Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Mai 2012 > Verfassungsschützer weist Kritik zurück
Der 2. Untersuchungsausschuss des Bundestages soll Pannen und Fehlgriffe der Sicherheitsbehörden bei den Recherchen zu den inzwischen dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) angelasteten neun Morden zwischen 2000 und 2006 durchleuchten, zu denen 2007 noch die Erschießung einer Polizistin in Heilbronn kam. Die Polizei hatte ihre Tätersuche auf das kriminelle Milieu konzentriert. Ein Profiler hatte jedoch auch eine im nachhinein weithin auf die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zutreffende Hypothese von eventuell in Frage kommenden Tätern aus der rechtsextremen Szene entworfen, diese jedoch im Raum Nürnberg verortet, wo allein drei Morde passiert waren. Die NSU-Zelle war hingegen in Sachsen und Thüringen beheimatet.
Bei Heglers Anhörung kritisierten der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) und andere Abgeordnete mehrfach das Hin und Her zwischen dem Verfassungsschutz und der Soko Bosporus. Deren Ex-Chef Wolfgang Geier hatte bei seiner Vernehmung durch die elf Abgeordneten dem Geheimdienst die Schuld für die verzögerte Übermittlung der Daten zu Rechtsextremisten zugewiesen. Hegler betonte indes, der ersten unpräzisen Anfrage der Soko habe man aus rechtlichen Gründen und aus Erwägungen des Datenschutzes nicht entsprechen können. Beispielsweise sei nicht erkennbar gewesen, zu welchem Zweck die Soko Bosporus die Daten eigentlich habe nutzen wollen, etwa zu einer Rasterfahndung. Wäre man diesem Ersuchen nachgekommen, hätte man sämtliche 3.500 umfangreichen Datensätze zu bayerischen Rechtsextremisten weiterleiten müssen. Dies sei aber mit dem Trennungsgebot zwischen Polizei und Verfassungsschutz nicht zu vereinbaren, so der Zeuge. Wenn alle Zugriff auf alle Daten hätten, stelle sich die Frage, „ob man noch zwei Behörden braucht“. Nach dem Vorliegen einer präzisen und rechtlich korrekten Anfrage seien die fast 700 Personendaten aus dem Raum Nürnberg zügig an die Soko übermittelt worden.
Edathy konfrontierte Hegler mit der Aussage Geiers, wonach die Soko davon ausgegangen sei, der bayerische Verfassungsschutz forsche auch in anderen Bundesländern nach Personen, die der ins rechtsextreme Milieu weisenden Profiler-Theorie entsprechen könnten. Der Zeuge entgegnete, dies habe sich aus dem Ersuchen der Soko nicht ergeben, dieses habe sich „im Gegenteil nur auf den Raum Nürnberg bezogen“. Die Polizei habe die Ermittlungen geleitet, weshalb man nur auf deren Antrag hin aktiv geworden sei: So kommentierte Hegler mehrfache Fragen aus den Reihen des Ausschusses, wieso der Verfassungsschutz bei neun Tötungsdelikten nicht von sich aus aktiver geworden sei.
Der Zeuge unterstrich im Übrigen, schon nach dem zweiten Mord habe seine Behörde von sich aus recherchiert, ob es möglicherweise einen rechtsextremen Hintergrund geben könne. Befragungen von „Quellen“ in der bayerischen Szene hätten jedoch „keine Erkenntnisse“ gebracht.
Im Laufe des Nachmittags will der Ausschuss den CSU-Politiker Günther Beckstein befragen, der in den Jahren der Mordserie bayerischer Innenminister und später Ministerpräsident in München war. Vor dessen Anhörung soll zudem Wolfgang Weber vernommen werden, Ex-Präsident des bayerischen Verfassungsschutzes.
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