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Läuft der deutsch-französische Motor rund, kommt Europa besser voran. Teilnehmer der deutsch-französischen Arbeitsgruppe zu wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen in Europa beließen es nicht dabei, auf schnelle Wege aus der Euro-Krise zu hoffen, sie wirkten bei der Lösungssuche mit. Und – aufschlussreicher Nebeneffekt – sie stellten dabei fest, dass sich ihre Auffassungen weniger voneinander unterscheiden als sie zuvor vielleicht vermutet hatten: Ihre Sorgen um die gemeinsame Währung ist ähnlich groß, das Zutrauen, die Krise zu meistern, auf beiden Seiten gleichermaßen vorhanden.
Dabei bestehen sowohl in den politischen Zielen als auch in der Rolle, die die Parlamente beider Länder spielen, beträchtliche Unterschiede. Dennoch erklärten beide Parlamentspräsidenten in Paris, dass die Abgeordneten von Assemblée nationale und Bundestag den Vertrag zum Europäischen Stabilitätsmechanismus billigen und zügig ratifizieren wollen. Die Abgeordneten haben den Fiskalpakt, den die Regierungschefs am 1. März unterzeichnen wollen, mitgestaltet, seine Entstehung im Vorfeld überwacht, kommentiert, rechtzeitig Veränderungswünsche angemeldet, wenn auch nicht alle Gehör fanden.
Diese Mitwirkung ist seit dem Lissabon-Vertrag nicht nur möglich, sondern ausdrücklich gewollt, bislang jedoch auf EU-Verträge beschränkt. Streng genommen hätte die Bundesregierung den Fiskalpakt nicht mit dem Bundestag abstimmen müssen. Kanzlerin Merkel hatte der Bitte, sich bei der Ausarbeitung kontinuierlich mit dem Parlament zu beraten, jedoch frühzeitig entsprochen.
Beispielsweise griff sie den fraktionsübergreifenden Wunsch auf, von der Schaffung eines weiteren EU-Gremiums abzusehen. Artikel 13 des Fiskalpakts sah ursprünglich vor, dass sich die Haushaltsausschussvorsitzenden der nationalen Parlamente zu regelmäßigen Beratungen treffen sollen.
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert hatte die Bedenken nach der dritten Arbeitsgruppensitzung Ende Januar in Berlin schriftlich in einem Brief an die Kanzlerin formuliert. Der geplante Artikel wurde gestrichen, statt dessen heißt es nun, dass die Parlamente ihre finanzpolitische Zusammenarbeit selbst organisieren, was beide Parlamentspräsidenten, Lammert wie Bernard Accoyer, in ihrer gemeinsamen Erklärung ausdrücklich begrüßten. Die Vertreter der Opposition im Bundestag wollten der Erklärung der Präsidenten nicht zustimmen.
Die deutsch-französische Arbeitsgruppe war im Herbst vorigen Jahres ins Leben gerufen worden und besteht aus insgesamt 14 Abgeordneten aller Fraktionen sowie zwei von den jeweiligen Regierungen benannten Sachverständigen mit beratender Funktion. Sie ist seither viermal unter dem Vorsitz des Präsidenten der Assemblée nationale, Bernard Accoyer, und Bundestagspräsident Norbert Lammert zusammengekommen und geht auf eine Idee des französischen Premierministers François Fillon zurück.
Wollten die Mitglieder anfangs noch ganz grundsätzlich über die künftige Gestalt der EU diskutieren, waren sie doch schnell fast vollständig von der Arbeit am Fiskalpakt in Anspruch genommen.
Auf ihrem vorläufig letzten Treffen in Paris am Montag, 13. Februar 2012, haben sich die Parlamentarier beider Länder für eine schnelle Ratifizierung des Fiskalpakts ausgesprochen. Ausdrücklich begrüßen sie die Verpflichtung, Schuldenbremsen verfassungsrechtlich oder in vergleichbarer verbindlicher Weise in den nationalen Rechtsordnungen zu implementieren. Dies sei ein wichtiger Fortschritt bei der Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise ebenso wie die Begrenzung der strukturellen Defizite und die Vereinbarung automatischer Korrekturmaßnahmen bei wesentlichen Abweichungen von den vereinbarten Vorgaben.
Im Unterschied zu ihren französischen Kollegen hätten es die Bundestagsabgeordneten vorgezogen, bei Verstößen gegen den Fiskalpakt den Europäischen Gerichtshof anrufen zu können. Ihnen erscheint es nicht ausreichend, dass ein Staat einen anderen verklagen kann, da daraus „Beißhemmungen" entstehen könnten und ein effektiver Sanktionsmechanismus so verhindert wird.
Weitere Zusammenkünfte der Abgeordnetengruppe wird es zunächst nicht geben, da die nun vereinbarten Reformschritte den Vorstellungen der Parlamentarier weitgehend entsprächen und in Frankreich im April der Präsident und im Juni das Parlament neu gewählt werden. Mehrere Abgeordnete beider Länder sprachen sich allerdings für die Fortsetzung der regelmäßigen Konsultationen aus. Der 50. Jahrestag der Elysée-Verträge, der zu Beginn des nächsten Jahres in Berlin begangen wird, wird in jedem Fall gemeinsam vorbereitet. (sad)