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Reformen bei der Polizeiausbildung, Aussteigerkonzepte für Rechtsextremisten und Bildungsprogramme über Ideologien in diesem Spektrum gehören am Donnerstag, 16. Mai 2013, zu den zentralen Themen der Sitzung des Untersuchungsausschusses, der Fehlgriffe und Pannen bei den Ermittlungen zu der dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) angelasteten Mordserie durchleuchten soll. Die Abgeordneten wollen sich bei dieser Sachverständigen-Anhörung mit Konsequenzen aus ihrer Aufklärungsarbeit befassen, die über Struktur und Tätigkeit von Geheimdienst- und Polizeibehörden hinausweisen.
Die Sitzung unter Vorsitz von Sebastian Edathy (SPD) beginnt um 13 Uhr im Saal 3101 im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Zu dem Treffen sind fünf Experten geladen.
Die Anhörung markiert die letzte öffentliche Sitzung des Bundestagsgremiums. Danach beginnen die Parlamentarier mit der Arbeit an ihrem Abschlussbericht, der Ende August vorgestellt werden soll. Für Anfang September soll während einer Sondersitzung des Bundestags über die Ergebnisse des Ausschusses debattiert werden.
Während ihrer Untersuchungen haben die Abgeordneten des Untersuchungsausschusses mehrfach kritisch angemerkt, dass Mängel, Defizite und Fehlentscheidungen im Verlauf der Ermittlungen zu der Erschießung von neun türkisch- oder griechischstämmigen Kleinunternehmern und einer deutschen Polizisten offenbar auch mit einer unzureichenden Ausbildung der Polizei zu tun hätten. Solche Fragen will der Ausschuss mit Jürgen Funk erörtern, der für die Aus- und Fortbildung bei der Polizei in Schleswig-Holstein zuständig ist.
Barbara John meint, die Arbeit der Polizei sei im Fall rechtsextremistischer Gewaltakte zu schmalspurig konzipiert. Wenn sich bei Straftaten rechtsextreme Motive nicht von selbst ergäben, würden Ermittlungen in eine solche Richtung nicht konsequent genug geführt, moniert die Ombudsfrau für Opfer und Opferangehörige der Mordserie. Auf diesem Gebiet müsse die Polizei kompetenter werden, fordert die für den 16. Mai geladene Sachverständige. Auch im Ausschuss herrscht die Überzeugung vor, man benötige zur Bekämpfung und Aufklärung rechtsextremer Straftaten qualifizierteres Personal.
Auf Kritik war in dem Gremium nicht nur gestoßen, dass die Ursache der Hinrichtungsserie im Bereich der organisierten Kriminalität gesucht wurde, sondern auch, dass sogar Angehörige der Opfer verdächtigt wurden, möglicherweise in die Taten verwickelt zu sein oder ihr Wissen zu den Morden nicht umfassend mitzuteilen.
Vertreter der Polizei wiesen Vorwürfe zurück, solche Ermittlungen im persönlichen Umfeld seien deshalb eingeleitet worden, weil die Opfer Ausländer seien oder ausländische Wurzeln hätten. Vielmehr sei es so, dass Morde meist aus dem persönlichen Umfeld der Getöteten heraus begangen würden.
Um Ausbildungsfragen geht es auch bei der Befragung von Günter Schicht. Der Kriminalist und Sozialwissenschaftler, zuvor selbst Polizist, plädiert für eine Menschenrechtsbildung bei der Polizei und bietet seit vielen Jahren Fortbildungskurse an.
Britta Schellenberg leitet beim Centrum für angewandte Politikforschung an der Münchner Universität das Projekt "Strategien gegen Rechtsextremismus in Europa". Zu ihrer Arbeit gehört die Konzeption von Bildungsprogrammen über Rechtsextremismus und Demokratie.
Hören wollen die Abgeordneten schließlich Bernd Wagner von der Initiative "Exit", die Aussteigerprogramme für Rechtsextremisten entwirft und umsetzt. Der Kriminalist und seine Mitstreiter helfen Leuten, die mit dem Rechtsextremismus zu brechen gedenken und diese Szene verlassen wollen. Die Initiative unterstützt dabei auch Aussteiger, die im Gefängnis sitzen.
Vor der öffentlichen Sitzung am 16. Mai diskutieren die Parlamentarier hinter verschlossenen Türen mit der vierköpfigen Bund-Länder-Kommission, die Konzepte für eine bessere Kooperation der Sicherheitsbehörden entwickeln sollte. Diesem Gremium gehören der frühere Mainzer Innenminister Karl Peter Bruch (SPD), der von den Grünen vorgeschlagene Bundesanwalt Bruno Jost, der von der FDP benannte Münchner Rechtsanwalt Eckhart Müller und der Hamburger Ex-Innensenator Heino Vahldieck (CDU) an. (kos/10.05.2013)
Zeit: Donnerstag, 16. Mai 2013, 13 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Raum 3101
Interessierte Besucher können sich im Sekretariat des Untersuchungsausschusses unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtstags und des Datums der öffentlichen Sitzung anmelden (E-Mail: 2.untersuchungsausschuss@bundestag.de, Fax: 030/227-30084). Zum Einlass muss ein Personaldokument mitgebracht werden.
Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden.