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Die Debatte über einen beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland hat Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert auf seiner Reise ins Baltikum begleitet. Lammert hatte vom 16. bis 19. Mai 2011 Litauen und Estland besucht. Vor dem Parlament in der litauischen Hauptstadt Vilnius sagte der Bundestagspräsident am Dienstag, 16. Mai: "Noch bedeutsamer als die Erhebung von Steuersätzen und die Sicherung von Sozialsystemen ist für die Zukunftsgestaltung unserer Länder die Rolle der Energiepolitik." Diese Aufgabe sei weder in Deutschland noch in Litauen in nationalen Alleingängen erfolgreich zu bewältigen.
Sicherheit, Unabhängigkeit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit nannte Lammert als entscheidende Kriterien einer nachhaltigen Energiepolitik. Unter dem Beifall der litauischen Abgeordneten sagte der Bundestagspräsident, diese Faktoren seien nur in einer gemeinsamen Anstrengung der europäischen Staaten zu bewältigen. Die Europäische Union (EU), zu der Litauen seit 2004 gehört, bezeichnete Lammert in diesem Zusammenhang als "weltweit einziges funktionierendes System einer Verbindung von nationaler Souveränität und gemeinsamer Interessenvertretung“.
In zahlreichen Gesprächen mit Parlamentariern und anderen hochrangigen Repräsentanten Litauens, das 2011 wegen des 20. Jahrestages der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehung nach der Befreiung von sowjetischer Okkupation mit Deutschland besonders verbunden ist, war Lammert zuvor immer wieder auf die Energiepolitik angesprochen worden.
Hintergrund sind Bedenken, die Sicherheit der litauischen Bevölkerung könnte durch den geplanten Bau zweier Kernkraftwerke in unmittelbarer Nachbarschaft des Landes bedroht sein. So plant Russland einen neuen Atommeiler im Gebiet Kaliningrad. Mit besonderer Sorge wird aber das Kernkraftwerksprojekt in Weißrussland verfolgt: Der avisierte Standort ist nur rund 50 Kilometer von Vilnius entfernt und würde im Fall eines Atomunfalls die litauische Hauptstadt unmittelbar bedrohen.
Neben Ministerpräsident Andrius Kubilius traf Lammert in Vilnius auch die Parlamentsvorsitzende Irena Degutiene und die Präsidentin der Republik Litauen, Dalia Grybauskaite. Lammert besuchte auf seiner Reise auch zwei bedeutende Ehrenmäler der Republik: Die nationale Gedenkstätte für die Opfers des Kampfes für die Unabhängigkeit und die Holocaust-Gedenkstätte Paneriai.
Wie schon in Litauen betonte Lammert auch in Estland die große Verbundenheit Deutschlands mit den baltischen Staaten. In seiner Rede vor dem estnischen Parlament in Tallinn beglückwünschte er die Abgeordneten für den Entschluss, neben der Mitgliedschaft in der EU zum Jahresbeginn 2011 auch den Beitritt zur Eurozone verwirklicht zu haben.
Der Bundestagspräsident mahnte zur gemeinsamen Verteidigung der wirtschaftlichen Stabilitätskriterien in der EU und sagte: "Wir wissen nicht verlässlich, ob wir die Weltfinanzkrise wirklich hinter uns haben." Für Tallinn überbrachte Lammert seine "guten Wünsche für das Kulturhauptstadtjahr 2011".
In Estland kam Lammert mit Parlamentspräsidentin Ene Ergma, Staatspräsident Toomas Hendrik Ilves und Premierminister Andrus Ansip zu vertraulichen Gesprächen zusammen. (jb)