Globe wirbt für die Naturkapital-Initiative

globe

Der Wert der Natur und deren Leistung für Wirtschaft und Gesellschaft sollen berechnet werden, um das Bewusstsein für den Nutzen der Umwelt zu schärfen und den politischen Willen für mehr Naturschutz zu befördern. Für dieses Ziel ihrer weltweit angelegten "Naturkapital-Initiative" warb am Freitag, 7. Juni 2013, bei einer Konferenz im Bundestag die Organisation "Globe", die umweltpolitisch engagierte Parlamentarier aus zahlreichen Ländern vereint. Zu der Tagung unter Vorsitz des Briten Barry Gardiner waren Delegierte aus 20 Staaten angereist. Das Entwicklungsministerium als Finanzier des Treffens und der Umweltausschuss des Bundestags zählen zu den Mitveranstaltern. 

"Artenvielfalt auch ökonomisch schutzwürdig"

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) bezeichnete die "Naturkapital-Initiative" als "wichtigen Ansatz" in der Umwelt- und Entwicklungshilfepolitik. Bei diesem Projekt gehe es "nicht um eine Ökonomisierung der Natur", unterstrich der FDP-Politiker.

Doch die Natur erbringe viele Leistungen, und dies bislang kostenfrei. Würden die vom Ökosystem erbrachten Leistungen berechnet, so werde die Umwelt zum Bestandteil des alltäglichen Wirtschaftslebens. Die Artenvielfalt, so Niebel, sei auch aus ökonomischen Gründen schutzwürdig.

"Naturschutz mit Armutsbekämpfung verbinden"

Im Blick auf Entwicklungsländer trat der Ressortchef dafür ein, Nutzungs- und Schutzkonzepte für die Natur mit der Armutsbekämpfung zu verbinden. Als Beispiel nannte Niebel einen unter Naturschutz stehenden Nationalpark in Südafrika, wo die ortsansässige Bevölkerung Einkünfte mit einem umweltschonenden Tourismus erzielen könne.

Die Leute sollten dabei lernen, dass ein "lebender Elephant mehr bringt als ein toter Elefant" und dass die Mitarbeit bei einem solchen Projekt besser sei als ein kurzfristig zu erzielender Gewinn durch den Verkauf von Stoßzähnen.

"Wert der Natur in Wohlstandsmessung einbeziehen"

Michael Kauch, Vorsitzender der deutschen und europäischen Sektion von "Globe", sagte dem Thema Naturkapital eine in Zukunft "herausragende Bedeutung" voraus. Man müsse den Wert der Natur in die Messung von Wohlstand einbeziehen, forderte der FDP-Abgeordnete. Mache man klar, dass die Kosten für Ernteausfälle als Folge des Bienensterbens viel höher seien als die Aufwendungen für Maßnahmen gegen Massenerkrankungen dieser Insekten, dann erhalte der Artenschutz in diesem Fall  einen ganz anderen Stellenwert.

Indes wies Kauch darauf hin, dass die finanzielle Bewertung der Naturleistungen zwar zu Transparenz führe. Beim Naturschutz komme es aber letztlich auf "politische Entscheidungen" an, und die seien Sache der Parlamentarier.

"Übernutzung der Natur kann teuer werden"

Grundsätzlich positiv bewertete auch Eva Bulling-Schröter die Naturkapital-Initiative. Werde der Wert der Natur beziffert, so könne dies bei Hochwasserkatastrophen wie momentan in Deutschland oder beim Klimawandel helfen, die Bereitschaft zum Gegensteuern zu fördern.

Aus Sicht der Vorsitzenden des Umweltausschusses belegt das Hochwasser, "dass eine Übernutzung der Natur sehr teuer werden kann".

"Umweltschutz nicht Kosten-Nutzen-Rechnung unterwerfen"

Allerdings warnte die Linken-Abgeordnete auch vor Problemen beim Naturkapital-Projekt. So könne man auf die Idee verfallen, dass Deichbau billiger sei als Klimaschutz. Bulling-Schröter sah die Gefahr, dass eine aus der finanziellen Bewertung abgeleitete Rangfolge bei schutzwürdigen Naturgütern entstehen könne: "Man darf den Umweltschutz nicht einfach einer Kosten-Nutzen-Rechnung unterwerfen."

Anlass für die Tagung war die Präsentation einer vom Entwicklungsministerium finanzierten Naturkapital-Studie für Botswana, Costa Rica, Deutschland, Georgien,  Kolumbien, Peru, die Philippinen und Großbritannien. Zum Stand des Naturschutzes in der Bundesrepublik heißt es etwa, die Luft- und Wasserqualität sei kontinuierlich besser geworden, bei der Artenvielfalt habe sich die Lage hingegen verschlechtert.

Bedeutung einer "guten Verwaltung" betont

Bei der Vorstellung dieser "Globe"-Untersuchung appellierte der indische Wissenschaftler Pavan Sukhdev nicht nur an die acht Länder, in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung das Naturkapital zu integrieren. Dessen "gute Verwaltung" sei wichtig für die Überwindung der Armut und für die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung.

Wie zuvor schon Bulling-Schröter wies Sukhdev darauf hin, dass der Preis für Leistungen, die von der Umwelt erbracht werden, schwer zu ermitteln sei. Letztlich handele es sich immer auch um einen "politischen Wert". Intakte Ökosysteme hätten für arme Bauern in der Dritten Welt einen höheren Wert als für Banker, erläuterte der Wissenschaftler. Und wenn man für die Leistung der Amazonaswälder einen Preis berechne, so sei offen, welche Anrainerstaaten welches Entgelt für die Nutzung der Wälder zu zahlen haben. (kos/07.06.2013)