kinder schaffen kann. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Deswegen ist es für uns auch schmerzlich, festzustellen, dass es in den Bundesländern, die von der SPD und teilweise sogar – ich komme aus Baden-Württemberg – von den Grünen regiert werden, (Patrick Meinhardt [FDP]: Leider!) an der Umsetzung mangelt. Das ist unangenehm. An dieser Stelle müssen wir das aber auch einmal sagen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Schuld sind immer die anderen! – Patrick Meinhardt [FDP]: Die SPD hat das reindiskutiert!) – Ja, wer hat es „reindiskutiert“? Der Bundesrat. Damit schlagen sie sich jetzt aber selber herum. Das ist nicht unsere Schuld. Wir haben hier ein klares Signal gesetzt und das Geld auch zur Verfügung gestellt. (René Röspel [SPD]: Ein Gespräch mit den Betroffenen würde Klarheit für Sie bringen!) Entsprechend ist uns die Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe auch Verpflichtung. Wir haben das Bundeskinderschutzgesetz initiiert, das Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist. Damit haben wir das deutliche Signal gesetzt, dass das Wohlbefinden von Kindern nicht nur von finanziellen Möglichkeiten abhängt, sondern auch von einem klaren Schutz und einer klaren Hilfestellung, die sie in Bezug auf ihr persönliches Wohlbefinden brauchen. Ein Signal ist ebenfalls das von uns auf den Weg gebrachte ganz neue Modell der Familienhebammen, das sich insbesondere an junge Familien richtet, die mit dem ersten Kind möglicherweise nur schwer umgehen können. Sie sollen mit einem niedrigschwelligen Angebot eine ganz klare und sichere Hilfestellung bekommen. Damit meinen wir der Verwahrlosung von Kindern vorbeugen zu können. Nur die Umsetzung ist eine Problematik, die sich bei den Bundesländern – in der Mehrzahl sind es die SPD-regierten Bundesländer – wiederfindet. Das tut mir leid. (Caren Marks [SPD]: Niedersachsen!) Wir würden es sehr begrüßen, wenn die Bundesländer hier richtig aktiv werden und die Mittel für dieses Programm abrufen. Wir stellen dafür pro Jahr 30 Millionen Euro zur Verfügung. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Bayern ist auch noch nicht Rot-Grün!) Im Sinne des Kinderschutzes haben wir auch im Rahmen des Runden Tisches über sexuelle Gewalt an Kindern diskutiert. Wir haben ganz klar gesagt: In Jugendeinrichtungen und in allen anderen Feldern, in denen die Fürsorge für Kinder auszuüben ist, muss klar sein, dass auch die ehrenamtlichen Helfer einen sauberen Hintergrund haben und ein Führungszeugnis vorlegen müssen. Auch hier war der Kinderschutz unser Ziel. Gewalt in der Familie ist ein Problem, dessen Bekämpfung mir ein dringendes Anliegen ist. Wer meine Arbeit kennt, weiß das. Wir haben die Einrichtung eines Hilfetelefons auf den Weg gebracht. Bundesweit wird es in den nächsten Wochen, hoffe ich, geschaltet. Dort können Familien, Eltern, Mütter, aber auch die Kinder um Hilfe bitten und eine qualifizierte Beratung erhalten. Dies wird rund um die Uhr und in verschiedenen -Sprachen angeboten. Das Hilfetelefon ist ein möglichst barrierefreies Angebot, um Gewalt in der Familie bekämpfen zu können. Insofern geben wir soziale Hilfestellung nicht nur in finanzieller, sondern auch in sehr praktischer Art.  Danke. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin ist für die Fraktion Die Linke unsere Kollegin Frau Diana Golze. Bitte schön, Frau Kollegin Diana Golze. (Beifall bei der LINKEN) Diana Golze (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Laurischk, Sie sagten, Sie haben diese Aktuelle Stunde aufgrund einer frisch vorgelegten Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung verlangt, bei der es um Kinderarmut geht. Nun frage ich mich: Wo waren die Vorschläge der Koalition in der letzten Woche, als um es eine Studie zur wachsenden Altersarmut in Deutschland ging? Wo waren denn da Ihre Argumente? Bei der Diskussion dieses wichtigen Themas im Deutschen Bundestag gab es von Ihnen leider keine Anträge. Heute geht es um nichts anderes als darum, sich hier selbst zu beweihräuchern. Ich frage mich, auf welcher Grundlage eigentlich. Ich kann sie nicht erkennen. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Ich will das auch einmal ausführen. (Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Sie reden das Land wieder nur noch schlecht!) Es gibt ein Schriftstück, an das Sie, Herr Dr. Tauber, sich anscheinend nicht mehr erinnern können, und das überschrieben ist mit „Koalitionsvertrag“. Ich habe mir noch einmal angesehen, was Sie in diesem Vertrag für die soziale Situation der Kinder in Deutschland festgeschrieben haben. Sie haben darin angekündigt, das Kindergeld und den Kinderfreibetrag anzuheben. Das haben Sie auch gemacht. Ich bekomme für meine beiden Kinder ein paar Euro mehr. (Patrick Meinhardt [FDP]: 500 Euro im Jahr!) Meine Nachbarin, alleinerziehend, im ALG-II-Bezug, bekommt diese nicht; denn dort wird gegengerechnet. Die ärmsten Kinder haben von Ihrer Verbesserung also nichts. Das ist die soziale Lage von Kindern. Darum geht es Ihnen heute. Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag von Aufstieg durch Bildung geschrieben. Frau Laurischk hat gesagt, wie wichtig ihr Bildung ist. (Patrick Meinhardt [FDP]: Das ist das zentrale Thema unserer Regierung!) Aber es ist, wie es ist: Nirgendwo ist der Bildungserfolg von Kindern so abhängig vom Geldbeutel der Eltern wie bei uns. Sie haben nichts dagegen unternommen. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP) In diesem Zusammenhang noch ein weiteres Beispiel – ich kann Ihre Unruhe verstehen – zum Thema Bildung. Im Koalitionsvertrag wurde von einem Zukunftskonto Bildung gesprochen. Können Sie sich noch erinnern? Es ist schon eine Weile her. Sie haben in diesem Vertrag vereinbart, dass Sie für jedes neugeborene Kind ein Konto einrichten wollen, 150 Euro auf dieses Konto einzahlen wollen und die Eltern bei der privaten Bildungsvorsorge für ihre Kinder finanziell unterstützen wollen. Dieses Vorhaben ist ersatzlos eingestampft worden. Dazu sagen Sie in dieser Aktuellen Stunde natürlich gar nichts. Man kann sich denken, warum. (Beifall bei der LINKEN) Machen wir weiter mit den von Ihnen genannten Beispielen. Sie haben das Bundeskinderschutzgesetz angesprochen. Ja, darüber haben wir in diesem Hause lange diskutiert. Das beschlossene Gesetz ist auch deutlich besser als der zuerst vorgelegte Entwurf; das gebe ich unumwunden zu. (Michaela Noll [CDU/CSU]: Ein Meilenstein für den Kinderschutz!) Die wenigen konkreten Maßnahmen sind aber leider zeitlich befristet; vorhin wurden in diesem Zusammenhang zum Beispiel die Familienhebammen angesprochen. (Sibylle Laurischk [FDP]: Das ist Sinn des -Gesetzes!) Die Finanzierung dieser Stellen, die zudem nicht flächendeckend vorgesehen sind, wird vom Bund nur zeitlich befristet übernommen. Es bleibt also wieder an den Ländern und Kommunen hängen, ob und wie das Ganze weitergeführt wird. Durch dieses Abwälzen werden Sie die soziale Situation der Kinder eben nicht auf Dauer verbessern. Das kann nicht sein! (Sibylle Laurischk [FDP]: Die Länder fragen es nicht ab! Das ist das Problem, und das wissen Sie!) Ich habe noch ein schönes Beispiel aus einem anderen Bereich. Ich zitiere wieder den Koalitionsvertrag: „Wir wollen in allen Bereichen, insbesondere bei den Schutz-, Förder- und Partizipationsrechten, kindgerechte Lebensverhältnisse schaffen.“ Es ist schön, dass Sie diese Formulierung aufgenommen haben. Ich frage mich aber, warum Sie immer noch – und das schon seit Jahren – die Aufnahme von Kinderrechten auf Schutz, Förderung und Beteiligung ins Grundgesetz ablehnen und noch nicht einmal bereit sind, darüber zu diskutieren. Das finde ich sehr schade. Diese Ablehnung ist eine sehr klare Botschaft der Koalition zur sozialen Lage von Kindern. Sie haben die Rücknahme des letzten Vorbehaltes zur UN-Kinderrechtskonvention im Koalitionsvertrag versprochen. Sie haben sie auch tatsächlich vorgenommen, das ist richtig, (Sibylle Laurischk [FDP]: Na also!) allerdings ohne irgendeine gesetzliche Konsequenz. Das heißt: Diese Kinder können nach wie vor in Abschiebehaft genommen werden; sie können nach wie vor in Sammelunterkünften untergebracht werden; sie sind nach wie vor Betroffene von Flughafenverfahren. Das ist ein Skandal! (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Auch für diese Kinder erfolgt keine Verbesserung ihrer sozialen Situation. Das ist reine Augenwischerei. Des Weiteren haben Sie im Koalitionsvertrag versprochen, den Unterhaltsvorschuss auszuweiten. In dieser Woche werden wir Ihren Gesetzentwurf hierzu behandeln. Sie versuchen, ein wenig Bürokratieabbau zu betreiben. Die notwendige Ausweitung vom 12. auf das 14. Lebensjahr nehmen Sie in diesem Zusammenhang aber nicht vor. Für die alleinerziehenden unterhaltsberechtigten Elternteile bedeutet das also weiterhin: Falls der unterhaltspflichtige Elternteil den Unterhalt nicht zahlt, stehen sie ab dem 12. Lebensjahr des Kindes ohne Unterstützung da, das Jugendamt springt nicht mehr ein, und sie müssen den Klageweg selbst beschreiten, den anderen Elternteil gegebenenfalls erst einmal ausfindig machen, etc. pp. Das heißt, für die soziale Situation von Kindern Alleinerziehender haben Sie in diesem Bereich nichts verbessert. Worüber haben Sie sich noch ausgelassen? Der Kitaausbau ist in Zeiten der Großen Koalition beschlossen worden, das ist kein Verdienst von Schwarz-Gelb. Ich hatte erwartet, dass Sie noch etwas zum Elterngeld sagen; auch das ist in der Großen Koalition beschlossen worden. Zur Ausweitung der Vätermonate, die Sie versprochen haben, ist es nicht gekommen. Ich frage mich tatsächlich, warum Sie mit dieser Aktuellen Stunde unsere Zeit verschwenden. (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ich werde gleich in eine öffentliche Anhörung der Kinderkommission gehen, bei der es um die kindgerechte Kommune geht. Hier gibt es viel zu tun. Sie halten uns mit dieser Aktuellen Stunde nur von der wirklich wichtigen Arbeit ab. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Diana Golze. – Nächste Rednerin in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unsere Kollegin Katja Dörner. Bitte schön, Frau Kollegin. Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Koalition preist sich hier selbst für ihre angeblich so großartigen Errungenschaften für die Kinder in Deutschland. Wissen Sie, wie mir das vorkommt? Stellen Sie sich vor: Dagobert Duck lobt sich für seine eigene Großzügigkeit, (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Quasimodo singt ein Loblied auf seine eigene Schönheit, und Dieter Bohlen lobt sich selbst für seine philosophisch-tiefgründigen Kommentare in Deutschland sucht den Superstar. Auf diesem Niveau ist das Eigenlob der Schwarz-Gelben anzusiedeln. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN) Es ist durch und durch unglaubwürdig. Statt hier große Töne zu spucken, wäre wirklich mehr Bescheidenheit angesagt. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Demut!) Es wäre sogar viel mehr Bescheidenheit angesagt. Ich will Ihnen auch sagen, warum: In Deutschland ist die Kinderarmut weiterhin skandalös hoch. Jedes siebte Kind unter 15 Jahren lebt von Hartz IV, in Ostdeutschland sogar jedes vierte. Diese Regierung hat in drei Jahren absolut gar nichts dazu getan, um diesen Zustand zu ändern oder zu verbessern. Stichwort Regelsatz: Bei den Berechnungen wurde doch getrickst ohne Ende. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was? Das Bundesverfassungsgericht hat sie doch gerade bestätigt!) Kein Rechenkniff war für Schwarz-Gelb zu dubios, um die Grundsicherung so niedrig wie irgend möglich zu halten. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben doch Hartz IV geschaffen!) Damit nehmen Sie achselzuckend Kinderarmut und die Armut von Jugendlichen in unserem Land in Kauf. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Sie nehmen den Kindern und Jugendlichen die Chance auf gleichberechtigte Teilhabe. Wenn man sich die Umfragen unter jungen Menschen in Deutschland einmal anschaut – auch unter Kindern wohlgemerkt –, dann stellt man fest: Diese jungen Menschen wissen ganz genau um ihre Situation. 20 Prozent der jungen Leute in Deutschland sagen über sich selbst, sie seien benachteiligt und abgehängt. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das ist doch ein Skandal in unserem Land, das ist doch Sprengstoff für unsere Gesellschaft. Es ist einfach ein Hohn, dass sich Schwarz-Gelb angesichts einer solchen Situation in unserem Land hier hinstellt und sich selber auf die Schultern klopft. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN) Umverteilen von unten nach oben: Wer hat, dem wird gegeben. Das ist das Prinzip von Schwarz-Gelb, (Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Das habt ihr mit dem EEG eingeführt!) selbst bei Kindern und Familien. Während der Kinderfreibetrag angehoben wird, von dem Familien mit einem hohen Einkommen besonders profitieren, wird das erhöhte Kindergeld voll und ganz auf die ALG-II-Leistungen angerechnet. Den armen Familien wird auch noch flugs das Elterngeld abgezogen: monatlich 300 Euro weniger in der Kasse. Das ist die Konsequenz eines solchen Verhaltens. Wenn das die Umsetzung der vollmundigen Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag ist, die Kinderarmut zu bekämpfen, dann sollte man sich fast wünschen, dass auch andere eigentlich positive Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag erst gar nicht umgesetzt werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Ich will den Koalitionsvertrag durchaus noch einmal genauer unter die Lupe nehmen. Darin heißt es – Zitat –: Wir werden das Unterhaltsvorschussgesetz dahingehend ändern, dass der Unterhaltsvorschuss … bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensjahres eines Kindes gewährt wird. Umsetzung: Fehlanzeige. Es gab sogar schon einmal einen Gesetzentwurf. Er wurde aber wegen Finanzierungsvorbehalt auf Eis gelegt. Zum Elterngeld heißt es im Koalitionsvertrag – Zitat –: Die Partnermonate sollen gestärkt und ein Teil-elterngeld bis zu 28 Monaten eingeführt werden. Umsetzung: Fehlanzeige. (Caren Marks [SPD]: Wo ist denn die -Ministerin?) Es gab zwar einmal einen Gesetzentwurf; aber er liegt wegen Finanzierungsvorbehalt auf Eis. Und zu den Alleinerziehenden, von denen wir wissen, dass sie und ihre Kinder besonders von Armut betroffen sind, heißt es – Zitat –: Wir werden prüfen, inwieweit die Umgestaltung des bisherigen steuerlichen Entlastungsbetrages in einen Abzug von der Steuerschuld möglich … ist. Okay, an der Stelle gab es bis dato noch nicht einmal einen Gesetzentwurf. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Schwarz-Gelb heißt: Viel versprechen, nichts umsetzen. Das ist zu wenig für die Kinder in unserem Land. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN) Die Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der FDP kommen immer mit Schuldenabbau und Sparsamkeit. Da muss ich schon sagen: Wer ernsthaft bereit ist, Milliardensummen in eine bildungs- und gleichstellungspolitische Katastrophe namens Betreuungsgeld zu investieren, mit der man Kindern Chancen nimmt und sie gerade nicht fördert, der hat jedes Recht verwirkt, so zu argumentieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN) Die Umsetzung der drei eben von mir genannten im Sinne der Kinder und Familien vernünftigen Ankündigungen aus Ihrem eigenen schwarz-gelben Koalitionsvertrag wäre mit den Milliardenbeträgen, die Sie jetzt für das Betreuungsgeld vorsehen, locker zu finanzieren gewesen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Da ist die FDP mal wieder eingeknickt!) Letztes Stichwort: Kinderrechte. Schwarz-Gelb hat die Vorbehaltserklärung zur UN-Kinderrechtskonvention zurückgenommen und ist dafür gelobt worden, auch von uns und völlig zu Recht. Aber jetzt folgt eben nichts daraus. Das Problem ist, dass aus der Rücknahme der Vorbehaltserklärung reine Symbolpolitik wird. Kinder ab 16 Jahren können im Asylverfahren weiter wie Erwachsene behandelt werden. Sie haben kein Recht auf Leistungen aus dem Gesundheitssystem, sie haben kein Recht auf Leistungen aus dem System der Kinder- und Jugendhilfe. Weiterhin – das muss ich hier konstatieren – ist die UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland nicht vollständig umgesetzt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ministerin interessiert das offensichtlich nicht. Sie interessiert offensichtlich auch diese Debatte nicht, die Aktuelle Stunde, die von Ihren eigenen Fraktionen beantragt worden ist. Ich finde, das sagt alles über die schwarz-gelbe Politik für Kinder in unserem Land: Große Töne spucken, nichts dahinter; Kosmetik statt Taten. Ich finde, die Kinder und Familien haben deutlich mehr verdient. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Eckhard Pols. Bitte schön, Kollege Eckhard Pols. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Eckhard Pols (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dörner, in einem Punkt gebe ich Ihnen recht: Es muss viel mehr über Kinder gesprochen werden. Frau Golze, deswegen ist es ein Skandal, wenn Sie hier sagen: Es ist reine Zeitverschwendung, dass Sie hier heute Nachmittag über Kinder reden müssen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ungeheuerlich! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aber recht hat sie! Es kommt ja nichts raus dabei!) Solch eine Äußerung gerade aus Ihrem Munde, von der Vorsitzenden der Kinderkommission, ist wirklich ein Skandal. (Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Ihre Politik! Die ist ein Skandal!) Herr Heil, da Sie hier so populistisch auftreten, kann man eigentlich nur davon ausgehen, dass Sie ein schlechtes Gewissen haben. Wir von der Regierungskoalition müssen nun wirklich kein schlechtes Gewissen haben. Frau Golze hat es angesprochen: Die Bertelsmann-Stiftung hat in ihrer aktuellen Auswertung auch festgestellt, dass die Armutsquote der unter Dreijährigen in Deutschland gesunken ist. Leider liegt sie im Jahr 2011 immer noch bei 18,2 Prozent; aber es ist eine positive Entwicklung, und die positive Entwicklung geht weiter. Herr Heil, auch in unserer gemeinsamen Heimat, in Niedersachsen, ist das Risiko für Kleinkinder, in Armut aufzuwachsen, in den vergangenen Jahren erheblich gesunken, und es sinkt weiter. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, weil weniger Kinder da sind!) Die absolute Zahl der Kinder unter drei Jahren in Bedarfsgemeinschaften verringerte sich auf 34 400, und damit liegt Niedersachsen im Ländervergleich erfreulicherweise im Spitzenfeld. Meine Damen und Herren, diese Entwicklung ist nicht verwunderlich; denn die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Armutsrisiken von Kindern zu mindern, das Existenzminimum zu sichern und die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Als christlich-liberale Koalition haben wir uns vorgenommen, für alle Kinder gleiche und faire Chancen zu schaffen, damit sie frei von Armut aufwachsen und ihre vielfältigen Talente und Fähigkeiten entwickeln können. Die gute Konjunkturpolitik in Deutschland durch die christlich-liberale Koalition (Lachen bei der SPD) sorgt dafür, dass viele Eltern einer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Das sehen Sie auch an den zurückgehenden Arbeitslosenzahlen. Dies ist das beste Mittel, um Armut zu bekämpfen; (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) denn die Eltern, die einer geregelten Beschäftigung nachgehen, haben auch eine Vorbildfunktion für ihre Kinder und verhindern somit auch einen späteren SGB-II-Bezug ihrer Kinder. Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass wir gerade in der Familien- und Sozialpolitik neue Prioritäten gesetzt haben. Herr Heil, ich denke hier nur an einen Ausspruch des ehemaligen Kanzlers Schröder, der in Bezug auf Familienpolitik immer von „Gedöns“ sprach. (Widerspruch bei der SPD – Caren Marks [SPD]: Wo ist denn Ihre Frau Schröder?) Sie können es nicht ertragen, dass es eine CDU-Ministerin war, die sich dieses Themas angenommen hat und es offensiv angegangen ist. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Haben Sie schon einmal von Renate Schmidt gehört?) – Nein, von Renate Schmidt braucht man nichts zu hören, weil da nichts kam. (Widerspruch bei der SPD – Zuruf von der SPD: Das ist ja grotesk!) Ich spreche hier von Frau von der Leyen, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) die dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht hat. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ganztagsschulprogramm! Dann vielleicht Edelgard Bulmahn! Elterngeld von der SPD!) Wir haben 2005 den Kinderzuschlag eingeführt und 2007 das Elterngeld, Herr Heil; wir haben 2009 und erneut 2010 das Kindergeld aufgestockt. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das haben wir in den Koalitionsvertrag gebracht! Nicht Sie!) Ein entscheidender Schritt zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch der Ausbau der Kinderbetreuung. Wenn Sie hier mit Zwischenrufen sagen, dass Niedersachsen hierfür ein schlechtes Beispiel ist, dann muss ich Ihnen sagen, dass es die großen Städte wie Hannover, Osnabrück und Oldenburg sind, SPD-regierte Städte, (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Braunschweig! Hoffmann!) die hinterherhinken. Gucken Sie bitte einmal in die Fläche, dorthin, wo die CDU regiert. Da werden Sie sehen, dass wir diese Quote schon erfüllt haben. (Beifall des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU] – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: In der Fläche gibt es mehr SPD-Landräte! Sie kennen sich nicht einmal in der Heimat aus!) – Meine Heimat ist sehr gut. Wir liegen bei über 35 Prozent. Lassen Sie sich die Zahlen dazu einmal aus Ihrer Fraktion kommen. Aber ein entscheidender Aspekt für die Reduzierung der Kinderarmut ist – das haben meine Vorredner auch betont – die Bildung. Ich kann hier nur John F. Kennedy zitieren: Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: Keine Bildung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Genau! Deshalb Betreuungsgeld!) Denn unter fehlender Bildung leiden nicht nur die betroffenen jungen Menschen; auch die Gesellschaft trägt schwer an den Folgekosten unzureichender Bildung. (Christel Humme [SPD]: Alles Sprechblasen!) Ein großer Erfolg der christlich-liberalen Koalition ist neben den schon genannten Leistungen die „Offensive Frühe Chancen: Schwerpunkt-Kitas, Sprache & Integration“. Der Kollege Tauber hat es schon gesagt: Hier wurden 400 Millionen Euro angesetzt. Wir fördern damit bundesweit aktuell 4 127 Schwerpunktkitas. Wir alle wissen: Sprache ist der Schlüssel zum Erfolg, sowohl in der Schule als natürlich auch später im Beruf. Wer früh gefördert wird, hat auch früh und zukünftig bessere Chancen. Meine Damen und Herren, ich scheue mich nicht, zu sagen, dass unsere schwarz-gelbe Regierungspolitik offenkundig Früchte trägt. Dennoch ist es natürlich für uns kein Ruhepolster, auf dem wir uns ausruhen können und wollen. Im Gegenteil, für die christlich-liberale Koalition ist es ein Ansporn, die Anstrengungen in diesem Bereich fortzusetzen, um die Situation unserer Kinder in Deutschland noch weiter zu verbessern. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächste Rednerin in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der Sozialdemokraten unsere Kollegin Frau Christel Humme. Bitte schön, Frau Kollegin Christel Humme. (Beifall bei der SPD) Christel Humme (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Kollegen von der CDU/CSU und von der FDP, Sie können Ihre Aktuellen Stunden mit noch so schönen Titeln versehen – es bleibt das, was es ist, nämlich ein Etikettenschwindel. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sie haben es in Ihrer Regierungszeit nicht geschafft, die Probleme Familienarmut und Kinderarmut zu lösen. Die aktuelle Bertelsmann-Studie, Frau Laurischk, die Sie zitiert haben – ja, ich gebe Ihnen recht –, hat in der Tat festgestellt: Die Zahl der Kinder unter drei Jahren, (Zuruf von der CDU/CSU: Die Studie ist gut!) die von der Grundsicherung leben, nimmt ab. Unterstellen wir einmal, das ist nicht nur ein Effekt der zurückgehenden Geburtenrate; nehmen wir einmal an, das ist ein guter Trend. Das ist aber doch kein Grund, in Euphorie zu verfallen. Im Gegenteil: Werfen Sie einen zweiten Blick in die Bertelsmann-Studie, in der sehr differenziert analysiert wurde! Dort wurde festgestellt, dass die Kinderarmutsquote unvermindert hoch ist. Im Osten beträgt sie immer noch 25 Prozent; das heißt, jedes vierte Kind lebt in Armut. Im Westen ist es jedes siebte Kind. In der Studie wurde differenziert hingeschaut und festgestellt: Das ist ein besonderes Problem der Regionen, der Städte oder sogar der Stadtteile. Man kommt zu dem Ergebnis, dass es Regionen oder Stadtteile gibt, in denen bis zu 35 Prozent der Kinder in Armut leben. Um es noch einmal zu wiederholen: Mehr als ein Drittel der Kinder sind arm. Daran müsste man schon erkennen, dass Sie sich nicht mit Ruhm bekleckern können. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir wissen: Es gibt nach wie vor zu viele arme Kinder. Wir wissen auch, dass das Risiko, arm zu bleiben oder arm zu werden, während Ihrer Regierungszeit gestiegen ist. Hätten Sie einen Blick in den Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts geworfen, hätten Sie das gemerkt; denn dort wird genau das bestätigt. Auch die Arbeiterwohlfahrt stellt in einer Langzeitstudie fest, dass bis 2010 nur jedes zweite Kind eine Chance hatte, aus der Armut herauszukommen. Das ist doch der entscheidende Punkt, der uns Politikerinnen und Politiker bewegen muss: Wie sehen die Chancen der Kinder aus, die heute arm sind? Welche Antworten geben wir darauf, welche Sie? (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ich habe heute in der Debatte nicht eine einzige Antwort darauf gehört. Wir wissen doch alle ganz genau: Kinderarmut ist Familienarmut ist Elternarmut; ist Armut der Eltern, die nicht genug Einkommen haben. Es ist gut, dass wir als SPD den Kinderzuschlag eingeführt haben. Die Ausgaben dafür sind um 10 Prozent gestiegen, und damit ist natürlich die Zahl derjenigen, die von Leistungen gemäß SGB II leben, gesunken. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: So ist es!) Insoweit ist die Statistik richtig. Auf der anderen Seite – und das ist die Kehrseite der Medaille – belegt das doch auch, dass es ganz viele Eltern gibt, die arbeiten, aber von ihrer Arbeit nicht leben können und aufstocken müssen. Das ist doch der eigentliche Skandal. Sie tun nichts! (Caren Marks [SPD]: Sie reden das schön!) Sie legen Ihre Hände in den Schoß. Es gibt keinen gesetzlichen Mindestlohn mit Ihnen, und es gibt auch keine gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Das ist Fakt. Das stärkt die Armut. Das muss man feststellen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dabei käme das besonders einer Gruppe zugute, deren Kinder von großer Armut bedroht sind, nämlich der Gruppe der Alleinerziehenden. Was bräuchten sie? Im 4. Armuts- und Reichtumsbericht wird festgestellt, dass bis zu 40 Prozent von ihnen ein sehr geringes Einkommen haben. Was brauchen sie also? Sie brauchen Ganztagsbetreuung, sie brauchen mehr Betreuungsplätze, und sie brauchen auch eine Reform der Minijobs; denn Teilzeitarbeit ist für Alleinerziehende ein großes Problem, weil sie gleichzeitig zu einer Falle für Altersarmut wird. Die Kinder der Alleinerziehenden brauchen weitere Bildungsangebote und Betreuungsplätze. Was machen Sie? Sie tun nichts für den Ausbau der Betreuung. Noch viel schlimmer: Morgen werden Sie beschließen, die Minijobs auszuweiten. Auch das ist ein Skandal angesichts der Notwendigkeit, Armut zu bekämpfen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Caren Marks [SPD]: Ja! Pfui!) Last, not least. Wenn Sie die Bertelsmann-Studie gelesen haben, dann haben Sie vielleicht auch gelesen, was das Vorstandsmitglied der Bertelsmann-Stiftung Jörg Dräger vorgeschlagen hat, nachdem er die Studie vorgestellt hat. Er plädiert für eine bedarfsorientierte Verteilung der staatlichen Gelder. Er sagt weiter: Armut darf nicht in Chancenlosigkeit münden. Wo die Probleme größer sind, muss auch mehr Geld für gute Kitas und gezielte Förderung in Brennpunkten investiert werden. (Caren Marks [SPD]: Ja! „Soziale Stadt“!) Gerade die frühkindliche Phase ist entscheidend für die Entwicklung eines Kindes. Recht hat er! Aber was machen Sie? Sie kürzen die Mittel für das Programm „Soziale Stadt“. Das ist Ihre Antwort. Außerdem führen Sie das Betreuungsgeld ein. Ich sage Ihnen: Ihre christlich-liberale Politik – ein Armutszeugnis. Danke schön. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Kollegin Christel Humme. – Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der FDP unser Kollege Pascal Kober. Bitte schön, Kollege Kober. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Pascal Kober (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, Sie können sich rhetorisch ruhig auf den Kopf stellen, eines können Sie nicht wegdefinieren: Diese Regierung ist – das belegt der Rückgang bei der Kinderarmut in Deutschland – auf dem richtigen Weg, und sie betreibt eine erfolgreiche Politik für die Menschen in diesem Land. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Du sollst kein falsch Zeugnis geben, Pascal Kober!) Lieber Hubertus Heil, ja, Sie haben recht: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Erwerbsarbeit der Eltern auf der einen Seite und Kinderarmut auf der anderen Seite. Aber Sie werden damit leben müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, dass der Rückgang der Arbeitslosigkeit in Deutschland in einem seit Jahrzehnten nicht gekannten Maße in die Regierungszeit dieser Koalition fällt und nicht in Ihre. (Beifall bei der FDP – René Röspel [SPD]: Der fällt da rein, aber das ist nicht Ihr Verdienst! Das ist der Unterschied!) Wir sind gar nicht so vermessen, die alleinige Verantwortung für diese günstige Entwicklung uns zuzuschreiben. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das wäre auch gelogen!) Natürlich wissen wir, dass die günstige Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in erster Linie den fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und den leistungsfähigen Unternehmen zu verdanken ist. (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist das!) Sie ist aber auch – auch das lässt sich nicht wegdefinieren – der klugen wirtschafts- und wachstumsfreundlichen Politik dieser christlich-liberalen Koalition zu verdanken. (Beifall bei der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Der Vorgängerregierung! Ernten können Sie, aber säen nicht!) – Lieber Hubertus Heil, diese günstige Entwicklung hängt vor allen Dingen damit zusammen, dass wir die Unternehmen machen lassen, statt Lästiges mit ihnen zu machen, (René Röspel [SPD]: Das ist Ihre Politik: Machen lassen! Bravo!) damit, dass wir sie nicht mit überbordender Bürokratie zuschütten und mit Steuererhöhungen belasten. Wir lassen die Unternehmen wirtschaften. So sichern wir Arbeitsplätze und erhöhen ihre Anzahl. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Es gibt derzeit so viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, so viele Erwerbsverhältnisse wie seit Jahrzehnten nicht mehr: 41 Millionen. Das ist eine beeindruckende Zahl, über die wir uns alle freuen sollten, auch, weil sie unmittelbar mit dem Rückgang der Kinderarmut zusammenhängt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Sie können auch nicht wegdefinieren, dass wir eine kluge Arbeitsmarktpolitik machen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Doch!) Wir haben die Arbeitsvermittlung in beiden Säulen gestärkt. Wir haben die Zahl der Optionskommunen erhöht und ihre Existenz gesichert. Wir haben die Hilfe aus einer Hand gesichert. Wir haben die arbeitsmarktpolitischen Instrumente zielgenauer ausgerichtet. So ermöglichen wir es mehr Menschen, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden. Wir haben mit dem Bildungs- und Teilhabepaket (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ein bürokratisches Monster auf den Weg gebracht!) die Bildungschancen der Kinder erhöht und ihre Teil-habechancen in unserer Gesellschaft verbessert. Lieber Hubertus Heil, Sie persönlich sind mit dafür verantwortlich – – (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Schade, dass ich es nicht alleine war!) – Ja, Frau Schwesig von der SPD (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gute Frau!) ist auch verantwortlich, genau. Sie beide tragen die Verantwortung dafür, dass dieses Bildungs- und Teilhabe-paket nur schwer auf den Weg gebracht werden kann. Sie wollten es in die Hand der Kommunen geben. Sie sind damit dafür verantwortlich, (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Dass das nicht ganz so schlimm geworden ist!) dass beim Bildungs- und Teilhabepaket jetzt jede Kommune das Rad neu erfinden muss. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo ist denn Ihre Chipkarte geblieben?) Wenn es um die Entlastung der unteren Einkommen geht, dann stehen Sie, wie immer, auf der Bremse: aktuell bei der Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge von 19,6 auf 18,9 Prozent. Wenn es um die Entlastung der Menschen mit kleinen Einkommen geht, sind Sie nicht mit dabei. Dann stehen Sie auf der Bremse. Sie möchten diese Menschen nicht unterstützen. Wir hingegen sind ein verlässlicher Anwalt der Menschen in unserem Land. Wir haben einiges für die Kinder in unserem Land erreicht, nicht nur, wenn es um materielle Fragen geht, sondern auch in anderen Bereichen. Frau Dörner hat bereits darauf hingewiesen, dass die Rücknahme der Vorbehaltserklärung zur UN-Kinderrechtskonvention in -unsere Regierungszeit fällt. In unserer Regierungszeit haben wir aber auch den Entfaltungs- und Lebensraum für Kinder in unserer Gesellschaft faktisch vergrößert, indem wir klargestellt haben, dass Kinderlärm keine schädliche Umweltbelastung ist. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Wir haben durch die Durchsetzung des Prinzips „Löschen statt Sperren“ die Persönlichkeitsrechte von Opfern von Kriminalität im Bereich des Internets gestärkt. Wir haben es nicht nur ermöglicht, dass der Zugang zu kinderpornografischen Seiten erschwert wird, sondern auch, dass solche Bilder, die die Persönlichkeitsrechte des Kindes verletzen, wirklich aus dem Internet entfernt werden. Wir haben bei den Meldepflichten angesetzt. Wir haben die Meldepflichten gelockert, sodass auch Kinder ohne Aufenthaltsstatus den Kindergarten oder die Schule besuchen können. (René Röspel [SPD]: Wir merken schon daran, dass aufgezählt wird, wie mager das ist!) Wir haben beispielsweise einen eigenständigen Straftatbestand Zwangsheirat eingeführt, von der häufig Minderjährige betroffen sind. Wir haben auch die Rechte der Opfer in Ermittlungs- und Strafverfahren gestärkt. (Michaela Noll [CDU/CSU]: Das war sehr gut!) Auch das ist etwas, was gerade Kindern zugutekommt, weil Mehrfachvernehmungen und anderes Belastende in Zukunft nicht mehr nötig sind. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ich glaube, alles in allem kann diese Bundesregierung stolz sein auf die Leistungen, die sie in den vergangenen drei Jahren für die Kinder in diesem Land erbracht hat. Wir werden nicht nachlassen, an den Problemen zu arbeiten. Natürlich ist jedes Kind in Armut nach wie vor eines zu viel. Wir werden an diesem Punkt nicht nachlassen und uns für die Kinder in diesem Land weiterhin erfolgreich einsetzen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege Swen Schulz. Bitte schön, Kollege Swen Schulz. (Beifall bei der SPD) Swen Schulz (Spandau) (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich den Titel der von der Koalition beantragten Aktuellen Stunde gelesen habe, ist mir erst einmal die Spucke weggeblieben. Ich lese das noch einmal vor: „Soziale Situation der Kinder in Deutschland verbessert in Zeiten christlich--liberaler Regierungspolitik“. (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Natürlich! Das stimmt!) Das ist dreist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wichtig es denen ist, sieht man an der Regierungsbank!) Ich möchte diesen Anspruch einmal konkret anhand des Themas Bildung bzw. Bildungsarmut überprüfen. Das Thema Bildung ist, wie wir wissen, sehr wichtig, zum einen gesellschaftlich, also für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, und zum anderen natürlich insbesondere für diejenigen, über die wir jetzt hier sprechen. Nicht ohne Grund hat Bundeskanzlerin Merkel vor einigen Jahren das schöne Wort der „Bildungsrepublik Deutschland“ geprägt. Die Frage ist: Was hat die Bundesregierung tatsächlich konkret gemacht, um diesen Anspruch zu realisieren? Nichts hat sie gemacht. Nichts ist geschehen. Dabei hat die Koalition zu Beginn der Wahlperiode den Mund ziemlich voll genommen. Es gab ein großes Konzept für das Bildungssparen. Das ist beerdigt worden. Lokale Bildungsbündnisse für Grundschulen sollten eingerichtet werden. Das ist gescheitert. Das Bildungs- und Teilhabepaket – total verkorkst. Unterhalten Sie sich einmal mit denjenigen, die vor Ort das Bildungs- und Teilhabepaket umsetzen sollen. Sie schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wer hat denn dem zugestimmt?) Dafür gibt es einen sehr klaren Grund. Das Geld für das Bildungs- und Teilhabepaket wird in großem Maße von der Verwaltung aufgefressen, während viele Kinder und Familien, die Unterstützung benötigen, diese nicht bekommen. Das liegt an einem Konstruktionsfehler. Sie müssen die Bildungseinrichtungen, die Kitas und die Schulen, stärken, statt die Eltern auf die Ämter zu schicken. Das ist der Punkt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Aber mit den Bildungseinrichtungen hat es die Koalition ja nicht so. Das wird beim Thema Betreuungsgeld ganz besonders deutlich. (Michaela Noll [CDU/CSU]: Das haben wir ja morgen!) Das ist wirklich kompletter Irrsinn. Das muss man sich einmal vorstellen: Sie wollen den Eltern Geld dafür geben, dass sie ihre Kinder nicht in die Bildungseinrichtung Kita schicken. Das schlägt wirklich dem Fass den Boden aus. Es kommt noch etwas dazu – wir reden ja über Armut –: Das Betreuungsgeld soll nach dem Gesetzentwurf voll auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden, so, wie es auch beim Elterngeld gemacht wird; das haben Sie entschieden. Man liest da so einiges; Sie streiten ja sehr heftig darüber, bislang jedenfalls. Jetzt liest man, dass Sie das Betreuungsgeld unter bestimmten Bedingungen, also konditioniert, möglicherweise doch an arme Familien auszahlen wollen. Ich sage Ihnen: Sie machen den Quatsch nur noch quätscher. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Das Betreuungsgeld kommt mir vor wie ein Tanker auf hoher See, der leckgeschlagen ist. Aber es hilft nichts, wenn Sie jetzt hektisch Räder daran basteln. Ich gebe Ihnen den Rat: Lassen Sie das Betreuungsgeld einfach untergehen. Besser ist das. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Damit das jetzt nicht einseitig wirkt, will ich Ihnen etwas vorlesen: Das deutsche Bildungssystem ist … heute weniger als andere europäische Bildungssysteme … in der Lage, benachteiligte Kinder … zu fördern … Eine wesentliche Ursache dafür ist klar zu benennen: Es fehlt hierzulande noch immer an angemessener Kinderbetreuung und Ganztagsschulen. Das hat nicht die SPD geschrieben, sondern die Bundesregierung. Dies steht im Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung. (Caren Marks [SPD]: Hört! Hört!) Wenn Sie das so klar erkennen, warum unternehmen Sie dann nichts? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Christel Humme [SPD]: Gute Frage!) Kitaausbau. Für das Betreuungsgeld sehen Sie über 1 Milliarde Euro jährlich vor, aber die dringend benötigten und den Ländern und Kommunen zugesagten Mittel für den Ausbau der Kitas werden von Frau Familien-ministerin Schröder (René Röspel [SPD]: Wo ist die überhaupt!) unter fadenscheinigen Begründungen immer noch blockiert. Geben Sie das Geld endlich frei! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sibylle Laurischk [FDP]: Das wird nicht abgerufen! Das wissen Sie ganz genau! Das sind die Länder!) Ganztagsschulen. Das ist wirklich ein spannendes Thema. Rot-Grün hat unter der Regierung Gerhard Schröder ein Ganztagsschulprogramm aufgelegt. Die CDU/CSU hat das immer bekämpft. Wir haben das durchgesetzt, und es hat eine ganze Menge bewirkt. Inzwischen sagt Bildungsministerin Schavan, dass Ganztagsschulen ganz toll sind, und bejubelt jede neue Studie dazu. Jetzt wollen wir von der SPD einen entscheidenden Schritt weitergehen und ein flächendeckendes Angebot von Ganztagsschulen machen. Aber dafür müssen wir zunächst einmal das Grundgesetz ändern und das Kooperationsverbot im Bildungsbereich von Bund und Ländern streichen. Was macht die Regierungskoalition? Sie lehnt das ab. Stattdessen gibt es einen eigenen Vorschlag zur Grundgesetzänderung von Schwarz-Gelb, der darauf hinausläuft, dass einige wenige Spitzenforschungseinrichtungen gefördert werden können. Aber das hat mit Bildung nichts zu tun. Keine einzige Ganztagsschule würde entstehen, kein Lehrer würde eingestellt. Das kann es nicht sein. Machen Sie endlich den Weg frei für eine vernünftige Bildungspolitik in Deutschland! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und FDP, Sie behaupten, Sie machen etwas gegen Bildungsarmut. – Fangen Sie endlich damit an! Danke schön. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Kollege Swen Schulz. – Letzter Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Frank Heinrich. Bitte schön, Kollege Frank Heinrich. (Beifall bei der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Das ist ja alles in die Hose gegangen für die Koalition! – Caren Marks [SPD]: Hätten Sie mal keine Aktuelle Stunde beantragt!) Frank Heinrich (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir verhehlen als Koalition an keiner Stelle, dass wir eine Menge Arbeit vor uns haben, was dieses Thema angeht. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die Zeit wird knapp!) Die 18,2 Prozent – Herr Kober hat das gesagt – sind immer noch viel zu viel. Doch ist die Strecke auf diesen Berg, den wir hier besteigen, ein Stück weit zurückgelegt. Die soziale Situation der Kinder hat sich – verschiedene Facetten haben dies einfach deutlich gemacht – verbessert. Wenn wir uns immer nur die negativen Nachrichten um die Ohren hauen, dann ist jetzt der Zeitpunkt, um über eine gute Nachricht nachzudenken. Ich will die Kinder, um die es heute ja nun geht, einmal in den Mittelpunkt setzen. Ich selber arbeite in drei Vereinen und einer anderen Organisation in meiner Stadt Chemnitz mit Kindern zusammen. Ich möchte einfach einmal Peter als fiktives Gegenüber nehmen; ich habe ihn vor Augen. Chemnitz ist an dieser Stelle in Sachsen, und Sachsen ist innerhalb Deutschlands immer noch bei Prozentzahlen, die höher sind als das, worüber wir heute bundesweit diskutieren. Trotzdem hat sich die Zahl in Chemnitz innerhalb der letzten vier Jahre um ein ganzes Drittel verbessert. Peters Mutter ist alleinerziehend – wir wissen, ihr Armutsrisiko ist dadurch höher –, und selber Hartz-IV-Empfängerin. Gemäß Armuts- und Reichtumsbericht -gehört Peter zur größten Risikogruppe für mangelnde Bildungschancen und damit zur Risikogruppe für eine zukünftige eigene gebrochene Erwerbsbiografie und später möglicherweise Altersarmut. Das heißt, Kinder-armut hat eine sozial-menschliche Komponente, aber auch eine gesellschaftlich-ökonomische. Die größte Sorgengruppe unserer Gesellschaft sind insoweit die Kinder, denen doch eigentlich die Zukunft gehören sollte. Dies gilt umso mehr angesichts der demografischen Entwicklung, die wir jetzt gerade vor uns haben. Was können wir für Peter tun? Ich zitiere aus UNICEF-Pressemitteilungen von Anfang des Jahres: Die Teilhabe von Eltern am Erwerbsleben ist von zentraler Bedeutung für das Wohlbefinden von Kindern in Deutschland. (Zurufe von der SPD) – Ich bitte Sie, hinzuhören. Eine gute Förderung in Kindertagesstätten und Schulen kann Defizite aufgrund mangelnder Teilhabe der Eltern nur begrenzt ausgleichen. Zu diesem Ergebnis kommt der UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland 2011/2012. Was braucht Peter? Erstens braucht seine Mutter Arbeit. Wir haben die Zahlen hier inzwischen mehrfach gehört; ich werde sie jetzt nicht noch einmal wiederholen. Aber wer hat denn dafür gesorgt, dass wir unter einer 3,x liegen, was die Arbeitslosigkeit angeht? Das ist nicht allein in den letzten drei Jahren passiert, aber mitunter auch durch weise Entscheidungen. Die Armutsgefährdung von Kindern sinkt mit der Erwerbsbeteiligung der Eltern. Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie nie, und das hat auch – auch! – etwas mit dem Erfolg der christlich-liberalen Koalition zu tun und mit der wirtschaftlich günstigen Situation, die wir gerade in Deutschland haben, wobei beides miteinander zu tun haben kann. (Lachen bei der SPD – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Wo er recht hat, hat er recht! – Beifall bei der CDU/CSU) Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist seit 2007 um 40 Prozent gesunken. Dieser Haupthintergrund von mangelnden Chancen ist also schon einmal in Angriff genommen. Der Jahresdurchschnitt im Jahre 2007 betrug 1,73 Millionen, der Jahresdurchschnitt 2011  1,06 Millionen; so heißt es im Entwurf des Armutsberichts. Maßnahmen sind vor allem die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes; zu diesem Thema haben wir sehr viele Auseinandersetzungen erlebt. Zu tun bleibt: Ja, auch wir diskutieren über eine Lohnuntergrenze in verschiedenen Branchen, aber auf der Grundlage des hohen Gutes der Tarifautonomie. Das ist ganz besonders wichtig. (Zurufe von der SPD: Oh! Oh! – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Das ist uns ganz besonders wichtig. (Zurufe von der SPD: Oh!) Zweitens. Was braucht Peter? Er braucht die Gelegenheit zur Teilhabe. Frau Golze und Frau Dörner, Sie haben gesagt: Es ist nichts getan worden in den drei Jahren. – Es tut mir leid, da habe ich andere Informationen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Parallel-gesellschaft!) Schulisch und gesellschaftlich-kulturell haben wir als Neuausrichtung von Hartz IV das Bildungs- und Teilhabepaket auf den Weg gebracht. Es mag klein sein; aber es ist – so habe ich das rückgemeldet bekommen – ein guter Anfang. Dieses Bildungspaket greift. Es ist verbunden mit einem Perspektivwechsel: Sachleistung statt Geldleistung. Ja, es ist nur ein erster Schritt; aber es ist ein Schritt auf einem Weg des Umdenkens. Es wird auch zunehmend in Anspruch genommen: von 56 Prozent der betreffenden Personen, bei mir in Chemnitz von weit mehr. Herr Schulz, Sie haben danach gefragt, ob wir uns vor Ort schon einmal darüber unterhalten hätten. Ja, regelmäßig. Ich bekomme auf meine Nachfrage die Rückmeldung – das schlägt sich auch im Armuts- und Reichtumsbericht nieder –, dass die Leistungsberechtigten wie auch die Organisationen sagen: Je länger, desto besser. Die Bürokratisierung ist in der Tat ein Problem. Da muss der Zugang, da müssen die Anträge vereinfacht werden. Drittens. Peter braucht eigene Chancen auf gute -schulische und berufliche Ausbildung. Noch einmal UNICEF: In der Schule ist die Entwicklung von sozialer Kompetenz, Verantwortung und Werten genauso wichtig wie kognitive Fähigkeiten. Eine ausschließliche Konzentration auf Leistungssteigerung, wie sie stark durch die PISA-Debatte befördert wird, führt dazu, dass einzelne Gruppen von Kindern systematisch ausgeschlossen werden. Wir, die christlich-liberale Koalition, sagen: Wir brauchen ein differenziertes und wertebasiertes Schulsystem, eine Ausbildung mit starkem Praxisbezug – die duale Ausbildung, wie wir sie in Deutschland kennen –, die Stärkung von Handwerk und Mittelstand und auch hier persönliche Begleitung. Der aufkommende Fachkräfte- und Arbeitskräftebedarf eröffnet neue Möglichkeiten. Es ist viel erreicht, aber noch lange nicht genug; denn der Berg ist noch nicht erklommen. Ich wiederhole, was Herr Kober gesagt hat: Jedes einzelne Kind von diesen 18,2 Prozent ist eines zu viel. Vizepräsident Eduard Oswald: Der Peter schaut jetzt auf die Uhr. (Heiterkeit) Frank Heinrich (CDU/CSU): Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Einen schönen Nachmittag noch. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsident Eduard Oswald: Zumindest herinnen ist der Nachmittag beendet und geht in anderen Gremien weiter. Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit auch am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Übrigens war heute die 200. Plenarsitzung, sodass ich die nächste Sitzung, die 201. Sitzung, für morgen, Donnerstag, den 25. Oktober 2012, um 9 Uhr, einberufe. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 16.32 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24.10.2012 Bär, Dorothee CDU/CSU 24.10.2012 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 24.10.2012 Becker, Dirk SPD 24.10.2012 Bleser, Peter CDU/CSU 24.10.2012 Brugger, Agnes BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24.10.2012 Burgbacher, Ernst FDP 24.10.2012 Funk, Alexander CDU/CSU 24.10.2012 Gabriel, Sigmar SPD 24.10.2012 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 24.10.2012 Höger, Inge DIE LINKE 24.10.2012 Kumpf, Ute SPD 24.10.2012 Nahles, Andrea SPD 24.10.2012 Nink, Manfred SPD 24.10.2012 Dr. Ratjen-Damerau, Christiane FDP 24.10.2012 Remmers, Ingrid DIE LINKE 24.10.2012 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24.10.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 24.10.2012 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 24.10.2012* Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 24.10.2012 Winkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24.10.2012 Ziegler, Dagmar SPD 24.10.2012 * für die Teilnahme an der 127. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 7): Wie agiert die Bundesregierung aktuell in Brüssel hinsichtlich einer notwendigen Stärkung/Reform des Emissionshandels, und welche Initiativen hat sie diesbezüglich ergriffen? Die Bundesregierung befindet sich derzeit in einer Diskussion über die von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge zu einer teilweisen Verschiebung von Auktionierungsmengen, sogenanntes Backloading, sowie die Notwendigkeit und die möglichen Auswirkungen des Backloading und weitergehender, dauerhafter Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung noch keine weitergehenden Initiativen ergriffen. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 8): Ist die Bundesregierung in Sachen Erhöhung des europäischen Klimaziels auf 30 Prozent aktiv und, wenn ja, wie, und inwieweit betrachtet die Bundesregierung dies als zentral für eine klimapolitische Vorreiterrolle der EU? Die EU verpflichtete sich bereits 2007/2008 auf die Initiative „20-20-20“: Bis zum Jahr 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 20 Prozent, gegebenenfalls 30 Prozent, so die ER-Beschlüsse, gesenkt, der Anteil erneuerbarer Energieträger am Energieverbrauch auf 20 Prozent und die Energieeffizienz um 20 Prozent gesteigert werden. Eine Anhebung des EU-Klimaziels auf 30 Prozent trägt die Bundesregierung auf Basis des nationalen 40-Prozent-Ziels dann mit, wenn keine darüber hinausgehenden Emissionsminderungen von Deutschland verlangt werden und alle EU-Mitgliedstaaten einen fairen Beitrag leisten. Die Bundesregierung setzt sich nach wir vor dafür ein, dass die sogenannten Meilensteine des von der EU-Kommission im März 2011 vorgelegten „Fahrplans für eine kohlenstoffarme Wirtschaft 2050“ von der EU anerkannt werden und die Komission gebeten wird, Vorschläge zur Operationalisierung vorzulegen. Die in dem Fahrplan vorgelegten Meilensteine sehen neben einer EU-internen Reduktion von 25 Prozent bis 2020 eine EU-interne Reduktion von 40 Prozent bis 2030, 60 Prozent bis 2040 und 80 Prozent bis 2050 vor. Berücksichtigt man die Möglichkeiten des Imports von Gutschriften aus Emissionsminderungen in Drittstaaten, Clean Development Mechanism, CDM, und Joint Implementation, JI, entspricht eine EU-interne Minderung von 25 Prozent in etwa einem Minderungsziel von 30 Prozent. Konkret befindet sich die Bundesregierung in einem konstruktiven klima- und energiepolitischen Dialog mit Polen über Strategien zum Übergang in eine wettbewerbsfähige, CO2-arme Wirtschaft. Ob es dabei auch gelingt, die Bedenken Polens zur Mitteilung der Europäischen Kommission „Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen, CO2-armen Wirtschaft bis 2050“ auszuräumen, hängt von weiteren Gesprächen ab und kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden. Zum zweiten Teil der Frage: Die Bundesregierung und die EU legen großen Wert auf Klimadiplomatie, um Fortschritte in den internationalen Klimaverhandlungen zu erreichen. Der Erfolg des Klimagipfels in Durban hat gezeigt, wie schlagkräftig eine Allianz der EU und anderer engagierter Industrieländer mit proaktiven Entwicklungsländern wirken kann. Diese Allianz wollen wir auch in Zukunft nutzen, um ein Momentum für ein neues, globales Klimaschutzabkommen, das alle Staaten zu Minderungen bzw. der Begrenzung von Treibhausgasemissionen verpflichtet, aufzubauen. Eine anspruchvolle Klimapolitik, auf nationaler wie EU-Ebene, ist ein wichtiges Element für -unsere Bemühungen, politische Unterstützung für ein hohes internationales Anspruchsniveau und schnelle Fortschritte in den Verhandlungen zu erreichen. Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 9): Welche Position nimmt die Bundesregierung zum Vorschlag der Europäischen Kommission ein, zur Entlastung des europäischen CO2-Marktes die Versteigerung von Emissionszertifikaten nach hinten zu verschieben – sogenanntes Backloading? Die Bundesregierung diskutiert gegenwärtig die Vorschläge der EU-Kommission zu einer Verschiebung von Auktionierungsmengen, sogenanntes Backloading. Hierzu erwartet die Bundesregierung die Veröffentlichung eines Berichts der EU-Kommission zu strukturellen Maßnahmen sowie einer umfassenden Bewertung ihres Backloading-Vorschlags, den die Bundesregierung bei ihrer Positionierung berücksichtigen wird. Anlage 5 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragen der Abgeordneten Ute Vogt (SPD) (Drucksache 17/11094, Frage 16): Wie kann aus Sicht der Bundesregierung Strom aus erneuerbaren Energien zeitnah und mit den geringsten finanziellen Belastungen für die Stromverbraucherinnen und Stromverbraucher technisch in das Stromversorgungssystem integriert werden, wo sie im Hinblick auf eine angestrebte Vollversorgung mit Grünstrom unter anderem spezifische Netzdienstleistungen erbringen und gesicherte Leistung bereitstellen und damit die technische Grundlage für einen zukünftigen Strommarkt legen, und welche konkreten Schritte plant die Bundesregierung dazu? Im ersten Halbjahr 2012 trugen die erneuerbaren Energien bereits 25 Prozent zur Stromerzeugung bei. Die Integration dieser beachtlichen Mengen erneuerbarer Energien funktioniert heute unter Wahrung der Systemstabilität und der Versorgungssicherheit, indem die bestehenden Flexibilitäten im Stromsystem, insbesondere Stromtransport und flexible Fahrweise der Kraftwerke, ausgenutzt werden. Um zukünftig weiter steigende Anteile erneuerbarer Energien sicher in das Stromsystem zu integrieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Der jüngst veröffentlichte TAB-Bericht „Regenerative Energieträger zur Sicherung der Grundlast in der Stromversorgung“, Drucksache 17/10579, weist auf die Bedeutung hin, die im Gesamtsystem vorhandenen erheblichen Flexibilitätspotenziale auf der Angebots- und der Nachfrageseite zu erschließen. Dazu gehören insbesondere der Ausbau der Übertragungs- und der Verteilnetze, die bedarfsgerechte Stromerzeugung, Speicher sowie die Flexibilisierung des Stromverbrauchs (Lastmanagement). Dabei werden perspektivisch auch Erneuerbare-Energien-Anlagen Beiträge zur Systemsicherheit durch Erbringung von Systemdienstleistungen liefern. Biomasseanlagen nehmen zum Beispiel schon heute an den Regelleistungsmärkten teil. Die Bundesnetzagentur arbeitet an der Weiterentwicklung der Märkte für Regelenergie, auch um dort den Zugang für erneuerbare Energien zu erleichtern. Erneuerbare-Energien-Anlagen sollen aber nur dann Systemdienstleistungen bereitstellen, wenn dies effizient ist. Denn Blind- und Kurzschlussleistung können auch in zunehmendem Maße durch sogenannte Netzbetriebsmittel anlagenunabhängig erbracht werden. Ziel muss es sein, möglichst viele technische Optionen zu erschließen, um Systemsicherheit effizient zu gewährleisten. Es ist Ziel der Bundesregierung, die weitere Systemintegration der erneuerbaren Energien durch einen kosteneffizienten Mix der oben genannten Maßnahmen -sicherzustellen. Insofern gilt es, die vorhandenen Flexibilitätsoptionen und die zu ihrer Erschließung erforderlichen Maßnahmen weiter zu untersuchen. Dazu werden sowohl die Plattform Erneuerbare Energien als auch das Kraftwerksforum und die Netzplattform ihren Beitrag leisten. Anlage 6 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Ute Vogt (SPD) (Drucksache 17/11094, Frage 17): Wie beurteilt die Bundesregierung die Wahrung des in § 40 EEG festgelegten Grundsatzes, wonach weder die „Ziele des Gesetzes“ gefährdet noch die „Interessen der Gesamtheit der Stromverbraucherinnen und Stromverbraucher“ verletzt werden dürfen, im Hinblick auf die real zu erwartenden Begünstigungen für Unternehmen nach den §§ 41 und 42 EEG und die daraus resultierende Erhöhung der EEG-Umlage 2013 um mindestens 0,33 Cent pro Kilowattstunde auf nunmehr 1,29 Cent pro Kilowattstunde (BEE-Hintergrundpapier zur EEG-Umlage aus September 2012)? Durch die EEG-Novelle im Sommer 2011 wurde die Sonderregelung zur Begrenzung der EEG-Umlage strom-intensiver Unternehmen ausgeweitet. Dadurch werden 2013 voraussichtlich etwa zweieinhalbmal so viele Unternehmen wie bisher profitieren können. Dennoch stieg die privilegierte Strommenge nur um gut 10 Prozent bzw. rund 10 Terawattstunden, denn die neu hinzugekommenen Unternehmen sind im Durchschnitt viel kleiner und haben einen deutlich geringeren Stromverbrauch als die bisher begünstigten Unternehmen. Im Ergebnis werden die durch die Ausweitung der Besonderen Ausgleichsregelung neu bzw. erstmals begünstigten Unternehmen die EEG-Umlage mit weniger als 0,1 Cent pro Kilowattstunde belasten. Dies entspricht den Schätzungen, die die Bundesregierung dem Gesetzentwurf als Begründung beigefügt hat. Im Übrigen ist die steigende Entlastung im Wesentlichen die Kehrseite des steigenden Fördervolumens und kein Zeichen für eine mit den Zielen des Gesetzes oder den Interessen der Stromverbraucher unvereinbare Steigerung der Ausnahmeregelungen. Deshalb ist davon auszugehen, dass vor dem Hintergrund des Willens des Gesetzgebers, diese Ausweitung vorzunehmen, weder die „Ziele des Gesetzes“ gefährdet noch „die Interessen der Gesamtheit der Stromverbraucherinnen und Stromverbraucher“ verletzt werden. Anlage 7 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Marco Bülow (SPD) (Drucksache 17/11094, Frage 18): Was versteht die Bundesregierung unter der im Verfahrensvorschlag zur Neuregelung des EEG formulierten Forderung nach einer „grundlegenden Reform des EEG, die über die bisherigen Korrekturen und Anpassungen hinausgeht“, und wann ist mit einer solchen frühestens zu rechnen? Die Bundesregierung sieht grundsätzlichen Reformbedarf beim EEG, das marktwirtschaftliche Prinzipien und die Koordinierung des EE-Ausbaus bisher unzu-reichend berücksichtigt. Neben Maßnahmen zur verstärkten Marktintegration geht es auch um die Prüfung möglicher Reformmodelle, einschließlich Quoten- und Ausschreibungsmodellen. Anlage 8 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 19): Ist das Ausbauziel, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2020 auf 40 Prozent zu steigern, welches Bundesumweltminister Peter Altmaier in seinem Verfahrensvorschlag genannt hat, ein Mindestziel oder ein Maximalziel? Es handelt sich um einen Vorschlag von Bundes-umweltminister Altmaier, der noch nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt ist. Er soll Teil der Diskussion innerhalb der Bundesregierung sowie mit Ländern und weiteren Akteuren sein. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 20): Ist der Begriff „Ausbaukorridor“, den die Bundesregierung in ihrer Antwort auf meine mündliche Frage 9, vergleiche Plenarprotokoll 17/197, für erneuerbare Energien für 2020 verwendet, so zu verstehen, dass es sich dabei um einen Richtwert handelt, den die Bundesregierung für sinnvoll hält, oder sieht die Bundesregierung hierin feste Maximalwerte, deren Überschreiten die Bundesregierung verhindern will? Der in diesem Zusammenhang genannte Ausbaukorridor bezog sich auf einen jährlichen, gleichmäßigen Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor bis 2020, wobei statt des im EEG verankerten Anteils von mindestens 35 Prozent erneuerbare Energien am Stromverbrauch im Jahr 2020 ein Anteil von 40 Prozent sowie eine unterschiedliche Stromeffizienz angenommen wurden. Es handelt sich bei diesem Ausbaukorridor weder um einen Richtwert noch um einen Maximalwert der Bundesregierung. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 17/11094, Frage 21): Welche forschungspolitischen Zielsetzungen sollen mit der Helmholtz-Alberta-Initiative – www. helmholtzalberta.ca; unter Angabe der Laufzeit, des rechtlichen Rahmens, der Projektschwerpunkte, der Zahl der beteiligten Forscher, der Höhe der bisher dafür verausgabten Mittel, der im laufenden Jahr aus Bundes- und institutionellen Mitteln der Helmholtz--Gemeinschaft dafür vorgesehenen Gelder, der weiteren -Finanzplanung, der gegebenenfalls bislang bereits erzielten Zwischenergebnisse sowie des der Kooperation zugrunde liegenden Auswahlprozesses – erreicht werden, und inwieweit wurde der Deutsche Bundestag bzw. wurden seine Ausschüsse bislang über diese Initiative unterrichtet? Die Helmholtz-Alberta-Initiative, HAI, bündelt als internationale Forschungskooperation die naturwissenschaftlich-technischen Expertisen der Helmholtz-Gemeinschaft und der University of Alberta, Kanada. Das Ziel dieser Zusammenarbeit besteht darin, Wissen, innovative Technologien und Systemlösungen für eine möglichst umweltschonende und energieeffiziente Erschließung und Nutzung global relevanter fossiler und auch erneuerbarer Energieressourcen bereitzustellen. Dies geschieht durch den sukzessiven Aufbau von thematisch fokussierten Kooperationsprojekten, zum Beispiel in den Helmholtz-Forschungsbereichen Gesundheit, Umwelt und Energie. Die Forschungskooperation verbindet grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung und setzt besonders auf die wissenschaftliche Nachwuchsförderung. Im Rahmen der HAI kooperiert die University of Alberta seit Frühjahr 2010 mit vier Helmholtz-Zentren, Forschungszentrum Jülich FZJ, Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Karlsruher Institut für Technologie KIT, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ, im Bereich der Umwelt- und Energieforschung. Zu den derzeit bearbeiteten Forschungsthemen gehören die energieeffizientere, umweltschonende Aufbereitung fossiler Energieträger, unter anderem am Beispiel der Ölsande, die Abscheidung von CO2 im Verbrennungsprozess und die geologische CO2-Speicherung, die Nutzung der tiefen Geothermie als erneuerbare Energiequelle, die umweltgerechte Aufbereitung von Abwässern sowie die Wiederherstellung von Landschaften nach bergbaulichen Eingriffen und die damit verbundene Forschung zu grundlegenden Prozessen der Boden- und Landschaftsgenese. Derzeit kooperieren im Rahmen der Helmholtz-Alberta-Initiative auf deutscher und kanadischer Seite circa 150 Wissenschaftler, davon circa 40 Doktoranden. Auf deutscher Seite sind circa 20 Doktoranden, 10 Postdocs sowie 10 betreuende Wissenschaftler beteiligt. Die einzelnen Kooperationsprojekte werden in Eigenverantwortung der Helmholtz-Gemeinschaft und der beteiligten Forschungszentren durchgeführt. Im September 2009 wurde eine Absichtserklärung, Memorandum of Understanding, zwischen der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, HGF, und der University of Alberta unterzeichnet. Im April 2011 wurde zwischen der University of Alberta und den im Bereich der Energie- und Umweltforschung beteiligten Helmholtz-Zentren auf dieser Grundlage ein entsprechender Konsortialvertrag abgeschlossen, der insbesondere die Anforderung an die Nachhaltigkeit im Rahmen der von beiden Seiten gemeinsam durchgeführten Kooperationsprojekte verbindlich regelt. Seit Beginn der Fördermaßnahme im Frühjahr 2010 wurden 1,57 Millionen Euro verausgabt. Die Mittel werden ausschließlich zur Finanzierung der auf deutscher Seite anfallenden Sach- und Personalmittel verwendet. Die kanadische Seite finanziert ihre eigenen Projekte. Die Bundesregierung stellt für die Projekte der HAI keine zusätzlichen Projektfördermittel zur Verfügung; vielmehr stammen die Gelder je zur Hälfte aus dem Impuls- und Vernetzungsfonds der HGF und aus Eigenmitteln der beteiligten Zentren. Die im Rahmen der Kooperation erzielten Forschungsergebnisse werden im HAI-Jahresbericht publiziert. Auf Hinweis des BMBF durchlaufen alle Forschungsaktivitäten der HAI vor ihrem Beginn ein unabhängiges Begutachtungsverfahren, das die Nachhaltigkeitsaspekte der Projekte gesondert prüft. Im Rahmen dieses Evaluierungsverfahrens wird die Konformität der auf diese Bereiche anwendbaren Nachhaltigkeitsgrundsätze anhand eines vorher festgelegten Kriterienkatalogs von unabhängigen Gutachtern überprüft. Mit diesem Verfahren soll sichergestellt werden, dass die Kriterien der Nachhaltigkeit eingehalten werden und durch die Forschung im Rahmen von HAI ein maßgeblicher Beitrag zur Verbesserung der Nachhaltigkeitsbilanz geleistet wird. Die Voraussetzungen und der Leitfaden für die Nachhaltigkeitskriterien sind unter dem Link www.helmholtz.de/hai veröffentlicht. Im Januar 2012 unterrichtete die Bundesregierung den Bundestag im Rahmen der Antwort auf die Kleine Anfrage (Bundestagsdrucksache 17/8621) der Partei Bündnis 90/Die Grünen über die HAI. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Druck-sache 17/11094, Frage 22): Inwieweit sind Mitteilungen der Bundesagentur für Arbeit – dapd vom 17. Oktober 2012; unter Angabe der genauen Anzahl der positiv beantworteten Anträge, der Anzahl der Anträge mit Auflagen wie beispielsweise Nachqualifikation sowie der abgelehnten Anträge – zutreffend, wonach bislang weniger als 100 Anerkennungsverfahren für ausländische -Berufsabschlüsse nach dem neuen Anerkennungsgesetz ab-geschlossen sind, und welche Konsequenzen zieht die -Bundesregierung – insbesondere im Hinblick auf die von der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Annette Schavan, geweckten Erwartungen – „Schavan verspricht Fachkräfte-Wunder“, Spiegel Online vom 18. Oktober 2010 – daraus? Die in der dapd-Meldung vom 16. Oktober 2012 -zitierte Zahl abgeschlossener Anerkennungsverfahren unter dem Bundesgesetz entbehrt jeglicher Grundlage. Eine erste Vollerhebung zum Vollzug des Gesetzes wird von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder Anfang 2013 durchgeführt. Eine Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit zur Herkunft der in der dapd-Meldung vom 16. Oktober 2012 zitierten Zahlenangabe war nicht zu erhalten. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Fragen der Abgeordneten Woltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) (Drucksache 17/11094, Fragen 23 und 24): Wie wird die Bundesregierung die Empfehlungen des Gutachtens des Umweltbundesamtes „Umweltauswirkungen von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten“ vom August 2012, Erdgas-Fracking in Trinkwasser- und Heilquellenschutzgebieten zu verbieten und eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzuschreiben, umsetzen, und wird dies auch für bereits bestehende Projekte wie zum Beispiel die Erlaubnis für die Aufsuchung von Erdgas im Feld „Harz-Börde“ gelten? Wie wird die Bundesregierung die Empfehlung des Umweltbundesamtes, Fracking derzeit nicht großflächig zur Erschließung unkonventioneller Erdgasvorkommen in Deutschland einzusetzen, umsetzen, und werden diese Empfehlungen auch auf bereits bestehende Projekte wie zum Beispiel die Erlaubnis für die Aufsuchung von Erdgas im Feld „Harz-Börde“ mit einer Fläche von rund 3 400 Quadratkilometer die sich über die Landkreise Anhalt-Bitterfeld, Börde, Harz, Salzland und Magdeburg erstreckt, angewandt? Zu Frage 23: Die Ergebnisse dieses Gutachtens sowie der Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe „Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland“ werden derzeit ausgewertet. Nach Abschluss dieser Prüfung werden die weiteren Schritte mit den Betroffenen zu erörtern sein. Zu Frage 24: Es wird auf die Antwort zu Frage 23 verwiesen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 25): Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Experten (unter anderem Öko-Institut e. V., LBD-Beratungsgesellschaft mbH, Raue LLP), dass ein fokussierter Kapazitätsmarkt für die Verbraucher günstiger wäre als das derzeit geplante Kraftwerksstilllegungsverbot der Bundesregierung, welches am 17. Oktober 2012 im Bundeskabinett verabschiedet wurde, und, falls nein, warum nicht (bitte unter Angabe der Berechnungsgrundlage in diesem Fall)? Ob ein fokussierter Kapazitätsmarkt für die Verbraucher günstiger wäre als das derzeit geplante Kraftwerksstilllegungsverbot, lässt sich abstrakt nicht beurteilen. Insoweit ist alles von der aktuellen Marktsituation und den konkreten Ausschreibungsbedingungen abhängig. Bei der Vergütung im Rahmen des vom Fragesteller sogenannten Kraftwerksstilllegungsverbots geht es demgegenüber nicht um eine marktliche Preisbildung, sondern um Kostenerstattung. Angesichts der weitreichenden Folgen einer umfassenden Änderung des Marktdesigns soll die – im Rahmen des Kraftwerksforums bereits laufende – fachliche Diskussion mit ausreichend Zeit weiter vertieft werden. Die in den am 17. Oktober vom Kabinett beschlossenen Formulierungshilfen enthaltenen Maßnahmen bieten eine ausreichende und kostengünstige Brückenlösung. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Fragen des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 26): Wann ist nach derzeitigem Stand mit einem Beschluss und einem Inkrafttreten der Lastabschalt-Verordnung zu rechnen, und welche weiteren Maßnahmen zur Erschließung der Potenziale von Lastverschiebungen beim Stromverbrauch plant die Bundesregierung? Bei abschaltbaren Lasten wird der Stromverbrauch zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems auf Anforderung des Betreibers von Übertragungsnetzen unterbrochen und nicht verschoben. An einem Arbeitsentwurf für eine Verordnung zu abschaltbaren Lasten nach § 13 Abs. 4 a des Energiewirtschaftsgesetzes arbeitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zusammen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, der dann Grundlage für die -weitere Ressortabstimmung sein soll. Lastmanagement-potenziale werden eine Verordnung nach § 14 a EnWG und Erleichterungen für variable Tarife durch Änderungen der Stromnetzzugangsverordnungen erschließen; Entwürfe sollen hier im 1. und 2. Quartal 2013 zur Diskussion gestellt werden. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 27): Welche genauen Maßnahmen beabsichtigt oder vollzieht die Bundesregierung zur Umsetzung der interfraktionellen Vereinbarung, dass „noch nicht abgerufene Mittel aus den Strukturfonds der laufenden Finanzperiode ... rasch und gezielt für wachstums- und beschäftigungsfördernde Investitionen zu verwenden“ sind, und wie viel Prozent bzw. wie viele Milliarden Euro, bitte je Mitgliedstaat, des laufenden mehrjährigen Finanzrahmens soll dies betreffen? Die Bundesregierung unterstützt die Bemühungen der Europäischen Kommission, in den Mitgliedstaaten, die in besonderem Maße von der Krise betroffen sind, die noch nicht abgerufenen Finanzmittel effektiv und zügig einzusetzen und sie gegebenenfalls neu auszurichten. Ziel ist die nachhaltige Stärkung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in diesen Staaten. Die EU hat hierzu die folgenden wichtigen Maßnahmen ergriffen: – Erhöhung der EU-Kofinanzierung, da viele „Krisenstaaten“ derzeit kaum in der Lage sind, die nationale Kofinanzierung für europäische Förderprojekte aufzubringen. – Absicherung von Darlehen: Es wurden sogenannte -Risikoteilungsinstrumente beschlossen, die es der Europäischen Investitionsbank, EIB, oder anderen vergleichbaren Banken auch weiterhin ermöglichen, trotz hoher Ausfallrisiken – Kredite an KMU und private Investoren auszureichen. – Strategische Neuausrichtung: Die zur Förderung vorgesehenen Projekte werden genau auf ihre Wachstumsorientierung hin untersucht und – soweit erforderlich – angepasst. – Verbesserung der Verwaltungskapazitäten: Die oftmals unzureichenden Verwaltungskapazitäten in den Krisenländern werden wo möglich durch externe Sachverständige unterstützt, zum Beispiel durch die „Task Force Griechenland“. – Weitere Maßnahmen: Erhöhung der Vorschüsse für Strukturfondsprogramme und Verbesserung der Bedingungen für Investitionen in KMU, einschließlich eines Garantiefonds der EIB für KMU mit 500 Millionen Euro. In Deutschland besteht nach Einschätzung der Bundesregierung keine Notwendigkeit einer – aufwendigen – Änderung der operationellen Programme von Bund und Ländern. Die europaweit noch nicht konkreten Projekten zugeordneten Mittel – Stichtag: 31.Dezember 2011 – aus den Strukturfonds und dem Kohäsionsfonds wurden von Kommissionspräsident Barroso beim Europäischen Rat am 30. Januar 2012 auf 82,3 Milliarden Euro beziffert. Dies entspricht 24 Prozent der Gesamtmittel der För-derperiode 2007 bis 2013. Eine genauere Aufschlüsselung – auch nach dem Umsetzungsstand in den einzelnen Mitgliedstaaten – kann schriftlich übermittelt werden. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Fragen der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Fragen 28 und 29): Entspricht die vom Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rösler, in den aktuellen Haushaltsberatungen geäußerte Ansicht, mittelständische Unternehmen ließen sich weniger anhand von Kennzahlen definieren, der Haltung der Bundesregierung, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus für ihre Politik? Falls die vom Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rösler, in den aktuellen Haushaltsberatungen geäußerte Ansicht, mittelständische Unternehmen ließen sich weniger anhand von Kennzahlen definieren, nicht der Haltung der Bundesregierung entspricht, anhand welcher Kennzahlen definiert die Bundesregierung mittelständische Unternehmen, und an welcher Stelle ihrer Politik – Qualifikation für Förderprogramme, diverse Rechte, Leistungen und Pflichten etc.; bitte nach Ressortzuständigkeit auflisten – weicht die Bundesregierung von dieser Definition ab? Kennzahlen und Definitionen mittelständischer -Unternehmen spielen in wirtschaftlichen Zusammenhängen eine Rolle. So definiert zum Beispiel die Europäische Union kleine und mittlere Unternehmen, KMU, als solche unabhängigen Unternehmen, die weniger als 250 Beschäftigte haben und zudem entweder weniger als 50 Millionen Euro Jahresumsatz erzielen oder eine Jahresbilanzsumme vorweisen, die unter 43 Millionen Euro liegt. Diese Definition ist in Bezug auf das EU-Beihilferecht verbindlich. Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn wendet für seine Forschungen in Deutschland bei gleichem Umsatzkriterium einen Schwellenwert von 500 bei der Mitarbeiterzahl an. Der Begriff Mittelstand und die damit verbundene verantwortungsvolle Haltung zum Unternehmertum lässt sich aber nicht allein durch Zahlen fassen. Vielmehr -sehen sich gerade Familienunternehmen auch dann durchaus als mittelständisch an, wenn ihre Größenkennzahlen über den genannten KMU-Definitionsgrenzen liegen. Das hat der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rösler, durch seine Äußerungen in den aktuellen Haushaltsberatungen zum Ausdruck gebracht. Der anerkennende Blick aus dem Ausland auf das Erfolgsmodell „German Mittelstand“ wird oft auf Unternehmen gerichtet, die die quantitativen Defini-tionskriterien überschreiten. Auch für diese Unternehmen setzt sich die Bundes-regierung ein. Anlage 17 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 30): Welche Ziele versucht die Bundesregierung durchzusetzen, wenn sie, wie im Aktionsplan des im Juni 2012 im Rat beschlossenen Strategischen Rahmens für Demokratie und Menschenrechte festgelegt, gemeinsam mit ihren EU-Partnern Kriterien für die Anwendung der Menschenrechtsklausel in Verträgen der EU mit Drittstaaten erarbeitet, und welches Bundesministerium ist in diesem Prozess federführend? Die Bundesregierung strebt im Hinblick auf die Erarbeitung von Kriterien für die Anwendung von Menschenrechtsklauseln in Verträgen der EU mit Drittstaaten zwei entscheidende Punkte an: Erstens. Eine gründliche Vorbereitung und Aufbereitung des Themas durch den Europäischen Auswärtigen Dienst unter voller Beteiligung des Sonderbeauftragen der EU für Menschenrechte und in Abstimmung mit den Ratsarbeitsgruppen. Zweitens. Ergebnisse, die bis zum Zieldatum 2014 eine von den EU-Institutionen und den Mitgliedstaaten gemeinsam getragene Grundlage für die kohärente Anwendung der Menschenrechtsklausel bilden können. Die Beratungen über die Umsetzung des Strategischen Rahmens haben innerhalb der EU-Institutionen und in der Ratsarbeitsgruppe COHOM begonnen. Dabei stehen die Maßnahmen im Vordergrund, für die ein kurzfristiges Zeitziel gesetzt wurde. Hinsichtlich der Frage der Kriterien für Menschenrechtsklauseln besteht ein Zeitziel bis 2014. Innerhalb der Bundesregierung ist das Auswärtige Amt federführend. Anlage 18 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Fragen 31): Inwiefern teilt die Bundesregierung die während der offenen Debatte „Peace and Justice with a Special Focus on the Role of the International Criminal Court“ am 17. Oktober 2012 im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen geäußerte Auffassung, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Sicherheitsrat und dem Internationalen Strafgerichtshof, IStGH, über die Überweisung von spezifischen Fällen an den IStGH durch den Sicherheitsrat hinaus, gestärkt werden sollte, und welche konkreten Vorschläge hat die Bundesregierung diesbezüglich? Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und der Internationale Strafgerichtshof, IStGH, sind durch ihre jeweiligen Mandate eng verbunden. Die erstmalige offene Debatte im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 17. Oktober 2012 zum Verhältnis zwischen Sicherheitsrat und Internationalem Strafgerichtshof hat die gewachsene und ausbaufähige Beziehung sowie die Komplementarität beider Organe im Kontext von Frieden und Gerechtigkeit verdeutlicht. Zahlreiche Sicherheitsratsmitglieder und andere Staaten haben zu aktiver Nutzung der dem VN-Sicherheitsrat gegebenen Möglichkeit, Situationen an den IStGH zu überweisen, aufgerufen. Zudem haben die deutsche Delegation und weitere Mitglieder des VN-Sicherheitsrates die Notwendigkeit betont, dass dieser die Situation auch nach seiner Verweisung verfolgt. Die Bundesregierung hat sich für regelmäßige, zum Beispiel jährliche Debatten des Rates zu seiner Zusammenarbeit mit dem IStGH ausgesprochen. Für die Bundesregierung ist wichtig, dass der VN-Sicherheitsrat sich regelmäßig mit Themen von unmittelbarer Relevanz für den IStGH befasst, wie zum Beispiel auch bei der offenen VN-Sicherheitsratsdebatte unter unserem Vorsitz zu Kindern und bewaffneten Konflikten am 19. September 2012. Anlage 19 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/11094, Frage 32): Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von Einzelheiten, Ablauf und Beteiligten zur Beendigung einer friedlichen Protestaktion am 15. Oktober 2012 in der nigerianischen Botschaft in Berlin, für die nach Kenntnis des Fragestellers vom nigerianischen Botschafter beim Auswärtigen Amt polizeiliche Amtshilfe zur Räumung der Demonstranten beantragt wurde, und inwieweit wird die Bundesregierung hierzu dem Fragesteller mündlich zugetragenen Berichten über brutale Übergriffe durch Sicherheitspersonal in der Botschaft – unter anderem mit einem Baseballschläger – sowie mehrfache rassistische Beleidigungen, Schläge und von Gruppen von Polizisten ausgeübte Misshandlungen im Berliner Polizeigewahrsam – Gefangenensammelstelle Tempelhofer Damm – nachgehen und sich so für eine Aufklärung der im Zusammenhang mit ihrer diplomatischen Aktivität vorgefallenen unverhältnismäßigen Gewalt einsetzen? Nach Erkenntnis der Bundesregierung fand am 15. Oktober 2012 eine widerrechtliche Besetzung der Botschaft Nigerias durch 14 Personen statt. Auf Ersuchen der Botschaft unmittelbar bei der Berliner Polizei ist nach etwa einer Stunde die Besetzung durch Räumung des Missionsgebäudes beendet worden. Dabei habe es weder Sachbeschädigungen noch verletzte Personen gegeben. Dies wurde auch seitens der Botschaft bestätigt. Gegen die widerrechtlichen Besetzer wurde seitens der Botschaft Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet. Informationen, wonach es bei der Beendigung der Besetzung zu brutalen Übergriffen durch Sicherheitspersonal in der Botschaft gegen Demonstranten bzw. bei den anschließenden Polizeimaßnahmen zu Misshandlungen im Polizeigewahrsam gekommen sein soll, liegen der Bundesregierung nicht vor. Voraussetzung für die Überprüfung solcher Vorwürfe wären Strafanzeigen der Betroffenen, die bislang nicht erstattet wurden. Anlage 20 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/11094, Frage 33): Über welche mittlerweile erweiterten Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung zur finanziellen Unterstützung des Neubaus bzw. der Sanierung von griechischen Abschiebegefängnissen oder anderen Aufnahmeeinrichtungen – auch für die temporäre Unterbringung syrischer Flüchtlinge – durch die Europäische Union, wozu sie im April 2012 in ihrer Antwort auf meine schriftliche Frage 7 auf Bundestagsdrucksache 17/9307 bzw. meine mündliche Frage 63 (vergleiche Plenarprotokoll 17/177) noch weitgehende Unkenntnis vortrug, und Mittel aus welchen Fonds oder sonstigen Unterstützungsleistungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten wurden bzw. werden ab 2011 für Renovierungen, Umstrukturierungen und Neubauten der Anstalten oder den damit verbundenen Aufbau neuer Polizeieinheiten und Polizeistationen im gesamten Land bereitgestellt oder genutzt? Der Nationale Aktionsplan der griechischen Regierung zur Reform des Asylsystems und des Migrationsmanagements, der unter anderem auch den Aufbau von Aufnahmeeinrichtungen vorsieht, wird von der EU-Kommission finanziell mit 9,8 Millionen Euro aus Notfallmitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds unterstützt. Im Bereich der personellen und sachlichen Unterstützung begleitet die Europäische Union die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans durch das Europäische -Unterstützungsbüro für Asylfragen, EASO, und die EUKommission. EASO entsendet zum Beispiel Asylunterstützungsteams mit Beamten der EU-Mitgliedstaaten. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex unterstützt Griechenland beim Grenzschutz. Darüber hinaus stehen Griechenland unter anderem Mittel aus dem EU-Außengrenzfonds und dem EU-Rückkehrfonds zur Verfügung. Laut EU-Kommission, die diese Fondsmittel verwaltet, liegt von griechischer Seite noch keine vollständige Planung für alle geplanten Einrichtungen vor, weshalb auch der finanzielle Beitrag durch die EU noch nicht genau angegeben werden kann. Bislang wurden von Griechenland nur EU-Fondsmittel für einzelne Projekte beantragt, so unter anderem für den Aufbau bzw. die Renovierung von Aufnahmezen-tren in Filakio, Orestiada und Karoti über den EU-Außengrenzfonds bzw. für Hafteinrichtungen in Athen, -Elliniko und Aspropyros über den EU-Rückkehrfonds. Deutschland wird in diesem Zusammenhang beim Rat für Justiz und Inneres der Europäischen Union am 25./26. Oktober 2012 Vorschläge unterstützen, für wirtschaftlich in Schwierigkeiten geratene Mitgliedstaaten wie Griechenland den Zugang zu Mitteln aus EU-Fonds wie dem Außengrenzfonds und dem Rückkehrfonds durch Herabsetzung des erforderlichen Eigenfinanzierungsanteils deutlich zu erleichtern. Die Bundesregierung beteiligt sich darüber hinaus aktiv an der Unterstützung von Griechenland im Rahmen der von EASO koordinierten Hilfe der EU durch die -Entsendung von Experten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, BAMF, nach Athen sowie bilateral durch Entsendung eines Verbindungsbeamten des BAMF. Zudem werden sowohl im Rahmen von Frontex als auch auf bilateraler Basis Beamte der Bundespolizei entsandt und technische Unterstützung für die Grenzüberwachung zur Verfügung gestellt. Mit den Hilfeleistungen durch Deutschland bzw. durch die oben genannten EU-Fonds ist eine Unterstützung für den Aufbau neuer Polizeieinheiten oder Polizeistationen als solchen nicht vorgesehen. Anlage 21 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 17/11094, Frage 34): Welche konkreten Vereinbarungen haben Deutschland und Frankreich hinsichtlich eines Militäreinsatzes in Mali getroffen, und inwiefern soll sich die Bundeswehr daran beteiligen? Die internationale Gemeinschaft ist sehr besorgt über die Lage in der Republik Mali. Die Bemühungen zu einer Lösung der Krise haben an Fahrt aufgenommen. Deutschland und Frankreich sowie weitere Partner arbeiten im Rahmen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union auch zu diesem Thema eng und vertrauensvoll zusammen. Gemeinsam verfolgen wir das Ziel einer nachhaltigen Stabilisierung der Sahelregion. In den Vereinten Nationen haben wir gemeinsam mit Frankreich die Resolution 2071 (2012) mit eingebracht, die am 12. Oktober 2012 durch den Sicherheitsrat verabschiedet wurde. Die Resolution fordert einen glaubwürdigen Verhandlungsprozess zwischen der Übergangs-regierung Malis und den verhandlungsbereiten Rebellengruppen im Norden des Landes. Gleichzeitig wird der Sicherheitsrat auf der Grundlage eines Berichts des VN-Generalsekretärs prüfen, ob der Bitte der Übergangsregierung Malis zu einer internationalen Mission zur Unterstützung der malischen Streitkräfte bei der Rückgewinnung des Nordens entsprochen werden kann. Dieser Bericht wird für den 26. November 2012 erwartet. Am 19. Oktober 2012 hat die von der Afrikanischen Union, AU, ins Leben gerufene „Gruppe der Unterstützer Malis“ („Follow-up and support group“) bei einem Treffen in Bamako die Notwendigkeit von Gesprächen mit Kräften im Norden Malis betont und konkrete Planungen für eine Operation der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, ECOWAS, in Auftrag gegeben. Bereits am 15. Oktober 2012 hatte der Außenrat der Europäischen Union Schlussfolgerungen verabschiedet, mit denen unter anderem die Nachbarländer Malis zur Unterstützung der Vermittlungstätigkeit von ECOWAS, VN und AU aufgefordert werden. Darüber hinaus wird die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Lady Catherine Ashton, darin -gebeten, ein Krisenbewältigungskonzept für eine nicht exekutive militärische GSVP-Ausbildungsmission für die malischen Streitkräfte vorzulegen. Dieses Konzept wird die Bundesregierung im Rahmen unserer Möglichkeiten mitgestalten, es wird möglicherweise bereits beim EU-Außenrat am 19. November 2012 vorliegen. Die Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, hatte bereits am 22. Oktober 2012 geäußert, dass Deutschland grundsätzlich bereit sei, sich an einer Unterstützungsmission für Mali zu beteiligen, wenn die Voraussetzungen dafür geklärt und gegeben seien. Wie der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, klargestellt hat, geht es hierbei nicht um die Entsendung von Kampftruppen. Gleiches gilt für Waffenlieferungen. Neben Training und Ausbildung wird es daher eher um technische, logistische und finanzielle Hilfeleistungen gehen. Anlage 22 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 17/11094, Frage 35): Wer vertrat die Europäische Union bei dem Strategietreffen in Bamako zur Lösung der Krise in Mali am 19. Oktober 2012, und welche Ergebnisse wurden auf dem Treffen erzielt? Am 19. Oktober 2012 hat die von der Afrikanischen Union, AU, initiierte „Gruppe der Unterstützer Malis“ bei einem Treffen in Bamako die Notwendigkeit von Gesprächen mit Kräften im Norden Malis in den Vordergrund gestellt und parallele Planungen für eine mögliche AU/ECOWAS-Operation befürwortet. Diese Planungen und ein strategisches Konzept zur Lösung der Mali-Krise sollen am 24. Oktober 2012 der AU vorgelegt werden und dann in den durch VN-Sicherheitsratsresolution 2071 (2012) erbetenen Bericht des VN-Generalsekretärs einfließen. Für die EU ist der Generalsekretär des Europäischen Auswärtigen Dienstes, Pierre Vimont, zum genannten Treffen nach Bamako gereist. Anlage 23 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Drucksache 17/11094, Frage 36): Welche weiteren Angaben kann die Bundesregierung zur Beteiligung Deutschlands am bislang größten amerikanisch-israelischen Manöver „Austere Challenge“, „Ernste Herausforderung“, machen, das unter anderem die Abwehr von Granaten- und Raketenangriffen auf Israel trainieren soll (bitte insbesondere hinsichtlich eingebundener Kräfte, Ausrüstung und Finanzen darstellen), und wie beurteilt die Bundesregierung ihre Zusammenarbeit hinsichtlich eines laut zahlreichen Medienberichten bevorstehenden Angriffs Israels auf den Iran und der damit verbundenen mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligung Deutschlands an etwaigen Kriegsvorbereitungen innerhalb des Manövers „Austere Challenge“ oder vergleichbarer militärischer Handlungen? Deutschland beteiligt sich nicht an der militärischen Übung „Austere Challenge“ der US-amerikanischen und der israelischen Streitkräfte. Die Bundesregierung kommentiert bilaterale Übungen anderer Staaten nicht. Die Bundesregierung setzt auf eine diplomatische Lösung des Konflikts bezüglich des iranischen Nuklearprogramms. An Spekulationen über eine militärische Aktion beteiligt sie sich nicht. Anlage 24 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Sevim Da?delen (DIE LINKE) (Drucksache 17/11094, Frage 37): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung von von angeblichen Anhängern des ehemaligen ivorischen Präsidenten Laurent Gbagbo aus dem ghanaischen Exil organisierten Versuchen, die Situation in der Côte d‘Ivoire zu destabilisieren, und über mutmaßliche Verbindungen dieser Gruppierungen nach Mali, wo die Europäische Union gegenwärtig einen Einsatz zur Unterstützung einer gemeinsamen Intervention der Afrikanischen Union und der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten, ECOWAS, vorbereitet? Nach dem Machtverlust des ehemaligen ivorischen Präsidenten Laurent Gbagbo im Mai 2011 sind zahlreiche Mitglieder seiner Administration nach Ghana ins Exil gegangen. Von dort aus versuchen einige von ihnen, weiterhin Einfluss auf die Situation in Côte d’Ivoire zu nehmen. Belege hierfür finden sich unter anderem in den Berichten der Expertengruppe des Sanktionsausschusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Côte d’Ivoire. In dem am 15. Oktober 2012 veröffentlichten Zwischenbericht der Gruppe werden neben aktiven Planungen von Exil-Ivorern zur Destabilisierung der ivorischen Regierung auch Treffen mit Vertretern der malischen Putschisten sowie der malischen Rebellengruppe Ansar-e Dine erwähnt. Über den Bericht der Expertengruppe hinausgehende Erkenntnisse zur Zusammenarbeit von Exil-Ivorern mit malischen Kräften liegen der Bundesregierung derzeit nicht vor. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Sevim Da?delen (DIE LINKE) (Drucksache 17/11094, Frage 38): Welche Rechtsänderungen sind nach Ansicht der Bundesregierung infolge des Rahman-Urteils des Europäischen -Gerichtshofs, EuGH, vom 5. September 2012 (C-83/11) erforderlich, insbesondere weil demnach die betreffende Personengruppe „in gewisser Weise bevorzugt“ gegenüber Drittstaatsangehörigen behandelt werden und die Umsetzung der Richtlinie praktisch wirksam sein müsse (vergleiche zum Beispiel Randnummer 21 und 24 des Urteils), angesichts des derzeitigen Verweises auf § 36 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und der nach Kenntnis der Fragestellerin nur sehr wenigen entsprechend erteilten Aufenthaltserlaubnisse, und warum wurde das Urteil nicht im aktuellen Freizügigkeitsänderungsgesetz umgesetzt, obwohl die Bundesregierung im diesbezüglich laufenden Vertragsverletzungsverfahren angekündigt hatte, das genannte Urteil des EuGH abwarten und umsetzen zu wollen (bitte ausführlich begründen)? In seinem Urteil vom 5. September 2012 in der Rechtssache C-83/11, Rahman, hat der Europäische -Gerichtshof, EuGH, entschieden, inwieweit die EU--Mitgliedstaaten durch Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG zum Erlass von Rechtsvorschriften zur Erleichterung von Einreise und Aufenthalt von weiteren Familienangehörigen von Unionsbürgern über die Kernfamilie hinaus (im Einzelnen Tanten, Onkel, Nichten, Schwager usw.) in bestimmten, von Art. 3 Abs. 2 näher bezeichneten Fällen verpflichtet sind, etwa wenn der Unionsbürger mit dem Familienangehörigen im Herkunftsland in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat. In weiten Teilen steht das Urteil in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Bundesregierung: Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, weiteren Familienangehörigen in jedem Fall ein Recht auf Einreise und Aufenthalt zuzuerkennen. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 umfasst insbesondere prozedurale Ansprüche des Betroffenen. Bereits nach geltendem deutschen Recht stehen dem Betroffenen umfangreiche prozedurale Rechte zu. Ausdrücklich hat der EuGH darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten einen weiten Ermessensspielraum bei der Umsetzung dieser Vorschrift haben. Der EuGH fordert auch, dass die nationalen Rechtsvorschriften Kriterien enthalten müssen, welche eine Erleichterung von Einreise und Aufenthalt von weiteren Familienangehörigen in den Fällen des Art. 3 Abs. 2 und eine gewisse Bevorzugung gegenüber (vergleichbaren) Anträgen von anderen Drittstaatsangehörigen bewirken. Derzeit wird geprüft, inwieweit sich gegebenenfalls Rechtsänderungsbedarf aus dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Rahman ergibt. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Druck-sache 17/11094, Frage 39): Über welche Maßnahmen der von deutschen Polizistinnen und Polizisten durchgeführten internationalen Polizeikooperationen haben das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei oder das Bundesministerium des Innern im Jahr 2012 Abschluss- bzw. Evaluierungsberichte erstellt bzw. vorgelegt bekommen, und was sind die wesentlichen Aussagen dieser Berichte? Abschluss- oder Evaluierungsberichte des BKA werden in der Regel zum Ende mehrjähriger und bedeutender Langzeitprojekte gefertigt und beinhalten Informationen zur Ausgangslage, den konkret durchgeführten Maßnahmen, möglichen Erfolgsaussichten sowie weiteren nachhaltigen Fördermöglichkeiten. Im Rahmen von EU-finanzierten Projekten werden regelmäßig Abschluss- bzw. Evaluierungsberichte an die verantwortlichen EU-Gremien übermittelt. So wurden im Jahr 2012 vom BKA zu folgenden Langzeitmaßnahmen Evaluierungsberichte erstellt, welche lediglich Angaben zur Projektlaufzeit, den Projektmaßnahmen sowie den erfolgreichen Projektabschluss beinhalten: Erstens. Projekt „Development of guidelines and -security concepts for Government-to-Business communication processes involving a service-oriented architecture and using the Interpol stolen vehicle data base, -Interpol Invex/FADA, as an example“ (Erarbeiten von Richtlinien zur Kommunikation von IT-Systemen von Behörden und Privatwirtschaft am Beispiel der Interpol- Datenbank für gestohlene Fahrzeuge). Das Projekt wurde zugunsten des BKA durchgeführt. Partner waren die Zentraldirektion der Kriminalpolizei Italiens, die Hauptkommandantur Polens und das Interpol-Generalsekretariat in Frankreich. Zweitens. Projekt des Europäischen Netzwerkes für Forensische Institute, ENFSI, mit dem Titel Establishment of the „ENFSI Proficiency Test on Identification of Gunshot Residues“ on an annual basis and development of a collaborative exercise on the uniform assessment of forensic findings in GSR investigation“ (Etablierung des ENFSI-Ringversuchs zur Identifizierung von Schmauchpartikeln – Rückstände des Mündungsfeuers einer Schusswaffe – auf jährlicher Basis und Entwicklung einer Ringversuchsvorstudie zur einheitlichen Bewertung von Befunden aus Schmauchuntersuchungen.) Das Projekt wurde zugunsten des BKA durchgeführt. Partner waren die Zentrale Kriminalpolizei Finnlands, das Forensische Institut aus Polen, das Technologische Institut in Dänemark und das staatliche Labor für Chemie/Forensik in Großbritannien. Drittens. Projekt „International Study on Validation and Harmonisation on the Forensic Determination of Shooting Distances in Firearms Related Cases – Development and Performance of a European Proficiency Test“ (Internationale Studie zur Validierung und Harmonisierung der forensischen Schussentfernungsbestimmung bei Schusswaffendelikten – Entwicklung und Durchführung eines europäischen Ringversuchs) . Das Projekt wurde zugunsten des BKA durchgeführt. Partner waren das Justizministerium der Niederlande, das staatliche Forensische Institut und das Nationale Institut für Kriminalistik und Kriminologie der Niederlande sowie die Gesellschaft für Qualitätsmanagement und Statistik, Quo Data GmbH, aus Deutschland. Das Bundespolizeipräsidium hat bislang keine Abschluss- bzw. Evaluationsberichte zu den 2012 durchgeführten Maßnahmen der bilateralen internationalen Polizeikooperation erstellt. Das Bundesministerium des Innern hat in 2012 einen Evaluationsbericht zum deutschen Projekt der Beratung des Libanon in Fragen der Grenzsicherheit erstellt. Die wesentlichen Aussagen sind, dass die Projektziele bislang erreicht wurden. Außerdem wurden Möglichkeiten für eine deutsche (grenz)polizeiliche Unterstützung des Libanon bei der Verbesserung des Grenzmanagements beschrieben. Für die polizeiliche Ausbildungshilfe zugunsten der Ukraine wurde durch den Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder in Abstimmung mit NRW und -Bayern ein Zwischenbericht zur Einsatzbewältigung im Zusammenhang mit (Sport-)Großveranstaltungen anlässlich der Vorbereitung und Durchführung der UEFA Euro 2012 in der Ukraine gefertigt. Der Bericht enthält Angaben zum bisherigen Verlauf der Zusammenarbeit, insbesondere die durchgeführten Maßnahmen, die vermittelten Inhalte sowie die beteiligten Organisationseinheiten. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksache 17/11094, Frage 40): Kann die Bundesregierung Informationen der Fragestellerin bestätigen, dass deutsche Polizisten derzeit im Emirat Katar tätig sind, und, wenn ja, welche Angaben kann sie zu den Umständen dieses Einsatzes machen? Die Bundesregierung kann bestätigen, dass derzeit ein Polizeibeamter der Bundespolizei im Emirat Katar tätig ist. Der Beamte ist als Dokumenten- und Visumberater auf der Grundlage einer entsprechenden Ressortvereinbarung zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern eingesetzt und berät die Visastelle der deutschen Auslandsvertretung sowie Luftfahrtunternehmen im Rahmen der Vorverlagerungsstrategie der Bundespolizei zur Eindämmung der illegalen Migration nach Deutschland und in den Schengen-Raum. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit ist die Echtheitsüberprüfung vorgelegter Dokumente im Rahmen der Visaantragstellung. Die Verwendung des Beamten erfolgt im Rahmen einer EU-finanzierten Gemeinschaftsmaßnahme gemeinsam mit den Niederlanden und mit Österreich. Aktuell befinden sich keine Polizeivollzugsbeamten des Bundeskriminalamtes im Emirat Katar im Einsatz. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 41): Sind der Bundesregierung weitere dramatische Zustände in Einrichtungen zur Aufnahme von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern bekannt, wie sie derzeit aus der Erstauf-nahmeeinrichtung Zirndorf berichtet werden (vergleiche www.br.de), und inwieweit kann sich die Bundesregierung vorstellen, geeignete und derzeit leerstehende Immobilien im Bundesbesitz – ehemalige oder teils geräumte Bundeswehr-kasernen, zum Beispiel in Roth oder Düsseldorf; vergleiche http://nachrichten.rp-online.de – zur Linderung der akuten Raumnot zur Verfügung zu stellen? Nicht nur die beiden bayerischen Aufnahmeeinrichtungen sind mittlerweile überbelegt. Bundesweit ergibt sich kein anderes Bild. In fast allen Bundesländern sind die Unterbringungskapazitäten nahezu vollständig ausgeschöpft. Dies ist unmittelbare Folge der gegenüber dem Vorjahr stark gestiegenen Zahl von Erstanträgen im Asylbereich, insbesondere durch serbische und mazedonische Staatsangehörige. Dies verursacht hohe Kosten und erhebliche Belastungen für Bund, Länder und Kommunen. Wir sind angesichts der unerwartet hohen Zahlen im Bundesgebiet mit dem Technischen Hilfswerk, THW, im Einsatz, um Unterkünfte für Asylbewerber einzurichten. Darüber hinaus haben wir für die Beschleunigung der Asylverfahren mehr Personal eingesetzt. So unterstützen wir das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, BAMF, mit Angehörigen der Bundespolizei bei der Bewältigung der Antragsflut. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, BImA, ist grundsätzlich bereit, eine Nutzung geeigneter Liegenschaften für die Erstaufnahme von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern zu ermöglichen, um auf diesem Wege unkompliziert die um Hilfe nachsuchenden Bundesländer bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Geeignet sind aus Sicht der BImA insbesondere die Mannschaftsunterkünfte ehemals genutzter Kasernen, wobei für eine Bereitstellung der Liegenschaft im Wesentlichen der bauliche Zustand der betreffenden Gebäude und die technische Funktionsfähigkeit der jeweiligen Anlagen entscheidend sind. Dies gilt insbesondere für die Heizungsanlagen und den Sanitärbereich. Vor diesem Hintergrund untersucht die BImA derzeit bundesweit die Eignung von leerstehenden Liegenschaften für die Notunterbringung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern. Die Modalitäten der Vermietung einer als geeignet betrachteten Liegenschaft richten sich dann nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Fragen 42 und 43): Wie wird die Bundesregierung verhindern, dass durch den Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im -Geschäftsverkehr zukünftig Auftraggeber die im Gesetz genannten Zahlungsfristen von mehr als 60 bzw. 30 Tagen in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen übernehmen und -dadurch Auftragnehmer deutlich länger als unter der bisherigen Gesetzeslage auf ihr Geld warten müssten? Wie wird die Bundesregierung verhindern, dass durch die im Gesetzentwurf vorgesehene Abnahmefrist – 30 Tage nach Empfang der Gegenleistung – Auftragnehmer in die Lage -geraten könnten, auch nach Fertigstellung des Werkes bis zu 30 Tage warten zu müssen, und sich somit unter Berücksichtigung von Abnahme- und Zahlungsfristen für die Auftragnehmer Zahlungsziele von mindestens 90 Tagen sowohl bei -Abschlags- als auch bei Schlusszahlungen ergeben würden? Zu Frage 42: Durch die Regelungen in dem Gesetzentwurf werden die Auftragnehmer nicht länger als unter der bisherigen Gesetzeslage auf ihr Geld warten müssen. Ganz im -Gegenteil: Die nach der bisherigen Rechtslage nahezu uneingeschränkt mögliche Vereinbarung von Zahlungsfristen von auch mehr als 60 Tagen wird stärker als -bisher begrenzt und für Verträge mit öffentlichen Auftraggebern gänzlich ausgeschlossen. Nach dem Gesetzentwurf darf eine zwischen Unternehmern vertraglich festgelegte Zahlungsfrist nur dann noch mehr als 60 Tage betragen, wenn die Vereinbarung ausdrücklich getroffen wird und für den Gläubiger, also den Auftragnehmer, nicht grob nachteilig ist. Bei Geschäften mit öffentlichen Auftraggebern darf die vereinbarte Zahlungsfrist grundsätzlich nur noch maximal 30 Tage betragen. Die Vereinbarung einer längeren Zahlungsfrist muss -ausdrücklich erfolgen und bedarf einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Die Vereinbarung einer Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen ist unwirksam. Die Vorgaben gelten sowohl für Individualvereinbarungen als auch für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Inhaltskontrolle der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmten Fristen nach § 242 BGB und § 307 BGB bleibt vom Gesetzentwurf unberührt. Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen bereits eine Verkürzung der Zahlungs- und Verzugsfristen in § 16 Abs. 3 und 5 der VOB/B – Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen – beschlossen. Damit wird die Rechtsstellung der Bauunternehmer gestärkt. Zu Frage 43: Der Gesetzentwurf schreibt eine Abnahmefrist von 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung nicht vor. Vielmehr wird auch insoweit lediglich eine Höchstfrist vorgegeben, die nur unter engen Voraussetzungen überschritten werden darf. Damit wird die bisher nahezu unbeschränkt bestehende Möglichkeit, beliebige Überprüfungs- oder Abnahmefristen zu vereinbaren, stärker als bisher begrenzt. Im Übrigen folgt aus dem Gesetzentwurf nicht, dass die gesetzlich vorgesehenen Höchstfristen für die Zahlung und für die Überprüfung oder Abnahme zu addieren sind. Die in § 271 a Abs. 3 des Gesetzentwurfs enthaltene Regelung über vertraglich vereinbarte Überprüfungs- oder Abnahmefristen dient vielmehr dem Schutz des Gläubigers. Denn sie soll sicherstellen, dass die Regelung in § 271 a Abs. 1 und 2 des Entwurfs über vertraglich vereinbarte Zahlungsfristen nicht dadurch umgangen wird, dass die Vertragsparteien anstelle von Zahlungsfristen Überprüfungs- oder Abnahmefristen vereinbaren, die es dem Auftraggeber ermöglichen, seine Zahlungsverpflichtung unangemessen lang hinauszuzögern. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 44): In welchen Haushaltstiteln, etwa den Einzelplänen 05, 06 und 14, sind nach den Planungen der Bundesregierung im Jahr 2013 jeweils in welcher Höhe militärische und/oder polizeiliche Aus- bzw. Fortbildungshilfen oder Ausstattungshilfen – bitte jeweils einschließlich etwaiger „Sonderfonds“ und ähnlich zusammenfassender Umschreibungen vollständig aufschlüsseln – vorgesehen? Für das Haushaltjahr 2013 sind im Regierungsentwurf des Bundeshaushalts Ausgaben für militärische und/oder polizeiliche Aus- bzw. Fortbildungshilfen oder Ausstattungshilfen in Höhe von rund 155 Millionen Euro veranschlagt. Die Ausgaben betreffen die Einzelpläne 05 – Auswärtiges Amt –, 06 – Bundesministerium des Inneren –, 14 – Bundesministerium der Verteidigung. Hinzu treten Ausgaben der Titelgruppe 08 bei Kapitel 1403 – Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit internationalen Einsätzen; Ansatz RegE 2013 insgesamt 900 Millionen Euro –, die nicht beziffert werden können. Im Einzelnen: Kapitel/Titel Zweckbestimmung Ansatz 2013 – in TEuro – 0502 687 74 Unterstützung von internationalen Maßnahmen auf den Gebieten Krisenprävention, Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung durch das Auswärtige Amt 44 0502 687 71 Transformationspartnerschaften Nordafrika/Naher Osten 1.103 0502 687 73 Demokratisierungs- und Ausstattungshilfe, Maßnahmen zur Förderung der Menschenrechte 9.513 0502 687 79 Leistungen im Rahmen des Stabilitätspaktes Afghanistan der Bundesregierung 77.000 Summe Epl. 05 87.660 0602 687 89 Unterstützung der Grenzschutzbehörden der mittel- und osteuropäischen Staaten sowie der polizeilichen Ausbildungs- und Ausstattungshilfe 3.000 0610 687 01 Unterstützungsmaßnahmen für ausländische Polizeien zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des internationalen Terrorismus Ausland 1.324 0625 532 01 Verwendung, Einsätze und Maßnahmen der Bundespolizei außerhalb des Bundesgebiets 18.000 davon: mandatierte polizeiliche Friedensmissionen und bilaterale polizeiliche Auslandseinsätze in internationalen Krisengebieten 15.100 spezielle Ausrüstung für Auslandsmissionen 2.900 Summe Epl. 06 22.324 1402 533 01 Ausbildung von Angehörigen ausländischer Streitkräfte 3.000 1402 687 02 Unterstützung des Aufbaus afghanischer Sicherheitskräfte durch die NATO 40.000 1422 68501 Beitrag zu den Kosten für den gemeinsamen Betrieb des George C. Marshall Center 2.168 1403 Titelgruppe 08 Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit internationalen Einsätzen keine Angaben Summe Epl. 14 45.168 Gesamt 155.152 Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fragen der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Fragen 45 und 46): Inwieweit setzen die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und die DBU Naturerbe GmbH bei Kalkulationen und Angeboten für die Ausführung von Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen nach den §§ 15 bis 17 des Bundesnaturschutzgesetzes Flächen- und Verwaltungskosten an, und wie sollten sie diese gegebenenfalls zukünftig bei Angeboten berücksichtigen, um eine Subventionierung von Vorhabensträgern und eine Marktverzerrung gegenüber anderen Anbietern zu vermeiden? Wie gewährleisten die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und die DBU Naturerbe GmbH bei Angeboten für die Ausführung von Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen, die im Hinblick auf zu erwartende Eingriffe durchgeführt werden sollen, dass diese Maßnahmen entsprechend § 16 Abs. 1 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes ohne rechtliche Verpflichtung durchgeführt werden und gemäß Nr. 3 keine öffentlichen Fördermittel in Anspruch genommen werden? Zu Frage 45: Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben setzt Liegenschaften für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen -gemäß dem gesetzlichen Auftrag grundsätzlich für Bundeszwecke ein. So wird beispielsweise für die entgelt-liche Bereitstellung von BImA-eigenen Flächen ein jährliches Nutzungsentgelt in Höhe von 3 Prozent des Ausgangsverkehrswertes für Ackerland oder intensiv genutztes Grünland angesetzt. Für Grundstücke mit geringeren Bodenwerten – zum Beispiel Ödland, Wald – -beträgt das Nutzungsentgelt 2 Prozent des Ausgangsverkehrswertes. Eine 2-prozentige Verzinsung des Ausgangsverkehrswertes entspricht 50 Prozent des Ausgangsverkehrswertes, eine 3-prozentige Verzinsung des Ausgangsverkehrswertes entspricht 75 Prozent des Ausgangsverkehrswertes bei ewiger Zweckbindung. Das jährliche Nutzungsentgelt wird zu Vertragsbeginn kapitalisiert über die Vertragsdauer – nachschüssige gleichbleibende Rente, mit 4 Prozent – und in einem Betrag gezahlt. Die Nebenkostenpauschale von zurzeit 30 Euro pro Jahr pro Hektar beträgt 750 Euro bei ewiger Zweckbindung. Darin enthalten sind die Grundstücksabgaben – Grundsteuer, Abgaben an Boden- und Wasserverbände und anderes – und die Verwaltungskosten für die Immobilienbewirtschaftung. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt Naturerbe GmbH gibt keine Angebote für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ab. Sofern Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden, gehen diese auf Anfragen von Unteren Naturschutzbehörden oder von Ausgleichspflichtigen zurück. Für die Bereitstellung der Flächen für eine Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme wird nach einem Berechnungsschlüssel der Bundesanstalt für Immobilien-aufgaben ein Entgelt gefordert. Die Kosten für die Maßnahmen werden dem Ausgleichspflichtigen vollständig in Rechnung gestellt. Eine Subventionierung von Vorhabenträgern erfolgt ebenso wenig wie eine Marktverzerrung. Zu Frage 46: Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verfügt über Kompensationsflächenpools, bei denen im Vorgriff Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege durchgeführt werden. Für diese Maßnahmen existieren keine rechtlichen Verpflichtungen gemäß § 16 Abs. 1, Nr. 2 Bundesnaturschutzgesetz. Öffentliche Fördermittel gemäß § 16 Abs. 1, Nr. 3 Bundesnaturschutzgesetz nimmt die Bundesanstalt nicht in Anspruch. Die DBU Naturerbe GmbH gibt keine Angebote für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ab – ich verweise auf meine Antwort zu vorhergehenden Frage. Sofern Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden, ist dieses vom Rahmenvertrag, § 3 Abs. 2, der die Durchführung der Maßnahmen ausdrücklich erlaubt, gedeckt. Öffentliche Mittel werden für die Maßnahmen nicht eingesetzt. Der Ausgleichspflichtige hat unmittelbar die in Rechnung gestellten Maßnahmen finanziell auszugleichen. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/11094, Frage 47): Hat die Bundesregierung aufgrund einer Meldung an das Bundeszentralamt für Steuern Kenntnis von der Offerte einer Steuerdaten-CD an das Bundesland Rheinland-Pfalz, und sieht die Bundesregierung weiterhin keine Notwendigkeit, derartige Ankäufe zu befürworten? Der zuständige Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz Carsten Kühl will nach Medienlage die Prüfung eines Angebotes weder bestätigen noch dementieren. Der Umgang mit Informationen zur Aufdeckung unbekannter Steuerfälle ist Teil der Steuerfahndung und der Justiz und damit vorrangig Ländersache. Das Bundesministerium der Finanzen wird daher die Berichterstattung zu diesem Sachverhalt nicht kommentieren. Soweit aufgrund völkerrechtlicher Verträge die gleichmäßige Durchsetzung deutscher Steueransprüche auch in anderen Staaten gewährleistet werden kann, sieht die Bundesregierung keine Notwendigkeit mehr für den Erwerb von Daten gegen Bezahlung. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/11094, Frage 48): Welche datenschutzrechtlichen Bedenken ergeben sich bei einer Ausweitung der Meldung von Informationen an die jeweiligen Finanzbehörden – Ausweitung auf die Tatsache des Abrufs eines Sperrvermerks – im Falle eines gesetzten Sperrvermerks bei der Erhebung der Kirchensteuer gemäß dem Vorschlag der Länder auf Bundestagsdrucksache 17/10604 Nr. 28, und welche Institutionen könnten dann zukünftig beim Bundeszentralamt für Steuern zum Zweck der Kirchensteuererhebung entsprechende Daten abrufen? Ist jemand Mitglied einer kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft, dann ist er gesetzlich verpflichtet, dort seine Kirchensteuer zu entrichten. Die Länder sind für eine ordnungsgemäße Erhebung und Verwaltung der Kirchensteuer zuständig. Sie müssen prüfen, ob die Angaben der Steuerpflichtigen der Wahrheit entsprechen. Wenn jemand seine Kirchensteuer nicht automatisch von einem Kreditinstitut abführen lassen will, dann muss er sich vor dem Finanzamt erklären. Das Finanzamt muss diese Angaben prüfen. Das wird dann schnell und effizient möglich sein, wenn das Finanzamt die richtigen Fragen stellen kann. Dazu soll das Bundeszentralamt für Steuern der -Landesfinanzverwaltung Name und Anschrift der Kreditinstitute mitteilen, die eine Abfrage zur Religion ihres Kunden vorgenommen haben. Das betrifft aber nur die Kunden, bei denen das Kreditinstitut aufgrund der vom Kunden eingelegten Sperre keine Information zur Religion zurückübermittelt bekommt. Bei der Veranlagung zur Kirchensteuer kann das -Finanzamt dann gezielt prüfen, ob der Steuerbürger, der dem automatischen Abzug widersprochen hat, für alle Kreditinstitute eine Steuerbescheinigung vorgelegt hat. Diese im Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Daten zu den Abzugsverpflichteten – das sind der Name und die Anschrift zum Beispiel des Kreditinstituts – können nicht abgerufen werden. Die Information wird den zuständigen Steuerverwaltungen der Länder vom Bundeszentralamt für Steuern mitgeteilt. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 49): Welche Rolle würde nach Ansicht der Bundesregierung bzw. des Bundesministers der Finanzen das Europäische Parlament bei der vorgeschlagenen Aufwertung des EU-Währungskommissars im Rahmen der Prüfung nationaler Haushaltspläne spielen? Im Zuge der weiteren Beratungen zur Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion wird über diese Frage mit allen Beteiligten, einschließlich des Europäischen Parlaments, zu beraten sein. Entscheidungen dazu werden im Anschluss daran zu treffen sein. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fragen des Abgeordneten Manfred Kolbe (CDU/CSU) (Drucksache 17/11094, Fragen 50 und 51): Entspricht es nach Kenntnis der Bundesregierung den Tatsachen, dass der Präsident der Europäischen Zentralbank, EZB, Mario Draghi, neben seinen Bezügen als EZB-Präsident noch eine jährliche Rente von knapp 200 000 Euro aus Italien bezieht, da sein früheres Gehalt als italienischer Zentralbankpräsident fast das Doppelte seines jetzigen Gehaltes als EZB-Präsident betragen haben soll? Hält die Bundesregierung, wenn zutreffend, diese zusätzliche Rente für vertretbar gegenüber den europäischen Steuerzahlern? Zu Frage 50: Hinsichtlich des Einkommens des italienischen Zen-tralbankpräsidenten wird in den Geschäftsberichten der Banca d’Italia für 2011 ein Jahresgehalt in Höhe von rund 757 000 Euro ausgewiesen. Das Grundgehalt des EZB-Präsidenten beträgt rund 371 000 Euro. Der Bundesregierung ist jedoch nicht bekannt, ob und wenn ja, in welcher Höhe der EZB-Präsident Draghi zusätzlich zu seinem Gehalt als EZB-Präsident Versorgungsbezüge aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Präsident der ita-lienischen Zentralbank bezieht. Etwaige Versorgungsbezüge richten sich nach italienischem Recht. Hierzu kann die Bundesregierung keine Aussagen treffen oder eine Bewertung abgeben. Was die Beschäftigungsregelungen der EZB betrifft, so ist die EZB nach Art. 282 Abs. 3 AEUV in der Ausübung ihrer Befugnisse sowie der Verwaltung ihrer Mittel unabhängig. Im Rahmen ihrer Unabhängigkeit erlässt die EZB auch die für die Besoldung maßgeblichen Regelungen. Die Beschäftigungsbedingungen für die Mitglieder des Direktoriums, einschließlich des Präsidenten, insbesondere ihre Gehälter und Ruhegehälter sowie andere Leistungen der sozialen Sicherheit, sind Gegenstand von Verträgen mit der EZB und werden vom EZB-Rat auf Vorschlag eines Ausschusses festgelegt, der aus drei vom EZB-Rat und drei vom Rat ernannten Mitgliedern besteht (Art. 11.3 der Satzung des ESZB und der EZB). Die Mitglieder des Direktoriums haben hierbei kein Stimmrecht. Die Bundesregierung kann auf diesen Prozess keinen Einfluss nehmen. Der Inhalt der Verträge ist der Bundesregierung auch nicht bekannt. Nach deutschem Recht würde sich ein vergleichbarer Fall wie folgt darstellen: Wird ein Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank in das Direktorium der Europäischen Zentralbank berufen, so enden die aktiven Bezüge mit Ausscheiden aus dem Amt. Zudem wäre das aus dem neuen Amt bezogene Einkommen in entsprechender Anwendung der Regelungen des Beamtenversorgungsgesetzes auf den bei der Bundesbank bestehenden Ruhegehaltsanspruch anzurechnen. Zu Frage 51: Da die Bundesregierung keine Aussage hinsichtlich etwaiger Versorgungsbezüge des EZB-Präsidenten treffen kann, kann sie auch keine Bewertung hierzu abgeben. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (DIE LINKE) (Drucksache 17/11094, Frage 52): Wie viel Prozent des Euro-Zonen-Bruttoinlandsprodukts soll der von der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel am 18. Oktober 2012 im Plenum des Deutschen Bundestages beschriebene Solidaritätsfonds ausmachen, und welcher prozentuale Anteil der gegenwärtigen konjunkturellen Schocks soll der Fonds mindern können? In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 18./19. Oktober 2012 ist hierzu festgelegt, dass weitere Mechanismen eines integrierten Haushaltsrahmens, einschließlich einer angemessenen Fiskalkapazität, für das Euro-Währungsgebiet sondiert werden. Darüber hinaus sind noch keine inhaltlichen Festlegungen getroffen worden. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 53): Welche fiskalischen Multiplikatoren sind genau Grundlage der Konjunkturprognosen der aktuellen Programme (bitte als Zahl je Land, das Hilfen erhält), deren Einhaltung von der Bundesregierung unverändert eingefordert wird, und von welchen Werten geht die Bundesregierung unter Einbeziehung aller ihr vorliegenden Informationen – wie zum Beispiel dem World Economic Outlook, October 2012 des Internationalen Währungsfonds – heute aus (bitte als Zahl je Land, das Hilfen erhält)? Nach KOM-Einschätzung (jüngster Quartalsbericht zum Euro-Raum) liegen für europäische Länder die kumulativen Multiplikatoren der öffentlichen Ausgaben für das erste Jahr in der Regel nahe eins. Für steuerbasierte Konsolidierungen gelten in der Regel etwas niedrigere Multiplikatoren als für ausgabenbasierte Konsolidierungsmaßnahmen. Multiplikatoren, die sich auf eine ausgewogene Konsolidierung, die gleichermaßen auf Ausgaben und Einnahmen beruht, beziehen, belaufen sich für die Euro-Zone in normalen wirtschaftlichen Zeiten auf rund 0,4 bis 0,7 und in Krisensituationen auf 0,7 bis rund 1,2. Die Glaubwürdigkeit des Konsolidierungsprogramms kann ferner dämpfend auf die Höhe der Multiplikatoren wirken. Welche Multiplikatoren die Troika für die Programmländer den jeweiligen Projektionen zugrunde legt, ist fallspezifisch vom Zuschnitt eines Programms abhängig und der Bundesregierung nicht im Einzelnen bekannt. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 54): Ist der Bundesregierung bekannt, aus welchen Gründen die amerikanische U. S. Food and Drug Administration die Zulassung bestimmter Fluorchinolon-Präparate für die Geflügelbehandlung zurückgenommen hat, und wie unterscheidet sich die deutsche Risikobewertung, nach der weiterhin Gaben über das Tränkwasser vorgenommen werden dürfen? Die amerikanische Food and Drug Administration, FDA, hat die Gründe, aus denen sie die Zulassung eines bestimmten Fluorchinolon-Präparates für die Geflügelbehandlung zurückgenommen hat, auf ihrer Homepage eingestellt. Nach Einschätzung der FDA hat die Anwendung von Enrofloxacin, das nicht verschreibungspflichtig war, beim Geflügel in den USA die Ressistenzentwicklung gegenüber Fluorchinolonen gefördert. Aus der Sicht der FDA gibt es für die Therapie mit Fluorchinolonen bei Campylobacterinfektionen des Menschen keine Alternative. Die Nutzen-Risiko-Abwägung der FDA kam daher zu dem Schluss, dass Enrofloxacin für den Einsatz beim Geflügel nicht notwendig ist. Die Fluorchinolon-Präparate in Deutschland wurden in der Regel auf europäischer Ebene zugelassen; somit liegt eine europäische Risikobewertung vor. In Europa werden – im Gegensatz zu den USA – bei einer Campylobacterinfektion des Menschen zunächst Makrolide und erst als „Second Line“ Fluorchinolone eingesetzt. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Fragen des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/11094, Fragen 55 und 56): In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2005 bis 2012 jeweils Ausnahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung laut § 3 Abs. 2 UVPG – Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung – beantragt, und in wie vielen der jeweils bewilligten Fälle wurde das Einvernehmen mit dem BMU hergestellt? Wie bewertet die Bundesregierung die Erteilung einer Ausnahme nach § 3 Abs. 2 UVPG ohne Grundlage einer Rechtsverordnung durch das Bundesministerium der Verteidigung und ohne zuvor ein Einvernehmen mit dem BMU hergestellt zu haben, und wie hält die Bundesregierung einen solchen Vorgang mit der geltenden Rechtslage für vereinbar? Zu Frage 55: In dem genannten Zeitraum ist das Bauvorhaben des US-Klinikums Weilerbach der einzige beantragte und bewilligte Fall. Die Regelung des § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, UVPG, sieht keine Beteiligung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit durch das Bundesministerium der Verteidigung bei der Erstellung einer Ausnahmegenehmigung vor. Das Gesetz sieht lediglich eine jährliche Berichterstattung an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit über die Anwendung der Bestimmung vor. Zu Frage 56: Das Bundesministerium der Verteidigung stützt die Entscheidung über die Befreiung des Vorhabens von Anforderungen des UVPG auf eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Dem steht nicht entgegen, dass § 3 Abs. 2 UVPG in der derzeit gültigen Fassung als Ermächtigungsgrundlage den Erlass einer Rechtsverordnung vorsieht, die bislang noch nicht erlassen worden ist. Denn bis zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt das UVPG (§ 25 Abs. 11 Satz 3) die Fortgeltung des § 3 Abs. 2 UVPG in seiner vor dem 15. Dezember 2006 geltenden Fassung. Danach kommt die im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit festgelegte „Richt-linie für die Durchführung von § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Bundeswehr“ vom 28. Februar 2003 zur Anwendung. Diese gilt nach dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut auch für Infrastrukturvorhaben der NATO-Gaststreitkräfte. Wie bereits erwähnt, sieht das Gesetz lediglich eine jährliche Berichterstattung an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit über die Anwendung der Bestimmung vor. Die Entscheidung über die erteilte Ausnahmegenehmigung durch das Bundesministerium der Verteidigung entspricht der geltenden Rechtslage. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 57): Inwieweit trifft es zu, dass das Bundeswehr-Kommando Spezialkräfte, KSK, bei Abrichtung seiner Diensthunde an deren Halsbändern quälende Teletakt-Elektroreizgeräte einsetzt, obwohl § 3 Nr. 11 des Tierschutzgesetzes dies generell verbietet (vergleiche Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23. Februar 2006 – 3 C 14.05, NJW 2006, 2134 mit weiteren Nachweisen; Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 15. März 2007 – 4 K 2339/05) und der größte deutsche Dachverband für Hundezucht und Hundesport, der Verband für das Deutsche Hundewesen e. V., VDH, dies auf seinen Hundeplätzen seit 2004 untersagt hat, und wird die Bundesregierung den Einsatz solcher Elektroreizgeräte beim KSK nun rasch unterbinden, zumal dies in § 17 des Tierschutzgesetzes mit Bußgeld oder Freiheitsstrafe bedroht ist? Der Einsatz von Elektroimpulsgeräten zur Hundeausbildung ist gemäß § 3 Nr. 11 Tierschutzgesetz in Ver-bindung mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 3 C 14.05 vom 23. Februar 2006 verboten. Dieses Verbot ist den Diensthundeführern der Bundeswehr bekannt, da es Gegenstand ihrer Ausbildung ist. Darüber hinaus wurde das Verbot dem unterstellten Bereich des Heeresführungskommandos per Befehl zur Kenntnis gegeben bzw. der Einsatz von Elektroimpulsgeräten jeder Art ausnahmslos untersagt. Im Bereich des Kommandos Spezialkräfte liegt der Verdacht auf eine Dienstpflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Einsatz von Elektroimpulsgeräten vor. Im konkreten Fall wird ein Soldat des Hundezugs beschuldigt, pflichtwidrig ein Elektroimpulsgerät eingesetzt zu haben, obwohl dieser Einsatz in der Bundeswehr untersagt ist. Das pflichtwidrige Verhalten wurde am 2. Mai 2012 disziplinarisch geahndet. Der Beschuldigte bestreitet die Vorwürfe und hat am 3. Mai 2012 Beschwerde eingelegt. In zwei weiteren Fällen sind die Ermittlungen aufgrund von regelmäßigen Abwesenheiten des Personals des Kommandos Spezialkräfte noch nicht abgeschlossen. Zur Unterbindung des Einsatzes von Elektroimpulsgeräten beim Kommando Spezialkräfte hat die nach dem Tierschutzgesetz zuständige öffentlich-rechtliche Aufsichtsbehörde, das Sanitätskommando IV, diesen Einsatz mit Verfügung vom 19. Juni 2012 explizit untersagt. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 58): Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Statistischen Bundesamtes und des Normenkontrollrats zu den Kosten, die auf die Kommunen durch die Einführung des Betreuungsgeldes zukommen, obwohl uns am 4. Juli 2012 vonseiten der Bundesregierung keine Aussagen darüber gemacht -werden konnten, ob und in welcher Höhe überhaupt Kosten anfallen werden? Die Bundesregierung nimmt die Einschätzungen des Statistischen Bundesamtes und des Normenkontrollrats zu den Kosten, die auf die Kommunen durch die Einführung des Betreuungsgeldes nach dem Gesetzentwurf zur Einführung eines Betreuungsgeldes (Bundestagsdrucksache 17/9917) zukommen, zur Kenntnis. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Katja Döner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 59): Warum beabsichtigt die Bundesregierung, den Ländern erst im Jahr 2014 einmalig 37,5 Millionen Euro und ab 2015 dauerhaft jährlich 75 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, obwohl dies nicht den Vereinbarungen mit den Ländern entspricht, und glaubt die Bundesregierung, dass zusätzliche Betriebskosten für die neu geschaffenen Kitaplätze erst ein Jahr nach dem Stichtag, an dem diese Plätze zur Verfügung stehen sollen, anfallen, nämlich ab Mitte 2014? Der Bund stellt den Ländern bereits nach dem Kinderförderungsgesetz 1,85 Milliarden Euro für den Betrieb bis 2013 zur Verfügung; danach jährlich 770 Millionen Euro. Entsprechend dem Ausbaufortschritt sind auch in den letzten Jahren die Zahlungen für die Betriebskosten an die Länder angewachsen. Der Bund hat den Ländern in den Verhandlungen zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrages unter anderem zugesagt, ihnen entsprechend des Verteilungsmaßstabs gemäß dem Kinderförderungsgesetz, KiföG, für Betriebskosten jährlich 75 Millionen Euro aus dem Umsatzsteueraufkommen zu überlassen. Wie schon im KiföG ist die Gewährung von Zuschüssen zu den Betriebskosten für die ausbaubedingten zusätzlichen Betriebskosten an die Errichtung und Bereitstellung der neu geschaffenen Plätze und damit an den Ausbaufortschritt geknüpft; erst ab diesem Zeitpunkt fallen Betriebskosten an. Folgerichtig und entsprechend der Regelung in Art. 2 KiföG regelt Art. 4 des vorliegenden Gesetzentwurfs, dass der Bund den Ländern über einen Festbetrag bei der Umsatzsteuerverteilung im Jahr 2014 – ab 1. Januar 2014 – einmalig 37,5 Millionen Euro und ab 2015 dauerhaft jährlich 75 Millionen Euro zur Verfügung stellt. Eine Vereinbarung, wonach der Bund den Ländern den Betrag von 75 Millionen Euro bereits ab 2013 in voller Höhe zur Verfügung stellen soll, wurde nicht getroffen. An Betriebskostenzuschüssen stehen den Ländern also im Jahr 2014 insgesamt 807,5 Millionen Euro und danach jährlich 845 Millionen Euro zur Verfügung. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 60): Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um den Kommunen bei dem vom Normenkontrollrat als nicht unerheblich bezifferten Erfüllungsaufwand bei einer möglichen Einführung des Betreuungsgeldes einen finanziellen Ausgleich zu gewähren? Art. 104 a Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 GG legt fest, dass derjenige, der nach der verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilung die Verwaltung wahrzunehmen hat, die sich daraus ergebenden Verwaltungskosten zu tragen hat. Das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit, in dem nach dem Gesetzentwurf zur Einführung eines Betreuungsgeldes das Betreuungsgeld geregelt werden soll, wird nach Art. 104 a Abs. 3 Satz 2 GG von den Ländern im Auftrag des Bundes durchgeführt. Die Auftragsverwaltung im Sinne des Art. 85 GG ist Landesverwaltung. Die Aufteilung der Verwaltungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern nach dem Grundgesetz ist zwingendes Recht und steht nicht zur Disposition der Beteiligten. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 61): Wie will die Bundesregierung das erklärte Ziel der zusätzlichen Finanzhilfen des Bundes, nämlich die Ausbaudynamik für die benötigten 30 000 zusätzlichen Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren zu beschleunigen, erreichen, wenn sie den Abfluss der Mittel an Bedingungen knüpft, die die Länder gar nicht erfüllen können, zum Beispiel die rück-wirkende Berichtspflicht der Länder? Ziel der 580,5 Millionen zusätzlicher Finanzmittel für Investitionen in den Kitaausbau ist es, ein bedarfsgerechtes Angebot an U3-Plätzen bis zum 1. August 2013 zur Verfügung zu stellen. In der Ausgestaltung der „parallelen Gemeinschafts-finanzierung“ in § 7 Abs. 3 ist die Bundesregierung den Länderwünschen bereits weitestmöglich entgegengekommen, indem Variante 1, die entsprechend der Logik eines Investitionsprogramms nur auf Investitionen -abstellt, den Nachweis der Länderanteile nicht bezogen auf jede Einzelinvestition, sondern zeitraumbezogen -zulässt. Die von einigen Ländern gewünschte, im Rahmen -eines Investitionsprogramms ungewöhnliche Gesamt-betrachtung aller Ausbaubeiträge auf Grundlage des Kinderförderungsgesetzes unter Anrechnung der Betriebskostenanteile wird durch Variante 2 ermöglicht. Die Länder haben ein Wahlrecht zwischen den Varianten 1 und 2, das die unterschiedlichen Fördersysteme und Förderschwerpunkte in den einzelnen Ländern berücksichtigt. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Fragen des Abgeordneten Florian Pronold (SPD) (Drucksache 17/11094, Fragen 62 und 63): Teilt die Bundesregierung die Auffassung des bayerischen Umweltministers Marcel Huber in Bezug auf die Studie „Das bessere Donaukonzept“ zum Donauausbau zwischen -Straubing und Vilshofen: „Die Studie hat eindringlich herausgearbeitet, dass dieser Ausbau einen so massiven Eingriff in die Natur und Verschlechterungen für diesen Flussabschnitt zur Folge hätte, dass meine Konsequenz daraus ist: Die sogenannte Ausbauvariante C 280 mit dem Seitenkanal und der Staustufe an der Mühlhamer Schleife ist keine Option für mich“ (Süddeutsche Zeitung vom 11. Oktober 2012)? Ist die Bundesregierung bereit, ihre Haltung zum Donauausbau zwischen Straubing und Vilshofen dahin gehend zu verändern, dass sie einen weiteren Ausbau durch einen -Seitenkanal und Staustufen ausschließt? Der Bundesregierung sind ein „Vorläufiger Zwischenbericht, Stand Oktober 2012 “ und ein „Zwischenbericht zur umweltfachlichen Beurteilung der Varianten A und C 280“ bekannt, die im Rahmen der von der Europäischen Kommission geförderten Studie „Variantenun-abhängige Untersuchungen zum Ausbau der Donau -zwischen Straubing und Vilshofen“ erarbeitet wurden. Die Bundesregierung wird den Abschlussbericht und nicht einen Zwischenbericht zur oben genannten Studie als Grundlage für eine Ausbauentscheidung verwenden. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Fragen 64 und 65): Wie definiert die Bundesregierung „Stau auf einer Bundesautobahn“, und welche unterschiedlichen Definitionen der Bundesländer von „Stau auf einer Bundesautobahn“ sind der Bundesregierung bekannt? Wie erfasst die Bundesregierung Staus auf Autobahnen statistisch angesichts der Aussage, dass „eine bundesweit einheitliche Staubeschreibung und Stauerfassung“ bisher nicht festgelegt sind (Bayern, Landtagsdrucksache 16/13434), und inwiefern hält die Bundesregierung eine bundesweit einheitliche Definition von Stau für erforderlich? Zu Frage 64: Ein Stau lässt sich als eine Störung des Verkehrsablaufs definieren, bei der der Verkehrsfluss temporär zum Erliegen kommt. Unterschiedliche Definitionen der Bundesländer für Staus auf Bundesautobahnen sind der Bundesregierung nicht bekannt. Zu Frage 65: Die Wahrscheinlichkeit von Staus kann anhand der einem konkreten Straßenquerschnitt zuzuordnenden Kapazität beurteilt werden. Die Leistungsfähigkeit eines Querschnitts hängt ab von der Längsneigung, der Kurvigkeit, der gefahrenen Geschwindigkeit und dem Schwerverkehrsanteil. Als Gemeinschaftseinrichtung der Länder wird die Nationale Meldestelle für den Verkehrswarndienst betrieben. Sie stellt den Verbund und den Datenaustausch zwischen den Landesmeldestellen sicher. Die Informationen über Staus werden durch Anlagen der Verkehrslageerfassung oder durch Polizeidienststellen in das System eingespeist. Die Bundesregierung sieht den Handlungsbedarf weniger in der begrifflichen Ausgestaltung des Staubegriffes als vielmehr in der Erarbeitung einer Vermeidungsstrategie und deren konsequente Umsetzung. Hierzu wurde der Projektplan „Straßenverkehrstele-matik 2015“ mit den Ländern abgestimmt und im November 2010 vom BMVBS veröffentlicht. Der Projektplan hat als „Anti-Stau-Programm“ in den Medien und in der Öffentlichkeit ein ausgesprochen positives Echo hervorgerufen. Ein weiterer wichtiger Baustein zur Verringerung von Verkehrsstaus sind Maßnahmen zur Beschleunigung von Autobahnbaustellen. Gemäß der aktuell gültigen Vorgabe des Bundes sind Baustellen längerer Dauer heute grundsätzlich unter Ausnutzung des Tageslichts und Einbeziehung des Samstags zu planen, Bauarbeiten auf besonders kritischen Streckenabschnitten auch unter Einbeziehung von Sonntags- und Nachtarbeit. In diesem Kontext ist der sogenannte Bauzeitenkatalog zu sehen, der für Baumaßnahmen an Bundesautobahnen verbindliche Bauzeitvorgaben für Standard-bauweisen bei Erhaltungsmaßnahmen im Straßen- und Brückenbau enthält. Er wurde Anfang 2010 zunächst erfolgreich probeweise angewandt und 2011 mit dem Leitfaden Arbeitsstellenmanagement verbindlich eingeführt. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11094, Frage 66): Welche Organisationen und Interessengruppen auch von studentischer Seite sollen zu dem vom Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, vorgeschlagenen Runden Tisch zur Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende, der noch nicht terminiert ist, eingeladen werden, und mit welchen eigenen Initiativen auch finanzieller Art und Vorschlägen über bloße Appelle oder Vorwürfe an die Adresse der Länder, sie seien für den Wohnungsmarkt zuständig, auf der Anklagebank sitze aber der „Bundesbauminister“ und nicht ein Landesminister (siehe „Ramsauer will Studenten kasernieren“, erschienen in der Financial Times Deutschland vom 17. Oktober 2012), hinaus werden der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und die Bundesregierung den runden Tisch zur Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende zum Erfolg führen? Das Gespräch wird in Kürze terminiert. Die Einzelheiten werden derzeit abgestimmt. Anlagen II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 200. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. Oktober 2012 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 200. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. Oktober 2012 24213 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 38. Sitzung – 4. April 2003 4 24234 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 200. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. Oktober 2012 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 200. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. Oktober 2012 24233