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Die Unionsfraktion hegt Zweifel daran, dass das Ziel der Senkung der Armutsrisikoquote, wie sie im Rahmen der zukünftigen EU-Strategie "Europa 2020“ festgelegt werden soll, in der geplanten Form sinnvoll ist. Es bestünden Bedenken, obwohl man das grundsätzliche Ziel der Armutsbekämpfung unterstütze, hieß es in einer öffentlichen Sitzung der Europaausschusses am Mittwoch, 9. Juni 2010, aus Reihen der CDU-CSU-Fraktion.
Zuvor hatte die Bundesregierung berichtet, dass die europäischen Arbeits- und Sozialminister sich bei ihrer Sitzung am 7. Juni auf neue Indikatoren bei der Armutsbekämpfung geeinigt hätten. Demnach soll die Zahl der Menschen, die in der Europäischen Union von Armut gefährdet sind, bis zum Jahr 2020 um 20 Millionen gesenkt werden.
Strittig war lange Zeit die Frage, wie Armut definiert werden solle. Bei der Sitzung hätten sich die Minister auf drei Indikatoren geeinigt, berichtete die Bundesregierung: Dazu gehöre erstens die "Armutsgefährdung“, definiert als Einkommen, das unter 60 Prozent der Medianeinkommens liegt; zweitens fehlende materielle Versorgung und drittens der Anteil von Personen, die in einem Haushalt ohne Erwerbseinkommen leben.
Die EU-Mitgliedstaaten könnten sich selber aussuchen, auf welchen Indikator sie im Rahmen der nationalen Armutsbekämpfung Bezug nehmen, sagte die Bundesregierung.
Die Unionsfraktion äußerte Bedenken, ob man unter diesen Umständen die Armutsbekämpfung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten vergleichen könne. Die vorgesehenen Indikatoren könnten nicht alle Entwicklungen erfassen, sagte ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.
Die SPD-Fraktion zeigte sich enttäuscht, dass die EU-Mitgliedstaaten angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise keinen "engagierteren Ansatz“ bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit verfolgten. Die Strategie "Europa 2020“ sei in ihrer bislang geplanten Form "business as usual“, beklagten die Sozialdemokraten.
Die FDP wies dagegen darauf hin, dass bei der Umsetzung der Ziele von "Europa 2020“ das Subsidiaritätsprinzip und insbesondere in Deutschland auch das föderale Prinzip beachtet werden müsste. Der Vorschlag der EU-Kommission für "Europa 2020“ sieht unter anderem eine Hochschulabschlussquote von 40 Prozent vor.
Für die Aussetzung von "Europa 2020“ plädierte die Fraktion Die Linke. Das Scheitern der Vorgänger-Strategie "Lissabon“ sei nicht hinreichend analysiert worden. Nicht die Umsetzung der Lissabon-Strategie, sondern deren Ziele seien verkehrt gewesen, sagte die Linksfraktion.
Bündnis 90/Die Grünen forderten die Regierung auf, auch "ambitionierte Klimaziele“ als Zielsetzung von "Europa 2020“ zu verabschieden. Die Folgekosten des Klimawandels würden sonst zu weiterer Überschuldung führen.
Der Europaausschuss verabschiedete einen Antrag von Union und FDP zu "Europa 2020“ (17/1758) und lehnte Anträge von SPD (17/882) und Bündnis 90/Die Grünen (17/898) ab. Alle Anträge werden am 10. Juni im Bundestag abgestimmt. Die auf zehn Jahre angelegte Strategie "Europa 2020“ soll in Nachfolge der Lissabon-Strategie beim EU-Gipfel am 17. und 18. Juni beschlossen werden.