Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > November 2012 > Hanning räumt Fehler ein
Der Abgeordnete Clemens Binninger beklagte, dass man sich bei den Ermittlungen frühzeitig zu stark auf die Tätersuche im kriminellen Milieu festgelegt und Ansätze, die dieser Theorie widersprochen hätten, „stiefmütterlich“ behandelt habe. Zudem kritisierte der Unions-Obmann, dass die Sicherheitsbehörden über Jahre hinweg die Existenz rechtsterroristischer Strukturen bestritten hätten. Bei dieser Beurteilung, räumte Hanning ein, habe man sich im Rückblick zu stark am Muster der RAF oder terroristischer Organisationen wie Al-Qaida orientiert. Das Phänomen der Einzeltäter sei hingegen „unterschätzt“ worden. Auch das Agieren von Rechtsterroristen im Ausland wie etwa in Schweden, von wo aus es Querverbindungen nach Deutschland gegeben habe, „hätte uns stärker beunruhigen müssen“, sagte der Zeuge. Eine Erkenntnis sei überdies, dass Rechtsterroristen nach ihren Taten oft keine Bekennerbriefe hinterlassen.
Aus Sicht Hannings hat sich die föderale Sicherheitsstruktur „im Kern bewährt“. Der Ex-Staatssekretär warb für pragmatische Reformen, da man an der Zuständigkeit der Länder für Sicherheitspolitik kurzfristig nichts ändern könne. Er verteidigte das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten, doch müssten die Behörden „besser kommunizieren“. Einrichtungen des Bundes und größerer Länder sollten Defizite bei leistungsschwächeren Ländern ausgleichen. Hanning forderte eine Aufwertung des Verfassungsschutzes, der immer ein „Stiefkind“ der Politik gewesen sei. Wesentliche Teile der an unterschiedlichen Standorten angesiedelten Sicherheitsbehörden sollten stärker in Berlin konzentriert werden, man sei manchmal „weit weg vom politischen Tagesbetrieb“.
Auf Kritik stieß im Ausschuss die Zusammenlegung der Abteilungen für Links- und Rechtsextremismus beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) 2006. Für SPD-Obfrau Eva Högl ist dieser Schritt, der gegen das fachliche Urteil des BfV-Präsidenten Heinz Fromm erfolgt sei, ein Beleg dafür, dass das Thema Rechtsextremismus „vernachlässigt und verharmlost“ worden sei. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), bemängelte, dass im BfV nach der Fusion für die Bekämpfung des Rechtsextremismus 20 Prozent weniger Personal zur Verfügung gestanden habe.
Hanning rechtfertigte die Maßnahme mit dem damals existierenden Zwang zu Einsparungen. Debattiert worden sei die Zusammenlegung der Abteilung für Linksextremismus mit der für Rechtsextremismus oder mit jener für Ausländerextremismus. Für die erstere Variante habe man sich angesichts der Bedrohungslage zu jener Zeit entschieden, die vor allem von der Gefährdung durch islamistischen Terror geprägt gewesen sei. Den NSU, der im November 2011 aufflog, habe man in jenen Jahren noch nicht gekannt.
Befragt wurde Hanning auch zu dem 2006 gescheiterten Vorstoß des Bundeskriminalamts (BKA), angesichts der Probleme bei den damals seit sechs Jahren erfolglosen Bemühungen zur Aufklärung der Mordserie die auf mehrere Länder verteilten Ermittlungen beim BKA zu konzentrieren. Laut dem Zeugen wurde dieses Thema in der Spitze des Bundesinnenministeriums bis hin zu Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) erörtert. Angesichts des Widerstands der Länder und besonders von Bayern gegen eine Zuständigkeit des BKA habe man es aber nicht für sinnvoll erachtet, dies in einem Konfrontationskurs durchzusetzen. Bei einer Innenministerkonferenz im Juni 2006 habe man sich schließlich auf Abteilungsleiterebene einvernehmlich auf eine Lösung verständigt. Seinerzeit wurde zur besseren Koordinierung der bei den Ländern verbleibenden Ermittlungen beim BKA eine Steuerungsgruppe gebildet.
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