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Johann Wadephul (CDU/CSU) nahm als stellvertretender Leiter der Bundestagsdelegation an der Ostseeparlamentarierkonferenz in St. Petersburg teil. © DBT/Neumann
"Überraschend konstruktiv bringt sich Moskau in die Zusammenarbeit der Ostsee-Anrainerstaaten ein und demonstriert auf diese Weise Offenheit gegenüber den Werten und Prinzipien der EU": Derart resümiert Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) das zentrale Ergebnis der dreitägigen Ostseeparlamentarierkonferenz in St. Petersburg, die am Dienstag, 28. August 2012, zu Ende ging. Die Vertreter Russlands, das in diesem transnationalen Verbund bis zum Sommer 2013 die Präsidentschaft innehat, hätten unter Verweis auf konkrete Initiativen beispielsweise bei Verkehr und Ökologie ihre Kooperationsbereitschaft deutlich gemacht, so der stellvertretende Leiter der Bundestagsdelegation: "Das ist eine erfreuliche Entwicklung."
Das Treffen in St. Petersburg zeige, dass sich die ansonsten etwa in der Außen- und Militärpolitik verstärkenden Konflikte zwischen Moskau und dem Westen in der parlamentarischen Zusammenarbeit im Ostseeraum, deren Chancen von Russland offenbar zusehends erkannt werden, nicht auswirken. Wadephul: "In unserer Konferenz ist seit 20 Jahren ein hohes Maß an Vertrauen gewachsen".
Vor diesem Hintergrund sei es möglich, auch kontroverse Themen offen anzusprechen, unterstreicht der deutsche Abgeordnete. So wurde in den Plenardebatten etwa die Strafverfolgung der Punkrockband "Pussy Riot" in Russland kritisiert, wohingegen die Vertreter Moskaus ihre Sicht dieses Problems verteidigten. "Solche Diskussionen sind ein Wert an sich", meint Wadephul, "und dafür bietet die Ostseeparlamentarierkonferenz ein einzigartiges Forum".
Die russischen Delegierten kündigten an, in ihrem Land solle die Eisenbahn samt grenzüberschreitenden Verbindungen ausgebaut werden, um in der Ostseeregion mehr Warenaustausch und mehr Begegnungsmöglichkeiten zwischen den Bürgern zu ermöglichen.
Erheblich intensivieren will Moskau umweltpolitische Anstrengungen, um höhere ökologische Standards zu erreichen. Als eine zentrale Maßnahme gilt der Bau einer Kläranlage in St. Petersburg, wo die Abwässer der Millionenstadt bislang ungereinigt in die Ostsee flossen. Wadephul: "Das ist ein Riesenschritt nach vorn."
Auch ansonsten wurden die Plenardebatten weithin von den Plänen geprägt, den Ostseeraum zu einer Zone des "Grünen Wachstums" zu machen, die Kooperation im Energiebereich zu intensivieren und den nachhaltigen Tourismus zu fördern. Als "schwieriges Thema" (Wadephul) erwies sich dabei die Atomkraft. Während die Bundesrepublik aus der Nuklearenergie aussteigt, will Polen neue Reaktoren errichten.
Auch in Schweden und Finnland sind entsprechende Debatten in Gang. Auf der Parlamentarierkonferenz wurde deutlich, dass der jeweilige energiepolitische Kurs der Ostsee-Anrainerländer von den Nachbarstaaten zu respektieren ist, im Blick auf atomare Gefahren aber transnational ein "enger Informationsaustausch" gewährleistet sein muss, sagt Wadephul. Dies gelte für die Sicherheitsstandards von Reaktoren wie für Vorkehrungen im Falle von Problemsituationen.
Die Diskussionen in St. Petersburg zeigten, dass alle Seiten den Ausbau erneuerbarer Energien in der Ostseeregion befürworten, in der Praxis jedoch noch viel zu tun ist. Prädestiniert ist diese Gegend natürlich vor allem für die Ausbeutung der Windkraft. Während man im westlichen Ostseeraum auf diesem Feld schon frühzeitig aktiv wurde, herrscht in Russland und im Baltikum noch erheblicher Nachholbedarf.
Dort bieten sich aus Sicht Wadephuls freilich enorme Chancen für eine forcierte Nutzung der Windkraft: "Diese Regionen haben Flächen und Standorte, während andere Anrainerstaaten über die nötige Technologie verfügen."
Einigkeit demonstrierte die Konferenz auch beim Ziel, im Ostseeraum den nachhaltigen Tourismus zu stärken. Dabei geht es unter anderem um mehr Engagement bei der Bewahrung von Naturschutzgebieten oder um die Förderung von Alternativen zum motorisierten Individualverkehr. Wadephul betont indes, dass es letztlich auf die einzelnen Staaten und deren Küstenregionen ankommt, die mit konkreten Initiativen vor Ort einen ökologisch orientierten Fremdenverkehr voranbringen müssten.
Wie schon bei Tagungen in den Vorjahren war in St. Petersburg die maritime Sicherheit wieder ein kontrovers debattiertes Thema. Dazu gehört beispielswiese die nicht zuletzt von deutscher Seite unterstützte Forderung nach Einführung einer Lotsenpflicht, auch sollen auf der Ostsee nur noch Tanker mit doppelten Wänden fahren, um das Risiko eines Ölaustritts im Falle von Unglücken zu senken.
Gemeinsame Positionen zu solchen Fragen haben die über 200 Ostseeparlamentarier jedoch noch nicht erarbeitet. Die russische Seite verdeutlichte indes ihren Willen, sich beim Problem der maritimen Sicherheit ernsthaft zu engagieren. Wadephul: "Wir sind auf einem guten Weg." (kos)