Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2011 > Emissionshandel
In erster Lesung wurde am Donnerstag, 7. April 2011, im Bundestag über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung der Rechtsgrundlagen für die Fortentwicklung des Emissions- handels (17/5296) beraten. Die Vorlage geht auf eine Änderung der EU-Emissionshandelsrichtlinie zurück, die die Grundlagen für den Handel mit Berechtigungen zum Ausstoß von Treibhausgasen in einem EU-weiten Handelssystem schafft. Durch den Gesetzentwurf soll die vorgesehene stärkere Harmonisierung des seit 2005 bestehenden Emissionshandelssystems, die Absenkung der Gesamtmenge an Berechtigungen sowie die Einbeziehung weiterer Treibhausgase und zusätzlicher Industrietätigkeiten für die Zeit ab 2013 in deutsches Recht umgesetzt werden.
Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Ursula Heinen-Esser (CDU/CSU), sagte in der Debatte, dass sich der Emissionshandel "künftig ganz deutlich" von den bisherigen Regelungen unterscheiden werde, die durch einen großen Handlungsspielraum für die Mitgliedsstaaten geprägt gewesen sei.
Es habe einen Konsens darüber gegeben, die Regulierungen zu harmonisieren. "Wir wollen nicht 27 verschiedene nationale Emissionshandelssysteme, sondern ein europäisches Emissionshandelssystem", sagte Heinen-Esser. Die Politikerin nannte den Emissionshandel ein "zentrales Element zum Erreichen der Klimaschutzziele“.
Sie betonte auch, dass erstmals der Flugverkehr in den Handel einbezogen werde. Die Parlamentarische Staatssekretärin kündigte zudem Gespräche mit dem Bundesrat über eine Neuverteilung der Vollzugszuständigkeiten von Bund und Ländern an.
Frank Schwabe kritisierte das Tempo der nationalen Umsetzung der EU-Anpassung. "Das hätte schneller gehen können“, sagte er. Der stellvertretende umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion nannte den Emissionshandel "eines der zentralen Regularien des Klimaschutzes“.
Schwabe erinnerte daran, dass der Deutsche Bundestag Ende 2008 mit der Entscheidung für die Versteigerungen von Strom ein "Stück Geschichte“ geschrieben hat, weil die Parlamentarier dadurch die Beteiligung des Parlaments an der europäischen Gesetzgebung mit Leben gefüllt hätten.
Der SPD-Politiker kritisierte die Politik der schwarz-gelben Regierung, darunter die Laufzeitverlängerung, Streichung von Mitteln für den Klimaschutz und den Klima- und Energiefonds.
Die FDP-Politikerin Judith Skudelny nannte den Zertifikatehandel ein "richtiges Instrument“ und begrüßte dass dieser in der nächsten Handelsperiode weiter verstärkt werden soll. Sie lobte auch, dass es für energieintensive Unternehmen freie Zuteilungen geben wird. „Wir wollen das Klima schützen. Wir wollen nicht die europäische Industrie schädigen.“
Sie erwähnte besonders die Chemieindustrie, wo Deutschland Weltmarktführer sei und viele Arbeitsplätze angesiedelt seien. Skudelny warnte im Fall der Einbeziehung des Flugverkehrs vor Klagen aus anderen Handelszonen beispielsweise der USA. Sie schlug vor durch Gespräche solche Differenzen auszuräumen.
Die Vorsitzende des Umweltausschusses, Eva Bulling-Schröter (Die Linke), kritisierte, dass die Stromkonzerne in der Vergangenheit vom Staat "fett gemacht" wurden, weil sie die "wertvollen Emissionsrechte“ bisher geschenkt bekamen. Sie begrüßte, dass diese ab 2013 versteigert würden, warnte aber davor "zu viele Emissionsrechte auf den Markt“ zu werfen.
Bulling-Schröter befürchtete eine Überschwemmung des Marktes, da durch die Wirtschaftskrise viele Zertifikate nicht verbraucht wurden. Die umweltpolitische Sprecherin der Fraktion kritisierte zudem die Regeln der Zuteilung als "bürokratisches Monster mit einem Wirrwarr von Zuteilungsregeln“.
Hermann Ott, Sprecher für Klimapolitik von Bündnis 90/Die Grünen, sagte zu Beginn seiner Rede, dass die Novelle unbestritten einige Verbesserungen bringen werde. Er betonte aber auch, dass der Emissionshandel "weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt“, weshalb er den Herausforderungen des Klimawandels nicht gerecht werde.
Ott kritisierte beispielsweise die weitgehend kostenlose Zuteilung von Zertifikaten an die Industrie sowie die Möglichkeit, neue Kohlekraftwerke mit den Erlösen aus dem Emissionshandel zu subventionieren. Ott warf der Bundesregierung handwerkliche Mängel vor, da der Entwurf zu spät vorgelegen habe.
Andreas Jung (CDU/CSU) lobte die Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel als „richtig“ und nannte ihn "einen Grund zur Freude“. Die 100-Prozentige Auktionierung im Strombereich bezeichnete Jung als "Quantensprung“. Er mahnte im Interesse vom "Wettbewerb auf Augenhöhe“, dass man darauf achten muss, dass europäische Regelungen tatsächlich eins zu eins umgesetzt werden.
Jung erinnerte, dass es Spielräume für Kleinanlagen gibt, die nicht in den Emissionshandel einbezogen werden und forderte für die befreiten Unternehmen "so wenig Bürokratie wie möglich“.
Der Gesetzesentwurf wurde nach der Debatte an die Ausschüsse überwiesen. (ah)