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Es gibt parlamentarische Gremien, die eher selten im Licht der Öffentlichkeit stehen - und doch enorm wichtig sind. Dazu zählen die fünf Kommissionen des Ältestenrates. Sie unterstützen ihn darin, die vielfältigen inneren Angelegenheiten des Bundestages zu regeln. Grund genug, ihre Arbeit hier vorzustellen. Wir setzen unsere kleine Porträt-Serie mit der Bau- und Raumkommission des Ältestenrates fort.
Über die große Grünfläche zwischen Luisenstraße und Elisabeth-Marie-Lüders-Haus hoppeln ein paar Kaninchen, auf Trampelpfaden eilen Mitarbeiter und Besucher zu dem Bundestagsgebäude, in dem unter anderem Bibliothek und Archiv des Parlaments untergebracht sind.
Doch schon bald werden Bagger anrücken und die nach dem heißen Sommer etwas ramponierte Wiese in eine Großbaustelle verwandeln. Bis Ende 2013 soll an dieser Stelle der Erweiterungsbau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses entstehen und die städtebauliche Lücke schließen, die hier mitten im Herzen des Parlamentsviertels klafft.
Eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung für den Erweiterungsbau und seiner architektonischen Gestaltung spielte die Bau- und Raumkommission des Ältestenrates. "Gemeinsam haben wir entschieden, welche Bereiche des Bundestages wir hier unterbringen wollen und wie das Gebäude räumlich ausgestattet sein soll", sagt Dr. Wolfgang Thierse. Der Bundestagsvizepräsident ist seit Herbst 2005 der Vorsitzende der Kommission, der neun Abgeordnete aller Fraktionen ihrem Stärkeverhältnis im Parlament entsprechend angehören.
So wird es im Erweiterungsbau etwas mehr als 300 weitere Büroräume sowie einen großen Veranstaltungssaal geben, über den man über eine imposante Freitreppe von der Luisenstraße aus gelangt. Am Spreeplatz an der südwestlichen Ecke des Gebäudes ist zudem ein Bistro geplant, das Berliner wie Berlin-Besucher zum Verweilen einladen soll.
Der Erweiterungsbau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses ist nur eines der vielen Projekte, mit denen sich die Bau- und Raumkommission in den letzten Jahren intensiv beschäftigt hat. "Unser Ziel ist es, die Abgeordneten, ihre Mitarbeiter und die Bundestagsverwaltung gut und angemessen unterzubringen und dafür zu sorgen, dass in technischer Hinsicht alles funktioniert", erläutert Thierse das Selbstverständnis des Gremiums, das etwa einmal im Vierteljahr tagt.
Eine organisatorische Herausforderung sondergleichen: Denn der Bundestag platzt räumlich aus allen Nähten. Noch sind die derzeit noch 611 Abgeordneten recht beengt untergebracht. Jedem Volkvertreter stehen für sich und seine Mitarbeiter drei Büroräume à 19 Quadratmeter zur Verfügung. Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt aber, dass der Raumbedarf größer ist.
Also müssen zusätzliche Gebäude gesucht und erworben, Umbaumaßnahmen durchgeführt, Neubauten geplant und öffentlich ausgeschrieben werden. All das fällt in die Zuständigkeit der Bau- und Raumkommission.
Es ist eine verantwortungsvolle und sensible Aufgabe - mitten im Zentrum der Hauptstadt, wo jeder Neubau den städtebaulichen Gesamteindruck entscheidend mitprägt. Für Thierse ist es denn auch ein wesentliches Anliegen, Berlin "schöne und funktionale Bauten zu schenken. Wir wollen deutlich machen, dass wir Berlin baulich nichts wegnehmen, sondern dass wir es im Gegenteil bereichern", so der SPD-Abgeordnete.
Dass dem Bundestag dies bisher in eindrucksvoller Weise gelungen ist, wird wohl von niemandem in Frage gestellt. Das Berliner Parlamentsviertel hat sich seit dem Umzug des Bundestages vom Rhein an die Spree 1999 zu einer Touristenattraktion entwickelt. Das Reichstagsgebäude ist mit mehr als drei Millionen Besuchern im Jahr das meistbesuchte Parlament der Welt und steht nach dem Kölner Dom auf Platz zwei der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Deutschlands.
Das ist auch der ehemaligen Baukommission unter ihrem damaligen Vorsitzenden Dr. Dietmar Kansy (CDU) zu verdanken. Stellvertretend für den Bundestag übernahm diese in den 1990er Jahren die Aufgabe, die Interessen des Parlaments gegenüber dem Architekten Sir Norman Foster zu vertreten, der den Auftrag erhalten hatte, das alte Reichstagsgebäude in den neuen Sitz des Bundestages zu verwandeln.
Mit Erfolg: Im Streit um den Kuppelbau etwa setzte sich die Kommission gegen den selbstbewussten Briten durch, der zunächst gar keine Kuppelkonstruktion vorgesehen hatte. Heute gilt die Kuppel des Reichstagsgebäudes als Wahrzeichen Berlins und als Symbol des wiedervereinigten Deutschlands.
Um die Bau- und Raumkommission ist es heute deutlich ruhiger geworden. Genug zu tun bleibt allemal: Das "Band des Bundes" etwa ist noch lange nicht vollendet. Fast bis zum Bahnhof Friedrichstraße sollte der symbolische Brückenschlag zwischen den ehemals getrennten Stadthälften nach dem von Axel Schultes und Charlotte Frank entwickelten architektonischen Gesamtkonzept fortgeführt werden.
Inzwischen hat das Land Berlin in Abstimmung mit dem Deutschen Bundestag einen städtebaulichen Wettbewerb für den Abschluss des Gebäudeensembles auf der östlichen Seite der Luisenstraße durchgeführt. Erst vor wenigen Tagen wurde der Wettbewerbssieger gekürt.
Zudem sind neue, weniger erfreuliche Aufgaben hinzugekommen. Nach zehn Jahren machen sich erste Baumängel bemerkbar, erfordern Sanierungsmaßnahmen, ziehen gelegentlich juristische Auseinandersetzungen nach sich. Doch die Freude an der Arbeit in der Kommission überwiegt bei Weitem: "Es ist großartig, die bauliche Zukunft des Bundestages mitzuplanen", so Thierse. "Das eint die Mitglieder der Kommission über alle Parteigrenzen hinweg."