Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Juni 2011 > Regierung: "Spur aus Niedersachsen ist vielversprechend"
Für unter Absatzausfällen leidenden Gemüsebauern stellt die Regierung Hilfen in Aussicht. Auf EU-Ebene würden Deutschland, die Niederlande und weitere EU-Mitglieder sich für Entschädigungen in Höhe von 90 bis 100 Prozent der Einnahmeausfälle betroffener Landwirte einsetzen, statt eines von der EU vorgeschlagenen 150 Millionen-Paketes in Höhe von bis zu 45 Prozent der Ausfälle, berichtete ein Vertreter der Regierung den Ausschussmitgliedern. Die Einbußen der Landwirte würden mit einer Höhe von vier bis fünf Millionen Euro pro Tag zu Buche schlagen.
Statt der derzeit in der Öffentlichkeit genannten 23 Todesfälle, die durch die Infektion verursacht worden sein sollen, würden der Regierung zum Zeitpunkt des späten Dienstagnachmittags bisher 18 bestätigte Todesfälle vorliegen. Zeitgleich zähle man 642 HUS-Infektionen. ”Dies ist ein bisher weltweit einmaliger Ausbruch“, sagte der Regierungsvertreter und erklärte gegenüber den Ausschussmitgliedern: ”Aus Expertensicht ist die Spur aus Niedersachsen vielversprechend.“
Ein eingeladener Sachverständiger des Landes Niedersachsen betonte, dass die Schließung eines Betriebes in Uelzen nicht aufgrund von Beweisen erfolgte: ”Aufgrund von Patientenbefragungen konnte eine Indizienkette aufgebaut werden.“ Drei EHEC-Fälle innerhalb des Betriebes würden die Vermutung untermauern. Ob es sich dabei aber um den Herd der Infektion handelt oder die Erreger nur weiter verteilt wurden, sei unklar. Mittlerweile seien rund 500 Proben gezogen worden, die derzeit ausgewertet werden müssen.
Auch ein Sachverständiger des Bundesministeriums für Landwirtschaft (BVL) bestätigte, dass sich die Indizien für Sprossen als ein Weg der Infektion erhärten würden. Ein Sachverständiger des Robert-Koch-Instituts (RKI) mutmaßte, dass die Quelle der Infektion ”versiegt“ sein könnte: ”Denn wir sehen zur Zeit einen Abfall der Neuinfektionen.“ Weil aber die Inkubationszeit bis zum Ausbruch der HUS zehn bis 14 Tage betrage, könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob der Infektionsherd nicht doch noch aktiv ist und die sinkende Infektionszahl auch auf die Verzehrwarnungen zurückzuführen sind. Der Experte schätzte, dass man noch mindestens eine Woche brauche, um abschätzen zu können, ob die Quelle aktiv ist.
Die CDU/CSU-Fraktion dankte der Regierung für ihr ”professionelles Vorgehen“ und erntete Unmutsbekundungen beider Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die CDU/CSU kritisierte darauf die Grünen unter Beifall der Koalitionsfraktionen dafür, ”so eine Krise für politische Spielchen auszunutzen“. Die SPD-Fraktion bemängelte die Informationspolitik der Regierung, die ”ihrem Anspruch nicht gerecht“ werde. Die Verbraucher würden verunsichert und wüssten aufgrund vieler Einzelnachrichten nicht wirklich Bescheid.
Die FDP-Fraktion schätzte die EHEC-Krise als größte Krise der letzten 20 Jahre ein und stellte fest, dass viele Gemüseproduzenten, die negative Proben ihrer Produkte vorweisen können, keine Perspektive auf Besserung sehen. Aus diesem Grund stelle sich die Frage, unter welchen Bedingungen die Verzehrswarnung aufgehoben werden könne. Die Fraktion Die Linke wollte wissen, wie viele Menschen mit Nachforschungen beschäftigt sind und ob diese vielleicht aneinander vorbei arbeiten. Die Grünen interessierte, wer ”den Hut im Krisenstab“ auf habe und warum Fragebögen an Patienten ausgeteilt worden seien, die nur geschlossene Fragen enthielten, statt offen nach weiteren möglichen Ursachen zu fragen.
Auf die Kritik bezüglich der Krisenkommunikation antwortet der Sachverständige des BVL, dass im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes die herausgegebenen Schnellwarnungen richtig waren. ”Sie sind als fachliche Informationen zu werten und nicht als Schuldzuweisungen“, sagte er. Eine generelle Entwarnung oder für einzelne Produktgruppen könne nur gegeben werden, wenn die ”Infektionsquelle eingegrenzt ist und die Krankenzahlen zurückgehen“, informierte ein Regierungsvertreter. Der Sachverständige des RKI berichtete, dass derzeit rund 100 Personen dir Ursachen der Infektion erforschen. Mit insgesamt 10 Teams sei das RKI auch vor Ort. Die Belastung des Personals sei zwar derzeit hoch, aber nennenswerte Aufstockungen brauche man nicht.
Ein Vertreter der Bundesregierung betonte, dass bei einer beim BVL angesiedelten Task Force alle Informationen zusammenlaufen und ausgewertet würden. Dabei würden Experten aus EU, den Ländern und von der Bundesebene eng zusammenarbeiten. Ein RKI-Vertreter erläuterte noch, dass der von den Grünen angesprochene einseitige Fragebogen nicht Grundlage der Patientenbefragungen war, sondern lediglich auf Wunsch der Berliner Kliniken zur ”Plausibilitätskontrolle“ eingegangener Fälle diene.
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