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Wissenschaftler haben die bisherigen Versuche der Banken-Stabilisierung durch schärfere Eigenkapitalvorschriften, wie sie zum Beispiel vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht im Dezember 2010 vorgeschlagen worden waren ("Basel III"), als in die falsche Richtung gehend kritisiert. Man müsse mehr an die Kosten der Steuerzahler und weniger an die Kosten der Banken denken, verlangte Prof. Dr. Martin Hellwig vom Beratenden Wissenschaftlichen Ausschuss des "European Systemic Risk Board" in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses unter Vorsitz von Dr. Birgit Reinemund (FDP) am Mittwoch, 28. November 2012.
Die vom Staat gerettete "Hypo Real Estate" (HRE) hätte wegen ihrer Griechenlandpapiere in die Insolvenz gehen können. Die vorgeschriebene Risikogewichtung dieser Griechenlandpapiere habe jedoch null betragen. Angesichts der wachsenden Kosten, die der deutsche Steuerzahler für die Banken aufzubringen habe, müsse geprüft werden, was gebraucht werde, um das System sicherer zu machen.
Den Aspekt der Sicherheit sprach auch Prof. Dr. Gerd Gigerenzer vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung an, der von einer "Illusion der Sicherheit" sprach. Er befürwortete einfache Regeln, mit denen Sicherheit in einer unsicheren Welt geschaffen werden könne.
Grundlage der Anhörung war der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und deren Beaufsichtigung sowie der EU-Verordnung über die Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute (17/10974). Die darin enthaltenen neuen Eigenkapitalvorschriften für Banken sehen unter anderem vor, dass das "harte Kernkapital" der Finanzinstitute um das Dreieinhalbfache erhöht wird.
Außerdem sollen Banken in wirtschaftlich besseren Zeiten verpflichtet werden können, zusätzliches Kapital aufzubauen, um für Konjunkturschwankungen besser vorzubeugen. Der gesamte Prozess wird als "CRD IV" (Capital Requirements Directive) bezeichnet.
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände wies vor dem Hintergrund der Krise auf die "stabilisierende Wirkung" der Sparkassen für die Volkswirtschaft hin. Die geplanten europäischen Standards der Bankenaufsicht seien jedoch für regional ausgerichtete Institute wie die Sparkassen nicht angemessen.
Auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband argumentierte, die Krise sei nicht bei den Sparkassen entstanden. Dennoch werde in der EU alles "über einen Kamm geschoren". Ähnlich äußerte sich der Vertreter des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken.
Die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, verlangte in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf zudem Änderungen an Detailvorschriften. So sei die Absenkung von Meldegrenzen für sogenannte Millionenkredite nicht hinnehmbar. Da eine Änderung des Millionenkredit-Meldewesens zum 1. Januar weder zwingend sei noch durch europäische oder andere Regelungen vorgeschrieben werde, sollte im Hinblick auf andere Belastungen der Institute der erste Meldetermin nicht vor dem 31. März 2014 liegen.
Auch die Gruppe Deutsche Börse sah "erhebliche Ermittlungsaufwände bei geringem Erkenntniswert". Der Sparkassenverband argumentierte, dem aus der Absenkung der Betragsgrenze entstehenden erheblichen Mehrwert stehe kein erkennbarer Nutzen gegenüber.
Dagegen begrüßte Sabine Lautenschläger, die Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, die Meldepflichten, "da die erweiterte und aussagekräftige Datenbasis der Aufsicht insbesondere die dringend benötigten eingehenderen Analysen der Kreditportfolios der meldepflichtigen Institute als Kreditgeber ermöglicht". Auch begrüßte Lautenschläger die im Gesetzentwurf vorgesehene Anforderung an die Bildung von Kapitalpuffern. Sie würden gewährleisten, "dass Institute über das vorhandene Mindesteigenkapital hinaus über einen Puffer verfügen, der in schwierigen Zeiten möglicherweise auftretende Verluste auffangen kann".
Dagegen warnte die Aareal Bank in ihrer Stellungnahme vor zu hohen Liquiditätsanforderungen: "Die geforderte Liquidität ist europaweit kaum zu beschaffen und stellt bei der restriktiven Anerkennung in Verbindung mit dem derzeitigen Zinsniveau eine enorme Belastung dar."
Die dem Sachverständigenrat angehörende Prof. Dr. Claudia Buch (Universität Tübingen) nannte in ihrer Stellungnahme verschärfte Eigenkapitalanforderungen ein geeignetes Mittel, um systemische Risiken zu reduzieren: "Je höher das Eigenkapital ist, das die Banken insgesamt in ihren Bilanzen halten, desto geringer sind die negativen Auswirkungen, die von systemweiten Ansteckungseffekten ausgelöst werden."
Die geplanten Maßnahmen seien aber nicht weitgehend genug, Insbesondere müsse es Einschränkungen bei den bisher von verschiedenen Regelungen begünstigten Investitionen von Banken in Staatsanleihen geben: "Um eine größere Stabilität des Bankensystems zu erreichen, ist es allerdings erforderlich, die enge Verbindung zwischen Banken und Staaten zu lockern."
Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft begrüßte die im Gesetzentwurf vorgesehenen Verbesserungen bei den Transparenzregelungen im Bereich der Pfandbriefe, deren Emittenten in Zukunft mehr Informationen veröffentlichen müssen.
Es sollten noch mehr Informationen gegeben werden, verlangte der Verband, der darauf hinwies, dass knapp ein Viertel der Geldanlagen der Erstversicherer in Höhe von insgesamt 1,1 Billionen Euro in Pfandbriefen angelegt sei. (hle/28.11.2012)