Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Dezember 2012 > Experten diskutieren Auszahlung von Ghetto-Renten
SPD und Bündnis 90/Die Grünen wollen mit ihrem gemeinsamen Antrag (17/10094) erreichen, dass Renten für Beschäftigungen in Ghettos in der NS-Zeit rückwirkend ab 1997 ausgezahlt werden. Die Bundesregierung soll für ehemalige Ghetto-Insassen bei fristgerecht gestellten, aber zunächst bestandskräftig abgelehnten und erst nach 2009 bewilligten Rentenanträgen eine rückwirkende Auszahlung der Rente ab dem 1. Juli 1997 ermöglichen.
Auch Die Linke fordert in ihrem Antrag (17/7985), dass Holocaust-Überlebende Renten aus einer Beschäftigung in einem Ghetto nachträglich ab dem Jahr 1997 ausgezahlt bekommen. Hintergrund ist, dass das Bundessozialgericht 23.818 Holocaust-Überlebenden im Jahr 2009 einen Rentenanspruch zugestanden hat. Die Betroffenen hätten die Rente jedoch nicht rückwirkend zum Jahr 1997 erhalten, wie es das 2002 verabschiedete Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto vorgesehen habe, sondern erst ab dem Jahr 2005. Die Bundesregierung habe dies mit der im Sozialrecht geltenden Rückwirkung von maximal vier Jahren begründet, heißt es in dem Antrag.
Christoph Skipka von der Deutschen Rentenversicherung Bund sprach sich für Einmalzahlungen als Entschädigungen aus. Diese müssten gegebenenfalls an das Lebensalter gekoppelt werden. Auch Franz Ruland, ehemaliger Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, aus München befand die Zahlung einer Entschädigungspauschale für am besten geeignet. Ähnlich argumentierte auch der Vertreter des Bundes Deutscher Sozialrichter e.V., Hans-Peter Jung.
Uri Chanoch, Vertreter des Center of Organizations of Holocaust Survivors in Israel, erzählte eingangs von seinen Erfahrungen im Ghetto. Es habe sich nicht um Zwangsarbeit gehandelt. „Wir wollten arbeiten“, sagte er. Deshalb stünde den ehemaligen Arbeitnehmern im Ghetto die Rentenzahlung rückwirkend ab 1997 zu. „Das ist unser Geld, wir haben dafür gearbeitet“, erklärte Chanoch. Und der Einzelsachverständige Jan-Robert von Renesse, Richter aus Essen, sagte, dass eine rentenrechtliche Lösung vorzuziehen sei. Eine entschädigungsrechtliche Leistung sei seiner Ansicht nach nicht zu empfehlen. Der EDV-Aufwand für eine rentenrechtliche Lösung sei zudem überschaubar. Michael Teupen aus Köln erklärte die Thematik zu einer „klaren Sache des Rentenrechts“; eine Rentenregelung sei eine „konkrete Regelung“. Teupen betonte, dass einige der zu entschädigenden ehemaligen Ghetto-Arbeiter das Geld dringend bräuchten und die Zeit dränge.
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