Plenarprotokoll 17/210 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 210. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 28. November 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Fortschrittsbericht Afghanistan Michael Link, Staatsminister AA Johannes Pflug (SPD) Michael Link, Staatsminister AA Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) Michael Link, Staatsminister AA Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Michael Link, Staatsminister AA Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Michael Link, Staatsminister AA Dr. Rolf Mützenich (SPD) Michael Link, Staatsminister AA Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Michael Link, Staatsminister AA Jürgen Hardt (CDU/CSU) Michael Link, Staatsminister AA Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Michael Link, Staatsminister AA Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Michael Link, Staatsminister AA Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Michael Link, Staatsminister AA Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Michael Link, Staatsminister AA Inge Höger (DIE LINKE) Michael Link, Staatsminister AA Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) Michael Link, Staatsminister AA Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Michael Link, Staatsminister AA Jan van Aken (DIE LINKE) Michael Link, Staatsminister AA Johannes Pflug (SPD) Michael Link, Staatsminister AA Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Michael Link, Staatsminister AA Dr. Rolf Mützenich (SPD) Michael Link, Staatsminister AA Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 17/11611) Mündliche Frage 2 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Weisung der Bundesregierung zum Abstimmungsverhalten des Ständigen Vertreters Deutschlands bei den Vereinten Nationen zum Antrag an die UN-Vollversammlung bezüglich eines erweiterten Beobachterstatus Palästinas Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Dr. Rolf Mützenich (SPD) Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Mündliche Frage 3 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Position der Bundesregierung bei Abstimmungen unter den Botschaftern der Länder der Europäischen Union zum Antrag an die UN-Vollversammlung bezüglich eines erweiterten Beobachterstatus Palästinas Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Dr. Rolf Mützenich (SPD) Mündliche Frage 5 Jan van Aken (DIE LINKE) Stationierung des Raketenabwehrsystems Patriot in der Türkei vor dem Hintergrund der Ablehnung Russlands Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Jan van Aken (DIE LINKE) Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 8 Niema Movassat (DIE LINKE) Unterstützung der Rebellengruppe M 23 und anderer Rebellengruppen im Ostkongo durch benachbarte Länder Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Niema Movassat (DIE LINKE) Mündliche Frage 9 Niema Movassat (DIE LINKE) Auswirkungen der Flüchtlingsströme und der Aktivitäten der Rebellengruppen auf die humanitäre Hilfe im Kongo Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Zusatzfragen Niema Movassat (DIE LINKE) Mündliche Frage 10 Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Umsetzung der Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung zum Assoziationsabkommen der EU mit der Türkei Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Zusatzfragen Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Fragen 16 und 17 Burkhard Lischka (SPD) Prüfung der Angemessenheit der GEMA-Tarifreform; Initiativen der Bundesregierung zugunsten einvernehmlicher Regelungen zwischen der GEMA und ihren Gesamtvertragspartnern Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Zusatzfragen Burkhard Lischka (SPD) Paul Lehrieder (CDU/CSU) Mündliche Frage 18 Sonja Steffen (SPD) Änderungsbedarf bei strafrechtlichen Verjährungsfristen in Bezug auf sexuellen Missbrauch Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Zusatzfragen Sonja Steffen (SPD) Mündliche Frage 20 Ingo Egloff (SPD) Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Entlastung kleiner Genossenschaften Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Zusatzfragen Ingo Egloff (SPD) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 21 Manfred Kolbe (CDU/CSU) Jahresgehalt des griechischen Zentralbankpräsidenten Georgios A. Provopoulos Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Mündliche Frage 22 Manfred Kolbe (CDU/CSU) An den griechischen Zentralbankpräsidenten Georgios A. Provopoulos von seinem früheren Arbeitgeber gezahlte Abfindung Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Zusatzfragen Manfred Kolbe (CDU/CSU) Mündliche Frage 33 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ergebnisse der Arbeitsgruppe SBZ-Enteignung im Bundesministerium der Finanzen und Umsetzungspläne Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Zusatzfragen Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 39 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abschätzungen finanzieller Auswirkungen über Modellrechnungen der Bundesagentur für Arbeit Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Zusatzfragen Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 40 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Äußerungen des Vorstandsmitglieds Heinrich Alt zu den Folgen einer Regelsatzerhöhung vor dem Hintergrund des Gebotes der Neutralität und Unabhängigkeit der Bundesanstalt für Arbeit Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Zusatzfragen Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 41 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Medienberichte über Änderungen im Entwurf des vierten Armuts- und Reichtumsberichts auf Betreiben der FDP Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Zusatzfragen Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 44 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Thematisierung von Fragen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bei den Deutsch-Russischen Regierungskonsultationen sowie beim Petersburger Dialog Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Zusatzfragen Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Mündliche Frage 45 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beauftragung einer Studie zur Biogaserzeugung entsprechend einer Bitte der Agrarministerkonferenz Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Zusatzfragen Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 46 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Rechtsextreme Äußerungen und Aktivitäten von Uwe Mundlos bereits im Jahr 1994 Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Zusatzfragen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 52 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Beteiligung von Menschen mit Behinderungen am Entwurf der Bundesregierung zur Rechtsverordnung zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG Zusatzfragen Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Kathrin Vogler (DIE LINKE) Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Ökonomische und verfassungsrechtliche Auswirkungen der Vermögensteuerpläne von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Olav Gutting (CDU/CSU) Joachim Poß (SPD) Dr. Volker Wissing (FDP) Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) Dr. Carsten Kühl, Staatsminister (Rheinland-Pfalz) Dr. Daniel Volk (FDP) Dr. Carsten Sieling (SPD) Norbert Schindler (CDU/CSU) Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU) Nächste Sitzung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Mündliche Frage 1 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erwähnung der Menschenrechtssituation der Tibeter im Zuge des Deutsch-Chinesischen Menschenrechtsdialogs Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 3 Mündliche Frage 4 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Risiko der Einbeziehung von in der Türkei stationierten NATO-Truppen in den Konflikt auf syrischem Territorium Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 4 Mündliche Frage 6 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gemeinsame solidarische Position der NATO gegenüber Israel Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 5 Mündliche Frage 7 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Handlungsbedarf aufgrund von Kontenkündigungen bei iranischen Studenten im Auslandsstudium durch deutsche Geschäftsbanken Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA Anlage 6 Mündliche Frage 11 Andrej Hunko (DIE LINKE) Arbeitsfeld des beim Bundesverwaltungsamt angesiedelten Strategie- und Forschungszentrums Telekommunikation Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 7 Mündliche Frage 12 Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen der Regeländerungen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes im Behindertensport auf die Sportförderung Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 8 Mündliche Frage 13 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Spannungsverhältnis zwischen dem Recht auf Löschung zum Schutz personenbezogener Daten und dem Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 9 Mündliche Frage 14 Dr. Eva Högl (SPD) Verschärfung der gesetzlichen Regelung zur Abgeordnetenbestechung und entsprechende Änderung im StGB Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 10 Mündliche Frage 15 Dr. Eva Högl (SPD) Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Einführung einer Frauenquote in Aufsichtsräten großer Unternehmen Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 11 Mündliche Frage 19 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) Beteiligung von Betroffenenverbänden und Fachverbänden in das Verfahren im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 12 Mündliche Frage 23 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Höhe und Fälligkeitszeitpunkt der erwarteten realen Verluste aus den an Griechenland ausgereichten Garantien Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 13 Mündliche Fragen 24 und 25 Katrin Kunert (DIE LINKE) Vereinbarungen mit dem Käufer der TLG Wohnen GmbH zu den Arbeitsrechtsverhältnissen; Kostenübernahme des Verkaufsverfahrens Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 14 Mündliche Fragen 26 und 27 Heidrun Bluhm (DIE LINKE) Finanzierung des Kaufpreises für die TLG Wohnen GmbH über Neuausgabe von Aktien der TAG Immobilien AG Hamburg Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 15 Mündliche Frage 28 Steffen Bockhahn (DIE LINKE) Buchwert der an die TAG Immobilien AG verkauften Immobilien im Bundeshaushalt Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 16 Mündliche Frage 29 Steffen Bockhahn (DIE LINKE) Zeitpunkt des rechtlichen Übergangs der TLG Wohnen GmbH an die TAG Immobilien GmbH Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 17 Mündliche Fragen 30 und 31 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Inhalt und Abschluss des Kaufvertrags zwischen dem Bundesministerium der Finanzen bzw. der TLG Wohnen GmbH und der TAG Immobilien AG Hamburg Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 18 Mündliche Frage 32 Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Kontrolle der Einhaltung der Regeln der Sozialcharta für die verkauften Immobilien der TLG Wohnen GmbH Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 19 Mündliche Frage 34 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Verhinderung der Nutzung des negativen Progressionsvorbehaltes bei Auslandsbeteiligungen durch Neuregelung im Einkommensteuergesetz Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 20 Mündliche Frage 35 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Sicherstellung von Standards der Unternehmensbesteuerung zur Verhinderung von Gewinnverschiebungen internationaler Konzerne in Staaten mit niedrigeren Steuersätzen Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 21 Mündliche Fragen 36 und 37 Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Wiedereinstieg von Frauen nach familienbedingter Unterbrechung in eine Vollzeitstelle und weitere Maßnahmen neben dem Aktionsprogramm „Perspektive Wiedereinstieg“ Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 22 Mündliche Frage 38 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Angemessenheit einer Beteiligung an tagesaktuellen politischen Diskussionen bei Vorstandsmitgliedern der Bundesagentur für Arbeit Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 23 Mündliche Fragen 42 und 43 Josip Juratovic (SPD) Unfallzahlen bei in der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft pflichtversicherten Sportlern; Entwicklung der Gefahrklassen Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 24 Mündliche Frage 47 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Customer Product Management im Bereich der Streitkräfte Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 25 Mündliche Fragen 49 und 50 Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Position der Bundesregierung zum Vorschlag von Viviane Reding für eine gesetzliche Frauenquote in Aufsichtsräten und deutsche Umsetzung bei öffentlich geführten börsennotierten Unternehmen bis 2018 Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 26 Mündliche Frage 51 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) Honorierung der Psychiatrien; vermehrter Einsatz von Medikation zur Verkürzung der Behandlungszeiten Antwort Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin BMG Anlage 27 Mündliche Fragen 53 und 54 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Fortsetzung der Schiedsverfahren zwischen dem Bund und der Toll Collect GmbH; Kosten für den Bund Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 28 Mündliche Frage 55 Gustav Herzog (SPD) Technische Regelwerke für den Neubau bzw. die Erweiterung von Bundesstraßen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 29 Mündliche Frage 56 Gustav Herzog (SPD) Mutmaßliche Einflussnahme der CDU auf Personalentscheidungen bei der Deutschen Bahn AG Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 30 Mündliche Frage 57 Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abberufung des Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn AG für die Länder Rheinland-Pfalz und Saarland Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 31 Mündliche Fragen 58 und 59 Heinz Paula (SPD) Auswirkungen eines Straßburg-Donau-Korridors auf die bisher geplante „Magistrale für Europa“ und den internationalen Eisenbahnpersonenverkehr an den süddeutschen Anrainerstädten Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 32 Mündliche Fragen 60 und 61 Gabriele Hiller-Ohm (SPD) Vereinbarungen zum Erhalt deutscher Traditionsschiffe; Novellierung der Sicherheitsrichtline für Traditionsschiffe und europäische Regelungen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 33 Mündliche Frage 62 Herbert Behrens (DIE LINKE) Alternative Betriebsformen bei der Verwaltung von Wasserstraßen und Schifffahrt Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 34 Mündliche Frage 63 Herbert Behrens (DIE LINKE) Entwidmung von Sonstigen Binnenwasserstraßen des Bundes Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 35 Mündliche Fragen 64 und 65 Sören Bartol (SPD) Budget für Auslandsreisen der politischen Spitze des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 36 Mündliche Frage 66 Ingo Egloff (SPD) Bezahlbare Mieten in Großstädten und Ballungsräumen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 37 Mündliche Frage 67 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Neue Sachstände bei beantragten Leistungserhöhungen für die Atomkraftwerke Emsland, Grohnde, Gundremmingen und Grafenrheinfeld Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 38 Mündliche Frage 68 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausarbeitung der sogenannten Interpretationen zum neuen kerntechnischen Regelwerk, Revision E Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 39 Mündliche Fragen 69 und 70 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Förderung und wirtschaftliche Relevanz bestimmter Photovoltaiktechnologien Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 40 Mündliche Frage 71 Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Stellenwert des Klimaschutzes für die Bundeskanzlerin Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 41 Mündliche Frage 72 Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vertretung deutscher Interessen auf der Weltklimakonferenz in Doha Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 42 Mündliche Frage 73 Klaus Hagemann (SPD) Verbesserung bei der Bezahlung des wissenschaftlichen Nachwuchses Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 43 Mündliche Frage 74 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Betrieb der medizinischen Einrichtungen im kenianischen Flüchtlingslager Dadaab ab 2013 Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Anlage 44 Mündliche Fragen 75 und 76 Halina Wawzyniak (DIE LINKE) Konsequenzen aus dem Gespräch der Integrationsbeauftragten Dr. Maria Böhmer mit den hungerstreikenden Flüchtlingen am Brandenburger Tor am 2. November 2012 Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin BK Anlage 45 Mündliche Frage 77 Siegmund Ehrmann (SPD) Äußerungen des russischen Kulturministers zur weiteren Rückgabe von Beutekunst an Deutschland Antwort Bernd Neumann, Staatsminister BK Anlage 46 Mündliche Frage 78 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Forderungen der Umweltministerkonferenz zum Thema Fracking Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 47 Mündliche Frage 79 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorlage des Fortschrittsberichts zum Ausbau von Höchstspannungsnetzen Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 48 Mündliche Frage 80 Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Überprüfung der Strompreiserhöhungen Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 49 Mündliche Fragen 81 und 82 Lars Klingbeil (SPD) Sicherstellung einer abgestimmten Position der EU-Mitgliedstaaten auf der World Conference on International Telecommunications; Zuständigkeit für die Internetregulierung Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 50 Mündliche Frage 83 Brigitte Zypries (SPD) Vorlage eines Internet-Governance-Konzepts und Verbesserung der Koordination zwischen den beteiligten Ressorts Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 51 Mündliche Frage 84 Brigitte Zypries (SPD) Position der Bundesregierung auf der World Conference on International Telecommunications zur Einbeziehung der Administration des Internets in die Regulierung Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 52 Mündliche Frage 85 Andrej Hunko (DIE LINKE) Personelle Vertretung der Bundesregierung auf der World Conference on International Telecommunications und Haltung bezüglich der Freiheit des Internets Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 53 Mündliche Frage 86 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Berücksichtigung der Interessen der Zivilgesellschaft auf der Weltkonferenz für Internationale Telekommunikation und Haltung der Bundesregierung zur Aufnahme betrieblicher Regelungen im Zuge der Überarbeitung der International Telecommunication Regulations Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 54 Mündliche Frage 87 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zusammensetzung der deutschen Delegation bei der Weltkonferenz für Internationale Telekommunikation Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi Inhaltsverzeichnis 210. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 28. November 2012 Beginn: 13.00 Uhr Vizepräsident Eduard Oswald: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Wir wünschen uns gemeinsam einen schönen Nachmittag. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Den kann man nicht schöner als hier verbringen!) Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Fortschrittsbericht Afghani-stan. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Herr Michael Georg Link. Lieber Herr Staatsminister, ich darf Ihnen das Wort erteilen. Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, Ihnen heute im Namen der Bundesregierung den mittlerweile fünften Fortschrittsbericht zu Afghani-stan vorlegen zu können. Erstellt wurde der Bericht wie immer durch die in Afghanistan engagierten Ressorts, also neben dem Auswärtigen Amt das Bundesministerium der Verteidigung, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, das Bundesministerium des Innern und natürlich auch das Kanzleramt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie es aus den vorangegangenen Berichten kennen, deckt die Bundesregierung in dem Fortschrittsbericht erneut die drei -zentralen Aufgaben des internationalen Engagements in -Afghanistan ab: Sicherheit, Staatswesen und Regierungsführung sowie Wiederaufbau und Entwicklung. Mit der Ausrichtung der Internationalen Afghanistan-Konferenz in Bonn im Jahre 2011 hatte Deutschland im vergangenen Dezember den Auftakt für die Diskussion der Afghanistan-Politik nach dem Ende des ISAF-Einsatzes 2014 gesetzt. Seit Mai dieses Jahres haben wir auf weiteren Konferenzen in Chicago, Kabul und Tokio sehr intensiv gearbeitet. Das reflektiert sich bereits in den Ergebnissen des Fortschrittsberichtes. Dabei standen die weitere internationale Unterstützung für die afghanischen Sicherheitskräfte, der Regionalprozess mit dem arabesken Titel „Im Herzen Asiens“ und die zivile Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan 2014 im Mittelpunkt. Besonderes Gewicht fanden im Bericht die Ergebnisse der großen Afghanistan-Konferenzen und ihre jeweilige Umsetzung. Eng verbunden mit dem vorgestellten Bericht ist auch das heute Morgen im Bundeskabinett behandelte neue ISAF-Mandat. Deutschland hält, genauso wie seine ISAF-Partner, an der Entscheidung zu einer verantwortungsvollen Verringerung der Einsatzkräfte bis zum Abzug der ISAF-Truppen Ende 2014 fest. Zugleich wird Ende 2014 die sogenannte Transition, also die Übergabe der Sicherheitsverantwortung in afghanische Hände, abgeschlossen sein. Für das neue Mandat hofft die Bundesregierung auf breite und fraktionsübergreifende Unterstützung im Deutschen Bundestag. Das neue Mandat bekräftigt die Trendwende, die wir vor einem Jahr eingeleitet haben. Bis Ende Februar 2014 – so ist es mit Blick auf die Bundestagswahl vorgesehen, um einer sich dann bildenden Bundesregierung die Gelegenheit zu geben, das Mandat vorzubereiten, und dem Bundestag die Gelegenheit zu geben, es mit etwas Abstand zur Bundestagswahl zu behandeln – sollen mehr als 1 000 deutsche Soldatinnen und Soldaten Afghanistan verlassen haben. Das Ende unseres Kampfeinsatzes in Afghanistan rückt damit deutlich näher. Erstmals ist im Forschungsbericht deshalb eine Übersicht über die wichtigsten Aufgaben, die bis zum Ende des ISAF-Einsatzes für Deutschland, die internationale Gemeinschaft und Afghanistan Vorrang haben, enthalten. In Afghanistan liegen Licht und Schatten dicht beieinander. Mit Blick auf die Sicherheitslage setzte sich auch 2012 der leicht positive Trend des Vorjahres fort. Landesweit gab es bei deutlichen regionalen Unterschieden erneut weniger sicherheitsrelevante Zwischenfälle, aber die Sicherheitslage ist in vielen Teilen Afghanistans noch instabil. In diesem Zusammenhang ist die Zunahme der Zahl der Anschläge durch sogenannte Innentäter in den afghanischen Sicherheitskräften auf ihre eigenen Kameraden und auf ISAF-Angehörige besonders besorgniserregend. Diese perfiden Anschläge nimmt die Bundesregierung sehr ernst. Diese Bedrohung ist nicht wegzureden, sondern es sind verstärkte Anstrengungen erforderlich. Zugleich können wir heute feststellen, dass die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Aufgaben immer besser und mit wachsender Selbstständigkeit erfüllen. Daraus ziehen wir – und das ist wichtig – die begründete Zuversicht, dass die afghanischen Sicherheitskräfte mit Abschluss der Transition Ende 2014 in der Lage sein werden, die Gesamtverantwortung für die Sicherheit in Afghanistan zu tragen. Um die Nachhaltigkeit des Erreichten wirklich sicherzustellen, werden wir uns weiterhin in Afghanistan engagieren. Wir wollen die afghanischen Sicherheitskräfte auch nach 2014 ausbilden, beraten und finanziell zu ihrer Ausrüstung beitragen. Vor diesem Hintergrund wird Deutschlands Beitrag künftig in der Hauptsache darin bestehen, Afghanistan bei der Verbesserung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Lage zu unterstützen. Auf der internationalen Afghanistan-Konferenz von Tokio am 8. Juli 2012 vereinbarten Afghanistan und die internationale Gemeinschaft gegenseitige Rechenschaftspflichten. Deutschland ist Mitglied des Gebergremiums, das die Umsetzung der Ergebnisse von Tokio koordiniert. Diese Aufgabe nehmen wir besonders ernst. Neben ihrem entwicklungs-politischen Engagement wird die Bundesregierung deshalb den Vorsitz Deutschlands in der Internationalen Kontaktgruppe für Afghanistan und Pakistan nutzen, um die Ziele der internationalen Gemeinschaft in Afghani-stan zu erreichen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Der neue Fortschrittsbericht zeigt den aktuellen Stand der Umsetzung unseres ressortübergreifenden Ansatzes in der Afghanistan-Politik. Es werden viele Punkte angesprochen, und zwar realistisch. Ich möchte deutlich machen, dass es allen beteiligten Ressorts, die zu diesem Bericht beigetragen haben – es war eine enorme Anstrengung aller beteiligten Ressorts; ich habe sie gerade ausdrücklich genannt –, wichtig war, die Verhältnisse realistisch zu schildern. Nicht Optimismus, nicht Pessimismus, sondern Realismus ist der einzige Weg, auf dem wir tatsächlich vorankommen und in Afghanistan helfen können. Man darf das Ganze nicht durch die rosarote Brille betrachten. Es ist wichtig, sich ehrlich zu machen und die Dinge ungeschminkt anzusprechen. Sie werden in dem Bericht viele sehr lesenswerte, gerade auch auf die kritische Lage eingehende realistische Lagebeschreibungen finden, positive und negative Bestandsaufnahmen. Ich empfehle im Namen der Bundesregierung diesen Bericht der breiteren Öffentlichkeit, aber insbesondere im Hinblick auf unsere Debatten einer intensiven Lektüre und freue mich auf Ihre Fragen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Jetzt bitte ich, Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den Herr Staatsminister Michael Georg Link berichtet hat. Als Erstem gebe ich das Wort unserem Kollegen Johannes Pflug. Johannes Pflug (SPD): Herr Staatsminister, herzlichen Dank für Ihren Bericht. – Auf der Konferenz in Tokio wurde vereinbart, dass die weiteren Hilfszahlungen für die afghanische Regierung davon abhängig gemacht werden sollten, dass es messbare Fortschritte bei der Bekämpfung der Korruption, bei der Verbesserung der Sicherheitslage, der Einbeziehung der Nachbarn Afghanistans und im wirtschaftlichen Bereich gibt. Sehen Sie da irgendwelche quantifizierbaren Erfolge? Können Sie uns diese benennen? Vizepräsident Eduard Oswald: Herr Staatsminister, bitte. Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Kollege Pflug, mit den Kriterien aus dem Tokyo Mutual Accountability Framework kann die Einhaltung der Selbstverpflichtungen der afghanischen Regierung genau überprüft werden. Auch dazu finden sich Angaben im Fortschrittsbericht. Die Afghanistan-Konferenz in Tokio war in diesem Zusammenhang ein wichtiger Fortschritt, sodass wir diese Punkte erstmals konkret benennen können. Der Prozess hat begonnen und muss nun intensiv weitergeführt werden. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Als Nächstem gebe ich dem Kollegen Roderich Kiesewetter das Wort. Roderich Kiesewetter (CDU/CSU): Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Sie sprachen eben den Fortschrittsbericht an. Vielen Dank für diese sehr nüchterne Darstellung und auch für die Sprache, in der der Bericht gehalten ist. Sie haben über den vernetzten Ansatz gesprochen. Aus unserer Sicht gehören zum vernetzten Ansatz nicht nur die Zusammenarbeit mit den Nachbarn, sondern auch die enge Verzahnung ziviler und nichtziviler Mittel sowie der Versöhnungsprozess. Würden Sie bitte darstellen, wie sich aus Ihrer Sicht die Lehren, die sich aus dem bisherigen vernetzten Ansatz aus Afghanistan ergeben haben, auf weitere mögliche Einsätze auswirken und wie Sie auf den Versöhnungsprozess innerhalb der afghanischen Gesellschaft Einfluss nehmen? – Vielen Dank. Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Vielen herzlichen Dank. – Herr Kollege Kiesewetter, auch dazu stehen relativ ausführliche Punkte im Bericht. Deshalb möchte ich nur in kurzer Form, im Rahmen des Limits von einer Minute für die Beantwortung, sagen, dass man aus dem Einsatz in Afghanistan in der Tat einige Lehren für andere Einsatzorte ziehen kann. Der vernetzte Ansatz mit seiner Dreistufigkeit – zuerst Sicherheit, dann Aufbau von Governance, nach Abzug, nach Übergabe der Sicherheitsverantwortung, Fortsetzung der Aufbaumaßnahmen im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung, aber auch in anderen Bereichen – ist der einzige, der wirklich tragfähig ist. Deshalb war es enorm wichtig, dass alle beteiligten Ressorts und andere Ressorts der Bundesregierung, die mit ihrem Fachwissen in anderen Bereichen, zum Beispiel im Bereich Gesundheit, mithelfen, intensiv am vernetzten Ansatz gearbeitet haben. Sicherheit gibt es nur vernetzt; Sicherheit ist weit mehr als Militär. Genau das stellt der Fortschrittsbericht aus unserer Sicht sehr deutlich dar. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Als Nächster gebe ich unserer Kollegin Frau Katja Keul das Wort. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – Wir hören jetzt, dass die Begründung dafür, dass Sie kein gesondertes Abzugsmandat, sondern ein einheitliches Mandat vorgelegt haben, darin besteht, dass die Größenordnung der Gruppe derjenigen, die im Prinzip Möbelpacker sind, so unerheblich ist, dass sich das nicht lohnt; hier geht es um eine Größenordnung von 300 Personen. Heißt das, dass die anderen 3 000 noch im März 2014 einen Kampfauftrag haben? Ist beabsichtigt, die Zahl von 3 000 wirklich innerhalb von zehn Monaten auf null zurückzuführen? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Frau Kollegin Keul, das Wort „Möbelpacker“ wird, glaube ich, der Aufgabe nicht gerecht. (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war im übertragenen Sinne gemeint!) Es ist ein außerordentlich komplizierter Auftrag, die Logistik für den geordneten Abtransport des Materials und vor allem für den Abzug der Soldaten selbst sicherzustellen. Wir haben hier ein sehr engagiertes Mandat. Wir, insbesondere das BMVg, haben es in der Vorbereitung so formuliert, dass alle erforderlichen Aufgaben abgedeckt sind. Gegenstand der heutigen Regierungsbefragung ist der Fortschrittsbericht, noch nicht das Mandat selbst. Insofern möchte ich der Befassung mit dem Mandat nicht vorgreifen. Wir werden uns in den Ausschüssen und voraussichtlich in der nächsten Sitzungswoche – davon gehe ich aus – in erster Lesung hier damit befassen. Insofern möchte ich auf die reguläre Mandatsbefassung verweisen, insbesondere auf die Kollegen aus dem Bundesministerium der Verteidigung, die das Mandat im Wesentlichen vorbereitet haben. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Als Nächstem gebe ich unserem Kollegen Wolfgang Gehrcke das Wort. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Auch meinerseits erst einmal herzlichen Dank für Ihren Bericht, Herr Staatsminister. – Sie müssen mir aber einiges erklären. Wie können Sie von einem Abzug reden, wenn das Mandat vorsieht, dass bis zu 4 400 Soldaten bleiben sollen und diese Anzahl nur möglicherweise, wenn es beispielsweise die Lage erlaubt, reduziert werden kann? Die Zahl könnte schon heute reduziert werden. Wie können Sie von einem Abzug sprechen, wenn das Mandat die Genehmigung enthält, in Afghanistan weiterhin Kampftruppen einschließlich Krisenspezialkräfte einzusetzen, und wenn im Mandat wörtlich die Möglichkeit genannt wird, Recce-Tornados in Afghani-stan einzusetzen? Das ist doch kein Abzug, sondern ein Verbleib in voller Stärke in Afghanistan. Jetzt müssen Sie mir erklären, inwiefern das ein Abzug ist. Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Kollege Gehrcke, ein Abzug, die Vorbereitung der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte, ist exakt das, was wir mit dem Mandat, über das wir heute Morgen im Bundeskabinett beraten haben, ermöglichen. Wir haben natürlich wie immer eine vorsichtige Planung zugrunde gelegt, weil man auf alle Eventualitäten vorbereitet sein muss. Aber das Ziel wird im Fortschrittsbericht deutlich, auch im Mandatstext; ich bitte, ihn wirklich intensiv zu lesen. Sie können das wirklich gerne in den jeweiligen Debatten – nächste Woche in den Ausschüssen, in erster Lesung und nach Weihnachten in zweiter Lesung – kontrollieren. Dieses Mandat dient exakt der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanische Seite. So ist es im Detail vorbereitet und aufgeführt. Selbstverständlich müssen wir im Rahmen des Verbleibs unserer Soldatinnen und Soldaten bis Ende 2014 in Afghanistan auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Genau das leistet das Mandat, das wir in der nächsten Sitzungswoche im Bundestag in erster Lesung beraten werden. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Aber die Zahlen, die ich genannt habe, stimmen? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Nein, es ist vorgesehen, dass wir die Anzahl der Soldaten auf 3 300 reduzieren. Ich bitte, alles Weitere im Rahmen der Mandatsbehandlung zu diskutieren. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächster Fragesteller ist unser Kollege Rolf Mützenich. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, Sie sehen, dass wir während der Befragung noch intensiv in dem Bericht blättern. Das hätten Sie dem Parlament ersparen können, wenn Sie uns den Bericht – wie Sie es offensichtlich bei ausgewählten Medienvertretern getan haben – etwas früher zur Verfügung gestellt hätten. Wir werden daher in den nächsten Tagen und Wochen in den Ausschüssen intensiv über den Bericht sprechen müssen. Was ich bisher gelesen habe, bietet Anlass zu zwei Fragen. Sie beschreiben, dass insbesondere der Aussöhnungsprozess ein wichtiger Eckpfeiler für die Stabilisierung in Afghanistan ist. Sie haben bereits gesagt: Es gibt Licht und Schatten. Der Schatten scheint mir etwas zu überwiegen, weil sich die Taliban offensichtlich doch nicht so umfassend bereit erklärt haben, sowohl mit den USA als auch mit der internationalen Gemeinschaft zu reden; Widerstand und Gesprächsbereitschaft wurden gleichzeitig artikuliert. Vielleicht können Sie der Öffentlichkeit nähere Informationen dazu geben? Der zweite Aspekt: In den USA überlegt sich die Obama-Administration neue Regeln für den Drohneneinsatz, der insbesondere in Afghanistan seine Wirkung hat. Ist die Bundesregierung denn bereit, mit dem Partner USA nicht nur über diese Frage zu sprechen, sondern auch Anregungen zu geben, die sowohl das Völkerrecht als auch ethische Fragen berücksichtigen? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Danke, Herr Kollege Mützenich. – Über einzelne Teile des Berichts wurde in den Medien spekulativ berichtet. Wenn überhaupt, dann findet sich dort nur etwas aus dem Einleitungstext. Ich empfehle, den aktuell up-gedateten Bericht, der erst heute Morgen im Kabinett verabschiedet wurde, intensiv zu studieren. Von unserer Seite ist selbstverständlich überhaupt nichts vorher herausgegeben worden; denn die erste Information erfolgt gegenüber dem Parlament. Deshalb haben wir ihn heute nach der Kabinettsbefassung unverzüglich allen Abgeordneten zugestellt. Wichtig ist allerdings, festzuhalten, dass wir in diesem Bericht – Sie haben es erwähnt – auch auf die Versöhnungsbemühungen eingehen. In der Tat ist es so, dass die Taliban unterschiedliche Akzente setzen. Wir vonseiten der Bundesregierung bleiben für Gespräche mit allen versöhnungsbereiten Kräften offen. Wichtig ist allerdings, dass der Versöhnungsprozess, soweit Gespräche mit Taliban stattfinden sollten, auf jeden Fall in enger Abstimmung mit der afghanischen Regierung stattfindet. Aber ich kann nur bekräftigen, was Sie sagen: Hier ist gerade von den Taliban Unterschiedliches zu hören. Wir setzen darauf, dass auch in diesem Bereich das Gespräch mit versöhnungsbereiten Kräften gesucht werden kann. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Was ist mit den Drohnen? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Pardon, die Drohnen habe ich vergessen. Vizepräsident Eduard Oswald: Bitte. Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Was diesen Bereich betrifft, möchte ich auf die Kollegen im BMVg verweisen. Die Gespräche mit den USA sind sehr intensiv und umfassen selbstverständlich alle Bereiche. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächste Fragestellerin unsere Kollegin Frau Ute Koczy. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – Mir geht es um die Zukunft der zivilen Aufbauarbeit nach dem Abzug. Wir haben mit Interesse gelesen, dass Frau Tanja Gönner, Vorsitzende der GIZ, der Bundesregierung mitgeteilt hat, dass man Probleme sehe, dass unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der GIZ zurzeit darüber diskutiert werde, inwieweit ein Engagement nach 2014 fortgeführt werden könne, und dass noch gemeinsame Hausaufgaben zur Notfallversorgung der zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erledigen seien. Wie sehen Sie diesen kritischen Punkt? Kann es tatsächlich gelingen, die zivilen Helferinnen und Helfer nach dem Abzug vor Ort zu belassen? Welche Konzepte haben Sie für die Zeit nach 2014? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Liebe Kollegin Koczy, danke für die Frage. – Das ist in der Tat ein Thema, das uns umtreibt. Deutschland trägt eine besondere Verantwortung für die von Deutschland beschäftigten Ortskräfte. Das gilt nicht nur für GIZ-Mitarbeiter, sondern das gilt selbstverständlich für Mitarbeiter aller Bereiche. Wir müssen uns dieser Sache intensiv annehmen. Wir befassen uns mit diesem Thema unter Federführung des Bundesinnenministeriums. Die Fragen aus den Mitarbeiterkreisen lassen auf eine sehr große Besorgnis schließen; das wissen wir. Diese Fragen sind auch durchaus berechtigt. Deshalb müssen wir daran arbeiten. Ich bekräftige hier noch einmal die Aussage des Bundesministers der Verteidigung, die in der FAZ von gestern wiedergegeben wurde: Zunächst sollten wir uns darum bemühen, den Mitarbeitern zu helfen, die in Bereichen tätig sind, in denen Sicherheitsbedenken bestehen, indem wir sie möglichst an einer anderen, sicheren Stelle im Land einsetzen. Wenn das nicht möglich ist, könnte es im Einzelfall erforderlich sein, sie tatsächlich nach Deutschland zu holen. Das muss man im Einzelfall prüfen. Ich wiederhole: Deutschland trägt eine besondere Verantwortung für die von Deutschland beschäftigten Ortskräfte, insbesondere wenn ihre Sicherheit bedroht ist. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächster Fragesteller ist unser Kollege Jürgen Hardt. Jürgen Hardt (CDU/CSU): Danke schön, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, wir haben den Bericht heute Morgen um 9.05 Uhr bekommen, also zeitgleich mit dem Beginn der Kabinettssitzung; das steht auf der E-Mail. Das finde ich ganz in Ordnung. Nur so viel zu den Äußerungen des Kollegen Mützenich. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das stand aber vorher in der Zeitung! Das ist das Problem!) Ganz bedeutend für den Erfolg in Afghanistan ist die Unterstützung durch die Nachbarstaaten. In dem Bericht sprechen Sie von einer konstruktiven Rolle Pakistans. Diesbezüglich interessiert mich Folgendes: Kann man das präzisieren? Hat sich die Situation im Verlauf der letzten Monate und Jahre verbessert? Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie auch einen Satz dazu sagen könnten, wie Sie die Rolle des Iran im Zusammenhang mit der Entwicklung in Afghanistan bewerten. – Danke schön. Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Hinsichtlich Pakistans sehen wir tatsächlich eine konkrete Verbesserung. Ausdruck dieser Verbesserung ist der Besuch des Vorsitzenden des Hohen Friedensrates, von Herrn Rabbani, in Pakistan. Die Gespräche waren hilfreich. In diesem Bereich sehen wir weitere Möglichkeiten; denn es gibt noch viel Raum für Verbesserungen. Eine Herausforderung stellt sicherlich der Nachbar Iran dar, der ebenfalls eine besonders lange Grenze zu Afghanistan hat. Hier gibt es weiterhin extrem große Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich der Drogenwirtschaft an der iranisch-afghanischen Grenze. In diesem Bereich müssen wir noch intensiv arbeiten. Zu diesem Thema finden sich Formulierungen im Fortschrittsbericht. Dies ist aber sicherlich eine große Herausforderung, mit der man sich intensiv beschäftigen muss. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Als nächste Fragestellerin folgt unsere Kollegin Frau Dagmar Enkelmann. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Herr Staatsminister, ich stelle meine Frage an Sie als Vorsitzende der Deutsch-Zentralasiatischen Parlamentariergruppe. Aus vielen Gesprächen mit Vertretern aus dieser Region weiß ich natürlich um die Sorgen der Länder Tadschikistan, Kirgistan, Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan. Hat die Bundesregierung diese Sorgen im Blick, insbesondere hinsichtlich einer möglichen Evaluation der Zentralasien-Strategie der EU und hinsichtlich der Entwicklung der Entwicklungszusammenarbeit? Beispielsweise im grenzüberschreitenden Bereich gibt es interessante Projekte, unter anderem an der tadschikisch-afghanischen Grenze. Gibt es diesbezüglich weitergehende Überlegungen? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Frau Kollegin Enkelmann, die Zentralasien-Strategie der EU ist ein spannendes Thema. Seitens der Bundes-regierung ist immer wieder auf eine Weiterentwicklung gedrängt worden. Diese Strategie war ein wichtiger Schritt. Wir glauben, dass daran weitergearbeitet werden muss und sie vor allem weiterentwickelt werden muss. Die extreme Heterogenität der zentralasiatischen Staaten – auf der einen Seite gibt es Staaten, die punk-tuell modern sind, aber unter demokratischen Gesichtspunkten durchaus einige Fragen zu beantworten haben, und auf der anderen Seite Staaten, die sehr autokratisch sind – erfordert einen Ansatz, der es ermöglicht, sowohl auf bilateraler Ebene als auch bezogen auf die Gesamt-region voranzukommen. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit befürworten wir immer. Wenn möglich, unterstützen wir alle grenzüberschreitenden Projekte der afghanischen und der tadschikischen Regierungen. Aber auch diesbezüglich muss insbesondere der Sicherheitslage Rechnung getragen werden. Ich nenne nur die Stichworte Drogenhandel und Menschenhandel. Wir müssen aufpassen, dass es diesbezüglich keine Rückschritte gibt. Wir müssen Fortschritte erzielen. Ich sage es noch einmal: Wir sind absolut offen, und wir sind dafür – wir fordern das sogar –, dass die Zentralasien-Strategie der Europäischen Union weiterentwickelt wird. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächster Fragesteller aus der Fraktion der Sozialdemokraten ist unser Kollege Dr. Hans-Peter Bartels. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Staatsminister, dieser Fortschrittsbericht ist die Grundlage für die beginnende Diskussion über das Nachfolgemandat. Wir empfangen Meldungen, die besagen, dass die USA für die Zeit nach dem Abzug ein bilaterales Abkommen mit Afghanistan anstreben. Es wird aber auch ein internationales Mandat geben. Strebt die Bundesregierung nur im Rahmen eines internationalen Mandats oder auch bilateral Vereinbarungen mit der afghanischen Regierung an? Nehmen wir auch Einfluss auf das, was die USA bilateral mit Afghanistan vereinbaren, weil das für die Gesamtsituation von Bedeutung ist? Welche der Ausbildungsprojekte, die wir jetzt im Bereich der Sicherheitsorgane haben, also in den Bereichen Militär und Polizei, werden wir fortführen? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Danke schön. – Herr Kollege Bartels, Sie haben auf das bestehende Angebot, auch nach 2014 bei der Ausbildung zur Seite zu stehen, hingewiesen, das von der NATO geäußert wurde. Die genaue Trennung der drei Phasen ist deshalb wichtig: bis Ende Februar 2014 – darüber debattieren wir von nun an im Rahmen des Nachfolgemandats –, der Zeitraum zwischen Februar 2014 und dem Abzug Anfang 2015 und dann alles, was nach 2015 erfolgt. Einseitig bilateral zu handeln, ist sicherlich nicht unser Ansatz. Wir möchten, dass diese Sicherheitspartnerschaft weiterhin intensiv in NATO-Kreisen behandelt wird. Die Gespräche haben allerdings noch nicht begonnen oder befinden sich in der ersten Phase. Sie wissen, dass zur konkreten Ausgestaltung eines solchen Mandats nach 2015 gehört, dass sich alle Akteure dazu äußern. Zum Beispiel wäre denkbar, dass die afghanische Regierung zunächst einmal dazu einladen könnte und auch Formulierungsvorschläge dazu hätte. Für uns ist vorrangig, dass das, was nach 2015 kommt, völkerrechtlich absolut einwandfrei ist. Das ist der entscheidende Punkt. In diesem Zusammenhang sind wir in den Vorgesprächen offen; denn es muss klar sein, dass auch das Engagement danach bei der weiteren Begleitung und Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte völkerrechtlich auf einwandfreier Grundlage steht. (Dr. Hans-Peter Bartels [SPD]: Keine bilateralen Absprachen?) – Es gibt dazu bisher keinerlei bilaterale Gespräche, sondern wir selbst verfolgen den Ansatz innerhalb der NATO. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Die nächste Frage stellt unser Kollege Hans-Christian Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke. – Herr Staatsminister, in der Begründung des neuen Mandats lese ich zweimal den gleichen Satz. Er muss also sehr wichtig sein. Da steht: Der Grundsatz der Allianz in Afghanistan bleibt: gemeinsam hinein und gemeinsam heraus. – Nun habe ich gehört, dass unsere sehr engen Allianzpartner – beispielsweise Spanien und Frankreich – abgezogen sind. Warum sind wir nicht gemeinsam mit unseren Allianzpartnern abgezogen? Es gibt noch einige andere Länder, zum Beispiel Australien und Kanada, die ebenfalls Allianzpartner sind. Wie ist dieser Satz zu verstehen? Diese Frage hatte ich vorhin dem Herrn Außenminister gestellt. Er hat sie leider nicht beantwortet. Zur Zuverlässigkeit der afghanischen Armee als einem wichtigen Sicherheitsfaktor haben Sie vorhin unter anderem gesagt, die afghanische Armee werde mit wachsender Selbstständigkeit vorgehen. Lassen Sie dabei völlig außer Acht, dass aus der afghanischen Armee heraus ständig Innentäterangriffe auf ISAF-Soldaten und auch auf afghanische Soldaten stattfinden? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Kollege Ströbele, die Frage nach der Devise -„together in, together out“, also „gemeinsam rein, gemeinsam raus“, müssen Sie den Vertretern der Länder stellen, die vorher abgezogen sind, wie Spanien. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt „vorher“?) – Sie haben die Beispiele selbst erwähnt. – Für uns ist klar – was wir auch im Bündnis immer deutlich kommuniziert haben –, dass wir im gegebenen Zeitrahmen, bis Ende 2014, die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanische Seite wollen. Das haben wir früh kommuniziert und gemeinsam mit den Partnern in der NATO abgesprochen. Das erfordert natürlich, dass die afghanische Seite dazu auch in der Lage ist. Daran arbeiten wir im Bereich der Ausbildung. Wir leisten Assistenz und Finanzierungshilfe. Die schrittweise Übernahme der Verantwortung erfolgt bereits. Wir gehen davon aus, dass das auch gelingt. Es gibt hinreichende Gründe dafür, anzunehmen, dass das schrittweise immer mehr der Fall sein wird und vor allem zum Ende 2014 auch gelingt. Vergleichen Sie bitte einmal die jetzige Situation mit der, in der wir vor zwei Jahren waren. Dann sehen Sie, wie viel Spielraum wir in den folgenden zwei Jahren haben, um konkret voranzukommen. Vor zwei Jahren, also 2010, waren wir in einer Situation mit erheblichen Gefechtslagen innerhalb Afghanistans. Wir sind seither deutlich vorangekommen. Deshalb sind die verbleibenden zwei Jahre – bei Anstrengungen aller – absolut ausreichend, um tatsächlich so weit zu kommen, dass die afghanische Seite komplett die Sicherheitsverantwortung für Afghanistan selbst übernehmen kann. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank – – Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben die Frage mit den Innentätern noch nicht beantwortet. Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Darf ich das mit Genehmigung des Präsidenten kurz ergänzen? Vizepräsident Eduard Oswald: Machen Sie das. – Ich weise jedoch darauf hin, dass wir noch eine ganze Fülle von Fragestellern haben, die mir schon entsprechende Zeichen geben, damit sie auch zu Wort kommen. Aber beantworten Sie erst noch die Frage zu Ende, damit Herr Ströbele nicht sagen kann, er habe keine Antwort bekommen. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das ist ja nicht ausgeschlossen!) Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Präsident, vielen Dank. Eine Minute ist für die Beantwortung manchmal doch nicht ganz ausreichend. – Die Innentäterproblematik ist extrem ernst zu nehmen; das wissen wir. Aber von einer kompletten Unterwanderung oder von einem kompletten Zerfall von innen zu -reden, wie es teilweise einige Medienorgane tun, ist eindeutig übertrieben. Es erfordert jetzt allergrößte Anstrengungen der afghanischen Seite, dieses Problem anzugehen. Wir sind auch dabei hilfreich. Es ist ein Problem, das uns auf jeden Fall extrem besorgt. Daran wird intensiv gearbeitet. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Jetzt hat unser Kollege Tom Koenigs das Wort. Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister, alle Experten sagen, dass die Zukunft Afghanistans davon abhängt, dass es erfolgreiche Gespräche mit den Staaten der Region gibt und dass es erfolgreiche Gespräche mit den Taliban gibt. Dies wurde zuletzt vor zwei Tagen bei einer Veranstaltung in der Konrad-Adenauer-Stiftung gesagt. Ich glaube, Sie waren sogar da. Jetzt steht im Fortschrittsbericht, dass es mit Pakistan nicht vor und nicht zurück geht. Mit dem Iran wird überhaupt nicht geredet. Mit den Taliban geht es eher zurück. Sie haben am Anfang gesagt, dass Sie weder optimistisch noch pessimistisch, sondern realistisch sein wollen. Ist das nicht eher ein Anlass für Pessimismus? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Wenn das Ansprechen der Probleme dazu führte, dass man am Schluss resignierend die Hände in den Schoß legt, dann, Herr Kollege, wären wir falsch verstanden worden. Es war der ausdrückliche und – das darf ich als Parlamentarier sagen – mehr als berechtigte Wunsch des Bundestages, realistische Berichte zu bekommen, die nichts in Rosa zeichnen. Deshalb spreche ich und sprechen wir in dem Bericht sehr deutlich die Defizite an. Aber das darf nicht dazu führen, dass wir uns in irgendeiner Weise fatalistisch zurücklehnen. Vielmehr muss es darum gehen, die Möglichkeiten zu nutzen, die wir haben. Deshalb ist das Versöhnungsangebot an gesprächsbereite Kreise, auch aus dem Bereich der Taliban, auf dem Tisch, aber wir wollen natürlich nicht Versöhnung um jeden Preis, sondern selbstverständlich nur, wenn dadurch tatsächlich ein Mehr an Sicherheit und insbesondere die Beachtung der jetzt geltenden afghanischen Verfassung gewährleistet ist. Denn wir werden beim Schutz der Menschenrechte, gerade auch der Mädchen- und Frauenrechte, und im Bereich der Bildung, in dem es viele Errungenschaften gibt, die Afghanen selbstverständlich nicht im Stich lassen und schlicht und einfach sagen: Jetzt schaut einmal, wie ihr zurechtkommt. Im Gegenteil: Auch nach dem Abzug der Bundeswehr besteht unser Angebot, sehr intensiv mit der afghanischen Seite in allen Bereichen zusammenzuarbeiten, um die Entwicklung und den Versöhnungsprozess weiter voranzubringen. Wir sind nicht weg. Es geht um den Abzug der Bundeswehr und die Übergabe der Sicherheitsverantwortung. Es geht aber – das sage ich noch einmal – nicht darum, die Afghanen im Stich zu lassen. Afghanistan ist eine langfristige Aufgabe, der sich die Bundesregierung, in dem Fall besonders in Gestalt des BMZ, widmet. Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke sehr. Ich glaube, die Antwort war nicht optimistisch, sondern diplomatisch. Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Realistisch. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. Diplomatie ist natürlich auch eine Aufgabe eines Staatsministers im Auswärtigen Amt. – Kollegin Inge Höger, Sie sind die nächste Fragestellerin. Inge Höger (DIE LINKE): Vielen Dank. – Herr Staatsminister, Sie haben von einem realistischen Bericht gesprochen. Das finde ich gut. Dieser Bericht stellt unter anderem fest, dass Afghanistan die zweithöchste Kindersterblichkeitsrate in der Welt hat. Dieser Bericht stellt fest, dass jedes zehnte Kind unterernährt ist. Dieser Bericht stellt fest, dass die Alphabetisierungsquote bei Mädchen nach wie vor bei 22 Prozent und bei Jungen bei nur 51 Prozent liegt. Kann man bei alledem überhaupt noch von Fortschritt sprechen, oder muss man nicht konstatieren, dass dieser Krieg in Afghanistan ein Desaster ist? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Ich glaube, man kann konstatieren – insbesondere wenn man die jetzige Lage mit der Situation zu der Zeit vergleicht, als die Taliban geherrscht haben –, dass wir einen deutlichen Fortschritt erzielt haben. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Richtig! Genau so!) Aber Fortschritt ist nichts, was man linear extrapolieren kann, was immer automatisch weitergeht; er erfordert Anstrengungen. Wir haben aber wirklich einen deutlichen Fortschritt erzielt. Ich habe es erwähnt: Gerade im Hinblick auf die Bildung, insbesondere von Mädchen und Frauen, und die gesundheitliche Versorgung haben wir heute einen Zustand, der mit der Situation, die vor der Vertreibung der Taliban aus der Regierungsverantwortung vorherrschte, überhaupt nicht vergleichbar ist. Es kam zu einem sehr deutlichen Zugewinn bei der gesundheitlichen Versorgung und bei der Bildung, und zwar auch in der Fläche, bis hin zum Zugang zu Bildung für Mädchen und Frauen. Es ist mit Sicherheit noch lange nicht alles erreicht. Wir können deshalb auch keine Zeitpläne aufstellen. Aber wir sagen klar, woran wir arbeiten. Im Vergleich zur Situation vor diesem Einsatz ist ein deutlicher Zuwachs bei Sicherheit, Bildung und Gesundheit zu erkennen. Das ist ganz wesentlich auch dem Einsatz unserer Helferinnen und Helfer und vor allem der Bundeswehr zu verdanken. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächster Fragesteller: unser Kollege Dr. Gernot Erler. Dr. h. c. Gernot Erler (SPD): Herr Staatsminister, wir haben, glaube ich, einen breiten Konsens, dass es auch nach 2014 einen Bedarf an internationaler Unterstützung Afghanistans durch Hilfsorganisationen und NGOs geben wird und diese weiter gewährleistet werden muss. In diesem Zusammenhang kann ich auch nachvollziehen, dass da einige Fragen aufkommen. Eine Antwort, die wir von Herrn de Maizière bekommen haben, hat mich ein bisschen irritiert. Deswegen frage ich an dieser Stelle Sie: Wie ist das mit der Schutzkomponente, mit der Notfallevakuierung und mit der medizinischen Versorgung von NGOs und Hilfsorganisationen, die nach 2014 noch in Afghanistan tätig sind? Können Sie dazu etwas sagen? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Danke, Herr Kollege. – Um die drei Hauptbereiche, in denen wir nach 2014 aktiv tätig sein wollen, noch einmal klar zu nennen: zivile Wiederaufbauhilfe, Finanzierung der afghanischen Sicherheitskräfte und Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte, und zwar gemeinsam im NATO-Rahmen. Was das konkrete Mandat angeht, das Sie angesprochen haben und über das unter dem Namen ITAAM, International Training, Advisory and Assistance Mission, ja schon diskutiert wird, stehen wir, wie gesagt, noch ganz am Anfang. Aber klar muss natürlich sein: Auch wenn es für dieses Mandat kein Kampfprofil und keinen Kampfauftrag gibt – es ist ein Ausbildungsmandat, es ist ein Trainingsmandat, es ist ein Beratungsmandat –, muss selbstverständlich auch Vorsorge für außergewöhnliche Situationen getroffen werden. Im Hinblick auf die Frage, was zur Vorbereitung gebraucht wird, verweise ich darauf, dass diese Diskussionen in NATO-Kreisen zu führen sind, und auf das in diesem Falle federführende BMVg. Aber noch einmal: Verteidigungsminister de Maizière hat sehr deutlich gesagt, dass es sich hierbei um ein Mandat handeln soll, das keinen Kampfauftrag vorsieht, sondern den Schwerpunkt ganz eindeutig auf Ausbildung, Beratung und Unterstützung legt. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nächster Fragesteller: unser Kollege Dr. Frithjof Schmidt. Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister, Sie haben mehrfach die mögliche Truppenreduzierung erwähnt. Ich möchte darauf hinweisen: Das Mandat, das Sie uns vorlegen, enthält lediglich die Verpflichtung, bis zum Februar 2014 eine Obergrenze von 4 400 Soldaten nicht zu überschreiten. In der Begründung wird dann als Ziel genannt, die Truppe auf 3 300 Soldaten zu reduzieren, falls es die Umstände zulassen. Das bedeutet, dass am 1. März 2014 noch mindestens 3 300 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan sein werden; es können nach dem Mandat auch deutlich mehr sein. Halten Sie es angesichts der derzeitigen Situation und dieser hohen Zahl von Soldaten überhaupt für möglich, dass das Ziel, die Kampftruppen bis Ende 2014, dann also binnen zehn Monaten, vollständig abzuziehen, erreicht wird? Und was halten Sie von der Befürchtung, dass dieses Ziel angesichts der hohen Zahl an Soldaten nicht mehr erreicht werden kann? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Kollege, wir halten es eindeutig für erreichbar – selbstverständlich. Vorsichtige Planung aber gebietet, dass man sich nicht bereits zur Unzeit auf exakte Zahlen festlegt. Das Mandat gibt den genauen Spielraum vor, es zeigt die genaue Richtung auf und gibt alle Instrumente, die wir brauchen, um – immer unter Voranstellung der Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten – diesen Abzug schrittweise vorzubereiten. Insofern erfüllt das Mandat genau diese Aufgabe. Ich verweise aber auch hier noch einmal auf die insbesondere mit dem BMVg zu führende Fachdiskussion im Rahmen der Mandatsdiskussion, die wir in der nächsten Sitzungswoche beginnen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts der Bedeutung dieses Themas sind Sie sicherlich damit einverstanden, dass wir alle Fragesteller aufrufen. Nächster Fragesteller ist Kollege Jan van Aken. Jan van Aken (DIE LINKE): Vielen Dank. – Herr Link, Sie machen das sehr diplomatisch. Sie reden über Fortschritt, Mandat, Entwicklung, sodass man fast vergessen könnte, dass man hier über einen Krieg redet, einen Krieg, in dem Soldaten, auch deutsche Soldaten, jeden Tag ihr Leben riskieren, in dem jeden Tag Afghaninnen und Afghanen sterben. Mich interessiert: Wie viele Tote hat dieser Krieg im letzten Jahr gefordert? Wie viele Zivilistinnen und Zivilisten sind im Berichtszeitraum in Afghanistan bei Kampfhandlungen gestorben? Wie viele afghanische Soldaten sind gestorben? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Kollege van Aken, jedes einzelne Opfer – wir wissen, dass es sehr viele sind – ist eines zu viel. Aber noch einmal: Es handelt sich hier um einen Krieg, der insbesondere von Extremisten, Islamisten, al-Qaida, Taliban etc. angezettelt wurde. Es war extrem wichtig, dass wir der afghanischen Bevölkerung zu Hilfe gekommen sind. Denn die ISAF-Mission gewährleistet den Aufbau von Staatlichkeit, die Möglichkeit von wirtschaftlicher Entwicklung und die Wiederherstellung von Sicherheit. Ich stelle fest: Das ist mit den Mandaten – da mögen wir einen Dissens haben – schrittweise, nicht komplett, mehr und mehr gelungen. Ich habe darauf hingewiesen: Herstellung von Sicherheit ist kein linearer Prozess. Sie können das nicht politisch beschließen. Wir haben aber immer Mandate vorgelegt, die uns in die Lage versetzten, die Sicherheitslage in Afghanistan weiter zu steigern. Noch einmal: Jedes Opfer ist eines zu viel. Es sind immer noch sehr viele. Von daher gehen unsere Anstrengungen hier ganz entschieden weiter. Unser Dank gilt den Soldatinnen und Soldaten. Sie haben darauf hingewiesen, welch enormen Einsatz unsere Soldatinnen und Soldaten, aber auch unsere Polizisten und die zivilen Aufbauhelfer bringen. Dieser Einsatz ist in vielen Fällen mit dem Leben bezahlt worden. Deshalb haben wir eine Verpflichtung, alles zu tun, um über die Mandate die von uns entsandten Kräfte, aber auch – ich habe es vorhin erwähnt – die Ortskräfte zu schützen. Das tun wir. Jan van Aken (DIE LINKE): Die Zahlen haben Sie tatsächlich nicht? Sie wissen nicht, wie viele Menschen im letzten Jahr in diesem Krieg gestorben sind? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Kollege van Aken, wenn Sie wissen, was exakt jede Minute geschieht, dann haben Sie hellseherische Erkenntnisse. Ich finde es ein bisschen unverschämt, dass Sie mit solchen Wortklaubereien arbeiten. Es sind enorme Opfer gebracht worden. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sie können die Zahlen nennen! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Die Zahlen gibt es doch!) Jedes einzelne Opfer ist eines zu viel. Wir brauchen uns kein Schaugefecht über die exakte Zahl zu liefern. Sie wissen selbst, dass man das nicht immer exakt, bis auf die einzelne Person wissen kann. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ich schicke Ihnen gerne die Zahlen!) Vizepräsident Eduard Oswald: Wir machen hier Frage und Antwort. – Die nächste Frage stellt der Kollege Johannes Pflug. Johannes Pflug (SPD): Herr Minister, laut Fortschrittsbericht lädt die Regierung von Kasachstan für Ende April zu einer regionalen Sicherheitskonferenz nach Astana ein. Eingeladen sind die zentralasiatischen Staaten, aber auch Pakistan und vor allen Dingen der Iran und Truppenstellernationen. Meine Frage: Ist die Bundesregierung bereit, diese Konferenz mit eigenen Vorschlägen zu bereichern? Und: Ist die Bundesregierung bereit, auf den Iran einzuwirken, dass auch seine Vertreter an der Konferenz teilnehmen? (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Gute Frage!) Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Kollege, wir engagieren uns im Vorfeld dieser Konferenz intensiv bei den Vorbereitungen. Wir sprechen mit allen Partnern intensiv darüber, welche Möglichkeiten sie haben. Ich habe vorhin deutlich erwähnt, dass beim Iran besonders viel Luft nach oben ist. Das betrifft dieses Thema, aber auch alle anderen Themen. Wir bemühen uns also in diesem Bereich, aber hier ist gerade mit dem Iran noch ein sehr weiter Weg zu gehen. Die Astana-Konferenz bietet dafür eine Chance. Wir sollten sie im Rahmen des Möglichen wahrnehmen. Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Fragesteller: unser Kollege Omid Nouripour. Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister, wir wissen, dass für die Sicherheit Afghanistans nach ISAF zwei Punkte von Relevanz sind. Der erste – das ist zentral – ist ein Aussöhnungsprozess. Dafür ist wichtig, dass Pakistan mitspielt. Dafür wiederum bräuchte man vertrauensbildende Maßnahmen. Da stellt sich mir die Frage: Welche Rolle kann aus Sicht der Bundesregierung Indien dabei spielen, vertrauensbildende Maßnahmen mit Pakistan auf den Weg zu bringen? Das Zweite, was relevant ist, ist die Fähigkeit der afghanischen Sicherheitskräfte, selbst für Sicherheit zu sorgen. Wir haben eine gewisse Zahl von Sicherheitskräften ausgebildet. Dann wurde festgestellt – so ist zu lesen –, dass man die gar nicht alle bezahlen kann. Nun wird abgebaut: Über 100 000 afghanische Sicherheitskräfte, die an Waffen ausgebildet worden sind, sollen nun nicht mehr bei der afghanischen Sicherheit, also Polizei oder Armee, beschäftigt werden. Was mit denen passiert, ist eine andere Frage. Meine Frage jedenfalls lautet: Ab wann wird denn abgebaut? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Indien ist in der Tat ein ganz wichtiger Partner in diesem Bereich. Wir sehen, dass in den Gesprächen, die zwischen Indien und Pakistan im letzten Jahr und in diesem Jahr stattgefunden haben, ein leichter Fortschritt erreicht wurde, allerdings alles noch relativ ungetestet. Gerade wenn wir den Gesamtraum sehen, spielt Indien für die regionale Entwicklung eine extrem wichtige Rolle. Wir werden alles dafür tun, damit sich Indien hier als konstruktiver Player einbringt, im Verhältnis zu Paki-stan, aber auch im direkten Kontakt mit Afghanistan. Auch hier war allerdings ein sehr weiter Weg zurückzulegen. Ein Abbau der Zahl der afghanischen Sicherheitskräfte ist nicht das konkrete Ziel. Wir haben durch Modernisierung und Training der afghanischen Sicherheitskräfte einen konkreten Zugewinn an Sicherheit erreicht. Es geht nicht um die schiere Zahl, es geht um die Qualität, um das, was sie tatsächlich leisten können. Im Fortschrittsbericht Afghanistan stehen konkrete Aussagen, wie wir die Fähigkeiten, die Chancen der afghanischen Sicherheitskräfte bewerten. Deshalb kommen wir ja zu der begründeten Annahme, zu sagen: Jawohl, es ist zu schaffen, dass bis Ende 2014 die afghanischen Sicherheitskräfte die Verantwortung übernehmen können. Hätten wir nicht diesen Eindruck, würden wir das nicht sagen. Wir sagen es ja an anderer Stelle auch sehr deutlich, wenn wir glauben, dass wir noch nicht am Ziel sind. Wir bemühen uns auch im Hinblick auf die afghanischen Sicherheitskräfte, keinen rosa Bericht vorzulegen, sondern einen sehr realistischen Bericht. Die Frage, ob an einzelnen Stellen reduziert wird, ob abgebaut wird, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass diejenigen, die im Dienst sind, den Job auch wirklich können. Da haben wir, glaube ich, ganz konkrete Fortschritte erreicht. Vizepräsident Eduard Oswald: Nächster Fragesteller: unser Kollege Rolf Mützenich. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. – Es ist nicht meine Aufgabe, den Vertreter des Verteidigungsministeriums zu schützen. Meine Frage zu den Drohnen fiel aber schon in die Ressortzuständigkeit des Auswärtigen Amtes; denn insbesondere die Konsultationen mit unseren Partnern sind, denke ich, immer noch Aufgabe des Außenministers, und auch im Hinblick auf die sicherheitspolitische Verantwortung, die völkerrechtliche Verantwortung für den Drohneneinsatz bedarf es Gespräche des Außenministeriums. Deswegen würde ich gern noch einmal die Frage wiederholen, ob dazu überhaupt Gespräche stattfinden mit unseren Partnern. Zweiter Aspekt. Ich glaube, dass gerade die Korruption – bis in die höchsten Regierungskreise hinauf – mit Sicherheit einer der Schwachpunkte beim Aufbau eines wirklich stabilen und eines vertrauenswürdigen Staates Afghanistan ist. Vielleicht können Sie dazu noch etwas sagen. Zum Dritten würde ich gerne noch einmal darauf hinweisen, dass viele Expertinnen und Experten der Meinung sind, dass der damalige Verfassungsprozess, der zu einer Zentralisierung der politischen Verantwortung geführt hat, die historische Entwicklung Afghanistans im Grunde genommen konterkariert hat. Also: Setzen wir uns in Zukunft auch stärker für eine dezentrale politische Verantwortung ein? Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Kollege Mützenich, der Stand bei der Bekämpfung der Korruption ist in weiten Bereichen wirklich noch sehr unbefriedigend. Deshalb war es ja so wichtig, dass es im Juli auf der Tokio-Konferenz gelungen ist, das Mutual Accountability Framework zu präzisieren und jetzt damit, konkret messbar, zu arbeiten. Dezentralisierung wäre ein wichtiger Weg. Wir wissen aus vielen Beispielen, dass Dezentralisierung ein Weg ist, zentral gesteuerte, teilweise auch pyramidenartig aufgebaute Korruptionsnetzwerke zu bekämpfen. Das ist ein weiter Weg. Wir sind uns des Problems bewusst und können nur sagen: Wir arbeiten daran, in diesem Bereich genauer hinzusehen und mit den Steuerungsinstrumenten, die wir haben, dann auch genau zu reagieren, wenn wir merken, dass eine Fehlverwendung von Mitteln stattfindet. Was die Drohnen angeht: Wir reden mit den USA natürlich über alle Themen und damit auch über dieses Thema. Konkrete Einzelergebnisse können wir an dieser Stelle noch nicht anführen; da möchte ich auf den Auswärtigen Ausschuss verweisen. Zu meinem Verweis vorhin auf den Verteidigungsminister möchte ich sagen: Es geht um zwei Aspekte. Ein Aspekt sind die militärischen Fragen: Was können Drohnen leisten? Was können sie nicht leisten? Wo sind sie geeignet? Wo sind sie nicht geeignet? – Diese Fragen möchte ich sinnvollerweise wirklich gerne an das Verteidigungsministerium weiterleiten. Daneben gibt es aber natürlich auch die völkerrechtlichen Aspekte; das ist absolut richtig. Da verstecken wir uns auch nicht. So, wie wir mit den USA über alle Themen reden, reden wir mit ihnen selbstverständlich auch darüber. Dazu aber zu gegebener Zeit gerne mehr im Auswärtigen Ausschuss. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Wir sind jetzt am Ende dieses Themenbereiches. Ich frage der Form halber: Gibt es Fragen zu anderen Themen der heutigen Kabinettssitzung? – Das ist nicht der Fall. Gibt es darüber hinaus Fragen an die Bundesregierung? – Das ist nicht der Fall, sodass ich die Regierungsbefragung beende. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde – Drucksache 17/11611 – Die Geschäftsbereiche werden in der üblichen Reihenfolge aufgerufen. Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Frau Staatsministerin Cornelia Pieper steht hier zur Beantwortung zur Verfügung. Die Frage 1 des Kollegen Manuel Sarrazin wird schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 2 unseres Kollegen Wolfgang Gehrcke auf: Welche Weisung hat die Bundesregierung dem Ständigen Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen bezüglich des Abstimmungsverhaltens zum Antrag des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas an die UN-Vollversammlung, Palästina einen erweiterten Beobachterstatus zu verleihen, erteilt? Frau Staatsministerin, ich darf Sie um Beantwortung bitten. Bitte schön, Frau Staatsministerin. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Abgeordneter Gehrcke, ich antworte auf Ihre Frage für die Bundes-regierung wie folgt: Die Bundesregierung macht Weisungen an die deutschen Auslandsvertretungen grundsätzlich nicht öffentlich. Sollte es in der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu einer Abstimmung über den Resolutionsentwurf zur Verleihung eines Beobachterstatus an Palästina kommen, wird die Bundesregierung bei der Festlegung des deutschen Abstimmungsverhaltens mehrere Faktoren berücksichtigen. Dazu gehören unter anderem die Aussichten auf eine Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses zwischen den Konfliktparteien und die möglichen Auswirkungen einer Resolution auf die Lage vor Ort, dazu gehört das geplante Abstimmungsverhalten der anderen EU-Mitgliedstaaten, dazu gehört Deutschlands grundsätzliche Verpflichtung gegenüber der Sicherheit und der Existenz Israels, und dazu gehören die möglichen VN-politischen Konsequenzen einer Abstimmung, unter anderem hinsichtlich der Finanzierung der Vereinten Nationen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Wolfgang Gehrcke. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Da die Bundesregierung ihre Weisungen nicht öffentlich macht, darf ich mir erlauben, meinen Kenntnisstand öffentlich zu machen. Sie können ja dann sagen, ob er stimmt oder nicht. Mein Kenntnisstand ist, dass die Bundesregierung in der Europäischen Union derzeit noch mit Frankreich und anderen darüber verhandelt, ob Frankreich bereit ist, sein Ja, das es ja öffentlich geäußert hat, zurückzunehmen und sich zu enthalten. In diesem Falle wäre die Bundesregierung auch bereit, sich zu enthalten. Für den Fall, dass Frankreich dies nicht macht, hat die Bundesregierung angedroht, in der Vollversammlung mit Nein zu stimmen. Geht man so mit einem europäischen Partner, insbesondere mit Frankreich, um? Vizepräsident Eduard Oswald: Das war die Frage des Kollegen Wolfgang Gehrcke. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, zumindest ist richtig, dass die Bundesregierung ein großes Interesse daran hat, dass die EU-Mitgliedstaaten einheitlich abstimmen. Ich kann das Letztgesagte aber nicht bestätigen und muss das auch zurückweisen, weil die Verhandlungen noch im Fluss sind; es wird auch an den Texten noch gearbeitet: panta rhei – alles fließt! Wir arbeiten bei den Verhandlungen darauf hin, dass wir eine einheitliche Position der EU finden. Das haben Sie zu Recht ja auch angesprochen. Das wäre aus unserer Sicht die beste Lösung. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Man wird sehen, wer näher an dem Problem ist und wer hier recht gehabt hat. – Aber dann frage ich Sie andersherum: Wenn die Bundesregierung weiß, dass am Text noch gearbeitet wird, setze ich voraus, dass die Bundesregierung den Text kennt und dass sie auch weiß, dass selbst israelische Diplomaten zwar nicht öffentlich, aber immerhin geäußert haben, dass dieser Text für sie interessanter und akzeptabler ist als alles, was vorher vorgelegt worden ist. – Wie empfindet die Bundesregierung diesen Text, und wie bewertet die Bundesregierung diesen Text? Das können Sie uns ja sagen. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, wir kennen natürlich den Text. Da wir aber, wie ich sagte, noch in den Verhandlungen sind, werden wir heute nicht den letzten Stand bekannt geben können; denn wir wollen im Gespräch bleiben, auch mit den anderen EU-Mitgliedstaaten. Ich bitte dafür um Verständnis. Morgen ist die Abstimmung. Ich glaube – das habe ich Ihren Worten entnommen –, wir verfolgen dabei fast ein gemeinsames Ziel, was die einheitliche Positionierung der EU-Mitgliedstaaten anbelangt. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Aber meine sieht anders aus!) Vizepräsident Eduard Oswald: Die nächste Nachfrage hat unser Kollege Rolf Mützenich. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Frau Staatsministerin, wir hatten heute Morgen im Auswärtigen Ausschuss die Gelegenheit, über diese Frage intensiv zu beraten. Da hat der Vertreter des Außenministeriums noch einmal gesagt, dass aus Sicht der Bundesregierung der jetzige Zeitpunkt der denkbar ungünstigste Zeitpunkt sei, den Antrag zu stellen. Nun kann man darüber philosophieren, ob man nicht vielleicht versuchen sollte, Präsident Abbas und Ministerpräsident Fajjad gerade in dieser Situation zu stärken. Aber wenn es der denkbar ungeeignetste Zeitpunkt ist: Würde denn die Bundesregierung hier gegenüber dem Parlament erklären wollen, dass dann, wenn die Palästinensische Autonomiebehörde diesen Antrag zu einem anderen Zeitpunkt stellen würde, die Bundesregierung hinsichtlich ihres Abstimmungsverhaltens zu einer anderen Schlussfolgerung käme, also in Richtung Zustimmung zum Antrag? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter Mützenich, da noch nicht klar ist, wie das Verhalten sein wird, weil wir in Verhandlungen sind, auch mit den anderen Mitgliedstaaten, ist alles im Fluss. Ich kann und will Ihnen heute nicht sagen, weil wir dazu als Bundesregierung nicht verpflichtet sind und es auch nicht sagen können, um die Verhandlungen nicht zu gefährden, was morgen das Ergebnis sein wird. Dass wir alle ein großes Interesse daran haben, dass es eine einheitliche Positionierung der EU-Mitgliedstaaten gibt, ist klar geworden. Natürlich hat man auch die verschiedenen Aspekte, die Sie hier genannt haben, im Gespräch mit der Palästinensischen Autonomiebehörde berücksichtigt. Aber die Resolution – das wissen Sie – ist über die sudanesische Regierung für die Palästinenser eingebracht worden, und die Resolution steht im Raum. Ich sehe jedenfalls im Moment den Spielraum, den Sie genannt haben, nicht. Vizepräsident Eduard Oswald: Eine Nachfrage hat als Nächster Kollege Paul Schäfer. Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Danke, Herr Präsident. – Frau Staatsministerin, Sie haben am Anfang vorgetragen, dass die Bundesregierung eine Reihe von Kriterien heranziehen will, um letztlich ihr Votum festzulegen. Es handelt sich dabei um eine Reihe von Opportunitätserwägungen, die man machen kann. Mir ist jetzt aber noch nicht klar geworden: Sagen Sie denn grundsätzlich, dass das Anliegen der Palästinensischen Autonomiebehörde, ihren Status bei den Vereinten Nationen aufwerten zu lassen, vollkommen in Ordnung und legitim ist? Das sagt ja noch nichts darüber aus, wie Sie abstimmen. Aber können Sie sich wenigstens dazu erklären, dass Sie sagen: „Es ist vollkommen richtig, dass es jetzt eine Stärkung des palästinensischen Status bei den Vereinten Nationen geben muss“? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Sie wissen, dass die Bundesregierung das Ziel verfolgt, die Palästinenser beim Staatsaufbau und auch in ihrem Recht auf einen eigenen Staat im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung zu unterstützen. Ich will aber auch noch einmal darauf hinweisen, dass es für uns wichtig ist, dass dieses Ziel der Zwei-Staaten-Lösung im Verhandlungsprozess mit Israel erreicht wird. Wir sehen schon die Gefahr, dass dieser Verhandlungsprozess durch diese Resolution blockiert wird. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. Wir kommen jetzt zur Frage 3, ebenfalls von unserem Kollegen Wolfgang Gehrcke: Welche Abstimmungen hat es zu dieser Frage unter den Botschaftern der Länder der Europäischen Union gegeben, und welche Position hat die Bundesregierung bei diesen Abstimmungen vertreten? Bitte schön, Frau Staatsministerin. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union stimmen sich in wichtigen nahostpolitischen Fragen natürlich miteinander ab. Zu dem von den Palästinensern vorgelegten Resolutionsentwurf gibt es Abstimmungen auf verschiedenen Ebenen. So hat der Rat der Europäischen Union für Außenbeziehungen am 19. November dieses Jahres über die Resolu-tionsinitiative von Präsident Mahmud Abbas beraten. Auch die Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten bei den Vereinten Nationen in New York beraten über diese Initiative. Die Bundesregierung macht allerdings Position und Verlauf solch interner Beratung grundsätzlich nicht öffentlich. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Wolfgang Gehrcke. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Eine solche Aufführung wie Ihre, Frau Staatsministerin, nach dem Motto „Die Abgeordneten brauchen das, was wichtig ist, nicht zu erfahren“, werden wir nicht -mitmachen. Morgen werden Sie einen Antrag meiner Fraktion erhalten, in dem wir fordern, dass der Bundestag darüber abstimmt, mit welcher Weisung der deutsche Botschafter in New York bei der UNO zu agieren hat. Jetzt zu meiner Frage: Gibt es noch ein Interesse, die Regierung von Präsident Abbas und Ministerpräsident Fajjad zu stärken, der schon nach den Gaza-Auseinandersetzungen derartig gedemütigt erscheint und immer schwächer wird? Wenn Abbas jetzt noch von der UNO unter der Verantwortung Deutschlands ohne Ergebnis nach Hause geschickt wird, glauben Sie, dass es dann noch eine Chance für eine Zweistaatenlösung gibt? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Wir sind weiterhin optimistisch, dass es diese Chance gibt. Ich sage aber noch einmal, Herr Abgeordneter, dass die Zweistaatenlösung nur im Laufe von Verhandlungen und politischen Gesprächen erreicht werden kann. Die Bundesregierung ist bemüht, ein Auseinanderfallen der EU nicht nur bei diesen wichtigen Fragen zu vermeiden. Ich will noch ergänzen, dass wir in diesem konkreten Fall einen Three-Way-Split nicht ausschließen können. Einige Mitgliedstaaten – wie Sie wissen, hat sich Frankreich schon öffentlich dazu erklärt – neigen zu einem Ja, während die Mehrheit der Mitgliedstaaten sich eine gemeinsame EU-Enthaltung wünscht. Eine offizielle Festlegung der deutschen Haltung hat es aber bisher noch nicht gegeben. Deswegen kann ich Ihre Frage nicht beantworten. Es ist, glaube ich, auch gut, wenn man die Zeit bis morgen nutzt, um noch zu -einer europaeinheitlichen Haltung zu kommen, die auf Enthaltung setzt. Deswegen sind die Beratungen dazu noch nicht beendet. Das ist, denke ich, auch der richtige Weg. Vizepräsident Eduard Oswald: Der Kollege Wolfgang Gehrcke hat eine zweite Nachfrage. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Ich weiß nicht, ob es gestattet ist, eine Staatsministerin zu korrigieren. Vizepräsident Eduard Oswald: Indem Sie eine Frage stellen. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Genau. Ich kleide es in eine Frage. – Frankreich hat beschlossen, mit Ja zu stimmen, wie es der französische Außenminister gestern um 16.52 Uhr der Presse mitgeteilt hat. Das dürfte auch der Bundesregierung nicht -entgangen sein. Gleichzeitig hat Luxemburg öffentlich mitgeteilt, mit Ja zu stimmen, und auch Österreich hat mitgeteilt, mit Ja zu stimmen. Das ist die europäische Realität. Sollte die Bundesregierung nicht einen Schritt machen, sich positiv in diese europäische Realität einzufügen, statt sich außerhalb dieser Realität zu stellen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, ich habe bei Ihrer vorhergehenden Frage bereits erwähnt, dass Frankreich sich entschlossen hat, mit Ja zu stimmen. Ich habe Ihnen gerade geantwortet, dass es natürlich auch eine Lösung in -Richtung Three-Way-Split geben kann. Es neigen in der Tat auch einige andere Mitgliedstaaten zum Ja, während die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten für eine Enthaltung plädiert. Es ist nur legitim und im Interesse der zukünftigen Verhandlungen zwischen Palästina und Israel, die hoffentlich bald wieder in Gang kommen, dass man auf eine Enthaltung drängt und dadurch auch den Friedensprozess im Nahen Osten voranbringt. Vizepräsident Eduard Oswald: Eine weitere Nachfrage hat unser Kollege Rolf Mützenich. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Danke, Herr Präsident. – Frau Staatsministerin, einzelne Regierungen oder auch Parlamente haben im Fall einer Abstimmung in der Vollversammlung der Vereinten Nationen angekündigt, dass die finanzielle Unterstützung der Palästinensischen Autonomieregierung eingestellt oder auch weitere Sanktionen dort erwogen werden. Welche Haltung nimmt die Bundesregierung in dieser Situation ein? Ist sie zum Beispiel bereit, mit den Partnern über dieses Aussetzen zu sprechen, bzw. welche Reaktion behält sich die Bundesregierung in diesem Falle vor? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Sie wissen, Herr Abgeordneter, dass man – ich erinnere an das Verhalten der USA, die sich im vergangenen Jahr aus der Finanzierung der UNESCO zurückgezogen haben, nachdem Palästina in die UNESCO aufgenommen worden ist; der Anteil des Beitrags der USA betrug ungefähr 22 Prozent – auch befürchten muss, dass die Entscheidung negative Auswirkungen auf die Unterstützung haben wird. Die USA werden vielleicht Sanktionen verhängen, die zwar nicht alle Mitglieder der Vereinten Nationen, aber bestimmte Projekte in Palästina treffen werden. Deshalb drängen wir weiterhin darauf, eine Enthaltung der EU-Mitgliedstaaten zu erreichen. Wir sehen, dass die Lage durch die Annahme der Resolution für die Friedensverhandlungen nicht vereinfacht, sondern eher erschwert wird. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Die Frage 4 des Abgeordneten Tom Koenigs wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 5, gestellt von unserem Kollegen Jan van Aken: Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den -ablehnenden Aussagen aus russischen Regierungskreisen (Spiegel Online vom 22. November 2012) zur Stationierung von Patriot-Einheiten in der Türkei, und welche Rolle spielen diese Äußerungen bei den Erwägungen der Bundesregierung, diese Systeme in die Türkei zu verlegen? Bitte schön, zur Beantwortung, Frau Staatsministerin. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Sehr gerne, Herr Präsident. – Ich beantworte die Frage des Abgeordneten van Aken wie folgt: Die Bundesregierung hat die Äußerung des stellvertretenden -Außenministers der Russischen Föderation Sergej -Rjabkow zur Kenntnis genommen. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat am 23. November 2012 mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow telefoniert und diesen über den Stand der Beratungen im Bündnis unterrichtet. Die Bundesregierung wird ihre -eigenen Entscheidungen wie auch die Entscheidungen der NATO der russischen Seite zeitnah und transparent erläutern. Ich darf hinzufügen, Herr Abgeordneter, dass es auch auf Arbeitsebene in unserem Haus mit der russischen Seite dazu Gespräche gibt und in den bilateralen Gesprächen Zweifel bereits ausgeräumt werden konnten. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Jan van Aken. Jan van Aken (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Pieper. – Es ist nicht nur Russland, das Bedenken geäußert hat, sondern auch verschiedene andere Länder haben das getan. Eines davon ist der Iran. Jetzt kann man sagen: Es ist uns doch egal, was der Iran sagt. – Nun haben wir aber die Situation, dass immer noch die ganz massive Drohung Israels im Raum steht, die iranischen Atomanlagen zu bombardieren. Dann -hätten wir relativ schnell einen militärischen Konflikt zwischen Iran und Israel – und mittendrin im Nahostkonflikt dann deutsche Soldaten. Haben Sie sich schon entschieden, ob Sie in dem Falle, dass es eine militärische Eskalation zwischen Israel und Iran gibt, sofort die Bundeswehrsoldaten aus der Türkei wieder abziehen? Oder werden Sie sie im Nahostkonflikt belassen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, ich will noch einmal klarstellen, dass es sich bei der Stationierung des Luftverteidigungssystems Patriot um ein defensives Waffensystem zur Abwehr von Flugkörpern und Flugzeugen auf türkischem Gebiet handelt. Wie die offizielle türkische Anfrage an den NATO-Generalsekretär vom 21. November dieses Jahres klarstellt, wäre der Einsatzzweck des angefragten Luftverteidigungssystems Patriot rein defensiver Natur. Ich habe den Brief dabei. Das heißt mit anderen Worten: Sie können nicht davon ausgehen, dass die Gefahr besteht, dass die Türkei damit eine Flugverbotszone in Syrien einrichten will oder dass es zu anderen Zwecken als der Verteidigung eingesetzt wird. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre zweite Nachfrage, Herr van Aken. Jan van Aken (DIE LINKE): Frau Pieper, erstens, ich kenne diesen Brief der -Türkei. Zweitens haben Sie eine Antwort auf eine Frage gegeben, die ich gar nicht gestellt habe. Vielleicht kommt ja noch eine Frage zur Flugverbotszone. Das war aber nicht meine Frage. Meine Frage war, ob Sie dann, wenn es zu einem Nahostkrieg zum Beispiel zwischen Israel und Iran kommt, die Bundeswehrsoldaten dort belassen würden. Diese Frage haben Sie nicht beantwortet. Ich habe jetzt eine andere Frage, weil Sie zum zweiten Mal Herrn Rasmussen, den NATO-Generalsekretär, erwähnen. Er hat gestern der Presse gegenüber gesagt – ich zitiere das Original –: The alliance would not avoid using further measures for Turkey’s defense. Auf Deutsch: Die NATO wird keine Sekunde zögern, auch noch andere Mittel für die Verteidigung der Türkei zu ergreifen. – Das macht mich doch hellhörig. Es fängt jetzt an mit den -Patriot-Raketen, die, wie Sie sagen, rein defensiv sind – auch darüber können wir uns unterhalten –, aber welche anderen Maßnahmen, die Herr Rasmussen hier angekündigt hat, wäre denn die Bundesregierung bereit auch noch mitzutragen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Die Kriterien für die Stationierung der Patriot--Raketen sind klar; das habe ich eindeutig gesagt. Die rechtliche Grundlage ist Art. 51 der UN-Charta, in dem es um das Selbstverteidigungsrecht im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen geht. Sie gehen von anderen Kriterien aus, Herr Abgeordneter. (Jan van Aken [DIE LINKE]: Ich gehe von Herrn Rasmussen aus!) Diese Kriterien treffen nicht zu, jedenfalls nicht für die Stationierung der Patriot-Raketen. Deswegen würde ich jetzt nicht mit Äußerungen spekulieren, die so nicht verhandelt sind und die wir von türkischer Seite so auch nicht entgegengenommen haben. Sie selbst haben den Brief von türkischer Seite zitiert, wo ganz klar erläutert worden ist, dass es hier um eine defensive Maßnahme geht. Vizepräsident Eduard Oswald: Mir liegen weitere Nachfragewünsche vor. Zunächst Kollege Wolfgang Gehrcke. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Entschuldigen Sie, Frau Staatsministerin: Ihr Außenminister hat im Auswärtigen Ausschuss als Rechtsgrundlage nicht Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen genannt, sondern Art. 3 des NATO-Vertrages. Ich frage jetzt noch einmal: Auf welche Rechtsgrundlage -beruft sich die Regierung bei ihrer Entscheidung? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Auf beide Rechtsgrundlagen beruft sich die Bundesregierung, Herr Abgeordneter. Ich habe mich jetzt ins-besondere auf Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen bezogen. Aber natürlich trifft auch Art. 3 des NATO-Vertrages zu. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Aber noch mehr Verträge gibt es nicht?) Vizepräsident Eduard Oswald: Die nächste Nachfrage ist von unserem Kollegen Hans-Christian Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatsministerin, kann die Bundesregierung ausschließen, dass die Türkei – um eine Sicherheitszone in Syrien oder an der Grenze zu Syrien zu errichten, um -gegen die dort sich bewaffnenden und inzwischen autonomen Kurden vorzugehen – kriegerische Maßnahmen ergreift, auch auf syrischem Gebiet, und dass dann, wenn die syrische Luftwaffe eingreift und gegen türkische Truppen vorgeht, dort stationierte deutsche Patriot-Raketen zum Einsatz kommen? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Sie fragten, Herr Abgeordneter Ströbele, ob die -Bundesregierung das ausschließen kann. Darauf antworte ich mit Ja. Ich könnte es dabei belassen. Ich will trotzdem ergänzen, dass in der offiziellen -türkischen Anfrage an den NATO-Generalsekretär -klargestellt wurde, dass die angefragten Luftverteidigungssysteme ausdrücklich nicht zur Einrichtung oder Unterstützung einer Flugverbotszone oder einer Offensiv-operation eingesetzt werden. Da Herr van Aken mit einem englischen Satz geglänzt hat, darf ich aus dem entsprechenden Brief einmal zitieren: … it will in no way support a no-fly zone or any offensive operation. Daher ist für uns klar: Es handelt sich um eine defensive Maßnahme. Vizepräsident Eduard Oswald: Das waren jetzt die Nachfragen zur Frage des Kollegen Jan van Aken. Die Fragen 6 und 7 des Kollegen Omid Nouripour werden schriftlich beantwortet. Jetzt kommen wir zur Frage 8, gestellt von unserem Kollegen Niema Movassat: Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Unterstützung der Rebellengruppe M 23 und anderer Rebellengruppen im Ostkongo durch Staaten wie Ruanda, Uganda und Burundi, und teilt sie die Einschätzungen aus dem UN-Abschlussbericht, dass Ruanda und Uganda die Rebellengruppen unterstützen? Ich darf Sie bitten, zu antworten, Frau Staatsministerin. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Sehr gern, Herr Präsident. – Herr Abgeordneter, der Bundesregierung sind die Berichte der unabhängigen Expertengruppe des Sanktionsausschusses des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen für die Demokratische Republik Kongo bekannt. Darin werden die ruandische Regierung und ugandische Sicherheitskreise beschuldigt, die kongolesische Rebellengruppe M 23 in den vergangenen Monaten unterstützt zu haben. Die Beweisführung zu den einzelnen Punkten ist sehr unterschiedlich. Die Republiken Uganda und Ruanda weisen die Anschuldigungen vehement zurück. Die Bundesregierung verfügt nicht über ausreichend belastbare Erkenntnisse, um die Vorwürfe im Einzelnen prüfen zu können. Sie wissen wahrscheinlich, Herr Abgeordneter, dass mit der Resolution 2076 vom 20. November 2012 der VN-Sicherheitsrat den Generalsekretär auffordert, in Abstimmung mit der Afrikanischen Union und der Internationalen Konferenz der Großen Seen über die Anschuldigungen externer Unterstützung für M 23 zu berichten. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Movassat. Niema Movassat (DIE LINKE): Danke, Herr Präsident. – Frau Staatsministerin, Sie haben im Prinzip den UN-Abschlussbericht bezüglich der Unterstützung Ruandas und Ugandas für die -Rebellen bestätigt. Die Beweisführung bei Ruanda ist ja eindeutig. Was mich interessieren würde, ist: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Vorwurf, dass diese Länder Rebellengruppen im Ostkongo unterstützen, und aus der Tatsache, dass diese Rebellengruppen massivste Menschenrechtsverletzungen begehen, insbesondere aus Rohstoffinteressen, aus Interesse an Diamanten, Gold und Coltan, das im Ostkongo ja -massenweise vorhanden ist und womit wirtschaftliche Interessen vieler Rebellengruppen verknüpft sind? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Der Bundesregierung liegen natürlich zahlreiche externe Berichte auch über zum Teil schwere Menschenrechtsverletzungen durch die Rebellengruppe M 23 vor. Die Rebellengruppe M 23 wird unter anderem der außergerichtlichen Tötung, der Rekrutierung und des Einsatzes von Kindersoldaten sowie der Bedrohung von politischen Gegnern beschuldigt. Es werden auch Plünderungen und Vergewaltigungen genannt, wobei diesbezüglich die große Mehrheit der Berichte eher auf eine Verantwortung der Regierungsstreitkräfte hinweist. Schwere Menschenrechtsverletzungen werden weiterhin auch von anderen im Ostkongo aktiven Milizen, wie den Demokratischen Kräften zur Befreiung Ruandas und verschiedenen Mai-Mai-Gruppen, begangen. Die Bundesregierung, Herr Abgeordneter, setzt sich bilateral sehr intensiv, auch in der Europäischen Union und in den Vereinten Nationen, dafür ein, dass Menschenrechtsverletzungen unterbunden und die Verantwortlichen natürlich auch zur Verantwortung gezogen werden. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie haben noch eine zweite Nachfrage. Niema Movassat (DIE LINKE): Danke, Herr Präsident. – Frau Staatsministerin, in der Europäischen Union gibt es eine Diskussion darüber, die UN-Mission, die derzeit aus 17 000 Soldaten besteht, auf 19 000 auszuweiten, sie mit einem robusteren Mandat auszustatten, ein Mandat für die Entwaffnung von Milizen zu geben sowie Drohnen zur Aufklärung einzusetzen. Gibt es Überlegungen innerhalb der Bundes-regierung, sich in irgendeiner Form daran zu beteiligen, und wie steht die Bundesregierung zu dieser Diskussion auf der europäischen Ebene? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, für die Bundesregierung hat Priorität, das durch Gewalt, Not, Flucht und Vertreibung sowie, wie ich schon sagte, massive Menschenrechtsverletzungen bedingte Leid der Zivilbevölkerung im Ostkongo zu beenden. Dafür muss in einem ersten Schritt der gegenwärtige Konflikt beendet werden. In der Folge muss ein Prozess eingeleitet werden, in dem auch die tiefer liegenden Ursachen dieses historisch gewachsenen komplexen Konfliktes, für den viele Parteien Verantwortung tragen, bearbeitet werden. Um erfolgreich zu sein, bedarf es meines Erachtens des Engagements aller Schlüsselspieler in der Region. Wir diskutieren darüber hinaus nicht in der EU über weitere Maßnahmen in dem Bereich, den Sie nannten. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Weitere Nachfragen zu dieser Frage liegen nicht vor. Damit kommen wir zur Frage 9, die ebenfalls vom Kollegen Niema Movassat gestellt wurde: Welche aktuellen Informationen liegen der Bundesregierung zu neuen Flüchtlingswellen innerhalb Nord- und Süd-kivus sowie in die Nachbarländer vor, und welche unmittelbaren Konsequenzen ergeben sich aus der Kontrolle Gomas durch die M 23 für die deutsche und europäische humanitäre Hilfe? Ich darf Sie bitten, Frau Staatsministerin. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Präsident! Herr Abgeordneter, die bisherigen Kämpfe sowie die verübten Menschenrechtsverletzungen führen derzeit zu weiteren neuen Flüchtlingswellen im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Seit Ausbruch der gegenwärtigen Kämpfe am 15. November sind laut Quellen der Vereinten Nationen aktuell in und um Goma circa 140 000 Menschen auf der Flucht. Davon hält sich die Mehrheit von circa 125 000 Personen in den Lagern für Binnenvertriebene Mugunga I und III sowie Lac Vert auf. Weitere 7 000 Menschen sind in drei Schulen untergebracht. Das Don-Bosco-Camp beherbergt darüber hinaus circa 12 500 Personen. Neben den Binnenvertriebenen in Goma gibt es einen kleineren Rückkehrerstrom Richtung Goma aus der nun auch umkämpften Region Sake. Ebenso gibt es eine kleinere Flüchtlingsbewegung Richtung Süden. Genauere Informationen hierzu liegen zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht vor. Die Gesamtzahl der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen in der Demokratischen Republik Kongo dürfte derzeit bei etwa 2,4 Millionen Menschen liegen. Die Sicherheitslage in Goma ist derzeit relativ stabil. Berichte über schwere Menschenrechtsverletzungen der M 23, wie ich sie schon nannte, im besetzten Goma konnten aus Quellen vor Ort allerdings nicht bestätigt werden. Die Menschen kehren zum Teil zurück. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser und Elektrizität ist sehr schlecht. Erste Hilfstransporte sind über die ruandische Grenze nach Goma gekommen. Der Friedensplan von Kampala sieht vor, dass die M 23 Goma rasch wieder räumt und zur Ausgangsstellung vor der jüngsten Offensive – 20 Kilometer nördlich der Stadt – zurückkehrt. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Movassat. Niema Movassat (DIE LINKE): Danke. – Frau Staatsministerin, Sie hatten vorhin schon die Rolle der kongolesischen Armee kurz angesprochen, die auch für die gesamte humanitäre Frage von großer Bedeutung ist. Beim Abzug der kongolesischen Armee aus Goma wurde nach Berichten die Stromversorgung durch die kongolesische Armee zerstört, was sozusagen die Strom- und Wasserversorgung in ganz Goma lahmgelegt hat. Das kann man auch als Kriegsverbrechen bezeichnen. Nun ist die kongolesische Armee auch Partner der UN-Mission vor Ort; die UN-Truppen kämpfen an der Seite der kongolesischen Armee. Welche Probleme sehen Sie in diesem Zusammenhang, und wie schätzen Sie die kongolesische Armee ein? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Die Bundesregierung setzt sich natürlich dafür ein, dass der humanitäre Zugang schnellstmöglich wieder hergestellt wird. Dass wir dazu mit den vor Ort tätigen Partnerorganisationen in Verbindung stehen, ist ganz klar. Sie haben richtig gesagt, dass die Menschen dort abgeschnitten sind von Wasser und Strom; vom Zugang zu Grundnahrungsmitteln ganz zu schweigen. Für den Transport von Hilfsgütern und humanitären Mitteln brauchen wir natürlich dringend wieder den Zugang. Der Flughafen Goma ist derzeit noch nicht wieder in Betrieb. Auch das ist eine Schlüsselfrage in dem Zusammenhang. Darüber hinaus erschweren Proteste und Übergriffe gegen die VN und gegen internationale Organisationen die Leistung humanitärer Hilfe. Wir haben natürlich Erwartungen an alle Partner dort in der Region. Der Bundesaußenminister hat jüngst die Außenminister zum Gespräch geladen. Insbesondere über die Lage im Ostkongo hat er mit der ruandischen Außenministerin gesprochen. Ich glaube, dass wir alle Partner beteiligen müssen, auch die kongolesische Seite, um schnellstens das zu erreichen, was für uns ein primäres Ziel ist, nämlich wieder humanitäre Maßnahmen gewährleisten und sichern zu können. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie haben die Möglichkeit einer weiteren Nachfrage. Niema Movassat (DIE LINKE): Danke. – Frau Staatsministerin, Sie hatten in einer der Antworten die Frage der Ursache des Konflikts angesprochen und gesagt, dass man da sozusagen ranmuss. Eine große Ursache dieses Konflikts sind die Rohstoffvorkommen im Ostkongo, die natürlich Begehrlichkeiten in der Region wecken, zumal der kongolesische Staat im Ostkongo praktisch nicht existent ist. Die Bundesregierung setzt in der Rohstofffrage vor allem auf Zertifizierungslösungen, sagt also: Man muss die Rohstoffe zertifizieren und nachweisen, woher sie kommen; das sei ein Mechanismus, um zu verhindern, dass Raubdiamanten etc. aus dem Land kommen. Die Realität zeigt allerdings, dass immer noch Rohstoffe aus dem Kongo geraubt werden, dass sie auch auf unsere Märkte kommen, dass die Zertifizierungssysteme also nicht funktionieren. Ruanda zum Beispiel verkauft Rohstoffe, die es gar nicht hat, kann aber irgendeine Art von Zertifizierung nachweisen, die jedoch nicht sehr glaubwürdig ist. Insofern meine Frage: Erwägt die Bundesregierung verschärfte Importkontrollen und Beschränkungen für Rohstoffe aus der Region auf nationaler wie europäischer Ebene? Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung denkt über alle notwendigen Maßnahmen nach, damit der Friedensprozess in der Region eine Chance bekommt. Da spielt Ihr Vorschlag sicher auch eine Rolle. Aber ich will ganz deutlich sagen, dass es darauf ankommen wird, dass auch die Regierungen vor Ort zur Befriedung der Situation und zum Friedensprozess beitragen. Das ist aus meiner Sicht ganz wichtig. Deswegen gab es auch konstruktive Gespräche der Präsidenten Kagame, Museveni und Kabila am 21. November. Ich glaube, wir alle sollten uns darum bemühen, dass der Friedensprozess dort vorankommt, aber vor allen Dingen auch dafür sorgen, dass die humanitären Maßnahmen in der Region geleistet werden können. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Nun haben wir den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes abgeschlossen. Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Ich komme zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Ole Schröder zur Verfügung. Ich rufe die Frage 10 auf, gestellt von unserem Kollegen Memet Kilic: Wie hat die Bundesregierung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Assoziationsrecht EU-Türkei umgesetzt, bzw. wie wird sie die Entscheidung umsetzen, nach der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes zum Nachweis eines Daueraufenthaltsrechts nach Art. 7 Satz 1 zweiter Spiegelstrich des Assoziierungsabkommens der EU mit der Türkei eine Gültigkeitsdauer von mindestens fünf Jahren aufweisen und das Bestehen des zugrunde liegenden assoziationsrechtlichen Daueraufenthaltsrechts einschließlich seiner Rechtsgrundlage textlich eindeutig erkennen lassen muss (vergleiche BVerwG, Urteil vom 22. Mai 2012, Az. 1 C 6.11)? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Bundes-regierung hat mit den Ländern abgestimmt, dass zur Umsetzung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts der Begriff „Daueraufenthaltsrecht“ nach Art. 7 als Zusatz zur Art des Titels im Anmerkungsfeld des elektronischen Aufenthaltstitels oder auf einem Zusatzblatt aufgenommen wird. Die Umsetzung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Übrigen Sache der örtlich zuständigen Ausländerbehörden. Dabei haben die zuständigen Landesbehörden die ausländerbehördliche Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung anzuleiten und zu beaufsichtigen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Kollege Kilic. Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Bald werden wir das 50-jährige Bestehen des Assoziationsabkommens zwischen der Türkei und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft begehen. Dieses Assoziationsabkommen sieht sogar eine Freizügigkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach 22 Jahren vor. In den 50 Jahren hat der Gerichtshof der Europäischen Union mehr als 50 Urteile – die meisten zugunsten türkischer Staatsangehöriger – gesprochen. Aber die Bundesregierung weigert sich, diese Rechtsprechung ins materielle Recht der Bundesrepublik Deutschland einzubinden und damit diese Rechte für alle Ausländerbehörden und Verwaltungsbehörden sichtbar zu machen. Ist es nicht die Aufgabe der Bundesregierung, das Bundesrecht so zu gestalten, dass es auch höchstrichterlichen Urteilen und völkerrechtlichen Verpflichtungen entspricht? Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Selbstverständlich – und das machen wir auch. Natürlich ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für uns bindend. Wir tun alles dafür, dass die nachgeordneten Behörden sie auch umsetzen. Die Länder tun das in ihrem Verantwortungsbereich. Vizepräsident Eduard Oswald: Da wollen Sie sicher noch nachfragen. Bitte schön, Herr Kollege. Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Dr. Schröder, Assoziationsrecht ist kein einseitiges Geschäft, sondern es gibt zwei Seiten. Sicherlich hat auch die Türkei bestimmte Hausaufgaben zu machen. Ich nenne ein Beispiel: In der Türkei existiert nicht einmal eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis für deutsche Staatsangehörige, die dort auf Dauer leben. Die deutschen Ehegatten wissen gar nicht, ob ihre Aufenthaltserlaubnis verlängert wird, falls der türkische Ehegatte ablebt. Im Arbeitsrecht der deutschen Staatsangehörigen in der Türkei ist es mehr oder minder ein Goodwill. Es ist nicht sicher geregelt. Ich habe nie gehört, dass, wenn Vertreterinnen und Vertreter der Türkei nach Deutschland kommen, Ihre Regierung diese mangelnden Rechte der deutschen Staatsangehörigen thematisiert. Sie ducken sich weg. Woran liegt das? Fehlt es an Sachkenntnis oder an Mut? Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Weder noch. Wir ducken uns nicht weg, sondern sind natürlich in partnerschaftlichen Gesprächen mit der Türkei. (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Partnerschaft einseitig!) Vizepräsident Eduard Oswald: Weitere Nachfragen dazu sehe ich nicht. Die Frage 11 des Kollegen Andrej Hunko und die Frage 12 der Kollegin Maria Klein-Schmeink werden schriftlich beantwortet. Das waren die Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Vielen Dank, Herr Dr. Ole Schröder als Parlamentarischer Staatssekretär. Jetzt kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Hier steht zur Beantwortung der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Max Stadler zur Verfügung. Die Frage 13 des Kollegen Tom Koenigs und die Fragen 14 und 15 der Kollegin Dr. Eva Högl werden schriftlich beantwortet. Wir kommen nun zur Frage 16, gestellt von unserem Kollegen Burkhard Lischka: Begleitet die Bundesregierung den Prozess der Prüfung der Angemessenheit der GEMA-Tarifreform, mit der das Bundesministerium der Justiz die Staatsaufsicht beim Deutschen Patent- und Markenamt beauftragt hat, und, wenn ja, in welcher Weise geschieht das? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Herr Präsident! Herr Kollege Lischka, ich darf die Frage 16 wie folgt beantworten: Die Bundesregierung ist über das Bundesministerium der Justiz, dem die Aufsicht über die Staatsaufsicht beim Deutschen Patent- und Markenamt obliegt, in die aufsichtsrechtlichen Prüfungen der Angemessenheit der neuen Tarife der GEMA einbezogen. Die Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften prüft intern und berichtet dem Bundesministerium der Justiz fortlaufend über den aktuellen Stand der aufsichtsrechtlichen Prüfungen. Herr Präsident, die Frage 17 betrifft den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen. Vielleicht bietet es sich an, sie ebenfalls jetzt zu beantworten und dann die Nachfragen en bloc zu stellen. Vizepräsident Eduard Oswald: Wie ich sehe, ist der Kollege Lischka damit einverstanden. Dann machen wir das so. Ich rufe also noch die Frage 17 des Abgeordneten Burkhard Lischka auf: Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Verhandlungen, und was unternimmt die Bundesregierung, damit es zu einvernehmlichen Regelungen zwischen der GEMA und ihren Gesamtvertragspartnern kommt? Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Der Bereich der gesamtvertraglichen Einräumung von Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschützten Werken unterliegt bekanntlich der Privatautonomie der Verhandlungspartner. Deshalb sollte vorrangig eine Einigung zwischen den Verhandlungspartnern angestrebt werden. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat sich die GEMA mit dem Bund Deutscher Karneval e. V., den Schützenbünden, dem Verband Deutscher Musikschaffender, den Deutschen Diskotheken Unternehmern sowie der Deutschen Disc-Jockey Organisation gesamtvertraglich auf Grundlage der neuen Veranstaltungstarife geeinigt. Dies begrüßen wir selbstverständlich. Nach Kenntnis der Bundesregierung verhandelt die GEMA daneben mit weiteren großen Nutzervereinigungen, etwa mit dem Deutschen Olympischen Sportbund, dem Deutschen Tanzsportverband, der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände sowie der Bundesvereinigung der Musikveranstalter. Vizepräsident Eduard Oswald: Herr Kollege Lischka, Sie haben nun insgesamt vier Nachfragen. Bitte schön. Burkhard Lischka (SPD): Herr Präsident, vielen Dank. Ich möchte nur von zwei Nachfragen Gebrauch machen. – Herr Staatssekretär, vor einigen Wochen, am 26. Oktober, fand im Deutschen Patent- und Markenamt eine Anhörung zur geplanten Tarifstrukturreform statt, gemeinsam mit den unterschiedlichen Verbänden, die dort involviert sind. Liegen Ihnen Ergebnisse dieser Anhörung vor, und, wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung diese Ergebnisse? Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: In der Tat hat das Bundesministerium der Justiz im Rahmen seiner aufsichtsrechtlichen Möglichkeiten darauf hingewirkt, dass es zu einem solchen Gespräch im Deutschen Patent- und Markenamt gekommen ist. Dieses Gespräch hat am 26. Oktober stattgefunden, und zwar mit zahlreichen Beteiligungen. Nach dem, was ich über den Verlauf erfahren habe, war diese Zusammenkunft sehr nützlich, weil dort eine Vielzahl von Fragen, die in der öffentlichen Diskussion aufgeworfen wurden, erörtert werden konnte. Es stellte sich heraus, dass man bei einigen Themen noch zusätzliche Erkenntnisse zum Sachverhalt braucht, sodass den Beteiligten Gelegenheit gegeben worden ist, diese nachzuliefern. Im Moment läuft die Auswertung dieser Anhörung. Die Ergebnisse werden dann in die weitere Meinungsbildung einfließen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre weitere Nachfrage, Kollege Burkhard Lischka. Burkhard Lischka (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe noch eine abschließende Nachfrage. Herr Stadler, angenommen, dass es in dem weiteren Verfahrensablauf nicht zu einem Abschluss der Verhandlungen und auch nicht zu einer Einigung bzw. zu einem allgemein akzeptierten Einigungsspruch kommt: Kann sich die Bundesregierung vorstellen, in diesem Zusammenhang eine Vermittlerrolle zu übernehmen? Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Die Bundesregierung hat insoweit schon vermittelnd eingewirkt, als sie – wie ich geschildert habe – daran beteiligt war, dieses umfassende Gespräch zu initiieren, und sich auch Fragestellungen erbeten hat, die in diesem Zusammenhang erörtert wurden. Nunmehr liegt die weitere Diskussion bei den Beteiligten: der GEMA auf der einen Seite und den Verbänden auf der anderen Seite. Ich finde es sehr erfreulich, dass insbesondere mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter – nach meiner Kenntnis am morgigen Tag – ein Gespräch stattfinden wird. Hier lagen in den letzten Monaten die Vorstellungen über die neuen Tarife wohl recht weit auseinander, sodass es günstig ist, wenn der Gesprächsfaden jetzt wieder aufgenommen wird. Man muss zudem noch erwähnen, dass es einige Schiedsverfahren gibt. Das ist nämlich der rechtsförmliche Weg, wie man zu einem Vermittlungsergebnis kommt. In einem dieser Schiedsverfahren hat es bereits eine mündliche Verhandlung gegeben, und zwar am 21. November. Eine weitere mündliche Verhandlung ist für den 19. Dezember vorgesehen. Sie sehen also, dass die Bemühungen um eine konsensuale Lösung in vollem Gange sind. Vizepräsident Eduard Oswald: Der Kollege Paul Lehrieder hat eine Nachfrage. Bitte schön, Kollege Paul Lehrieder. Paul Lehrieder (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, ich habe eine Frage hinsichtlich des von Ihnen angesprochenen Schiedsverfahrens: Gibt es Bestrebungen des Bundesjustizministeriums, auf die GEMA insofern Einfluss zu nehmen, als man bis zum Abschluss des Schiedsverfahrens von der beabsichtigten Inkraftsetzung der neuen Tarife, die nach jetzigem Stand zum 1. April erfolgen soll, absehen möge? Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Herr Kollege Lehrieder, wie Sie wissen, gibt es keine Möglichkeit der rechtlichen Einflussnahme auf die GEMA. Sie ist ein Verein, der die Interessen seiner Mitglieder, beispielsweise der Komponisten, der Textdichter, der Kreativen, treuhänderisch wahrzunehmen hat. Wohl aber beobachten wir, dass die GEMA die neuen Tarife entgegen ursprünglichen Vorstellungen nicht zum 1. Januar 2013, sondern zum 1. April 2013 in Kraft setzen möchte. Bis dahin ist also noch viel Zeit, sich zu einigen. Ich habe bereits erwähnt, dass am 19. Dezember eine mündliche Verhandlung stattfindet. Wir sollten jetzt diesen Prozess der Einigung zwischen den Vertragspartnern abwarten und dann weitere Diskussionen darüber führen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Wir kommen zur Frage 18 unserer Kollegin Sonja Steffen: Welche Änderungen beabsichtigt die Bundesregierung in Bezug auf die strafrechtlichen Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch noch in dieser Legislaturperiode in den Deutschen Bundestag einzubringen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Die Frage einer Änderung der Fristen der strafrechtlichen Verjährung bei sexuellem Missbrauch wird derzeit im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs erörtert. Die Entscheidung darüber, welches Ergebnis am Ende erzielt wird, liegt somit beim Deutschen Bundestag. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin. Sonja Steffen (SPD): Teilt das BMJ die Erkenntnis, dass bei vielen Sexualstraftaten, die während der Minderjährigkeit der Opfer begangen wurden, ein sogenanntes Coming-out erst sehr spät erfolgt, also die Opfer oftmals sehr spät erst in der Lage sind, über die Tat, die an ihnen begangen wurde, zu reden? Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Frau Kollegin Steffen, diese Erkenntnis ist zweifellos richtig. Sie ist auch beim Runden Tisch, den die Bundesregierung initiiert hat, erörtert worden. Das Bundesministerium der Justiz orientiert sich bei seinem weiteren Vorgehen sehr stark an den Ergebnissen des Runden Tisches. Das hat dazu geführt, dass wir mit dem von mir gerade schon erwähnten Gesetzentwurf dafür eintreten, die Frist der zivilrechtlichen Verjährung in solchen Fällen deutlich, nämlich auf 30 Jahre auszudehnen – bisher waren es drei Jahre – und es entgegen ursprünglichen Überlegungen dabei zu belassen, dass die Verjährungsfrist erst mit dem 21. Lebensjahr beginnt, sodass den Opfern viel Zeit bleibt, ihre Ansprüche geltend zu machen. Zwischen den Fraktionen gibt es Gespräche, ob man bei der strafrechtlichen Verjährung in ähnlicher Weise vorgehen könnte. Es ist kein Geheimnis, dass auch hier überlegt wird, den Beginn der Verjährungsfrist auf ein späteres Lebensjahr hinauszuschieben, sodass die Opfer bei einem späteren Coming-out auch strafrechtlich gegen den Täter vorgehen können. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre weitere Nachfrage, Frau Kollegin. Sonja Steffen (SPD): Das Ergebnis der Diskussionen des Runden Tisches in Bezug auf die zivilrechtlichen Verjährungsfristen war relativ eindeutig. 30 Jahre sind eine lange Zeit. Viele von uns wünschen sich eine entsprechende Verlängerung der Verjährungsfrist im Strafrecht. Was mich in diesem Zusammenhang besonders umtreibt, ist die Tatsache, dass sich die Beweislage im Laufe der Zeit verschlechtert; es ist ein großes Problem, dass es nach dieser langen Zeit Beweisschwierigkeiten gibt. Im Grunde genommen sind diese Schwierigkeiten in zivilrechtlichen Verfahren wesentlich größer, weil es hier den Parteien überlassen ist, die Beweisführung anzutreten. In einem strafrechtlichen Verfahren hingegen ist dies wesentlich einfacher, weil man hier eben auch die Hilfe der Staatsanwaltschaft und der Polizei in Anspruch nehmen kann. Ganz konkret gefragt: Gehen Sie davon aus, dass sich Ihr Ministerium in dieser Legislaturperiode noch mit den strafrechtlichen Verjährungsfristen befassen wird? Es gibt bereits entsprechende Gesetzesinitiativen; darauf haben Sie hingewiesen. Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Frau Kollegin Steffen, Sie haben völlig zu Recht auf fortschreitende Beweisschwierigkeiten hingewiesen. Je länger ein Sachverhalt zurückliegt, desto schwieriger ist die Aufklärung durch die Gerichte. Das ist unter anderem ein Grund dafür, dass es überhaupt Verjährungsfristen gibt. Der Staat verzichtet aufgrund dieser Erwägung auf die Durchsetzung des Strafanspruches nach einem gewissen Zeitablauf. In diesem speziellen Bereich ist von der Bundesregierung auf Grundlage eines Entwurfs des Bundesministeriums der Justiz ein Gesetz auf den Weg gebracht worden, nämlich das sogenannte StORMG. Die Fraktionen überlegen jetzt, wie man die strafrechtliche Verjährung dort ändert. Es gibt noch keine Einigung auf ein genaues Modell, aber Sie können davon ausgehen, dass es am Ende auf einen längeren Zeitraum, in dem eine solche Straftat noch verfolgt werden kann, hinauslaufen wird. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Wir sind immer noch im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Die Frage 19 der Kollegin Martina Bunge wird schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 20 unseres Kollegen Ingo Egloff auf: Wird die Bundesministerin der Justiz noch im Internationalen Jahr der Genossenschaften 2012 einen Gesetzentwurf zur Entlastung kleiner Genossenschaften vorlegen, nachdem sie im Februar 2012 erklärt hatte, ihr Haus entwickle hierfür Ideen, und nachdem am 13. November 2012 im Handelsblatt zu lesen war, bei dieser Idee handle es sich um die Schaffung einer neuen Rechtsform „Kooperativgesellschaft (haftungsbeschränkt)“? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Herr Kollege Egloff, ich kann bestätigen, dass im Bundesministerium der Justiz an einem Gesetzentwurf zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften gearbeitet wird, bei dem es insbesondere um die Entlastung kleinster Genossenschaften geht. Sie hatten gefragt, ob der Gesetzentwurf noch im Internationalen Jahr der Genossenschaften vorgelegt wird, also noch in 2012. In diesem Jahr wird der Gesetzentwurf nicht mehr vorgelegt werden können, zumal die offizielle Abschlusszeremonie des Internationalen Jahres der Genossenschaften bei den Vereinten Nationen bereits stattgefunden hat. Kernstück des Gesetzentwurfes soll die Einführung der sogenannten Kooperativgesellschaft (haftungsbeschränkt) sein. Kleinstgenossenschaften sollen sich künftig als Kooperativgesellschaft gründen können und sind dann – das ist der entscheidende Punkt – von der Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband und von der genossenschaftlichen Pflichtprüfung befreit. Damit werden Kleinstgenossenschaften kostenmäßig entlastet. Die Rechtsform wird somit für Kleinstunternehmen attraktiver. Wichtig ist aus unserer Sicht: Die Kooperativgesellschaft soll keine neue Rechtsform sein, sondern eine Unterform der Genossenschaft. Durch diese besondere Firmierung als Kooperativgesellschaft wird für Gläubiger deutlich, dass keine Prüfung stattfindet. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie haben eine Nachfrage? Ingo Egloff (SPD): Herr Staatssekretär, ist denn damit zu rechnen, dass der Gesetzentwurf noch im Laufe dieser Legislatur-periode das Parlament erreicht? Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Herr Kollege Egloff, damit rechne ich schon. Es kommt hinzu, dass Ihre Fraktion erfreulicherweise am 20. November einen Antrag eingereicht hat – der offenkundig von Ihnen initiiert wurde –, um Genossenschaftsgründungen zu erleichtern. Unsere Überlegungen gehen in dieselbe Richtung. Vielleicht gibt es in Nuancen Unterschiede, wenn es darum geht, was genau man in das Gesetz hineinschreiben sollte. Aber da offenbar fraktionsübergreifend das Bedürfnis besteht, gesetzgeberisch tätig zu werden, stehen die Chancen gut, dies noch in dieser Legislaturperiode zustande zu bringen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre weitere Nachfrage? Ingo Egloff (SPD): Herr Staatssekretär, Sie haben eben darauf hingewiesen, dass Kleinstgenossenschaften von der Pflichtprüfung entbunden werden sollen. Die entscheidende Frage ist: Ab welcher Grenze fängt eine Kleinstgenossenschaft an? In den Diskussionen, die es zu diesem Bereich zuhauf gibt, ist immer wieder – in Anlehnung an die GmbH – von § 267 Abs. 2 HGB die Rede. Die Frage ist: Verfolgt die Bundesregierung bei der Schaffung von Kleinstgenossenschaften das Ziel, diesen Rahmen zu nutzen? Oder würden Sie sagen, dass die Grenze wesentlich niedriger anzusetzen ist? Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Herr Kollege Egloff, genau diese Frage ist mit ein Grund, warum wir jetzt einen Gesetzentwurf erarbeiten. Wir können Ihnen diesen Gesetzentwurf allerdings noch nicht vorlegen. Der Abgrenzungsfaktor ist entscheidend dafür, wie viele Genossenschaften unter die neue Firmierung fallen. Diesbezüglich läuft gerade der Abstimmungsprozess, und zwar sowohl in unserem Haus als auch innerhalb der Bundesregierung. Wir werden Sie danach über das erzielte Ergebnis informieren. Man muss berücksichtigen, dass es auf der einen Seite das verständliche Bedürfnis gibt, solche Gründungen zu erleichtern, auf der anderen Seite muss man aber auch Mechanismen finden, sowohl Gläubiger als auch die Mitglieder der Genossenschaften zu schützen. An all dem arbeiten wir noch, sodass ich Ihnen zu Fragen zur konkreten Abgrenzung – hier geht es zum Beispiel um die Größe der Genossenschaft als Kriterium – erst zu einem späteren Zeitpunkt Auskunft geben kann. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Zu dieser Frage hat auch unser Kollege Hans-Christian Ströbele eine Nachfrage. Bitte. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, ich muss ausnahmsweise sagen: Diese Töne höre ich gerne. Das zeigt, dass Sie sich Gedanken in dieser Richtung machen. Auch in unserer Fraktion stellen wir entsprechende Überlegungen an. Ich fordere das im Grunde schon, seitdem ich Mitglied des Deutschen Bundestages bin, seit über zehn Jahren. Für mich ist das ein besonderes Problem, weil ich als Rechtsanwalt früher, als es nicht möglich war, Kleinstgenossenschaften zu gründen bzw. sie in Genossenschaftsverbänden unterzubringen, empfohlen habe, Vereine zu gründen. Deshalb die Frage an Sie: Wie unterscheidet sich die Kleinstgenossenschaft – abgesehen von dem Merkmal Größe – von Vereinen? Würden Sie erwägen, dass man in Zukunft, wenn man einen wirklich schlüssigen, guten Gesetzentwurf hat, diese Kleinstgenossenschaften Kollektive nennt? Denn sie haben sich als solche seit langem in der Gesellschaft etabliert, auch wenn sie als Vereine konstruiert waren. Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Lieber Kollege Ströbele, da wir uns gut kennen, darf ich Folgendes sagen: Es ist erfreulich, dass Sie immer wieder in den Deutschen Bundestag gewählt worden sind; denn so können Sie sich an diesem Gesetzgebungsvorhaben, das Ihnen offenkundig so sehr am Herzen liegt, beteiligen. Was die Firmierung als Kollektiv anbelangt, vermute ich allerdings, dass in Teilen Ihrer Fraktion mehr Bereitschaft dazu besteht als in den Regierungsfraktionen, sodass ich Ihnen eine solche Bezeichnung nicht in Aussicht stellen kann. Vizepräsident Eduard Oswald: Jetzt wissen wir auch das, wobei ich davon ausgehe, dass das im Grunde schon vorher bekannt war. Wir haben damit den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz abgeschlossen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Kampeter zur Verfügung. Ich rufe die Frage 21 unseres Kollegen Manfred Kolbe auf: Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Jahresgehalt des griechischen Zentralbankpräsidenten Georgios A. Provopoulos, und hat sich dieses durch die Krise verändert? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege Kolbe, ich möchte Ihnen antworten, dass die Bundesregierung keine Kenntnis über das Jahresgehalt des Präsidenten der griechischen Zentralbank hat. Unsere Recherche hat ergeben, dass Griechenland, soweit wir es erkennen konnten, dazu keinerlei Angaben veröffentlicht hat. Vizepräsident Eduard Oswald: Kollege Kolbe, Sie haben die Möglichkeit zur ersten Nachfrage. – Keine. Dann rufe ich die Frage 22 unseres Kollegen Manfred Kolbe auf: Ist der Bundesregierung bekannt, dass der griechische Zentralbankpräsident und damit auch das Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank bei seinem Amtsantritt von seinem früheren Arbeitgeber, der Piraeus Bank, eine Abfindung in Höhe von 3,4 Millionen Euro erhalten haben soll, und wie beurteilt die Bundesregierung diesen Vorgang, sollte er diese Zahlung erhalten haben? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege Kolbe, die Frage bezieht sich auf einen Sachverhalt, den auch die Bundesregierung nur über die Presse zur Kenntnis genommen hat. Wir haben allerdings keinerlei Primärerkenntnisse und beabsichtigen daher nicht, diesen Sachverhalt in irgendeiner Art und Weise zu kommentieren. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre Nachfrage, Kollege Manfred Kolbe. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, da Sie die Frage nicht wie üblich vorgetragen haben, darf ich das hier tun. Es geht darum, dass der Präsident der griechischen Zentralbank, nachdem er das Amt angetreten hat, von seinem früheren Arbeitgeber, der Piraeus Bank, eine Abfindung in Höhe von 3,4 Millionen Euro erhalten haben soll. Er ist gleichzeitig Mitglied des EZB-Rates. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass dieser Sachverhalt sie überhaupt nicht zu interessieren hat und er ihr deshalb relativ egal sein kann? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege Kolbe, die Fragestunde bezieht sich nicht darauf, was die Bundesregierung interessiert und ob ihr Sachverhalte egal sind. Die verfassungsrechtliche Grundlage der Fragestunde hat das Bundesverfassungsgericht dahin gehend präzisiert, dass es darum geht, Ihnen aus dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung Antworten zu geben, die Sie für die Bewertung von politischen Sachverhalten oder für Ihre politische Arbeit brauchen. Ich glaube, dass die Frage, die sich auf einen zivilrechtlichen Vertrag zwischen einem griechischen Staatsangehörigen und einer griechischen Bank bezieht, nicht im Verantwortungsbereich der Bundesregierung liegt. Daher bedaure ich, dass ich aus Sicht der Bundesregierung keine Bewertung abgeben kann. Alle anderen Fragen und Insinuationen, die Sie dargelegt haben, werden nicht vom Fragerecht abgedeckt. Vizepräsident Eduard Oswald: Trotzdem hat sich der Kollege Manfred Kolbe noch einmal zu einer Nachfrage gemeldet. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, wir befinden uns nicht im Rahmen des reinen Zivilrechts. Immerhin ist der fragliche Präsident Mitglied des EZB-Rates. Auf die EZB soll demnächst auch die Bankenaufsicht – auch die Aufsicht über deutsche Banken – übertragen werden. Ist die Bundesregierung nach wie vor der Meinung, dass eine Abfindung in Millionenhöhe keinerlei Auswirkungen auf das Agieren einer solchen Person hat und dass ihr deshalb ohne Weiteres die Aufsicht über andere Banken in Europa anvertraut werden kann? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege Kolbe, ich habe Ihnen in meiner Antwort auf Ihre Frage schon mitgeteilt, dass die Bundes-regierung keine primären Erkenntnisse über das zivilrechtliche Geschäft hat, über das in der Presse berichtet wurde. In meiner Antwort auf Ihre Nachfrage habe ich darauf hingewiesen, dass wir in der Fragestunde Sachverhalte bewerten und dazu gern Auskunft geben, die in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung fallen. Ich kann diese Presseberichte daher nicht weiter kommentieren. Ich will Ihnen aber sagen, dass die Bundesregierung als Vertragspartner bei der Umsetzung der europäischen Bankenunion sehr darauf achten wird, dass die Aufsicht über die systemrelevanten Banken mit einem hohen Maß an Kompetenz und orientiert an allgemein akzeptierten Grundlagen ausgeübt wird. Wir legen darauf Wert, dass das dafür erforderliche Personal – auch das Leitungspersonal – tadellos handelt und fachlich kompetent ist. Das möchte ich Ihnen hiermit ausdrücklich bestätigen. Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Wir sind immer noch im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Die Frage 23 des Kollegen Hans-Christian Ströbele, die Fragen 24 und 25 der Kollegin Katrin Kunert, die Fragen 26 und 27 der Kollegin Heidrun Bluhm, die Fragen 28 und 29 des Kollegen Steffen Bockhahn, die Fragen 30 und 31 des Kollegen Dr. Axel Troost sowie die Frage 32 der Kollegin Dr. Dagmar Enkelmann werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 33 unserer Kollegin Cornelia Behm: Zu welchen Ergebnissen ist die Arbeitsgruppe SBZ-Enteignungen im Bundesministerium der Finanzen gekommen, die entsprechend dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP prüfen sollte, ob es im Hinblick auf die Enteignungen in der SBZ von 1945 bis 1949 noch Möglichkeiten gibt, Grundstücke, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, den Betroffenen zum bevorzugten Erwerb anzubieten, und welche diesbezüglichen Umsetzungspläne verfolgt die Bundesregierung (bitte, wenn möglich, mit Zeitangabe)? Die Antwort gibt der Parlamentarische Staatssekretär. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Sehr geehrte Frau Kollegin Behm, Sie haben nach dem Sachstand der Arbeitsgruppe SBZ-Enteignungen gefragt. Ich möchte Ihnen antworten, dass die Arbeitsgruppe laut Koalitionsvertrag im Hinblick auf die Enteignungen der SBZ von 1945 bis 1949 prüfen soll, ob es noch Möglichkeiten gibt, Grundstücke, die sich im -Eigentum der öffentlichen Hand befinden, den Betroffenen zum bevorzugten Erwerb anzubieten. Diese Arbeitsgruppe hat ihre Arbeit im Januar 2010 aufgenommen. Nachdem sie zunächst nur auf der Ebene unseres Hauses, also des Bundesministeriums der Finanzen, getagt hat, wurden in der Folgezeit alle betroffenen Ressorts der Bundesregierung eingebunden. Hierzu gehören das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, das Bundesministerium des Inneren, vertreten durch den Stab Aufbau Ost, das Bundesministerium der Justiz, das Bundesministerium der Verteidigung, das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sowie das Bundeskanzleramt. Die Arbeitsgruppe hat zwischenzeitlich einen Redaktionsentwurf ihres Arbeitsberichts verfasst. Der Abstimmungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Entscheidungen, die ich Ihnen darüber hinaus mitteilen könnte, wurden noch nicht getroffen. Vizepräsident Eduard Oswald: Sie haben eine Nachfrage? Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn ich Ihnen so zuhöre, denke ich mir, dass es wahrscheinlich keinen Sinn hat, nachzufragen, was das Ergebnis dieser Prüfung ist. Deswegen frage ich: Wann legen Sie das Ergebnis offen? Es verwundert doch außerordentlich, dass trotz stattfindender Prüfung weiterhin Flächen, die sich in öffentlicher Hand befinden, veräußert werden. Wie passt das zusammen? Meine Frage lautet also: Wird es jetzt zeitnah eine Offenlegung des Ergebnisses der Prüfung geben, und wann wird geklärt werden, wie damit umgegangen wird? Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Sehr geehrte Frau Kollegin Behm, ich kann Ihre Nachfrage menschlich wie politisch durchaus nachvollziehen, halte mich aber – auch wenn ich das sehr bedaure – mit Einschätzungen, wann wir zu Ergebnissen kommen, sehr zurück. Ich denke, dass das in dieser Legislaturperiode zweifelsohne abgeschlossen wird. Aber die Erörterungen sind nicht ganz trivial. Die Konflikte, die Sie aus Ihrer parlamentarischen Tätigkeit ebenso kennen wie viele andere Kolleginnen und Kollegen, sind nicht ganz einfach zu lösen. Deswegen kann ich Ihnen nur zusagen, dass die Bundesregierung, sobald sie sich intern abgestimmt hat, Sie und die übrigen Mitglieder des Deutschen Bundestages in angemessener Form unterrichten wird. Alle weiteren Beschlüsse, die dann möglicherweise auf einer von mir noch nicht abzusehenden Berichtsgrundlage zu treffen sind, wird die Bundesregierung sowieso mit dem Parlament abstimmen. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre weitere Nachfrage. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es wäre sehr sinnvoll, wenn die Offenlegung der Ergebnisse möglichst zeitnah erfolgt, damit Schlussfolgerungen gezogen werden können. Andernfalls ist die Bundesregierung nicht in der Lage, den Koalitionsvertrag in diesem Punkt einzuhalten. Sie wird wahrscheinlich nicht die Gelegenheit haben, es in der nächsten Legislaturperiode zu tun. Aber ich will mich in dieser Frage nicht festbeißen. Warten wir ab, was Sie liefern werden. Ich habe noch eine andere Frage. Ich würde gerne wissen, aus welchem Grund die Bundesregierung beim begünstigten Erwerb von BVVG-Agrarflächen bis heute daran festhält, dass Alteigentümer, die bereits als Pächter Flächen begünstigt erworben haben, sei es auch nur 1 Hektar, ihre Ausgleichsleistung, die ihnen als Alteigentümer zusteht, nicht mehr für den begünstigten Erwerb von BVVG-Flächen einsetzen können? Sieht die Bundesregierung darin keine Benachteiligung dieser Alteigentümer? Widerspricht dieses Kumulationsverbot nicht dem Geist des EALG? Dies frage ich auch vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrages, in dem Sie dieser Personengruppe Verbesserungen zugesagt haben. Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Frau Kollegin Behm, dass Sie uns im ersten Teils Ihrer Frage auffordern, den Koalitionsvertrag an dieser Stelle einzuhalten, zeigt, dass dieses Vorhaben auch von der Opposition unterstützt wird. Dafür möchte ich mich bedanken. Ich möchte Ihnen aber in dem Punkt widersprechen, dass Sie erwarten, dass diese erfolgreiche -Koalition in der nächsten Legislaturperiode nicht weiterarbeiten wird. Ihre Erwartung werden wir durch ein gutes Wahlergebnis unsererseits enttäuschen. Zuletzt würde ich Sie darum bitten, mir Dispens zu erteilen, da sich Ihre Nachfrage sicherlich nicht auf den Sachverhalt bezieht, den Sie mit der eingereichten Frage angesprochen haben. Auf diese Sachverhalte, die eine Rechtsauslegung des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes betreffen, würde ich gerne schriftlich eingehen. Ich glaube, das ist entsprechend der Regeln hier durchaus möglich. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dispens erteilt. Vizepräsident Eduard Oswald: Die Frau Kollegin freut sich auf Post. Die Fragen 34 und 35 der Kollegin Barbara Höll werden schriftlich beantwortet. Damit schließen wir den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen ab. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Hier steht zur Beantwortung der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe zur Verfügung. Die Fragen 36 und 37 der Kollegin Beate Walter-Rosenheimer sowie die Frage 38 des Kollegen Volker Beck werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 39, die von unserer Kollegin Frau Britta Haßelmann gestellt wurde: Inwiefern ist die Bundesagentur für Arbeit beauftragt, wie in der 47. Kalenderwoche geschehen (siehe Süddeutsche Zeitung vom 22. November 2012), Modellrechnungen für bestimmte alternative Konstellationen vorzunehmen, um deren finanzielle Auswirkungen abzuschätzen, und kann nach Ansicht der Bundesregierung auch der Bundesgesetzgeber solche Berechnungen in Auftrag geben? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin Haßelmann, ich antworte Ihnen wie folgt: Die Bundesagentur für Arbeit ist Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende. In ihrer fachlichen Verantwortung liegt insbesondere die Erbringung des Arbeitslosengeldes II durch die gemeinsamen Einrichtungen. In dieser Funktion kann sie sich zu Entwicklungen und Prognosen äußern. Die Befassung mit den Folgen von Veränderungen der Regelsatzhöhe spiegelt die Verantwortung der Bundesagentur für Arbeit für einen wirtschaftlichen Umgang mit den Mitteln des Bundes wider. Einen konkreten Auftrag, Modellrechnungen in dieser Angelegenheit durchzuführen, haben weder der Gesetzgeber noch die Bundesregierung erteilt. Grundsätzlich wären beide dazu berechtigt. Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Haßelmann. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Es ist ja sehr schön, Herr Staatssekretär, dass Sie mich über die Rechte aufklären; ich hatte mir schon gedacht, dass es in unserer und Ihrer Kompetenz liegt, die BA dazu aufzufordern. Mich würde interessieren, ob die Bundesregierung es für angemessen hält, dass sich die BA in tagespolitische Diskussionen einmischt und sich ausgerechnet an dem Tag, an dem die Beratungen zum Haushalt des Arbeits- und Sozialministeriums und die Kommentierung von Parteitagsbeschlüssen, zum Beispiel des Bündnisses 90/Die Grünen, im Mittelpunkt standen, veranlasst sieht, offensiv Pressearbeit zu machen. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Frau Kollegin, ich habe Ihre Frage so beantwortet, wie Sie sie gestellt haben. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe ja eine neue Frage gestellt!) – Sie haben die Frage gestellt, ob auch der Bundesgesetzgeber solche Berechnungen in Auftrag geben kann. Ich bin davon ausgegangen, dass diese Frage ernst gemeint war, und habe sie von daher auch entsprechend ernsthaft beantwortet. Frau Kollegin, ich weiß nicht, inwieweit es sich hierbei um eine tagespolitische Frage handelt und was Sie darunter verstehen. Ich kann Ihnen nur sagen: Über die Angemessenheit öffentlicher Äußerungen entscheidet die Bundesagentur für Arbeit in eigener Zuständigkeit. Die Notwendigkeit eines aufsichtlichen Eingreifens durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird in diesem Zusammenhang nicht gesehen. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann möchte ich gerne eine zweite Frage stellen, Frau Präsidentin!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Bitte schön. Ich hätte Sie jetzt gefragt, ob Sie das möchten. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau. – Auf welcher Faktenlage und auf welchem Zahlenmaterial beruhen die Angaben von Herrn Alt, der sich in der Presse geäußert hat, und inwiefern sind diese Zahlen mit den Zahlen abgeglichen, mit denen Sie, Herr Brauksiepe, und Herr Fuchtel als Staatssekretäre und die Bundesministerin arbeiten? Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Frau Kollegin, die Ermittlung dieser Zahlen ist von der Bundesagentur für Arbeit beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Auftrag gegeben worden. Dazu ist das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung auch in der Lage; dafür ist es da. Es hat ein entsprechendes Mikrosimulationsmodell erstellt und auf Basis dieses Modells Schätzungen durchgeführt. Dieses Modell berechnet für eine Stichprobe von Haushalten, das sogenannte Sozio-oekonomische Panel, Steuern und Abgaben sowie Ansprüche auf die wichtigsten Sozialleistungen. Die Ermittlung der Zahlen ist, wie gesagt, von der BA in Auftrag gegeben worden. Das sind die Zahlen, die dabei herausgekommen sind. Die Bundesregierung hat keinen Anlass, an der Plausibilität dieser Berechnungen zu zweifeln; nur darum geht es ja. Es geht nicht darum, etwas exakt zu beweisen, sondern es handelt sich um Modellrechnungen bzw. Simulationen, die, wenn ihre Ergebnisse sinnvoll sein sollen, auf plausiblen Annahmen beruhen müssen. Die Bundesregierung sieht keinen Anlass, an der Plausibilität der entsprechenden Berechnungen zu zweifeln. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Würden Sie auch den zweiten Teil meiner Frage noch beantworten, nämlich die Frage, inwiefern Sie diese Zahlen abgeglichen haben?) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Haßelmann, Sie können keine dritte Nachfrage stellen. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Aber er hat den zweiten Teil meiner Frage nicht beantwortet! – Gegenruf des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze: Das darf er!) – Sie müssen dem Staatssekretär überlassen, wie er antwortet. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann schreibe ich ihm wieder einen Brief!) Herr Kurth hat eine Nachfrage. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, die Bundesagentur für Arbeit könne solche Äußerungen in eigener Verantwortung treffen und entsprechende Berechnungen in eigener Verantwortung durchführen. Nun haben sich diese Berechnungen ja eindeutig auf einen Beschluss des Parteitags von Bündnis 90/Die Grünen bezogen. In die Berechnungen sind allerdings nicht die Parameter eingeflossen, die dem Parteitagsbeschluss zugrunde gelegen haben. Überdies waren die Äußerungen vonseiten der BA mit politisch wertenden Aussagen verbunden. So hat das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit Heinrich Alt gesagt, dass Hartz IV nicht zum Lebensmodell werden und Deutschland kein Volk von Transferempfängern werden darf. Halten Sie es für angemessen, dass die BA solche wertenden politischen Äußerungen trifft, und, falls ja, sind Sie dann damit einverstanden, wenn Vorstandsmitglieder der Bundesagentur etwa nach dem jetzt kommenden CDU-Parteitag über Ihre politischen Ergebnisse in ähnlicher Weise einseitig, selektiv, berechnend und wertend urteilen? Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Zum ersten Teil der Frage: Ja. Des Weiteren kann ich nur wiederholen: Es gehört zum Verantwortungsbereich der Bundesagentur für Arbeit, auf einen wirtschaftlichen Umgang mit den Mitteln des Bundes hinzuwirken. Die Plausibilität der vorgenommenen Berechnungen ist aus Sicht der Bundesregierung nicht zu bestreiten. Das kann ich von daher nur wiederholen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann kommen wir zur Frage 40 des Abgeordneten Markus Kurth: Wie sind nach Ansicht der Bundesregierung die Äußerungen des Vorstandsmitglieds der Bundesagentur für Arbeit, BA, Heinrich Alt zu den Folgen einer Regelsatzerhöhung auf 432 Euro bzw. 482 Euro (siehe Süddeutsche Zeitung vom 22. November 2012) vor dem Hintergrund des Gebotes der Neutralität und Unabhängigkeit, das die BA immer wieder betont, zu bewerten? Herr Staatssekretär. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Vielen Dank. – Herr Kollege Kurth, Sie beziehen sich in Ihrer Frage auf den gleichen Sachverhalt. Deswegen werden Ihnen Teile der Antwort vermutlich bekannt vorkommen. Denn ich antworte Ihnen wie folgt: Die Bundesagentur für Arbeit ist Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende. In ihrer fachlichen Verantwortung liegt insbesondere die Erbringung des Arbeitslosengeldes II durch die gemeinsamen Einrichtungen. In dieser Funktion kann sie sich über Entwicklungen und Prognosen äußern. Die Befassung mit den Folgen von Veränderungen der Regelsatzhöhe spiegelt die Verantwortung der Bundesagentur für Arbeit für einen wirtschaftlichen Umgang mit den Mitteln des Bundes wider. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kurth, Sie haben eine Nachfrage. Bitte schön. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Kern der Frage 40 war, wie diese Äußerung vor dem Hintergrund des Gebotes der Neutralität und Unabhängigkeit der BA, das die BA selbst immer betont, zu bewerten ist. Ich will Sie in diesem Zusammenhang von einem Schreiben von Heinrich Alt in Kenntnis setzen. Ich hatte ihn im Oktober gebeten, uns bezüglich des Verfahrens der Anrechnung von Einkommen Modellrechnungen zur Verfügung zu stellen und unsere parlamentarische Arbeit zu unterstützen. Herr Alt hat mir am 16. November, also vor gar nicht langer Zeit und nur wenige Tage vor seinen Äußerungen, geantwortet – ich zitiere –: Solche Modellrechnungen gehen über den Auftrag und die Rolle einer amtlichen Statistik hinaus. Um ihrer Verantwortung gerecht zu werden, muss die BA die Gebote der Neutralität und Unabhängigkeit beachten. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tja!) Wie bewerten Sie vor dem Hintergrund dessen, was Sie ausgeführt haben, und vor dem Hintergrund, dass Sie meiner Kollegin Haßelmann mitgeteilt haben, auch der Bundesgesetzgeber könne Aufträge erteilen, diese Antwort von Herrn Alt? Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Herr Kollege Kurth, ich kann nur meine Auffassung wiederholen, dass die Vorlage plausibler Simulationsrechnungen keinerlei Verstoß gegen das Neutralitätsgebot beinhaltet. Ich bin der Meinung, dass man die Bundesagentur für Arbeit nicht für die Beschlüsse irgendeiner Partei verantwortlich machen kann. Man kann ihr darum auch nicht die Schuld für diese Beschlüsse zuschieben und kann nicht den Vorwurf erheben, dass sie zu einem bestimmten Thema plausible Simulationsrechnungen vorlegt. Ich möchte betonen, dass die Simulationsrechnungen, die in diesem Zusammenhang vorgelegt worden sind, alternativ von einer Erhöhung des Regelsatzes auf 432 Euro und 482 Euro ausgehen; das ist nie bestritten worden. Weder die eine noch die andere Zahl entspricht exakt der Beschlusslage irgendeiner Partei; aber es geht in die Richtung. Von daher sind plausible Simulationsergebnisse in diesem Zusammenhang durchaus von Relevanz. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kurth, Sie haben noch eine Nachfrage. Bitte schön. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Halten Sie es für einen Zufall, dass diese Zahlen inklusive der einseitigen politischen Wertung durch Herrn Alt drei Tage nach Abschluss des Bundesparteitags von Bündnis 90/Die Grünen öffentlich geworden sind und just an dem Tage medienwirksam wurden, an dem der entsprechende Etat im Bundestag beraten wurde? Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Nein. Ich sage nur noch einmal: Es geht nicht um Einseitigkeit. Wenn eine Modellrechnung durchgeführt wird auf der Basis eines Regelsatzes, der ziemlich genau auf der Höhe liegt, die von einer Partei angestrebt wird, und sich dabei plausibel Mehrkosten in Höhe von ungefähr 7,4 Milliarden Euro ergeben, dann ist das zunächst einmal eine Feststellung. Wenn Sie sagen: „Das ist aus unserer Sicht nicht viel Geld“, dann ist das Ihre politische Bewertung. Herr Alt hat diese Zahl nicht in irgendeiner Form bewertet, sondern er hat eine plausible Simulationsrechnung erstellen lassen und die Ergebnisse vorgetragen. Die Bewertung obliegt Ihnen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Haßelmann hat eine Nachfrage. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Brauksiepe, Sie nehmen in Ihren Stellungnahmen dauernd Bezug darauf, wie wichtig diese Modellberechnungen des IAB für Sie sind. Deshalb meine Frage: Beabsichtigen Sie, die Zahlen, die Sie in den Haushaltsplanberatungen für das BMAS und auch für das Bundesfinanzministerium zugrunde gelegt haben, jetzt zu korrigieren? Ihre Zahlen stimmen ja nicht mit den Zahlen des IAB überein. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Frau Kollegin, ich wage mich nicht – zumal in Anwesenheit des Staatssekretärs beim Bundesminister der Finanzen – in das Aufgabengebiet des Bundesfinanzministeriums. Soweit ich die Dinge im haushaltspolitischen Bereich kenne, werden für die Planungen der Bundesregierung im Haushalt entsprechende Ansätze gebildet. Mir ist nicht bekannt, dass für jeden Parteitagsbeschluss irgendeiner Partei (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um Ihre eigenen!) der Bundesfinanzminister oder eine andere Institution dann eine finanzielle Modellrechnung vorlegt. Ich sage noch einmal: Wir haben diese Modellrechnung nicht in Auftrag gegeben. Die Bundesagentur für Arbeit hat sie in Auftrag gegeben, offensichtlich aus gegebenem Anlass. Soweit mir das bekannt ist, haben die Grünen bei dem, was sie auf ihrem Parteitag beschlossen haben, nur Mehraufwendungen berücksichtigt, die bei denen anfallen, die tatsächlich schon im Leistungsbezug sind. Wenn Sie – im Gegensatz zu den plausiblen Annahmen des IAB – nicht berücksichtigen wollen, dass zusätzliche Menschen in den Leistungsbezug kommen, dass das Auswirkungen auf das SGB XII hat, dass das Auswirkungen auf das Einkommensteueraufkommen hat, dann ist das Ihr gutes Recht. Es ist aber auch das gute Recht der BA, beim IAB eine Studie in Auftrag zu geben, in der all diese plausiblen Annahmen zugrunde gelegt werden. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben den Mindestlohn vergessen, Herr Brauksiepe!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jetzt kommen wir zur Frage 41 des Kollegen Markus Kurth: Ist es richtig, wie die Mitteldeutsche Zeitung am 22. November 2012 berichtet, dass die Bundesregierung „den Entwurf des vierten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung auf Betreiben der FDP deutlich geglättet“ habe, und welche Änderungen wurden konkret vorgenommen? Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Kurth, ich antworte Ihnen wie folgt: Der Armuts- und Reichtumsbericht ist ein Bericht der Bundesregierung, zu dem alle Ressorts aus ihrem Zuständigkeitsbereich Beiträge erstellen. Der Gesamtentwurf ist nach der Gemeinsamen Geschäftsordnung innerhalb der Bundesregierung abzustimmen. Derzeit erhalten Verbände und Wissenschaftler Gelegenheit zur Stellungnahme. Bis zur Vorlage der im Ressortkreis konsentierten Kabinettsfassung sind die Abstimmungs- und Änderungsprozesse noch nicht abgeschlossen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kurth, Sie haben eine Nachfrage. Bitte schön. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie bewertet die Bundesregierung erstens, dass im vorliegenden Berichtsentwurf im Vergleich zu dem vom September nicht mehr von einer allgemeinen angemessenen Lohnuntergrenze die Rede ist? Zweitens. Wie bewertet die Bundesregierung, dass nicht mehr davon die Rede ist, dass Wirkungen des Betreuungsgeldes auf die Erwerbstätigkeit von Frauen überprüft werden müssen, und ebenso etwa der Hinweis fehlt, dass eine nachhaltige Finanzierungsbasis öffentlicher Aufgaben auch durch Vermögende geschaffen werden kann? Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Herr Kollege Kurth, ich habe Sie darauf hingewiesen – unabhängig davon, dass ich davon ausgehe, dass Ihnen das bekannt ist –, dass der vierte Armuts- und Reichtumsbericht in der Ressortabstimmung ist und dass zurzeit Verbände und Wissenschaftler Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, den jetzigen Berichtsentwurf, der ja immer noch eine Entwurfsfassung ist und jetzt mit der Bitte um Stellungnahme an die entsprechenden Institutionen versandt worden ist, zu vergleichen mit einer früheren Entwurfsfassung, die es gegeben hat. Es ist ganz selbstverständlich, dass ein solcher Prozess innerhalb der Bundesregierung eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Maßgeblich für die Position der Bundesregierung wird am Ende nicht das sein, was in irgendeiner -Entwurfsfassung stand, sondern das, was im Armuts- und Reichtumsbericht selbst steht. Ich kann Ihnen versichern – – Nein, versichern kann ich es Ihnen nicht, weil wir noch über einen Entwurf reden; aber ich kann Ihnen sagen: Ich gehe davon aus, dass das Thema „freiwilliges Engagement Vermögender“ auch in der Endfassung des Armuts- und Reichtumsberichts eine Rolle spielen wird. So ist es auch in früheren Entwurfsfassungen gewesen. Änderungen an dem Entwurf sind an vielen Stellen vorgesehen, was in diesem Zusammenhang ein völlig übliches Verfahren ist. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kurth, Sie haben eine zweite Nachfrage. Bitte schön. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was sind die Gründe für die neuerliche Verschiebung der endgültigen Befassung des Kabinetts mit dem Armuts- und Reichtumsbericht? Ursprünglich sollte das bis Ende des Jahres geschehen. Wie kommt es, dass diese Verschiebung heute vom Bundeswirtschaftsministerium bekannt gegeben wurde, obwohl doch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales federführend ist? Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Der Grund für die Verschiebung ist, dass die Ressortabstimmung noch nicht abgeschlossen ist. Ich bin nicht befugt, für das Bundeswirtschaftsministerium zu sprechen; der verehrte Staatssekretär Peter Hintze ist ja anwesend. Das Wichtige ist: Die Ressortabstimmung ist noch nicht abgeschlossen. Solange sie noch nicht abgeschlossen ist, gibt es diesen Bericht eben nicht. Er wird Ihnen aber in absehbarer Zeit vorliegen, und es wird dann genügend Gelegenheit geben, ihn zu diskutieren, Herr Kollege. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Eine Nachfrage der Kollegin Haßelmann. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Brauksiepe, nach Ihren Ausführungen kann man also davon ausgehen, dass die Pressemeldungen vom heutigen Tag richtig sind, und zwar dahin gehend, dass zwischen dem Arbeits- und Sozialministerium und dem Wirtschaftsministerium große Konflikte in Bezug auf die Einschätzung der Armuts- und Reichtumssituation in Deutschland bestehen, deren Entwicklung ja dramatisch ist. Von einer Glättung des Berichtes ist ja schon die Rede gewesen. Meine Frage: Trifft es zu, dass dieser Bericht wirklich erst im nächsten Jahr im Kabinett vorliegen und somit auch erst im nächsten Jahr parlamentarisch beraten werden soll? Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Frau Kollegin Haßelmann, ich bitte um Verständnis dafür, dass mir nicht jede Pressemitteilung vom heutigen Tage bekannt ist, die ich nicht selbst verfasst habe. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein paar haben Sie heute sicherlich gelesen!) Ich kann Ihnen nur noch einmal zusichern, dass der Bericht in Kürze vom Kabinett beschlossen werden soll und Sie genügend Gelegenheit bekommen werden, sich damit dann auch parlamentarisch auseinanderzusetzen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Fragen 42 und 43 des Abgeordneten Josip Juratovic werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 44 des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert: Welche Rolle spielten Aktivitäten und Fragen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bei den Deutsch-Russischen Regierungskonsultationen sowie beim Petersburger Dialog im November 2012 in Moskau, und in welcher Weise waren Menschen mit Behinderungen und deren Organisationen an diesen Ereignissen beteiligt? Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Seifert, ich antworte Ihnen wie folgt: Die Behindertenpolitik und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sind grundsätzliche Anliegen in der bilateralen Zusammenarbeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit Russland. Russland hat am 25. September 2012 die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert und ist an einem Austausch über Erfahrungen zur Umsetzung der Konvention interessiert. Deshalb wurde dieses Thema bereits im Rahmen eines bilateralen arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Austausches auf Staatssekretärsebene im Juli 2011 aufgegriffen. Am 16. November 2012 fanden in Moskau die 14. Deutsch-Russischen Regierungskonsultationen statt. Dabei wurde zwischen dem russischen Ministerium für Arbeit und Sozialschutz und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales vereinbart, ein sogenanntes MoU, ein Memorandum of Understanding, über die Zusammenarbeit zwischen beiden Ministerien zu erarbeiten, das auch Fragen bezüglich der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention behandeln soll. Da es sich hierbei um Regierungskonsultationen handelte, waren Verbände behinderter Menschen nicht beteiligt. Der Petersburger Dialog dagegen ist kein Regierungs-, sondern ein offenes Diskussionsforum, das die Verständigung zwischen den Zivilgesellschaften beider Länder fördern soll. Es steht unter der Schirmherrschaft der jeweils amtierenden deutschen Bundeskanzlerin bzw. des jeweils amtierenden deutschen Bundeskanzlers und des jeweils amtierenden russischen Präsidenten bzw. der jeweils amtierenden russischen Präsidentin und findet in der Regel einmal jährlich abwechselnd in Deutschland und in Russland statt. Der Petersburger Dialog ist als bilaterale Tagung angelegt, die sich gesellschaftlichen Zeitfragen und Fragen der deutsch-russischen Beziehungen widmet. Teilnehmer sind Experten und Multiplikatoren aus allen Bereichen der Gesellschaften Deutschlands und Russlands. Der Petersburger Dialog wird von deutscher und von russischer Seite durch einen paritätisch besetzten, unabhängigen Lenkungsausschuss koordiniert, der das Gesprächsforum plant, thematisch vorbereitet und einberuft sowie die Finanzen für seine Durchführung sichert. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Seifert, Sie haben eine Nachfrage. Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Antwort, der ich entnehme, dass immerhin eine Vereinbarung getroffen wurde, dass weiterhin darüber geredet werden soll, wie die Konvention umgesetzt wird. Aber in der Konvention selbst steht – dazu haben sich Deutschland und Russland verpflichtet –, in allen Belangen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, diese Menschen und deren Organisationen einzubeziehen. Erstens eine Nachfrage in Bezug auf die Regierungskonsultationen: Wie wird das auf dieser Ebene gemacht? Die zweite Nachfrage: Sie sprachen gerade davon, dass der Petersburger Dialog ein sehr offener Gesprächskreis ist, wenn auch sehr hoch angesiedelt. Wie wird die Bundesregierung mit ihren Möglichkeiten darauf hinwirken – immerhin ist auf deutscher Seite die Kanzlerin die Chefin –, dass dieses Thema dort nicht nur immer wieder auf der Tagesordnung steht – es ist immerhin ein Menschenrechtsthema –, sondern dass auch die Betroffenen und ihre Organisationen in angemessener Weise einbezogen werden? Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Herr Kollege Seifert, Sie wissen, dass der Bundesregierung die Behindertenpolitik und insbesondere das Thema der Inklusion ein großes Anliegen ist und dass wir es breit diskutieren. Sie kennen den Nationalen Aktionsplan und alle damit zusammenhängenden Aktivitäten. Auch wir persönlich begegnen uns bei zahlreichen solcher Aktivitäten und Veranstaltungen. Ich kann nur wiederholen, dass bei deutsch-russischen Regierungskonsultationen wie bei allen Regierungskonsultationen, wie der Name schon sagt, Regierungen miteinander reden und nicht Verbände. Dabei handelt es sich nicht um den Ausschluss von Verbänden für Menschen mit Behinderungen, sondern Regierungskonsultationen werden zwischen Regierungsmitgliedern geführt und nicht mit Verbänden. Das hat nichts mit der Frage zu tun, ob ein Verband ein Verband für Menschen mit Behinderungen ist oder eine andere Funktion hat. Ich will auch noch einmal betonen, da Sie von „Chefin“ sprachen: Die Bundeskanzlerin ist Schirmherrin des Petersburger Dialoges. Das hat nichts mit dem Erteilen von Befehlen, mit Befehl und Gehorsam sowie mit Chefin bzw. Vorgesetzter und Nachgesetzter zu tun. (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das sowieso nicht!) Sie ist die Schirmherrin. Ich wiederhole es gerne: Es gibt einen paritätisch besetzten, unabhängigen Lenkungsausschuss, der den Petersburger Dialog koordiniert, ihn plant, thematisch vorbereitet, einberuft und die Finanzen für seine Durchführung sichert. Diesem unabhängigen Lenkungsausschuss obliegen die Fragen, die Sie vermutlich mit dem Begriff „Chefin“ umschreiben wollen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Seifert, Sie haben eine weitere Nachfrage. Bitte schön. Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, wenn ich die Presse richtig verfolge, dann sind, wenn auf Regierungsebene Gespräche geführt werden, im Gefolge einer solchen Regierungsdelegation immer auch Expertinnen und Experten, insbesondere aus der Wirtschaft, dabei, die in Gegenwart der Kanzlerin und der Ministerinnen und Minister verschiedene Verträge abschließen und auch anderes tun. Wieso können in einer solchen Delegation nicht auch Mitglieder von Behindertenorganisationen als Berater oder Beraterinnen sein? Wieso müssen das immer Vertreter von Wirtschaftsverbänden sein? Was den unabhängigen Lenkungsausschuss angeht: Ich finde es sehr gut, dass er unabhängig ist; das ist gar nicht mein Problem. Ich hatte Sie danach gefragt, welchen Einfluss Sie innerhalb dieses Lenkungsausschusses darauf nehmen, dass das Thema der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf die Tagesordnung gesetzt wird und dass es mit den entscheidenden Expertinnen und Experten in eigener Sache verhandelt wird. Ich frage nicht, wie die Sache formal ist, sondern welchen Einfluss Sie in der bescheidenen Weise, die der Bundesregierung nun mal zusteht, nehmen. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Herr Kollege Seifert, es ist richtig, dass anlässlich von Regierungskonsultationen auch Abkommen unterzeichnet werden. Es gibt aber nicht für bestimmte Verbände sozusagen ein Privileg, im Rahmen von Regierungskonsultationen Abkommen unterzeichnen zu können. Ich wiederhole: Die Konsultationen werden zwischen den Regierungen geführt. (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Man nimmt aber die Fachleute mit!) Dann, Herr Kollege Seifert, wenn ich in meinem bescheidenen Rahmen vertretungsweise an Regierungskonsultationen teilnehmen konnte, wurde ich von Vertretern des BMAS und der jeweils dort ansässigen deutschen Botschaft begleitet. Das ist das, was ich Ihnen dazu sagen kann. Regierungskonsultationen werden von Regierungsvertretern geführt. Der Lenkungsausschuss für den Petersburger Dialog ist unabhängig, und die Bundesregierung arbeitet mit großer Entschlossenheit an der Erfüllung der Pflichten, die sie auch durch die UN-Behindertenrechtskonvention und den Nationalen Aktionsplan eingegangen ist. Mit Verlaub, mein Eindruck ist: Im Weltmaßstab – wir reden nämlich über eine Behindertenrechtskonvention, die auf globaler Ebene existiert – stehen wir als Bundesrepublik Deutschland nicht schlecht da. Die Bundesregierung leistet dazu ihren Beitrag. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Ich rufe die Frage 45 der Abgeordneten Cornelia Behm auf: Hat die Bundesregierung bereits bzw. bis wann wird sie entsprechend der Bitte der Agrarministerkonferenz am 28. September 2012 in Schöntal zum Tagesordnungspunkt 39 „EEG und Biogas“ eine Studie in Auftrag geben, in der die Auswirkungen der Biogaserzeugung (auch der Bestandsanlagen) und des dafür erforderlichen Energiepflanzenanbaus auf die Boden- und Pachtmärkte, die innersektoralen Wechselwirkungen sowie auf die Ernährungs- und Futtermittelindustrie mit transparenten Indikatoren untersucht werden, und wann ist mit der Vorlage der Ergebnisse zu rechnen bzw. ist sie geplant? Zur Beantwortung steht zur Verfügung der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Gerd Müller. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Frau Präsidentin, ich beantworte die Frage der Kollegin Behm mit einem freudigen Ja. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Behm, haben Sie eine Nachfrage? Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das begrüße ich erst einmal. – Ich würde gerne wissen, ob die Bundesregierung unabhängig vom Inauftraggeben der Studie schon ein Zwischenfazit aus den zu Beginn des Jahres 2012 in Kraft getretenen Änderungen bei der EEG-Vergütung für Strom und Biogas ziehen kann, insbesondere unter Berücksichtigung dieser Verwerfungen oder Wirkungen auf Boden- und Pachtmärkte, auf die intersektoralen Wechselwirkungen sowie auf die Ernährungs- und Futtermittelindustrie. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Diese Frage beantworte ich wie folgt: Das können wir sicherlich, aber nicht hier und nicht durch mich in dieser Fragestunde. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Behm, Sie haben eine weitere Nachfrage. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr gerne. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Bitte schön. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke schön. – Die Diskussion über die Auswirkungen der Biogaserzeugung und des dafür erforderlichen Energiepflanzenanbaus auf die Boden- und Pachtmärkte und anderes wird seit Jahren geführt, auch auf der Basis von Studien. Die Debatte wird auch sehr kontrovers geführt. Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung bisher aus diesen Studien gezogen? Wenn wir jetzt eine weitere Studie in Auftrag gegeben haben, dann liegt uns ein Konzert von Studien vor. Ich frage Sie: Verspricht sich die Bundesregierung von dieser weiteren Studie endlich Klarheit und eine klare Handlungsempfehlung für die zukünftige Gestaltung der Förderung der Biogaserzeugung? Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ja, das erwarten wir von dieser Studie. Deshalb haben wir sie in Auftrag gegeben. (Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einen Zeitpunkt können Sie nicht sagen?) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kollegin Behm, Sie hatten zwei Nachfragen. Eine weitere können Sie nicht stellen. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: In den nächsten Monaten. (Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Der Parlamentarische Staatssekretär Christian Schmidt steht bereit zur Beantwortung der Fragen. Wir kommen zur Frage 46 des Abgeordneten Ströbele: Bestätigt die Bundesregierung, dass rechtsextreme Äußerungen und Aktivitäten von Uwe Mundlos, NSU, bereits im Jahr 1994 während seines Wehrdienstes von Bundeswehrdienststellen festgestellt, an Behörden des Verfassungsschutzes übermittelt und vom Militärischen Abschirmdienst oder vom Verfassungsschutz bei Uwe Mundlos nachgefragt wurden (Pressemeldungen dieser Woche, unter anderem Berliner Zeitung vom 20. November 2012), und wie rechtfertigt die Bundesregierung, dass sie meine schriftliche Frage 43 auf Bundestagsdrucksache 17/10583 nach rechtsextremen Äußerungen und Aktivitäten von Uwe Mundlos während oder vor seinem Wehrdienst ab 1994 am 31. August 2012 somit unvollständig und falsch beantwortet hat? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege, auf Ihre Frage kann ich antworten, dass es zutrifft, dass Uwe Mundlos, ein Mitglied der Terrororganisation NSU, bereits im Jahre 1994 in seiner Wehrdienstzeit durch rechtsextreme Äußerungen und Aktivitäten aufgefallen ist. Dies ist dem Militärischen Abschirmdienst durch Vorgesetzte des Uwe Mundlos gemeldet worden. Der MAD hat die operative Bearbeitung im September 1994 aufgenommen und Uwe Mundlos am 8. oder 9. März 1995 befragt. Dies ist dem 2. Untersuchungsausschuss der 17. Wahlperiode, also dem NSU-Untersuchungsausschuss, im September dieses Jahres mitgeteilt worden, nachdem im MAD-Amt die nicht mehr genutzte Datei VERANDA, das heißt Verfahren zur Registrierung und Auswertung nachrichtendienstlicher Daten, zu Uwe Mundlos ausgewertet werden konnte. Dieser VERANDA-Auszug vom 19. September war bei der Antwort meines Kollegen Thomas Kossendey auf Ihre Frage vom 31. August in der von Ihnen in dieser Frage erwähnten Bundestagsdrucksache noch nicht bekannt. Gleichwohl war die Antwort vom 31. August dieses Jahres auch im Lichte des zu einem späteren Zeitpunkt aufgefundenen VERANDA-Auszuges zu Uwe Mundlos korrekt. Insbesondere ist in dieser Antwort keine Aussage zur Anzahl von Befragungen des Uwe Mundlos getroffen worden. Dessen ungeachtet lässt sich – das ist jetzt der Stand, den wir haben – dem -VERANDA-Auszug vom 19. September lediglich eine Befragung durch den MAD entnehmen. Soweit in den von Ihnen zitierten Presseartikeln der Eindruck mehrerer Befragungen durch den MAD erweckt wird, kann eine mehrfache Befragung aufgrund der hiesigen Erkenntnisse jedenfalls nicht bestätigt werden. Im Übrigen findet eine Bewertung von Zeugenaussagen durch die Bundesregierung in einem laufenden Strafverfahren, in dem wir uns insofern gegenwärtig befinden, als über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden wird, nicht statt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Ströbele, Sie haben eine Nachfrage. Bitte schön. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, dann halte ich erst einmal fest, dass Sie einräumen, dass die Bundesregierung meine Frage unvollständig und damit unrichtig oder falsch beantwortet hatte, weil sie auf die Frage nach den Aktivi-täten und Äußerungen rechtsextremer Art des Herrn Mundlos lediglich die Befragung vom Frühjahr 1995 mitgeteilt hat, in der es um etwas ganz anderes gegangen ist, nämlich um rechtsextreme Gesänge innerhalb der Kaserne, gemeinsam mit vier anderen Kameraden, die im Zusammenhang mit der Befragung von Herrn -Mundlos auch befragt worden sind. Die sind ja gleichzeitig befragt worden. Von den Ereignissen 1994, also ein Jahr vorher, war in der Antwort überhaupt keine Rede. Wie können Sie das denn erklären? Die Ereignisse 1994 waren doch sehr zahlreich. Damals ist Mundlos verhaftet und eine Nacht lang festgehalten worden, er ist nicht zum Dienst erschienen, es wurde ein strafrechtliches Verfahren gegen ihn durchgeführt, es ist sogar ein Strafbefehl erlassen worden und, und, und. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, Sie fragen mich nach MAD-Befragungen, die, wie wir wissen, für Strafverfahren nicht in dem Sinne herangezogen werden können, dass sie Teil eines Strafverfahrens sind. Es gab eine nachrichtendienstliche Aufklärung des MAD. Diese Befragung hat nach unseren Unterlagen – das lässt sich nicht mehr ganz genau anhand dieser wieder aktivierten VERANDA-Datei feststellen – entweder am 8. oder 9. März 1995 stattgefunden. Insofern muss ich Ihre Unterstellungen zurückweisen. Es handelt sich um den Vorgang, der den Zeitraum des Grundwehrdienstes von Uwe Mundlos vom 1. April 1994 bis zum 31. März 1995 betrifft. Es ist richtig: Er hat zu einer Gruppe von sechs Soldaten gehört, die durch gemeinsames Hören von Skinmusik und teilweise mit rechtsextremistisch zu wertendem Verhalten aufgefallen waren. In der Folge wurden sie durch den Militärischen Abschirmdienst als Verdachtspersonen bearbeitet. Das ist die operative Bearbeitung, die im September 1994 begonnen hatte und dann nach unseren Unterlagen zu der Befragung im März 1995 geführt hat. Jedenfalls sind mir im Augenblick keine weiteren Unterlagen über Befragungen zugänglich. Wenn ich sie hätte, würde ich Ihnen aus diesen Unterlagen selbstverständlich Informationen geben. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich weise darauf hin, dass in etwa fünf Minuten die Aktuelle Stunde beginnen wird. Ich gebe dem Kollegen Ströbele das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich muss leider darauf beharren: Meine Frage bezog sich auf „Äußerungen“, also Mehrzahl, und „Aktivitäten“, nicht „Aktivität“. Sie haben lediglich eine Aktivität bzw. Äußerung, also das Singen rechtsextremer Skinmusik, erwähnt, während Sie das, was ein Dreivierteljahr vorher gewesen ist, überhaupt nicht erwähnt haben. Also war es doch unvollständig. Das war dann die Befragung, von der Sie reden: die Befragung, bei der dieses andere Ereignis offenbar überhaupt nicht erwähnt worden ist, wie Sie behaupten – das von 1994 –, und bei der der MAD versucht hat, Herrn Mundlos als Informanten zu gewinnen. Trifft das zu? Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Lieber Kollege Ströbele, irgendwie sträube ich mich etwas dagegen, dass wir uns auf der Ebene von Spitzfindigkeiten unterhalten. Das kennen wir beide von unserem Niveau her nicht. Ich will noch einmal sagen, dass der Kollege Kossendey mitnichten nur von einem Vorfall oder von der Skinmusik berichtet hat. Ich habe seine Antwort da: „… teilweise mit rechtsextremistisch zu wertendem Verhalten …“ – „Verhalten“ kommt hier also im Singular vor. Aber Verhalten misst sich üblicherweise an mehreren Vorkommnissen, sodass sich hier die Subsumtion möglicherweise ergeben soll. Wenn ich dann noch Ihre geschätzte Information erhalten sollte, worauf Ihr Vorwurf abzielt, dann werde ich mich auch bemühen, Ihre Frage zu beantworten. Aber irgendwie habe ich nicht den Punkt erreicht, dass ich Ihnen sagen müsste, mein Kollege Kossendey oder ich hätten in irgendeiner Weise Informationen vorenthalten, die dem Untersuchungsausschuss ja auch vorliegen. Sie wissen, das ist den Umweg über die sächsischen Verfassungsschutzunterlagen gegangen, sodass da wieder Unterlagen aufgetaucht sind. Soweit mir bekannt ist, hat sich bereits der NSU-Ausschuss auch mit diesem Komplex in der Befragung von Verantwortlichen des MAD auseinandergesetzt. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir werden das morgen mit dem Präsidenten klären!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Ströbele, Sie hatten zwei Nachfragen. Daher müssen Sie die Kommunikation anderswo fortsetzen. Die Frage 47 der Abgeordneten Katja Keul wird schriftlich beantwortet. Die Frage 48 des Abgeordneten van Aken wird gar nicht beantwortet, weil der Kollege nicht anwesend ist. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend. Die Fragen 49 und 50 der Abgeordneten Monika Lazar werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Gesundheit. Zur Beantwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin Ulrike Flach zur Verfügung. Die Frage 51 der Abgeordneten Dr. Martina Bunge wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 52 des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert: Wie bewertet und berücksichtigt die Bundesregierung die Hinweise und Forderungen des Beauftragten der Bundes-regierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, zum Entwurf der Bundesregierung zur Rechtsverordnung zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik, PID-Verordnung, und in welcher Weise waren Menschen mit Behinderung und deren Organisationen an der Erarbeitung des Entwurfs beteiligt (siehe auch www.kobinet-nachrichten.org vom 14. November 2012)? Frau Flach, bitte. Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Danke, Frau Präsidentin. – Lieber Kollege Dr. Seifert, die Beteiligung von Verbänden und Fachkreisen, deren Belange berührt sind, erfolgt im Rahmen der Erarbeitung der Rechtsverordnung auf der Grundlage des für die Rechtsetzung vorgesehenen Verfahrens der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien. Dies gilt auch für die Beteiligung des Beauftragten der Bundes-regierung für die Belange behinderter Menschen. Der Referentenentwurf der Verordnung ist darüber hinaus entsprechend dieser GGO durch das federführende Ressort in das Internet eingestellt worden. Damit wurde der Öffentlichkeit die Möglichkeit eingeräumt, von dem Verordnungsinhalt Kenntnis zu nehmen und dazu eine Stellungnahme abzugeben. Insgesamt war es damit den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, so auch Verbänden behinderter Menschen, möglich, ihre Positionen zu dem Verordnungsentwurf vorzutragen. Bei der Erarbeitung des Regierungsentwurfs, den das Kabinett in seiner Sitzung am 14. November 2012 beschlossen hat, ist den Bedenken des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen insoweit Rechnung getragen worden, als dies rechtlich möglich und Vorgaben nicht im Präimplantationsdia-gnostikgesetz selbst begründet waren. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Abgeordneter Seifert, Sie haben eine Nachfrage. Bitte schön. Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Frau Staatssekretärin, die Kritik des Behindertenbeauftragten war ja ziemlich deutlich und hatte zum Inhalt, dass die jetzt vorliegende Verordnung wesentlich weiter geht als das Gesetz, das der Bundestag beschlossen hat. Meine Frage dazu war, wieweit Sie das nicht nur bewerten, sondern auch berücksichtigen. In dem Zusammenhang möchte ich einfach die Frage stellen: Wie wichtig sind der Bundesregierung die Funktion und die Aufgaben des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen? Spricht er im Namen der Regierung, oder spricht er gegen die Regierung? Ich kann das nicht so richtig erkennen. Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege Dr. Seifert, wir können eine Verordnung nur so abfassen, wie es das Parlament in seiner übergroßen Mehrheit gewollt hat. (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Ja, dann tun Sie es bitte!) So haben wir es getan, und wir können nicht darüber hinausgehen. Das haben wir auch nicht getan, (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Der Beauftragte sieht das ganz anders!) sondern wir haben uns ganz eng an die Vorgaben des Präimplantationsdiagnostikgesetzes gehalten. Der Behindertenbeauftragte hat eine sehr eigenständige Position; das wissen Sie. Er berät uns, aber er ist nicht Teil der Bundesregierung in dem Sinne, dass er sozusagen zwangsläufig mit eingebunden wird wie ein normales Ressort. Das, was er vorträgt und was wir als für diese Verordnung gegeben erachten, haben wir selbstverständlich berücksichtigt. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Seifert, haben Sie eine weitere Nachfrage? – Bitte schön. Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Dazu kann ich jetzt nicht viel sagen. Offensichtlich ist es aber so, dass die Meinungen darüber, was in dem Gesetz steht, sehr unterschiedlich sind. Wir wissen, Frau Staatssekretärin, dass Sie und ich insoweit unterschiedlicher Meinung sind. Aber der Beauftragte sieht es offensichtlich nicht so, dass alles das, was in dem Gesetz steht, eingehalten worden ist; vielmehr meint er, dass wesentlich darüber hinausgegangen worden ist. Ich rede jetzt nicht von meiner Meinung, sondern von demjenigen, der von Ihrer Regierung dazu beauftragt worden ist, die Belange von behinderten Menschen wahrzunehmen. Ich meine, dass man zumindest sein Wort etwas ernster nehmen sollte als vielleicht das Wort eines kleinen Oppositionsabgeordneten. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Flach, möchten Sie antworten? Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Präsidentin! Wir berücksichtigen immer das, was gegeben erscheint. In diesem Falle aber hat der Behindertenbeauftragte von vornherein eine völlig gegensätzliche Meinung zu dem, was das Parlament hier in seiner großen Mehrheit beschlossen hat. Wir können uns aber nur in diesem Rahmen bewegen, Herr Kollege Seifert. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Es gibt noch eine Nachfrage der Kollegin Vogler. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt und wie bewertet die Bundesregierung es, dass es auch aus den Kreisen derjenigen Abgeordneten, die damals den Gesetzentwurf zur Präimplantationsdiagnostik, der schlussendlich zu dieser Verordnung geführt hat, eingebracht haben, erhebliche Kritik an dieser Verordnung gibt und sie ihre gesetzgeberische Intention, nämlich die PID für eine sehr begrenzte Zahl von Fällen zu ermöglichen, in dieser Verordnung völlig falsch wiedergegeben sehen? Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Vogler, auch Sie waren ja nicht der Meinung der Mehrheit dieses Parlaments. Sie können sicher sein, dass wir dieser Mehrheit sehr klug gefolgt sind. Sie haben mich gefragt, ob ich Einwände aus dem Kreis derjenigen, die unseren Antrag mitgetragen haben, kenne. Mir ist ein Schreiben eines Kollegen aus Ihrer Fraktion bekannt. Dieses Schreiben ist an den Bundesminister für Gesundheit gegangen und ist auch entsprechend beantwortet worden. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Damit sind wir am Ende der Fragestunde. Ich rufe jetzt den Zusatzpunkt 1, Aktuelle Stunde, auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Ökonomische und verfassungsrechtliche Auswirkungen der Vermögensteuerpläne von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ich gebe das Wort dem Kollegen Olav Gutting für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Olav Gutting (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Steuereinnahmen in Deutschland werden im laufenden Jahr die Rekordsumme von mehr als 600 Milliarden Euro überschreiten. In dieser Situation der Rekordeinnahmen auf Steuerseite fällt Rot-Grün nichts anderes ein, als nach weiteren Steuererhöhungen zu rufen – als da sind: die Erhöhung der Einkommensteuer um 7 Prozentpunkte, die Verdopplung der Erbschaftsteuer, die Anhebung des Rentenversicherungsbeitrages auf 22 Prozent – zumindest von der SPD vorgeschlagen –, viele weitere Abgabenerhöhungen und auch eine Vermögensteuer oder, wie es bei den Grünen heißt, eine Vermögensabgabe. Wir sind seit Jahren erfolgreich dabei, den Standort Deutschland in der europäischen Krise wettbewerbsfähig zu halten. Ganz am Anfang dieser Bemühungen waren ja auch Sie von der Opposition noch dabei. Diese Regierung, meine Damen und Herren, hat Deutschland wieder zur Wachstumslokomotive in Europa gemacht. Die Beschäftigungsquote ist sensationell, die Sozialversicherungskassen sind prall gefüllt, und die Steuerquellen sprudeln. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Carsten Sieling [SPD]: Und wovon träumen Sie nachts?) Und in dieser Situation wollen Sie mit einer Vermögensteuer oder mit einer Vermögensabgabe gerade unsere renditeschwachen Mittelständler ganz hart treffen! Mit dieser Vermögensteuer kommt es zu einer offenen oder auch verdeckten Substanzbesteuerung von Betriebsvermögen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW in Mannheim hat ausgerechnet, dass die effektive steuerliche Gesamtbelastung der Unternehmen durch Ihre Pläne um bis zu 19 Prozentpunkte steigt. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Unglaublich!) In dieser Situation fällt mir nur ein Spruch ein: Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vor wenigen Monaten hat die SPD-Troika den französischen Wahlkampf begleitet, hat ganz gespannt auf den Wahlkampf der Sozialisten in Frankreich geschielt. Tatsächlich hat ja François Hollande in Frankreich die Wahlen gewonnen, unter anderem mit der Forderung nach -einem Spitzensteuersatz von 75 Prozent. Nun, der Katzenjammer folgt auf dem Fuß. Jeder, der immer noch daran geglaubt hat, dass man mit diesen Rezepten aus der sozialistischen Mottenkiste Staat machen kann, der braucht nur nach Frankreich zu blicken. Dort sieht man, wie die Grande Nation aktuell einen wirtschaftlichen Niedergang erlebt – und das wegen falscher Politik mit solchen Maßnahmen wie massiven Erhöhungen der Steuern. (Dr. Carsten Sieling [SPD]: Acht Jahre der schwarze Sarkozy! – Joachim Poß [SPD]: Den Unsinn hat der Kauder schon letzte Woche erfolglos angebracht!) Ihr Plan ist es, möglichst hohe Steuern aus einer möglichst kleinen Gruppe herauszupressen. Aber damit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, untergraben Sie die Steuerbasis in diesem Land. Sie untergraben die Steuerbasis der Gemeinschaft. Wenn Sie das Gefälle zwischen denjenigen, die Steuern bezahlen, und denjenigen, die verschont werden, immer größer werden lassen, setzen Sie zusätzliche Anreize, Steuern zu vermeiden – legal und illegal. Das zu verhindern, das müsste doch eigentlich unser aller Ansatz sein. Schauen wir uns einmal an, wie oftmals mit legalen Steuervermeidungsstrategien multinationale Unternehmen in Deutschland, in Europa Steuern vermeiden; Stichwort „Facebook“, Stichwort „Amazon“ oder „Google“. Dem müssen wir doch einen Riegel vorschieben. Gewinne, die in Deutschland, die in Europa gemacht werden, müssen auch hier versteuert werden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich bin froh, dass Wolfgang Schäuble, unser Finanzminister, beim letzten G-20-Gipfel in Mexiko hier endlich die Initiative ergriffen und deutlich gemacht hat, dass es so nicht mehr weitergeht. Anstatt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, diejenigen immer stärker abzukassieren, die es noch in diesem Land hält und die in diesem Land regelmäßig ehrlich ihre Steuern bezahlen, sollten Sie sich -lieber zusammen mit uns darum kümmern, dass wir Steuerschlupflöcher schließen und dass wir aggressive internationale Steuervermeidungsstrategien verhindern; denn die prellen unseren Staat, die prellen unsere Gemeinschaft. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen machen Sie auch das Steuerabkommen mit der Schweiz!) Das beste Beispiel ist das von Ihnen hier und im Bundesrat abgelehnte Steuerabkommen mit der Schweiz. (Michaela Noll [CDU/CSU]: Richtig!) Da hätten Sie die Möglichkeit gehabt, abgewandertes Vermögen in der Schweiz regelmäßig zu besteuern; 10 Milliarden Euro allein für die Vergangenheit. Was machen Sie? Aus parteitaktischen Gründen lehnen Sie das ab und schießen 10 Milliarden Euro in den Wind. Stattdessen wollen Sie die Steuern für die Ehrlichen hier in Deutschland noch erhöhen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ungeheuerlich!) Eigentlich müsste man ja froh sein, dass Sie mit diesen Plänen den Wählerinnen und Wählern in diesem Land Ihr wahres Gesicht zeigen. Aber leider ist es so, dass allein schon durch diese Pläne massive Verunsicherung entsteht, massive Verunsicherung auch mit Blick auf Investitionen. Man kann zu Ihren Steuerplänen nur sagen: Sie sind verfassungswidrig. Sie sind arbeitsplatzgefährdend. Sie treffen am Ende sogar die sozial Schwachen, zum Beispiel bei der Miete. Sie sind krisenverschärfend, und sie sind deshalb unverantwortlich. Hören Sie damit auf! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Joachim Poß hat das Wort für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Joachim Poß (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihre Rede, Herr Gutting, hat gezeigt, was das Hauptproblem von Schwarz-Gelb ist: Sie sind entweder unfähig oder unwillig, die Realitäten in unserem Land zu erkennen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michaela Noll [CDU/CSU]: Man soll nicht von sich auf andere schließen!) Das ist offenkundig; denn die hinter unseren Vermögensteuerplänen stehende gesellschaftliche Realität, die zunehmende soziale Spaltung in Deutschland, spielt für Schwarz-Gelb keine Rolle. Nein, Sie verschärfen diese Spaltung noch durch Ihre Politik. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Noch in dem Entwurf des Armuts- und Reichtumsberichts hat Ihre Regierung festgestellt, wie die Situation ist. Dann manipulieren Sie einen solchen Bericht je nach politischem Bedarf. Die Realität wird dann durch Manipulation einfach ausgeklinkt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wie soll man denn auf einer solchen Grundlage zu einer vernünftigen Politik kommen? Gesellschaftspolitische Ignoranz bleibt das Markenzeichen von Schwarz-Gelb. Deswegen versuche ich mal, Ihnen die Realität zu schildern. Bei der Entwicklung der Einkommen haben wir auf der einen Seite Reallohnverlust bzw. -stagnation für Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den letzten 15 Jahren und auf der anderen Seite die Explosion von Managergehältern. (Beifall bei der SPD) Auch die Vermögen unterliegen einer zunehmenden Konzentration. Die reichsten 10 Prozent halten 60 Prozent des privaten Gesamtvermögens. Über die soziale Spaltung darf man nicht einfach hinweggehen, wenn man dem Geist unserer Verfassung entsprechen will: Wir sind schließlich ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat. Also handeln Sie danach und beschäftigen Sie sich mit den Konsequenzen, die sich aus diesen Zahlen ergeben! (Beifall bei der SPD) Übrigens: Starke materielle Ungleichheit destabilisiert eine Gesellschaft. Nur Ideologen behaupten das Gegenteil. Es gibt in Ihren Reihen Leute, die das Gegenteil behaupten. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Aber Ideologen habt ihr mehr!) Starke materielle Ungleichheit ist auch ökonomisch schädlich. Auch dazu gibt es interessante Studien. Das heißt, das Ausmaß an sozialer Ignoranz und Realitätsleugnung im konservativen Lager, mit Frau Merkel an der Spitze, ist erschreckend. Viele, auch in der sogenannten ökonomischen Elite unseres Landes, verschließen einfach die Augen vor dem, was sich um sie herum abspielt. Da wird von Ihnen ein juristischer Popanz aufgebaut. Mit argumentativen Winkelzügen wird behauptet, eine laufende Vermögensteuer sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Dagegen spricht allein schon, dass es in der Bundesrepublik Deutschland über Jahrzehnte eine Vermögensteuer gegeben hat. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das Bundesverfassungsgericht hat 1995 diese Vermögensteuer nicht abgeschafft, sondern hat wegen der damaligen ungleichen Bewertung von Geld- und Immobi-lienvermögen lediglich ihre Erhebung in der damaligen Form nicht mehr gestattet. Ihnen geht es hier einzig und allein darum, im Interesse der Privilegierten in dieser Gesellschaft, von Milliardären und Multimillionären, zu einer Schonung von Vermögen zu kommen. Das ist Ihr eigentliches gesellschaftspolitisches Ziel und nichts anderes. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Hier wird von Ihnen außerdem immer die Betroffenheit des Mittelstandes vorgeschoben. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Was ist denn jetzt Ihr Konzept?) Es wird so getan, als seien die Mittelschicht und der Mittelstand in großer Weise betroffen. Sie bauen wie immer Pappkameraden auf, weil Ihre ganze Politik von der Feindbildpflege abhängt. Darauf reduzieren Sie sich. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE] – Zuruf des Abg. Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU] – Weitere Zurufe von der FDP) Das ist zu wenig, um ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland zu führen. Richtig ist, dass eine wieder erhobene Vermögensteuer so ausgestaltet werden muss, dass betriebliche Investitionen und Beschäftigung nicht beeinträchtigt werden. Einen solchen Ansatz verfolgen wir. Sie machen aber etwas ganz anderes: (Ulrike Flach [FDP]: Was soll das denn sein?) Ihre ökonomische Analyse ist unsachlich und demagogisch. Nach Ihnen geht die Welt unter, wenn die Vermögensteuer wieder eingeführt wird. Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass diese Aktuelle Stunde Teil einer Kampagne von Wirtschaftsverbänden und einzelnen Medien mit dem Ziel ist, vor -allem, wie ich es schon ausgedrückt habe, hohe und höchste Privatvermögen zu schützen. Ein moderner Staat, der Schulden zurückführen will, der Zukunfts-investitionen realisieren will und der die Ungleichheit bekämpfen will, braucht aber eine angemessene finanzielle Beteiligung von Spitzenverdienern und sehr hohen Vermögen. Das müsste zumindest in der Volkspartei CDU/CSU verstanden werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: „Parteien“ ist richtig! – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Entschuldigung, wenn das mein einziger Fehler war!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Kollege Dr. Volker Wissing hat jetzt das Wort für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Dr. Volker Wissing (FDP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst hat die SPD die Vermögensteuer mit großem Tamtam angekündigt, dann hat das rot-grüne Rheinland-Pfalz einen konkreten Vorschlag vorgelegt, und jetzt bekommen Sie kalte Füße, weil Ihnen jeder vorrechnen kann, welchen Schaden Sie mit dieser Vermögensteuer in Deutschland anrichten würden. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Es ist doch klar, dass der Staat wenig von einer solchen Steuer hat. Der Erhebungsaufwand ist groß; die Steuergewerkschaft warnt, dass mit dem bisherigen Personalbestand eine solche Steuer gar nicht erhoben werden kann, ansonsten würde es zu massiven Ausfällen bei der Einkommensteuer kommen. Das heißt: Bestenfalls können Sie mit diesen Steuereinnahmen mehr Personal finanzieren, aber sonst gar nichts. Diese Steuer richtet großen Schaden an. Sie nützt niemandem, und zuletzt nützt sie dem Sozialstaat. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) In Wahrheit ist es so, dass die SPD-Parteilinke ihren Kanzlerkandidaten wie einen „Tanz-Peer“ an der Nase durch die Arena geführt hat; (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sehr witzig! Tara, tara! – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tolles Bild!) dann hat er gemerkt, dass das nicht zum Bild des Möchtegern-Helmut-Schmidt passt, und plötzlich warnt er davor, beim Thema Steuern zu überziehen. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Damit keiner weiß, was er verdient hat!) Sie haben diese Warnung von Peer Steinbrück nicht nur ignoriert; Sie haben auch ganz gehörig bei den Ausgaben überzogen, indem Sie mal eben ein 30-Milliarden-Euro-Rentenkonzept beschlossen haben. Sie haben außerdem mit Ihren Steuerforderungen gehörig überzogen. Ihre Vermögensteuer ist eine Substanzsteuer, die Unternehmen bei rückläufigen Gewinnen nur durch den Abbau von Arbeitsplätzen erwirtschaften können. Deswegen ist sie unsozial; denn sie nimmt denen die soziale Sicherheit, die sie am dringendsten brauchen, nämlich den Beschäftigten, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Wir werden Deutschland davor bewahren, dass Sie Hand an Arbeitsplätze anlegen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Da können Sie doch die Axt anlegen! Axt ist besser als Hand!) Das Problem der Vermögensteuer als Substanzsteuer liegt darin, dass sie genau an dem Ast sägt, auf dem der Sozialstaat sitzt. Wenn Sie private Vermögenssubstanz wegbesteuern, nimmt der Staat durch diese Steuer am Ende nämlich überhaupt nichts mehr ein. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht es auch ein bisschen differenzierter? – Joachim Poß [SPD]: Herr Wissing ist die FDP-Axt!) Das soll jetzt nur nicht deutlich werden; im Wahlkampf wollen Sie in der Öffentlichkeit kein konkretes Steuermodell diskutieren. Der SPD-Linken haben Sie die Enteignung von Privatvermögen versprochen, (Joachim Poß [SPD]: Was?) und Peer Steinbrück darf so tun, als sei er ein guter Onkel, den der Mittelstand ruhig wählen kann. Das werden wir Ihnen aber nicht durchgehen lassen, sondern wir werden das aufdecken. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Carsten Sieling [SPD]: 4 Prozent! – Joachim Poß [SPD]: Sie sollten jetzt wirklich die Tea Party hier gründen! Er sollte Spitzenkandidat bei der Tea Party werden!) Was Rot-Grün wirklich will, das können Sie anhand der grünen Vermögensabgabe deutlich erkennen. Sie wollen an Privatvermögen in Deutschland heran. Sie wollen eben nicht, Herr Kollege Poß, an die Konzernvermögen heran. Die sind bei den Grünen extra ausgenommen. (Joachim Poß [SPD]: Wir haben überhaupt nichts ausgenommen!) Beteiligungsgesellschaften, Konzerne: keine Vermögensabgabe; private mittelständische Unternehmer: Vermögensabgabe. Das ist die Wahrheit. Sie täuschen die Öffentlichkeit, indem Sie eine Verdrehung der Tatsachen hier an diesem Pult vortragen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vermögensabgaben, andere Abgaben – bleiben Sie doch bitte einmal bei der Wahrheit!) – Wissen Sie, der SPD kommt doch Ihre Vermögensabgabe entgegen, weil danach das gesamte SPD-Parteivermögen verschont bleibt. Das ist doch die scheinheilige Strategie dieser Sozialdemokraten: dem privaten Mittelstand in die Tasche greifen und das eigene Parteivermögen von der Besteuerung ausnehmen! (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das ist so was von albern! – Joachim Poß [SPD]: So krank kann man doch gar nicht sein!) Ihre Strategie geht nicht auf. Sie sind entlarvt. (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sie entlarven sich selber!) Sie wollen den Mittelstand abkassieren, nicht Konzerne und Beteiligungsgesellschaften. Sie wollen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern den Inflationsausgleich durch Abbau der kalten Progression verweigern. Selbst die Anhebung des steuerfreien Existenzminimums, was verfassungsrechtlich geboten ist, verweigern Sie den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. (Joachim Poß [SPD]: Die Anhebung des verfassungsrechtlichen Existenzminimums verweigern wir nicht! Das ist eine glatte Lüge!) Das SPD-Parteivermögen wollen Sie vor Steuern schützen. Im Grunde genommen planen Sie genau das Gleiche wie beim letzten Mal. Mit einer Vermögensteuer werden Sie Ihre Mehrausgaben in Milliardenhöhe nicht finanzieren können. Sie wollen sich das Geld von denen holen, von denen Sie es sich schon immer geholt haben, nämlich von den Beschäftigten, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und der arbeitenden Mitte in Deutschland. Wie das funktioniert, haben Sie schon einmal vorgeführt: (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind die reichsten 33 000!) 25 Milliarden Euro hat die SPD sich über die Mehrwertsteuererhöhung von der gesellschaftlichen Mitte geholt (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Aber mit der CDU! Mit Ihrem Koalitionspartner!) und nur 500 Millionen Euro über die Reichensteuer. Sie stellen die Vermögensteuer ins Schaufenster; finanzieren wollen Sie Ihre Ausgaben jedoch mit dem Geld der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das wollen Sie der Öffentlichkeit verschweigen. Deswegen ziehen Sie Ihre konkreten Pläne zurück. Wir werden das transparent machen und werden Sie an diesem Punkt stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Petra Hinz [Essen] [SPD]: Sagen Sie mal, was Sie wollen!) Mit der Verweigerung der Anhebung des Existenzminimums und des Inflationsausgleichs für Beschäftigte haben Sie bereits mit dieser unsozialen Politik begonnen. Soziale Gerechtigkeit ist eben mehr als ein Versprechen höherer Sozialleistungen. Soziale Gerechtigkeit -besteht auch in einer gerechten Besteuerung der Leistungsträgerinnen und Leistungsträger dieser Gesellschaft, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie verweigern ihnen Gerechtigkeit. Sie wollen Vermögen besteuern, die SPD aber ausnehmen. Ich sage Ihnen: Wenn Unvermögen besteuert würde, dann müsste die SPD bezahlen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Barbara Höll hat jetzt das Wort für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wissing, wer sich im Rahmen der Haushaltsberatungen einfach mal so bei der KfW und den Sozialkassen bedient, der sollte hier lieber schweigen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Die Diskussion zu Vermögensteuer und Vermögensabgabe wirft verschiedene Fragen auf. Erstens: Entsprechen sie dem Grundgesetz? Das müssen wir uns als Gesetzgeber immer fragen. Die klare Antwort lautet: Ja. Das brachte Professor Böckenförde bereits 1995 in seinem Minderheitenvotum zum Ausdruck. Inzwischen gibt es viele entsprechende Gutachten. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Eure 5 Prozent sollen verfassungsgemäß sein?) Das ist geklärt: Sowohl eine Vermögensbesteuerung als auch eine Vermögensabgabe sind verfassungskonform. – Nebenbei gesagt: Wir haben bereits 1999 und 2001, damals als PDS, Anträge auf Wiedererhebung der Vermögensteuer gestellt. Damals haben dies alle abgelehnt. Ich bin froh, dass inzwischen drei Fraktionen die Position vertreten, dass wir das machen können und müssen. (Beifall bei der LINKEN) Zweitens: Ist es berechtigt? Ja. Die Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen hat seit 2000 massiv zugenommen. Es gibt dafür zwei Hauptgründe. Der eine Grund ist die Steuergesetzgebung, für die Rot-Grün verantwortlich war: Der Spitzensteuersatz wurde gesenkt, der Körperschaftsteuersatz wurde gesenkt, die Steuerfreiheit bei Veräußerungsgewinnen wurde eingeführt. Wenn man all das zusammenrechnet, sprich: wenn wir heute die Steuergesetzgebung von 1999 hätten, dann hätten wir insgesamt mindestens 490 Milliarden Euro mehr eingenommen. Der zweite Grund ist die Niedriglohnpolitik, die seit Rot-Grün massiv vorangetrieben wird; Sie haben sie fortgeführt. Wir haben Reallohnverluste von 4 Prozent. Man muss sagen: Gerade die Menschen, die schon im Niedriglohnsektor tätig sind, haben noch viel höhere Reallohnverluste zu verzeichnen, nämlich bis zu 19 Prozent. Das Ergebnis dessen: eine wachsende Armut und eine schrumpfende Mittelschicht. Wenn Sie sich hier so gerieren, sollte Ihnen vor allem Folgendes zu denken geben: 1998 zählten noch gut 64 Prozent der Bevölkerung zur Mittelschicht; dieser Anteil ist innerhalb von 10 Jahren um knapp 6 Prozentpunkte geschrumpft. Diejenigen, die sich jetzt noch zur Mittelschicht zählen, wissen, dass sie kaum noch eine Chance haben, nach oben zu kommen; es gibt eine massiv verbreitete Angst, abzurutschen. Das ist garantiert nicht motivationsfördernd, und dafür sind Sie mit Ihrer Politik verantwortlich. (Beifall bei der LINKEN) Die öffentliche Hand ist so verschuldet, dass ein regelrechter Investitionsstau entstanden ist, insbesondere auf Kosten der Kinder und Jugendlichen. Schauen Sie doch einmal, wie es in den Kommunen aussieht: Sporthallen fallen zusammen, (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Im Osten, wo die Linke regiert, aber nicht in Bayern zum Beispiel!) Schulen fehlen, Kitas werden nicht geschaffen. Eine Steuer, auch eine Vermögensteuer, kann die primäre Ungleichverteilung in der Bundesrepublik sicher nicht beseitigen. Wir brauchen Mindestlöhne und Reallohnanwüchse; das ist völlig unbestritten. Aber Steuerpolitik kann ihrem Namen gerecht werden und tatsächlich steuern. Dazu ist die Vermögensteuer da. In besonderen Fällen kann man auch eine Abgabe erheben, in diesem Falle eine Vermögensabgabe. (Beifall bei der LINKEN) Drittens: Spricht nun etwas dagegen? (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Ja, alles!) Wir haben gestern eine Diskussion mit der Industrie geführt. Da wurde gesagt: Es gibt keine Datenbasis; das -alles ist unseriös. – Das finde ich nun wirklich extrem dreist. Die Datenbasis fehlt seit der Aussetzung der Erhebung der Vermögensteuer im Jahr 1997. Sie haben sich in keiner Weise bemüht, irgendwie an entsprechende Daten heranzukommen, (Joachim Poß [SPD]: Ganz im Gegenteil! Die haben die Datenbasis beseitigt!) aber werfen denjenigen, die Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen anführen, vor, das sei unseriös. Das ist eine Frechheit ohnegleichen. (Beifall bei der LINKEN) Es gibt jedoch einen Vergleich mit anderen Staaten in Europa. Der Anteil der Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern, also aus Grundsteuer, Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer und Vermögensteuer, am Bruttoinlandsprodukt beträgt in Deutschland 0,9 Prozent. Im OECD-Durchschnitt sind es 1,8 Prozent, also doppelt so viel. (Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Deswegen stehen wir wirtschaftlich so gut da!) In den EU-27-Staaten beträgt der Anteil 2,6 Prozent. In unserer Staatskasse wäre viel mehr Geld, wenn wir wenigstens den Durchschnitt der OECD-Staaten erreichen würden. (Beifall bei der LINKEN) Sie sagen, eine Vermögensteuer bedrohe die Wirtschaft. Mir ist nicht bekannt, dass die Wirtschaft vor 1997 völlig am Boden lag, weil es eine Vermögensteuer gab. Ich weiß deshalb nicht, warum das jetzt der Fall sein sollte, wenn wir sie wieder erheben. Sie sprechen von Erhebungskosten, Herr Wissing. Das ist doch Quatsch. Natürlich sagt die Steuer-Gewerkschaft: Wenn wir eine weitere Steuer erheben sollen, dann brauchen wir mehr Steuerbeamte. – Das ist doch auch logisch. Das ist keine Warnung; das ist eine berechtigte Forderung. Die Erhebungskosten sind trotzdem nicht so hoch, weil wir durch die Neuregelung der Erbschaftsteuer bereits eine Grundlage dafür haben, wie Grund und Boden verkehrsnah bewertet werden können. Sie sagen immer, die Reichen seien schon so belastet. Da blutet mir immer das Herz. Ein Drittel der Menschen, die abhängig beschäftigt sind, zahlen gar keine Steuern, weil sie zu wenig verdienen. Die Höhe des Anteils, welchen eine bestimmte Gruppe leistet, sagt doch nichts über ihre Belastung aus. Das ist doch, als vergleiche man Birnen mit Äpfeln. Das hat doch keinen Aussagewert. Nehmen wir einmal an, ein einziger Mensch würde das gesamte Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik verdienen und alle anderen bekämen Hartz IV, (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Das volkswirtschaftliche Modell der Linken kommt jetzt!) nur dieser eine würde also Steuern zahlen. Er hätte dann eine Belastung von 100 Prozent. Ob derjenige aber 1 Million oder 1 Milliarde Steuern zahlen müsste, ist etwas völlig anderes. Lassen Sie dieses Argument deshalb also beiseite. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Der eine wäre aber dann woandershin, das sage ich Ihnen! – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Wenn der jetzt noch ins Ausland abwandert, dann ist es zappenduster in Deutschland!) Es gibt zwei Aufgaben, die wir erledigen müssen – ich möchte sie kurz nennen –: Wir brauchen Infrastruktur, und wir brauchen eine Vorsorge für die Risiken, die mit der Euro-Krise verbunden sind. Deshalb: Ja zur Vermögensteuer und Ja zur Vermögensabgabe. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Für Bündnis 90/Die Grünen hat Lisa Paus das Wort. Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Koalition! Ich möchte mich ausdrücklich dafür bedanken, dass ich heute im Rahmen der Aktuellen Stunde noch einmal das Konzept der Grünen zur Vermögensabgabe vortragen kann, auch wenn es dafür keinen aktuellen Anlass gibt. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Es hat uns niemand gefragt! – Manfred Grund [CDU/CSU]: So sind wir!) Unser Konzept gibt es schon länger. Wir haben es ausgearbeitet, wir haben die Erstellung eines Gutachtens beauftragt, und seit September dieses Jahres liegt diesem Haus ein fertiger Gesetzentwurf vor. Wir haben ihn nicht zurückgenommen, er liegt vor, und wir wollen ihn diskutieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir finden es bedauerlich, dass wir nach wie vor die einzige Partei im Deutschen Bundestag sind, die einen konkreten Vorschlag vorlegt, wie man die Schulden in Deutschland tatsächlich abbauen kann. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Durch Steuererhöhung!) Sie reden davon, dass es Rekordsteuereinnahmen gibt, machen aber neue Schulden. Sie reden davon, dass Sie ab 2014 keine neuen Schulden machen wollen, tun aber nichts für den konkreten Schuldenabbau. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Nein! Schauen Sie doch mal, was Sie an Mehrausgaben im Haushalt beantragt haben! Das wäre spannend, wenn Sie das vortragen würden!) Unser Vorschlag liegt vor. Seit drei Jahren beschäftigen wir uns mit den Kosten, die durch die Finanz- und Wirtschaftskrise entstanden sind. Die Schuldenstandquote Deutschlands hat sich von 60 auf 80 Prozent erhöht. Ihre Bundeskanzlerin Angela Merkel ist verantwortlich für 400 Milliarden Euro neue Schulden. Von Ihnen kommt kein einziger Vorschlag zum Schuldenabbau. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Quatsch! – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So viel zum Thema Generationen-gerechtigkeit!) Wir haben einen. Setzen Sie sich damit vernünftig aus-einander. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir fragen: Wer soll das alles zahlen? Sie bleiben eine Antwort darauf schuldig. Wir haben uns entschieden: Es sollen eben nicht die Ärmsten der Armen zahlen, und wir wollen auch keinen weiteren Soli einführen. Wir sagen: Es ist berechtigt, zur Deckung der durch die Finanz- und Wirtschaftskrise entstandenen spezifischen Kosten eine einmalige Vermögensabgabe zu erheben, die ganze 330 000 Personen in Deutschland treffen wird, also weniger als 1 Prozent der Steuerpflichtigen in Deutschland. Die Einführung einer Vermögensabgabe würde einen signifikanten Beitrag zum Abbau der Verschuldung leisten. 100 Milliarden Euro über zehn Jahre wären dadurch einzunehmen. (Manuel Höferlin [FDP]: 50 Jahre wären noch besser!) Diese einmalige Abgabe in Höhe von 1,5 Prozent pro Jahr, über zehn Jahre zahlbar, ist von natürlichen Personen zu entrichten. Ich habe von 330 000 Personen gesprochen. Wie kommt diese Zahl zustande? In unserem Modell sind relevant hohe Freibeträge vorgesehen: 1 Million Euro pro Person und 250 000 Euro pro Kind. (Dr. Volker Wissing [FDP]: Ab 2 Millionen dann null! Sagen Sie das gleich dazu!) Außerdem haben wir die Extraregelung vorgesehen, dass für Betriebsvermögen ein Freibetrag von 5 Millionen Euro gilt. Eine Substanzbesteuerung von Betriebsvermögen haben wir definitiv ausgeschlossen. Wer keine Gewinne macht, der muss auch keine Abgabe zahlen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Maximal 35 Prozent des Gewinnes würden der Vermögensabgabe unterliegen. (Manuel Höferlin [FDP]: Liegt das direkt unter dem Wert einer Photovoltaikanlage, oder was?) Ein Beispiel: Bei einem Betriebsvermögen von 6 Millionen Euro, wären für die Vermögensabgabe ganze 0,25 Prozent pro Jahr fällig. Das ist eine zusätzliche Belastung. (Dr. Volker Wissing [FDP]: Das ist ein ausgewiesener Beitrag zur Steuervereinfachung, was Sie hier darlegen!) Sie ist aber tragbar. – Damit unterbreiten wir einen vernünftigen Vorschlag, anders als die FDP in Bayern. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ihnen ist die Aufkündigung der Solidarität tatsächlich den wahnwitzigen Vorschlag wert, für das Land Berlin eine Einkommensteuer mit einem Spitzensteuersatz von 71 Prozent einzuführen. Die FDP von Bayern rühmt sich, zusammen mit Herrn Professor Lars Feld einen Vorschlag vorzulegen, der folgende Einkommensteuerspitzensätze zur Folge hätte: Niedersachsen 55 Prozent, Berlin 71 Prozent, (Joachim Poß [SPD]: Das ist aber hoch! Sind wir denn hier in Paris?) Brandenburg 51 Prozent. Die FDP macht solche Vorschläge und erzählt uns etwas von irgendwelchen nicht tragbaren Belastungen. Das ist einfach absurd. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Was hat das hiermit zu tun? Quatsch! Wo ist der Bundesbezug?) Dann wurde wieder das Argument vorgebracht, dass die Unternehmen und die Reichen flüchten würden. Auch das ist nach unserem Konzept für eine Vermögensabgabe schlichtweg nicht möglich, weil ein Stichtag vorgesehen ist, der in der Vergangenheit liegt. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Es kommt nicht darauf an, ob er Vermögen hat, sondern darauf, ob er es gehabt hat! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deswegen sind die üblichen Diskussionen, eine Vermögensteuer führe zu Ausweichmöglichkeiten und Anpassungsproblemen, die negativ auf die Wirtschaft wirkten, bei diesem Konzept definitiv nicht angebracht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Im Gegenteil: Da der Stichtag in der Vergangenheit liegt und man sich der Vermögensabgabe nicht entziehen kann, der Schuldenstand in Deutschland dadurch aber signifikant reduziert wird und die Wettbewerbsbedingungen des Standorts Deutschland verbessert werden, ist die Vermögensabgabe eher ein Grund, hierzubleiben, als Deutschland zu verlassen. Insofern ist dieses Argument nachgerade absurd. Es bleiben noch zwei letzte Argumente: Wenn ihr nichts mehr einfällt, dann bringt die FDP das Thema Bürokratiekosten vor. Das ist völlig klar. (Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das ist auch so!) Auch diesbezüglich sollten Sie bei der Wahrheit bleiben und sich konkret mit unserem Konzept auseinandersetzen. Unser Vorschlag zur Vermögensabgabe würde weniger als 1 Prozent Erhebungskosten mit sich bringen. Den Vorwurf „Bürokratie“ lasse ich mir von einer Koalition, die ein sogenanntes Bildungs- und Teilhabepaket beschlossen hat, mit dem ein Bürokratieaufwand von 30 Prozent verbunden ist – für jeden ausgereichten Euro sind 30 Cent Bearbeitungskosten notwendig –, nicht aufs Butterbrot schmieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Haben Sie mit der Finanzverwaltung schon einmal darüber geredet?) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kollegin, Sie wäre dann am Ende Ihrer Redezeit. Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gut, dann komme ich zum Ende. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Schluss ist jetzt!) Ich hätte noch viel zu sagen. Ich würde auch zur Verfassungsdebatte gerne noch etwas sagen. Das spare ich mir aber jetzt. Stattdessen gebe ich Ihnen nur noch Folgendes mit auf den Weg: Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Kollegin! Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es war schon mehrmals so, dass die übrig gebliebenen Sympathisantinnen und Sympathisanten von dieser Koalition (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Sympathisanten? Wir sind doch keine terroristische Vereinigung!) zumindest weiter waren als die FDP. Ihren Vorschlag einer Steuersenkung haben Sie schon wieder korrigiert. Bei diesem Thema ist die Situation ähnlich: Über 60 Prozent aller, auch Ihrer Wählerinnen und Wähler wollen eine Vermögensbesteuerung; das verdeutlichen die Umfragen. Folgen Sie endlich dem Wunsch Ihrer Wählerinnen und Wähler. Herzlichen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD]) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Für die CDU/CSU hat das Wort der Kollege Dr. Mathias Middelberg. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): Frau Präsidentin, vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich greife als Erstes das Stichwort „Schuldenabbau“ auf, das Frau Paus genannt hat. Dabei hat sie mustergültig die Vermögensabgabe als Lösung präsentiert. Beim Thema Schuldenabbau können einem natürlich auch andere Dinge einfallen: Strukturen umbauen, einfach einsparen oder Bürokratie abbauen. Auch durch solche Maßnahmen kann man sparen. Das tun wir zum Beispiel, indem wir die Bundeswehr reformieren und dafür sorgen – das -können Sie feststellen, wenn Sie das aufmerksam verfolgen –, dass das Ausgabentableau des Bundeshaushalts seit mehreren Jahren, seitdem wir die Verantwortung tragen, stabil ist. Wir haben die Ausgaben in diesem Land nicht gesteigert, und obwohl wir relativ niedrige, wettbewerbsfähige Steuersätze in Europa haben, haben wir Rekordsteuereinnahmen zu verzeichnen. Wir haben also überhaupt keinen Grund, (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Neue Schulden zu machen! Ihr macht aber trotzdem neue Schulden!) hier über Steuererhöhungen oder neue Steuern nachzudenken. Damit würden wir nur den negativen Beispielen in Europa nacheifern. Bei Ihnen ist das Programm noch viel heftiger: Es geht um die neue Vermögensteuer. Es geht darum, dass Sie die Einkommensteuer um 7 Prozentpunkte anheben wollen. Sie wollen die Abgeltungsteuer anheben, wenn Sie regieren. Sie wollen die Unternehmensteuern insgesamt anheben. Sie wollen die Gewerbesteuer ausdehnen, und Sie wollen zusätzliche Abgaben in den Bereichen Rente und Gesundheit. – Wer Sie in einem Jahr wählt, der organisiert also eine riesige Steuer- und Abgaben-orgie für das ganze Land. Das muss man den Menschen schon jetzt ehrlich sagen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Wer das, was Sie uns als Modell präsentieren, aufmerksam verfolgt und analysiert, der sieht, dass das das Modell Frankreich ist. Die Franzosen fahren mit diesem Modell im Moment fast schon an die Wand. In Frankreich gibt es schon jetzt eine höhere Staatsquote. Diese würden auch wir bekommen, wenn wir die Reform so umsetzen, wie Sie das auf Ihren Parteitagen beschlossen haben. Wir haben jetzt eine Staatsquote von 47 Prozent. In Frankreich liegt die Quote bei 57 Prozent. Deshalb hat man dort große Probleme. Die Franzosen haben schon höhere Steuersätze, und sie haben eine Vermögensteuer. Trotzdem haben sie daraus geringere Steuereinnahmen, weil die Leute – ich sage das ganz offen – keine Lust -haben, an diesem Standort zu investieren. Sie gehen im Zweifel lieber nach Deutschland und investieren dort. Wir finden es richtig und gut, dass man bei uns investiert, dass wir vielleicht nicht ganz so hohe Steuern erheben, dass die Steuererträge aber hier bei uns anfallen und dass wir die Arbeitsplätze haben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Das ist die Wahrheit. Gleiches gilt für das Thema Rente. Sie verabschieden sich gerade von der Rente mit 67. Die Franzosen haben eine Rente mit 60. Das schafft doch die Probleme. In Frankreich ist die Arbeitslosigkeit fast doppelt so hoch. Die Jugendarbeitslosigkeit ist fast dreimal so hoch. Das ist doch kein Vorbild. Da wollen wir doch nicht hin. (Joachim Poß [SPD]: Das hat Sarkozy doch zu verantworten!) – Herr Poß, wenn wir all das machen würden, was Sie auf Ihren Parteitagen beschließen, dann würden wir -genau dahin kommen, wo die Franzosen jetzt sind. Die Franzosen sind nicht unser Vorbild. Da wollen wir nicht hin. (Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Das war Herr Sarkozy!) Hollande fängt allmählich an, das zu kapieren. Er steuert um, indem er jetzt ein Programm einleitet, um die Unternehmen steuerlich zu entlasten, (Joachim Poß [SPD]: Was hat Sarkozy die letzten Jahre gemacht?) weil er das erkannt hat und klüger ist als Sie. Die Vermögensteuer trifft nicht nur irgendwelche -reichen Privatleute, die nichts mit ihrem Geld anzufangen wissen, sondern vor allem den Mittelstand in diesem Land. Das verschweigen Sie gern. Sie trifft das Rückgrat dieser Wirtschaft und damit letzten Endes auch die -Arbeitsplätze. Der Kollege Gutting hat eben zu Recht gesagt: Das ZEW hat Mehrbelastungen zwischen 14 und über 19 Prozent für die mittelständischen Unternehmen ausgerechnet. (Joachim Poß [SPD]: Auf welcher Grundlage haben sie denn gerechnet?) Was meinen Sie, wie diese Unternehmen das Geld -wieder hereinholen? Sie müssen doch sparen, um das Geld wieder hereinzubekommen. (Joachim Poß [SPD]: Von wem haben Sie denn diese Mondzahlen?) Es macht doch kein Unternehmen 14 oder 19 Prozent Gewinn. Das heißt, das Geld muss irgendwie wieder -hereinkommen. Ich will Sie an ein Zitat eines Finanzpolitikers erinnern, der, zumindest was seine damalige Erkenntnis -anging, nicht ganz schlecht drauf war. (Dr. Carsten Sieling [SPD]: Wieder unser -Kandidat?) Es ging dabei um die Unternehmensteuerreform 2007/2008. Er sagte: Wenn wir jetzt keine Steuerreform machen – es ging damals um die Absenkung der Unternehmensteuer –, dann wird Deutschland weiter an Steuer-basis verlieren, und die Staatseinnahmen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben werden auf Dauer nicht mehr, sondern weniger. – Das hat er damals klug erkannt. Sie haben es richtig erraten: Das war Ihr Kanzlerkandidat. Es ist bedauerlich und blamabel, dass Herr Steinbrück heute nicht an dieser Debatte teilnimmt; denn er müsste jetzt das genaue Gegenteil von dem vertreten, was er uns damals verkündet hat. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Wir haben die Gewerbesteuer stabilisiert, zum Beispiel! Sie wissen doch gar nicht, wovon Sie reden!) Er hat uns damals gesagt: Mit niedrigeren Unternehmensteuern locke ich Unternehmen an. Ich verbreitere die Steuerbasis und mache dieses Land tragkräftiger. Ich stärke den Mittelstand und schaffe zusätzliche Arbeitsplätze. – Diese Erkenntnis war damals richtig. Sie verkaufen uns hier heute einen Popanz. Das ist eine riesige Täuschungsorgie, und der, der das vertreten soll, ist gar nicht präsent und kämpft dafür. Das zeigt, dass er gar nicht dahintersteht. Deshalb können wir dem in keinster Weise auch nur gedanklich nachfolgen. (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Steht Frau Merkel hinter Ihrer Politik?) Mit einer Vermögensteuer würden wir die Substanz unseres Mittelstandes treffen und damit den Wirtschaftsstandort Deutschland vor die Wand fahren. Danke. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Für den Bundesrat erhält jetzt der Landesminister Carsten Kühl das Wort. (Beifall bei der SPD) Dr. Carsten Kühl, Staatsminister (Rheinland-Pfalz): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich zunächst sehr herzlich für die Gelegenheit, hier als Ländervertreter zu reden. Die Vermögensteuer ist eine Ländersteuer. Daher ist es vielleicht ganz interessant, was die Länder dazu zu sagen haben. Nach einigen Vorreden habe ich, so denke ich, die Gelegenheit, mit dem einen oder anderen hartnäckigen Vorurteil aufzuräumen bzw. zur Versachlichung der Diskussion beizutragen. Wer über die Vermögensteuer redet, der muss über Veränderungen in unserer Gesellschaft reden, über die demografischen Veränderungen und darüber, dass sich die Einkommens- und Vermögensverteilungen in unserer Gesellschaft verändert haben. Dies geht man nicht an, indem man im Vorwort zum Armuts- und Reichtums-bericht den Satz wegnimmt, dass sich die Privatvermögen in den letzten Jahren deutlich unterschiedlich verteilt haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wer über die Vermögensteuer redet, der muss darüber -reden, dass sich unsere finanzpolitischen Leitlinien verändert haben, dass wir alle gemeinsam der Auffassung sind, dass mit der Schuldenbremse die Konsolidierung eine besondere Priorität erhalten hat. Dass wir weniger, dass wir älter und dass wir bunter geworden sind, das ist kein Geheimnis mehr. Diese demografische Entwicklung schlägt sich auf der Aus-gabenseite unserer Haushalte nieder. Natürlich gibt es an manchen Stellen so etwas wie eine demografische Dividende, also einen Minderbedarf, aber gleichzeitig haben wir Mehrbedarfe. Das kennen Sie aus dem Bereich der Sozialversicherungssysteme, und das sehen wir, wenn wir beispielsweise darum ringen, den ländlichen Raum – Rheinland-Pfalz ist ein Flächenland mit einem ausgeprägten ländlichen Raum – als Lebensstandort, als Arbeitsstandort und als Wohnstandort attraktiv zu halten. Unter dem Strich ist relativ klar: Der Finanzbedarf pro Einwohner wird in den nächsten Jahren nicht zurückgehen, wenngleich wir durch die Konsolidierungsanstrengungen aufgefordert sind, auf der Ausgabenseite harte Einschnitte vorzunehmen. Aber auf der Einnahmeseite erkennen wir eine andere Entwicklung. Wenn wir weniger und wenn wir älter werden, dann wird sich die Bedeutung der Einkommensteuer in unserem Steuersystem verringern. Sie wird eine immer weniger bedeutende Rolle einnehmen, weil eben immer weniger -Menschen im Erwerbsleben und immer mehr Menschen im Rentenalter sind. Wir haben uns zwar vor einigen Jahren für eine nachgelagerte Besteuerung entschieden. Es wird aber zwangsläufig dazu kommen, dass der -Anteil der Einkommensteuer am gesamten Steueraufkommen zurückgeht. Wir haben zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren, wenn Finanzbedarfe konstant bleiben und eine der -bedeutendsten Steuern in unserem System zurückgeführt wird: Wir können das entweder durch Verschuldung oder durch Steuer- und Abgabenerhöhungen an anderer Stelle kompensieren. Die Verschuldung ist keine Alternative. Wenn die Einkommensteuer nicht zur Verfügung steht, um diese Kompensation zu leisten – es sei denn, wir wollten Spitzensteuersätze generieren, die wir uns nicht leisten können –, dann bleiben zwei Möglichkeiten: entweder die Konsumbesteuerung oder die Vermögensbesteuerung. Damit bin ich bei der Verteilungsgerechtigkeit. Natürlich ist die Konsumbesteuerung eine Besteuerung, die stärker diejenigen belastet, die einkommensschwächer sind. Sie ist regressiv. Wenn man das Leistungsfähigkeitsprinzip als tragendes Prinzip unseres Steuersystems aufrechterhalten will – nicht weil es irgendein akademisches Hirngespinst ist, sondern weil es das tragende Prinzip der sozialen Marktwirtschaft ist –, muss gefragt werden: Wo sind andere Indikatoren steuerlicher -Leistungsfähigkeit? Dann wird man im Zuge des demografischen Wandels nolens volens zu den Vermögenden kommen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]) Es ist nicht Aufgabe der Konsolidierung, den Staat aus seiner sozialen Verantwortung zu entlassen, sondern es ist Aufgabe der Konsolidierung, die Entschuldung der öffentlichen Haushalte sozialverantwortlich zu gestalten. Wenn dem so ist, dann müssen wir uns fragen – Frau Paus hat darauf hingewiesen –, ob es angesichts unserer Konsolidierungsbedürfnisse nicht notwendig ist, neben einer strengen Ausgabenkonsolidierung, die alle Länder vornehmen und dies auch vor dem Stabilitätsrat Jahr für Jahr nachweisen, auch etwas auf der Einnahmeseite zu tun. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: In Bayern geht es ohne! – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Dann hört der Horizont eben an der bayerischen Grenze auf!) Herr Gutting sagt: Es gibt Rekordsteuereinnahmen. Deswegen sei das nicht notwendig. – Wenn Herr Gutting jetzt noch anwesend wäre, dann würde ich ihm sagen: Wenn wir keine Rekordsteuereinnahmen haben, dann brennt die Hütte in Deutschland. Das ist immer dann so, wenn wir negative Wachstumsraten haben. Das heißt, ein Steuersystem mit einer Aufkommenselastizität größer eins muss, wenn es eine einigermaßen vernünftige wirtschaftliche Entwicklung im Land gibt, gleichzeitig zu steigenden Steuereinnahmen führen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]) Herr Middelberg spricht von Abgabenerhöhungs-orgien. (Joachim Poß [SPD]: Ich weiß ja nicht, was er für Vorstellungen von Orgien hat!) Brennelementeabgabe, Bankenabgabe, Luftverkehrs-abgabe, Tabaksteuererhöhung, Abschaffung von Ökosteuerprivilegien und Erhöhung von Sozialabgaben, wenn die Sozialversicherungssysteme dies notwendig machen – (Dr. Daniel Volk [FDP]: Im Moment senken wir sie!) all das haben Sie in dieser Legislaturperiode gemacht. (Dr. Daniel Volk [FDP]: Na ja, den Rentenversicherungsbeitrag haben wir gesenkt!) Ich verstehe zum Teil, warum Herr Schäuble diese Dinge veranlasst hat. Herr Schäuble wird sich irgendwann gesagt haben: Ich kann den gesamten Konsolidierungsprozess in Zeiten der Schuldenbremse nicht über die Ausgabenseite organisieren; ich muss auch die -Einnahmeseite heranziehen. Ungefähr 30 Prozent der Konsolidierungsaufgaben, die Sie zu bewältigen haben, wollen Sie über die Einnahmeseite erbringen. Die -Länder können das aber nicht so wie Sie. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Aber Sie wollen doch auch im Bund nur über die Einnahmeseite gehen! Das funktioniert so aber nicht!) Weil alle Steuern, die Sie erhöht haben, indirekte Steuern sind, kommen die Einnahmen nicht den Länderhaushalten zugute. Außerdem reduzieren Sie, zumindest -teilweise, die Bemessungsgrundlage der Steuern, deren Einnahmen den Ländern zustehen. Ich finde, die Länder sind richtig aufgestellt, wenn sie dann darüber nach-denken, wie sie unabhängig von den steuerpolitischen Egoismen dieser Bundesregierung versuchen können, ihren Konsolidierungsanteil über die Einnahmeseite zu erbringen. (Beifall bei der SPD – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Wollen Sie bei der -Vermögensteuer etwa die Steuerhoheit der Länder?) Wir haben eine einzige Steuer; das ist die Grund-erwerbsteuer. Die haben mittlerweile alle Länder von 3,5 auf 5 Prozent erhöht. Dadurch können die Länder – je nachdem, wie groß ihr Konsolidierungserfordernis ist – zwischen 5 und 10 Prozent der Konsolidierungs-notwendigkeiten bis 2020 bewerkstelligen. Wir wollen nur so viel, wie sich diese Bundesregierung gönnt, um ihre Konsolidierungsanstrengungen erfolgreich zu Ende zu führen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der Ausgestaltung der Vermögensteuer muss man beachten, was die Gerichte sagen. Die Gerichte sagen uns, dass wir den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten müssen und keine unbotmäßige Privilegierung vornehmen dürfen; so haben sich der Bundesfinanzhof und das Bundesverfassungsgericht geäußert. Sie sagen nicht: Ihr dürft keine Vermögensteuer erheben, sondern sie sagen: Wenn ihr eine Vermögensteuer erhebt, dann dürft ihr Unternehmen und Betriebsvermögen nicht über Gebühr verschonen bzw. begünstigen. Sie ziehen daraus offensichtlich den Schluss: Wenn wir gleichbehandeln müssen, dann erheben wir die Steuer gar nicht. Sie sind, wie jetzt bei der Erbschaftsteuer – das macht mich schon stutzig –, nicht einmal -bereit, die Gestaltungsmöglichkeiten, die offensichtlich vorhanden sind, die vom Gesetzgeber aber nicht intendiert sind und von den Gerichten kritisiert werden, zu beseitigen. Ich rede davon, dass Sie die Regelungen zu den Cash-GmbHs verändern. Sie haben zu den Einlassungen des Bundesrates gesagt, dass Sie ein Regelungsbedürfnis erkennen, aber keine Handlungsnotwendigkeit sehen. (Dr. Daniel Volk [FDP]: Das stimmt nicht! Also wirklich! Entschuldigung, aber Sie wissen selber, dass das so nicht stimmt!) Wir haben einen Vorschlag gemacht, der die Gestaltungsmöglichkeiten, die momentan vorhanden sind, -beseitigt hätte. (Dr. Daniel Volk [FDP]: Nein! Sie wollten voll über das Ziel hinausschießen!) Herr Wissing, Sie sagen, die Vermögensteuer habe Elemente der Substanzbesteuerung. Ja, das ist so. Das ist bei der Grundsteuer und der Erbschaftsteuer im Übrigen genauso. Sie haben in dieser Legislaturperiode Regelungen zur Mindestbesteuerung und zur Verlustverrechnung beschlossen, (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: In dieser Legislaturperiode nicht!) Sie haben Regelungen zum Mantelverkauf beschlossen, Sie haben die Einführung einer Zinsschranke beschlossen, und Sie haben Regelungen zur gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung verabschiedet. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Ja! Na und?) All das sind Dinge, die, wenn man sie zu Ende dekliniert, ebenfalls substanzbesteuernd wirken können. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Nein! Das stimmt nicht! Wir haben das doch zurückgenommen! – Dr. Volker Wissing [FDP]: Ach was!) Das ist durchaus vernünftig. Nur: Dann sollten Sie auch anerkennen, dass man, wenn man für ein faires und gerechtes Steuersystem eintritt, eine Substanzbesteuerung nicht zwingend zum Tabu erklären muss. (Dr. Volker Wissing [FDP]: Wir haben doch bei der Zinsschranke die Substanzbesteuerung reduziert! Wissen Sie das denn nicht mehr?) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wer darüber nachdenkt, wie man unser Steuersystem demografiefest weiterentwickeln kann, ohne den Grundsatz der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit aufzugeben und ohne Betriebsvermögen über Gebühr zu belasten – denn dass dies geschieht, wollen wir vermeiden –, der handelt nicht fahrlässig, sondern verantwortungsvoll. Wer so handelt, der handelt im Sinne unserer Verfassung; denn unsere Verfassung gibt uns vor, die Schuldenbremse in einem angemessenen Zeitrahmen einzuhalten. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Aha! Jetzt soll also der bayerische Steuer-zahler den Nürburgring bezahlen, oder was?) Zugegebenermaßen: Dies ist verbunden mit dem -Anspruch – vielleicht unterscheiden wir uns an dieser Stelle –, dass der Staat, und zwar auf allen Ebenen, handlungsfähig bleibt. Ein starker Staat, Herr Kollege, misst sich am Umgang mit den Schwachen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Ein starker Spruch zum Schluss!) – Das mögen Sie komisch finden. (Dr. Daniel Volk [FDP]: Nein! Das ist nicht komisch!) Aber ich möchte, dass der Staat in diesem Sinne auch in Zeiten der Konsolidierung stark bleibt. Dazu, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen auch die Starken einen angemessenen Beitrag leisten. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Für die FDP-Fraktion hat jetzt Dr. Daniel Volk das Wort. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Dr. Daniel Volk (FDP): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Stunde zur Frage der Vermögensteuerpläne der Opposition ist richtig und wichtig, wenn man einmal genau zuhört. Herr Landesminister Kühl aus dem Land Rheinland-Pfalz, es war schon erhellend, dass Sie Ihre gesamte Redezeit von neun Minuten auf die Frage der Einnahmeseite des Staates konzentriert (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war doch Ihr Thema! – Joachim Poß [SPD]: Wer hat das Thema vorgegeben?) und vorsichtshalber die gesamte Ausgabeseite ausgeblendet haben. Ich kann mir auch ungefähr vorstellen, warum. Als Landesfinanzminister eines Bundeslandes, welches 300 Millionen Euro in einen Freizeitpark versenkt hat, (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – René Röspel [SPD]: Ihnen fällt nichts anderes ein! Kein Sachargument!) würde ich einen Bogen ganz weit um die Ausgabeseite des Landes schlagen. Das würde ich wirklich machen. Alles, was hier sozusagen vorgegaukelt wird, ist, dass der Staat ausschließlich ein Einnahmeproblem hätte und deswegen neue Steuern unbedingt erfunden, erhoben werden müssten. (René Röspel [SPD]: Das ist nun keine neue Erfindung! – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht im Grundgesetz, Herr Volk!) Unser Ansatz ist, den Schwerpunkt zunächst auf die Ausgabeseite des Staates zu legen. Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass wir eine Konsolidierung der Staatshaushalte deutlich über die Ausgabeseite erreichen können, wenn wir gleichzeitig eine vernünftige Steuer- und Finanzpolitik betreiben, (René Röspel [SPD]: Warum machen Sie es eigentlich nicht? – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Warum machen Sie denn noch Schulden?) die das Wirtschaftswachstum in Deutschland nicht bremsen, sondern – ganz im Gegenteil – fördern. Es ist schon auffällig, dass wir in Zeiten der höchsten Steuereinnahmen (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Noch -Schulden machen!) der Bundesrepublik Deutschland, (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Noch Schulden machen! – René Röspel [SPD]: FDP ist die Schuldenpartei Nummer eins! – Joachim Poß [SPD]: 17 Milliarden Schulden!) die übrigens grob zu 70 Prozent den Ländern und Kommunen zufließen, gerade in den Bundesländern, in denen Rot-Grün Regierungsverantwortung haben, eine Haushaltspolitik haben, die eben gerade immer noch in eine stärkere Neuverschuldung statt in eine verantwortungsvolle Konsolidierung geht. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Was machen Sie denn?) Ich darf das zuspitzen. Das Problem an einer Vermögensteuer, die sowohl Privat- als auch Betriebsvermögen treffen muss – da besteht Einigkeit hier im Hause, (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann reden Sie über die Altschulden in Nordrhein-Westfalen aus schwarz-gelber Koalition!) das ist die verfassungsrechtliche Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts –, ist: Sie entzieht den Unternehmen Eigenkapital. Wir wissen, wie wichtig Eigenkapital gerade in Zeiten einer Finanzkrise ist. Wenn man Unternehmen Eigenkapital entzieht, führt das zwangsläufig zu einem Abbau von Arbeitsplätzen, was die Basis der Einkommensteuer reduzieren wird. Das ist wie das Amen in der Kirche. (René Röspel [SPD]: Eben nicht!) Dieser Wahrheit verweigern Sie sich leider Gottes. Ich sage Ihnen eines ganz ehrlich: Ich habe lieber das Kapital produktiv in Unternehmen, die in Deutschland Arbeitsplätze schaffen, als bei Bundesländern, die ganz gerne einmal Achterbahnen in Freizeitparks bauen und dafür 300 Millionen Euro in den Sand setzen. Das sei hier einmal ganz deutlich gesagt. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Frau Paus, Sie haben hier als Berliner Abgeordnete der Grünen-Fraktion darauf abgestellt, was die FDP zu dem Thema Länderfinanzausgleich sagt. (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Steuererhöhungen! Einkommensteuererhöhungsvorschläge!) Zur Deutlichkeit und Vollständigkeit gehört dazu, dass es schon ein Problem im Rahmen des Länderfinanzausgleichs ist, dass wir zum Beispiel ein Land Berlin haben, das nicht in der Lage ist, einen Flughafen zu den voraussichtlichen Kosten zum voraussichtlichen Zeitpunkt in Betrieb zu nehmen, und das Ganze nach dem Motto „Was soll der Geiz mit fremdem Geld“, nämlich dem Geld anderer Bundesländer. (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da ist Ihre Bundesregierung aber auch ein bisschen mit beteiligt!) Ich glaube, wir müssen uns Gedanken darüber machen, ob wir nicht die Finanzführung der jeweiligen Bundesländer auch in die Verantwortung dieser jeweiligen Bundesländer legen müssen. Denn eines ist klar: Es ist nicht gerecht, dass Steuerzahler aus den Geberländern eine verschwenderische Finanzpolitik der Nehmerländer unterstützen müssen, ohne dass wir im Rahmen des Länderfinanzausgleichs überhaupt einen Anreiz hin zu einer soliden Haushaltsführung haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Das muss der Ansatzpunkt sein. Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Wir sollten in diesem Bereich keine Denkverbote aufstellen, wie Sie es versucht haben. Wer nach dem Motto „Was soll der Geiz mit fremdem Geld?“ agiert, sollte erst recht nicht damit kommen, wir bräuchten neue Steuern, damit der Staat – in Zeiten höchster Steuereinnahmen – mehr Geld zur Verfügung habe, um Schulden abzubauen. Das Gegenteil ist immer der Fall gewesen: Sobald die Steuern mit der Begründung „Wir werden damit Schulden abbauen“ erhöht wurden, ist nur ein Bruchteil davon in den Schuldenabbau gegangen. Das meiste ist in den Konsum gegangen. Das ist nicht der richtige Weg. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Kollege Dr. Carsten Sieling hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Dr. Carsten Sieling (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich die Debatte in dieser Art und Weise fortsetzen würde, müsste ich jetzt den bayerischen FDP-Abgeordneten darauf hinweisen, dass die bayerische Landes-regierung bei der Bayerischen Landesbank durch falsche Politik 10 Milliarden Euro versenkt hat. Ich müsste auch etwas erzählen von Ministerpräsident Mappus in Baden-Württemberg. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Einige zahlen ihre Schulden zurück, Herr Sieling! – Dr. Volker Wissing [FDP]: Sagen Sie lieber etwas zum Nürburgring!) Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind nicht hier, um über die Misswirtschaft in CDU-, CSU-, FDP-geführten Bundesländern zu sprechen, sondern über das Thema, zu dem die Koalition diese Aktuelle Stunde aufgesetzt hat: die Vermögensteuer. Ich möchte gerne eingangs einen Satz zitieren, der in doppelter Weise die Realität in Deutschland wiedergibt. Der Satz lautet: „Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt.“ Dieser Satz ist richtig. Er stammt aus dem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Dieser Satz ist gleichzeitig ein Dokument der Wahrheitsliebe dieser Koalition; denn er ist – auf Initiative des FDP-Bundeswirtschaftsministers Rösler – gestrichen worden. Dieser Satz allein zeigt, wie weit Sie in der Lage und fähig sind, mit den Wirklichkeiten in diesem Land umzugehen, und wie unfähig Sie sind, hierauf die richtigen Antworten zu geben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich möchte mich in meiner Zeit hier vor allem dem Argument widmen, dass wir mit unseren Vorschlägen, die vom Bundesverfassungsgericht nicht verworfene, sondern nur ausgesetzte Vermögensteuer wieder einzuführen – also das Recht, das in Deutschland gilt, wieder wirksam zu machen –, gerade das Rückgrat des Mittelstandes treffen würden. Dazu muss man sich einmal sehr nüchtern anschauen, wie die Verhältnisse sind, die die Bundesarbeitsministerin, wie ihr Entwurf des Armuts- und Reichtumsberichts zeigt, offensichtlich sieht, aber nicht sehen darf. In Deutschland fällt die Verteilung der Einkommen deshalb so exorbitant auseinander, weil beim reichsten Prozent der Bevölkerung – bei 1 Prozent von 82 Millionen Menschen, also etwa 800 000 Menschen – ein Drittel des Vermögens – das sind 3 Billionen Euro – gebündelt ist. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Wie viel Prozent? Ich habe gemeint: 3 Prozent!) Der deutsche Mittelstand umfasst mehr als 800 000 Menschen. Der deutsche Mittelstand besteht aus fleißigen Handwerkern, aus guten Dienstleistern, aus vielen Menschen, die täglich ihrer Arbeit nachgehen. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Die wollen Sie rupfen!) Das sind mindestens die 40 Millionen Menschen in diesem Land, die erwerbstätig sind. Um die sollte es uns gehen. Ihr Blick ist dagegen ausschließlich auf obige 800 000 gerichtet. Der Vorschlag, die Vermögensteuer wieder einzuführen, würde nur 300 000 Menschen treffen, also nur einen kleinen Teil dieser mittlerweile Superreichen in diesem Lande. Bei diesen 300 000 davon zu reden, dass der Mittelstand im Herzen getroffen wird, ist barer Unsinn, ja Demagogie. Von der Realität ist das sehr weit entfernt. (Beifall bei der SPD und der LINKEN) Das Handelsblatt und andere Medien sind zurzeit dabei, gegen diese Gerechtigkeitssteuer anzugehen. Weil sie den Gerechtigkeitskanzlerkandidaten ansprechen wollen, ersetzen sie, wenn sie von der Gerechtigkeitssteuer reden, ein Wort, sprechen von der „Steinbrück-Steuer“ und versuchen, dagegen Stimmung zu machen. Meine Damen und Herren, da wird das zitiert und dargelegt, worüber man wirklich offen reden kann. Ich muss sagen: Was in diesem Artikel dargelegt wird, eignet sich für mich als Redemanuskript. In dem dort gerechneten Beispiel verfügt der 38-jährige verheiratete Unternehmer über 10 Millionen Euro Vermögen, darunter eine Uhrensammlung im Wert von 500 000 Euro. (René Röspel [SPD]: Der Arme!) Mir kommen die Tränen! Wenn ich so etwas lese, dann sehe ich den leistungsfähigen Mittelstand vor mir und frage mich, ob die Erbschaftsteuer in Deutschland eigentlich wirksam ausgestaltet ist. Wenn dieser arme Mann zu einer Vermögensteuer in Höhe von 87 000 Euro herangezogen wird, dann ist das aus meiner Sicht gerecht, und das vermindert nicht seine Leistungsfähigkeit. (Beifall bei der SPD und der LINKEN – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Nach sechs Jahren ist die Uhrensammlung weg! Nach sechs Jahren gehört die Uhrensammlung dem Staat!) Deshalb dürfen wir uns davon nicht treffen und verwirren lassen, weil es in der Tat darum geht, dass wir den Mittelstand stärken und nur bei Ausreißern zugreifen, sodass wir mit einer Summe von bis zu 10 Milliarden Euro im Jahr etwas für die Haushalte der Länder tun können. Damit haben hier alle recht. Wir tun das deshalb, weil wir mit dieser Vermögensteuer die Investitionen in Bildung, in unsere Kinder, in die Schulen verstärken wollen. (Dr. Daniel Volk [FDP]: Ich dachte, Sie wollen damit die Verschuldung abbauen!) Das ist eine kluge Mittelstandsförderungspolitik, und unser Wirtschaftsstandort wird davon profitieren. Die Vermögensteuer ist nicht nur gerecht, sie ist auch wirtschaftlich vernünftig. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und der LINKEN – Abg. Norbert Schindler [CDU/CSU] begibt sich zum Rednerpult) Norbert Schindler (CDU/CSU): Einen schönen – – Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Norbert Schindler hat offensichtlich das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP) Norbert Schindler (CDU/CSU): Danke schön, Frau Präsidentin. – Ich grüße zunächst einmal Deutschlands Jugend auf den Tribünen. Bis jetzt hat in dieser Debatte nämlich keiner die Gäste begrüßt. Es tut gut, zu sehen, wie aufmerksam Sie die Debatte verfolgen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deswegen sollte man schon einmal auch auf die Grundbegriffe eingehen. Herr Kollege Sieling, Sie sprachen von den Superreichen. (Joachim Poß [SPD]: Sagen Sie doch erst einmal, über welches Vermögen Sie verfügen!) – Der Herr Poß sollte ruhig auch einmal zuhören und nicht immer nur dazwischenbläffen. Die Familie Engelhorn hatte eine Holdinggesellschaft mit Sitz auf den Bermudas gegründet, die Eigentümerin von Boehringer war. Vor zehn, zwölf Jahren hatte Rot-Grün ein richtiges Problem: Wie besteuert man sie bei einer Veräußerung und entsprechender Erhöhung ihres Kapitals? Damit will ich nur einmal zum Ausdruck bringen: Ihr habt die Probleme gehabt und konntet sie nicht lösen, weil die Superreichen anders als die Mittelständler die Möglichkeit haben, diesen Staat zu verlassen. Das tun die reichen Franzosen derzeit ebenfalls, indem sie in Belgien ihren ersten Wohnsitz anmelden. Ich will hier nur einmal auf die gesellschaftliche Entwicklung und die Probleme hinweisen, die wir hatten. Was bedeutet das? Herr Kühl, ich kann Ihnen schon nachfühlen, was es bedeutet, die Probleme mit dem Nürburgring jetzt schultern zu müssen, obwohl das gar nicht Ihr persönliches Verschulden war. In der Gesamtdebatte muss man aber sehen: Laut dem Kompromiss von 1997 wurde die Grunderwerbsteuer aufgrund des Wegfalls der Vermögensteuer von 1,5 Prozent auf 3,5 Prozent erhöht. Diese auf 3,5 Prozent erhöhte Grunderwerbsteuer stand also die ganzen Jahre in den Bilanzen der Länder, und es kam nun darauf an, was die Länder daraus gemacht haben. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: So ist es!) Damals, 1997, war ich schon im Bundestag. Frau Paus, das Schlimme an dem Vorschlag der Grünen ist, dass Sie die Daten von 3 bis 5 Millionen Personen prüfen müssen, im Endeffekt aber nur auf 300 000 Personen abzielen, von denen 200 000 das Land verlassen werden. Was heißt das im Kleingedruckten? Durch die Vermögensteuer nahm der Staat damals 4 Milliarden D-Mark ein. Dem standen die Aufwendungen für Verwaltung und Kontrolle von nachweislich rund 2 Milliarden D-Mark gegenüber. Nach Ihrem Vorschlag muss eine jährliche Überprüfung stattfinden. Sie werden dann zwar 200 000 bis 300 000 Fälle haben, gleichzeitig aber bis zu 5 Millionen Personen überprüft haben. Herr Kühl, es ehrt Sie, dass Sie nach Steuereinnahmen suchen; das hat Herr Schäuble ja auch tun müssen. Man wird aber zum Beispiel die Frage beantworten müssen, ob Personen, die 10 Hektar Land verpachtet haben, Landvermögen besitzen und unter die Vermögensteuer fallen. Der Vermieter, der ein Mietshaus besitzt, in dem drei Parteien wohnen, wird versuchen, die Kosten von seinen Mietern zurückzubekommen, indem er die Vermögensteuer abwälzt. Zusätzlich kann er unter Umständen den Freibetrag geltend machen. Das muss genauso überprüft werden wie die Frage, ob eine teure Druckmaschine in irgendeinem Werk oder metallverarbeitenden Unternehmen ein Vermögenswert oder kein Vermögenswert ist. Ich will ja nur darauf hinweisen, welche zusätzliche Bürokratie das auslöst. (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einmalig, Herr Schindler! 30 Cent vom Einkommen!) – Wenn Sie etwas wollen, dann stellen Sie eine Zwischenfrage. – Schauen Sie sich doch an, was dazu in der Verfassung steht und was die Gerichtsurteile aus Karlsruhe zum Spitzensteuersatz ergeben haben! Lieber Herr Kollege Poß, Sie waren damals schon im Bundestag. Der Finanzminister Ihrer Partei hat damals für eine Verbreiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und eine Absenkung des Spitzensteuersatzes geworben. Das wurde von uns in der Opposition damals nicht gutgeheißen. (Joachim Poß [SPD]: Sie wollten 36 Prozent Spitzensteuersatz! So war Ihr Konzept! Lesen Sie das mal nach!) Trotzdem hat das diesem Staat langfristig erhebliche Steuermehreinnahmen gebracht. Mit denen können wir derzeit einen Bundeshaushalt im Volumen von über 300 Milliarden Euro ermöglichen. Es ist mehr die Frage, wie wir die Kosten auf der Ausgabenseite reduzieren. Aber noch einmal: Angesichts dessen, was die Steuerbeamten an Aufwand betreiben müssen, um Ihren Vorschlag einigermaßen zu erfassen und umzusetzen, ist er absolut zu verwerfen. Er taugt nicht in der Realität. Er bestraft die braven Steuerzahler in dieser Republik. Stichwort braver Steuerzahler: Herr Kühl, eine letzte Bemerkung. Am 12. Dezember findet eine Sitzung des Vermittlungsausschusses statt, und am 14. Dezember ist die letzte Sitzung von Bundestag und Bundesrat. Es geht mir um das Abkommen mit der Schweiz. Die Summe von 10 Milliarden Euro, die wir im Nachhinein aufgrund der Nachbesteuerung bekommen könnten, würde den Bundesländern zugutekommen. (Dr. Carsten Sieling [SPD]: Das konnte der -Finanzminister nicht beweisen!) Aber nein, Sie wollen ein Modell, aufgrund dessen die braven Steuerzahler in der Bundesrepublik Deutschland zusätzlich belastet würden. Selbst die Tatsache, dass viele Sportler und Filmschauspieler – diese bejubeln wir auch noch – dem Steuerstandort Deutschland gerne entfliehen, während für den Mittelständler, (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Luftnummer!) der diesen Staat trägt und für den die Steuergerechtigkeit so aussieht, dass er 40 bis 50 Prozent der Steuereinnahmen finanziert – die anderen 50 Prozent kommen von den oberen 10 Prozent der Einkommensbezieher; auch sie fallen unter den Spitzensteuersatz; das muss man in dieser Neiddebatte leider Gottes anführen –, nutzen Sie für den beginnenden Wahlkampf. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD: Das ist keine Neiddebatte! – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Alle zahlen die Mehrwertsteuer!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Kollege Lothar Binding hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es schon im ersten Satz von Olav Gutting gehört: Wir haben die höchsten Steuereinnahmen. Wir haben die geringste Arbeitslosigkeit. Die Sozialkassen sind prall gefüllt. – (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Jawohl! So ist es! – Dr. Volker Wissing [FDP]: Finden Sie das nicht gut, oder was?) Da fragen wir uns natürlich: Warum macht ihr trotzdem 17 Milliarden Euro neue Schulden? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Der Grund für diese gute Situation ist allerdings relativ einfach: Die aktuelle Lage ist immer eine Folge der Strukturpolitik von gestern. Wenn wir jetzt eine gute Lage haben, hat das mit eurer Politik fast nichts zu tun. Das muss man sich einmal klarmachen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Armut, soziale Schieflage, prekäre Beschäftigung kommen eben nicht durch Kurzzeiteffekte und tagesaktuelle Politik zustande. Sie sind die Folge einer langfristig angelegten Strukturpolitik. Ich will das einmal ein bisschen genauer analysieren, auf einen längeren Zeitraum zurückblicken, jedenfalls länger zurück, als die meisten hier im Bundestag sind. Nach der Vereinigung – wir erinnern uns – hatten wir einen Vereinigungsboom. Dieser war natürlich schuldenfinanziert, aber das hat keiner übel genommen. Dann gab es blühende Landschaften, bezahlt aus der Portokasse. Der Aufbau dieser Landschaften dauerte länger und länger und war viel teurer als gedacht. Auch das haben wir noch nicht übel genommen. Die Staatsverschuldung stieg und stieg. Die Arbeitslosigkeit stieg auf 5 Millionen. Dann kam Rot-Grün. (Norbert Schindler [CDU/CSU]: Dann habt ihr die Steuern gesenkt! Das war gut!) Übrigens haben wir euch noch im April 1998 geholfen, das Rentenversicherungssystem zu retten. Das habt ihr nur mit den Stimmen der Opposition geschafft, sonst wäre das Rentensystem zusammengebrochen. Aber wir erinnern uns: Unter der Last von Dotcom, der Spekula-tionsblase, hatte Rot-Grün am Anfang ziemlich zu kämpfen. Die Konsolidierung ging nur langsam voran, auch weil wir mit unseren hohen Steuersätzen statt im europäischen Mittelfeld am oberen Rand lagen. Das war ein Riesenhemmnis für die Wirtschaft und das Einkommen der Menschen. Es ging langsam voran. Dann kam die Kombination – vielleicht erinnern Sie sich noch – aus Jugendwahn und Altersdiskriminierung. Viele Konzerne haben ältere Mitarbeiter entlassen, die dann bis zur Rente Sozialhilfe bezogen. Damit stieg die Arbeitslosigkeit wieder, übrigens schon beginnend ab 1985. Dann haben wir etwas gemacht, von dem ihr heute noch zehrt. Wir haben etwas eigentlich Schlimmes gemacht, was aber gut gewirkt hat, (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Was denn jetzt? Schlimm oder gut?) nämlich die Einführung von Arbeitslosengeld II im Rahmen der Agenda 2010. Damit konnte dieser Prozess gestoppt werden. Dann haben wir noch die prozyklischen Wirkungen des Maastricht-Vertrages korrigiert. (Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ohne diese Korrektur könntet ihr heute gar nicht die Politik machen, die ihr macht. Auch haben wir die Wirkung der kalten Progression vorauseilend kompensiert, (Zurufe von Abgeordneten der CDU/CSU) sodass die kalte Progression seit Anfang des neuen Jahrtausends überhaupt nicht mehr auftritt. Die Große Koalition hat von all diesen Dingen profitiert, und dann kam die Bankenkrise. Dann folgten die Konjunkturpakete I und II unter Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier und die Ausweitung der Kurzarbeit unter Olaf Scholz. Damit sind wir ganz gut aus der Krise gekommen – bis heute. (Beifall bei der SPD) Allmählich allerdings beginnt die Wirtschaftspolitik von Schwarz-Gelb zu wirken. 2013 und 2014 wird sich zeigen, wie sich eure Politik in der Zukunft auswirken wird. Dann wird sich zeigen, ob eure Politik gut oder schlecht war. (Norbert Schindler [CDU/CSU]: Sie ist doch jetzt schon gut, Lothar! Gib das doch mal zu!) In dieser langen Zeit gibt es aber einen stabilen Faktor: 1992 betrug das Nettovermögen der privaten Haushalte 4 700 Milliarden Euro; im Jahr 2010 waren es über 10 000 Milliarden. (Joachim Poß [SPD]: So ist es!) Man kann sagen, dass trotz der Politik in diesem Bereich, die im Wesentlichen ihr zu verantworten habt, dieses Vermögen exorbitant gewachsen ist, sodass wir jetzt sagen: Von 10 000 Milliarden Euro wollen wir ein Steueraufkommen für die Länder generieren. Es geht um 0,1 Prozent. (Norbert Schindler [CDU/CSU]: Bei dem Haushalt?) Man merkt sofort, dass von diesen 0,1 Prozent keine wirklichen volkswirtschaftlichen Gefahren ausgehen. Sie sind jedenfalls viel geringer als die, die von eurer Politik ausgehen. Wir glauben, dass wir, wenn wir damit eine Gerechtigkeitslücke schließen, eine sehr gute Sozialpolitik machen können. (Norbert Schindler [CDU/CSU]: Die gehen alle weg! Die Beckenbauers sind alle weg!) Zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalpakts hat Carsten Kühl sehr viel gesagt und gute Lösungen vorgetragen. Wenn man berücksichtigt, in welchem Maße die CDU/CSU und die FDP die Länder und Kommunen vergessen, dann wird klar, dass die Länder diese Steuereinnahme unbedingt brauchen. (Dr. Daniel Volk [FDP]: Die CDU- und FDP-regierten Länder brauchen die Steuereinnahmen nicht!) Wir merken auch, dass durch die geringe volkswirtschaftliche Belastung von insgesamt 0,1 Prozent weder die Privaten und Superreichen noch die Konzerne, die es sich leisten können, jemals einen Schaden haben werden. Aber für den Gesamtstaat, die soziale Gerechtigkeit und die Verminderung der Geschwindigkeit, in der die Reichen reicher und die Armen ärmer werden, kann diese Steuer sehr gut wirken. Ich denke, bei diesen positiven Gesamtwirkungen könnt ihr noch einmal über die Vermögensteuer nachdenken. Wenn ihr ein bisschen nachdenkt, kommt ihr vielleicht auch dazu, dass das strukturpolitisch eine recht gute Idee ist. (Beifall bei der SPD – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Lothar, das glaubst du doch selbst nicht!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Kollege Dr. Georg Nüßlein hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Nach diesem Schnellseminar in Geschichtsklitterung folgt wieder etwas zum Thema. Ich fühlte mich an die Agenda 2010 erinnert, die der Kollege Binding kurz gestreift hat, als ich das Programm der SPD mit der vielversprechenden Überschrift „Deutschland 2020: So wollen wir morgen leben – Bausteine eines Modernisierungsprogrammes“ gelesen habe. Das ist ein vielversprechender Titel, aber er hat mit der Agenda 2010 nichts mehr zu tun. (Zuruf von der SPD: Es heißt ja auch „2020“!) Es ist das krasse Gegenteil dessen, was Sie damals gemacht haben und was in der Tat heute noch hilfreich wirkt. Insgesamt findet man in diesem Programm wenig Neues. Im Finanzbereich sind es nur Ankündigungen von Steuererhöhungen. Nachdem ich Staatsminister Kühl zugehört habe, habe ich verstanden, wie Sie in dieser Frage denken. Herr Kühl, Sie behaupten allen Ernstes, Haushalte könne man nur über die Einnahmeseite ausgleichen. Ich empfehle Ihnen: Schreiben Sie Ihrem badischen Kollegen einen freundlichen Brief und bitten Sie ihn um Amtshilfe. Er wird sie Ihnen sicherlich gewähren und Ihnen erklären, wie man es auch anders machen kann, nämlich durch eine ordentliche Politik, statt bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern abzukassieren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wenig neu ist in diesem Programm auch die Behauptung, es treffe nur die anderen. Diese Behauptung muss man aufstellen, wenn man versucht, Neid und Missgunst anzustoßen. (Widerspruch der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]) Das geht nämlich nur, indem man sagt: Es trifft nur die anderen. Auch in dieser Diskussion ist von Multimillionären, Milliardären, Topmanagern und was auch immer die Rede. (Dr. Carsten Sieling [SPD]: Das hat bisher keiner gesagt!) Ich empfehle denen, die Ihnen heute zugehört haben, ihren eigenen Gehaltszettel anzuschauen und zu vergleichen, wo zum Beispiel Ihr erhöhter Spitzensteuersatz in Zukunft anfangen wird. Da wird mancher sein blaues Wunder erleben, wenn er sieht, wo er aus Ihrer Sicht einzustufen ist, nämlich bei den Topverdienern. (Dr. Carsten Sieling [SPD]: So ein Quatsch! 13 000 im Monat! Wer hat das?) Das muss man so klar sagen, Herr Kollege, weil sich manche Ihrer Wähler Illusionen machen und glauben, dass man das Geld bei den Superreichen holen kann. Am Schluss wird es aber in der Tat die Mittelschicht treffen, und die wird das Ganze bezahlen müssen. Alles andere als neu ist, dass man versucht, ein Substitut für die Enteignung zu finden und die Substanzbesteuerung ins Spiel bringt. Es ist eine ganz alte Forderung, die Vermögensteuer wieder einzuführen, die wir 1997 abgeschafft haben – wohl überlegt abgeschafft haben –, im Übrigen auch aufgrund der verfassungsrechtlichen Situation. (Dr. Carsten Sieling [SPD]: Sie haben die gar nicht abgeschafft!) Schon damals ist es nicht gelungen, das Vermögen in Gut und Böse zu unterteilen, wie Sie es gerne hätten. Wenn Sie aufmerksam lesen, was der Bundesfinanzhof aktuell zum Erbschaftsteuerrecht gesagt hat, werden Sie feststellen, dass auch bei der Erbschaftsteuer die Aufteilung in Betriebs- und Privatvermögen höchst problematisch ist. Wir werden die Differenzierung, die Sie machen müssten, um insbesondere den gewerblichen Mittelstand zu verschonen, am Ende so nicht machen können. Ich sage Ihnen ganz offen: Wenn Sie dann trotzdem Vermögen besteuern, dann ist in einer Situation, in der ein Unternehmen Verluste schreibt, die Besteuerung arbeitsplatzgefährdend. Deshalb kann ich nur davor warnen, die Substanzbesteuerung in dieser Weise voranzutreiben. Auch wenn diese Aufteilung in Privat- und Betriebsvermögen gelänge, wären wir in der Situation, dass Sie damit der Gestaltung der Steuerschuld Tür und Tor öffnen würden. Das heißt, wir führen wieder eine Steuer ein, die zur Gestaltung anregt. Die ganz oben sind, werden ihre Steuerschuld gestalten können, aber die, die sich in der Mitte befinden, wird es am Schluss treffen. Aus diesem Dilemma kommt man aus meiner Sicht nur heraus, wenn man auf eine solche Substanzbesteuerung verzichtet. Im Übrigen sage ich auch ganz klar: Wenn Sie die Wirkung sehen wollen, dann sollten Sie sich die Erbschaftsteuer anschauen. Wenn wir das tun würden, was wir tun müssten, nämlich das Steuerheberecht den Ländern überlassen würden, sodass die, die das Geld kassieren, den Steuersatz festlegen, dann würden Sie am Ende sehr schnell merken, wohin die Leute ziehen. Wir haben heute schon einmal von solch einem volkswirtschaftlichen Minimodell gehört. Dieses Modell können Sie einmal auf der Bundesebene einführen. Dann werden Sie sehen, wohin der Zug geht. Sie wollen eine Kuh auf einer Wiese melken, die keinen Zaun hat. Sie werden erleben, wie schnell die Kuh weg ist, wenn sie nicht gemolken werden will. Deshalb fände ich es viel besser, wenn Sie das täten, was etliche Kollegen angeregt haben, nämlich dem Steuerabkommen mit der Schweiz zuzustimmen. Das kann ich empfehlen. Da können Sie tatsächlich Millionäre zur Kasse bitten. Wenn Sie zeigen wollen, dass Sie nicht die Mittelschicht belasten wollen, dann sorgen Sie dafür, dass etwas zur Vermeidung der kalten Progression geschieht. Tun Sie es. Da können Sie zeigen, wen Sie belasten und wen Sie entlasten wollen. Ansonsten erzählen Sie uns hier keine Geschichten. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das war gut mit der Kuh!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Das Wort hat der Kollege Christian von Stetten für die CDU/CSU-Fraktion. Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So eine Aktuelle Stunde bietet den betroffenen Parlamentariern auch die Chance, einmal darzulegen, wie denn ihre konkreten Steuerpläne überhaupt aussehen. Diese Chance zur Darlegung ihrer Vermögensteuerpläne hat die SPD heute definitiv verpasst und nicht genutzt. (Beifall bei der CDU/CSU) In keinem einzigen Beitrag ist deutlich geworden, was Sie eigentlich wollen. Vier Redebeiträge, und kein einziges Mal ist der Steuersatz gefallen, den die SPD in Zukunft – immerhin sind wir acht Monate vor der Bundestagswahl – festsetzen will. Es ist von Vermögensteuer die Rede, die den Ländern zustehen soll, und es ist von einer Vermögensabgabe die Rede, die dem Bund zustehen soll. Es ist das Wort von der Erhöhung des Spitzensteuersatzes gefallen. Zusätzlich wollen Sie den Mittelstand belasten und das Erbschaftsteueraufkommen verdoppeln, aber es kamen keine konkreten Daten und Fakten zu dem eigentlichen Thema unserer heutigen Aktuellen Stunde. (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Aber Sie wissen schon genau, dass Sie dagegen sind!) Die SPD darf bei den Steuern nicht überziehen. – Diese Aussage ist richtig. Sie stammt von Ihrem designierten Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Nach Angaben des Deutschlandradios hat er letzte Woche noch hinzugefügt, wer das Loblied auf den deutschen Mittelstand singe, der dürfe diesen nicht verprellen. Anstatt „verprellen“ kann man in diesem Zusammenhang auch „ausplündern“ sagen; denn die gesamten Steuervorschläge, die die Opposition in den letzten Wochen und Monaten unterbreitet hat, sind ein Anschlag auf den Mittelstand und die dort Beschäftigten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Liebe Kollegen, nach dieser Debatte ist festzustellen: Die SPD von Sigmar Gabriel und Andrea Nahles verlangt wieder einmal die Einführung einer Neidsteuer, und der designierte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück schlägt sich in die Büsche. (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das ist nicht seine Art, sich in die Büsche zu schlagen!) Zum Thema Vermögensteuer ist vom Kanzlerkandidaten trotz intensiver Suche kein Wort zu lesen, kein Wort zu hören. Er windet sich, er hat keine Meinung, lässt andere für sich reden. Ich frage mich: Wie lange, glauben Sie, geht das gut? Wie lange geht das in Ihrer Partei gut? – Das hat uns nicht zu interessieren. – Was glauben Sie, wie lange geht das bei der Bevölkerung gut? Die Bevölkerung will acht Monate vor der Bundestagswahl wissen, was auf sie zukommt, wenn die SPD in die Regierungsverantwortung kommt. Klarer äußert sich da einer Ihrer wichtigsten Wahlkampfverbündeten, die Gewerkschaft Verdi. Frank Bsirske hat erklärt, er wolle Vermögensteuer und Vermögensabgabe zum Bundestagswahlkampfthema machen. Die Gewerkschaft fordert eine jährliche Vermögensteuer von 1 Prozent zum Verkehrswert, welche nach ihrer Angabe dann 20 Milliarden Euro jährlich einbringen soll; Sie von der SPD gehen noch von 10 Milliarden Euro aus. Vorab will Frank Bsirske eine einmalige 15-prozentige Vermögensabgabe erheben, welche die Bürger um 300 Milliarden Euro schröpfen soll. Damit ist man ganz nah bei dem, was die Grünen wollen: Auch sie wollen hier eine Vermögensabgabe in Höhe von 15 Prozent. (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1,5 Prozent pro Jahr!) Frau Höll, Sie sind leider der letzte Vertreter der Linkspartei hier. (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Vertreterin! So viel Zeit muss sein!) – Vertreterin. – Auch in Ihren Reden ist kein Wort dazu gekommen, wie Ihre Vermögensteuerpläne aussehen. Sie haben vor einem halben Jahr im Deutschen Bundestag einen Antrag eingebracht. Darin ist immerhin von einer Vermögensteuer von 5 Prozent zum Verkehrswert die Rede. Ich glaube, das ist Ihnen mittlerweile selber so peinlich, dass es keiner mehr erwähnt. Sie wollen zugegebenermaßen einen Freibetrag von 1 Million Euro. Damit suggerieren Sie, davon seien nur die Millionäre betroffen und nicht die normalen Leute. Tatsächlich ist es natürlich so: Diese Neidsteuer betrifft den Mittelstand, die Familienbetriebe, die dort Beschäftigten. Diese Beschäftigten müssen dann schauen, wo sie bleiben, wenn ihre Arbeitgeber das Land verlassen. Außerdem sind vor allem die Mieter betroffen; daher beschämt es mich ganz besonders, dass dieser Vorschlag von der linken Seite dieses Parlamentes kommt. Es sind doch nicht die Vermieter, die darunter leiden, dass sie 5 Prozent Vermögensteuer zahlen müssen. (Dr. Daniel Volk [FDP]: So ist es!) Nehmen wir einmal einen wohlhabenden Vermieter mit verschiedenen Mietwohnungen. Er erzielt eine Verzinsung von 3,5 Prozent, soll darauf Ertragsteuern und jährlich zusätzlich 5 Prozent Vermögensteuer zum Verkehrswert zahlen. Er hat dann ein Renditeobjekt, das eine Minusrendite erbringt. Also wird er versuchen, dieses Renditeobjekt so schnell wie möglich zu verkaufen. Er wird allerdings niemanden finden, der dieses Minusrenditeobjekt kauft, und deswegen wird er die komplette Vermögensteuer von 5 Prozent jährlich auf den Mietpreis umlegen. Das ist ein Problem, das Sie nicht ausklammern können. Ihre Pläne sind mieterschädlich. Die Umlage von 5 Prozent Vermögensteuer zum Verkehrswert auf die Mieten bedeutet eine Mieterhöhung um 50 Prozent. Mieterhöhungen bis hin zu einer Verdopplung des Mietwerts wären also möglich. Herr Minister Kühl, keiner, der ein hohes Einkommen hat, hat etwas dagegen, dass er Steuern zahlen muss. Wenn unsere Betriebe, die Mittelständler ein gutes Jahr und hohe Erträge gehabt haben, dann zahlen sie gern Steuern. Aber wenn Sie selbst dann Steuern verlangen wollen, wenn in einem Jahr gar nichts verdient worden ist, wenn in einem Jahr ein Minus gemacht worden ist, wenn von der Substanz eines Unternehmens gezehrt worden ist, dann ist das nicht nur unverständlich, -sondern wirtschaftlich schädlich. Das werden wir, diese Koalition, gemeinsam verhindern. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Die nächste Sitzung berufe ich auf morgen, Donnerstag, den 29. November, 10 Uhr, ein. Genießen Sie den Abend und die gewonnenen -Einsichten. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 17.03 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 28.11.2012 Dr. Braun, Helge CDU/CSU 28.11.2012 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 28.11.2012 Fischer (Göttingen), Hartwig CDU/CSU 28.11.2012 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 28.11.2012 Gabriel, Sigmar SPD 28.11.2012 Hardt, Jürgen CDU/CSU 28.11.2012* Hirte, Christian CDU/CSU 28.11.2012* Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 28.11.2012 Humme, Christel SPD 28.11.2012 Kammer, Hans-Werner CDU/CSU 28.11.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 28.11.2012 Dr. von der Leyen, Ursula CDU/CSU 28.11.2012 Mast, Katja SPD 28.11.2012 Dr. Murmann, Philipp CDU/CSU 28.11.2012 Nahles, Andrea SPD 28.11.2012 Nink, Manfred SPD 28.11.2012 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 28.11.2012 Dr. Ratjen-Damerau, Christiane FDP 28.11.2012 Schlecht, Michael DIE LINKE 28.11.2012 Schuster, Marina FDP 28.11.2012 Simmling, Werner FDP 28.11.2012 Steinbach, Erika CDU/CSU 28.11.2012 Dr. Wadephul, Johann David CDU/CSU 28.11.2012 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 28.11.2012 Zapf, Uta SPD 28.11.2012 Zypries, Brigitte SPD 28.11.2012 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung der NATO Anlage 2 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 1): Hat die Bundesregierung im Zuge des Deutsch-Chinesischen Menschenrechtsdialogs am 8. und 9. Oktober 2012 -gegenüber der chinesischen Seite die Menschenrechtssituation der Tibeterinnen und Tibeter angesprochen, und welche konkreten Fälle hat sie angesprochen? Beim Deutsch-Chinesischen Menschenrechtsdialog am 8. und 9. Oktober 2012 war die Lage von Minderheiten auf Wunsch der Bundesregierung eines von zwei Schwerpunktthemen. Wir haben die schwierige Lage in den tibetischen -Gebieten – auch angesichts fortgesetzter Selbstverbrennungen – angesprochen und erneut unsere Erwartungen an die chinesische Politik formuliert. Hierzu gehören insbesondere die Achtung der Menschenrechte der -Tibeter und die Wahrung ihrer religiösen und kulturellen Identität. Die Bundesregierung hat darüber hinaus Einzelfälle inhaftierter Tibeter angesprochen. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich die konkreten Fälle hier nicht benennen kann. Anlage 3 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 4): Wie schätzt die Bundesregierung das Risiko ein, dass in der Türkei stationierte NATO-Truppen in den bewaffneten Konflikt auf syrischem Territorium hineingezogen werden, und wie plant die Bundesregierung, dies zu verhindern? Sollte der NATO-Rat eine Verlegung von Luftverteidigungssystemen Patriot in die Türkei beschließen, so werden Soldatinnen und Soldaten der NATO-Mitgliedstaaten mit einem klar umrissenen Auftrag ausschließlich zur Bedienung dieser Luftverteidigungssysteme in die Türkei entsandt. Dabei werden die Soldatinnen und Soldaten ausschließlich an die zu bestimmenden Standorte innerhalb der Türkei entsandt. Das Luftverteidigungssystem Patriot ist ein defensives Waffensystem zur Abwehr von Flugkörpern und Flugzeugen. Wie die offizielle türkische Anfrage an den NATO-Generalsekretär vom 21. November 2012 klarstellt, wäre der Einsatzzweck der angefragten Luftverteidigungssysteme Patriot rein defensiver Natur. Die Nutzung der Systeme zur Einrichtung oder Unterstützung einer Flugverbotszone oder jeglicher anderer offensiver Maßnahmen wird ausdrücklich ausgeschlossen. Die Soldatinnen und Soldaten der NATO würden nach einer Verlegung der Befehlsgewalt des NATO-Oberbefehlshabers unterstehen, dessen Handeln durch den eingangs erwähnten Ratsbeschluss politisch mandatiert wäre. Anlage 4 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 6): Inwiefern leitet die Bundesregierung aus dem vom Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag am 11. November 2010 formulierten Grundsatz, die NATO sei „nicht zuerst ein Militärbündnis, sondern eine transatlantische Wertegemeinschaft“ (Plenarprotokoll 17/71), die Notwendigkeit einer gemeinsamen solidarischen Position des Bündnisses gegenüber Israel ab? Die NATO ist von jeher nicht nur ein Verteidigungsbündnis, sondern auch ein Wertebündnis. Dies ist in der Präambel des Washingtoner Vertrags und in Art. 2 des Strategischen Konzepts explizit festgehalten. Israel ist als Mitglied des Partnerschaftsformats „Mediterraner Dialog“ Partnerstaat der NATO. Ein politisches Rahmendokument für die Zusammenarbeit der NATO in diesem Partnerschaftsformat wird derzeit entwickelt. Anlage 5 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 7): Ist der Bundesregierung bekannt, dass deutsche Geschäftsbanken in den letzten Wochen zahlreichen iranischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, die sich legal zu Studien-zwecken in Deutschland aufhalten, mit Verweis auf die Sanktionen ihre Konten gekündigt haben, und was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um diesen Menschen und -anderen iranischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern mit ähnlichen Problemen in Deutschland wieder die Abwicklung von im Alltag unverzichtbaren Bankgeschäften zu ermöglichen? Die Bundesregierung misst auch im aktuellen politischen Umfeld dem akademischen Austausch zwischen der Islamischen Republik Iran und Deutschland hohen Wert bei. Die Bundesregierung erreichen vermehrt Berichte über verweigerte Kontoeröffnungen bzw. Kündigungen bestehender Kontoführungsverträge durch deutsche -Geschäftsbanken für iranische bzw. iranisch-stämmige Bankkunden in Deutschland, darunter auch viele iranische Studierende. Nach deutschem und europäischem Recht gibt es keine Verbote hinsichtlich der Eröffnung und Führung von Konten für iranische bzw. iranisch-stämmige Personen in Deutschland, es sei denn, diese Personen sind -ausdrücklich durch die Europäische Union gelistet. Die Bundesregierung steht zu diesem Themenkomplex im Kontakt mit der deutschen Kreditwirtschaft. -Zuletzt hat das Auswärtige Amt in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie den Verband „Die Deutsche Kreditwirtschaft“ bzw. dessen Mitglieds-verbände um erneute Prüfung der Möglichkeiten einer Kontoeröffnung und -führung für iranische bzw. -iranisch-stämmige Personen, die in Deutschland leben, gebeten. Was die Frage der Visumerteilung an iranische Studierende betrifft, so ist die Eröffnung eines Sperrkontos in Deutschland keine zwingende Voraussetzung für den erforderlichen Nachweis des Lebensunterhalts. Auch die Abgabe einer Verpflichtungserklärung oder die Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern können hierfür ausreichend sein. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 11): Mit welchen konkreten Maßnahmen bzw. Projekten befasste sich das im Bundesverwaltungsamt angesiedelte Strategie- und Forschungszentrum Telekommunikation, SFZ TK, in dem sich Bundeskriminalamt, Bundespolizei und Bundesamt für Verfassungsschutz gemeinsam organisieren, in den Jahren seit seiner Gründung, und inwiefern kooperieren die beschriebenen Teilnehmer bezüglich dort behandelter bzw. strukturell ähnlicher Maßnahmen mit gleichartigen Behörden der Länder (bitte die Antwort auch hinsichtlich der Beachtung des Trennungsgebotes ausführen)? Das Strategie- und Forschungszentrum Telekommunikation, SFZ TK, ist eine Kooperationsplattform, die von Bundeskriminalamt, Bundespolizei und Bundesamt für Verfassungsschutz gemeinsam getragen wird. Die Einrichtung erfolgte per Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 16. März 2011. Das in der Vergangenheit beim Bundesverwaltungsamt angesiedelte Kompetenzzentrum der Zentralstelle für Telekommunikationstechnologien wurde zugunsten des SFZ TK aufgelöst. Das SFZ TK befasste sich mit verschiedenen Einzelprojekten; zum Beispiel: Studie zur Entwicklung der Netze, Next Generation Network, und deren Auswirkung auf die Sicherheitsbehörden: Die Entwicklung im Bereich der Telekommunikation ist geprägt durch einen rasanten technologischen Wandel. In den Netzwerken der nächsten Generationen, NGX-Next Generation Networks X, konvergieren bisher getrennte Netzstrukturen (zum Beispiel Mobilfunk, Festnetz, Internet, Multimedia/TV) in eine gemeinsame IP-Struktur. Die bei den Providern im Aufbau befindlichen Netzwerkstrukturen sowie Planungen zu deren Fortschreibung sind im Detail nicht bekannt. Dies trifft insbesondere auch auf Geschäftsmodelle, Zugangsmechanismen, die Authentifizierung und die Nutzbarmachung von Diensten zu. Die Konvergenz bisher autarker Netze in eine IP--Umgebung und die massive Veränderung der Zugangs-, Authentifizierungs- und Geschäftsmodelle werden zwangsläufig erhebliche Auswirkungen auf die Telekommunikationsüberwachung der Sicherheitsbehörden haben. Gegenstand des Projektes sind die Konzeption, Organisation und Durchführung einer Workshopreihe mit -Experten, unter anderem von Netzbetreibern und Ausrüstern, und die Erstellung einer darauf aufbauenden umfassenden Studie. Es werden die aktuellen Aspekte im Bereich NGX in strukturierter Form aufbereitet und im Hinblick auf die Auswirkung auf die Telekommunikationsüberwachung bewertet. Studie zur Entwicklung von Cloud-Diensten und deren Auswirkung auf die Sicherheitsbehörden: Die als Cloud Computing bekannte Idee, IT-Infrastrukturen (Rechenkapazität, Speicher, Software) über das Internet bereitzustellen, erfährt vor dem Hintergrund allgegenwärtiger breitbandiger Internetzugänge derzeit eine rasante Verbreitung. Die TK-/Cloud-Anbieter vermarkten ihre Angebote in den unterschiedlichsten funktionalen Bereichen, teilweise kostenfrei. Die unter Umständen weltweite und nicht transparente Verteilung der Daten, Software, Betriebssysteme und Speicher sowie der in der Regel auf verschlüsselten Kommunikationsprotokollen basierende Zugang zu Cloud-Diensten erschwert einen Zugriff der Sicherheitsbehörden. Die bei den Cloud-Providern bereits vorhandenen und weiter in der Entwicklung befindlichen Technologien sowie Planungen zu deren Fortschreibung sind im Detail nicht bekannt. Verfahren zum Zugriff auf Informationen aus der Cloud im Bereich der Kommunikationsüberwachung sind nicht bekannt bzw. nicht verfügbar. Gegenstand des Projektes ist die Erarbeitung einer umfassenden Studie auf Basis einer durchzuführenden Workshopreihe. Es werden die aktuellen Aspekte im Bereich Cloud-Computing in strukturierter Form aufbereitet und im Hinblick auf die Auswirkung auf die Telekommunikationsüberwachung und Forensik bewertet. Untersuchung des Phänomens Caller-ID-Spoofing (Verfälschung der Absenderrufnummer): Viele Ermittlungsansätze basieren auf der Auswertung von Telekommunikationsdaten. Hierbei spielen neben den Gesprächsinhalten auch die Verbindungsdaten eine entscheidende Rolle. Über diese Daten lassen sich zum Beispiel Kontaktpersonen oder deren Aufenthaltsorte feststellen. Sind die Verbindungsdaten verfälscht, ist eine weiterführende Ermittlung gegebenenfalls nicht möglich oder verläuft in eine falsche Richtung. Zur Abklärung des Einflusses von Diensten zur Rufnummernmanipulation auf TKÜ-Maßnahmen wurden im Rahmen einer Studie Untersuchungen durchgeführt. Die Projekte des SFZ TK befassen sich ausschließlich auf einer technisch-strategischen Ebene mit Fragen der Telekommunikationsüberwachung. Bislang erfolgte keine formale Beteiligung der Länder. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 12): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung für die Förderung des Deutschen Leichtathletik-Verbands, DLV, im Rahmen der Sportförderung aus der Regeländerung des DLV, die eine getrennte Wertung der Leistungen von Sportlerinnen und Sportlern mit und ohne Prothesen vorschreibt und damit nach Meinung von Expertinnen und Experten jeglichen Start von Menschen mit amputierten Gliedmaßen bei allgemeinen Leichtathletikwettkämpfen verhindert, und welche Rolle spielen Barrierefreiheit und Konzepte bzw. Maßnahmen zur Inklusion von Menschen mit Behinderung im Sport bei der Sportförderung jenseits der Förderung der Verbände, die sich wie der Deutsche Behindertensportverband ausschließlich diesen Themen widmen? Nach Auskunft des Deutschen Leichtathletik-Verbandes ist noch keine Regeländerung im Sinne der Frage wirksam. Derzeit stehen der Deutsche Leichtathletik- Verband und der Deutsche Behindertensportverband noch in Gesprächen. Aus diesem Grunde ist eine Stellungnahme der Bundesregierung zurzeit nicht möglich. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 13): Inwiefern hält die Bundesregierung den Zugang zum Internet für ein Menschenrecht, und wie gedenkt sie, mit dem Spannungsverhältnis zwischen dem Recht auf Löschung zum Schutz personenbezogener Daten und dem Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet umzugehen? Es gibt keine völkerrechtliche Norm, die „den Zugang zum Internet“ als Menschenrecht statuiert. Thematisch berührt ist aber das etwa in Art. 10 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten normierte Recht auf freie Meinungsäußerung sowie das Recht, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Auch auf Ebene der Vereinten Nationen finden sich entsprechende Völkerrechtsnormen, so etwa in Art. 19 Abs. 2 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte. Auf Internetinhalte bezogene Löschungspflichten können unter anderem die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit beeinträchtigen. Auf der anderen Seite ist der Staat grundrechtlich gehalten, den Einzelnen vor Gefährdungen seines Persönlichkeitsrechts und seiner informationellen Selbstbestimmung durch Dritte zu schützen. Bei der Ausgestaltung einfachgesetzlicher Löschungspflichten ist dieser Widerstreit von Grundrechtspositionen nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz möglichst schonend aufzulösen. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage der Abgeordneten Dr. Eva Högl (SPD) (Drucksache 17/11611, Frage 14): Unterstützt die Bundesregierung die Vorschläge des -Bundestagspräsidenten Dr. Norbert Lammert zur Verschärfung der gesetzlichen Regelung bezüglich der Abgeordnetenbestechung, und welche Maßnahmen wird sie wann ergreifen, um zu einer Neuregelung des § 108 e des Strafgesetzbuchs zu kommen? Die Bundesregierung setzt sich nach wie vor dafür ein, dass Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption von 2003 ratifizieren kann. Dazu wäre eine Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung erforderlich. Aus Sicht der Bundesregierung sollten entsprechende Gesetzentwürfe gegebenenfalls aus der Mitte des Bundestages eingebracht werden; auch die Beratungen über eine möglichst einvernehmliche Lösung dieser Frage sollten dem -Bundestag vorbehalten bleiben. Aus diesem Grund sieht die Bundesregierung von einer Stellungnahme zu einzelnen Gesetzgebungsvorschlägen aus dem Parlament ab. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage der Abgeordneten Dr. Eva Högl (SPD) (Drucksache 17/11611, Frage 15): Wird die Bundesregierung noch in dieser Legislatur-periode einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Frauenquote in Aufsichtsräten großer Unternehmen vorlegen, -nachdem der Regierungssprecher Steffen Seibert zum entsprechenden Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission erklärt hatte, das müsse auf nationaler Ebene geregelt werden, und wie wird die Bundesregierung andernfalls ihr im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP vereinbartes Ziel verfolgen, den Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft maßgeblich zu erhöhen? Die Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen, insbesondere in Vorständen und Aufsichts-räten, ist ein wichtiges gleichstellungspolitisches Anliegen der Bundesregierung. Die Bundesregierung setzt darauf, dass mit den vielfältigen neuen Initiativen der Unternehmen und den in dieser Legislaturperiode gestarteten Aktivitäten der Bundesregierung der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft auf allen Ebenen in den kommenden Jahren weiter erhöht wird. Die Meinungsbildung zu einer gesetzlichen Quoten-regelung ist innerhalb der Bundesregierung nicht abgeschlossen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 19): In welcher Art und Weise genau sind Betroffenenverbände und Fachverbände im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur Zwangsbehandlung, Bundestagsdrucksache 17/11513, beteiligt worden, und welche Kriterien sind für den offensichtlichen Eilbedarf in diesem Verfahren maßgeblich? Auf Initiative des Bundesministeriums der Justiz ist anlässlich der Beschlüsse des Bundesgerichtshofs, BGH, vom 20. Juni 2012 (BGH XII ZB 99/12 und Az. XII ZB 130/12) zur betreuungsrechtlichen Zwangsbehandlung mit zahlreichen Verbänden auf Fachebene gesprochen worden. Das erste Gespräch wurde mit dem Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e. V., BPE, geführt. Weitere Gespräche wurden mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e. V., Die-BPE, der Aktion Psychisch Kranke e. V., der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde, DGPPN, der Bundesdirektorenkonferenz – Verband leitender Ärztinnen und Ärzte der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie e. V., BDK, dem Arbeitskreis der Chefärzte und Chefärztinnen von Klinken für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern in Deutschland, ACKPA, dem Bundesverband der Angehörigen Psychisch Kranker e. V., BApK, dem Bundesverband der Berufsbetreuer e. V., BdB, und dem Bundesverband freier Berufsbetreuer e. V., BVfB, geführt. Mit den drei zuletzt genannten Verbänden wurden Telefonate geführt. Zudem sind zahlreiche schriftliche Stellungnahmen und Eingaben zum Thema eingegangen. Die Anmerkungen und Hinweise sind in die Überlegungen zu einer Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme eingeflossen. Der „offensichtliche Eilbedarf“ folgt daraus, dass infolge der geänderten Rechtsprechung des BGH derzeit eine auf das Betreuungsrecht gestützte Behandlung von Patienten, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer seelischen oder geistigen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können und denen ein erheblicher gesundheitlicher Schaden droht, im Rahmen einer Unterbringung gegen ihren natürlichen Willen nicht mehr möglich ist. Dies hat für einen Teil der nach Betreuungsrecht untergebrachten bzw. unterzubringenden Betreuten schwerwiegende gesundheitliche Folgen. Der BGH führt insoweit selbst aus, dass das Fehlen von Zwangsbefugnissen zur Durchsetzung notwendiger medizinischer Maßnahmen dazu führen kann, dass ein -Betroffener ohne eine solche Behandlung einen erheblichen Schaden nimmt (BGH XII ZB 99/12 Randnummer 48). Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 23): Welche Angaben macht die Bundesregierung nach dem letzten europäischen Gipfel zur Höhe und zum Fälligkeitszeitpunkt der zu erwartenden realen Verluste (Abschreibungen, Zinsverluste, Ablösezahlungen), die nach ihrer Einschätzung auf Deutschland zukommen, wenn die bis Ende dieses Jahres an Griechenland ausgereichten Garantien und Bürgschaften notleidend werden, und wie sollen die auf Deutschland zukommenden Verluste nach den Vorstellungen der Bundesregierung finanziert werden? Die Bundesregierung rechnet nicht mit einem Zahlungsverzug Griechenlands. Die Euro-Gruppe hat am 26./27. November Maßnahmen beraten und beschlossen, die geeignet sind, den Schuldenstand Griechenlands auf 126,6 Prozent des BIP im Jahr 2020 und auf 115 Prozent im Jahr 2022 zu senken. Damit hat die Euro-Gruppe nach Auffassung der Troika aus Internationalem Währungsfonds, IWF, Europäischer Zentralbank, EZB, und Europäischer Kommission, EU KOM, die Schuldentragfähigkeit soweit verbessert, dass das Programm fortgesetzt werden kann. Gleichzeitig haben die Minister vereinbart, wenn nötig, weitere Maßnahmen zur Senkung des Schuldenstandes im Jahr 2022 zu ergreifen und ihre Bereitschaft zur Unterstützung des Landes bekräftigt, bis der Marktzugang wiederhergestellt ist. Bedingung ist, dass Griechenland einen Primärüberschuss erreicht und das Programm vollständig umgesetzt hat. Die Bundesregierung geht davon aus, dass Griechenland seine Verpflichtungen im Rahmen des Anpassungsprogramms weiter umsetzt. Die Troika hat bescheinigt, dass die neue Regierung unverzüglich mit der Ermittlung und Umsetzung der erforderlichen Aufholmaßnahmen begonnen und den ganzen Sommer intensiv gearbeitet hat. Der überwiegende Teil der Maßnahmen, die bis zum Sommer umzusetzen waren, wurden mittlerweile umgesetzt. Zusätzlich zur Umsetzung der bereits bestehenden Vereinbarungen hat Griechenland weitere rund 50 von der Troika auferlegte Maßnahmen ergriffen, um das Programm wieder auf den ursprünglichen Anpassungspfad zurückzubringen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fragen der Abgeordneten Katrin Kunert (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Fragen 24 und 25): Übernimmt der Käufer der TLG Wohnen GmbH – die TAG Immobilien AG Hamburg – das gesamte Personal der TLG Wohnen GmbH, und welche Vereinbarungen wurden vom Bund mit dem Käufer getroffen, um die Arbeitsrechtsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter voll-umfänglich abzusichern? Wer trägt die anfallenden Kosten für den Transaktions-beauftragten, die Bank Barclays Capital, im Rahmen des -Bieterwettbewerbs/Verkaufsverfahrens um die TLG Wohnen GmbH, und in welcher Höhe werden diese Kosten anfallen? Zu Frage 24: Die TAG Immobilien AG übernimmt mit dem Kauf alle Arbeitsverträge mit den Beschäftigten in unveränderter Form. Außerdem hat der Käufer eine fünfjährige Bestandsgarantie für alle Standorte der TLG Wohnen -gegeben. Zu Frage 25: Die Kosten für den Transaktionsbeauftragten trägt als Verkäufer der Bund. Das Unternehmen wurde in einer europaweiten Ausschreibung unter 20 Bewerbern als das wirtschaftlichste Angebot ausgewählt. Das Bundesministerium der Finanzen kann zu Einzelverträgen -öffentlich keine Auskunft geben. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fragen der Abgeordneten Heidrun Bluhm (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Fragen 26 und 27): Ist es zutreffend, dass die TAG Immobilien AG Hamburg den Kaufpreis für die TLG Wohnen GmbH erst im kommenden Jahr belegen muss und dies in der erforderlichen Neu-ausgabe von Aktien zur Beschaffung des Eigenkapitals -begründet liegt? Wenn ja, weshalb stützt die Bundesregierung mit dem -bereits veröffentlichten Zuschlag den Aktienkurs der TAG Immobilien AG Hamburg, indem bereits vor der -Prospektierung die Renditeerwartung auf den Bestand der TLG Wohnen GmbH durch das Unternehmen gesichert ein-gepreist werden kann? Zu Frage 26: Der Kaufpreis selbst ist im Jahre 2013 fällig. Richtig ist, dass der Erwerber TAG Immobilien AG zur Finanzierung des Kaufpreises eine Kapitalerhöhung durchführen möchte. Der Bund gewährt der TAG Immobilien AG dafür die benötigte Zeit. Das Finanzierungsrisiko liegt aber bei der TAG Immobilien AG. Sollte die Kapitalerhöhung nicht zu dem gewünschten Erfolg führen, wäre die Transaktion dennoch gesichert. Zu Frage 27: Der Aktienkurs der TAG Immobilien AG hat bei der Entscheidung des Bundesministeriums der Finanzen über den Zuschlag keine Rolle gespielt. Die TAG Immobilien AG ist ein börsennotiertes Unternehmen. Als -solches ist sie nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz -gesetzlich verpflichtet, unverzüglich eine Ad-hoc--Mitteilung über alle Umstände zu veröffentlichen, -welche geeignet sind, den Börsenkurs zu beeinflussen. Zu derartigen Umständen gehört auch die Mitteilung des Bundesministeriums der Finanzen, dass die TAG Immobilien AG den Zuschlag für den Erwerb der TLG Wohnen GmbH erhalten hat. Im Einklang mit den gesetz-lichen Bestimmungen hat die TAG Immobilien AG am 19. November 2012 gegen 10.40 Uhr eine Ad-hoc--Mitteilung veröffentlicht. Erst nachdem dieser Umstand bereits der Öffentlichkeit aufgrund der Ad-hoc--Mitteilung der TAG Immobilien AG bekannt war, hat das Bundesministerium der Finanzen eine Pressemitteilung zur Zuschlagserteilung an die TAG Immobilien AG veröffentlicht. Hierin liegt keine Stützung des Aktienkurses der TAG Immobilien AG, sondern eine übliche Information der Öffentlichkeit über einen wesentlichen Privatisierungserfolg der Bundesregierung. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Steffen Bockhahn (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 28): Entspricht die Kaufsumme von 471 Millionen Euro für die TLG Wohnen GmbH (Pressemitteilung Nr. 76 des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. November 2012) dem Buchwert der Immobilien, oder werden Gewinne oder Verluste für den Bund mit dem Verkauf verbunden sein? Der Verkaufserlös übersteigt den Buchwert der Immobilien. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Steffen Bockhahn (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 29): Zu welchem Zeitpunkt ist der rechtliche Übergang der TLG Wohnen GmbH an die TAG Immobilien AG Hamburg vorgesehen, und wann soll der Erlös aus dem Verkauf in den Bundeshaushalt eingehen? Der rechtliche Übergang des Unternehmens erfolgt erst, nachdem alle vereinbarten Voraussetzungen und Vollzugshandlungen erfüllt sind. Es wird erwartet, dass der Übergang des Unternehmens und die Vereinnahmung des Verkaufserlöses Anfang 2013 erfolgt. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Fragen 30 und 31): Wann wird der Kaufvertrag zwischen dem Bundesministerium der Finanzen, BMF, bzw. der TLG Wohnen GmbH und der TAG Immobilien AG Hamburg über die TLG Wohnen GmbH – wie am Montag, dem 19. November 2012 vom BMF (Pressemitteilung Nr. 76) bekannt gegeben – abgeschlossen? Enthält der Kaufvertrag Rückfallklauseln, und, wenn ja, welche? Zu Frage 30: Die notarielle Beurkundung des Kaufvertrages wird am 28. November 2012 erfolgen. Zu Frage 31: Ja. Der Bund hat ein Rücktrittsrecht bei Nichtzahlung des Kaufpreises und bei Unrichtigkeit bestimmter vom Käufer gegebenen Garantien. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 32): Welche Regelungen soll die vom Bundesministerium der Finanzen am 19. November 2012 angekündigte Sozialcharta für die verkauften Wohnungen der TLG Wohnen GmbH im Einzelnen – unter anderem auch Mieterrechte, Sanktionen – haben, und ist zur Kontrolle der Einhaltung dieser Regelungen explizit die verbindliche Einbeziehung von Mieterbeiräten oder von Kommunalvertretungen vom Verkauf betroffener Orte, wie zum Beispiel Strausberg, vorgesehen? Erstens. Die folgenden Regelungen werden Bestandteil der Mietverträge der Mieterinnen und Mieter. Damit erlangen die Mieter ein eigenes, einklagbares Recht gegenüber ihrem Vermieter. Alle mieterschützenden Regelungen der Sozialcharta gelten auch dann weiter, wenn eine betroffene Mieterin oder ein Mieter in eine andere Wohnung bei der TLG Wohnen umzieht. Kündigungsschutz : Alle Mieterinnen und Mieter der betroffenen Wohnungsbestände sind vor Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder der sogenannten Verhinderung der angemessenen Verwertung für den Zeitraum von fünf Jahren geschützt. Mieterinnen und Mieter, die über 60 Jahre alt oder schwerbehindert sind, sind auf Lebenszeit vor einer ordentlichen Kündigung des Mietvertrags geschützt. Ebenso geschützt sind auch in der Wohnung lebende Angehörige, wenn sie nach dem Tod des Mieters das Mietverhältnis fortsetzen. Verbot von Luxussanierungen : Mieterhöhungen wegen Luxusmodernisierungen sind ausgeschlossen, sofern nicht die Mieterin bzw. der Mieter der Luxussanierung zugestimmt hat. Vorrang der Mieterprivatisierung : Im Falle einer Aufteilung in Wohneigentum hat eine Mieterprivatisierung, das heißt ein Verkauf an die Mieterin bzw. den Mieter oder einen von ihr/ihm benannten Angehörigen, Vorrang vor einem Verkauf an Nichtmieter. Zweitens. Darüber hinaus hat sich die TAG Immobilien AG zu folgenden weiteren Mieter schützenden Regelungen verpflichtet: Beratung beim örtlichen Mieterverein zur Sozialcharta : Wenn Mieterinnen und Mieter eine Beratung im Zusammenhang mit der Sozialcharta wünschen, übernimmt die TAG Immobilien AG – zeitlich befristet bis zum 31. Dezember 2014 – den ersten Mitgliedsbeitrag für den örtlichen Mieterverein. Beibehaltung des bisherigen Instandhaltungs- und Investitionsniveaus : Die TAG Immobilien AG hat sich verpflichtet, das derzeitige Instandhaltungs- und Investitionsniveau der TLG Wohnen beizubehalten. Weitergabe der Sozialcharta : Bei einem Weiterverkauf von vermieteten Wohnungen verpflichtet sich die TAG Immobilien AG, die Fortgeltung der Sozialcharta mit dem Erwerber zu vereinbaren. Die Bundesregierung hat zudem sichergestellt, dass die Sozialcharta auch dann weiter gilt, wenn sich der Gesellschafterkreis der TAG Immobilien AG oder die Kontrolle über das Unternehmen ändern sollte. Drittens. Überwachung der Sozialcharta : Der Bundesregierung ist es ein wichtiges Anliegen, dass die Sozialcharta eingehalten und den Mieterinnen und Mietern, sollte es dennoch zu Verstößen kommen, zügig und unbürokratisch geholfen wird. Vertragsstrafen : Bei Verstößen gegen die Sozialcharta muss die TAG Immobilien AG dem Bund hohe Vertragsstrafen zahlen, wenn sie den Verstoß nicht zeitnah und unbürokratisch beseitigt sowie den Mietern den entstandenen Schaden ersetzt. Individuelle Information der Mieterinnen und Mieter : Alle betroffenen Mieterinnen und Mieter der TLG Wohnen GmbH werden zu Beginn des neuen Jahres von ihrem Vermieter angeschrieben und eingehend über die Sozialcharta und die sich hieraus ergebenden Rechte sowie deren Verankerung im geltenden Mietvertrag informiert. Zur Einhaltung der Regelungen der Sozialcharta wird der Bund eine von der TAG Immobilien AG unabhängige Ombudsstelle beauftragen, an die sich die Mieterinnen und Mieter im Falle von Verstößen gegen die Sozialcharta wenden können. Um die Unabhängigkeit der Ombudsstelle sicherzustellen, trägt die Bundesregierung die Kosten. Diese Regelungen sind auch auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen sowie der TLG Wohnen GmbH einsehbar. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 34): Wie ist nach der Neuregelung des § 32 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes durch das Jahressteuergesetz 2013, welche künftig Steuergestaltungen durch die Nutzung des negativen Progressionsvorbehalts bei Auslandsbeteiligungen verhindern soll, in Fällen der Übertragung bzw. Einbringung von Wirtschaftsgütern zu verfahren, und welche Konsequenzen treten ein, wenn der Veräußerungserlös zeitlich gestreckt auf mehrere Veranlagungszeiträume entfällt und dementsprechend auch erst sukzessive zufließt? Eine Übertragung oder Einbringung eines Wirtschaftsguts ist wie ein Anschaffungsvorgang zu behandeln. Auch in diesem Fall ist der an die Stelle der -Anschaffungskosten tretende Übertragungs- oder Ein-brin-gungswert – meist der Buchwert im abgebenden -Betriebsvermögen – aufgrund der Neuregelung in § 32 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe c Einkommensteuergesetz nicht sofort zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen. In den Fällen, in denen der Veräußerungserlös zeitlich gestreckt zufließt, sind die Anschaffungskosten ebenfalls nur anteilig – soweit die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens veräußert wurden und der Veräußerungserlös hierfür vereinnahmt wurde – als Betriebsausgabe zu berücksichtigen. Dies ergibt sich aus R 4.5 (5) Satz 1 Einkommensteuerrichtlinien. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 35): Welche Standards zur Unternehmensbesteuerung sieht die Bundesregierung als notwendig an, um Gewinnverschiebungen internationaler Konzerne in Staaten mit niedrigeren Steuersätzen zu verhindern, und welche konkrete Steuerbelastung sieht die Bundesregierung als Definition für niedrige Steuersätze an? Der Standard für die Unternehmensbesteuerung, das heißt für die internationale Abgrenzung der Gewinne international tätiger Unternehmen, ist der international -anerkannte Fremdvergleichsgrundsatz, wie er in allen Doppelbesteuerungsabkommen, DBA, Deutschlands verankert ist. Er basiert auf Art. 7 und 9 sowohl des OECD- Musterabkommens als auch des VN-Musterabkommens. Innerstaatlich ist der Fremdvergleichsgrundsatz in § 1 des Außensteuergesetzes normiert. Der Grundsatz stellt sicher, dass Verrechnungspreise für grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen zwischen international tätigen Konzernunternehmen betriebswirtschaftlich sachgerecht bestimmt werden. Dadurch werden nicht gerechtfertigte Gewinnverschiebungen aufgrund von fremdunüblichen Verrechnungspreisen verhindert, gerade auch in Staaten mit niedrigen Steuersätzen. Für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung kommt es nicht allein auf den nominalen Steuersatz an, sondern auf die effektive Steuerbelastung. Insbesondere Steuerbegünstigungen wie zum Beispiel Zins- und Lizenzbox-regime können trotz vordergründig „normaler“ Steuersätze zu einer effektiv niedrigen Steuerbelastung führen. Eine allgemeine Definition „niedriger Steuersätze“ wäre daher nicht zielführend. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fragen der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Fragen 36 und 37): Wie vielen Frauen ist nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen fünf Jahren der Wiedereinstieg nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung in ein Vollzeit- bzw. vollzeitnahes Beschäftigungsverhältnis gelungen (bitte nach Jahren auflisten)? Erachtet die Bundesregierung die Maßnahmen des -Aktionsprogramms „Perspektive Wiedereinstieg“ als ausreichend, und plant sie darüber hinaus weitere Maßnahmen? Zu Frage 36: Der Statistik der Bundesagentur für Arbeit, BA, liegen hierzu keine Daten vor, sondern lediglich Informationen über die bei ihr gemeldeten arbeitsuchenden und arbeitslosen Berufsrückkehrerinnen. Erfahrungswerte können aus dem ESF-Modellprogramm „Perspektive Wiedereinstieg“ gewonnen werden. Von den 3 645 Teilnehmerinnen mit abgeschlossenem Projektverlauf -wurden 2 504 Personen integriert. Dies entspricht einem Anteil von 69 Prozent, davon wurden 67 Prozent in eine abhängige Beschäftigung, 13 Prozent in eine selbstständige Tätigkeit, 20 Prozent in eine weiterführende Qualifizierung vermittelt. Unter denjenigen, die in eine abhängige Beschäftigung integriert wurden, nahmen 16 Prozent eine Tätigkeit in Vollzeit, 62 Prozent eine Beschäftigung in Teilzeit und 22 Prozent eine geringfügige Beschäftigung auf. Zu Frage 37: Für die Bundesregierung ist das Aktionsprogramm „Perspektive Wiedereinstieg“ ein wichtiges Projekt, um den beruflichen Wiedereinstieg von qualifizierten Frauen zu fördern. Es wird als Kooperationsprojekt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Bundesagentur für Arbeit geführt und besteht aus vier Bausteinen. Dazu gehört das Lotsen-portal, der Wiedereinstiegsrechner, die Kooperation mit dem Onlinenetzwerk XING sowie das ESF-Modell-programm „Perspektive Wiedereinstieg“, dessen Laufzeit bis Ende 2013 verlängert worden ist. Die mit dem Aktionsprogramm gemachten Erfahrungen sind positiv. Gleichzeitig ist es Ziel der Bundesregierung, dass Frauen nicht nur an den Modell-standorten, sondern nach Möglichkeit in allen Regionen bei der Berufsrückkehr unterstützt werden. Daher begrüßt sie ausdrücklich, dass die BA erfolgreiche Module des -Aktionsprogramms identifiziert hat und auf dieser Basis und auf Basis des § 45 SGB III im nächsten Jahr die neue Maßnahme „Verstetigte Perspektive Wiedereinstieg“ in ihr Regelinstrumentarium aufnehmen wird. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 38): Hält es die Bundesregierung für angemessen, dass sich Vorstandsmitglieder der Bundesagentur für Arbeit offensiv in tagesaktuelle politische Diskussionen einbringen (siehe -Süddeutsche Zeitung vom 22. November 2012) und somit -indirekt Parteitagsbeschlüsse wertend kommentieren, und auf welcher Faktengrundlage beruhte die Bewertung der BA? Die Bundesagentur für Arbeit ist Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende. In ihrer fachlichen -Verantwortung liegt insbesondere die Erbringung des Arbeitslosengeldes II durch die gemeinsamen Einrichtungen. In dieser Funktion kann sie sich im Rahmen -ihrer fachlichen Expertise über Entwicklungen und -Prognosen äußern. Die Befassung mit den Folgen von Veränderungen der Regelsatzhöhe spiegelt die Verantwortung der Bundesagentur für Arbeit für einen wirtschaftlichen Umgang mit den Mitteln des Bundes wider. Grundlage der Ergebnisse sind mit dem IAB-Mikrosimulationsmodell durchgeführte Schätzungen. Dieses Modell berechnet für eine Stichprobe von Haushalten – das Sozio-oekonomische Haushaltspanel, SOE – Steuern und Abgaben sowie Ansprüche auf die wichtigsten Sozialleistungen. Über die Angemessenheit von öffentlichen Äußerungen entscheidet die Bundesagentur für Arbeit in eigener Zuständigkeit. Die Notwendigkeit eines aufsichtlichen Eingreifens durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird in diesem Zusammenhang nicht gesehen. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fragen des Abgeordneten Josip Juratovic (SPD) (Drucksache 17/11611, Fragen 42 und 43): Wie hoch wären die Unfallzahlen von bei in der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, VBG, pflichtversicherten bezahlten Sportlern im Jahr 2011 gewesen, wenn Sportler, die nur ein monatliches Entgelt von bis zu a) 200 Euro bzw. b) 400 Euro erzielt haben, nicht zu dem in der Unfallversicherung zu versichernden Personenkreis gezählt worden wären? Wie werden sich mutmaßlich in den nächsten Jahren die Gefahrklassen in den Gefahrtarifstellen 16.1 und 16.2 der VBG entwickeln, wenn zukünftig Sportler, die nur ein monatliches Entgelt von bis zu a) 200 Euro bzw. b) 400 Euro erzielen, nicht zu dem in der Unfallversicherung zu versichernden Personenkreis gezählt werden? Zu Frage 42: Der Bundesregierung liegen die erbetenen Informationen nicht vor. Der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, VBG, ist die Zahl der bei ihr versicherten Sportler mit einem monatlichen Entgelt bis zu 200 Euro bzw. 400 Euro nicht bekannt. Der Grund liegt darin, dass in der gesetzlichen Unfallversicherung keine personenbezogene, sondern nur eine unternehmensbezogene Erfassung der Versicherten erfolgt, das heißt der Verein meldet lediglich seine gesamte Entgelt- und Lohnsumme für alle bei ihm Beschäftigten. Die Einkommensverhältnisse der einzelnen Versicherten werden nur beim Eintritt von Versicherungsfällen zur individuellen Leistungsfeststellung ermittelt. Zu Frage 43: Auf die Antwort zu Frage 42 wird verwiesen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 47): Welches funktionale Defizit der Streitkräfte wurde in der Analysephase des CPM-Prozesses (CPM: Customer Product Management) festgestellt, der zu der Schlussfolgerung des Bundesministeriums der Verteidigung führte, dass die Streitkräfte künftig auf bewaffnete unbemannte Luftfahrzeuge angewiesen sein werden, und wie ist der Zwischenstand des CPM-Prozesses zurzeit? Mit den derzeitig in den Streitkräften betriebenen deutschen unbemannten Aufklärungssystemen können gegnerische Kräfte in sich schnell verändernden Lagen, wie zum Beispiel während eines Überfalls auf deutsche Soldatinnen und Soldaten, aufgeklärt und beobachtet werden. Ein Eingreifen zur wirksamen Unterstützung ist mit diesen Systemen jedoch nicht möglich. Die unmittelbare Unterstützung und der Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten, derer befreundeter Streitkräfte und der Zivilbevölkerung sind aber von großer Bedeutung. Selbst auf der Grundlage des besten Lagebildes können Angriffe, die verdeckt im Schutze der Bevölkerung vorbereitet werden und dann überraschend gegen unsere Soldatinnen und Soldaten geführt werden, nicht immer vorab erkannt werden. In diesem Fall ist eine schnelle und präzise Bekämpfung der Angreifer notwendig. Unbemannte Luftfahrzeuge mit langen Stehzeiten im Einsatzraum, die zusätzlich mit Präzisionsbewaffnung ausgerüstet sind, können dies leisten, ohne dass eigene Kräfte am Boden warten müssen, bis ein bemanntes Luftfahrzeug erst mit zeitlicher Verzögerung herbeigerufen werden kann. Truppenführer und Kommandeure im Einsatz bewerten eine Unterstützungsmöglichkeit aufgrund dieser Fähigkeiten in Verbindung mit luftgestützten Wirkmitteln als militärische Notwendigkeit. Die Forderung nach einer Bewaffnung von unbemannten Luftfahrzeugen wird derzeit im Bundesministerium der Verteidigung bewertet. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Fragen der Abgeordneten Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Fragen 49 und 50): Wie wird sich die Bundesregierung im Rat zum Vorschlag der Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft der Europäischen Kommission, Viviane Reding, für eine gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte positionieren? Strebt die Bundesregierung die Einhaltung der im Vorschlag enthaltenen Frist bis 2018 für die Frauenquote für öffentlich geführte börsennotierte Unternehmen an? Zu Frage 49 Der Vorschlag für eine Richtlinie „zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen“ wurde von der Kommission erst am 14. November 2012 verabschiedet und veröffentlicht. Den fachlich mitbetroffenen Ressorts (BMJ, BMWi und BMAS) wurde der Richtlinienvorschlag am 20. November 2012 mit der Bitte um eine erste Stellungnahme zugeleitet. Die Bundesregierung prüft daher derzeit den Richtlinienvorschlag umfassend, hat ihre Meinungsbildung dazu aber noch nicht abgeschlossen. Zu Frage 50: Die Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen, insbesondere in Vorständen und Aufsichtsräten, ist ein wichtiges gleichstellungspolitisches Anliegen der Bundesregierung. Die Bundesregierung setzt darauf, dass mit den vielfältigen neuen Initiativen der Unternehmen und den in dieser Legislaturperiode gestarteten Aktivitäten der Bundesregierung der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft auf allen Ebenen in den kommenden Jahren weiter erhöht wird. Die Meinungsbildung zu einer gesetzlichen Quotenregelung ist innerhalb der Bundesregierung nicht abgeschlossen. Anlage 26 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ulrike Flach auf die Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 51): Werden nach der derzeitigen Honorierung und nach der geplanten neuen Honorierung der Psychiatrien für Patientinnen und Patienten, die zwangseingewiesen oder zwangsbehandelt werden, höhere Honorare eingeräumt als für solche, die nicht zwangseingewiesen oder zwangsbehandelt werden, und kann die vorgesehene Degression bei den Tagespauschalen im PEPP-Entgeltkatalog dazu führen, dass vermehrt auf Medikation und auf Zwangsmedikation zurückgegriffen wird, um die Behandlungszeiten zu verkürzen? Bei den bestehenden tagesgleichen Pflegesätzen führt eine gerichtliche Unterbringung im Vergleich zu den ohne Zwangsmaßnahmen untergebrachten Patientinnen und Patienten einer psychiatrischen Abteilung nicht zu einer höheren Vergütung. Für den PEPP-Entgeltkatalog ist im Kontext der Intensivbehandlung die gerichtliche Unterbringung eines der Intensivmerkmale, die in Verbindung mit weiteren Intensivmerkmalen eine Höhergruppierung in zahlreichen PEPP-Entgelten sowie eine Einsortierung in die Prä-Strukturkategorie der aufwändigsten Behandlungsfälle ermöglicht. Darüber hinausgehende isolierte Informationen zur gerichtlichen Unterbringung liegen in den patientenbezogenen Datensätzen, auf denen die PEPP-Kalkulation basiert, nicht vor. In den amtlichen Verschlüsselungskatalogen existieren keine isolierten Leistungsbezeichner für Art und Umfang der gerichtlichen Unterbringung. Die Vertragsparteien auf Bundesebene – Deutsche Kranken-hausgesellschaft, GKV-Spitzenverband, Verband der privaten Krankenversicherung – haben ebenfalls keine detaillierten Informationen zur gerichtlichen Unterbringung in die patientenbezogenen Routinedatensätze aufgenommen. Im Rahmen der Kostenerhebung zur Berechnung des PEPP-Entgeltkatalogs hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus eine sogenannte ergänzende -Datenbereitstellung zur Thematik der gerichtlichen -Unterbringung durchgeführt. Die Mehrzahl der an der Kostendatenerhebung teilnehmenden Krankenhäuser – 39 von 63 Einrichtungen – konnte in diesem Rahmen Daten – von circa 8 400 Patientinnen und Patienten – für eine Analyse zur Verfügung stellen. Die Analyse der Behandlungskosten wies keine Kostenauffälligkeiten auf. Im PEPP-Entgeltkatalog 2013 fand die gerichtliche Unterbringung deswegen keine Berücksichtigung als isoliert kostentrennendes Merkmal. Die dargestellte Berücksichtigungsmöglichkeit im Kontext der Intensivbehandlung bleibt hiervon unbeeinträchtigt. Eine Differenzierung der Intensivbehandlung nach dem Kriterium der Zwangsbehandlung erfolgt nicht. Soweit die mit der Verweildauer abgestuften Tagesentgelte angesprochen werden, ist festzuhalten, dass die auf einer umfassenden empirischen Basis kalkulierten Entgelte des PEPP-Entgeltkatalogs 2013 die durchschnittlichen Behandlungskosten der Patientinnen und Patienten abdecken. Ein systematischer Anreiz für eine Verweildauerverkürzung ist in dem Entgeltkatalog nicht enthalten. Bei einer früheren Entlassung würden Psychiatrie-einrichtungen auf einen zusätzlichen Erlös verzichten. Ärztliche Entscheidungen über den Einsatz von Arzneimitteln sind als Teil der Behandlung eines psychisch erkrankten Menschen auf der Grundlage der medizinischen Indikation und unter sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiken für den betroffenen Patienten oder die betroffene Patientin zu treffen. Dies gilt genauso auch für den Fall einer – bei Vorliegend der rechtlichen Voraussetzungen – zwangsweisen Arzneimittelbehandlung, wofür von dem Arzt oder der Ärztin die Therapieentscheidung zu treffen ist, die dann von der Betreuerin oder dem Betreuer beim zuständigen Betreuungsgericht zu beantragen ist und die schließlich vom Gericht zu genehmigen ist. Diesbezügliche ärztliche Entscheidungen von finanziellen Aspekten der Tagespauschalen abhängig zu machen, wäre nicht mit den ethischen und berufsrechtlichen Prinzipien der ärztlichen Berufsausübung vereinbar. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Fragen 53 und 54): Wann werden die unterbrochenen Maut-Schiedsverfahren zwischen dem Bund und dem Betreiberkonsortium Toll Col-lect GmbH fortgeführt, und mit welchen Gesamtkosten rechnet die Bundesregierung in den beiden Verfahren? Welche Auswirkungen hat die Verzögerung auf die Ausgaben des Bundes, insbesondere für Anwälte, Schiedsrichtervergütungen und Gerichtsauslagen, und welche Konsequenzen hat dies für die laufenden Zahlungen der Bundesregierung an die Toll Collect GmbH? Zu Frage 53: Die Maut-Schiedsverfahren wurden wegen des Ausscheidens des bisherigen Vorsitzenden Richters zum 31. März 2012 unterbrochen. Es ist davon auszugehen, dass sich das Schiedsgericht unter einem neuen Vorsitzenden im Dezember 2012 konstituieren wird, sodass die Verfahren fortgeführt werden können. Die bisherigen Gesamtkosten des Bundes für die beiden Schiedsverfahren belaufen sich auf rund 100 Millionen Euro. Wie hoch die Kosten am Ende der Verfahren sein werden, kann derzeit nicht abgeschätzt werden. Zu Frage 54: Die Verfahrensverzögerung ist durch das Ausscheiden des bisherigen und die Bestellung eines neuen Vorsitzenden Richters bedingt. Für ihre Mitwirkung am -gerichtlichen Verfahren zur Bestellung eines neuen Vorsitzenden sowie für eine zusammenfassende Aufarbeitung des Streitstoffes aus Parteisicht für einen neuen Vorsitzenden fällt zusätzlicher Arbeitsaufwand der Prozessvertreter des Bundes an, der zu vergüten ist. Die Vergütung der Schiedsrichter ist nicht von der Zeitdauer der Schiedsverfahren abhängig; ebenso nicht die Gerichtsauslagen. Die Verfahrensverzögerung hat keine Konsequenzen für die laufenden Zahlungen des Bundes an die Toll Collect GmbH. Denn der Bund leistet während der Verzögerungsphase in gleicher Weise wie vor deren Beginn die Betreibervergütung gemäß seinen Rechtsauffassungen, die Gegenstand der Maut-Schiedsverfahren sind. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/11611, Frage 55): Nach welchen technischen Regelwerken und welchen weiteren Kriterien wird der Ausbaustandard für Bundesstraßenneubau bzw. -erweiterung festgelegt (zwei-, drei-, vierspurig, mit und ohne Seitenstreifen etc.)? Grundlage für Planung und Bau von Straßen bilden unter anderem die Technischen Regelwerke der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, FGSV. Um unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit eine angemessene Qualität des Verkehrsablaufes zu gewährleisten, enthalten zum Beispiel die Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Querschnitte, RAS-Q, oder die Richtlinien für die Anlage von Autobahnen, RAA, Regelquerschnitte, die in Abhängigkeit von verschiedenen Einflussgrößen – insbesondere dem Verkehrsaufkommen und dem Schwerverkehrsanteil – gewählt werden. Die erforderliche bauliche Befestigung des Straßenoberbaus ist unter anderem in den Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen, RStO, geregelt. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Gustav Herzog (SPD) (Drucksache 17/11611, Frage 56): Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, ob an der in der Berichterstattung der Zeitung Die Rheinpfalz vom 13. November 2012 („,Roswitha-Tunnel‘ bringt Udo Wagner kein Glück“) gemutmaßten Einflussnahme der CDU auf Personalentscheidungen des DB-Konzerns auch Mitglieder der Bundesregierung beteiligt waren, und wie bekennt sich die Bundesregierung zur Unabhängigkeit des DB-Konzerns? Zu der Frage, zu der dem federführenden Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung keine Erkenntnisse vorliegen, hat die Deutsche Bahn AG dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am 26. November 2012 mitgeteilt, dass sie zu Personalangelegenheiten und internen Personalvorgängen grundsätzlich keine Stellungnahme abgibt. Im Übrigen bekennt sich die Bundesregierung zur Unabhängigkeit des DB-Konzerns und weist auf § 76 Abs. 1 AktG hin, wonach der Vorstand die DB AG unter eigener Verantwortung leitet. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 57): Inwieweit war die bevorstehende vorzeitige Abberufung des Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn AG für die Länder Rheinland-Pfalz und Saarland, Udo Wagner, Gegenstand von Konsultationen zwischen dem verantwortlichen DB-Management in Berlin, der Bundesregierung und eventuell den Landesregierungen Rheinland-Pfalz und Saarland, und welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung insgesamt über den Sachverhalt vor? Zu der Frage, zu der dem federführenden Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung keine Erkenntnisse vorliegen, hat die Deutsche Bahn AG dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am 26. November 2012 mitgeteilt, dass sie zu Personalangelegenheiten und internen Personalvorgängen grundsätzlich keine Stellungnahme abgibt. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Fragen des Abgeordneten Heinz Paula (SPD) (Druck-sache 17/11611, Fragen 58 und 59): Wie rechtfertigt die Bundesregierung die Nachteile für die süddeutschen Anrainerstädte der „Magistrale für Europa“, die sich aus der Neukonstruktion des Straßburg–Donau-Korridors durch die EU-Kommission anstelle der bisherigen -Magistrale Paris–Wien ergeben (vergleiche Augsburger -Allgemeine vom 29. September 2012, „Wirtschaft sorgt sich um Bahn-Magistrale“), und wie begegnet die Bundesregierung den Befürchtungen, dass die Magistrale von Straßburg nach Linz im internationalen Fernverkehr dann auf eine -Funktion als Zulauf für die Bahnstrecke Paris–Frankfurt–Nürnberg–Passau–Wien beschränkt werden könnte? Wie ist das Dementi des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, in seinem Schreiben an den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Schwaben vom 25. Oktober 2012 zu verstehen, dass es -künftig keinesfalls „zwei alternative Wege von Strasbourg über Frankfurt oder Stuttgart bis zur Zusammenführung bei Linz geben soll“, wo doch die Skeptiker der neuen Korridorplanungen keineswegs einen solchen absurden Umweg über Frankfurt befürchten, sondern vielmehr eine Verlagerung im internationalen Personenverkehr von der Magistrale auf die künftige Nordachse, und kann die Bundesregierung diese -Bedenken entkräften? Zu Frage 58: Funktion der von der EU-Kommission geschaffenen Korridore ist nicht, wie befürchtet, Streckenverläufe von Zügen vorzugeben. Die konkrete Festlegung von -Zugläufen obliegt den Eisenbahnverkehrsunternehmen. Aufgabe der Korridore als Anlage der Connecting- -Europe-Fazilität, wie die EU-Haushaltslinie für die trans-europäischen Netze künftig heißen wird, ist es allein zu bestimmen, auf welche Vorhaben die EU-Zuschüsse in der kommenden EU-Haushaltsperiode 2014–2020 konzentriert werden sollen. Ein wesentlicher Schwerpunkt der deutschen Investitionen in das Schienennetz wird in dieser Zeit die „Magistrale für Europa“ sein. Von daher ist kein Nachteil für die deutschen Anrainerstädte gegeben. Zu Frage 59: Der Bundesverkehrsminister hat in seinem Schreiben darauf hingewiesen, dass es die befürchteten Verlagerungen nicht geben wird, da sie einen Umweg darstellen. Die Relationen Straßburg–Stuttgart–Augsburg–München–Wien und Straßburg–Frankfurt–Nürnberg–Passau–Wien haben unterschiedliche Einzugsgebiete, die nicht in Verlagerungskonkurrenz stehen. Durch die -geplanten Ausbaumaßnahmen in den nächsten Jahren wird die Magistrale für Europa noch an Attraktivität gewinnen. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Fragen der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm (SPD) (Drucksache 17/11611, Fragen 60 und 61): Welche abschließenden Vereinbarungen haben das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bzw. die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft mit der Gemeinsamen Kommission für historische Wasserfahrzeuge e. V., GSHW, bezüglich des Erhalts der deutschen Traditionsschiffe getroffen, und für welche bisher als Traditionsschiffe anerkannten Schiffe kann danach künftig keine Zulassung mehr als Traditionsschiff erfolgen? Plant die Bundesregierung eine Novellierung der Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe (bitte mit Begründung), und welche die Traditionsschifffahrt betreffenden Regelungen sind auf EU-Ebene in Planung bzw. Umsetzung? Zu Frage 60: Das Bundesverkehrsministerium bzw. die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft hat bisher keine abschließenden Vereinbarungen mit der GSHW bezüglich des Erhalts der deutschen Traditionsschiffe getroffen. Zu Frage 61: Sollte eine Einigung über die Auslegung von derzeit in der Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffen zwischen der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft erzielt werden, plant die Bundesregierung, dies in der Sicherheitsrichtlinie zu manifestieren. Auf EU-Ebene wird zurzeit die Richtlinie 2009/45/EG über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe überarbeitet. Die Anhörung von Interessenverbänden und der Wirtschaft hat stattgefunden. Voraussichtlich wird die Kommission im Januar 2013 einen Vorschlag in das Europäische Parlament und in den Europäischen Rat einbringen. Der Inhalt des Vorschlags ist nicht bekannt. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 62): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den laut der Bundestagsdrucksache 17/11460 vom 13. November 2012 zitierten Feststellungen des verfassungsrechtlichen Gutachtens, dass „alternative Betriebsformen bei der Verwaltung von Wasserstraßen und Schifffahrt nur in sehr eingeschränktem Umfang und nur bei Vorliegen bestimmter objektiver Kriterien zulässig wären“, zum Beispiel „wenn eine Bundeswasserstraße ihre verkehrliche Funktion verloren hätte oder verlieren würde und damit die hoheitliche Verwaltung des Bundes entfiele bzw. entfallen würde“? Soweit die zitierten objektiven Kriterien nicht vorliegen, wird der Bund die maßgeblichen Bundeswasserstraßen wie bisher mit eigenem Personal auf der Grundlage insbesondere des Bundeswasserstraßengesetzes verwalten. Ansonsten wird die Möglichkeit alternativer Betriebsformen im Einzelfall geprüft. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 63): Bei welchen Sonstigen Binnenwasserstraßen des Bundes (nach Bundestagsdrucksache 17/8829, Auszug aus der -VV-WSV 1401 – Bundeswasserstraßenrecht – in der Antwort des BMVBS auf meine schriftliche Frage 73 auf Bundestagsdrucksache 17/8829 sowie im 5. Bericht des BMVBS an den Deutschen Bundestag zur Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, WSV, Nummer 10.2 Alternative Betriebsformen, Seite 43) ist mit welcher Begründung weiterhin die Aufgabe der Verkehrsfunktion (Entwidmung) durch dauerhafte Stilllegung oder die Verwaltung durch alternative Betriebsformen bzw. die Übertragung auf Dritte geplant (bitte einzeln ausführen)? Sogenannte Sonstige Binnenwasserstraßen des Bundes sind Wasserstraßen im Eigentum des Bundes, die mangels Verkehrsbedeutung keine Bundeswasserstraßen im Sinne des Bundeswasserstraßengesetzes sind. Sie sind nicht in der Anlage des Bundeswasserstraßengesetzes aufgeführt. Sie sind folglich nicht als Verkehrsweg gewidmet, so dass sich die Frage einer Entwidmung nicht stellt. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Fragen des Abgeordneten Sören Bartol (SPD) (Drucksache 17/11611, Fragen 64 und 65): Welches finanzielle Budget sieht der Bundeshaushalt 2012 für den Bereich Auslandsreisen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vor, und wie viele Mittel sind nach aktuellem Stand bis zum 23. November 2012 bereits für Auslandsreisen im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Jahr 2012 ausgegeben worden? Vertreter welcher Wirtschaftsunternehmen haben die politische Spitze des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Jahr 2012 bei Auslandsreisen begleitet, und gibt es eine interne Anweisung des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dass im Jahr 2013 die Zahl der Auslandsreisen der politischen Spitze des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Vergleich zu den Jahren 2010 bis 2012 reduziert werden soll? Zu Frage 64: An finanziellen Mitteln für Dienstreisen stehen im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Haushalt 2012 insgesamt 2 606 000 Euro zur Verfügung. Für alle Auslandsdienstreisen wurden bis zum 23. November 2012  750 102,25 Euro verausgabt. Zu Frage 65: Der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat eine Außenwirtschaftsstrategie entwickelt. Diese wird umgesetzt und wurde breit kommuniziert. Ein Ziel dieser Strategie ist es, im Dialog mit der Wirtschaft die Eigeninitiativen von Unternehmen im Ausland aktiv zu begleiten und politisch zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund wurde die Hausleitung in 2012 auf geeigneten Auslandsreisen üblicherweise von Vertretern der deutschen Wirtschaft begleitet, die gezielt im Hinblick auf die Bedürfnisse des jeweiligen Gastlandes ausgewählt wurden. Bei den Unternehmensvertretern handelte es sich in der Regel um Vorsitzende des Vorstands bzw. der Geschäftsführung von Unternehmen sowie Vertretern von Fachverbänden und Institutionen aus Verkehrs- und Bauwirtschaft, Bahnindustrie, Luftverkehrswirtschaft, Güterverkehrs- und Logistikbranche oder maritimer Wirtschaft. Es gibt keine interne Anweisung des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dass im Jahr 2013 die Zahl der Auslandsreisen der politischen Spitze des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Vergleich zu den letzten Jahren 2010 bis 2012 reduziert werden soll. Dies widerspräche unserer Außenwirtschaftsstrategie. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Ingo Egloff (SPD) (Drucksache 17/11611, Frage 66): Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um gegen die horrenden Mietpreise in Großstädten/Ballungsräumen wie Hamburg, München und Frankfurt am Main vorzugehen, nachdem sogar das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung eingestanden hat, dass sich bezahlbare Wohnungen, die sich auch Normalverdiener leisten können, in vielen deutschen Großstädten nur noch sehr schwer finden lassen? Die zurzeit in vielen Städten zu beobachtenden Mietsteigerungen vor allem bei Neuvermietung sind im Wesentlichen Folge eines zu geringen Wohnungsangebots und können daher wirksam nur mit einer Ausweitung der Wohnungsbautätigkeit begegnet werden. Die Bundes-regierung hält Änderungen im Mietrecht, die Anreize für Investitionen schwächen, daher nicht für das geeignete Mittel. Die Zuständigkeit für die Förderung des Wohnungsbaus liegt bei den Ländern. Der Bund gewährt den Ländern als Ausgleich für den Wegfall der bis zur Föderalismusreform bereitgestellten Bundesfinanzhilfen bis zum 31. Dezember 2019 Kompensationsmittel aus dem Bundeshaushalt, die bis zum Jahr 2013 auf jährlich 518,2 Millionen Euro festgelegt sind. Darüber hinaus leistet der Bund einen wirkungsvollen Beitrag im Rahmen des KfW-Programms zum energieeffizienten Bauen, womit annähernd die Hälfte aller neu gebauten Wohnungen gefördert wird. Einkommensschwache Haushalte werden im Übrigen in ihrer Mietzahlungsfähigkeit durch Wohngeld und Übernahme der Kosten der Unterkunft im Rahmen der Grundsicherung unterstützt, für die die öffentliche Hand jährlich rund 17 Milliarden Euro bereitstellt. Anlage 37 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 67): Welche neuen Sachstände – insbesondere Genehmigungsentwürfe und gutachterliche Stellungnahmen – hat es seit den Antworten der Bundesregierung auf meine schriftlichen -Fragen 67 auf Bundestagsdrucksache 17/6387 und 71 auf Bundestagsdrucksache 17/5675 bei den beantragten Leistungserhöhungen für die Atomkraftwerke Emsland, Grohnde, Gundremmingen und Grafenrheinfeld bis dato gegeben – bitte mit Datumsangabe –, und bei welchen dieser Antragsverfahren bereitet das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit bereits eine Stellungnahme vor – bitte auch mit Datumsangabe? Zum Kernkraftwerk Emsland liegt dem BMU kein neuer Sachstand vor. Die Betreiber der Kernkraftwerke Grafenrheinfeld und Grohnde haben ihren Antrag auf Genehmigung -einer thermischen Leistungserhöhung zurückgezogen. Zur beantragten Leistungserhöhung des Kernkraftwerkes Gundremmingen Block B und Block C hat das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit einen überarbeiteten Genehmigungsentwurf mit den zugehörigen Stellungnahmen der Gutachter übermittelt und damit das laufende Verwaltungsverfahren fortgesetzt. Anlage 38 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 68): Wie sieht der aktuelle Zeitplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktosicherheit für die Aus-arbeitung der sogenannten Interpretationen zum neuen kerntechnischen Regelwerk, Revision E, aus – bitte mit Angabe wesentlicher Zwischenetappen, Meilensteine etc. –, und wie ist dieser Ausarbeitungsprozess mit (allen) seinen Beteiligten -organisiert? Nach dem Abschluss der Arbeiten zu den übergeordneten „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ vom 20. November 2012 wird das BMU gemeinsam mit Vertretern der atomrechtlichen Behörden der Länder mit den Arbeiten an den „Interpretationen“, die die sicherheitstechnischen Anforderungen der nicht in die über-geordneten Anforderungen übernommenen und ebenfalls zu überarbeitenden Module der Revisionsfassung D beinhalten, beginnen (siehe dazu auch den Bericht der Bundesregierung zum kerntechnischen Regelwerk für den Umweltausschuss des Deutschen Bundestages, -vorgelegt am 27. November 2012). Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit mbH, GRS, hat bereits im Frühjahr 2012 vom BMU den Auftrag erhalten, unmittelbar nach Fertigstellung der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ mit der Überarbeitung der Interpretationen zu beginnen. Seitens der Behörden ist dazu eine Arbeitsgruppe des Fachausschusses Reaktorsicherheit des Länderausschusses für Atomkernenergie einzurichten, deren Mitglieder gemeinsam mit Vertretern des BMU die Arbeiten begleiten werden. Es ist dabei zu prüfen, inwieweit Inhalte bereits in Regeln des Kerntechnischen Ausschusses, KTA, -vorhanden sind oder relativ zügig in Regeln des KTA integriert werden können. Anlage 39 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragen des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Fragen 69 und 70): Mit wie vielen Mitteln werden und wurden die Photovoltaiktechnologien kristallines Silizium, amorphes/mikrokristallines Silizium, CIGS und CdTe gefördert – bitte um Aufschlüsselung nach Technologien? Welche wirtschaftliche Relevanz haben die in Frage 69 genannten Technologien für Deutschland, gemessen an der installierten Gesamtleistung und den erreichbaren Fertigungskosten pro Wattpeak – bitte um Aufschlüsselung nach Technologien? Zu Frage 69: Die Bundesregierung fördert im Rahmen des 6. Energieforschungsprogramms Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Photovoltaik. Das 6. Energieforschungsprogramm ist seit September 2011 in Kraft. Seither wurden bezogen auf die in der Fragestellung genannten Technologien seitens des Bundesministeriums für Umwelt, -Naturschutz und Reaktorsicherheit – anwendungsorientierte Projektförderung – und seitens des Bundesministeriums für Bildung und Forschung – grundlagenorientierte Projektförderung – folgende Fördermittel bewilligt (Stand 26. November 2012): Kristallines Silizium 71,71 Millionen Euro Amorphes/Mikrokristallines Silizium 19,98 Millionen Euro CIGS 8,17 Millionen Euro Darüber hinaus wurden im Bereich der Photovoltaik in anderen Programmen folgende Fördermittel bewilligt: Kristallines Silizium 36,27 Millionen Euro Amorphes/Mikrokristallines Silizium 0,20 Millionen Euro CIGS 8,83 Millionen Euro Zu Frage 70: Betreiberinnen und Betreiber von Photovoltaikanlagen sind nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG, verpflichtet, der Bundesnetzagentur Standort und Leistung neu errichteter Anlagen zu melden. Informationen zur verwendeten Technologie werden nicht erhoben und sind daher nicht bekannt. In aktuellen Studien, etwa in der Photovoltaik Marktstudie von McKinsey USA, „Darkest After Dawn“, werden für alle technologischen Varianten erreichbare Fertigungskosten pro Wattpeak zwischen 0,35 und 0,40 Euro bis zum Jahr 2020 prognostiziert. Dazu sind die Fertigungsprozesse weiter zu verbessern, die Materialeffi-zienz zu erhöhen und die Wirkungsgrade zu steigern. Vor diesem Hintergrund sieht das Bundesumwelt-ministerium mittelfristig eine signifikante wirtschaftliche Relevanz insbesondere bei Modulen auf Basis von Kristallinem Silizium, Amorphem/Mikrokristallinem -Silizium und CIGS. Anlage 40 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 71): Wie steht die Bundesregierung zu der kürzlich in einem großen deutschen Nachrichtenmagazin (vergleiche den Spiegel vom 19. November 2012) von ihrem ehemaligen Chefberater in Klimafragen, Hans Joachim Schellnhuber, geäußerten Kritik, für die Regierungschefin habe der Klimaschutz leider keine alleroberste Priorität, und welche Schlüsse zieht sie daraus – insbesondere vor dem Hintergrund einer acatech-Studie einerseits, die die Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland als beherrschbar darstellt, und einer alarmierenden Klimafolgenstudie der Weltbank andererseits, die vor den Gefahren eines ungebremsten Klimawandels warnt? Die Bundesregierung steht zu ihren anspruchsvollen Klimaschutzzielen und arbeitet auch vor dem Hintergrund der genannten Studien national wie international mit großem Nachdruck an deren Umsetzung. Deutschland ist auf einem guten Weg, seine Klimaziele bis 2020 zu erreichen. Bis 2011 konnten die Emissionen nach -vorläufigen Schätzungen des Umweltbundesamtes um 26,4 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Damit wird Deutschland seiner angestrebten Führungsrolle beim Klimaschutz im internationalen Vergleich gerecht. Anlage 41 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 72): Wie gedenkt die Bundesregierung – angesichts der avisierten Dauer des Besuchs des Bundesministers für Umwelt, -Naturschutz und Reaktorsicherheit in Doha – sicherzustellen, dass die klimapolitischen Interessen Deutschlands im Rahmen der Weltklimakonferenz in Doha in die EU-Position einfließen und diese zudem auf der Weltklimakonferenz gewichtig vertreten werden? Die Bundesregierung wird ihre Positionen in Doha in gewohnter Weise in die EU-internen Diskussionen einbringen und damit in die EU-Position einfließen lassen. Darüber hinaus wird sie unter anderem in bilateralen -Gesprächen, im „national statement“ vor dem Plenum der Konferenz und in einem offiziellen deutschen „side event“ die Vorreiterrolle, die Deutschland im Kampf -gegen den Klimawandel spielt, erörtern. Die Bundes-regierung ist auf der UN-Klimakonferenz in Doha mit einer Delegation vertreten, die aus Vertretern der Ressorts, Bundestagsabgeordneten und Landesministern zusammengesetzt ist. Das BMU wird während der gesamten zweiten Woche der Konferenz (3. Dezember bis 7. Dezember 2012) auf Leitungsebene vertreten sein, zunächst durch Frau Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche, dann durch Herrn Bundesminister Peter Altmaier. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Druck-sache 17/11611, Frage 73): Welche Verbesserungen plant die Bundesregierung im Zuge der beabsichtigten Aufhebung der Gehaltsobergrenzen für Spitzenwissenschaftler bei der Bezahlung des wissenschaftlichen Nachwuchses insbesondere im Bereich der -Bewirtschaftungsgrundsätze – unter Angabe der Einschätzung der beruflichen Perspektiven in Wirtschaft und Wissenschaft der aktuell 200 400 Promovierenden –, und welche Konzeption bzw. Systematik verfolgt die Bundesregierung bei der -Bezahlung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Hinblick auf unterschiedliche Fördervoraussetzungen für die Gewährung des Familienzuschlages in Höhe von 155 Euro pro -Monat bei der Graduiertenförderung, den geringen Abstand der Fördersätze zwischen Promovierenden und Grundstipendiaten nach der Anhebung des Büchergeldes auf 300 Euro, den geringen Abstand der Fördersätze zwischen Postdoktoranden und Doktoranden sowie die Begünstigung ausländischer Promovenden gegenüber inländischen bei den Fördersätzen der Postdoktorandenstipendien? Im Hinblick auf die Konzeption bzw. Systematik bei der Bezahlung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist anzumerken, dass die bestehenden vielfältigen tariflichen und außertariflichen Vergütungsmöglichkeiten -sowie die Förderinstrumente in ihrer spezifischen -Ausgestaltung jeweils unterschiedliche Zwecke berücksichtigen. Aus Sicht der Bundesregierung sind die im Einzelnen bestehenden Vergütungs- bzw. Fördersätze bedarfsgerecht. Anlage 43 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 74): Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, welche Organisation ab wann den Betrieb der medizinischen Einrichtungen im Flüchtlingslager in Dadaab übernehmen wird, die bis zum 31. Dezember 2012 noch durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH betrieben werden, und welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den Verbleib der momentan rund 230 Beschäftigten in den medizinischen Einrichtungen? Der UNHCR hat die Bundesregierung darüber informiert, dass mit dem Kenianischen Roten Kreuz, KRC, eine Vereinbarung über die Weiterführung der bislang von der GlZ durchgeführten Maßnahmen im Gesundheitsbereich im Flüchtlingslager Dadaab finalisiert wurde. Die Übergabe durch die GIZ an das Kenianische Rote Kreuz soll in dieser Woche erfolgen. Die GIZ hat dem KRC die bestehende Personalliste zukommen lassen, mit der Bitte, diese bei der geplanten Übernahme der medizinischen Einrichtungen des Krankenhauses und der Gesundheitsstationen im Ifo-Camp in Dadaab zu berücksichtigen. Die Entscheidung über eine Übernahme unterliegt der Nachfolgeorganisation. Anlage 44 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Fragen der Abgeordneten Halina Wawzyniak (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Fragen 75 und 76): Welche Flüchtlingsunterkünfte hat sich die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Dr. Maria Böhmer, wie im Gespräch mit den hungerstreikenden Flüchtlingen am Brandenburger Tor am 2. November 2012 angekündigt, angeschaut? Welche Reaktionen hat die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Dr. Maria Böhmer, auf ihre im Gespräch mit den hungerstreikenden Flüchtlingen am Brandenburger Tor am 2. November 2012 angekündigten Briefe an die Landesjustiz- und Landesinnenminister bzw. die Landkreisämter zur Beurlaubung der Flüchtlinge von der Residenzpflicht erhalten? Zu Frage 75: In Anschluss an das Gespräch vom 2. November 2012 und nach der Beendigung des Hungerstreiks war es vordringlich, das den Asylbewerbern zugesagte Treffen mit den Kolleginnen und Kollegen des Innenausschusses zu ermöglichen. Dieses fand dann bereits am 22. November 2012 statt. Ich will hier die Gelegenheit nutzen, mich bei den Kolleginnen und Kollegen des Innenausschusses für ihre Bereitschaft zu bedanken, den Termin so schnell zu realisieren. Dem Vorsitzenden des Innenausschusses Wolfgang Bosbach und dem Sekretariat des Ausschusses gebührt insoweit mein besonderer Dank. Dass die Asylsuchenden dann leider die Chance vertan haben, in ein konstruktives und zielorientiertes Gespräch mit den Vertreterinnen und Vertretern aller Fraktionen einzutreten, bedauere ich gerade auch als Integrationsbeauftragte der Bundesregierung sehr. Dies war nach dem positiven Gespräch von Anfang November so nicht vorauszusehen. Seitens dieses Hauses hat es jedenfalls nicht an Bereitschaft für ein solches Gespräch gefehlt. Den noch für dieses Jahr geplanten Besuch in einer Gemeinschaftsunterkunft gilt es mit den Behörden vor Ort abzustimmen, da die Unterbringung von Asylbewerbern – wie Sie sicherlich wissen – nicht in der Zuständigkeit des Bundes liegt, sondern Sache der Länder und der Kommunen ist. Zu Frage 76: Die Schreiben an die Innenminister und Justizminister der Länder sind am 9. November 2012 versandt worden. Sie sind von mir und der Berliner Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen, Frau Kolat, unterzeichnet worden. Die Integrationsministerkonferenz hat eine Kopie des Schreibens erhalten. Reaktionen auf die Schreiben aus den Ländern liegen bisher nicht vor. Sie waren auch nicht zu erwarten und sind auch nicht notwendig. Anlage 45 Antwort des Staatsministers Bernd Neumann auf die Frage des Abgeordneten Siegmund Ehrmann (SPD) (Drucksache 17/11611, Frage 77): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den aktuellen Äußerungen des russischen Kulturministers Wladimir Medinski, die Diskussionen um deutsche kriegsbedingt verlagerte Kulturgüter, sogenannte Beutekunst, beenden zu wollen, und welche Konsequenzen wird dies für die Bemühungen der Bundesregierung haben, in Verhandlungen mit Russland Lösungen in dieser Frage zu erreichen? Vor dem Hintergrund der ersten Erfolge bei der Wiederbelebung der deutsch-russischen Arbeitsgruppen vor den Regierungskonsultationen vom 16. November 2012 in Moskau ist diese Entwicklung besonders bedauerlich. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Zusage der russischen Seite für Gespräche in der bilateralen Arbeitsgruppe „Archive“ Ende Januar 2013. Seine ablehnende Haltung hat der russische Kulturminister Medinski erst nach den Regierungskonsultationen in Moskau geäußert. In den letzten Jahren waren die deutsch-russischen Gespräche über Kulturgüterrückführung von der russischen Seite immer wieder verzögert worden. Ob und wie lange und mit welchen Konsequenzen die ablehnende Haltung des russischen Kulturministers Bestand hat, bleibt abzuwarten. Ungeachtet der Äußerung des russischen Kulturministers wird die Bundesregierung beim Thema Kultur-güterückführung die Politik der kleinen Schritte und des offenen Dialogs weiterführen. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 78): Wird die Bundesregierung die von der Umweltministerkonferenz an sie gerichteten Forderungen zum Thema Fracking vollständig umsetzen, und, wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hat darüber noch keine Entscheidung getroffen, da derzeit auf der Basis der Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland) und der Studie des Umweltbundesamtes (Umweltauswirkungen von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus konventionellen Lagerstätten – Risikobewertung, Handlungsempfehlungen und Evaluierung bestehender rechtlicher Regelungen und Verwaltungsstrukturen) Anpassungen des rechtlichen Rahmens geprüft werden. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 79): Wann wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag den nach § 3 des Energieleitungsausbaugesetzes, EnLAG, seit dem 1. Oktober 2012 fälligen Fortschrittsbericht zum Ausbau der Höchstspannungsnetze vorlegen, welcher auch -Informationen über Erfahrungen mit dem Einsatz von Erd-kabeln nach § 2 EnLAG enthalten soll, und was sind die Gründe für die bisherige Verspätung? Der Bericht nach § 3 des Energieleitungsausbaugesetzes befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung und wird in Kürze vorgelegt. Mit den energiepolitischen Beschlüssen zur Umsetzung der Energiewende wurde in den §§ 12a bis e des Energiewirtschaftsgesetzes mit der Aufstellung eines -gemeinsamen Netzentwicklungsplans der Übertragungsnetzbetreiber ein neues Verfahren zur Netzausbau-bedarfsplanung vorgesehen. In dem Entwurf des Netzentwicklungsplans, den die Übertragungsnetzbetreiber am 15. August 2012 der Bundesnetzagentur zur Prüfung vorgelegt haben, haben sich auch Änderungen bei -EnLAG-Trassen ergeben. Mit Blick auf einen möglichen Anpassungsbedarf bei den Vorhaben des Energie-leitungsausbaugesetzes hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie davon abgesehen, den Bericht nach § 3 des Energieleitungsausbaugesetzes vor Abschluss der Prüfungen des Netzentwicklungsplans durch die Bundesnetzagentur vorzulegen. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 80): Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die – vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Peter Altmaier (vergleiche dpa-Meldung vom 22. November 2012), selbst als ungerechtfertigt kritisierten – Erhöhungen der Strompreise ab Anfang nächsten Jahres, bei denen nach Berechnungen von Verbraucherverbänden den Stromkunden 2,1 Milliarden Euro zuviel in Rechnung gestellt werden, zu überprüfen und im Ergebnis die Stromunter-nehmen gegebenenfalls aufzufordern, diese teilweise oder ganz zurückzunehmen? Strompreise bilden sich im Wettbewerb. Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben in Deutschland die Wahl zwischen einer Vielzahl von Stromanbietern und Tarifen. Sie sollten – darauf hat die Bundesregierung -immer wieder hingewiesen – regelmäßig die Preise vergleichen und von ihren Wechselmöglichkeiten Gebrauch machen. Nur so kann der Wettbewerb funktionieren und für wettbewerbskonforme Preise sorgen. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Fragen des Abgeordneten Lars Klingbeil (SPD) (Drucksache 17/11611, Fragen 81 und 82): Wie möchte die Bundesregierung – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen auf europäischer Ebene zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten, wer eigentlich die EU-Position auf der World -Conference on International Telecommunications, WCIT, in Dubai vertreten soll – sicherstellen, dass es eine abgestimmte Position der EU-Mitgliedstaaten zur WCIT geben wird, und wer wird diese gemeinsame EU-Position in Dubai vertreten? Welche Position vertritt die Bundesregierung zur Einschätzung, die seitens des Sekretariats der ITU, International Telecommunication Union, und von einigen Mitgliedstaaten vertreten wird, dass die Internetregulierung, die bislang durch Institutionen wie ICANN, Internet Corporation for Assigned Names and Numbers, IANA, Internet Assigned Numbers Authority, oder IETF, Internet Engineering Task Force, verantwortet wird, nicht mehr ausreichend sei, und welche Position vertritt die Bundesregierung zu der daraus vom Sekretariat der ITU und einigen Mitgliedstaaten gezogenen Schlussfolgerung, dass die ITU nun neben dem Internet Governance -Forum, IGF, die WCIT mit der Internetregulierung betrauen und damit offensichtlich auch Abstand vom bislang gewählten Multi-Stakeholder-Dialog nehmen möchte? Zu Frage 81: Die Mitgliedstaaten der EU haben sich bereits im Vorbereitungsprozess der World Conference on Inter-national Telecommunications sowohl im Rahmen des weltweiten Prozesses bei der International Telecommunication Union als auch im Rahmen des europäischen Vorbereitungsprozesses bei der europäischen Regionalgruppe sehr eng abgestimmt. Diese enge Zusammenarbeit, in die selbstverständlich auch die Europäische Kommission eingebunden sein wird, ist auch bei den Verhandlungen vor Ort in Dubai vorgesehen. Die Rollenverteilung zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedsländern der Europäischen Union wird darauf ausgerichtet sein, die europäischen Interessen auf möglichst effiziente Weise wahrzunehmen. Zu Frage 82: Die Bundesregierung unterstützt in Fragen, die das Management des Internets betreffen, das Multi-Stakeholder Modell, wie es unter anderem bei ICANN erfolgreich praktiziert wird. Sie sieht daher keine Notwendigkeit, Fragen der Verwaltung und Koordinierung kritischer Internetressourcen – sei es zur Vergabe von IP-Adressen, sei es zur Verwaltung von Domänennamen – in die ITU und damit in das VN-System zu integrieren. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage der Abgeordneten Brigitte Zypries (SPD) (Drucksache 17/11611, Frage 83): Wann wird die Bundesregierung ein umfassendes und -ressortübergreifendes Internet-Governance-Konzept vorlegen, und welche Maßnahmen wird die Bundesregierung – nicht -zuletzt auch vor dem Hintergrund der in dem Fachgespräch der Projektgruppe Internationales und Internet Governance der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft am 19. November 2012 offensichtlich gewordenen Defizite in diesem Bereich – ergreifen, um die dringend gebotene Koordination zwischen den beteiligten Ressorts zu verbessern? Internet Governance in einem weiten Verständnis betrifft eine Reihe von Themen, die in den verschiedenen Ressorts betreut werden – so werden etwa Fragen des geistigen Eigentums im Bundesministerium der Justiz, Fragen der Sicherheit im Bundesministerium des Inneren und Fragen der Telekommunikationsinfrastruktur im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sowie außen- und sicherheitspolitische Implikationen im Auswärtigen Amt behandelt. Bei all diesen Fragen besteht eine enge und gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen den Ressorts – ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Vorbereitung des G8-Gipfels im vergangenen Jahr oder die Vorbereitung der World Conference on International Telecommunications, die in wenigen Tagen in Dubai beginnt. Bei Fragen der Internet Governance im engeren Sinn – nämlich bei der Frage der Vergabe und Koordinierung kritischer Internetressourcen – hierzu gehören die IP-Adressen sowie das System der Domainnamen durch das US-Unternehmen ICANN – liegt die Federführung beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Das BMWi vertritt die Bundesregierung auch im Regierungsbeirat GAC bei ICANN. Die Zusammenarbeit -zwischen den Ressorts erfolgt auch hier reibungslos. BMWi beteiligt die anderen Ressorts im Vorfeld von Entscheidungen – gelegentlich nehmen auch andere -Ressorts an den GAC-Sitzungen teil. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage der Abgeordneten Brigitte Zypries (SPD) (Drucksache 17/11611, Frage 84): Welche Position wird die Bundesregierung auf der World Conference on International Telecommunications vom 3. bis 14. Dezember 2012 in Dubai – vor dem Hintergrund der im Vorfeld von einigen Seiten geforderten stärkeren Kontrolle und Regulierung des Internets im Rahmen der International Telecommunication Union – vertreten, und wird sie an der Auffassung festhalten, dass die Administration des Internets weiterhin von der Regulierung im Rahmen der International Telecommunication Regulations ausgenommen bleibt? Der ungehinderte Zugang zum Internet ist unverzichtbar für unsere Gesellschaft. Für die Bundesregierung sind die Ziele Offenheit, Transparenz und Freiheit des Internets Voraussetzungen dafür, dass das Internet seine herausragende Rolle als Motor gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen behält. Grund- und Menschenrechte wie Meinungs-, Rede- und Versammlungsfreiheit müssen im Internet genau so geschützt sein wie in der Offlinewelt. Eine Regulierung des Internets ist nach Auffassung der Bundesregierung nicht Gegenstand der ITRs und soll es auch nicht werden. Insbesondere lehnt die Bundesregierung Bestrebungen ab, in den ITRs Regelungen zur Internetkriminalität, zu Internet-inhalten oder zur Netzneutralität zu treffen. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 85): Mit welchem Personal wird die Bundesregierung auf der World Conference on International Telecommunications in Dubai vertreten sein, auf der Anfang Dezember 2012 Vertreterinnen und Vertreter von 193 Ländern unter anderem über die Zuständigkeit der International Telecommunication Union für das Internet verhandelt wird (bitte wie die US-Regierung unter www.state.gov/e/eb/cip/rls/199736.htm die Namen und Organisationszugehörigkeit der WCIT-Delegation angeben), und welche Haltung bezüglich der Freiheit des Internets (auch von Überwachung durch Polizeien und Geheimdienste) wird die Bundesregierung dort einnehmen bzw. hat sie in vorab versandten Stellungnahmen bereits deutlich gemacht? Die endgültige Zusammensetzung der deutschen Delegation steht noch nicht fest. Die Delegationsleitung wird vom BMWi wahrgenommen. Neben dem BMWi werden auch andere Ressorts der Bundesregierung sowie die Bundesnetzagentur vertreten sein. Darüber hinaus werden Vertreter von Verbänden, Unternehmen und der Zivilgesellschaft teilnehmen. Der ungehinderte Zugang zum Internet ist unverzichtbar für unsere Gesellschaften. Für die Bundesregierung sind die Ziele Offenheit, Transparenz und Freiheit des Internets Voraussetzungen dafür, dass das Internet seine herausragende Rolle als Motor gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen behält. Grund- und Menschenrechte wie Meinungs-, Rede- und Versammlungsfreiheit müssen im Internet genauso geschützt sein wie in der Offlinewelt. Eine Regulierung des Internets ist nach Auffassung der Bundesregierung nicht Gegenstand der ITRs und soll es auch nicht werden. Die Bundesregierung wird bei der World Conference on Inter-national Telecommunications keinesfalls Vorschläge unterstützen, die die vorgenannten Grundfreiheiten gefährden könnten. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 86): Wie hat die Bundesregierung die mehrfach geäußerten Vorbehalte gegenüber der Aufnahme von betrieblichen Regelungen im Zuge der Überarbeitung der intergouvernementalen International Telecommunication Regulations im Rahmen der im Dezember 2012 stattfindenden Weltkonferenz für Internationale Telekommunikation der International Telecommunication Union gegenüber den Verhandlungspartnern im Vorfeld der Konferenz konkret deutlich gemacht, bzw. wie wird sie dieses Anliegen deutlich machen, und ist aus Sicht der Bundesregierung sichergestellt, dass die Interessen der Zivilgesellschaft im Zuge der Beratungen angemessen berücksichtigt werden? Die Vorbehalte der Bundesregierung gegen betriebliche Regelungen im Rahmen der ITRs sind sowohl bei den Vorbereitungstreffen der ITU für die Konferenz auf weltweiter Basis als auch bei den Diskussionen der europäischen Regionalorganisation, CEPT, der ITU geltend gemacht worden. Die Bundesregierung wird diese grundsätzliche Haltung auch in den Verhandlungen in Dubai gegenüber den Mitgliedstaaten der ITU vertreten. Die Bundesregierung hat neben Vertretern von Verbänden und Unternehmen auch Vertreter der Zivilgesellschaft zu den von ihr organisierten Informationsveranstaltungen zur WCIT eingeladen. In den Veranstaltungen haben die Vertreter der Bundesregierung auch auf die Möglichkeit hingewiesen, dass Vertreter von Verbänden, Unternehmen und der Zivilgesellschaft in die deutsche Delegation aufgenommen werden können. Von dieser Möglichkeit wurde sowohl von Vertretern von Verbänden, Unternehmen als auch von der Zivilgesellschaft Gebrauch gemacht. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/11611, Frage 87): Aus welchen Abteilungen/Referaten welcher Bundesministerien stammen die Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Delegation für die Verhandlungen im Rahmen der Weltkonferenz für Internationale Telekommunikation der International Telecommunication Union, und sind Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft Teil der deutschen Delegation? In der deutschen Delegation vertreten sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie – Abteilung IT-, Kommunikations- und Postpolitik –, das Auswärtige Amt – Organisationseinheit für Cyberaußenpolitik, Generalkonsulat Dubai – und des Bundesministeriums des Inneren – Abteilung für Informationstechnik. Auch die -Zivilgesellschaft wird in der deutschen Delegation vertreten sein. Anlagen 25608 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 210. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 28. November 2012 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 210. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 28. November 2012 25607 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 38. Sitzung – 4. April 2003 4 25626 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 210. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 28. November 2012 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 210. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 28. November 2012 25627