Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2011 > Aktuelle Stunde zu EU-Plänen zur Besteuerung von Diesel
Als "Täuschungsmanöver“ hat die Opposition die Einberufung einer Aktuellen Stunde zu den "Plänen der EU-Kommission zur stärkeren Besteuerung von Diesel-Kraftstoffen" bezeichnet. Die Fraktionen von CDU/CSU und FDP hielten in der Debatte am Donnerstag, 14. April 2011, dagegen, dass Energie für die Bevölkerung bezahlbar bleiben müsse. Die Aktuelle Stunde war auf Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP einberufen worden. Anlass sind Pläne der EU-Kommission, den europäischen Mindeststeuersatz für Diesel zu erhöhen.
Der Entwurf des zuständigen Kommissars für Steuern und Zollunion, Algirdas Semeta, sieht vor, sämtliche Kraftstoffe nicht mehr nach der Menge, sondern nach Energiegehalt und Kohlendioxidausstoß zu besteuern. Diesel hat einen höheren Energiegehalt als Benzin, bei seiner Verbrennung wird mehr Kohlendioxid freigesetzt. Die Bundesregierung hatte erklärt, sie wende sich ausdrücklich gegen Maßnahmen, die zur Verteuerung von Diesel in Deutschland führen würden.
Mit Kritik an den deutschen Autoherstellern begann Norbert Schindler (CDU/CSU) die Debatte: Wegen ihnen sei das umstrittene E-10 Benzin überhaupt eingeführt worden. Deutsche Wagen der Premiumklasse hätten einen höheren CO2-Ausstoß, als die gemeinsamen EU- Klimaschutzziele gestatten würden. E10 kompensiere diesen Malus.
In der hitzigen Debatte um E10 aber hätten die Autohersteller den Schwarzen Peter der Politik zugeschoben. "99 Prozent der in Deutschland hergestellten Wagen vertragen E10“, sagte Schindler. "Ich erwarte eine Aufklärungskampagne der Autoindustrie.“ Zu den Plänen der EU-Kommission sagte er: "Natürlich wollen wir die Steuerharmonisierung, aber nicht zulasten der deutschen Autofahrer.“
Auch Garrelt Duin von der SPD-Fraktion lehnte die Steuerpläne aus Brüssel ab. Biosprit, ökologischere Antriebstechnologien und CO2-Reduzierung etwa dürften nicht „singulär“ betrachtet werden - eine "kumulative Regulierung“ in sämtlichen Bereichen könne die deutsche Autoindustrie in Bedrängnis bringen.
Duin forderte eine "verlässliche Gesetzgebung, auf die sich Industrie und Autofahrer einstellen können“. Der Umgang mit den Brüsseler Plänen sei überdies ein "Lehrstück dafür, dass die Bundesregierung nicht in der Lage ist, rechtzeitig und frühzeitig“ europäische Entwicklungen zu beeinflussen. "Machen sie hier in Deutschland nicht dicke Backen, machen Sie Ihre Arbeit, seien Sie in Brüssel am Platz“, forderte Duin.
Dr. Volker Wissing (FDP) nutzte die Debatte für eine Generalabrechnung mit den energiepolitischen Plänen der Grünen. Diesen sei es gleichgültig, dass Energiepreise eine soziale Bedeutung hätten. Der Zugang zu Energie "habe etwas mit Teilhabe und Mobilität“ zu tun, sagte Wissing. "Es gibt in Deutschland viele Bürger, die vor weiteren Spritpreiserhöhung Angst haben, weil sie nicht wissen, wovon sie diese bezahlen sollen. Die Grenze des Zumutbaren ist erreicht."
Wissing begrüßte, dass die Bundesregierung die Steuerpläne der EU-Kommission abgelehnt hatte. Schwarz-Gelb werde auf europäischer und auf nationaler Ebene dafür Sorge tragen, dass Mobilität kein Privileg für Besserverdienende werde.
Die Aufregung ihres Vorredners wollte Dr. Barbara Höll (Die Linke) nicht verstehen: "Es gibt überhaupt keinen Grund, hier eine solche Panik zu veranstalten“, sagte sie und wies darauf hin, dass der Liter Diesel in Deutschland derzeit mit 47 Cent besteuert werde, die Pläne der EU-Kommission aber lediglich einen Mindeststeuersatz von 41 Cent ab 2018 vorsehen. "Es muss niemand Angst haben, dass die Steuererhöhung hinter der Zapfsäule lauert“, sagte Höll.
Erst 2023 solle nach dem Willen der EU-Kommission der Dieselsteuersatz über dem des Benzins liegen. "Wir reden hier über einen Zeitraum von zwölf Jahren, in dem auch die Autoindustrie aus dem Knick kommen könnte“, um neue Antriebstechniken zu entwickeln. Der Vorschlag aus Brüssel verdiene es laut Höll, "ruhig und sachlich diskutiert zu werden“, die Ablehnung der Bundesregierung sei nichts anderes als ein "plumpes Ablenkungsmanöver“.
In die gleiche Kerbe schlug Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen). "Sie versuchen den Volkszorn über E10 auf Brüssel abzuwälzen“, warf sie Koalition und Bundesregierung vor. "Aber das wird nicht tragen, die Bevölkerung ist weiter als Sie denken.“
Die Pläne zur Dieselbesteuerung nannte sie "klimapolitisch sinnvoll“. Paus verwies auf die Konsequenzen der heutigen steuerlichen Bevorteilung des Diesels gegenüber dem Benzin. Diese bremse die Entwicklung anderer Technologien wie Hybridmotoren. Zudem gefährdeten Dieselmotoren die Gesundheit durch Feinstaub und seien für die Übersäuerung der Böden mitverantwortlich.
"Kommen Sie ein bisschen runter, lassen sie ein bisschen Luft ab, setzten sie sich mit den Plänen der Kommission auseinander“, empfahl Paus der Koalition, "oder zeigen Sie uns Ihre Alternativvorschläge." (ahe)