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Gegen eine monatliche Rentenzahlung von mindestens 200 Euro an Opfer des DDR-Dopings spricht sich Eberhard Gienger aus. Der juristische Nachweis, dass in der DDR Sportler ohne ihre Zustimmung gedopt wurden, lasse sich im Einzelfall nur schwer führen, so der CDU-Abgeordnete im Interview. Anders als bei den großzügig gewährten Einmal-Hilfen aus einem Fonds komme bei einer Rente das komplizierte Arbeits- und Sozialrecht ins Spiel, meint der prominente Ex-Turner: "Die Rente ist das falsche sozialpolitische Instrument bei dieser Frage." Am Donnerstag, 16. Mai 2013, debattiert der Bundestag über einen Antrag der Grünen (17/12393), der die Forderung nach einer Rente für DDR-Dopingopfer unter anderem mit dem Verweis auf dauerhafte Gesundheitsschäden begründet, die eine langfristige Unterstützung nötig machten. Das Interview im Wortlaut?
Herr Gienger, wie beurteilen Sie als ehemaliger Sportler die Dopingpraxis in der DDR? Im Westen wurde ja auch gedopt.
Wissenschaftliche Studien haben bei diesem Thema eine zentrale Fragestellung herausgearbeitet: Handelte es sich um "systematisches" oder um "systemisches" Doping? In der DDR wurde "systematisches Doping" betrieben, organisiert von Sportverbänden und letztlich auch von staatlichen Stellen angeordnet. Historisch gesehen gab es in der Bundesrepublik ein "systemisches Dopingproblem", da hier nicht zentral gesteuert und nicht mit einem vergleichbaren politischen Zwangsapparat die Gesundheit der Sportler aufs Spiel gesetzt wurde. Zu verurteilen ist beides.
Wäre es im Westen vorstellbar gewesen, Sportler ohne ihr Wissen und ohne ihre Zustimmung zu dopen? Und dies sogar bei Jugendlichen unter 18 Jahren zu tun?
Da bewegt man sich stark im Bereich der Spekulation. Eine solche Frage ist in der Rückschau schwer zu beantworten. Man müsste ja nachweisen können, dass Ärzte oder Betreuer Sportler getäuscht haben, und das ist sehr kompliziert. Zu bedenken ist auch, dass in jener Zeit Doping anders definiert wurde als heute und dass man sich auf andere Listen verbotener Stoffe stützte. Für mich ist es jedenfalls schwer vorstellbar, dass in der Bundesrepublik Sportler ohne ihr Wissen gedopt wurden, mir ist kein konkretes Beispiel bekannt.
Was halten Sie von der Forderung der Grünen, Opfern des DDR-Dopings eine monatliche Rente von mindestens 200 Euro zu zahlen?
Dieses Thema wurde schon vor Jahren intensiv diskutiert. Nach juristischen Maßstäben lässt sich der Nachweis, dass in der DDR Sportler ohne ihre Zustimmung gedopt wurden, im Einzelfall nur schwer führen. Ein ähnliches Problem ergibt sich beim medizinischen Nachweis einer gesundheitlichen Schädigung durch ein konkretes Dopingmittel. Diese Hürde umging man durch die Verabschiedung des Dopingopferhilfegesetzes, in dessen Folge ein mit zwei Millionen Euro ausgestatteter Fonds geschaffen wurde, der rund 200 Betroffenen jeweils etwa 10.000 Euro gewährt hat. Der Zugang zu diesem Fonds wurde bewusst leicht gemacht. Aus meiner Sicht ist dieses Modell sehr sinnvoll. Gegen eine monatliche Rentenzahlung spricht auch, dass auf diese Weise das komplizierte Arbeits- und Sozialrecht ins Spiel kommt. Die Rente ist das falsche sozialpolitische Instrument bei dieser Frage.
Die Grünen wollen den Kreis der Anspruchsberechtigten auf jene DDR-Sportler begrenzen, denen Doping vor Erreichen der Volljährigkeit verabreicht wurde. Teuer dürfte das wohl nicht werden.
Die Gesamtkosten eines Rentenmodells sind schwer zu beziffern, das hängt von der Zahl der Antragsteller ab, auch davon, wie lange solche Rentenbezieher leben. Prinzipiell mutet es recht willkürlich an, eine Grenze bei 18 Jahren zu ziehen. Zum einen ist der genaue Zeitpunkt eines erstmaligen Dopings kaum zu bestimmen. Zum andern bleiben jene außen vor, die bei der Einnahme eines Dopingmittels ein wenig älter als 18 Jahre waren, jetzt aber die gleichen gesundheitlichen Beschwerden haben. Das wäre nicht gerecht.
Hat man bei der Auszahlung der Fondsgelder sichergestellt, dass nur DDR-Sportler bedacht wurden, die ohne ihre Zustimmung gedopt wurden? Wenn dies mit Billigung der Betroffenen geschah, sind für gesundheitliche Folgeschäden doch die jeweiligen Sportler verantwortlich.
Die Schwierigkeit liegt ja gerade darin, unfreiwilliges Doping juristisch hieb- und stichfest zu machen und den medizinischen Beweis zu führen. Deshalb ist im Dopingopferhilfegesetz ein sehr niederschwelliges Verfahren beim Fonds verankert, für die Gewährung dieser Einmal-Hilfen wurden keine hohen Hürden aufgestellt. Das ist eine praktikable Lösung. Im Übrigen wurden sogar unter diesen Bedingungen rund 100 Anträge zurückgewiesen, die beim Fonds eingingen.
Die Grünen verlangen auch, für die Beratung von Opfern des DDR-Dopings zusätzliche Mittel bereitzustellen.
Ich halte von dieser Idee nichts, eine solche Extra-Regelung erscheint mit sehr weit hergeholt. Ich denke, Hilfestellungen für die Betroffenen müssten sich durch bestehende Institutionen und mit den Sportverbänden organisieren lassen. Dazu bedarf es keiner gesetzlichen Regelungen, wobei wir uns als Parlamentarier auf andere Weise gerne für das Thema stark machen.
(kos/08.05.2013)