Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Oktober 2010 > Sorge um Statusverlust der deutschen Sprache im Ausland
Berlin: (hib/RP/AH) Mit der deutschen Sprache als Wirtschaftssprache beschäftigte sich am Montag der Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik unter Vorsitz von Harald Leibrecht (FDP) in einer öffentlichen Anhörung. Die Beiträge der sechs Sachverständigen wie auch die anschließende Diskussion spiegelten die Sorge um den Statusverlust der deutschen Sprache im Ausland, aber auch im Inland in den Bereichen Wirtschaft und Wissenschaft wider.
Nach Auffassung des Immunologen Prof. Ralph Mocikat spiele Deutsch bei der Grundlagenforschung und ihrer praktischen Anwendung weder auf internationaler Ebene noch hierzulande eine Rolle. Englisch als die seit langem anerkannte Lingua franca der Naturwissenschaften sei inzwischen die ausschließliche Umgangssprache, es bestimme Fachterminologien und Gutachten ebenso wie Tagungen, Seminare oder interne Gespräche, auch wenn die Beteiligten alle Deutsche seien. Mocikat warnte vor einer Verkümmerung der deutschen Fachsprache und vor der Einschränkung kreativen Denkens, das an die Muttersprache gebunden sei.
Prof. Karl-Heinz Göttert, vormals Professor für Germanistik an der Universität Köln, plädierte demgegenüber für ein entkrampftes Verhältnis zur Mehrsprachigkeit. Weltsprachen habe es immer gegeben. So wechselten sich Griechisch, Latein, Französisch im Laufe der Geschichte ab, bis schließlich aus verschiedenen Gründen Englisch als sozusagen globaler Gewinner an ihre Stelle trat. Es wäre auch das erste Mal, dass Deutschland nicht mehrsprachig sei. Goethe sprach fließend sechs Sprachen. Bismarck ließ den Friedensschluss nach dem deutsch-französischen Krieg 1871 in Französisch abfassen, weil es die jedem verständliche Sprache war. Die Forderung nach Mehrsprachigkeit bedinge freilich, so Göttert, einen sinnvollen Bezug des Deutschen zu anderen Weltsprachen und dies bedeute, alles zu tun, um die deutsche Sprache im Ausland zu fördern.
In Abwesenheit verlesen wurde die Empfehlung Ulrich Ammons, Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Duisburg-Essen, die Bemühungen der deutschen Wirtschaft um die deutsche Sprache über die Auslandshandelskammern zu koordinieren. Deutsche Firmen sollten zudem Deutschkenntnisse mindestens dann als Zusatzqualifikation anerkennen, wenn die unabdingbaren Fach- und Englischkenntnisse vorhanden sind. Aller Erfahrung nach zeichne sich das Personal mit Deutschkenntnissen im Ausland durch größere Loyalität aus und leiste in den eigenen Unternehmen, in den ausländischen Unternehmen sowie in Politik und Wissenschaft wertvolle Vermittlerdienste.
Die Mitglieder des Unterausschusses bewegte parteiübergreifend die Frage, inwieweit die kulturellen Aktivitäten im Ausland in sprachlicher oder in wirtschaftlicher Hinsicht tatsächlich Wirkung zeigten und die vielfältigen Initiativen des Unterausschusses - auch zur Sicherung der betreffenden Budgets (Goethe-Institut, DAAD, Auslandsschulen) - der offenkundig negativen Entwicklung gerecht würden. Tatsächlich sei die Zahl der ”Deutschlerner“, so die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper (FDP), gegenüber dem Unterausschuss, weltweit von 17 auf 14 Millionen zurück gegangen. Erfahrungsgemäß gehe dem Willen und der Leidenschaft zum Erlernen einer Sprache stets ein übergreifendes Interesse an dem betreffenden Land, seiner Kultur und seinen Menschen voraus. Für Christian Gramsch, Programmdirektor Deutsche Welle, bieten deshalb die in 29 nichtdeutschen Sprachen gesendeten Beiträge seines Senders einen nicht zu unterschätzende Anreiz, um das Interesse an Deutschland und darüber hinaus an seiner Sprache zu wecken. So verbucht die Deutsche Welle monatlich über vier Millionen Aufrufe auf ihrer Internet-Plattform von Nutzern, die das Angebot an Online-Sprachkursen und auf Kurzwelle wahrnehmen.
Der Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik wird sich weiter mit dem Thema beschäftigen und eine Empfehlung an den Deutschen Bundestag vorbereiten.
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