Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2010 > Wohlstandsenquete
Eine Enquete-Kommission soll sich künftig mit den Wohlstands- perspektiven Deutschlands für die nächsten Jahrzehnte beschäftigen. Einen entsprechenden fraktions- übergreifenden Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen (17/3853) wird der Bundestag am Mittwoch, 1. Dezember 2010, ab 13.25 Uhr beraten. Für die Debatte sind 75 Minuten vorgesehen. Die Enquete-Kommission soll den Titel "Wachs- tum, Wohlstand, Lebensqualität - Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft" tragen und den Stellenwert von Wachstum in Wirtschaft und Gesellschaft untersuchen. Zudem müsse geprüft werden, "wie die Einflussfaktoren von Lebensqualität und gesellschaftlichem Fortschritt angemessen berücksichtigt und zu einem gemeinsamen Indikator zusammengeführt werden können".
Die Kommission solle nach Möglichkeit einen neuen Indikator entwickeln, der nicht auf objektive Messbarkeit und Vergleichbarkeit verzichtet und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ergänze. Das nämlich, so die Fraktionen, bilde soziale und ökologische Aspekte "nicht hinreichend" ab.
Damit stelle sich die Frage, ob das Wachstum des BIP als wichtigster Indikator einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik gelten und wie ein umfassenderer ergänzender Wohlstandsindikator entwickelt werden könne.
Geklärt werden soll auch die Frage, wie angesichts endlicher materieller Ressourcen das Wachstum des BIP vom Verbrauch an Ressourcen, Umwelt-, Biokapital sowie klimaschädlicher Emissionen "dauerhaft entkoppelt" werden kann. In dem Antrag heißt es weiter, die Kommission solle "Zukunftsfelder technischen Fortschritts identifizieren", in denen eine Reduzierung des Ressourcenverbrauchs erwartet werden könne.
Nach dem Willen der Fraktionen soll die Enquete-Kommission auch der Frage nachgehen, welche ordnungspolitischen Bedingungen erfüllt sein müssen, um die Ziele des nachhaltigen Wirtschaftens im Rahmen der Sozialen Marktwirtschaft erreichen zu können. Dazu schreiben sie, eine nachhaltige gestaltende Ordnungspolitik bringe das Verursacherprinzip stärker zur Geltung: Sie beseitige die Auslagerung von Kosten, stärke die Haftung der Verursacher, berücksichtige Nachhaltigkeitsrisiken und bereite die Volkswirtschaft auf künftige Knappheiten vor.
Als weitere Aufgabe der Kommission wird die Untersuchung des Einflusses von Arbeitswelt, Konsumverhalten und Lebensstilen auf Möglichkeiten nachhaltigen Wirtschaftens benannt. Dazu müsse sie untersuchen, ob nachhaltiges Wirtschaften "grundlegende gesellschaftliche Veränderungen und Veränderungen im Lebensstil des Einzelnen" erfordere.
Die Linksfraktion hat einen Antrag (17/3990) zur Abstimmung vorgelegt, wonach das Ziel der Enquete-Kommission die Entwicklung eines Leitbildes für ein neues Wirtschaften sein solle. Dieses Wirtschaften solle die systemischen Fehlentwicklungen alter Maßstäbe überwinden und den verengten Wachstumsbegriff der letzten Jahrzehnte durch ein neues und breiteres Verständnis von individuellem Wohlergehen, gesellschaftlichem Fortschritt und nachhaltiger Entwicklung ablösen.
Die gewonnenen Erkenntnisse solle die Enquete-Kommission in konkrete Handlungsempfehlungen übersetzen und dazu politische Instrumente entwickeln, um eine Umsetzung der Ergebnisse in staatliche Maßnahmen, wirtschaftliches Handeln und gesellschaftliche Prozesse zu ermöglichen, heißt es in dem Antrag.
Nach dem Willen aller Fraktionen soll die Kommission aus 34 Mitgliedern bestehen. Von den 17 Parlamentariern sollen sechs Mitglieder aus der Fraktion der CDU/CSU kommen, vier Mitglieder aus der SPD-Fraktion und drei Mitglieder aus der FDP-Fraktion. Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke entsenden jeweils zwei Mitglieder.
Die Sachverständigen sollen im Einvernehmen mit den Fraktionen benannt werden. Gibt es kein Einvernehmen, sollen sie nach dem gleichen Schlüssel benannt werden wie die Mitglieder des Deutschen Bundestags.
Enquete-Kommissionen sind überfraktionelle Arbeitsgruppen aus Abgeordneten und externen Sachverständigen, die über die Tagespolitik hinaus Antworten auf gesellschaftlich relevante Fragestellungen finden sollen. In der 17. Legislatur wurde bislang eine Enquete-Kommission mit dem Titel "Internet und digitale Gesellschaft" einberufen. (suk)