Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Mai 2012 > Arbeitsagentur-Chef sieht kaum Zuzug von Arbeitskräften aus europäischen Krisenländern
Kern der guten Lage ist für den BA-Chef die Situation im verarbeitenden Gewerbe. In Branchen wie der Eisen-, Metall- und Papierverarbeitung gäbe es die gut bezahlten Vollzeitstellen. 38 Prozent der Beschäftigen würden in Deutschland im verarbeitenden Gewerbe arbeiten. Zum Vergleich: In England seien es nur 8 Prozent.
Kritisch mahnte Weise das Fehlen von Fachkräften in einzelnen Branchen an. Sogenannte MINT-Kräfte (Mathematiker, Ingenieure, Naturwissenschaftler, Techniker) würden fehlen. Sie gelte es auszubilden und im Ausland anzuwerben, bevor Unternehmen aufgrund fehlender Fachkräfte in andere Länder abwandern würden.
Die CDU/CSU-Fraktion wollte vom Chef der Bundesagentur für Arbeit wissen, wie er die aufgrund des demografischen Wandels erwartete Lücke von sechs Millionen Arbeitskräften 2025 einschätze. Weise sieht eine schnellere Wiedereingliederung von Müttern und längere Beschäftigung von Älteren als wichtige Maßnahmen. „Eine schlimme Verschwendung“ nannte Weise die hohe Quote von Schul- und Studienabbrechern. „Immer noch verlieren wir 30 Prozent in den Ausbildungszeiten“, sagte Weise. In diesen drei Punkten läge großes Potenzial, um der demografischen Lücke zu begegnen. Erst im zweiten Schritt empfiehlt Weise die Anwerbung ausländischer Fachkräfte.
Wie sich die rot-grünen Arbeitsmarktreformen ausgewirkt hätten, wollte die SPD-Fraktion von Weise wissen. „Es lässt sich belegen, dass viele Reformen gut und richtig waren“, sagte der Chef der Bundesagentur. Wegen der Arbeitsmarktreformen stehe Deutschland trotz Krise wirtschaftlich besser da als andere. Es gäbe aber auch kritische Punkte: Alleinerziehende Frauen hätten durch die Reformen gewonnen und eine bessere Absicherung. Doppelverdiener, die in Arbeitslosigkeit kommen, hätten jedoch das große Risiko, nach einem Jahr „sehr weit nach unten zu fallen“. In der Summe seien die Reformen aber gelungen, sagte Weise.
Die FDP-Fraktion, die sich nach der Insolvenz des Schlecker-Konzerns sich gegen eine Transfergesellschaft ausgesprochen hatte, fragte Weise nach den arbeitslos gewordenen Schlecker-Angestellten. Von 11200 arbeitslos gewordenen Mitarbeitern seien 2340 bei der BA bereits wieder abgemeldet, hätten also eine neue Arbeit gefunden oder würden vom Schlecker-Konzern weiterbeschäftigt. 2200 seien in Arbeitsmaßnahmen. Insgesamt sei ein Fünftel der Schlecker-Angestellten bereits nach vier Wochen aus der Arbeitslosigkeit wieder abgemeldet worden, zog der BA-Chef eine positive Bilanz nach der Schlecker-Pleite.
Angesichts der vielen Arbeitskräfte aus kriselnden europäischen Nachbarländern, die man in den großen deutschen Städten sehen würde, wollte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wissen, wie sich das auf den deutschen Arbeitsmarkt auswirke. „Ich sehe nicht, dass viele Arbeitskräfte aus Europa zu uns kommen“, entgegnete Weise. Weder aus Spanien, Portugal oder Griechenland, noch aus Osteuropa. Wenn sie aber kommen, fördere es das Bruttoinlandsprodukt. Deutschland sei „beim Zuzug ausländischer Arbeitskräfte hinten dran“. Die Gutausgebildeten würden wegen der englischen Sprache eher in angelsächsische Länder gehen.
Die Fraktion Die Linke wollte von Weise wissen, ob durch die Arbeitsmarktreformen Leiharbeit und Mini-Jobs zugenommen hätten. „Die Zahl der unbefristeten, ordentlich bezahlten Vollzeit-Stellen ist stabil geblieben“, sagt Weise. Unerwartet hohe Zuwächse in den letzen zehn Jahren hätte es bei „atypischen Beschäftigungsverhältnissen“ gegeben, die „tendenziell befristet, in Teilzeit und im Bereich der Dienstleistung“ seien. In der Summe führe dies dazu, dass so viel Beschäftigte wie noch nie in Deutschland eine Arbeit hätten.
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