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Die Lacher hatte Prof. Dr. Norbert Lammert zweifellos auf seiner Seite. Mit einem heiter-stimmungsvollen Auftritt am Donnerstag, 25. Oktober 2012, bei den Tagen der Begegnung begeisterte der Bundestagspräsident rund 190 Jugendliche, die zu einem dreitägigen Austausch über Glauben und Politik nach Berlin gekommen sind. Schwungvoll – direkt nach dem Hammelsprung im Plenum nahm auch Lammerts Rede vor den Jugendlichen richtig Fahrt auf. Er sprach von Religion, Werten, aber irgendwie auch über Musik – gepaart mit politischem Wortwitz. Die Gäste wollten schließlich wissen, was einfacher zu dirigieren sei – die Berliner Philharmonie oder der Deutsche Bundestag. Norbert Lammert muss es wissen – schließlich gab er 2006 in der Philharmonie mit dem Taktstock des Dirigenten den Ton an.
"Es ist einfacher, die Berliner Philharmonie zu dirigieren", so der Präsident des Deutschen Bundestages. Zwar sind die Musiker wie die Politiker auch Profis, doch sind in der Philharmonie alle bereit, nach der Taktgebung des Präsidenten zu spielen, so Lammert.
Im Bundestag gehe es dagegen manchmal zu, wie im Kindergarten, meinte daraufhin ein jugendlicher Besucher. Lammert machte jedoch klar: "Ein Parlament ist keinesfalls ein Schachturnier, sondern eine Form der Auseinandersetzung – da ist Temperament nicht nur gestattet, sondern außerordentlich gewünscht."
Auseinandergesetzt haben sich auch die Jugendlichen mit verschiedenen Themen des Glaubens und der Politik. Bereits zum 21. Mal nehmen junge Menschen im Alter zwischen 17 und 28 Jahren an den Tagen der Begegnung in Berlin teil, erörtern gemeinsam Fragen der Religion und sprechen mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages.
Dabei geht es um Verantwortung und Freiheit. Nicht zuletzt stellt eine Besucherin dem Präsidenten die "Vertrauensfrage", ob in der Gesellschaft Vertrauen und Werte nicht eine immer geringere Rolle spielen. "Es gibt bei fast allen Berufsgruppen einen Vertrauensverlust", merkte Lammert bei seinem Statement an. Sei es im Bereich der Wirtschaft, der Banken, der Politik, aber auch im Sport. "Es ist eine primäre gesellschaftliche Befindlichkeit. Es gibt schon fast ein auf Dauer gesetztes Misstrauen gegen alles und jeden", so der Präsident.
Dennoch bleibe als Schlussfolgerung, dass Verallgemeinerungen fast immer falsch sind. Auch wenn sich beispielsweise die Banken das Misstrauen hart erarbeitet hätten, so Lammert, der darauf hinwies, dass Vertrauen auch immer an Personen gebunden sei.
Der Glaube jedoch spielt dabei eine Rolle. "Die Kirchenbindung in der Gesellschaft nimmt kontinuierlich ab, die Sinnsuche nimmt zu", gab Lammert zu bedenken – mit mahnendem Unterton und als Dirigent im hektisch-politischen Berlin. (ldi/25.10.2012)