Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2010 > Sitzungswoche vom 10. bis 12. November 2010
Der Bundestag stimmt in den Plenarsitzungen vom Mittwoch, 10. November, bis Freitag, 12. November 2010, unter anderem über zwei Eckpunkte der geplanten Gesundheitsreform ab. So werden sowohl die von der Regierungskoalition vorgesehene Neuordnung des Arzneimittelmarktes als auch die Reform der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung abschließend beraten. Am Donnerstag steht außerdem eine vereinbarte Debatte zum neuen strategischen Konzept der Nato auf der Tagesordnung. Weitere zentrale Themen sind die Chancengleichheit von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt, die Förderung der Elektromobilität sowie das Wertpapier- und Übernahmerecht.
Regierungsbefragung: Um 13 Uhr kommt das Parlament zu einer halbstündigen Befragung der Bundesregierung über die vorangegangene Kabinettssitzung sowie über aktuelle Themen zusammen.
Fragestunde: Um 13.35 Uhr geht es mit der auf zwei Stunden angesetzten Fragestunde weiter, in der schriftlich eingereichte Fragen der Abgeordneten (17/3619, 17/3635) von Vertretern der Bundesregierung mündlich im Plenum beantwortet werden.
Aktuelle Stunde: Auf Verlangen von CDU/CSU, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen debattiert der Bundestag ab etwa 15.35 Uhr bis gegen 16.55 Uhr in einer Aktuellen Stunde über "Demonstrationen und Vorgänge beim Castortransport".
Strategisches Konzept der Nato: Der Sitzungstag beginnt um 9 Uhr mit einer vereinbarten Debatte zum neuen strategischen Konzept der NATO, das auf dem Gipfel der Allianz am 19. und 20. November 2010 in Lissabon beschlossen werden soll. 90 Minuten sind für die Aussprache vorgesehen. Entschließungsanträge dazu haben die SPD (17/3677), Die Linke (17/3678, 17/3679) und Bündnis 90/Die Grünen (17/3680, 17/3681) vorgelegt.
Wertpapier- und Übernahmerecht: Ab 10.40 Uhr geht es 90 Minuten lang um eine von der SPD vorgeschlagene Änderung des Werpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (17/3481). Das Gesetz verpflichtet einen Bieter unter anderem zur Veröffentlichung und Abgabe eines Angebots zum Erwerb von Wertpapieren (Pflichtangebot), wenn er 30 Prozent der Stimmrechte erwirbt. Ist dieser Schwellenwert einmal erreicht, so unterliegt der Bieter allerdings keiner erneuten Veröffentlichungs- und Angebotspflicht, auch wenn er seinen Anteil an den Stimmrechten weiter ausbaut. Letzteres will die SPD-Fraktion nun ändern, um den Schutz der Minderheitsaktionäre weiter zu verbessern. Auch die Fraktion Die Linke hält Änderungen an dem Gesetz für nötig. In einem Antrag (17/3540) fordert sie die Bundesregierung unter anderem dazu auf, die Wahrung der Interessen der Beschäftigten im Fusions- oder Übernahmeprozess durch einen gesetzlichen Anspruch der Gewerkschaften auf den Abschluss eines Fusionstarifvertrages zu gewährleisten und dem Betriebsrat des betroffenen Unternehmens ein Vetorecht gegenüber Fusionen und Übernahmen einzuräumen.
Aktuelle Stunde: In einer Aktuellen Stunde auf Verlangen der SPD-Fraktion geht es ab etwa 12.35 Uhr um "Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Bundesregierung über die Reform der Kommunalfinanzen".
Neuordnung des Arzneimittelmarktes: Ab 13.40 Uhr stehen die zweite und dritte Lesung des von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP und der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (17/2413) auf der Tagesordnung. Im Anschluss wird über die Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (17/3698) und über einen Entschließungsantrag der SPD (17/3703) namentlich abgestimmt. Abgestimmt wird ferner über einen Änderungsantrag der SPD (17/3702) sowie über einen Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/3704). Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz strebt die schwarz-gelbe Koalition jährliche Einsparungen bei den gesetzlichen Krankenkassen in Milliardenhöhe an. Allein bei neuen Medikamenten, zu denen es keine therapeutischen Alternativen gibt, soll die Entlastung 1,7 Milliarden Euro betragen. Zu dem Gesetzentwurf liegen die Stellungnahme des Bundesrates (17/3116) und die Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme (17/3211). Zur Abstimmung stehen zudem verschiedene Anträge der SPD (17/1201, 17/1768), der Linksfraktion (17/893, 17/2322, 17/2324) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/1418, 17/1985) zum Thema. Für die Debatte ist eine Stunde vorgesehen.
Altersgrenzen in der Rentenversicherung: Um 15 Uhr beginnt die halbstündige erste Lesung eines von der Linksfraktion eingebrachten Gesetzentwurfs zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (17/3546). Er sieht vor, die ab 2012 vorgesehene schrittweise Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung, der Alterssicherung der Landwirte und der Beamtenversorgung auf 67 Jahre um vier Jahre auf 2016 zu verschieben. Zur Begründung führt die Fraktion an, dass einer Anhebung der Altersgrenzen ab 2012 insbesondere die weiterhin sehr niedrige Erwerbsbeteiligung Älterer, vor allem der über 60-Jährigen, entgegenstehe.
Elektromobilität: Um 15.40 Uhr beginnt die erste Lesung zweier Anträge zum Thema Elektromobilität. Während die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP die Elektromobilität mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen fördern wollen, um künftig eine nachhaltige Mobilität zu gewährleisten (17/3479), findet die Linksfraktion, dass Klimaschutz im Verkehr wesentlich mehr braucht als Elektroautos (17/2022). Beraten wird ferner ein Antrag der SPD (17/3647), die nachhaltige Mobilität zu fördern und die Elektromobilität voranzutreiben. Für die Aussprache sind 45 Minuten angesetzt.
Vorrang für Kinder beim Lärmschutz: Um 16.30 Uhr geht es weiter mit der halbstündigen ersten Lesung eines Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/2925). Darin verlangen die Abgeordneten, Rechtsklagen gegen Kinderlärm künftig zu verhindern. Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Kinderbetreuungsstätten in reinen Wohngebieten zu verbessern und zur Rechtssicherung solcher Einrichtungen die derzeit geltenden Regelungen des Lärmschutzes weiterzuentwickeln.
Vertrauensverhältnis zu Rechtsanwälten: Um das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwälten und ihren Mandanten zu stärken, hat die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf (17/2637) eingebracht, der ab 17.10 Uhr eine halbe Stunde lang in zweiter und dritter Lesung beraten wird. Danach dürfen Rechtsanwälte künftig nicht mehr abgehört und Mandantenakten in ihren Büros nicht mehr beschlagnahmt werden. Bislang sind allein Strafverteidiger vor solchen Ermittlungsmaßnahmen des Staates geschützt. Der Rechtsausschuss hat eine Beschlussempfehlung vorgelegt (17/3693). Der Bundestag stimmt zudem über einen Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/3705) zum Gesetzentwurf sowie über einen Entschließungsantrag der Linksfraktion (17/3706) ab.
Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch: Im Anschluss wird ab 17.50 Uhr in erster Lesung ein Gesetzentwurf der SPD-Fraktion (17/3646) beraten, der die Verlängerung der straf- und zivilrechtlichen Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch von Kindern und minderjährigen Schutzbefohlenen vorsieht. Die Debatte wird eine halbe Stunde dauern.
Initiative zur Freilassung von Gilad Shalit: Ab 18.30 Uhr steht ein fraktionsübergreifender Antrag auf der Tagesordnung, in dem die Freilassung des israelischen Soldaten Gilad Shalit gefordert wird, der seit mehr als vier Jahren von der Hamas gefangengehalten wird. Dazu seien "alle Vermittlungsversuche und vertrauensbildenden Maßnahmen zu nutzen", schreiben die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP sowie die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem gemeinsamen Antrag (17/3422). Die Linksfraktion fordert ebenfalls die Freilassung des heute 23-Jährigen. In ihrem Antrag (17/3431) schreiben die Abgeordneten, diese solle auch als ein "humanitäres Zeichen" für die Freilassung palästinensischer politischer Häftlinge aufgenommen werden. Eine halbe Stunde ist für die Debatte der beiden Anträge vorgesehen.
Bemessung der Regelsätze: Um 19.10 Uhr geht es weiter mit der auf eine halbe Stunde angesetzten ersten Lesung eines Antrags der SPD-Fraktion (17/3648). Darin fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 über das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (das so genannte Hartz IV-Gesetz) durch eine transparente Bemessung der Regelsätze und eine Förderung der Teilhabe von Kindern umzusetzen. Die Karlsruher Richter hatten in ihrem Urteil die bislang geltenden Regelleistungen für Erwachsene und Kinder für verfassungswidrig erklärt, da sie nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erfüllten, und den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 31. Dezember 2010 eine Neuregelung herbeizuführen.
60 Jahre Europäische Menschenrechtskonvention: Anlässlich des 60. Jahrestages der Unterzeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention am 4. November 1950 in Rom debattiert der Bundestag ab 19.50 Uhr eine halbe Stunde lang einen interfraktionellen Antrag (17/3423), in dem die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP sowie die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Bundesregierung auffordern, allen Versuchen, die universelle Geltung der Menschenrechte in Frage zu stellen, "mit größter Entschiedenheit entgegenzutreten". Unter anderem fordern die Abgeordneten, die Arbeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch dadurch anzuerkennen, dass sich die Regierung über den bereits geleisteten Beitrag hinaus für eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung sowie für eine größere Unabhängigkeit des Gerichtshofs bei der Verwaltung seines Budgets einsetzt. Die Linksfraktion hat einen eigenen Antrag vorgelegt (17/3658).
Rohstoffförderung im Meer: Ab 20.35 Uhr debattiert der Bundestag in erster Lesung einen Antrag der Grünenfraktion (17/3662), in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, aus der Ölpest im Golf von Mexiko zu lernen und Konsequenzen für die Rohstoffförderung im Meer zu ziehen. Die Ölpest im Golf von Mexiko wurde durch die Explosion der Ölbohrplattform "Deepwater Horizon" im April 2010 ausgelöst und gilt als eine der schwersten Umweltkatastrophen dieser Art.
GKV-Finanzierungsgesetz: Der Sitzungstag beginnt um 9 Uhr mit der zweiten und dritten Lesung des von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP (17/3040) und der Bundesregierung (17/3360, 17/3441) eingebrachten Gesetzentwurfs zur Finanzreform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), über den auf der Basis der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (17/3696) namentlich abgestimmt wird. Laut Entwurf des sogenannten GKV-Finanzierungsgesetzes, das nach dem Willen der Regierungskoalition am 1. Januar 2011 in Kraft treten soll, soll der Beitragssatz 2011 von 14,9 auf 15,5 Prozent steigen; der Arbeitgeberanteil soll bei 7,3 Prozent festgeschrieben werden. Künftige Kostensteigerungen im Gesundheitswesen sollen allein von den Versicherten über nach oben offene Zusatzbeiträge getragen werden. Für den Fall, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag zwei Prozent des individuellen sozialversicherungspflichtigen Einkommens übersteigt, ist ein Sozialausgleich vorgesehen. Außerdem werden der Bericht des GKV-Spitzenverbandes über die Erfahrungen mit dem im April 2007 in Kraft getretenen GKV-Wettbewerbstärkungsgesetzes, der als Unterrichtung durch die Bundesregierung vorliegt (16/12639), ein Antrag der SPD (17/3427), der sich gegen eine "Vorkasse"-Regelung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausspricht, sowie ein Antrag der Linksfraktion (17/1238), eine solidarische Bürgerversicherung in Gesundheit und Pflege einzuführen, abschließend beraten. Die SPD (17/3707), Die Linke (17/3708) und Bündnis 90/Die Grünen (17/3709) haben jeweils Entschließungsanträge vorgelegt. Über den Entschließungsantrag der Linksfraktion soll namentlich abgestimmt werden. Für die Debatte sind 90 Minuten vorgesehen.
Plebiszite auf Bundesebene: Danach nimmt sich der Bundestag ab 10.40 Uhr eineinhalb Stunden Zeit, um einen Gesetzentwurf der Linksfraktion (17/1199) abschließend zu beraten, der mehr Möglichkeiten der direkten Einflussnahme der Bürgerinnen und Bürger auf die Bundespolitik vorsieht. Konkret wollen Abgeordneten eine dreistufige Volksgesetzgebung mit Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid einführen. Dies würde eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich machen. Der Innenausschuss hat die Ablehnung des Gesetzentwurfs empfohlen (17/3609). Der Bundestag stimmt namentlich über die Vorlage ab.
Anlegerschutz: Danach steht ab 12.20 Uhr die erste Lesung eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung auf der Tagesordnung, mit dem sie den Anlegerschutz stärken und die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts verbessern will (17/3628). Für die Aussprache ist eine halbe Stunde vorgesehen.
Chancengleichheit von Frauen und Männern: Danach befasst sich der Bundestag ab 13 Uhr 45 Minuten lang abschließend mit der als Unterrichtung durch die Bundesregierung vorgelegten dritten Bilanz der "Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft" (16/10500). Laut Unterrichtung hat die freiwillige Selbstverpflichtung der Privatwirtschaft aus dem Jahr 2001 eindeutig zu Fortschritten bei der Chancengleichheit geführt, etwa bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der beruflichen Selbstständigkeit von Frauen. Außerdem debattieren die Abgeordneten über zwei Anträge der Opposition zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt. So fordert die SPD-Fraktion ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft sowie ein Entgeltgleichheitsgesetz (17/821). In eine ähnliche Richtung zielt ein Antrag der Linksfraktion, die den Grundsatz der Entgeltgleichheit allerdings im Tarifvertragsgesetz oder im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verankern will (17/891). Bericht und Beschlussempfehlung des Familienausschusses (17/1486) liegen vor.
Spielzeugsicherheit: Ab 13.50 Uhr geht es im Plenum um das Thema Spielzeugsicherheit. Alle Fraktionen haben dazu Anträge vorgelegt (CDU/CSU: 17/3424, SPD 17/2345, Linke: 17/1563, Bündnis 90/Die Grünen: 17/656), die allesamt darauf zielen, die Gesundheit von Kindern durch strengere Vorschriften bei der Herstellung von Spielzeug deutlich besser als bisher zu schützen. Der Wirtschaftsausschuss hat dazu eine Beschlussempfehlung vorgelegt (17/3695). Für die abschließende Beratung ist eine halbe Stunde vorgesehen. (nal)