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Der Spardruck auf die Bundeswehr wird deutlich geringer ausfallen als ursprünglich geplant. Dies kündigte Verteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) während der ersten Lesung des Wehretats (Einzelplan 14) für das kommende Jahr am Mittwoch, 7. September 2011, im Bundestag an. Nach den Planungen seines Vorgängers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sollte der Verteidigungshaushalt bis zum Jahr 2015 auf 27,6 Milliarden Euro gesenkt werden. Nach der neuen mittelfristigen Finanzplanung soll der Etat nur noch auf 30,4 Milliarden Euro sinken.
"Dies ist eine gute Nachricht für die Bundeswehr", betonte de Mazière. Er kündigte an, dem Parlament noch vor der zweiten und dritten Lesung des Bundeshaushaltes 2012 Ende Oktober das endgültige Konzept der Bundeswehrreform und das neue Stationierungskonzept für die Streitkräfte vorzulegen.
Mit einem Zuwachs um 133 Millionen auf 31,68 Milliarden Euro bleiben die Verteidigungsausgaben Deutschlands vorerst auf einem weitgehend gleichbleibenden Niveau. Innerhalb des Etats kommt es hingegen durch die Verkleinerung der Bundeswehr zu größeren Verschiebungen. So sollen die Personalkosten im kommenden Jahr um 1,6 Milliarden auf 14,92 Milliarden Euro reduziert werden.
Die Sollstärke der Truppe wird 2012 nach den Planungen des Ministeriums von rund 257.700 auf 209.700 Soldaten sinken. Davon entfallen rund 195.000 Stellen für Zeit- und Berufssoldaten, 12.500 für freiwillig Wehrdienstleistende und 2.500 für Wehrübende. In den kommenden Jahren soll der Umfang der Streitkräfte auf bis zu 185.000 Soldaten verkleinert werden.
Deutlich verringert werden soll auch die Zahl zivilen Angestellten in der Wehrverwaltung. Auf bis zu 55.000 soll ihre Zahl sinken. Für das kommende Jahr rechnet die Bundesregierung jedoch unverändert mit rund 67.000 Stellen für zivile Mitarbeiter und weiteren 28.000 Stellen für Beamte. De Maizière kündigte an, dass der Personalabbau bei der Bundeswehr durch Umsetzungen in den nächsten Jahren jährlich durch Ausgaben von bis zu einer Milliarde Euro aus der Allgemeinen Finanzverwaltung (Einzelplan 60 des Bundeshaushalts) abgesichert werde.
Vor allem am Abbau der Stellen zivilen Mitarbeiter entzündete sich in der Debatte die Kritik des SPD-Abgeordneten Rainer Arnold. Die Stellenkürzungen in der Zivilverwaltung seien "überzogen" und gingen zulasten der Soldaten. Der Wehrexperte bemängelte zudem, dass de Maizière entgegen seiner Ankündigungen noch immer kein Attraktivitätsprogramm für die Truppe vorgelegt und alle diesbezüglichen Vorschläge der Opposition ignoriert habe. Insgesamt sei die Bundeswehr weiterhin unterfinanziert, fiskalische Vorgaben würden "mit der Brechstange" durchgesetzt. Noch keine Reform der Streitkräfte sei so schlecht kommuniziert worden. "Die Stimmung in der Truppe ist katastrophal", schimpfte der Sozialdemokrat.
Diese Kritik wiesen Abgeordnete der Regierungskoalition zurück. Die Verteidigungsexperten Ernst-Reinhard Beck (CDU/CSU) und Elke Hoff (FDP) verwiesen darauf, dass die Reform der Streitkräfte gerade erst begonnen habe. Beck warb um Verständnis für de Maizière, er habe schließlich erst im März das Verteidigungsministerium übernommen und die „etwas lose in der Luft hängen Fäden“ der Bundeswehrreform zusammengefügt. Hoff betonte, sie sehe die Reform auf einem guten Weg.
Die Einsparungen beim Personal fließen nach dem Willen der Bundesregierung vor allem in die Verwaltung sowie in die Erhaltung und Beschaffung von Material und Gerät. So sollen die Verwaltungsausgaben um 790 Millionen auf 4,99 Milliarden Euro steigen. Für die Erhaltung und Beschaffung von Material beziehungsweise militärischen Anlagen sowie die Wehrforschung sind Mehrausgaben von 156 Millionen Euro veranschlagt. Dieser Ausgabenposten umfasst 10,59 Milliarden Euro. Allein für die Beschaffung des Kampfflugzeugs Eurofighter sind 2012 rund 1,2 Milliarden Euro veranschlagt.
Harsche Kritik an der Beschaffungspolitik der Bundeswehr übten vor allem die Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen und Linksfraktion. Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) forderte gar ein Moratorium für milliardenschwere Beschaffungsvorgaben. Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Linken, bemängelte, bei der Fürsorgepflicht für die Soldaten werde "geknausert, bei Waffenbeschaffungen hingegen geklotzt".
Schäfer erneuerte zudem die Forderung nach einem Abzug aus Afghanistan und warnte davor, die Bundeswehr die Bundeswehr zu einer "weltweit einsetzbaren Interventionsarmee" umzubauen. Grüne und Linke sehen die Bundeswehr im Gegensatz zur SPD-Fraktion auch nicht als unterfinanziert an. Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte mit Blick auf die SPD-Fraktion sein Unverständnis darüber, dass die Bundeswehr trotz sinkender Truppenstärke immer mehr Geld bekommen solle.
Durchaus kritisch bewertete auch der FDP-Haushaltsexperte Jürgen Koppelin verschiedene Beschaffungsprogramme. Diese gingen jedoch zum Großteil auf das Konto der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung. Dem Vorwurf der SPD-Fraktion, die Bundeswehr sei unterfinanziert, hielt er entgegen, dass die entscheidende Frage laute müsse, wohin die bewilligten Gelder fließen. So seien die im Jahr 2001 georderten und teilweise schon bezahlten neuen Korvetten für die Marine wegen technischer Mängel noch immer nicht im Einsatz.
Als weiteres Beispiel nannte er die Reform des Bundeswehr-Fuhrparks durch den ehemaligen Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), der erst unlängst durch den Bundesrechnungshof massiv kritisiert worden sei.
Verteidigungsminister de Maizière räumte in der Debatte ein, "dass die Beschaffungsprozesse bei uns erheblich verbessert werden müssen". Ein Großteil der verfügbaren Gelder sei durch Bestellungen aus der Vergangenheit gebunden, die hinfällig geworden seien. Er werde dies bei einem Treffen mit der Rüstungsindustrie zur Sprache bringen und zwei Varianten vorschlagen.
"Die eine Variante: Wir bezahlen, was bestellt ist und stellen die Dinge, die wir nicht mehr brauchen, auf den Hof und können nichts Neues bestellen." Bei der anderen Variante würden die Planungen angepasst und die Freiräume für neue Bestellungen genutzt. Der Minister zeigte sich zuversichtlich, dass er sich mit der Industrie auf die zweite Variante verständigen kann. (aw)