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Die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Verbesserung der haushalts- und wirtschafts- politischen Koordinierung in der EU werden von den meisten Experten zwar begrüßt, gehen ihnen aber nicht weit genug. Dies wurde deutlich bei einer öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses unter Vorsitz von Petra Merkel (SPD) am Montag, 14. März 2011.
Gegenstand waren die von der Kommission im vergangenen Herbst vorgelegten Initiativen mit Maßnahmen zur haushaltspolitischen Überwachung und zur Änderung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit sowie eine Richtlinie zur Haushaltsplanung und zum Berichtswesen der Mitgliedsländer über die öffentlichen Finanzen. Grundsätzlich schlägt die Kommission vor, die Überwachung auf Ursachen für makroökonomische Ungleichgewichte zu erweitern und sanktionsbewehrte Korrekturmaßnahmen vorzusehen.
Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Prof. Dr. Axel A. Weber, wies bei der Anhörung darauf hin, dass Europa und die Europäische Währungsunion (EWU) derzeit vor großen Herausforderungen stünden. Der Vertrauensverlust in die Staatsfinanzen einiger Mitgliedsländer stelle eine erhebliche Belastung dar, die der vorhandene institutionelle Rahmen hätte verhindern sollen.
Neben der Überwindung der aktuellen Probleme gelte es nun, diesen Rahmen anzupassen, um kommenden Krisen besser vorzubeugen und sie zu bewältigen.
Für den künftigen wirtschaftspolitischen Entwicklungsrahmen hielt es Weber unter anderem für entscheidend, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt wesentlich gestärkt und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen EWU-Staaten besser überwacht werden müsse, um bei gravierenden Fehlentwicklungen rechtzeitig gegensteuern zu können.
Sollte es dennoch erneut zu einer drohenden Zahlungsunfähigkeit eines EWU-Staates kommen, so sollte ein Krisenbewältigungsmechanismus geschaffen werden. "Wir müssen in Zukunft etwas tun, um die wirtschaftliche Kohärenz zu schützen“, sagte Weber. Zugleich müsse man sich davor hüten, in "dirigistischer Weise“ in den Markt einzugreifen.
Für Prof. Dr. Thiess Büttner von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg greifen die Reformen des Regelwerks zu kurz. "Zentrale Lehren aus der bereits eingetretenen Staatsschuldenkrise bleiben unberücksichtigt“, betonte er. Vor diesem Hintergrund seien die im Stabilitäts- und Wachstumspakt angelegten Verfahren zur Überwachung und Kontrolle der Haushaltspolitik zwar sinnvoll, würden aber auch bei den vorgesehenen Änderungen nicht mehr ausreichen.
Komme es in einem Land zu einer ernsthaften Haushaltskrise, könnten die Konsequenzen derart weitreichend sein, dass angedrohte Sanktionen letztlich nicht glaubhaft seien.
Für Prof. Dr. Ingolf Pernice von der Humboldt-Universität zu Berlin ist das Maßnahmenpaket als Reaktion auf die Defizite des geltenden Rechts "grundsätzlich“ zu begrüßen. Es stelle eine Präzisierung, Verschärfung und wichtige Ergänzung der für die Koordinierung der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten und die Durchsetzung der nationalen Haushaltsdisziplin geltenden Regelungen des EU-Rechts dar.
Rechtliche Fragen würden sich allerdings hinsichtlich der Festlegungen von Geldbußen als Regelsanktion im Falle eines übermäßigen Haushaltsdefizits stellen.
Prof. Dr. Mechthild Schrooten von der Hochschule Bremen betonte, dass die Überlegungen zur Wirtschafts- und Finanzpolitik in eine Debatte um die Frage einzubinden seien, wie viel Staat es in Zukunft geben solle. Die Krise habe gezeigt, dass ein starker Staat in Notlagen ein rasches Eingreifen und eine gesamtwirtschaftliche Wende ermögliche. "Umso unverständlicher ist es, wenn dieser Erfahrung bei anstehendem Vorwand kaum Rechnung getragen wird“, schreibt sie in ihrer Stellungnahme.
Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Instituts, wies darauf hin, dass Europa dringend Regeln für die Kreditfreigabe brauche. Regeln seien notwendig von der Liquiditätskrise bis hin zur Insolvenz. (mik)