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In einer hitzigen, etwa einstündigen Debatte hat der Bundestag am Freitag, 29. Oktober 2010, in erster Lesung über die neuen Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger beraten. Arbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) hatte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts einen Gesetzentwurf (17/3404) über die Neuberechnung der Leistungen vorgelegt. Ab dem 1. Januar 2011 soll der Regelsatz für Hartz IV um fünf Euro auf 364 Euro für Alleinstehende steigen. Außerdem wurde für Kinder und Jugendliche ein Bildungspaket in Höhe von 620 Millionen Euro geschnürt, damit diese eine angemessene Lernförderung erhalten sowie an Vereinsaktivitäten teilnehmen können.
"Dieses Gesetz schlägt ein neues Kapitel in der Sozialgesetzgebung in Deutschland auf“, sagte von der Leyen. Es gehe darum, wie die Hilfe konkret bei den Kindern vor Ort ankomme und wie das individuelle Recht auf Teilhabe durchgesetzt werden könne. "Das ist bestens investiertes Geld.“ Zum ersten Mal werde nicht Bargeld ausgezahlt, sondern dafür gesorgt, dass die Hilfe auch direkt zu den Bedürftigen komme. "Machen Sie mit, blockieren Sie nicht“, forderte die Ministerin die Oppositionsfraktionen auf.
Die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen kritisierte in einem eigenen Antrag (17/3435), dass mit dem errechneten Grundbedarf kein menschenwürdiges Existenzminimum gesichert werden könne. "Die vom Paritätischen Wohlfahrtsverband auf Basis der Daten von 2003 errechnete Regelsatzhöhe von 420 Euro ist für uns nach wie vor der Orientierungswert“, heißt es darin.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Fritz Kuhn erinnerte daran, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil ein Grundrecht für ein menschenwürdiges Existenzminimum ausgesprochen habe. "Wir wollen über die Frage reden, gibt es eine Chance, zu einer Bildungs- und Integrationsrepublik Deutschland zu kommen“, sagte Kuhn.
Die SPD-Arbeitsmarktexpertin Anette Kramme sagte, "Frau von der Leyen, Sie tricksen und manipulieren. Sie täuschen und wecken Illusionen“. Mit dem Gesetz werde nur der Anschein geweckt, dass etwas für Kinder getan werde.
"Der Gesetzentwurf ist mehr Schein als Sein“, sagte auch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Elke Ferner. Die Regelsätze seien willkürlich, nicht nachvollziehbar und nach Kassenlage bestimmt worden. Außerdem seien Maßnahmen für die aktive Arbeitsmarktpolitik rigoros zusammengestrichen worden. Zum Bildungspaket für Kinder sagte die SPD-Abgeordnete: "Wir erwarten da mehr.“ Nicht nur Kinder aus Hartz-IV-Familien sollten davon profitieren, sondern auch die von Niedrigverdienern. Zudem solle die Förderung nicht nur bis zum 18. Lebensjahr laufen.
"Sie kürzen bei den Ärmsten“, hielt die Sozialexpertin der Fraktion Die Linke, Katja Kipping, der Bundesregierung vor. "Schwarz-Gelb fördert die soziale Kälte in diesem Land.“ Kipping sprach von Rechentricks und willkürlichen Kürzungen bei Ermittlung des Bedarfes für Hartz-IV-Empfänger.
Der CDU-Arbeitsmarktexperte Dr. Matthias Zimmer verwies dagegen darauf, dass Kommunikationskosten, Gebühren für Weiterbildungskurse und außerschulischen Unterricht in den Regelsatz mit aufgenommen worden seien. "Das sind Kosten, die es den Menschen ermöglichen, aus Hartz IV herauszukommen“, sagte er. "Bildung ist die Agenda 2020, die wir mit diesem Gesetzentwurf vorlegen.“
Der FDP-Arbeitsmarktpolitiker Pascal Kober erinnerte daran, dass das Bundesverfassungsgericht nicht die Höhe der Regelsätze, sondern deren Herleitung kritisiert habe. Die Bundesregierung habe einen transparenten Gesetzentwurf vorgelegt. Zudem würden die Zuverdienstgrenzen für Hartz-IV-Empfänger verbessert.
Basis für die Berechnung des Arbeitslosengeldes II ist die Einkommens- und Verbraucherstatistik des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2008. Der Regelsatz macht für Alleinstehende insgesamt 364 Euro monatlich aus. Ehegatten oder Lebenspartner, die im gleichen Haushalt leben, bekommen 328 Euro monatlich. Kindern bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr stehen 215 Euro, bis zum 14. Lebensjahr 251 Euro und bis zum 18. Lebensjahr 287 Euro zu.
Ergänzend zu den Regelleistungen bekommen Kinder und Jugendliche ein Bildungspaket als Sachleistung. Jedes Kind soll einem Verein betreten und an außerschulischen Aktivitäten teilnehmen können. Dafür steht ein Jahresbeitrag bis zu 120 Euro zur Verfügung.
Weiterhin werden Schulmaterial im Gegenwert von 100 Euro im Schuljahr und ein Zuschuss zu Schul- und Kitaausflügen von 30 Euro im Jahr gewährt. Kinder und Jugendliche, die am Kita- oder Schulessen teilnehmen, erhalten einen Zuschuss von etwa zwei Euro pro Mittagessen. Kinder mit Schulproblemen sollen eine angemessene Lernförderung bekommen. (sn)