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Eine nationale Katastrophe aufgrund eines Stromausfalls ist zwar wenig wahrscheinlich. Aber das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag(TAB) sieht nicht alle Folgen wirklich durchdacht. "Wir haben eine robuste Notstromversorgung, aber eine zeitnahe, gut koordinierte Versorgung würde ohne Strom trotzdem schwierig“, sagte Dr. Thomas Petermann, stellvertretender Leiter des TAB am Mittwoch, 25. Mai 2011, in einem gemeinsamen Fachgespräch des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung unter Vorsitz von Ulla Burchardt (SPD) und des Innenausschusses unter Vorsitz von Hartfrid Wolff (FDP).
Petermann war der Leiter des Projekts "Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften - am Beispiel eines großräumigen und lang andauernden Ausfalls der Stromversorgung“, dessen Bericht (17/5672) in öffentlicher Sitzung vorgestellt wurde.
Die Folgen eines Stromausfalls machte er unter anderem am Bereich Gesundheitsversorgung deutlich. "In den ersten 24 bis 48 Stunden müssen Arztpraxen, Alten- und Pflegeheime und Hersteller von Medikamenten ihre Leistungen einschränken“, sagte Petermann. In der zweiten Woche seien dann die Krankenhäuser überlastet, weil sie als einzige noch eine Versorgung anbieten könnten.
Aber auch sie seien zunehmend eingeschränkt, denn der Nachschub an Medikamenten fehle, genauso wie Informationstechnik und die Versorgung mit Trinkwasser. Die Notstromaggregate würden zudem nicht ewig halten.
Deutschlands Bürger sehen nach Petermanns Worten einer möglichen Katastrophe eher gelassen entgegen. Eine Befragung habe ergeben, dass die Bürger nicht bereit seien, mehr Geld für mehr Sicherheit auszugeben. Sie seien außerdem überwiegend der Meinung, sich zumindest zwei Wochen lang selbst versorgen zu können.
Petermann zog den Schluss, dass ein "übergreifendes Katastrophenmanagement“ notwendig sei. Unter anderem müssten Lösungen gefunden werden, wie weitreichende Kommunikation ohne Strom funktionieren könne. "Konzepte von regionalen Insellösungen sollten forciert werden“, sagte er.
Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Christoph Unger, unterstützte diese Forderungen. "Wir haben heute eine Just-in-time-Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser“, führte er aus. Eine Auswirkung von Stromausfällen auf diese Versorgung müsse besser erforscht werden.
Wichtig sei eine Zusammenarbeit von Behörden und Stromversorgern. "Wir als Behörden wären nicht in der Lage, die Bevölkerung in so einer Krise zu schützen. Deswegen arbeiten wir schon heute mit den Unternehmen zusammen“, sagte Unger. Auf diese Weise könnten Schwachpunkte identifiziert und verbessert werden.
Dr. Wolfram Geier, Leiter der Abteilung Notfallvorsorge, Kritische Infrastrukturen und internationale Angelegenheiten beim BBK, betonte ebenfalls die Notwendigkeit von Prävention. Wichtig sei es, Schutzziele zu entwickeln, also wie viel Stromausfall sich Deutschland leisten könne.
Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Dombrowsky von der Steinbeis-Hochschule Berlin schlug ungewöhnliche Maßnahmen vor, um die Bevölkerung für das Thema Katastophenschutz zu sensibilisieren. Man könne Schulklassen beispielsweise zu einem Wettbewerb einladen, wer es am längsten ohne Strom aushalte.
In den USA sei ein Projekt erfolgreich, bei dem Kinder von Migranten im Katastrophenschutz geschult wurden und ihr Wissen an ihre Eltern weitergaben. Er rief zu einer gewissen Gelassenheit auf: "Unsere Bevölkerung ist in solchen Lagen viel besser als wir denken.“
Hartfrid Wolff (FDP) warb dafür, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu schärfen. Er kann sich gut einen Inspekteur für Bevölkerungsschutz auf Bundesebene vorstellen, der dann Aktivitäten von Bund und Ländern koordiniert.
Für die Unionsfraktion dankte Dr. Thomas Feist ausdrücklich den vielen Ehrenamtlichen in Deutschland. Ohne deren Hilfe würden Katastrophenszenarien deutlich schlimmer ausfallen. Auch er warnte vor Panikmache. Die Wahrscheinlichkeit eines längeren Stromausfalls sei relativ gering, die Bevölkerung werde vermutlich besonnen reagieren.
"Es geht nicht um Horrorszenarien, sondern darum, Voraussetzungen zu schaffen, unter denen der Wirtschaftsstandort Deutschland in einer Katastrophe weiter bestehen kann“, sagte Ulla Burchardt (SPD).
Mögliche Auwirkungen eines Stromausfalls auf Atomkraftwerke seien in dem Bericht zwar nicht untersucht worden. Doch es sei deutlich, welchen Vorteil regenerative Energien hätten und dass ein schneller Ausstieg aus der Atomkraft notwendig sei.
Frank Tempel (Die Linke) betonte, ein Problembewusstsein für Katastrophen sei durchaus gegeben. Wichtig sei zu bedenken, wer "den Helfern hilft", also wie der Katastrophenschutz beispielsweise in punkto Kommunikation und Benzinversorgung aufgestellt ist. Er sehe einen großen Bedarf an Ehrenamtlichen, sagte Tempel.
"Eine dezentrale Stromversorgung ist die beste Lösung“, nahm Hans-Josef Fell (Bündnis 90/Die Grünen) als Botschaft mit. "Insellösungen auf Basis erneuerbarer Energien“ seien notwendig in Krisen. Hieran müsse weiter gearbeitet werden. (ske)