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Früh übt sich, wer ehrenamtlich engagiert ist. Doch dazu fehlt vielen Jugendlichen oft schlicht die Freizeit. Das erfuhren die Mitglieder der Kinderkommission (Kiko) am Mittwoch, 28. März 2012, in einer Anhörung unter Vorsitz von Nicole Bracht-Bendt (FDP) zum Thema "Jugendliche gestalten Freizeit". Vier Sachverständige, darunter zwei Schüler und ein Student, berichteten von ihren Erfahrungen über Politik und Engagement mit und für Kinder und Jugendlichen.
"Eigentlich ist es egal, wer vor mir sitzt und wie alt er ist", sagte der Schüler Cédric Kekes vom Kinder- und Jugendparlament Berlin-Tempelhof-Schöneberg. Wichtig sei ihm nur, dass er ernst genommen werde. Bereits in der fünften Klasse wurde er angesprochen - Kekes war gerade Klassensprecher geworden -, ob er sich für das Kinder- und Jugendparlament engagieren möchte. "Ich musste mir viel selbst beibringen, aber es macht Spaß", erzählte er den Abgeordneten. "Und ich werde das noch eine ganze Weile machen."
Der Student Matthias Köpke von der Servicestelle Jugendbeteiligung e.V. berichtete davon, dass er auf lokaler Ebene oft Probleme hatte, auf Augenhöhe mit Unternehmen, Kommunen und Stiftungen um Projektgelder zu verhandeln. Allgemein werde es zwar als gut empfunden, wenn sich junge Menschen engagieren: "Doch als gleichwertiger Gesprächspartner wird man nicht so leicht anerkannt."
"Dabei sind Jugendliche entgegen mancher Vorstellung eine hochaktive Bevölkerungsgruppe", berichtete Sigrid Meinhold-Henschel von der Bertelsmann-Stiftung. Rund 42 Prozent aller Jugendlichen seien aktiv in Vereinen, Feuerwehren, Kirchen und Projekten. 35 Prozent davon würden wiederum verantwortungsvolle Posten übernehmen. "Diesen Jugendlichen ist wichtig, dass sie etwas für andere Jugendliche tun", sagte sie.
Besonders hob sie heraus, dass engagierte Kinder und Jugendliche größere Freundeskreise haben, zusätzliche soziale Kompetenzen erlangen und gering qualifizierte Jugendliche dadurch erfolgreicher seien als Altersgenossen in vergleichbarer Situation. Die Gesellschaft gewinne von selbst junge Bürger, die eine höhere Bereitschaft aufwiesen, sich an Wahlen zu beteiligen, und sie brächten dem Staat ein höheres Vertrauen entgegen.
Doch Meinhold-Henschel goss auch Wasser in den Wein, denn es gelinge nur schlecht, sozial benachteiligte Schichten für ehrenamtliches Engagement zu gewinnen sowie zu binden und es fehle oft an Angeboten. Hinzu kommt: "Dass die steigenden Qualifizierungsanforderungen in der Schule, der Ausbildung und im Studium junge Menschen in ihrer Freizeit ausbremsen", sagte sie.
In jedem Fall sei von Bedeutung, dass Kinder und Jugendliche persönlich angesprochen werden müssen. "Das ist einfach erforderlich", stellte Meinhold-Henschel fest. Für die Zukunft spiele auch nicht unbedingt der Verein als einziges Sammelbecken eine Rolle: "Engagement darf bei jungen Menschen auch projektorientiert sein." Wichtig sei nur, dass bereits vor dem vollendeten dreißigsten Lebensjahr Engagement "erlernt" wurde. "Denn 70 Prozent derjenigen, die sich ehrenamtlich engagieren, haben es als unter 30-Jährige bereits getan."
Auch Jugendparlamentsmitglied und Schüler Yassin Houmam aus Berlin bestätigte den Abgeordneten: "Das Interesse für Politik wurde bei mir über meinen Vater geweckt." Und in das Kinder- und Jugendparlament kam er, weil er angesprochen wurde, "denn vorher wusste ich nicht, dass es so was gibt".
Jetzt ist er zwei Jahre dabei und möchte weiter machen - auch, weil die Arbeit der Jungparlamentarier von den Kommunalpolitikern in seinem Bezirk anerkannt werde. (eis)