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IV. Die Weimarer Republik
2. Die Parteien der Weimarer Republik
Mit der Revolution von 1918/19 und der Verabschiedung der Weimarer Verfassung werden die Parteien, anders als im Kaiserreich, zu den eigentlichen Trägern der politischen Macht. Obwohl es vor allem am linken und rechten Rand des Parteienspektrums zu Neugründungen kommt, bleibt das alte Parteienschema des Kaiserreichs weitgehend erhalten. Mit der Umbenennung, dem Austausch des als politisch belastet eingestuften Personals und der Verabschiedung neuer Programme, passt sich ein großer Teil der Parteien nur äußerlich den neuen Verhältnissen und den Anforderungen der parlamentarisch-demokratischen Ordnung an. Nach wie vor verstehen sich selbst die größeren Parteien als Vertreter relativ fest umrissener sozialer Gruppen und Ideologien. Sie scheuen deshalb mitunter die zuweilen mit unpopulären Entscheidungen verbundene Regierungsverantwortung. Mit dieser oft starrsinnigen Haltung sind die Parteien kaum in der Lage, die in einer parlamentarischen Demokratie notwendigen politischen Kompromisse zu finden und stabile Regierungsmehrheiten zu bilden. Die Kontroversen über Programminhalte und politische Ziele führen aber auch innerhalb der Parteien immer wieder zu Abspaltungen und Fraktionsbildungen, die auf längere Sicht sowohl ihre Mitglieder als auch ihre Wähler verunsichern.
Nachdem die aus den republiktragenden Parteien bestehende Weimarer Koalition aus SPD, Zentrum und DDP bereits bei den ersten Reichstagswahlen im Juni 1920 ihre parlamentarische Mehrheit wieder verliert, liegt die Regierungsverantwortung meist in den Händen instabiler Minderheitskabinette. Doch nicht nur die Angriffe der Oppositionsparteien, sondern auch die oftmals mangelnde Unterstützung durch die eigenen, die Regierung tragenden Fraktionen verhindern oft genug eine konstruktive und berechenbare Politik. Sowohl die erst schwach entwickelte Fähigkeit der Parteien, die ihnen zugefallene parlamentarische Verantwortung wahrzunehmen, als auch die strukturellen Schwachpunkte der Weimarer Verfassung führen schließlich dazu, dass der Reichspräsident in Krisensituationen zur entscheidenden politischen Kraft wird und den republikfeindlichen Kräften Argumente geliefert werden, die Parteien- und Parlamentsherrschaft als inkompetent diskreditieren zu können.
Die sich darin ausdrückende politische Polarisierung spiegelt sich auch im Parteienspektrum der Weimarer Republik wider, das von den Anhängern einer Räterepublik nach sowjetischem Vorbild über Republikaner bis zu den Verfechtern einer Restauration der Monarchie reicht.