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In weiten Teilen der Bundeswehr herrscht schlechte Stimmung unter den Soldaten. Zu diesem Ergebnis kamen im Herbst vergangenen Jahres zwei Studien des Deutschen Bundeswehrverbandes und des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr. Über den Jahresbericht 2011 des Wehrbeauftragten wird der Bundestag am Mittwoch, 16. Januar 2013, abschließend beraten. Für die Aussprache, die voraussichtlich um 17.30 Uhr beginnen wird, sind 45 Minuten veranschlagt.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Neu war dieser Befund der beiden Studien allerdings nicht. Bereits Ende Januar 2012 hatte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus, in seinem Jahresbericht 2011 (17/8400, 17/11215) die Verunsicherung vieler Soldaten im Zusammenhang mit der aktuellen Streitkräftereform konstatiert.
Der Jahresbericht 2011 ist der erste nach der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland im Sommer des 2011. Schwerpunkte legt Königshaus in seinem Bericht auf die mangelnde Ausbildung und Ausrüstung in den Auslandseinsätzen, den Personalmangel im Sanitätsdienst, Defizite in der Versorgung Verwundeter, Traumatisierter und Hinterbliebener sowie die familiäre Situation der Soldaten. Mängel in diesen Bereichen waren bereits in den Berichten der Vorjahre angemahnt worden.
Nach Einschätzungen der Soldaten sei die Truppe in diesen Bereichen seit Jahren strukturell unterfinanziert und Einsparungen gingen erfahrungsgemäß zu ihren Lasten. Königshaus mahnt deshalb die schnelle und konsequente Umsetzung des von Verteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) angekündigten Attraktivitätsprogramms für die Streitkräfte an.
Besonderes Augenmerk legt Königshaus auf die Situation in den Auslandseinsätzen. Die Gefährdung in den Einsatzgebieten, vor allem in Afghanistan, sei unverändert hoch. Daran habe auch nichts die Umsetzung des sogenannten Partnering-Konzeptes in Afghanistan geändert. Im vergangenen Jahr verloren nach Angaben des Wehrbeauftragten sieben deutsche Soldaten ihr Leben, 63 Soldaten wurden zum Teil schwer verwundet, darunter 19 bei den Zwischenfällen an der kosovarisch-serbischen Grenze.
Deutliche Kritik übt Königshaus an den mangelnden Lufttransportkapazitäten des deutschen Isaf-Kontingentes in Afghanistan. Während im vergangenen Jahr die Ausstattung mit geschützten und bewaffneten Bodenfahrzeugen verbessert worden sei, habe sich die Situation beim Lufttransport nochmals verschlechtert.
Nach seinen Angaben verfügt die Bundeswehr in Afghanistan über nur noch sechs Hubschrauber vom Typ CH-53. So werde die Bergung von verwundeten deutschen Soldaten und die Luftnahunterstützung nur noch durch die amerikanischen Verbündeten gewährleistet.
Lobend äußert sich Königshaus über die verbesserte Absicherung der Soldaten und ihrer Familien durch das vom Bundestag beschlossene Einsatzversorgungsverbesserungsgesetz im Fall von Verwundung, Traumatisierung und Tod. Massive Probleme gebe es allerdings, wenn Soldaten oder ihre Hinterbliebenen ihre Ansprüche geltend machen. Die Verwaltungsverfahren seien zu lang und zu viele Stellen seien involviert.
Für die Betreuung verwundeter und traumatisierter Soldaten fordert Königshaus eine stärkere Zentralisierung. Noch immer seien die Behandlungskapazitäten für Traumatisierte zu gering, da die Bundeswehr über zu wenige Psychologen und Psychiater verfüge. Umgekehrt habe die Zahl der traumatisierten Soldaten mit 922 im Jahr 2011 einen neuen Höchststand erreicht.
Große Defizite sieht Hellmut Königshaus hingegen bei der Vereinbarkeit von Dienst und Familie. Inzwischen pendelten etwa 70 Prozent aller Soldaten zwischen ihren Wohn- und Dienstort, teilweise über mehrere hundert Kilometer. Die im neuen Stationierungskonzept der Bundeswehr geplante Schließung von 31 Standorten und die Reduzierung von 91 Standorten um bis zu 50 Prozent der Dienstposten werde dieses Problem noch vergrößern.
Königshaus bedauert ausdrücklich, dass das Bundesverteidigungsministerium seine Anregung bezüglich einer dezentralen und regionalen Zusammenlegung von Verbänden und Ausbildungseinrichtungen nicht aufgenommen habe. Die häufigen Abwesenheiten von zu Hause führten zu extremen Belastungen für die Ehen und Familien der Soldaten. So liege die Trennungs- und Scheidungsrate von Soldaten bei bis zu 80 Prozent. Mängel benennt Königshaus auch bei den Betreuungsangeboten für Soldatenkinder. An den Standorten fehlten mindestens 1.000 Betreuungsplätze.
Keine Fortschritte sieht der Wehrbeauftragte bei der Bereitstellung von Eltern-Kind-Zimmer. Der angemeldete Bedarf von 300 Eltern-Kind-Zimmern an 170 Standorten sei bislang erst zu einem Drittel gedeckt.
Die Zahl der Eingaben und Beschwerden, die im vergangenen Jahr beim Wehrbeauftragten eingegangen sind, ist in absoluten Zahlen zwar leicht zurückgegangen – sie sank von 4.976 im Jahr 2010 auf 4.864 –, gemessen an der Truppenstärke ist sie jedoch angestiegen. (aw/10.01.2013)