Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2011 > Kinderrechte
Die Oppositionsfraktionen setzen sich für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein - so soll die UN-Kinderrechts-konvention vollständig umgesetzt werden. Die Fraktionen forderten in der Bundestagsdebatte am Donnerstag, 24. November 2011, zudem Änderungen im Asylverfahren und im Aufenthaltsgesetz sowie ein Monitoringverfahren. Die SPD-Familienexpertin Marlene Rupprecht betonte, auch nach der Rücknahme der Vorbehaltserklärung zur UN-Kinderrechtskonvention im vergangenen Jahr durch die Bundesregierung seien "noch viele Baustellen" verblieben. Man habe bislang noch nichtig überprüft, ob die deutschen Gesetze mit den Erfordernissen der UN-Konvention in Übereinstimmung seien.
Es sei auffällig, so Rupprecht, dass Kinder in der Verfassung nicht als Rechtssubjekte vorkommen würden. Sie hielte es für sinnvoll, wenn es für Kinder einen Beauftragten ähnlich des Wehrbeauftragten für die Soldaten geben würde. Die Missbrauchsdebatte habe gezeigt, dass Kinder oft nicht wüssten, an wen sie sich wenden könnten, wenn ihre Rechte verletzt würden.
Den Antrag ihrer Fraktion zur Stärkung der Kinderrechte (17/6920) lehnte der Bundestag mit den Stimmen der Koalition ab, ein weiterer Antrag zur Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Kinder (17/7807) überwies der Bundestag gemeinsam mit weiteren Anträgen der Opposition zur Beratung in den Familienausschuss.
Für Die Linke betonte Diana Golze, auch nach der Rücknahme der Vorbehaltserklärung würden in Deutschland minderjährige Flüchtlinge wie Erwachsene behandelt. Sie hätten keinen Rechtsbeistand im Asylverfahren und könnten sogar in Abschiebehaft genommen werden. Ihnen würden die Ansprüche auf Bildung, Jugendhilfe und gesundheitliche Versorgung verwehrt, die ihnen nach der UN-Kinderrechtskonvention zustehe.
Daher sei die Rücknahme des Vorbehalts so lange eine "Showveranstaltung", wie keine Änderungen im Asyl- und Sozialrecht folgten. Golzes Fraktion hat deshalb zwei Anträge zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz (17/7644) und zur Anwendung der UN-Kinderrechtskonvention bei Flüchtlingskindern (17/7643) vorgelegt.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sagte Katja Dörner, es sei "hinlänglich bekannt", dass die Kinderrechte auf der Agenda der Bundesregierung nicht weit oben stünden. Das zeige nicht zuletzt die Tatsache, dass die Familienministerin den Aktionsplan für ein kindergerechtes Deutschland "sang- und klanglos beerdigt" habe. Dörner forderte, die Bundeswehr müsse aufhören, Minderjährige zu rekrutieren. Jährlich würden rund tausend 17-Jährige aufgenommen - diese seien aber Kinder und stünden unter dem besonderen Schutz der UN-Kinderrechtskonvention.
Dazu legte Dörners Fraktion einen entsprechenden Antrag vor (17/7772). Wie SPD und Linksfraktion fordern die Bündnisgrünen eine Stärkung der Kinderrechte in Deutschland. In einem Antrag (17/7187) fordern sie unter anderem die "Einrichtung einer unabhängigen Menschenrechtsinstitution auf Bundesebene".
Die Koalition bezweifelt, dass die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz sinnvoll sei. Für die CDU/CSU betonte Norbert Geis, jedes Kind habe "wie jeder andere Mensch" die in der Verfassung verankerten Grundrechte, "nicht mehr und nicht weniger".
Der CDU-Familienpolitiker Dr. Peter Tauber unterstrich, mit der Klarstellung, dass Krach von Kindern "kein Lärm sondern Zukunftsmusik" sei und dem Kinderschutzgesetz habe die Koalition bereits viel auf den Weg gebracht. Kinderrechte nützten nichts, wenn sie nur auf dem Papier bestünden. Der Idee eines Kinderbeauftragten stehe eher jedoch skeptisch gegenüber, so Tauber, anders als Soldaten seien Kinder nicht in ihren Grundrechten eingeschränkt.
Die FDP-Familienpolitikerin Sibylle Laurischk unterstrich in ihrem Redebeitrag, der Schutz von Kindern sei eine zentrale Aufgabe des Staates. Man müsse nun aber das tun, was gerade anstehe - nämlich dem Kinderschutzgesetz zur Wirksamkeit zu verhelfen. Sie appellierte an die Oppositionsfraktionen, dem Gesetz im Bundesrat zuzustimmen und damit ein Signal zu setzen.
Ihre Fraktionskollegin Nicole Bracht-Bendt sagte, Kinderrechte seien nichts wert, wenn sie nicht eingefordert werden könnten. Ihre Fraktion begrüße daher das von den Vereinten Nationen in dieser Woche beschlossene Individualbeschwerdeverfahren. (suk)