Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Oktober 2012 > SPD scheitert mit Initiative zur sozialen Grundsicherung in Entwicklungsländern
Die Sozialdemokraten hatten sich darin dafür stark gemacht, den Ausbau der sozialen Sicherungssysteme zum „Motor solidarischer und nachhaltiger Entwicklungspolitik“ zu machen. Soziale Sicherung sei nicht nur ein Gebot der Menschenrechte oder gar ein „Almosen“, sie setze vielmehr ökonomische Potenziale frei, schreibt die Fraktion zur Begründung. „Nur wer das Nötigste zum Leben hat und weiß, dass Krankheit oder ein anderes Lebensrisiko nicht alles Erreichte wieder zunichte macht, wird produktiv tätig und trägt zu wirtschaftlichem Wachstum bei“, heißt es weiter.
Konkret soll sich die Bundesregierung für das von den Vereinten Nationen getragene Konzept des sogenannten „Social Protection Floors“ (SPF) einsetzen. Dieses von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entworfene Konzept sieht laut Antrag vier „essentielle Bereiche“ sozialer Garantien vor: Dazu gehörten eine „Mindestgesundheitsversorgung für alle“, „Mindesteinkommensgarantien für Kinder, um Kinderarbeit zu verhindern“, die „Unterstützung für Arme und Arbeitslose“ und schließlich „Mindesteinkommensgarantien im Alter und für Menschen mit Behinderung“.
Eine Vertreterin der SPD-Fraktion bezeichnete das Konzept als überzeugende „Strategie gegen Armut“, weil es nicht nur Projekte für Entwicklung finanziere, sondern ein System zur Verhinderung von Armut installieren könne. Sie begrüßte zudem, dass der Europäische Rat Mitte Oktober beschlossen habe, das Konzept der „Social Protection Floors“ zum Bestandteil der europäischen Entwicklungspolitik zu machen.
Die Fraktion Die Linke unterstützte die Ziele das Antrags, kritisierte jedoch, dass er soziale Sicherungssysteme nicht entschieden als staatliche Aufgabe definiere: „Es gibt genügend private Versicherer, die mit den Hufen scharren“, sagte ein Vertreter der Fraktion. Es könne nicht das Ziel sein, das Modell der Riester-Rente in Entwicklungsländer zu exportieren.
Auch ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bemängelte, dass in der Mitteilung des Rates zu SPF bei der Beteiligung des Privatsektors die „Leitplanken“ fehlen würden. Zudem trete die EU unglaubwürdig auf, wenn sie einerseits mit ihrer Handelspolitik Kleinunternehmern und Familienbetrieben in Entwicklungsländern die Existenzgrundlage entziehe und nun auf der anderen Seite den Ausbau der sozialen Grundsicherung in solchen Ländern vorantreiben wolle.
Vertreter von Union und FDP betonten, die Ziele des Antrags der Sozialdemokraten weitgehend zu teilen und zu unterstützen. Vieles von dem, was die SPD fordere, sei auf europäischer Ebene und in Deutschland „bereits im Gange“, sagte ein Vertreter der FDP-Fraktion. Eine Vertreterin der Unionsfraktion kritisierte insbesondere den von den Sozialdemokraten geforderten Ausbau der Budgethilfen. Bei solchen direkten Zuwendungen an Staatshaushalte von Entwicklungsländern drohe immer die Gefahr, dass die Gelder versickern und eben nicht bei den Bedürftigen ankommen.
Als Gast hatte der Ausschuss Eveline Herfkens von der ILO/WHO Social Protection Floor Advisory Group geladen. Das SPF-Konzept sei „keine Wunderwaffe“, aber es sei ein effektives Mittel, um sicherzustellen, „dass niemand auf diesem Planeten unter dem Existenzminimum“ leben müsse, betonte Herfkens. Soziale Sicherung helfe dabei, die Weitergabe von Armut von einer Generation auf die nächste zu verhindern, sie versetze Arme in die Lage, produktiv zu sein, Rücklagen zu bilden, Risiken einzugehen und nicht etwa im Krisenfall Land zu verkaufen oder die Kinder aus der Schule zu nehmen.
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