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Die von einigen gesetzlichen Krankenkassen geplante Erhebung von Zusatzbeiträgen stand im Mittelpunkt einer Aktuellen Stunde im Bundestag am Freitag, 29. Januar 2010. Während die Opposition Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vorwarf, mit den Zusatzbeiträgen die Versicherten auf die von Rösler gewollte so genannte Kopfpauschale vorzubereiten, verwiesen insbesondere Redner der FDP-Fraktion auf den durch die Vorgängerregierung zu verantwortenden "maroden Zustand“ des Gesundheitssystems.
Fritz Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) erinnerte daran, dass die Zusatzbeiträge ein "konstitutives Element des Gesundheitsfonds“ seien. Dieses von Anfang an strukturell unterfinanzierte System hätten Union und SPD gemeinsam beschlossen. Insofern sei die Überraschung von Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Erhebung von Zusatzbeiträgen "voller Heuchelei“.
Zusatzbeiträge, so Kuhn, seien Teil der Entsolidarisierung und würden gleichzeitig den Einstieg in die Kopfpauschale bedeuten. Diese lehnten die Grünen ab, da sie "grundfalsch“ sei.
Kuhn kritisierte den geplanten Steuerausgleich, den das geplante Kopfpauschalen-System vorsehe. "Die 35 Milliarden Euro, die dafür gebraucht werden, haben Sie gar nicht“, sagte er an den Bundesgesundheitsminister gewandt.
Der Unionsabgeordnete Stephan Stracke verwies auf die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise, die die Einnahmenseite der Kassen geschwächt hätte. Als Folge werde für 2010 ein Defizit von sieben Milliarden Euro erwartet. Daher seien aus dem Bundeshaushalt 3,9 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt worden. Die zeige: "Wir lassen die Versicherten nicht allein.“
An dem Zuschuss würden Gutverdiener einen hohen Anteil tragen, da das Geld aus Steuereinnahmen stamme. "Das ist ein deutlicher Beleg für Solidarität“, so Stracke. An die SPD gewandt sagte er, es sei "gewünscht“ gewesen, die Leistungen im Gesundheitsbereich auszuweiten. Wer sich daran nicht mehr erinnern könne, sitze zu Recht in der Opposition.
Die jetzige Bundesregierung habe die Aufgabe, "Einsparpotenziale zu heben“. Sie werde diese gründlich erarbeiten“, versprach er. Im Übrigen sei die Erhebung der Zusatzbeiträge "kein Naturgesetz“. Vielmehr könne dies durch "wirtschaftliches Agieren der Kassen“ verhindert werden.
Der SPD-Gesundheitsexperte Prof. Dr. Karl Lauterbach kritisierte das Vorhaben des Bundesgesundheitsministers, sich mit "Lobbyisten der Pharmaindustrie“ an einen Tisch zu setzen, um über Möglichkeiten zur Kostensenkungen im Gesundheitswesen zu diskutieren. "Heiße Luft und ein paar salbungsvolle Absichtserklärungen“ würden dabei höchstens herauskommen, prognostizierte Lauterbach.
"Kein einziger Euro wird durch Kuschelrunden mit der Pharmaindustrie gespart werden“, sagte der SPD-Politiker. Dabei würden die Sparvorschläge auf dem Tisch liegen. Dazu gehöre die Erweiterung der Möglichkeiten für Kassen Rabattverträge mit Arzneimittelfirmen einzugehen.
Auch müssten in Deutschland Arzneimittel billiger auf den Markt kommen. Zur Umsetzung der Vorschläge brauche man nicht die Erlaubnis der Pharmaindustrie, betonte Lauterbach. Die geplante Kopfpauschale lehnte er ab. Weder gebe es dafür in der Bevölkerung Unterstützung, noch sei Geld im Haushalt für den angekündigten Solidarausgleich vorhanden.
Man habe von der Vorgängerregierung ein „marodes Gesundheitssystem“ übernommen, sagte Ulrike Flach, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion. "Wer hat denn dafür gesorgt, dass das System unterfinanziert ist und Zusatzbeiträge erhoben werden?“ fragte sie in Richtung SPD. Diese Zusatzbeiträge seien in der Tat unsozial.
Die FDP wolle hingegen eine einkommensunabhängige Prämie. Wer diese nicht bezahlen könne, bekomme einen Sozialausgleich. "Das ist das, was in ihrem System fehlt“, sagte Flach. Eine Regierungskommission werde bis Mitte des Jahres Vorschläge erarbeiten, wie dieser Sozialausgleich aussehen könne.
Der Bundesgesundheitsminister habe ein unbürokratisches System versprochen, bei dem der Ausgleich "so einfach wie möglich“ gefasst werde. "Das ist die Aufgabe der Kommission.“
Der "von Anfang an unterfinanzierte Gesundheitsfonds“ sei eine Steilvorlage für die FDP, kritisierte Kathrin Vogler (Die Linke). Der Zusatzbeitrag, der unabhängig vom Einkommen erhoben werde, sei schon eine "kleine Kopfpauschale“, die den Weg zur Großen Kopfpauschale ebne, in der Schwache ebenso viel schultern müssten wie Starke.
"Genau darauf läuft es doch hinaus“, sagte Vogler. Wenn der Gesundheitsminister von der Kanzlerin die klare Ansage bekomme, dass sein geplanter Sozialausgleich auf keinen Fall Kosten verursachen dürfe, bedeute dies doch, dass Union und FDP gemeinsam eine Kopfpauschale ohne Sozialausgleich wollten.
"Das sagen Sie aber noch nicht, weil Sie ja im Mai in Nordrhein-Westfalen noch gewählt werden wollen“, vermutete die Abgeordnete der Linken.