Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > September 2012 > Schweizer Regierung und Banken werben für das Steuerabkommen
Das von der Bundesregierung als Gesetzentwurf vorgelegte Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt in der Fassung vom 5. April 2012 (17/10059) sieht vor, Kapitalerträge deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz in Zukunft wie in Deutschland zu besteuern. Dafür sollen die Schweizer Zahlstellen eine der deutschen Abgeltungsteuer (derzeit 25 Prozent) und dem deutschen Solidaritätszuschlag (5,5 Prozent der Abgeltungsteuer) entsprechende Quellensteuer erheben. Es werde darüber hinaus sichergestellt, dass unversteuerte Kapitalanlagen deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz in Zukunft „einem nicht kalkulierbaren Entdeckungsrisiko“ unterliegen.
Erbschaften werden von dem Abkommen ebenfalls erfasst. Auf nach dem Inkrafttreten des Gesetzes anfallende Erbschaften soll eine Steuer von 50 Prozent erhoben werden. Auch sei für die Vergangenheit ein Verfahren zur Nachversteuerung bisher unentdeckter unversteuerter Vermögenswerte in der Schweiz vereinbart worden. Die Nachversteuerung erfolgt pauschal und anonym durch eine Einmalzahlung. Die Bundesregierung erwartet für 2013 Mehreinahmen in Höhe von 1,62 Milliarden Euro.
Die Bundessteuerberaterkammer erklärte in ihrer Stellungnahme: „Im Verhältnis zu anderen souveränen Staaten hatte Deutschland nie die Möglichkeit, so weitgehend sich der Hilfe eines anderen Staates bei der Durchsetzung seiner Steueransprüche zu versichern.“ Professor Jochen Lüdicke (Freshfields Bruckhaus Deringer) begrüßte den Ansatz der Bundesregierung, „mittels eines rechtsstaatlich unbedenklichen Vorgehens dauerhaft und vollständig Steuererträge im gesetzlich bestimmten Umfang aus schweizerischen Quellen zu erzielen“.
Michael Ambühl, Schweizer Staatssekretär für internationale Finanzfragen, wies die Kritik, das Abkommen enthalte zahlreiche Schlupflöcher, zurück: „Das Abkommen ist mit einem breiten Anwendungsbereich darauf ausgelegt, Schlupflöcher so weit wie möglich zu vermeiden.“ Es werde schwer gemacht, das Abkommen dauerhaft zu umgehen. Das Abkommen könne auch durch das Zwischenschalten von Trusts und Stiftungen nicht umgangen werden. Die Schweizer Bankenvereinigung Swissbanking wies darauf hin, dass die Schweiz mit dem Abkommen über den OECD-Standarad hinausgehe.
Dagegen erklärte Professor Lorenz Jarass (Hochschule RheinMain Wiesbaden), durch das Abkommen würde die Steuerhinterziehung erleichtert. Steuerhinterzieher dürften nicht anonym amnestiert werden, da dies die Hinterziehung erleichtere. Das Abkommen verschaffe Schwarzgeldbesitzern einen „Persilschein“, ohne dass Namen und Adressen der einzelnen Steuerhinterzieher den deutschen Behörden bekanntgegeben würden. Für Marcus Meinzer (Tax Justice Network) stand fest, dass das Abkommen in Wirklichkeit nur dazu diene, „den automatischen Informationsaustausch in Form der überarbeiteten EU-Zinsrichtlinie von der Schweiz fernzuhalten“. Wie Jarass erklärte auch Meinzer, das Abkommen könne durch bestimmte Trusts und Stiftungen umgangen werden. Auch Itai Grinberg (Georgetown University) sagte, ein automatischer Informationsaustausch sei der anonymen Abgeltungssteuer bei der Bekämpfung der Steuerflucht überlegen.
Karsten Randt (Kanzlei Flick Focke Schaumburg) verwies auf einen anderen Aspekt. Danach ist das Abkommen für einen Großteil der Fälle nicht vorteilhaft, „weil die darauf fußende steuerliche Belastung höher ist als die geschuldete Steuer“. Daher bleibe ungewiss, welchen Beitrag das Abkommen zur Vergangenheitsbewältigung leisten könne.
Von der Deutschen Steuergewerkschaft wurde kritisiert, dass das Abkommen den Kauf von Steuerdaten erschwere. Der deutsche Fiskus habe einen Anspruch auf diese Daten, so die Gewerkschaft, nach deren Schätzungen das im Ausland angelegte Schwarzgeld der Deutschen auf rund 300 Milliarden Euro geschätzt wird. Davon dürften sich zwischen 130 und 150 Milliarden Euro in der Schweiz befinden.
Professor Lüdicke verwies in seiner Stellungnahme auf das „Erpressungspotenzial“ bei diesen Datenträgern. Es lohne sich für Datendiebe, Steuerpflichtige aufzusuchen und anzubieten, den CD-Inhalt vor Übergabe an die Finanzverwaltung abzuändern. Die Daten dieser sich freikaufenden Personen würden dann von der CD gelöscht. Der Datenankauf fördere damit „die Erpressung von Steuersündern“.
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