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Mit Feierlichkeiten in Schanghai, China, begeht UN-Habitat, das Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen, am 4. Oktober 2010 den Welt-Habitat-Tag. Ziel ist es, auf die Bedeutung einer nachhaltigen Wohnraum- und Siedlungspolitik aufmerksam zu machen. Auf parlamentarischer Ebene wird die Arbeit der UN-Organisation seit 1986 durch die Global Parliamentarians on Habitat (GPH) begleitet, deren Präsident seit April 2008 der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Götz aus Rastatt ist. Anlässlich des Welt-Habitat-Tages gibt er Auskunft über den Einfluss der GPH, die Umsetzung der Habitat-Agenda und die Verteilung der Mittel.
Herr Götz, seit zwei Jahren sind Sie Weltpräsident der Global Parliamentarians on Habitat, einer Organisation, der mehrere Tausend Parlamentarier aus 171 Staaten angehören. Dennoch ist sie in Deutschland weitgehend unbekannt. Warum?
Weil die Themen, mit denen wir uns beschäftigen, für viele Menschen hierzulande weit weg und sehr abstrakt sind. Die Probleme durch unkontrolliert wuchernde Mega-Citys, Slumbildung und Wohnungsnot spielen sich nun einmal vorwiegend in Entwicklungs- und Schwellenländern ab, dort aber mit Wucht. Daher ist die Resonanz auf die Arbeit der Global Parliamentarians on Habitat in den betroffenen Ländern sehr viel größer als bei uns.
Liegt der geringe Bekanntheitsgrad der GPH in Deutschland nicht auch darin begründet, dass ihre Einflussmöglichkeiten eher begrenzt sind?
Nein, das sehe ich anders. Sicherlich war es für die Parlamente anfangs schwer, in den UN-Institutionen, in unserem Fall also UN-Habitat, Tritt zu fassen. Das hat sich aber grundlegend geändert.
Wodurch?
Nun, vor allem durch die Erkenntnis, dass die Parlamente das Budgetrecht haben. Zwar werden die finanziellen Mittel für Projekte von UN-Habitat von den Regierungen der Mitgliedstaaten bereitgestellt. Doch diese Mittel müssen ja von den jeweiligen Parlamenten bewilligt werden, sonst gibt es keinen Cent. Und schließlich werden die Gesetze immer noch vom Parlament gemacht. Wenn es also darum geht, die Gesetzeslage im Bereich von Stadtentwicklung, Siedlungspolitik und Armutsbekämpfung zu verbessern, führt kein Weg am Parlament vorbei. Das hat sich inzwischen offensichtlich herumgesprochen und erleichtert uns Parlamentariern die Sache ungemein.
Was wollen die Global Parliamentarians on Habitat denn konkret erreichen?
Nun, vor allem wollen wir durch unseren Einfluss als Abgeordnete im jeweiligen Parlament dazu beitragen, dass die Habitat-Agenda…
… ein globaler Aktionsplan, der 1996 auf dem Weltstädtegipfel der Vereinten Nationen in Istanbul beschlossen wurde und der unter anderem die nachhaltige Siedlungsentwicklung in einer zunehmend urbanisierten Welt zum Ziel hat…
… in allen 171 am Programm beteiligten Ländern auch wirklich umgesetzt wird.
Und wie fällt Ihre Zwischenbilanz 14 Jahre nach Istanbul aus?
Die Erfolge sind natürlich schwer messbar. Um das beurteilen zu können, muss man sich ganz genau anschauen, inwieweit die einzelnen Länder die Habitat-Agenda in politisches Handeln umgesetzt haben. Deshalb habe ich 2006, also zehn Jahre nach Istanbul, eine Studie in Auftrag gegeben, die genau dies an fünf europäischen Ländern untersucht hat.
Mit welchem Ergebnis?
Dass Deutschland, die Niederlande und Finnland ihre Hausaufgaben gemacht haben, während es in der Türkei und Rumänien an der Umsetzung noch hapert. Dieses Ergebnis hat bei den türkischen und rumänischen Kollegen zu der Erkenntnis geführt, dass sie hier noch Handlungsbedarf haben.
Die eigentlichen Sorgenkinder in dieser Hinsicht sitzen aber doch wohl eher in Afrika, Asien und Südamerika, oder?
Das ist natürlich richtig. Deshalb werbe ich bei UN-Habitat schon seit Langem dafür, eine Nachfolgestudie in Auftrag zu geben, die vor allem Entwicklungsländer in den Blick nimmt - bislang leider erfolglos.
Woran liegt es?
Weil UN-Habitat dafür angeblich kein Geld hat. Doch das Argument lasse ich nicht gelten. Natürlich fällt das Geld für eine solche Studie nicht vom Himmel, ich musste damals auch sehr darum kämpfen, bis die beiden Ministerien Verkehr und Stadtentwicklung und Wirtschaftliche Zusammenarbeit die von Habitat initiierte Studie finanziert haben. Deshalb werde ich auch nicht lockerlassen, was diese Nachfolgestudie betrifft. Steter Tropfen höhlt den Stein, diese Erfahrung haben wir als GPH in den letzten Jahrzehnten schließlich schon öfter gemacht.
(nal)