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Seit 20 Jahren gibt es das TAB. Dahinter verbirgt sich das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag. Das TAB ist eine selbstständige wissenschaftliche Einrichtung, die den Bundestag und seine Ausschüsse in Fragen des wissenschaftlich-technischen Wandels berät. Das 20-jährige Bestehen wird am Mittwoch, 29. September 2010, im Foyer des Paul-Löbe-Hauses des Deutschen Bundestages in Berlin gefeiert. Dabei diskutieren Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft unter dem Titel "20 Jahre wissenschaftliche Politikberatung - Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag" über die Möglichkeiten und Grenzen des Dialogs zwischen Wissenschaft und Politik. Eine Bilanz des TAB wurde als Bundestagsdrucksache veröffentlicht (17/3010).
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert wird die knapp dreistündige Festveranstaltung um 15 Uhr eröffnen. Im Anschluss sprechen die Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Ulla Burchardt (SPD), und der Leiter des TAB, Prof. Dr. Armin Grunwald, über Technikfolgenabschätzung als institutionalisierten Lern- und Kommunikationsprozess.
Über den Nutzen und die Nutzung wissenschaftlicher Politikberatung diskutieren im Anschluss die amtierenden parlamentarischen Berichterstatter für Technikfolgenabschätzung, Dr. Thomas Feist (CDU/CSU), René Röspel (SPD), Sylvia Canel (FDP), Dr. Petra Sitte (Die Linke) und Hans-Josef Fell (Bündnis 90/Die Grünen) mit der Bioethikexpertin Prof. Dr. Regine Kollek, dem früheren Bundesminister und Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms UNEP, Prof. Dr. Klaus Töpfer, und dem stellvertretenden TAB-Leiter Dr. Thomas Petermann und Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker sowie mit dem Publikum. Das Gespräch moderiert der Stuttgarter Techniksoziologe Prof. Dr. Ortwin Renn.
Von 14 bis 14.30 Uhr findet eine Pressekonferenz der Ausschussvorsitzenden Ulla Burchardt im Raum E 400 des Paul-Löbe-Hauses statt.
Interessierte Besucher können sich per E-Mail unter bildungundforschung@bundestag.de anmelden (Informationen und Rückfragen unter Telefon 030/227-33543). Zur Veranstaltung muss der Personalausweis mitgebracht werden.
Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden.
Betrieben wird das TAB vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), und zwar auf der Basis eines Vertrages mit dem Deutschen Bundestag. Zugleich ist das TAB eine selbstständige wissenschaftliche Einheit des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS). TAB und ITAS arbeiten bei Projekten und bei der methodischen und konzeptionellen Weiterentwicklung der Technikfolgenabschätzung eng zusammen.
Das TAB in Berlin wird seit 2002 von Prof. Dr. Armin Grunwald geleitet. Dort sind zurzeit acht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen tätig. Seit September 2003 kooperiert das KIT beim Betrieb des TAB mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe.
Das TAB ist Mitglied im Netzwerk der europäischen parlamentarischen Technikfolgenabschätzungseinrichtungen (European Parliamentary Technology Assessment (EPTA) network) sowie im deutschsprachigen Netzwerk Technikfolgenabschätzung (NTA).
Das TAB-Team orientiert sich strikt am Informationsbedarf des Bundestages und seiner Ausschüsse. Es erhält seine Aufträge vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, der über die zu bearbeitenden Themen entscheidet. Die Themen ergeben sich aber auch aus den Anforderungen der anderen Fachausschüsse.
Bis heute hat das TAB dem Bundestag mehr als hundert Berichte zu den unterschiedlichsten Themen vorgelegt - etwa über Gendoping, über die Zukunftstrends im Tourismus, über die Nahrungsmittelqualität der Zukunft oder über E-Commerce in Deutschland, um nur einige zu nennen.
Die Idee einer kontinuierlichen Technikfolgenabschätzung zur Unterstützung des Parlaments und seiner Gremien geht in die siebziger Jahre zurück. Angesichts zahlreicher problematischer Folgen für Gesellschaft und Umwelt wuchs zunehmend die Einsicht in die Notwendigkeit, die Entwicklung und den Einsatz von Technik frühzeitig abzuschätzen und zu bewerten.
Auch im Bundestag wurde über die Chancen und Risiken sowie die Möglichkeiten der Gestaltung von Technik intensiv debattiert. Nachdem der US-Kongress 1972 ein Office of Technology Assessment eingerichtet hatte, rückte die Frage in den Mittelpunkt, ob und wie Technikfolgenabschätzung im Bundestag eingesetzt werden kann, um die Prozesse der Meinungsbildung und Entscheidung zu unterstützen .
Die Debatte darüber begann 1973 mit einem Antrag der CDU/CSU, ein "Amt zur Bewertung technologischer Entwicklungen beim Deutschen Bundestag einzurichten (Bundestagsdrucksache 7/468). Nach weiteren Vorschlägen der Fraktionen setzte der Bundestag am 14. März 1985 eine Enquete-Kommission "Einschätzung und Bewertung von Technikfolgen; Gestaltung von Rahmenbedingungen der technischen Entwicklung" ein (10/2937).
Nachdem die Kommission 1986 einen Vorschlag "Zur Institutionalisierung einer Beratungskapazität für Technikfolgen-Abschätzung und -Bewertung beim Deutschen Bundestag" vorgelegt hatte, schloss sie ihre Tätigkeit mit einem Zwischenbericht ab, der organisatorische Vorschläge enthielt (10/5844).
Der elfte Deutsche Bundestag setzte wiederum eine Enquete-Kommission ein, die in ihrem Abschlussbericht (11/4606) drei Modelle zur Diskussion und zur Entscheidung vorschlug.
CDU/CSU und FDP wollten den Ausschuss für Forschung und Technologie in Ausschuss für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung umbenennen. Technikfolgenabschätzungsstudien sollten einer Institution außerhalb des Parlaments übertragen werden.
Die SPD schlug vor, einen Ausschuss für parlamentarische Technikberatung und eine bundestagsinterne wissenschaftliche Einheit mit etwa 15 Mitarbeitern einzurichten.
Die Grünen votierten für die Gründung einer Technikfolgenabschätzungsstiftung, deren Leitung aus Abgeordneten und Fachleuten von außerhalb des Parlaments zusammengesetzt sein sollte. Der Stiftung sollte ein Institut zugeordnet werden, das Technikfolgenaschätzungsstudien begleiten und parlamentsorientiert aufarbeiten sollte.
Am 16. November 1989 beschloss der Bundestag mit der Mehrheit von Union und FDP, den Forschungsausschuss entsprechend umzubenennen und eine wissenschaftliche Einrichtung mit der Technikfolgenabschätzung für den Deutschen Bundestag zu beauftragen.
Am 30. Mai 1990 stellte der designierte Leiter des künftigen Technikfolgenabschätzungsbüros, Prof. Dr. Herbert Paschen von der Abteilung für Angewandte Systemanalyse (AFAS) am Kernforschungszentraum Karlsruhe ,Organisation und Arbeitsweise im Forschungsausschuss des Bundestages vor.
Der Ausschuss gab dem TAB damals gleich Arbeitsthemen vor: Unter anderem sollte die Einrichtung innerhalb von zwei Jahren vertiefte Untersuchungen zur Hausmüllentsorgung sowie zum Grundwasserschutz und zur Wasserversorgung liefern, wie die "woche im bundestag" damals berichtete.
Als Professor Paschen am 20. September 1990 wieder im Forschungsausschuss vortrug, hatte der Bundestag bereits einen Vertrag mit dem Kernforschungszentrum Karlsruhe für eine dreijährige Erprobungsphase geschlossen und das TAB am 29. August 1990 gegründet. Aus dem AFAS wurde 1995 das ITAS des Karlsruher Instituts für Technologie, das wiederum ein Zusammenschluss von Forschungszentrum Karlsruhe und Universität Karlsruhe ist.
Nach Ablauf der Pilotphase beschloss der Bundestag am 4. März 1993 einvernehmlich, den Modellversuch abzuschließen und eine ständige Beratungseinrichtung "Technikfolgenabschätzung (TA) beim Deutschen Bundestag" zu etablieren (12/4193). Der Vertrag wurde um fünf Jahre und 1998 um weitere fünf Jahre verlängert.
Im Jahr 2002 schied Prof. Dr. Herbert Paschen als TAB-Leiter aus. Sein Nachfolger wurde Prof. Dr. Armin Grunwald. In seiner Sitzung am 12. Juni 2002 entschied der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung nach einer Ausschreibung, dass das damalige Forschungszentrum Karlsruhe das TAB bis zum 28. August 2008 weiterhin betreiben und in Teilen mit dem Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung in Karlsruhe kooperieren solle. 2008 wurde der Vertrag für weitere fünf Jahre verlängert.
Aus Anlass des zehnjährigen Bestehens des TAB im Jahr 2000 schrieb Professor Paschen im "Blickpunkt Bundestag": "Unser Wunsch zum Geburtstag ist - das mag viele überraschen - nicht unbedingt mehr Geld. Wir können mit unserem Etat nützliche Beratung für das Parlament machen und den Abgeordneten helfen, ihre parlamentarische Kontrollfunktion gegenüber der Regierung besser wahrnehmen zu können. Wir wünschen uns vielmehr zum Geburtstag, dass es in Zukunft noch besser gelingt, die Ergebnisse unserer Arbeit den Abgeordneten zu vermitteln und dass noch mehr Ausschüsse als bisher Untersuchungsvorschläge an den für uns zuständigen Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung richten." (vom)