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Gut sieben Monate, nachdem das Kabinett den Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen hat, haben die Sachverständigen bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales den Fortschritten ein gemischtes Zeugnis ausgestellt. Grundlage für die Veranstaltung unter Vorsitz von Katja Kipping (Die Linke) am Montag, 19. März 2012, waren vier Anträge der SPD (17/7942), der Linksfraktion (17/7872, 17/7889) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/7951), die sich mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland beschäftigen.
Der Aktionsplan sei ein wichtiges Instrument, sagte Peter Bartmann von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Jedoch müssten die darin enthaltenen Maßnahmen verbindlich festgelegt werden und über das staatliche Engagement hinausgehen.
Dr. Valentin Aichele vom Deutschen Institut für Menschenrechte kritisierte, das Problem bei der Umsetzung des Aktionsplans liege unter anderem darin, dass die verantwortlichen Stellen nicht hinreichend mit Personalmitteln ausgestattet seien.
Ulrich Hellmann von der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung bedauerte, dass „bei Weitem nicht alle Anregungen von Menschen mit Behinderung" in den Aktionsplan Eingang gefunden haben. Er forderte eine Intensivierung der Diskussion darüber, wie der Aktionsplan verbessert werden könne.
Kritik an einzelnen Aspekten äußerte Ingo Nürnberger vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Er sah unter anderem Handlungsbedarf beim Persönlichen Budget, das 2001 eingeführt wurde und Leistungsempfängern die Möglichkeit gibt, anstelle von Dienst- oder Sachleistungen zur Teilhabe ein Budget zu wählen.
Der Einzelsachverständige Dr. Detlef Eckert forderte eine Neufassung des Behinderungsbegriffs. In Deutschland werde Behinderung meist als Defizit gesehen, kritisierte er.
Michael Conty, ebenfalls Einzelsachverständiger, bemängelte, dass das Sozialgesetzbuch (SGB) IX, wo das Leistungsrecht von Menschen mit Behinderung geregelt wird, nur für Leistungen zur Teilhabe gelte, sofern sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt. Dies seien faktisch Schlupflöcher für Leistungsträger.
Die Einzelsachverständige Verena Göppert bedauerte, dass Länder von kommunaler Seite eine eigenfinanzierte Umsetzung der Inklusion an Schulen, also der Einbeziehung von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung, verlangten.
Positiv äußerte sich dagegen Raimund Becker von der Bundesagentur für Arbeit. Die Situation von Menschen mit Behinderung habe sich auf dem Arbeitsmarkt verbessert, sagte er.
Anna Robra von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände wies darauf hin, dass viele Behinderte über gute Qualifikationen verfügten. Diese zu nutzen sei vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels eine zentrale Aufgabe.
Ebenfalls positiv äußerte sich Marion Götz von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Bei den Leistungen zur Teilhabe würde auf die individuellen Wünsche der Betroffenen eingegangen. Das umfasse unter anderem Alter, Geschlecht oder Familie.
Der Vorschlag der SPD-Fraktion, zu prüfen, wie Leistungen zur sozialen Teilhabe einkommens- und vermögensunabhängig gezahlt werden könnten, stieß ebenfalls auf Kritik. Dies könne Kosten in Höhe von 300 Millionen bis eine Milliarde Euro bedeuten, sagte Matthias Münning von der Bundesgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Er schlug daher die Realisierung des Bundesteilhabegeldes als „realisierbaren und schnelleren Schritt“ vor.
Kritik an den Oppositionsanträgen kam auch von der Sozialrechtlerin Dr. Minou Banafsche. Viele Fragen blieben offen, vor allem die sozialrechtliche Schnittstelle sei problematisch, sagte sie. (tyh)
Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände
Bundesagentur für Arbeit
Deutscher Gewerkschaftsbund
Deutsche Rentenversicherung Bund
Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe
Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände e.V.
Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V.
Deutsches Institut für Menschenrechte e.V.
Verena Göppert, Köln
Dr. Minou Banafsche, München
Dr. Detlef Eckert, Halberstadt
Michael Conty, Bielefeld