Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2010 > Etat Bundesinnenministerium
Der Bundestag hat am Donnerstag, 25. November 2010, den Etat des Bundesministeriums des Inneren 2011 (17/2500, 17/2502) in der vom Haushaltsausschuss geänderten Fassung (17/3506, 17/3523) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen von SPD, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Er sieht Ausgaben von 5,4 Milliarden Euro vor, 89,65 Millionen Euro weniger als noch in diesem Jahr. Vier Änderungsanträge von Bündnis 90/Die Grünen (17/3857), der SPD (17/3841) und der Linken (17/3842, 17/3843) wurden abgelehnt, der Änderungsantrag der Grünen mit 307 Nein-Stimmen bei 260 Ja-Stimmen. Die der Abstimmung vorausgegangene Debatte war erwartungsgemäß stark von den aktuellen Terrorwarnungen für Deutschland geprägt. Viel Lob für sein "besonnenes, ruhiges Auftreten“ angesichts der derzeitigen Gefährdungslage erhielt fraktionsübergreifend Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière (CDU), der in seiner Rede die Freiheit als "den Grund, die Methode und das Ziel unserer demokratischen Gesellschaftsordnung“ bezeichnete.
Kritisch in den Blick nahm die Opposition aber Äußerungen anderer Unionsmitglieder. So kritisierte etwa Jan Korte (Die Linke) die jüngsten Äußerungen des CDU-Bundestagsabgeordneten Siegfried Kauder zum Zusammenhang zwischen Pressefreiheit und Terrorgefahr. "Dass der Vorsitzende des Rechtsausschusses dafür plädiert, die Pressefreiheit einzuschränken, das schürt Hysterie“, sagte Korte und forderte de Maizière auf, "die Rechtsaußen in Ihren eigenen Reihen im Zaum zu halten“.
Mit Blick auf den Streit etwa um die Vorratsdatenspeicherung sagte Korte, die Terrorwarnungen, die Deutschland erreicht hätten, hätten gezeigt, dass keine weiteren Überwachungsmaßnahmen nötig seien. Nötig sei gut ausgebildetes, ausgestattetes und ausgeschlafenes Personal in den Sicherheitsbehörden. Genau das aber werde von der Bundesregierung etwa bei tagelangen Einsätzen zum Schutz von Castor-Transporten und damit von "Interessen der Atom-Lobby" verheizt.
Mit Blick auf entsprechende Äußerungen von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann forderte Olaf Scholz (SPD), der Vorschlag, von Terroristen gekaperte Flugzeuge abzuschießen, müsse endlich vom Tisch. Insgesamt aber, so Scholz, gefalle ihm der bisherige Ton in der Diskussion über die aktuelle Sicherheitslage. Bei der inneren Sicherheit, so der stellvertretende SPD-Vorsitzende, gehe es darum, "einen klaren, kühlen Kopf zu bewahren“. Das Wichtigste sei, in der Bedrohung zusammenzustehen.
Unter Beifall forderte Scholz, in der schwierigen Frage der inneren Sicherheit sollten Regierung und Opposition versuchen, gemeinsam Politik zu machen. "Wir müssen uns Gedanken darüber machen, ob unsere Sicherheitsorgane richtig aufgestellt sind“, so der Sozialdemokrat. Dazu gehöre, dass die Sicherheitsbehörden über genügend Personal verfügten. Er begrüßte, dass Vollzugskräfte von den geplanten linearen Stellenkürzungen nicht betroffen sind. Doch auch beim übrigen Personal, so Scholz, dürfe es keine Stelleneinsparungen geben.
Der für das Innenressort zuständige Berichterstatter im Haushaltsausschuss, Jürgen Herrmann (CDU/CSU), betonte, dass sich die Bundesregierung mit ihrem Haushaltsplan auf Konsolidierungskurs befinde. Das treffe auch auf den Einzelplan für das Bundesinnenministerium zu, das 2011 mehr als zwei Drittel seiner Mittel für die innere Sicherheit aufwenden werde.
Gerade im Bereich der Luftfrachtsicherheit, so Herrmann, sei es gelungen, "lageangepasst“ zu reagieren. So seien in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses 450 neue Stellen zur Kontrolle von Luftfracht bewilligt worden, die abgerufen werden könnten, sobald ein innerhalb der Bundesregierung abgestimmtes Konzept zur Verbesserung der Luftfrachtkontrolle vorgelegt werde.
Dabei zeigte sich Herrmann davon überzeugt, dass die Verantwortung für die Luftfrachtsicherheit beim Bundesinnenministerium liegen müsse. Zufrieden zeigte sich Hermann auch damit, dass es gelungen sei, das Technische Hilfswerk in den Bereich der Sicherheitsbehörden aufzunehmen und seine Stellung dadurch deutlich zu verbessern.
Zwei weitere Haushaltstitel hob Gisela Piltz positiv hervor. So seien die Koalitionsfraktionen stolz darauf, dass es ihnen gelungen sei, durch "kluge Umschichtungen“ eine Absenkung der Haushaltsmittel im Sportbereich zu verhindern. "Das haben wir auch bitter nötig“, sagte die FDP-Abgeordnete mit Blick auf die Bewerbung Münchens als Austragungsort für die Olympischen Winterspiele 2018.
Positiv bewertete Pilz auch die Tatsache, dass dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit im kommenden Jahr so viel Geld zur Verfügung stehe wie noch nie zuvor.
Der Grünen-Abgeordnete Josef Winkler hingegen richtete einen kritischen Blick auf die Haushaltsmittel in Höhe von 282 Millionen Euro, die im kommenden Jahr für Migranten und Flüchtlinge zur Verfügung stehen werden. Das, so Winkler, sei nicht genug, denn damit könnten nicht genügend Integrationskurse finanziert und eine angemessene Honorierung der Lehrkräfte gewährleistet werden.
Ähnlich kritisch äußerte sich Daniela Kolbe, die betonte, die Förderung der Integration spiele eine ähnlich wichtige Rolle für die innere Sicherheit wie gut aufgestellte Sicherheitsbehörden. Sie kritisierte zudem die Mittelkürzungen bei der Bundeszentrale für politische Bildung und warf de Maizière vor, die "großartige politische Bildungsarbeit dieser parteiübergreifenden Institution nicht anzuerkennen und die Axt für weitere Kürzungen in den kommenden Haushaltsjahren schon in Händen zu halten“. (nal)