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Die Rechte von Patienten sollen gestärkt und erweitert werden, das fordert die SPD. In einem Antrag, den der Bundestag am Donnerstag, 20. Mai 2010, voraussichtlich ab 10.35 Uhr in einer 75-minütigen ersten Lesung debattieren wird, setzt sich die Fraktion deshalb für ein Patientenrechtegesetz ein. Darin sollen zum einen die schon geltende Rechte von Patienten gegenüber Ärzten und Krankenkassen transparent zusammengefasst werden. Zum anderen verlangen die Sozialdemokraten, die Patientensicherheit zu bessern und insbesondere die Opfer von Behandlungsfehlern zu stärken.
In ihrem Antrag "Für ein modernes Patientenrecht" (17/907) bezeichnet die SPD die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Schutz von Patienten in Deutschland als gut. Dennoch seien die bestehenden Rechte wenig transparent, es bestünden zudem "Vollzugsdefizite".
Das geltende Recht genüge somit nicht den "Ansprüchen an ein modernes, partizipatives Patientenrecht", kritisiert die Fraktion. Den Grund für diese Situation sieht sie in der Verteilung der einzelnen Rechte auf verschiedene Gesetze.
So würden Patientenrechte etwa im Standesrecht, im Zivilrecht, im Strafrecht oder im Sicherheitsrecht geregelt. Für juristische Laien sei es daher mit "erheblichen Schwierigkeiten verbunden, sich über die geltende Rechtlage zu informieren", heißt es weiter im Antrag.
Deshalb plädieren die Sozialdemokraten dafür, das geltende Recht in einem Gesetz transparent und rechtsklar für die Betroffenen zu bündeln. Nur eine gesetzliche Lösung könne gewährleisten, dass die Rechte von Patienten im medizinischen Behandlungsgeschehen wirklich geachtet werden. Und: "Sie garantiert, dass Patientinnen und Patienten um ihre Rechte wissen, die sie im Streitfall auch durchsetzen können", schreibt die SPD weiter in ihrer Vorlage.
Doch ein neues Patientengesetz solle mehr leisten, als nur das bestehende Recht zusammenzufassen und auf Vollzugsdefizite zu reagieren, heißt es dort weiter. Die Erfahrungen der bisherigen Patientenbeauftragten der Bundesregierung belegten, dass die Patientenrechte insgesamt "deutlich erweitert" werden müssten.
Zentral sei der Aspekt der Patientensicherheit. Fehlervermeidung habe dabei oberste Priorität. Die Fraktion plädiert daher dafür, arbeitsrechtliche Sanktionen für Meldungen eigener oder fremder Fehler auszuschließen. Fehler müssten bekannt werden, um zu analysieren, "an welchen Stellen es Schwachpunkte gibt und welche Mechanismen greifen, um Schadensfolgen zu verhindern", begründet die SPD ihren Vorschlag.
Zusätzlich fordert sie, die Beweislastumkehr bei schweren Behandlungsfehlern gesetzlich zu verankern und zu erweitern. Allerdings strebt die Fraktion keine vollständige Beweislastumkehr an. Dies könnte zur Folge haben, dass Versicherungen bestimmte Facharztgruppen nicht mehr versichern, bestimmte Behandlungen nicht mehr angeboten und Versicherungskosten auf Patienten abgewälzt würden, so die SPD zur Erklärung in ihrem Antrag.
Weiterhin solle ein Patientengesetz darauf zielen, die Rechtslage von Patienten im Bereich der ärztlichen Dokumentation zu verbessern. Noch immer sei es für Opfer von Behandlungsfehlern, aber auch für Rechtsanwälte und Gerichte schwierig, im Streitfall Zugang zu vollständigen Patientenakten zu erhalten, moniert die SPD. Eine Änderung dieser Situation sei nur zu erwarten, wenn ein Fehlverhalten auch sanktioniert würde.
Außerdem sollen nach dem Willen der Fraktion die Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss ein Stimmrecht erhalten. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen. Er legt unter anderem fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden.
Mit ihren nun im Parlament eingebrachten Vorschlägen für ein Patientenrechtegesetz kommt die SPD der Regierungskoalition zuvor, deren Patientenbevollmächtigter Wolfgang Zöller ebenfalls ein Patientenrechtegesetz befürwortet und die Vorlage eines Entwurfs für Frühjahr 2011 angekündigt hat.
Erst Ende April hatte der CSU-Gesundheitspolitiker gegenüber den "Stuttgarter Nachrichten" aber erklärt, es sei "höchste Zeit" für ein solches Gesetz. Die zersplittert niedergelegten Patientenrechte müssten übersichtlich gebündelt werden. "Der Patient soll nicht um sein Recht kämpfen müssen. Es muss ihm a priori verbürgt sein", sagte Zöller im Interview. Patienten sollten ein Recht auf Informationen über die verschiedenen möglichen Behandlungsmethoden erhalten. Zudem müssten unabhängige Beratungen gestärkt werden.
Allerdings sprach sich der Patientenbeauftragte gegen die von der SPD geforderte gesetzlich verankerte Beweislastumkehr bei schweren Behandlungsfehlern aus: Das würde bloß dazu führen, dass Fehler vertuscht und Haftungsprämien für die Ärzte in die Höhe getrieben würden, so Zöller kürzlich in einem Interview mit dem "Deutschen Ärzteblatt".
Er plädierte für ein anonymes Fehlermeldesystem, das auch so genannte Beinahe-Fehler einschließt.
Die Bundesärztekammer zeigte sich hingegen skeptisch gegenüber einer Erweiterung der Patientenrechte. Das Schutzniveau sei bereits sehr hoch, sagte deren Vize-Vorsitzender Ulrich Montgomery im Vorfeld der jährlichen Hauptversammlung der Ärztekammer, dem vom 11. bis 14. Mai in Dresden stattfindenden Deutschen Ärztetag.
Er räumte zwar ein, dass Arzt und Patient sich nicht auf Augenhöhe begegneten. Daran könne aber auch ein Patientenrechtegesetz nichts ändern. Sinnvoll sei es zwar, bestehende Rechte in einem Gesetz zusammenzufassen, so Montgomery. Eine Ausdehnung der Rechte lehnte er jedoch ab: "Weitere Regelungen brauchen wir in Deutschland nicht."