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Ein Blick sagt mehr als tausend Worte. Was bereits ein altes Sprichwort aussagt, traf irgendwie auch am Sonntag, 9. September 2012, auf den Deutschen Bundestag in Berlin zu. Denn beim Tag der Ein- und Ausblicke konnten sich die Besucher von der Arbeit im Parlament selbst ein Bild machen. Was viele Bürger sonst nur aus der Ferne kennen, wurde den Gästen nahegebracht. Ob Ausschusssäle, Hammelsprung oder Europa-Krise — fast 23.000 Besucher warfen einen Blick hinter die Kulissen.
Wie sieht der Plenarsaal in Wirklichkeit aus? Wo sitzt welche Fraktion? Die Fragen der Besucher wurden am Sonntag im Bundestag direkt beantwortet. "Ich habe ihn mir viel größer vorgestellt", schmunzelt Hildegard Pausch aus Bayern, als sie den Plenarsaal betritt. Es ist das erste Mal, dass sie einen Blick hinter die sonst geschlossenen Türen des Parlaments wirft, und natürlich löchert sie wie alle Besucher den Besucherdienst mit vielen Fragen.
Vor dem langen Tisch mit den Drucksachen bleibt sie kurz stehen, blättert in Gesetzentwürfen. "Wie viel Papier produziert der Bundestag eigentlich?", möchte sie wissen. "In einer Sitzungswoche sind es rund drei Tonnen", antwortet ihr der Besucherdienst.
Die junge Frau aus Bayern kommt ins Staunen — wie so oft an diesem Nachmittag. "Das heute ist die physische Wahrnehmung des Parlaments. Was ich sonst nur aus irgendwelchen Skizzen oder Bildern kenne, kann ich jetzt ergehen", freut sich die Besucherin und setzt ihre Tour durch das Regierungsviertel fort. Nächster Anlaufpunkt ist für sie die Bundestagsbibliothek. Diese stand im Mittelpunkt des Angebots im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Doch auch Führungen durch das Parlamentsarchiv und die Pressedokumentation wurden hier stündlich angeboten.
Mit Pauken und Trompeten hatte am Morgen der zehnte "Tag der Ein- und Ausblicke" des Deutschen Bundestages begonnen. Die Blaskapelle Harmoniemusik Maingründel aus dem Augsburger Land stimmte die Besucher auf einen erlebnisreichen Tag im Parlament ein. Bundestagsvizepräsident Eduard Oswald (CDU/CSU) begrüßte Punkt 9 Uhr die zahlreichen Gäste und forderte sie auf: "Fragen Sie, nehmen Sie Informationsmaterial mit, diskutieren Sie. Die Parlamentarier wollen unmittelbaren Kontakt. Die Politik ist ein Dienst am Bürger, und das wollen wir." Diese Gelegenheit nutzten die Besucher.
Auf einem Rundgang stellte sich auch Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert den Fragen der Besucher. Dabei ging es um die Rolle des Parlaments in der aktuellen Eurokrise, das Wahlrecht und um Bürgerbeteiligung. Besonders mutig war der kleine Emil. Er fragte den Parlamentspräsidenten, warum auf den Türen im Reichstagsgebäude ja und nein steht. Norbert Lammert erklärte, dass die Abgeordneten bei unklarem Stimmverhältnis durch diese Türen gehen. Dies ist der sogenannte Hammelsprung.
Aber auch über die Aufgaben und Arbeitsweise des Parlaments und des Bundestagspräsidenten erfuhren die Interessierten einiges. Dabei unterstrich Lammert auch die Funktion des Arbeitsparlaments. "Die Leistungsfähigkeit hängt von der der Arbeitsteilung ab", sagte Lammert. Dass dabei der Präsident gelegentlich zum Dirigenten wird, konnten die Besucher am Sonntag live erleben. Zwar nicht im Plenarsaal, dafür leitete Lammert mit musikalischem Schwung die Schüler-Bigband des Gymnasiums Puchheim vor dem Paul-Löbe-Haus.
Während sich im Paul-Löbe-Haus die Bundestagsverwaltung vorstellte, konnten die Besucher im Reichstagsgebäude einmal selbst hinter dem Rednerpult stehen — so wie Lindsey und Valerie. Die zwei Kinder waren mit ihren Eltern eigentlich auf Familienbesuch in Berlin, machten zum Tag der Ein- und Ausblicke jedoch einen Abstecher in den Bundestag. Denn an diesem Sonntag gab es im Parlamentsviertel viel zu entdecken. Ein Blick in den Andachtsraum des Bundestages durfte dabei nicht fehlen.
Ein paar Schritte weiter zeigte Dr. Kristina Volke vom Kunstreferat der Bundestagsverwaltung den Besuchern die "geheimen Gärten". Sie erzählte von der landschaftlichen Gestaltung im Parlamentsviertel und ihrer geschichtlichen Tradition. Zum Schluss bekamen die Besucher eine Samenmischung für den eigenen Garten mit exakt der Kräutersammlung des Innenhofes an der Dorotheenstraße. Es ist ein kleines Stück Bundestag, welches die Besucher neben den lebhaften Erinnerungen mit nach Hause nehmen.(ldi/10.09.2012)